Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
Ich weiß natürlich nicht, inwieweit Ibish für die Überschrift verantwortlich ist (üblicherweise wird die ja von eigenem Personal mit Blick auf Klicks und nicht von den Autor*innen geschrieben), aber der Inhalt des Artikels ist nicht wesentlich vorsichtiger als die Überschrift. Mir scheint, aus 2016 wurde wenig gelernt. Immerhin steht da nicht „can’t win„, aber selbst ein moderates „won’t“ hat wesentlich mehr Zuversicht, als ich für angeraten halte. Zum jetztigen Zeitpunkt scheinen mir jedenfalls Bidens Chancen nicht größer als 60:40 zu sein, und das ist die optimistischste Lesart, für die ich mich finden lassen würde (meine eigene Schätzung ist eher so 52:48). Wer noch mehr 2016-Vibes will, sollte diesen Artikel des New York Magazine über Biden Wahlkampfteam lesen; deren zur Schau gestellte Zuversicht erinnert auch sehr an die von Hillarys Team.
Das ändert zwar nichts daran,dass die Punkte in Ibishs Artikel alle korrekt sind. Trump ist ein rechtsradikaler Chaot, inkompetent bis zur Karikatur, ein Spalter und Zerstörer, Ekel und am Rand der Demenz. Aber all das scheint in der heutigen republikanischen Partei keine Rolle mehr zu spielen. Ändern sich die grundlegenden Variabeln des Wahlkampfs nicht mehr – etwa durch eine Rezession, eine Katastrophe, einen Krieg oder Ähnliches – sehe ich den Ausgang der Wahl effektiv als einen Münzwurf. Bedenkt man, welche Katastrophe ein Sieg Trumps bedeuten würde, ist das nicht besonders vertrauenserweckend.
Die ganze Volte ist ein super Beispiel für die von Ariane und mir beschrieben Dynamik, dass Kürzungen dazu führen, dass bei irgendwem danach weniger da ist und dass diese Personen immer, immer, immer wesentlich mehr Krach machen und politischen Willen entfalten werden als diejenigen, die nicht betroffen sind und die Kürzung abstrakt als Mittel der Haushaltsarithmetik betrachten (der Ökonom Jens Südekum formuliert das in diesemWelt-Kommentar ebenfalls gut). Ebenfalls gut sichtbar ist das genauso von Ariane und mir beschriebene Phänomen, dass die Ampel in ihren Kürzungen dazu neigt, den schlechtestmöglichen Kompromiss zu wählen – in dem Fall die Beibehaltung von klimaschädlichen und die Streichung von klimaschützenden Subventionen.
Zumindest könnte man das meinen. Denn die Streichung der Subventionen für E-Autos führte dazu, dass die Hersteller die Preise um genau diese Beträge senkten, was den Schluss zulässt, dass dieselben Hersteller die Subventionen bisher in die eigene Tasche gesteckt haben. Das sind natürlich die schlechtesten Subventionen von allen und dürften Wasser auf den Mühlen von allen Subventionsgegnern sein – es sei denn natürlich, es geht um die Subventionen, die man selbst für gut befindet, wie man schön am aktuellen FDP-Veto oder dem Festhalten diverser Leute am Dienstwagenprivileg sehen kann.
3) Übergriffe härter bestrafen
Ich teile die Überzeugung der Autorinnen völlig, dass die milden Strafmaße bei diesen Fällen eine Art blinden Fleck darstellen, der auf unterschiedlichen Wertesystemen beruht, in dem Fall einem, das weibliche Opfer als minder wichtig betrachtet. Aber: ich bin sehr skeptisch gegenüber dem Ruf nach Strafverschärfungen, schlicht weil ich Strafverschärfungen in den allermeisten Fällen für kein sinnvolles Mittel halte. Die Autorinnen haben zwar völlig Recht, wenn sie die kommunikative Dimension von Strafen betonen, aber in allzuvielen Fällen sind Strafen einfach generell nicht das beste Mittel (siehe hier); Restauration wäre in meinen Augen wesentlich zu bevorzugen. Der Gefängnisaufenthalt löst schließlich in den seltensten Fällen die zugrundeliegenden Probleme. Das gilt auch hier.
4) How Much Omnibalancing Will There Be in 2024?
Auf der einen Seite sind die beschriebenen Dynamiken definitiv vorhanden, aber auf der anderen gelingt die Einflussnahme auf die Politik in relevantem Maßstab nur dort, wo außenpolitische Themen sich in innenpolitische verwandeln. Denn egal ob in den USA oder in Deutschland, die allermeisten Wählenden interessieren sich überhaupt nicht für Außenpolitik. Wahlentscheidungen beeinflusst sie praktisch gar nicht. Die Versuche des linksradikaleren Spektrums etwa, das Gespenst eines Abwanderns junger Wählender wegen Bidens Unterstützung Israels an die Wand zu malen, halte ich für eine Phantasmagorie. Es ist letztlich nur ein Ausfluss aus den Culture Wars. Ähnliches gilt, wenngleich mit wesentlich mehr Wumms dahinter, für das rechte Spektrum. Wer beschäftigt sich schon ernsthaft mit der Ukraine? Aber der Ausstieg aus der NATO und das fallen Lassen der Ukraine werden immer mehr zu Markern innenpolitischer Gehorsam. Darin liegt die eigentliche Sprengkraft (während bei den Democrats die Ablehnung der Hamas-freundlichen Idiotien seitens einiger junger Basismitglieder den Lackmustest darstellt).
5) Kommunen langen bei Abgaben und Gebühren kräftig zu
Ich kann nicht beurteilen, inwieweit die erhöhten Gebühren diese Investitionsfefizitlücke schließen können oder nicht. Faszinierend ist aber, dass das Investitionsdefizit tatsächlich auf kommunaler Ebene erschreckend hoch ist. Ich wusste das bis vor Kurzem selbst nicht und hielt es für ein generelles Phänomen; dem ist aber gar nicht so. Das Investitionsvolumen des Bundes ist effektiv über die letzten anderthalb Jahrzehnte gleichgeblieben (was auch erklärt, dass es in der Schuldendebatte so viel Aneinandervorbeireden gibt). Was eingebrochen ist sind die Investitionsvolumen der Länder und besonders der Kommunen. Wenig überraschend stechen bei letzteren die Schulen besonders hervor. Sie sind in der Infrastruktur Aufgabe der Kommunen, die damit theoretisch auch das Kreuz der Digitalisierung zu tragen haben, und im Personal das der Länder. Beide aber haben eine Austeritätspolitik gefahren (anders als der Bund, davon wurde ich ja mittlerweile überzeugt), schon allein, weil für sie deutlich härtere und nicht aussetzbare Schuldenbremsen gelten. Mir scheint mehr und mehr, dass eine Grundsatzreform des Föderalismus und seiner Aufteilungen braucht, sowohl bei den Kompetenzen als auch (vor allem) der Finanzierung. An der Stelle sei auch Klaus Jungfers „Die Stadt in der Krise“ (hier besprochen) empfohlen.
Resterampe
a) Mal wieder was zum Gendern. Siehe auch: „Falsches Sprachbild“: Germanisten wehren sich gegen geplante Gender-Verbote.
b) Katrin Göring-Eckardt will Superreiche für Klimageld zur Kasse bitten. Surprising no one. In der Debatte bringen jetzt alle genau die Politik als Lösung, die sie eh schon immer vertreten haben.
c) Are progressives really turning to the right?
d) We have always been idiots.
f) Ein paar Informationen zur deutschen Landwirtschaft.
g) Super-spannender Thread zu dem Thema Investitionen.#
h) Schöne Würdigung von Ernst Jaeckel.
i) Gutes Historikerinterview zur Frage, wann aus Krieg Frieden werden kann.
j) Der Focus hat eine gute Zusammenfassung zur Lage der Bundeswehr.
k) Spannende Hintergründe zur wirtschaftlichen Lage Gazas.
l) Weil hier noch vor Kurzem ätzender Spott angesichts Bolsonaras Abwahl herrschte: die Zerstörung des Regenwalds hat sich DEUTLICH verlangsamt seither. Hilft halt doch, Rechtsradikale Spinner loszuwerden.
m) In Argentinien soll der Notstand ausgerufen werden, um am Parlament vorbeizuregieren.
n) Kretschmanns Rhetorik zur Schuldenbremse scheint mir erfolgversprechend.
o) Spannendes Interview mit Katja Mast.
q) Diese Verbotslisten der Schulen in Florida sind völlig bekloppt. Cancel Culture in Reinkultur.
r) Ich bin zuversichtlich, dass dieser Galgen-Protest von der Letzten Generation auch mehr Aufmerksamkeit erfahren hätte. Oder von Linken an irgendeiner Uni.
s) Ich hatte ja immer wieder die Korruption von Clarence Thomas hier angesprochen; dieser Artikel zu dem Thema zeigt die Hintergründe etwas schöner auf, vor allem die Mechaniken, wie sie versteckt wird.
t) Hab das jetzt gelesen und weiß immer noch nicht, ob der NutriScore nun was taugt oder nicht.
(k – wirtschaftliche Lage im Gaza-Streifen)
Werfen wir einen Blick auf die wirtschaftlichen Indikatoren im Nahen Osten, so fällt das historische Urteil hinsichtlich einer Zweistaatenlösung vernichtend aus. Es gibt zwar zwei Staatsgebilde, aber von einer gemeinsamen Lösung zu sprechen, ist wahrlich zynisch: Israel ist eine der am besten entwickelten Volkswirtschaften der Welt, und als solche ein globaler Akteur. Palästina dagegen ist ein abhängiger Krisenfall am Rande des Abgrundes
Typischer „Zeit“-Bullshit, hier auch noch mit antisemitischem Einschlag. Gemessen am BIP pro Kopf steht Palästina wirtschaftlich kaum schlechter da als viele andere arabische Staaten. Die miese wirtschaftliche Performance so vieler arabischer Staaten ist hausgemacht, damit hat Israel nicht das Geringste zu tun.
Ich habe jetzt keine Zahlen zur Hand, aber innerhalb Palästinas müsste der Gaza-Streifen sogar wesentlich besser abschneiden als die Westbank (die „Zeit“ deutet – natürlich – das Gegenteil an). Es ist ein städtisches Gebiet mit (bis vor kurzem) zahlreichen Verbindungen zur israelischen Wirtschaft, das Gebiet hätte hervorragende wirtschaftliches Potenzial. Es war bis vor kurzem auch kein „Freiluftgefängnis“, wie die Autoren dümmlich behaupten. Das Grenzregime im Nahen Osten ist generell viel strikter als bei uns im bequemen Schengen-Raum. Aber woher sollen Wohlstandsjournalisten sowas auch wissen.
Apropos „Freiluftgefängnis“. Die wahren Gefängniswärtert dort sind ja die Hamas-Leute. Die Bewohner des Gaza-Streifens haben sich halt für ein mittelalterliches Weltmodell entschieden statt für Frieden und Wohlstand. Oder gab es irgendwann in den letzten 15 Jahren eine breite Protestbewegung gegen das Hamas-Regime? Mein Mitleid hält sich in Grenzen.
Ich habe den Artikel eben ein zweites Mal gelesen – und tatsächlich: An keiner Stelle wird die Verantwortung für die Wirtschaftslage der Hamas zugewiesen. Das unterirdische Bildungssystem, die verrottende Infrastruktur (Beispiel: ein erheblicher Teil der israelischen Wasserlieferungen versickert), die fehlende Rechtssicherheit – all das ist den Qualitätsjournalisten keine Erwähnung wert. Und all das war schon lange vor dem Überfall auf Israel wirksam.
Auf einem Auge blind. Typischer Antisemitismus in Deutschland.
Merci!
„An keiner Stelle wird die Verantwortung für die Wirtschaftslage der Hamas zugewiesen.“
Auch die Verwendung von Hilfslieferungen und -geldern für Tunnel- und Raketenbau wird mit keinem Wort erwähnt. Die politische und militärische Lage als „externen Schock“ zu behandeln, ist unglaublich naiv. Sehen diese „Experten“ nicht, dass auch anderswo potentiell reiche Ländern durch schlechte Regierungsführung ins Elend geraten sind? Was würde wohl mit den geforderten EU-Hilfen geschehen?
Abgesehen davon ist mir rätselhaft, wie eine Zwei-Staaten-Lösung funktionieren soll. Ein souveräner – und entsprechend bewaffneter -palästinensischer Staat könnte – bei den kurzen Distanzen – den Staat Israel in kurzer Zeit vernichten. Wenn schon unter den bestehenden Restriktionen massenhaft Raketen produziert werden konnten – was erst in einem „Free Palestine“?
Die Naivität beim Ausgeben von Hilfsgeldern ist mir auch ein Rätsel. Offenbar glauben manche Politiker, mit schriftlichen Vereinbarungen und gelegentlichen Sichtkontrollen kann man die zuständigen Personen im Zielgebiet im Griff behalten. Die engen Verbindungen zwischen UNRWA und Hamas sind seit langem bekannt, wie sollte es auch anders sein? Gegen den Gazastreifen ist jedes Mafiaterritorium ein Hort der Rechtsstaatlichkeit.
Man kann nur resignieren angesichts unserer Politiker.
Die sind nicht naiv. Sie WOLLEN es (aktiv) schlicht nicht wahrhaben – und der Glaube des Menschen ist sein Himmelreich.
Und dieser Glaube schlägt sogar das zarte Sentiment, dass die Finanzierung von Terrorismus, der sich gegen Israel richtet, vielleicht nicht die beste Verwendung für deutsches Steuergeld ist.
Nachtrag: Laut CIA World Factbook betrug das GDP pro Kopf im Gazastreifen im Jahr 2021 5.600 Dollar, also mehr als in Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Jordanien, Libyen, Syrien, Irak und Jemen.
Aber klar: Das muss man weder recherchieren noch erwähnen, wenn man als Qualitätsjournalist über die Wirtschaftslage im Freiluftgefängnis Gazastreifen schreibt. Denn das könnte ja zu einer realistischen Weltsicht führen.
… Freiluftgefängnis Gazastreifen …
Wenn jemand diese Formulierung ernsthaft benutzt, um den Palästinensern zu „helfen“, weiss ich automatisch, dass ich es mit einem Idioten zu tun habe (höflichstmögliche Interpretation).
Fragt man die „Freiluftgefängnis“-Nutzer nach ihren Alternativen, bekommt man entweder „israelische Grenzöffnung gegen Regierungs-Versprechen zur ausschliesslich zivilen Nutzung“ zur Antwort, was bei der Hamas-Regierung nur zu brüllendem Gelächter reicht. Oder das ebenso intelligente „israelische Grenzöffnung gegen internationale Kontrolle“, was angesichts der bekannten Performance der UNRWA ebenso sofort wieherndes Gelächter auslöst. Ägyptische Grenzöffnung wird übrigens sehr selten erwähnt, ein Schelm, wer Böses (Judenhass) dabei denkt …
Gruss,
Thorsten Haupts
Die arabischen Staaten wissen sehr gut, was sie von den Palästinenser zu halten haben.
(n – Kretschmann/Schuldenbremse)
„Die Schuldenbremse darf keine Zukunftsbremse sein.“
Mir kommen die Tränen. Das glaubt der gute Mann doch selbst nicht. Wenn die Schuldenbremse wirklich gelockert wird und plötzlich mehr Geld zur Verfügung steht, wird es die Politik wie üblich für Quatsch raushauen. Bevor es nicht endlich wirksame Strukturreformen gibt, darf der gierige Staat keinen Cent zusätzlich bekommen.
Die Zukunftbremse besteht aus der Politik und ihren Wählern.
(5 – Finanzlage der Kommunen)
Mir scheint mehr und mehr, dass eine Grundsatzreform des Föderalismus und seiner Aufteilungen braucht, sowohl bei den Kompetenzen als auch (vor allem) der Finanzierung.
Richtig, die Kommunen brauchen viel mehr Autonomie. Warum eigentlich nicht mal ein radikales Experiment wagen und Freistädte mit weitreichenden Vollmachten ermöglichen?
Der Verrat der Ampel
In der Kurzkommentierung ist so alles falsch, was man in so wenigen Sätzen Falsches schreiben kann. Und das ist immer sehr ärgerlich.
Die Ampel ist nicht in finanziellen Schwierigkeiten, weil die Steuereinnahmen eingebrochen oder eine Konjunkturkrise die Staatsausgaben für die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit hat explodieren lassen. Die Ampelpartner sind auf der Suche nach Kürzungen im Etat, weil ein Minister auf seine mit Krediten geschaffenen Sondertöpfen besteht, die das Bundesverfassungsgericht gerade als rechtswidrig eingestuft hat. Robert Habeck will nicht auf seine im Alleingang geschaffenen neuen Subventionen für Unternehmen und Industrien verzichten, die er für wichtig erachtet. Doch in spätestens zwei Jahren ist wieder eine Wahl und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es dann einen anderen Wirtschaftsminister geben.
Seit 2015 ist der Absatz von Diesel-PKW dramatisch eingebrochen. Der Berechnung der Subvention des Umweltbundesamtes hat das keinen Abbruch getan. Und es zeigt gleichzeitig, dass Subventionen – echte oder behautete, selten so wirken wie beabsichtigt. Beim Diesel ist es so, dass der Mineralölsteuersatz zwar niedriger, die Kfz-Steuer jedoch um ein Vielfaches höher ist. Da sich die Marktpreise mit Steuer zwischen Diesel und Benzin inzwischen sehr angeglichen haben, Dieselfahrzeuge wegen ihres schlechten Images einen niedrigeren Wiederverkaufswert haben, lohnt sich die Anschaffung dieser sparsamen Fahrzeuge oft nicht mehr.
Denn das sind sie: sparsam. Und damit für das Klima weit förderlicher als benzingetriebene Motoren. So emittieren weit weniger CO2. Aber, hey, wann haben sich Grüne und ihre Sympathisanten je für das Klima interessiert? Ist eine rhetorische Frage.
E-Autos sind nach vielen Studien für das Klima erst dann neutraler, wenn sie meist eine sechsstellige Kilometerzahl gelaufen sind, also dann, wenn der Erstbesitzer meist das Fahrzeug längst weiter veräußert hat. Zudem zeigen neuere Berechnungen, dass BEVs im Verdacht stehen, mehr Ressourcen zu verbrauchen als bisher angenommen. Jedenfalls werden sie nur dann vom Markt akzeptiert, wenn sie hoch subventioniert werden. So kommt Norwegen auf seine hohen Absatzzahlen, so ist China zum mit Abstand wichtigsten Markt für E-Autos aufgestiegen.
Die EU lässt den europäischen Herstellern keine Wahl. Doch auch in den deutschen Zentralen kann man rechnen. E-Autos sind wesentlich unprofitabler als normale Benziner. Deswegen finden sich die wenigen attraktiven Modelle auch in Preisregionen, die ein Familienvater mit 70.000 Euro Jahreseinkommen sich nicht leisten kann. Auf der anderen Seite fällt Europa als Absatzmarkt aus, wenn man hier keine E-Autos anbietet und die Konsumenten nicht an die andere Antriebsart gewöhnt. Zudem stehen die Chancen für den Staat gut, dass die Streichung der Subvention nicht der Politik, sondern den Herstellern angerechnet wird. Und das ist tödlich fürs Image.
Das „Dienstwagenprivileg“ besteht in einer Pauschalversteuerung der privaten Nutzung des Firmenwagens. Internationale Vergleiche zeigen, dass Deutschland hier nicht maßvoll zugreift. Und jeder Firmenwagenbesitzer muss viele hundert Euro Steuern im Monat zusätzlich für das Privileg abdrücken – neben dem Gehaltsverzicht, versteht sich.
Alle Steuerexperten der Welt befürworten Pauschalierungen, um der Komplexität des Steuerrechts entgegenzuwirken. Die Streichung der Pauschalversteuerung hätte zwei alternative Auswirkungen: Der Privatanteil würde mittels Fahrtenbuch manuell erfasst. Es gibt weniger Fachleute, die sich hiervon Mehreinnahmen des Staates versprechen. Der Effekt wäre auschließlich mehr Bürokratie. Die andere Alternative besteht in einer heimlichen Steuererhöhung, wenn die Finanzbehörden diese Fahrtenbücher nicht anerkennen. Dann müsste der Firmenwagenbesitzer auch beruflich veranlasste Fahrten nachträglich versteuern.
Es hat seinen Grund, warum Unternehmen praktisch ausschließlich pauschal versteuern. Versuche von Firmenwagenbesitzern, mit Fahrtenbüchern ihre Steuerbelastung zu drücken, endeten fast immer damit, dass die Finanzbeörden diese nicht anerkannten. Dem Autor sind solche Fälle bekannt.
1) Why Trump Won’t Win
… aber selbst ein moderates „won’t“ hat wesentlich mehr Zuversicht, als ich für angeraten halte.
Da stimme ich aber so etwas von zu.
2)Der Verrat der Ampel
Noch eine Klickbait-Überschrift …
Grundsätzlich stimme ich zu, wobei ich das jetzt nicht als „Erfindung“ von Ariane und Dir sehe. Das haben schon Leute erkannt und veröffentlicht zu Zeiten, als Ihr oder ich noch in den Windeln lagen.
Zum „schlechtestmöglichen“ Kompromiss: Was erwartest Du? Warst Du nicht derjenige, der mir ausführlich erklärt hat, dass die Kunst der Politik die Kunst von Kompromissen ist? Der „schlechtestmögliche“ Kompromiss ist also der, der am wenigsten Zustimmung findet; passt hier also nicht. Wenn Du „Kompromiss mit dem schlechtestmöglichem Ergebnis“ meintest, liegt die Qualität des Ergebnisses natürlich im Auge des Betrachters. Gehe also zurück auf „Los“ …
Zum Dienstwagen-„Privileg“: Mich nervt an dieser Stelle Deine einseitige Sicht total, da sie wieder einmal die Neiddebatte fördert. Sinn der Dienstwagenregelung ist, die steuerliche Betrachtung des privaten Nutzens von Dienstwagen sin erster Linie für Finanzbehörden (nachrangig) auch für Unternehmen) zu vereinfachen, so dass man nicht jeden einzelnen Dienstwagenbenutzer individuell in den Finanzbehörden klären muss. Ich hatte bei einem früheren Unternehmen einen Dienstwagen, der teurer (natürlich auch neuerer und besser) war als mein vorheriges eigenes Auto. Aber privat hätte ich mir nie einen Neuwagen geholt, ich hätte die gleiche Funktionalität gebraucht gekauft.
Und so sehr man beispielsweise darüber jammern mag, dass Steuerentlastungen Besserverdiener stärker entlasten als Wenigverdiener, muss man eben auch den Grund dafür sehen: Besserverdiener zahlen deutlich mehr Steuern. Dto. können auch nur Ehepaare mit Kindern Kindergeld beziehen etc.
Zum FDP-Veto: Die FDP ist nicht grundsätzlich gegen eine stärkere Belastung der Landwirte, sondern gegen diese sehr extreme. Da die Bauernschaft durch EU- und Bundesvorgaben bereits sehr stark belastet ist (Du musst Dir nur das Sterben der Bauernhöfe anschauen), hätte man mit einer geringeren Besteuerung des Diesels (statt von heute auf morgen den Kraftstoffpreis um 70 ct/l zu erhöhen) den ganzen Hassel vermeiden können.
Ich sage auch nicht, dass das unsere Erfindung ist, sondern dass wir es schon gesagt haben, bevor es cool war 😉 Wir sind Hipster.
Klar ist Politik die Kunst des Kompromisses, aber es gibt halt gute und schlechte Ergebnisse.
Meine Sicht auf Dienstwagen fördert „die Neiddebatte“? Schaut in den Spiegel. Jede*r sieht immer die Privilegien von anderen, nie die eigenen. Darf ich an den beständigen Neid Stefans gegenüber Beamt*innen und Angestellten des ÖD erinnern? Aber ja, sicher, ich hab keines, deswegen kann das von mir aus gerne weg. Da hast du sicher recht. Aber: wenn alle bluten müssen – und das ist sicher die Rhetorik gerade – warum muss dann ausgerechnet das ausgenommen sein?
Worauf sollte ich neidisch sein?
Mein Naturell ist sehr risikoorientiert. Nach meinem Studium habe ich mich bewusst gegen jede Laufbahn im Staatsdienst entschieden. Mir sind sämtliche Prozesse im öffentlichen Dienst regelrecht zuwider. Meine hohe Risikoneigung verschafft mir einen überdurchschnittlichen Karriereverlauf und Einkommen. Das geht jedoch auch mit negativen Folgen einher. Obwohl ich mich für den risikobehafteten Weg entschieden habe, plädierst Du dafür, dass ich mindestens die Hälfte der Risikoprämie abzugeben habe, was für Dich Das Mindeste ist. Ich halte das für unverschämt.
Ich habe nicht den geringsten Grund neidisch zu sein. Weder will ich mit Milliardären tauschen noch ihr Geld. Das macht schon einen Unterschied zu Dir. Ich bin auch nicht neidisch auf Karibikreisen, Luxus oder nicht. Wenn es mir wichtig ist, spare ich dafür und leiste es mir. Das unterscheidet mich klar zu allen Linken, die dort ernten wollen, wo sie nicht gesät haben.
Wieso ist ein Dienstwagen ein „Privileg“? Hier fehlt jedes Argument von Dir. Firmenwagenbesitzer verzichten im Gegenzug auf Gehalt. Sie müssen dazu hohe Steuern auf die Vergünstigung entrichten. Du redest von Privileg, kannst es aber weder beschreiben noch beziffern. So etwas nennt man entweder Vorurteil oder im Volksmund „dummes Gerede“. Fällt die Pauschalversteuerung weg, kommt es zur aufwandsgerechten Besteuerung. Es sagt aber niemand, dass hieraus signifikant höhere Steuereinnahmen resultieren würden. Außer, und hier muss man Leuten wie Dir implizit ein niederträchtiges Kalkül unterstellen, die Verfechter der Abschaffung der Pauschalversteuerung rechnen damit, dass Firmenwagenbesitzer in der Tendenz für Aufwände des Arbeitgebers besteuert würden.
Noch einmal: Die Kürzungen sind notwendig, damit die Ampelregierung milliardenschwere Tech-Konzerne bei der Gewerbeansiedlung unterstützen kann – statt einfach die Unternehmenssteuern zu senken. Dazu muss der inkompetente Klimaschutzminister mit einem höheren zweistelligen Milliardenbetrag sein völlig vermurkstes und ineffektives Heizungsgesetz flankieren – statt einfach den Bürgern wie geplant die Milliardeneinnahmen aus dem Zertifikatehandel zurückzugeben und ansonsten die Einführung des EU-ETS abzuwarten. Habeck will weiter mit dem Geld um sich werfen als gäb’s kein Morgen – gibt es ja für ihn auch politisch nicht. Seine Karriere in Berlin dürfte in spätestens zwei Jahren erledigt sein.
@ Stefan Sasse 4. Januar 2024, 10:21
Ich sage auch nicht, dass das unsere Erfindung ist, sondern dass wir es schon gesagt haben, bevor es cool war
ich habe vor einigen Jahrzehnten aufgehört, das zu sagen, weil es nicht mehr cool war
Wir sind Hipster.
Das glaube ich erst, wenn ich Ariane und Dich mit Tatoos und Talibart sehe. 🙂
Meine Sicht auf Dienstwagen fördert „die Neiddebatte“?
Ja. Hier macht es sich der Staat leicht, und nebenbei kurbelt es die Wirtschaft an. Du hast Pauschalbetrachtungen ja beispielsweise auch bei Kinderfreibeträgen. Dabei geht es nicht darum, eine „gerechte“ ausgeglichene Situation herzustellen, sondern die Eltern von Kindern etwas zu entlasten, ohne dass die Finanzbehörden dafür Selbstmord begehen müssen.
Jede*r sieht immer die Privilegien von anderen, nie die eigenen.
Kommt mir nicht so vor, als ob ich nur die Privilegien der anderen sehe, und wenn, neide ich sie normalerweise nicht.
Darf ich an den beständigen Neid Stefans gegenüber Beamt*innen und Angestellten des ÖD erinnern?
Ihr verbeißt Euch da schon ein stückweit ineinander. Ich sehe bei Stefan P. keinen Neid, sondern eher eine Mischung aus Wut und Frust über Ineffizienz und (bei den meisten Beamten, die ich kenne) die fehlende Neigung, Probleme schnell und möglichst unkompliziert lösen zu wollen. Er übersieht dabei gelegentlich das deutlich andere Konzept und die anders gesetzten Prioritäten des öffentlichen Dienstes, entsprechend den Vorschriften sorgfältig und richtig zu agieren, statt wie in der freien Wirtschaft auf Effizienz zu setzen. So, wie Du Dich schwertust, den wirtschaftlichen Druck in der freien Wirtschaft nachzuvollziehen, der ab einer gewissen Ebene herrscht.
Aber ja, sicher, ich hab keines, deswegen kann das von mir aus gerne weg. Da hast du sicher recht. Aber: wenn alle bluten müssen – und das ist sicher die Rhetorik gerade – warum muss dann ausgerechnet das ausgenommen sein?
„Ausgerechnet das“? Genauso bzw. zusätzlich könnte ich die Pendler-Pauschale oder das steuerlich absetzbare Arbeitszimmer daheim streichen. Wäre genauso (wenig) sinnvoll.
Wenn man die Dienstwagenregelung (schon der Begriff „Privileg“ ist albern, da Dienstwagen ein Teil der Vergütung sind und versteuert werden müssen; aber vielleicht siehst Du auch Deine Entlohnung nicht als Vergütung für geleistete Arbeit, sondern als Privileg an) abschafft, kann das mehrere mögliche Konsequenzen nach sich ziehen:
• Der Dienstwagen wird nur und ausschließlich für dienstliche Fahrten genutzt. In diesem Falle ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich der Betreffende zusätzlich einen eigenen Wagen holt; es kommen also mehr Autos auf die Straße. Auch wird es Fahrten geben, die der Mitarbeiter vielleicht als dienstlich ansieht, das Finanzamt aber nicht. Viel Spaß mit der Steuerfahndung …
• Es gibt überhaupt keine Dienstwagen mehr. In diesem Falle verlieren die deutschen Autohersteller einen Großteil des Umsatzes, was dort zu Entlassungen führen würde (who cares …). Ein weitere Aspekt wäre, dass der Nachschub an hochmodernen und schadstoffarmen Autos auf den Gebrauchtmarkt deutlich nachlassen würde; die Preise von Gebrauchtwagen würden steigen, ältere (und umweltschädliche) Autos würden deutlich länger gefahren.
• Die Dienstwagen-Regelung bleibt in anderer Form bestehen, etwa in einer Form, dass die private Nutzung von Dienstwagen (etwa für den Weg zur Arbeit und zurück nach Hause) weiterhin erlaubt ist, aber individuell und nicht pauschal abgerechnet und berücksichtigt wird. In diesem Fall kämen auf Personalabteilung und Buchhaltung deutlich mehr Arbeit zu, um die einzelnen Fahrten nachzuweisen, was mit vorhandenem Personal zumindest bei Unternehmen mit mehr als 5 oder 10 Mitarbeitern nicht ohne zusätzliche Arbeitskräfte erledigt werden könnten. Darüber hinaus verginge viel Zeit mit Diskussionen darüber, in welchem Maße bestimmte Fahrten als Dienst oder Privatfahrt gerechnet werden müssten. In jeder entsprechenden Steuererklärung müsste individuell und zusätzlich aufgenommen werden, welche Fahrten wie einzustufen sind, mit den absehbaren Folgen einer extrem erhöhten Anzahl von Einsprüchen, die teilweise vor Gericht ausgefochten werden müssten – solange die Finanzämter nicht einfach beide Augen zudrücken (= erleichtert möglicherweise Steuerbetrug).
Such’s Dir aus …
Und all das, weil jemand, der keinen Dienstwagen hat (und ihn sich vermutlich auch nicht leisten könnte), der Meinung ist, dass er im Vergleich zu anderen, die einen Teil ihrer Bezüge in Form eines Dienstwagens bekommen, „ungerecht“ behandelt wird. Sozialneid halt.
Zugegeben ist mein Bartwachstum so schlecht, dass das nicht drin ist. Ich kann ein Flanellhemd mit Karos kaufen…? 🙂
Ich bin auch nicht neidisch auf das Dienstwagenprivileg. Sorry.
Ich sag’s nochmal: es gibt sehr gute Gründe für das Dienstwagenprivileg, das glaube ich dir sofort. Aber das ändert nichts dran, dass hier eine Transferleistung stattfindet. Und die kann man gut finden, aus guten Gründen, aber was man nicht machen kann ist sich als prinzipieller Kreuzritter gegen Subventionen und Transferleistungen gerieren und so tun, als würden das nur Linke machen. DARUM geht’s mir, nicht um Sinn und Unsinn.
Das ist falsch. Firmenwagenbesitzer zahlen Steuern auf das Company Car. Sie erhalten keine Transferleistung. Die einzige Frage ist, ob die Pauschale die private Nutzung einigermaßen adäquat abbildet. Kritiker der Pauschale behaupten, das wäre nicht der Fall. Nur, warum versuchen immer wieder Firmenwageninhaber mit Fahrtenbüchern die Steuerlast zu drücken? Warum boomen seit Jahren sogenannte „Car Allowances“ als Alternative zum Firmenwagen? Offensichtlich, weil sehr vielen Anwärtern die Besteuerung zu hoch ist.
Das ist falsch. Firmenwagenbesitzer zahlen Steuern auf das Company Car. Sie erhalten keine Transferleistung.
Das ist den „Dienstwagenprivileg“kritikern entweder unbekannt, dann sind sie dumm. Oder es ist ihnen bekannt, dann wollen sie ihre Kontrahenten für dumm verkaufen … Weiss nicht, welchen dieser beiden Ansätze (andere sind logisch nicht möglich) ich bevorzuge.
@ Stefan Sasse 4. Januar 2024, 18:55
Zugegeben ist mein Bartwachstum so schlecht, dass das nicht drin ist. Ich kann ein Flanellhemd mit Karos kaufen…? 🙂
Kannst eines von meinen haben. Die sind nach drei, vier Jahrzehnten etwas ausgelasst und eingelaufen, aber frisch gewaschen …
Ich bin auch nicht neidisch auf
das Dienstwagenprivilegdie Dienstwagenregelung. Sorry.Das habe ich Dir nicht vorgeworfen, sondern, dass Du mit Deiner „Argumentation“ die Sozialneiddebatte förderst.
Aber das ändert nichts dran, dass hier eine Transferleistung stattfindet.
An welcher Stelle? Das behauptest Du zwar immer wieder, belegst es aber nicht.
… aber was man nicht machen kann ist sich als prinzipieller Kreuzritter gegen Subventionen und Transferleistungen gerieren und so tun, als würden das nur Linke machen.
Ich bin nicht Stefan Pietsch, falls Du uns verwechseln solltest. Ich verstehe auch zu wenig von Subventionen, um entscheiden zu können, welche sinnvoll sind oder nicht.
Zu Transferleistungen habe ich mich auch schon oft genug geäußert: Der Staat lebt über seine Verhältnisse und macht sich so kaputt. Als finanziell größtes, aber nicht einziges Problem habe ich die Sozialausgaben identifiziert. Das ist relativ einfach festzustellen, wenn man sieht, wie viel Geld auf der einen Seite ausgegeben wird, und wie schlecht es trotzdem vielen Leuten geht. Wenn oben viel rausgeht und unten wenig ankommt, ist irgendetwas nicht in Ordnung. Meine Zielrichtung hier ist in erster Linie, behördliche Strukturen effizienter zu machen und zu entschlacken.
Hast Du meine Äußerungen hier bislang anders interpretiert?
DARUM geht’s mir, nicht um Sinn und Unsinn.
Echt jetzt? Das machst Du inzwsichen öfter, dass Du gegen eine Sache wetterst, und wenn Dir die Argumente ausgehen, wird nachträglich eine Stilfrage daraus gemacht. Falle ich nicth mehr darauf rein.
Dein erster Satz zum Thema war „wie man … oder dem Festhalten diverser Leute am Dienstwagenprivileg sehen kann“, und nicht „Ihr geriert Euch nur solange als Subventionsbekämpfer, bis es Eure eigene Subvention erwischt“ (by the way, meinen letzten Dienstwagen musste ich 2007 abgeben).
Ein Dienstwagen ist ein Gehaltsbestandteil. Gibt es keine Dienstwagenregelung mehr, wird der entsprechende Betrag auf das Gehalt draufgepackt. Wo ist das „Privileg“, wo die Transferleistung“?
Klar, die Sozialausgaben sind ein Riesenbatzen, widerspreche ich nicht.
Nein, werfe ich dir nicht vor.
Und ja, mein Punkt war: alle haben ihre Lieblingsregelungen, die sie beibehalten wollen. Das ist keine „Stilfrage“, sondern elementarer Punkt.
Wenn die AG das Geld dann draufpacken dürfen die das ja gerne.
@ Stefan Sasse 4. Januar 2024, 22:33
Klar, die Sozialausgaben sind ein Riesenbatzen, widerspreche ich nicht.
Deutlich größer als meine Ablehnung der (meiner Einschätzung nach) für unser Staatswesen zu hohen Summen ist das Entsetzen darüber, wie wenig damit erreicht wird. Wenn wir diese Ausgaben tätigen und allen ist geholfen, ohne dass wir arbeitsfähige Menschen von der Werkbank in die sozikiale Hängematte zerren, soll es mir sogar recht sein. Aber Jahr für Jahr mehr Milliarden auszugeben, während es sozial schwachen bzw. armen den Menschen immer schlechter geht, ist nicht akzeptabel.
Und ja, mein Punkt war: alle haben ihre Lieblingsregelungen, die sie beibehalten wollen. Das ist keine „Stilfrage“, sondern elementarer Punkt.
Da hake ich das erste Mal. Wenn ich eine Regelung habe, die niemandem schadet, aber einigen nutzt, spricht nichts gegen das beibehalten. Eine Regelung nur deswegen abzuschaffen, weil einige glauben, dass sie anderen zugute kommt (mit dem offenbar in Kauf genommenen, unvermeidbaren Ergebnis, dass der Staat, Arbeitgeber und Arbeitnehmer spürbar höhere Aufwendungen haben), ist für mich Sozialneid pur (nochmal: ich sage dass, obwohl ich keinen Firmenwagen habe).
Wenn die AG das Geld dann draufpacken dürfen die das ja gerne.
Ich habe jetzt einige Erläuterungen und Argumente abgegeben, auf die Du kein einziges Mal eingegangen bist. Daher wiederhole ich meine Frage nochmal:
An welcher Stelle siehst Du bei der Dienstwagenregelung ein Privileg?
• Ist es aus Deiner Sicht in Ordnung, dass Unternehmen Aufwendungen wie Gehälter, Sozialabgaben etc. von der Steuer absetzen können?
• Ist es aus Deiner Sicht in Ordnung, wenn ein Angestellter für seine Arbeitsleistung vergütet wird, und er diese Vergütung mit seinem Unternehmen ausverhandelt?
• Ist für Dich die finanzielle Schuldigkeit des Arbeitnehmers gegenüber dem Staat abgeleistet, wenn er seine Vergütung vollständig gemäß den gesetzlichen Vorgaben versteuert?
• Ist für Dich das Prinzig der Finanzbehörden, zur Vereinfachung von Arbeitsabläufen Pauschalen (Werbekostenpauschale, Sparerfreibetrag, Kilometerpauschale etc.) festzulegen, in Ordnung?
Obwohl Du hier nicht nur von mir viele Erläuterungen und Argumente gehört hast, bleibst Du bei Deiner Meinung, ohne eine Gegen-Erläuiterung zu geben, ohne auch nur ein einziges Argument zu entkräften.
Versteh mich da bitte nicht falsch: Du hast ein absolutes recht auf eine eigene Meinung, die Du gerne auch dann beibehalten kannst, wenn sie durch Fakten oder Argumente widerlegt ist; stört mich nicht.
Aber dann sag bitte auch: Ja, ich verstehe Eure Erläuterungen und Argumente, ich kann sie nicht widerlegen, aber ich finde das Thema trotzdem doof. Dann können wir uns die Zeit fürs sinnlose Diskutieren sparen.
Nach eurer Darstellung ist die Dienstwagen-Regelung nur eine Pauschalisierung zwecks Vereinfachung der Steuerverwaltung, aber kein „Privileg“.
Ich möchte gern wissen, was stimmt. Mangels eigener Expertise die Argumente für die Abschaffung:
Eine Abschaffung würde zwischen 2 Mrd. (DIW) und 3 Mrd. (FOES) mehr Steuern einbringen.
– der geldwerte Vorteil sei mit 1 % des Bruttolistenpreises zu niedrig angesetzt
– von der Regelung profitieren nur Arbeitnehmer mit hohem Einkommen
Ob die 1 % der Realität entsprechen, könnte doch eine Studie durch eine WP-Gesellschaft klären? Dann könnte man die unbürokratische Regelung ohne Fahrtenbücher beibehalten.
@ CitizenK 5. Januar 2024, 07:37
Nach eurer Darstellung ist die Dienstwagen-Regelung nur eine Pauschalisierung zwecks Vereinfachung der Steuerverwaltung, aber kein „Privileg“.
Im großen und Ganzen: Ja. Hauptnutznießer sind die Finanzämter, soplange man akzeptiert, dass Unternehmensaufwendungen steuerlich absetzbar sind.
Eine Abschaffung würde zwischen 2 Mrd. (DIW) und 3 Mrd. (FOES) mehr Steuern einbringen.
– der geldwerte Vorteil sei mit 1 % des Bruttolistenpreises zu niedrig angesetzt
– von der Regelung profitieren nur Arbeitnehmer mit hohem Einkommen
Um mit dem letzten der beiden Punkte anzufangen: das ist ein Sozialneid-Argument. Jeder steuerliche Vorteil wirkt sich bei Besserverdienern höher aus, weil die deutlich mehr Steuern zahlen. Von einer Streichung des Soli profitieren nur die, die ihn (zusätzlich zu den schon deutlich höheren Steuern) zahlen.
Bei einem Monatseinkommen eines Single-Haushalts von 2000 Euro/Monat beträgt die Einkommenssteuer ca. 800 Euro. Beim 5fachen Gehalt ist die Einkommenssteuer 14mal so groß. Dieser stark spreizende Hebel funktioniert auch in die andere Richtung, wenn etwas absetzbar wird. Da wird nichts verschenkt, sondern nur etwas weniger weggenommen.
Zur Besteuerung:
• Man muss 1 % vom Listenpreis des Dienstwagens ansetzen, für einen 45.000 Euro teuren VW Passat also 450 Euro.
• Für die Fahrt zur Arbeit (z.B. 10/20/30 km) werden pro km einfache Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstätte 0,03 % vom Listenpreis draufgeschlagen: 45.000 x 0,03 % x 10/20/30 km = 135/270/435 Euro.
Der geldwerte Vorteil des Dienstwagens wird von den Finanzbehörden also mit 450 + 130/270/435 = 585/720/855 Euro angesetzt.
Die werden aufs Gehalt aufgschlagen, versteuert, und dann wieder abgezogen.
Ob die 1 % zu hoch oder zu niedrig angesetzt sind, hängt von mehreren auch individuellen Faktoren ab, etwa, ob man sich den Wagen und die Ausstattung aussuchen kann, wie weit man vom Arbeitsplatz entfernt wohnt (je näher man am Arbeitsplatz wohnt, umso besser; je weiter man weg wohnt, umso schlechter), ob man auf Fahrten Kollegen mitnimmt etc.
Den möglichen zusätzlichen Steuereinnahmen stehen sinkende Steuereinnahmen seitens Kfz-Herstellern und Händlern gegenüber (ca. 60 % aller PKW-Neuzulassungen sind Dienstwagen).
Nun schau auf Dich: Du nutzt sicherlich wie jeder andere die Werbekostenpauschale, also den Freibetrag von 1230 Euro für „berufsbedingte Aufwendungen“, die Du nicht per Einzelbeleg nachweisen musst. Wenn Du die Werbekostenpauschale in Anspruch nimmst, bedeutet das, dass Deine Kosten unter dem Freibetrag liegen; lägen sie drüber, würdest Du die Belege einreichen. Du nimmst also wie jeder andere auch einen steuerlichen Vorteil in Anspruch, dem zumindest teilweise keine Ausgaben Deinerseits entgegenstehen.
Das Finanzamt weiß das. Aber lieber gesteht es Dir ein paar unberechtigte Euro Steuernachlass zu, als ein Mehrfaches des Betrags auszugeben, um die Sache korrekt abzubilden.
Andere liegen mit ihren Ausgaben vielleicht knapp über den 1230 Euro, haben aber keinen Bock, das alles anzugeben und anschließend mit den Finanzbeamten auszudiskutieren.
Das schreibe ich nicht, um beide Themen gleichzustellen, da Dienstwagen die individuellen Steuern kräftig hochtreiben und nicht senken, sondern um das Prinzip klarzumachen, dass der Staat aus gutem Grund immer wieder auf pauschalisierende Regelungen setzt, um arbeitsfähig zu bleiben.
Diese Diskussion zahlt einmal mehr nur auf die Sicht ein, dass es uns allen besser geht, wenn man die Besserverdienenden stärker zur Kasse bittet. Die werden aber schon deutlich stärker zur Kasse gebeten, als man sich das vorstellt: Das merkt man in der Regel aber erst, wenn man selbst eine Gehaltserhöhung von z.B. 100 Euro bekommt, für die der Arbeitgeber 140 Euro zahlen muss, und beim Arbeitnehmer nur 30 Euro ankommen.
Wie gesagt, es gibt gute Argumente, und du listest die ja auch.
Danke für die ausführliche Erklärung. Das müssten die beim DIW aber doch auch wissen?
P.S. Der Vorteil für die AN mit hohem Einkommen bezieht sich mMn nicht auf die Steuerprogression, sondern darauf, dass nur die überhaupt einen Dienstwagen kriegen.
Bei solchen Modellrechnungen wie die von Ihnen (CitizenK) benutzten steht und fällt alles mit den Annahmen über die nach Streichung der Dienstwagenregelung existierenden Rahmen- und Nutzungsbedingungen. Inklusive der Annahmen über die Veränderung verbundener Parameter (z.B. Neuwagenanschaffung) und deren steuerliche Auswirkungen.
Ich stehe genau aus diesem Grund auf Kriegsfuss mit nahezu allen „Modellrechnungen“ – das ist allzu häufig nichts als heisse Luft, so hingerechnet, dass es den Vorurteilen der Modellierer entspricht. Ich selbst habe so was auch schon mehr als einmal produziert, um „nachzuweisen“, welche finanziellen Vorteile die Änderung X in einem Grossprojekt mit sich bringt 🙂 .
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Stefan Sasse 5. Januar 2024, 13:24
Wie gesagt, es gibt gute Argumente, und du listest die ja auch.
Ja, Und Du bist immer noch für die Abschaffung, und ich verstehe immer noch nicht, warum
1) Ohne Dienstwagenprivileg gäbe es weniger Autos, das ist eine Subvention für die Autoindustrie. Das habt ihr unter euren Pro-Argumenten ja sogar explizit gelistet. Ich halte das klimatisch für bescheuert.
2) Dienstwagen sind vor allem ein Oberschichtenphänomen. Da die größten Lasten bisher von unten getragen wurden, ist es nur fair, dass hier auch Besitzstände fallen.
So als hauptsächliche Punkte.
@ CitizenK 5. Januar 2024, 16:58
Das müssten die beim DIW aber doch auch wissen?
Beim DIW geht es nicht um Fakten, sondern um deren „richtige“ Interpretation. Fratzscher ist SPD-sozialisiert.
Der Vorteil für die AN mit hohem Einkommen bezieht sich mMn nicht auf die Steuerprogression, sondern darauf, dass nur die überhaupt einen Dienstwagen kriegen.
Ein Leute mit hohem Einkommen kriegen auch höheres Einkommen als Normalverdiener. Soll man das deswegen auch streichen?
Die Denke scheint zu sein: „Jetzt verdienen die schon mehr Geld als ich, und dann kriegen die auch noch zusätzlich kostenlos ein tolles Auto, dass ich mir nicht leisten könnte.“
Das wäre in der Tat etwas, was man ein Privileg nennen könnte.
Zum einen ist ein Dienstwagen in erster Linie ein Arbeitsmittel. Den kann man wie ein Firmen-Notebook oder ein Firmen-Smartphone theoretisch auch privat nutzen.
Da, wo das geschieht, wird die private Nutzung als Teil der Vergütung betrachtet, also nicht „zusätzlich“ (es gibt aber aber auch Fälle, in denen die private Nutzung untersagt ist). In diesem Fall muss die private Nutzung des Dienstwagens ganz normal versteuert werden (Rechnung siehe weiter oben). Die Diskussion darüber ist letztlich eine Diskussion darüber, ob Besserverdiener auch wirklich genug Steuern zahlen. Sozialneiddebatte halt.
Wer einen Dienstwagen möchte, sollte mit seinem Chef sprechen und sagen, dass er einen Teil des Gehalts als Sachleistung haben möchte (ich kenne Firmen, wo das geht). Aber wenn ich z.B. im fünf Jahre alten VW Golf mit 2.500 brutto nach Hause komme und habe auf einmal nur noch 2.100 oder 2.000 Euro über, aber dafür einen neuen Golf, macht das in den meisten Fällen keinen Sinn.
@Stefan Sasse
1) Das hat keiner gesagt und das ist auch eine absurde Annahme. Wer heute einen 100.000 Euro teuren Dienstwagen fährt, verzichtet ja nicht auf das Auto, selbst wenn die private Nutzung von Geschäftswagen verboten wäre. Einerseits siehst Du bei Firmenwagen ein Oberschichtenthema, andererseits glaubst Du, ausgerechnet die Oberschicht würde als erstes auf individuelle Mobilität verzichten.
Die Menge an PKWs in Deutschland orientiert sich streng am Bedarf. Die kommerzielle Nutzung von PKWs versorgt den Gesamtmarkt schneller mit neuen Technologien als es ohne sie der Fall wäre.
2) Deine These, der Wegfall der Pauschalbesteuerung würde zu höheren Steuereinnahmen führen, ist ohne Beleg. Wie soll die Finanzverwaltung denn zukünftig den geldwerten Vorteil besteuern, wenn es an detaillierten Aufzeichnungen mangelt? Weder kann der Staat die private Nutzung von Firmenwagen untersagen (Verstoß gegen das Eigentumsrecht des Grundgesetzes) noch wäre ein Vollversteuerung der Gesamtkosten verhältnismäßig (ebenfalls Verstoß gegen Verfassungsgrundsätze).
Sehe ich alles ein. Ich wollte für mich klären, ob das nun ein „Privileg“ (im üblichen Wortsinne) ist – oder nicht. Dazu diskutieren wir doch?
Stand jetzt: Eher nicht.
@ Stefan Sasse 6. Januar 2024, 18:53
1) Ohne Dienstwagenprivileg gäbe es weniger Autos, das ist eine Subvention für die Autoindustrie. Das habt ihr unter euren Pro-Argumenten ja sogar explizit gelistet. Ich halte das klimatisch für bescheuert.
Jein. Mag sein, dass sich ohne Dienstwagenregelung die Zahl der Autos reduziert, kann sein, dass nicht. Was sich aber wohl nicht verringern ließe, ist die Zahl der gefahrenen Kilometer. Die würden dann halt nur mit (im Durchschnitt) älteren Autos verfahren, die umweltschädlicher sind als Neuwagen.
2) Dienstwagen sind vor allem ein Oberschichtenphänomen.
Ja und? Sind teure Uhren oder große Eigenheime auch. Sollte Dir und jedem anderen vollkommen schnuppe sein – es sei denn, Du hast ein grundlegendes Problem mit dem, was Du Oberschicht nennst. Das ist aber wieder die Sozialneid-Debatte.
Da die größten Lasten bisher von unten getragen wurden, ist es nur fair, dass hier auch Besitzstände fallen.
Wie so häufig haust Du einen raus, ohne irgendetwas zu erklären oder zu belegen.
Welche „größten Lasten“ werden von unten getragen? Was ist „fair“?
Meinst Du das hier?
1) Ja aber das Argument hier war doch dass 60% aller Neuzulassungen auf das Konto der Firmenwagen gehen und ohne das Privileg die Industrie zusammenbräche?
2) Nein, mein Argument ging ja noch weiter. Dass Inflation vor allem die unteren Schichten überproportional trifft war bis vor Kurzem doch noch euer Argument!
Ja und? Schmeißt Du Deine Waschmaschine raus, ohne eine neue zu haben? Kaum, oder? Dann werden die Autos eben länger gefahren und es gibt weniger E-Autos.
@ Stefan Sasse 8. Januar 2024, 18:19
1) Ja aber das Argument hier war doch dass 60% aller Neuzulassungen auf das Konto der Firmenwagen gehen und ohne das Privileg die Industrie zusammenbräche?
Nun ja, so schwarzweiß habe ich das nicht gemalt, aber solch eine Entscheidung hätte sicherlich deutliche Auswirkungen auf die Beschäftigenzahl, deutlich höhere staatliche Kosten wie Arbeitslosengeld etc., die Preisgestaltung bei Kleinwagen, die zukünftige Qualität etc. (kostspielige Entwicklungen wie ABS, ESP, Airbags fanden sich aus gutem Grund zuerst in teuren Autos, bevor sie für kleinere Wagen angeboten wurden).
Ältere Autos würden nicht mehr ins Ausland verkauft, sondern hier gefahren. Und ältere Autos haben höhere Verbräuche und schlechtere Abgaswerte.
In den autoproduzierenden Ballungsgebieten könnte passieren, dass arbeitslose Autowerker billigere Wohnungen brauchen, die es dort nicht gibt.
Ich kann Dir weder alle auswirkungen herbeten noch in Zahlen ausdrücken, wie groß der Schaden tatsächlich sein wird; könnte kleiner oder größer ausfallen, als ich vermute. Nur: Du machst Dir offenbar nur Gedanken um EINE offensichtliche Auswirkung, ohne auch nur ansatzweise zu verstehen, welche Folgen sich in anderen Bereichen ergeben könnten.
Wie auch immer: offenbar bist Du bereit, der deutschen Wirtschaft solche unkalkulierbaren Schäden zuzufügen?
2) Nein, mein Argument ging ja noch weiter. Dass Inflation vor allem die unteren Schichten überproportional trifft war bis vor Kurzem doch noch euer Argument!
Ja und? Die Ärmeren sind immer ärmer dran. Nun die Frage: Inwieweit verbessert sich das Leben für einen Gering- oder Normalverdiener, wenn sich die Situation eines Besserverdieners ändert bzw. wie von Dir angenommen verschlechtert? Normalerweise garnicht; ob z.B. ein Stefan Pietsch mehr oder weniger Gehalt bekommt, hat etwa auf Dein oder mein Leben Null Auswirkungen. Also ist das nur eine Psycho-Sache: Man fühlt sich besser, wenn der da oben einen drüberkriegt. Sozialneid, einmal mehr.
Wissenschaftlich erwiesen: Wer 10 Euro bekommt, freut sich mehr als jemand, der zwanzig Euro bekommt und weiß, dass der Nachbar 50 Euro geschenkt gekriegt hat. Arme, kleine Geister.
1) Nein, aber in dem Kontext wird das ja nicht diskutiert. Der Ausgangspunkt war immer, dass hier keine staatliche Förderung bestehen würde. Letztlich haben wir einen Markt, der nur wegen sehr freundlicher Steuergesetzgebung funktioniert. Subvention also 🙂 Ob die gerechtfertigt ist steht ja auf einem anderen Blatt.
2) Wir hören gerade, dass überall gekürzt werden muss, allein des BVerfG-Urteils wegen, aber auch wegen der zu erwartenden Kosten für Zeitenwende und Klimaschutz. DASS geblutet werden muss ist völlig unkontrovers. Wir reden nur noch darüber, wer und wo.
Ich bin bei der Effizienzkritik total bei dir. Auf der anderen Seite ist ein „lass das mal kürzen“ halt auch nicht akzeptabel, weil das den Leuten nur schadet ohne was zu verbessern.
Kann mein Arbeitgeber mir als Entlohnung pro Tag 300g Kartoffeln geben und die von der Steuer absetzen? Meines Wissens nach nicht. Oder eine Kinokarte. Das Auto ist hier privilegiert, weil es explizit als Gehaltsbestandteil ermöglicht wird. Das Privileg ist für das Auto, nicht für dich als Nutzenden. Und ich finde das aus klimatischer Sicht bescheuert.
Das ist ein Beispiel, wie sehr Du Deine Meinung auf eigenen Vorurteilen und ideologischen Vorbehalten aufbaust statt auf Wissen und Fakten. Dein Arbeitgeber kann Dir monatlich einen Sack Kartoffeln als Gehaltsbestandteil zukommen lassen – soweit das vereinbart ist. Dann ist es genauso ein geldwerter Vorteilteil wie die Stellung eines Firmenwagens.
Nun hast Du behauptet, dass Du hier eine einseitige Kaprizierung auf das Auto als alleiniges zusätzliches Tauschmittel als Privileg betrachtest. Da das nach den Fakten nicht der Fall ist, müsste sich Deine Meinung anpassen.
Ich publiziere am Wochenende einen Artikel dazu, den ich schon einmal angefangen, aber dann einbehalten hatte. Aber verbreiteten Ansichten über die angebliche Privilegierung von Dienstwagenbesitzern wird mir nun wirklich zu blöd.
Kann mein Arbeitgeber mir als Entlohnung pro Tag 300g Kartoffeln geben und die von der Steuer absetzen?
Ja, kann er. Mach Dich bitte kundig, bevor Du Dinge angreifst, von denen Du sehr offenbar nichts verstehst!
Ich hab bewusst eine Frage formuliert.
Nein, das war nur der rhetorische Einstieg in die Behauptung vom Autoprivileg. So zumindest kam das bei mir an.
Wenn es anders gemeint war, ein Rat: Gehe niemals von einer Frage zu einer Behauptung über, die eine Antwort auf die gestellte Frage bereits voraussetzt.
Gruss,
Thorsten Haupts
True enough.
Du hast eine Wenn-Dann-Konstruktion gebaut, aus der Du Deine Position abgeleitet hast. „Wenn das so ist, dann ist es ein Privileg.“
Ist aber nicht so.
@ Stefan Sasse 5. Januar 2024, 13:20
Kann mein Arbeitgeber mir als Entlohnung pro Tag 300g Kartoffeln geben und die von der Steuer absetzen?
Ja, kann er. Kann er genauso absetzen, wie er Dein Gehalt in Abzug bringt.
Danke!
… aber in allzuvielen Fällen sind Strafen einfach generell nicht das beste Mittel …; Restauration wäre in meinen Augen wesentlich zu bevorzugen.
Wenn man mich gesundheitlich durch schwere Gewalt schädigt, man meine Tochter mehrfach vergewaltigt oder meine Frau ermordet, dann gibt es erstens keine wie auch immer geartete Form der „Restauration“ (die existiert einfach nicht) und zweitens will ich die dafür verantwortlichen Schweine im Gefängnis verrotten sehen, Case closed. Was ich in diesen und weiteren Fällen von denen halte, die den Schweinen jede Strafe ersparen wollen, ist hier nicht druckfähig.
Gruss,
Thorsten Haupts
3) Übergriffe härter bestrafen
Die öffentliche Empörung entzündet sich an dem Verhalten der Justiz, sich meist am unteren Strafrechtsrahmen zu orientieren, die den das Gesetz bietet. In dem diskutieren Fall bekamen junge Erwachsene (!), wahlberechtigt, voll geschäftsfähig, für die Teilnahme an einer länger anhaltenden Massenvergewaltigung – in Sexualbereich eines der schlimmsten Delikte – Rabatt über das Jugendstrafrecht und dann noch eine Strafe, die weit näher an der Untergrenze als der Obergrenze lag. Was müssen Straftäter eigentlich tun, um die Höchststrafe zu erhalten?
Vor wenigen Jahren wurde das Sexualstrafrecht auf Druck linker Politiker und unter dem Beifall von linken Lobbyisten drastisch verschärft. Es sieht weit schärfere (Haft-) Strafen gegen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht vor als für andere Gewaltdelikte. Seltsamerweise kam da von keinem linken Politiker oder linken Blogger der Einwand, dass Haftstrafen ja angeblich keine Wirkung entfalten würden.
Man legt sich die Dinge als so zurecht wie man will. Bei der Reform hatte man übergriffige, gut situierte Männer vor Augen. Bei der Bewertung solcher Urteile sieht man junge Migranten auf der Anklagebank. Und da darf es durchaus Strafrabatt geben.
„Vor wenigen Jahren wurde das Sexualstrafrecht auf Druck linker Politiker und unter dem Beifall von linken Lobbyisten drastisch verschärft.“
Plottwist:
Ohne diese Strafverschärfung hätten die Angeklagten in Hamburg nicht verurteilt werden können.
/// Noch vor ein paar Jahren hätte eine rechtliche Handhabe gefehlt, um die jungen Männer überhaupt zu verurteilen. Anders, als es zunächst den Anschein gemacht hatte, wendeten diese nämlich keine körperliche Gewalt an, um die 15-Jährige zum Sex zu nötigen, die Jugendliche sagte auch nicht klar „Nein“. ///
https://www.zeit.de/hamburg/2023-11/stadtpark-prozess-richterin-hamburg-urteil-gewaltaufrufe/komplettansicht
Ich bin auf etwas anderes raus. Bitte Intensionen für die Argumentation berücksichtigen.
???
„Bedeutungen (2)
1. Anspannung; Eifer; Kraft
2. Sinn, Inhalt eines Begriffs, einer Aussage (Gebrauch: Logik)“
https://www.duden.de/rechtschreibung/Intension
5) Kommunen langen bei Abgaben und Gebühren kräftig zu
Die Kommunen sind tendenziell stärker überschuldet als der Bund, was schön die segensreiche Wirkung von Schulden zeigt. *Ironie off*
Der Grund für die driste Situation vieler Kommunen liegt in der verschärfend wirkenden Finanzierung wie Zuständigkeiten dieser Gebietskörperschaften. Gerade vor den Hartz-Reformen trüben die Gemeinden einen wesentlichen Teil der Folgen der Langzeitarbeitslosigkeit. Das hat sich zwar inzwischen erheblich geändert, die Schulden sind aber geblieben – eine Unart dieser Finanzierung.
Auf der Finanzierungsseite erhalten sie hauptsächlich die Einnahmen aus der Unternehmensbesteuerung, die Gewerbesteuer. Deswegen schwimmen Kommunen mit hoher Gewerbeansiedlung im Geld, während andere mit stark schwankenden Einnahmen haushalten müssen. Vor einem Vierteljahrhundert gab es einen Grundsatzstreit zwischen den Gebietskörperschaften, als die Gemeinden einen Anteil am Umsatzsteueraufkommen begehrten. Doch Bund und Länder beharrten weitgehend auf ihrer sicheren Einnahmequelle.
Einerseits willst Du einen zentralistischeren Staat. Auf der anderen Seite lamentierst Du, die unteren Ebenen hätten nicht genügend Einnahmen. Was denn nun?
3) Übergriffe härter bestrafen
Ich teile die Überzeugung der Autorinnen völlig, dass die milden Strafmaße bei diesen Fällen eine Art blinden Fleck darstellen, der auf unterschiedlichen Wertesystemen beruht, in dem Fall einem, das weibliche Opfer als minder wichtig betrachtet.
Zustimmung zum „blinden Fleck“, wobei ich ergänzen möchte, dass Gewalttaten (etwa im Gegensatz zu Steuervergehen) in der Regel vergleichsweise milde bestraft werden.
Aber: ich bin sehr skeptisch gegenüber dem Ruf nach Strafverschärfungen, schlicht weil ich Strafverschärfungen in den allermeisten Fällen für kein sinnvolles Mittel halte. Die Autorinnen haben zwar völlig Recht, wenn sie die kommunikative Dimension von Strafen betonen, aber in allzuvielen Fällen sind Strafen einfach generell nicht das beste Mittel (siehe hier); Restauration wäre in meinen Augen wesentlich zu bevorzugen. Der Gefängnisaufenthalt löst schließlich in den seltensten Fällen die zugrundeliegenden Probleme. Das gilt auch hier.
Hier habe ich, was Dich nicht verwundern wird, eine komplett andere Meinung. Der Schaden an der Psyche, an der Persönlichkeit der 15jährigen ist unlöschbar und bis ans Ende ihres Lebens angerichtet, und er ist vermutlich nicht gerade klein. Die am wenigsten schlimme Lösung für das Mädchen wäre, diese Kerle hinzurichten, um klarzumachen, dass zumindest sie ihr nichts mehr antun können. Nun ist mein Kopf grundsätzlich gegen die Todesstrafe, da es zu Fehlurteilen kommen könnte. Aber mein Bauch hätte keine grundsätzlichen Probleme, sie umzubringen und anschließend als Wiedergutmachung ihre Organe zu an Menschen zu geben, die sie brauchen.
Das möchte ich hier ganz klar sagen: Die Folgen für die Täter sind mir von vorne bis hinten schnuppe. Mich interessiert in solchen brutalen Fällen die auslösenden Ursachen für deren Gewalt (sei es der Wunsch nach einem Kick, erziehungsbedingt angeknackste Sexualität oder psychische Störungen) nicht die allerkleinste Bohne. Weg mit solchen Leuten, um sicherzustellen, dass so etwas nicht nochmal passiert – so weit und fest weggesperrt, wie es eben geht. Und wenn die dann nach 60 Jahren psychisch zerstört in den Sarg fallen, hatten sie selbst schuld.
Diese ständige Fokussierung auf die Opfer, die möglichst schnell und möglichst schonend in die Gesellschaft zurückgeführt werden sollen, ist mir hochgradig zuwider. Sie haben sich außerhalb der Gesellschaft begeben und haben nach meiner Ansicht jeden Anspruch auf Verständnis, Mitleid, Nachsicht etc. verloren.
Verstehe ich. Aber: es erfüllt halt nur ein tiefsitzendes Bedürfnis nach Vergeltung und hat wenig Nutzen. Ich stimme dir und Thorsten völlig zu, dass in manchen Fällen wegsperren und Schlüssel wegwerfen das Beste ist. Aber ich bin gegen blanko-Verschärfungen. Aber erneut: alles eher im abstrakten Raum, ich bin kein Experte, im Gegensatz zu den zwei Autorinnen.
Strafe dient dwei (weithin bekannten) Zwecken – Vergeltung, Abschreckung und Resozialisierung. Aber sie dient darüber hinaus einem extrem wichtigen vierten, sehr selten diskutierten, Zweck – dem Vertrauen der Bevölkerung in das Rechtssystem. Machen wir uns bitte alle nichts vor – bei einer aktiven, gegenwärtigen, Bedrohung ist die Polizei nahezu nutzlos. Wenn man schnell robusten Schutz braucht, wendet man sich besser an die Mafia oder gewaltaffine Bekannte mit entsprechender Ausbildung. Also ist die Strafe nach dem Verbrechen das einzige, was den Opfern und potentiellen Opfern bleibt – und ohne grundlegendes Vertrauen von 90% in das Rechtssystem bricht das schneller zusammen, als wir geradeaus gucken können, danach gilt das Recht des Stärkeren.
Weshab es mir ziemlich egal ist, ob Strafen im konkreten Einzelfall (beim Täter!) viel bewirken – ihre Wirkung liegt woanders und dort ist diese Wirkung tatsächlich entscheidend.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts 4. Januar 2024, 14:27
Aber sie dient darüber hinaus einem extrem wichtigen vierten, sehr selten diskutierten, Zweck – dem Vertrauen der Bevölkerung in das Rechtssystem.
…
Genau das!
Weshab es mir ziemlich egal ist, ob Strafen im konkreten Einzelfall (beim Täter!) viel bewirken – ihre Wirkung liegt woanders und dort ist diese Wirkung tatsächlich entscheidend.
Volle Zustimmung!
Die Norweger sehen auch das mal wieder anders – und haben deutlich niedrigere Rückfallquoten.
Richtig.
Dafür hätte ich gerne handfeste Belege gesehen?
https://letmegooglethat.com/?q=r%C3%BCckfallquote+Norwegen
ROFL. Nett, danke.
Habe einen passenden Überblicksartikel gefunden. Da scheint es aber nirgendwo um die von Erwin, Stefan und mir diskutierten Straftaten zu gehen, sondern a) um den Unsinn von Gefängnissrafen für Bagatelldelikte UND b) um die deutlich bessere Behandlung der Gefängnisinsassen (mit der ich kein Problem hätte).
https://www.focus.de/perspektiven/14-laender-14-reporter/14-laender-14-reporter-norwegen-5-gruende-warum-norwegens-haeftlinge-nicht-rueckfaellig-werden_id_9803285.html
Zum Beispiel:
https://www.presseportal.de/pm/9377/5152988
https://www.focus.de/perspektiven/14-laender-14-reporter/14-laender-14-reporter-norwegen-5-gruende-warum-norwegens-haeftlinge-nicht-rueckfaellig-werden_id_9803285.html
Nach jeder Meldung über ein scheußliches Verbrechen frage ich mich auch, ob wir nicht zu nachsichtig sind. Aber gehört es nicht zum Prozess der Zivilisation, den verständlichen Impuls („diese Scheusale auch noch auf Staatskosten verwahren“) zu unterdrücken? Ernst gemeinte Frage. Wenn ich die Ergebnisse der USA mit denen in Norwegen vergleichen, dann auf jeden Fall.
Genau das.
Zivilisiert ist, eine angemessene Strafe zu finden nach einem rechtsstaatlichen Verfahren. Wie diese auszufallen hat, beurteilt jede Gesellschaft für sich.
Sie vergleichen zwei Extrempunkte und meinen daraus Erkenntnisse gewinnen zu können. Es ist auch so, dass Menschen häufiger im Meer ertrinken als im Kinderschwimmbecken. Wenn in Detroit fast so viele Menschen ermordet werden wie in ganz Deutschland und in Bergen (Norwegen) weit weniger als in Hamburg, hat das wenig mit dem Strafrahmen zu tun. Denn tatsächlich, und das könnte Sie überraschen, werden nicht überall in den USA so viele Menschen ermordet wie in Detroit.
Aber gehört es nicht zum Prozess der Zivilisation, den verständlichen Impuls („diese Scheusale auch noch auf Staatskosten verwahren“) zu unterdrücken?
Sorry, gehe ich schon lange nicht mehr mit. Die Opfer scheusslicher Verbrechen sind entweder tot oder für ihr restliches Leben gezeichnet, was mein zivilisatorisches Mitgefühl für die Täter erheblich dämpft. Der Grund, warum ich trotzdem für eine humane Behandlung von Strafgefangenen bin, ist auch eher meine Sorge für das Personal solcher Einrichtungen – inhumane Behandlung macht auch die diejenigen inhuman, die diese Behandlung administrieren.
Was die Resozialisierung angeht, würde ich bei bestimmten Verbrechen (Beispiele: Gewaltsame Vergewaltigung oder Folter) niemandem jemals wieder trauen. Der Grund dafür ist ganz einfach – nahezu jeder Mensch ist in bestimmten Situationen zu Gewalttätigkeit oder sogar Totschlag fähig, aber ich wäre selbst bei Todesdrohung unfähig zu z.B. Folter – und das gilt IMHO für viele Menschen. Um bestimmte Verbrechen zu begehen, muss man einen riesigen geistig/moralischen Defekt haben. Und der ist eben nicht sicher zu korrigieren.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ CitizenK 4. Januar 2024, 17:28
Die Norweger sehen auch das mal wieder anders – und haben deutlich niedrigere Rückfallquoten.
Citizen, Du bist ein richtig lieber Schönwetter-Wähler. Aber mach diesen Kram bei Ladendieben oder Einbrechern.
Eine „niedrige Rückfallquote“ bei brutalen Vergewaltigern interessiert mich nicht; sie ist in jedem Falle zu hoch. Denn wenn man die für den Rest des Lebens wegsperrt, liegt die Rückfallquote bei Null.
Für diese Fälle gibt es die Sicherungsverwahrung.
@ CitizenK 5. Januar 2024, 07:04
Für diese Fälle gibt es die Sicherungsverwahrung.
Nehme ich gerne, kein Problem. Hauptsache weg.
Ich stimme dir im Grundsatz zu. Deswegen sage ich ja, in manchen Fällen BRAUCHT es die Strafe, schon allein des Rechtsfriedens willen. Ich hab jetzt nur schon so oft kopflose Rufe nach Strafverschärfung enorme Flurschäden auslösen sehen (habe ja hier vor einiger Zeit Pädophilie diskutiert), dass es mir geraten scheint, da immer erst mal Luft zu holen und nachzudenken, ob es geboten und sinnvoll ist. Oder ob nicht eine höhere Verurteilungsquote, mehr Sichtbarkeit, whatever, den Job besser lösen würden.
Mit der Position kann ich gut leben, odentliches Nachdenken von für das Thema wirklich qualifizierten Leuten hilft in der Regel.
Fair!
@ Stefan Sasse 4. Januar 2024, 10:23
Verstehe ich. Aber: es erfüllt halt nur ein tiefsitzendes Bedürfnis nach Vergeltung …
Wenn Du auf meinen Bauch hörst, ist das sicherlich ein Aspekt, wenn auch nicht der einzige. In jedem Falle auch Problemlösung.
… und hat wenig Nutzen.
Organspender?
Ich stimme dir und Thorsten völlig zu, dass in manchen Fällen wegsperren und Schlüssel wegwerfen das Beste ist. Aber ich bin gegen Blanko-Verschärfungen.
Solange es derartige Vergehen gibt, die weniger streng als (wiederholter) Ladendiebstahl geahndet wird, bin ich natürlich für Verschärfungen.
Aber erneut: alles eher im abstrakten Raum, …
So abstrakt ist der raum für die vergewaltigte 15jährige nicht, wie Du glauben magst.
… ich bin kein Experte, im Gegensatz zu den zwei Autorinnen.
Sie mögen Expertinnen für die Täter sein, aber offenbar nicht für die Opfer. Deren Schicksal und deren Wohlergehen ist mit deutlich wichtiger als das der Täter.
Organspender?
Ansonsten siehe meine Antwort an Thorsten.
Stefan Sasse 4. Januar 2024, 18:56
Organspender?
Ich schrieb, dass mein Bauch keine Probleme damit hätte, diese Typen umzubringen und ihre Organe zu spenden. Ich schrieb auch, dass mein Kopf dagegen ist.
Mit Deiner Antwort an Thorsten bist Du immer noch weit von meiner Warte entfernt, aber zumindest hast Du Dich von der Betrachtung gelöst, dass es nur um die mööglichst reibungslose, erfolgreiche Rückführung der Täter geht (abgeleitet aus Deinen Aussagen, die sich anfamgs nur auf die Täter bezogen). Das wollen wir dann mal einen ersten Schritt in die richtige Richtung nehmen.
Viel mehr kannst Du von einem Vater von vier Töchtern nicht verlangen …
Ah! Das hab ich übersehen.
Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass das immer funktioniert, aber wenn du die Regeln verschärfst, verschließt du oft die Möglichkeit dazu.
@ Stefan Sasse 4. Januar 2024, 22:34
Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass das immer funktioniert, aber wenn du die Regeln verschärfst, verschließt du oft die Möglichkeit dazu.
Ich verstehe den Punkt durchaus. Aber für mich hat der Schutz der Gesellschaft Vorrang vor Menschen, die sich durch ihr Verhalten außerhalb der Gesellschaft stellen.
Ob und wie sehr die durch den Strafvollzug leiden, ob sie im Knast selbst vergewaltigt, zum Krüppel geprügelt, psychisch dauerhaft geschädigt oder umgebracht werden, interessiert mich deutlich weniger als die Reduzierung der Chance auf Tatwiederholung von 5 Prozent auf Null zu senken.
Warum sollte ich solch einen Täter schonen, oder in irgendeiner Weise auf ihn Rücksicht nehmen? Weil er ein „Mernsch“ ist? Weil er wieder ein „nützliches Glied der Gesellschaft“ werden könnte? Ich bitte Dich …
Völlig fair. Mein Plädoyer war nur eine Warnung vor instinktiven Blanko-Verschärfungen across the board.
Das hat noch nie jemand gefordert. Nur, warum warst Du für eine Verschärfung des Sexualstrafrechts, wobei es hauptsächlich um Gefängnisstrafen ging?
War ich nicht. Ich nehme an, du beziehst dich auf „nein heißt nein“. Ich war dafür, dass die Strafbarkeit verbessert wird. Nicht, dass die Strafen härter werden.
Ja. Wesentlicher Teil der Reform war die Verschärfung der Strafen. Das lässt sich an Extrembeispielen nachvollziehen: War z.B. ein aufgezwungener Kuss mit einer Geldstrafe bewehrt, kann es heute zu einer Gefängnisstrafe führen.
Und was Du so locker mit „Erleichterung der Strafbarkeit“ beschreibst, meint, den wichtigsten Rechtsgrundsatz auszuhöhlen: Eine Straftat muss dem Beschuldigten nachgewiesen werden („In Dubio pro Reo“).
a) Mal wieder was zum Gendern.
Das einzige, was mich am verlinkten Artikel stört, ist, den Kampf gegen Gendern als rechte Identitätspolitik zu beschreiben, ohne zu schreiben, DASS DER KAMPF FÜR DAS Gendern linke Identitätspolitik ist. Mich nervt beides.
b) Katrin Göring-Eckardt will Superreiche für Klimageld zur Kasse bitten.
Bevor ich hier viel Glück wünsche, warte ich erst mal Göring-Eckhardts Definition von „extremreich“ ab.
f) Ein paar Informationen zur deutschen Landwirtschaft.
Mein Reden. Falls es eine Krise geben sollte, die die Nahrungsmittelimporte angreift, wären wir so was von am Arsch.
g) Super-spannender Thread zu dem Thema Investitionen.
Kann ich nicht lesen, ist auch egal. Ich muss nicht wissen, wie viel Geld wofür ausgegeben wurde. Mir reicht zu sehen, was erreicht wurde und was nicht.
n) Kretschmanns Rhetorik zur Schuldenbremse scheint mir erfolgversprechend.
Das Aufheben der Schuldenbremse wäre die Zukunftsbremse.
a) Wie kann das jemand bestreiten? Klar ist beides Identitätspolitik. Mich nervt nur, wenn eine Seite so tut, als wäre es das nicht.
b) Bleibt wie immer undefiniert.
@ Stefan Sasse 4. Januar 2024, 10:24
a) Mal wieder was zum Gendern.
Wie kann das jemand bestreiten? Klar ist beides Identitätspolitik. Mich nervt nur, wenn eine Seite so tut, als wäre es das nicht.
Ich weiß, dass beide Seiten solche Politik betreiben. ich lese aber von linker Seite ständig, dass es nur die Rechten machen.
Also ich lese von linker Seite staendig, dass andere Linke aufhoeren sollen, Identitaetspolitik zu betreiben, und sich stattdesses um „richtige“ Probleme kuemmern sollen 😉
@ schejtan 4. Januar 2024, 16:13
Also ich lese von linker Seite staendig, dass andere Linke aufhoeren sollen, Identitaetspolitik zu betreiben, und sich stattdesses um „richtige“ Probleme kuemmern sollen 😉
Nett … Da kann ich schon mal sehen, was Du alles nicht liest 🙂
Es grüßt
E.G.
Und von rechter, dass es nur die Linken machen.
Stefan Sasse 4. Januar 2024, 18:56
Und von rechter, dass es nur die Linken machen.
Musst nur lesen, was Du schreibst. So viele andere Linke lese ich nicht 🙂
Habe nie bezweifelt, dass ich Identitätspolitik betreibe. 🙂
@ Stefan Sasse 4. Januar 2024, 22:34
Habe nie bezweifelt, dass ich Identitätspolitik betreibe. 🙂
Dass Du das für Dich nicht bezweifelst, glaube ich gerne; bist ja ein intelligenter junger Mann. Aber geschrieben hast Du es hier schon anders 😉
es grüßt
E.G.
Nun, this is my position. Und danke für das Lob, auch wenn ich so jung nicht mehr bin 😉 Aber gleichfalls 🙂
Zu q)
Es gibt offenbar gar keine Verbotslisten. Direkt aus dem verlinkten thread:
„All diese Bücher sind weiter in Schul- oder sonstigen Bibliotheken vorhanden. Sie werden nicht verbannt oder verboten oder sonst etwas.
Die Bücher sind nicht mehr Teil von sog. „Classroom libraries“ in denen Lehrer „interessante“ Bücher für ihre Schüler bereitstellen. Das können Lehrer selbstständig gestalten.
Viele der Buchtitel sind für die Primary Schools ungeeignet – Bücher mit sexualisierten Darstellungen aus LGBT+ sind nichts für Grundschüler. Leider ist es in den Schuldistrikten zu oft vorgekommen, dass „progressive Lehrer:innen“ mit grünen oder blauen Haaren ihre sexuellen Präferenzen den 6-9 jährigen etwas zu explizit erklärt haben und dann zweifelhafte Literatur verteilten. “
„Technically, these books are on standby, waiting to be reviewed for inappropriate sexual content by a media specialist.“
Kann mir mal einer erklären, warum Linke sich so vehement dafür einsetzen, Kinder möglichst früh mit möglichst durchsexualisierten Texten zu versorgen?
Gruss,
Thorsten Haupts
Ah, danke für den Hinweis, das entging mir.
In den USA sind die Maßstäbe für inappropriate sexual content auch ein bisschen anders als hier…
Glaub nicht jeden Müll, den Th. H. aus dem Internet fischt.
Armin Wolf hat übrigens auch das hier verlinkt:
„Technically, these books are on standby, waiting to be reviewed for inappropriate sexual content by a media specialist. But as NPR’s Andrew Limbong reports, it could take years before these books find themselves back in a classroom, if they find themselves back.“
https://www.npr.org/2023/12/21/1221040451/nearly-700-books-have-been-removed-from-classroom-libraries-in-one-florida-count
Wurde von mir explizit zitiert 🙂 . Und ich bin bei Ihrer blogbekannten Integrität ganz sicher, Sie haben Belege für den „Müll“? Dann her damit.
„Wurde von mir explizit zitiert . “
Nicht mit Link.
Und *anonymer Twitteraccount mit Blauhaken* ist ja nun wirklich keine zitierfähige Quelle.
@ sol1 6. Januar 2024, 17:46
… Müll …
Tut nicht not. Schau lieber in den Spiegel …
Der von Th. Haupts ausgiebig zitierte Account verbreitet auch trumpistische Wahllügen:
https://nitter.net/Contrivancer23
Wenn das kein Müllaccount ist, was dann?
Mir völlig egal, die Fakten scheinen zu stimmen, die Bewertung ist eine haltbare Position, case closed.
Sie sprachen nicht von einem Müllaccount, sondern davon, dass das Zitierte (inhaltlich) Müll ist. Und drücken sich weiterhin um einen Beleg. Nicht, dass ich überrascht wäre …
Zu 5)
Fluch der bösen Tat: Die Migrationspolitik z.B. wird im Bund gemacht, deren finanzielle Folgen haben (überwiegend) die Kommunen zu tragen, inklusive der Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz.
https://www.bundestag.de/resource/blob/405482/02c6fdc92bd09faf83f9759af4f36b8f/wd-4-020-14-pdf-data.pdf
Gruss,
Thorsten Haupts
Zu t)
Doch, der Nutriscore taugt hervorragend. Er sagt mir auf einen Blick, ob ich vermutlich ein nahrhaftes und schmackhaftes Produkt vor mir habe (Wertungen C bis E), oder ein von allen Nährstoffen befreites, flach schmeckendes und irrelevantes (Wertung A). Danke dafür!
Gruss,
Thorsten Haupts
m) Argentinien, „Notstand ausrufen“ und meine persönliche Horror-Show.
Das Paket der 350 Gesetze wird in Argentinien von mehreren Seiten sehr scharf kritisiert, übrigens auch von konservativen Juristen.
Was ist da eigentlich los?
Artikel 99 der argentinischen legt eigentlich mit sehr deutlichen Worten fest, dass der Präsident keine Gesetze erlassen darf. Dafür gibt es die Legislative, also den Kongress.
Nur gibts da für Fällen des Notstandes Möglichkeiten des Präsidialdekrets, das jedoch vom Verfassungsgericht anfechtbar ist und vom Kongress für nichtig erklärt werden kann, wenn beide Kammern gegen das Paket stimmen.
In der gelebten Verfassungspraxis haben *alle* Regierungen seit zumindest 2002 die Möglichkeit des Präsidialdekrets intensiv genutzt. Dies wurde von Juristen die ganze Zeit kritisiert.
Milei ist nun noch einige Schritte weiter gegangen. Er hat 350 Gesetze aus sehr unterschiedlichen Bereichen zu EINEM Präsidialdekret gepackt. Man kann das Ding ruhig „Ermächtigungsgesetz“ nennen, weil es Milei eine quasi-diktatorische Macht geben würde. Dieses Vorgehen wird selbstverständlich von vielen Seiten kritisiert. Es ist halt sehr gefährlich. Wenn diese Praxis in der Zukunft fortgeführt würde, könnte ein zukünftiger linker Präsident die Arbeiter-und-Bauernräte-„Demokratie“ des 21. Jahrhunderts einführen.
Milei muss das Ding schnell durch den Kongreß bringen. Dies erscheint aber kaum möglich.
Der Notstand ist *echt* da. Die Inflation ist schon vor der Wahl außer Kontrolle geraten. Milei hat erstmal den völlig unterbewerteten offiziellen Dollar-Wechselkurs an den Schwarzmarktkurs angepaßt. Dieser unterbewertete Wechselkurs diente aber als eine Art Preis-Staumauer insbesondere für Grundbedürfnisse (Lebensmittel und Transport wg. Benzinpreis). Nachdem Milei die Staumauer „gesprengt“ hat, verdoppelten sich Preise für Lebensmittel, Benzin, Tickets für ÖPNV, etc.
Ich weiß, dass der folgende Punkt nicht sonderlich intuitiv ist: Das war eine gute Maßnahme.
Info: Sergio Massa war Wirtschaftsminister, quasi-Präsident der Vorgängerregierung und der gegen Milei unterlegene Kandidat in der Stichwahl zum Präsideten Argentiniens.
In einem Interview sagte Sergio Massas engster Berater, dass eine Massa Regierung die Staumauer auch gesprengt hätte.
Die immer stärkere Spreizung zwischen offiziellen Wechselkurs und Schwarzmarktkurs war nicht mehr durchzuhalten. Das kostet u.a. zu viel Zentralbank Devisenreserven, die es nicht gibt.
Medien erwecken den Eindruck, die Inflation in Argentinien läge bei etwas über 100% im Jahr, oh Schreck.
Das ist Quatsch.
Seit Juli 2023 schwankten die monatlichen Inflationsraten um 15%. Dies entspricht einer jährlichen Inflation von 1,15 ^ 12 * 100 = 535% . Die für Dezember angenommene Inflation von 30% ergibt aufs Jahr gerechnet: 1,15 ^ 12 * 100 = 2330% . Mit keinen der beiden Werten ist normales Wirtschaften möglich, wenn sie nicht asap signifikant sinkt. Experten rechnen damit, dass die 30% Inflation bis März weiter besteht. Ob Milei sich damit halten kann, ist eine sehr gute Frage. Im April gibts dann Erleichterung auf Grund der exportierten Soja-Ernte. Hält Argentinien das durch, wird die Inflationsrate im zweiten Halbjahr stark sinken.
Es wird soziale Verwerfungen geben. Ich kenne Menschen, die die chilenische Krise von 1983 im Kind/jungen Teenager-Alter erlebt haben. Man kann deren Berichte durchaus als traumatisch bezeichnen.
Ich sehe die Argentinien-Krise aus der Erfahrung der Schockprogramme im Zusammenhang der großen Lateinamerikanischen Verschuldungskrise der 80er.
Die Vorgängerregierungen haben den Karren sehr tief in den Dreck gefahren. Das war meine Meinung seit 2018. Da gebe ich Milei völlig Recht.
Kurzfristig sage ich: Schocktherapie, ja bitte.
Die Erodierung der Demokratie Argentiniens durch Mileis Packetierung von 350 Einzelgesetzen zu einem Paket sehe ich kritisch, allerdings braucht der Präsident in der Lage aus meiner Sicht besondere Vollmachten.
Problematisch sehe ich auch weitere mittel- bis langfristigen Folgen. Nach der Krise leben möglicherweise übertrieben neoliberale Elemente weiter.
Milei versucht die Flucht nach vorn. Viele de jure mächtige Lateinamerikanische Präsidenten der letzten Jahre schauten angstvoll auf Umfrageergebnisse. Das lähmte den Politikbetrieb.
Milei hat fest entschlossen das Heft des Handelns in die Hand genommen. Ausgehend von meiner Einschätzung, dass die makroökonomische Krise *wirklich* ernst ist, ist das die richtige Haltung. Wir werden sehen, ob das Paket der 350 Einzelgesetze vielleicht doch noch in Häppchen geteilt wird.
Die Demonstrationen gegen Milei bisher sind normale Folklore. Im Großraum Buenos Aires leben 13 Mio Menschen. Es ist völlig normal, dass da 20.000 demonstrieren. Der Einsatz der Polizei war bisher massiv aber nicht gewalttätig.
Jürgen Vogt zitierte am 28.12. in der taz, dass zu dem Zeitpunkt an die 70% der Argentinier das Vorgehen Mileis unterstützen [ https://taz.de/Mega-Gesetzentwurf-in-Argentinien/!5981749 ]. Diese Werte können sich sehr schnell ändern. Lateinamerikanische Politik ist in diesen Jahren sehr liquide. Jürgen Vogel lebt in Buenos Aires, ist sehr anti-Milei und war langjähriger Leiter der für mich sehr linken Lateinamerika Nachrichten. Jürgen Vogel ist ein ernsthafter Journalist. Für Leute wie Jürgen Köpl habe ich einen Bookmark-Ordner mit dem Namen „desinformation“. Um mir das Podcast Interview von Jenny Günther mit ihm vollständig anzuhören brauche ich mehr innere Ruhe, weil das so ein Quatsch ist.
Hier zu Entspannung ein kleines Duolingo Rätsel in chilenischen Spanisch [Worte in richtige Reihenfolge bringen, 2 kurze Sätze, der erste kein vollständiger Satz. ]:
Gringos | chachan | una. | ni | No | weones.
Ich halte größere Straßenproteste vor dem 25.1. für unwahrscheinlich. Die Gewerkschaften haben für diesen Termin einen Generalstreik angekündigt. Analysten meinen, dass dies vermutlich taktisch zu früh ist. Angesichts der erwarteten Inflation von 30% im Monat, wird das Anti-Milei Camp bis März wachsen.
Aktuell sind viele Argentinier am Strand. Aktuell ist alles ruhig. Ich rechne aber damit, dass ab nächsten Montag da nachrichtentechnisch wieder der Bär steppt.
Ich schreibe noch einen Artikel. Bin zu dem Schluß gekommen, dass es erstmal einen Artikel über die historischen Hintergründe benötigt. Aktuell ist das auf 5 Microsoft Word Seiten mit Schriftgröße 9. Kürze, ergänze, formuliere um. Das Schreiben hilft mir, meine eigenene Zerissenheit zu ordnen. Es ist wirklich schwierig, weil ich von einer Leserschaft ohne Vorkenntnisse ausgehe.
Wie ich vermutet hatte scheint nun Mileis Ermächtigungsgesetz von der Judikative ausgehebelt zu werden. Das ganze Gezeter, das die Linke abgestimmt hatte, war also Mal wieder völlig überflüssig.
Das höchste Arbeitsgericht hat gestern die arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Pakets für nichtig erklärt, nachdem irgendwelche korrupten Gewerkschaftler Klage erhoben hatten. Es gibt weitere gerichtliche Klagen gegen andere Teile des Pakets. Gleichzeitig beginnen Gespräche in beiden Kammern des Parlaments.
Es wird nun interessant sein zu sehen wie Finanzmarktexperten das einschätzen. Argentiniens finanzpolitischer Spielraum ist nur noch sehr gering. Bekommt er nicht mindestens 5% der Ausgaben eingespart, so dass die Zentrank wieder Geld drucken muss, können wir in die analytisch interessanten Bereiche kommen, in denen der Ertrag aus der Geldschöpfung abnimmt. Unter solchen Bedingungen sind monatliche Inflationsraten von 100% und mehr wahrscheinlich.
Naja. Andererseits beruht das alles auf überholten Theorien. Die Modern Monetary Theory belegt ja, dass Inflation nicht wirklich ein monetäres sondern ein politisches Problem ist. Wir werden sehen.
Erst mal merci für die Einblicke.
Die Modern Monetary Theory belegt ja …
Yup, und Fantasy-Romane belegen, dass Drachen existieren 🙂 .
@ Thorsten Haupts 4. Januar 2024, 22:56
[Die Modern Monetary Theory belegt ja, dass Inflation nicht wirklich ein monetäres sondern ein politisches Problem ist. ]
Ich glaube, dass ich das jetzt endlich verstanden habe. Wenn Inflation ein politisches und kein monetäres Problem ist, liegt es also nicht daran, dass es zu viel oder zu wenig Geld gibt, sondern es gibt zu viele oder zu wenige Politiker. Hab ich das jetzt?
Das war natürlich sarkastisch gemeint.
Die letzten Jahre in Argentinien bestätigen mal wieder, dass in Folge einer übermässig lockere Geldpolitik irgendwann das Feuer ausbricht. Wenn das passiert, ist es extrem kostspielig, das Feuer wieder zu löschen.
In Gefolge der Schuldenkrise der 80er haben die meisten lateinamerikanischen Staaten die Unabhängigkeit der Zentralbank eingeführt, um solche Szenarios im Keim zu ersticken.
In Gefolge des Preisauftriebs im Gefolge der Post-Pandemie fahren *alle* diese unabhängigen Zentralbanken eine sehr restriktive Geldpolitik. Auch die eher linken Regierungen in Brasilien, Kolumbien und Chile haben sich niemals dagegen gestellt, obwohl die für die Wirtschaft dämpfenden Folgen der erstaunlich hohen Realzinsen (Geldmarktzins – Inflation) natürlich Auswirkungen auf die Performance der Regierung in Meinungsumfragen haben.
Realzinsen aktuell (Zinsrate_der_Zentralbank – Inflation_letzte_12_Monate = Realzins) :
Brasilien: 12,25 – 4,5 = 8,25%
Kolumbien: 13,25 – 10,15 = 3,1%
Chile: 8,25 – 4,5% = 3,75%
Deutschland: 4,5% – 3,7% = 0,8%
(alle Werte in Prozent)
Hab mir jetzt die Kommentare zu Argentinien in der Zeit angeschaut und ich bin ein bisschen schockiert. Die Leute fanden unsere kurzzeitige double-digit Inflation im Jahr sehr unangehm, scheinen aber kein Verständnis dafür hinzubekommen, dass das gleiche mit höheren Raten PRO MONAT eine echte Katastrophe ist.
„Schlecht in Mathe“ zu sein (übersetzt: kann nicht rechnen) gilt in manchen Kreisen als Ausweis höhewertiger Bildung. Und diese Kreise sind in (sozialen) Medien weit überproportional vertreten 🙂 .
Der Stolz, schlecht in Mathe zu sein, ist tatsächlich ein echtes Problem. Erwisch ich mich auch immer wieder bei.
Stolz? MMn ist bei diesem Kokettieren immer auch Abwehr dabei. Denn heimlich hat man das Mathe-As der Klasse doch bewundert/beneidet, oder?
Ja, sicher auch. Vielleicht ist Stolz das falsche Wort. Es ist auf jeden Fall eine gesellschaftliche Akzeptanz und Normalisierung von schlechten Mathekenntnissen, die in keinem anderen Fach besteht.
Ist auch ärgerlich, wenn diese Haltung von den Eltern den Matheunterricht ausgesetzten Kindern vermittelt wird. Bei vielen vermutlich ein Faktor, wenn dann „ich kann kein Mathe“ zum Selbstkonzept eines Schülers wird.
Wobei ich mich frage, ob das weniger wird. Ich cruise in einem sehr philologischen Umfeld umher (Uni und Schule) und höre Mathenichtkönnen als Ausweis höherer Bildung eigentlich gar nicht mehr von u40-Leuten. Aber ist natürlich nur Anekdote.
Da ändert sich was. Ich nehme auch öfter Bedauern wahr, Mathe nicht zu verstehen. Gilt auch für Chemie und Physik. Für Biologie sowieso.
Ein Grund war sicher, wie Mathe und Naturwissenschaften früher in der Schule vermittelt wurden – und leider teilweise immer noch werden.
Das Internet hat da einiges zum Besseren bewirkt. „Mit Tutorials mehr gelernt als in der Schule“ – hör ich immer wieder.
Ist eine Vollkatastrophe.
Gut möglich, meine Anekdoten stammen exklusiv aus dem Ü 50 Bereich.
Wobei man ohnehin fragen sollte, was gemeint ist. Ich war und bleibe schlecht in höherer Gymnasial-Mathematik (differential- und Integralrechnungen, Matritzen), u.a. weil ich nie eine Verbindung dieses Wissens zu irgendwas im Alltag oder potentiellen Beruf nützlichen sah.
Und wusste auch erst mit post 40, als Projektmanager, dass ich richtig gut im Rechnen (und Abschätzen), in einfacher Statistik oder Prozentrechnung bin. Nach meiner Lebenserfahrung gibt es da eine enge Verbindung zu Logik – jede/r, der/die logisch denken kann, wird auch mit Realschul-Mathe hervorragend zurecht kommen.
Bei den heute Ü 50 mit Stolz auf „schlecht in Mathe“ habe ich den „Stolz“ wirklich niemals verstanden. Es gibt genau zwei Fachbereiche, deren Bedeutung über alle Berufe und das gesamte Alltagsleben hinweg in allen modernen Gesellschaften stetig zugenommen hat – Jura und Mathematik. Und das war auch schon vor 30 Jahren erkennbar.
Gruss,
Thorsten Haupts
Es gibt eine ideologische Ebene, in der das viel tiefer geht.
Ich hatte länger den Verdacht.
Seitdem ich nun endlich Sebastián Edwards, „The Chile Project: The Story of the Chicago Boys and the Downfall of Neoliberalism“ aus dem letzten Jahr lese, wird plötzlich alles ganz klar.
Also: Der ganze Argentinien-Komplex ist eine Art Re-Match der alten Chicago School vs Strukturalismus Debatte. Ich persönlich bin mehr Chicagoianer als ich dachte. Die Debatte war mit Lateinamerikanischer Verschuldungskrise und der erfolgreichen Übernahme des Wirtschaftsmodells der Diktatur nach der Re-Demokratisierung Chiles eigentlich entschieden.
Der Kirchnerismus hat den Strukturalismus aufgewärmt, MMT macht das übrigens auch. Dabei gibt es das klitzekleine Problem, dass sich dieses strukturalistische Zeugs eigentlich erstmal schlüssig anhört, aber IMMER ins Desaster führt.
Auf der anderen Seite ist Mileis 350 Punkte Programm in einem demokratischen Rechtsstaat nicht durchsetzbar. Ich bin entschieden für die Beibehaltung der argentinischen Demokratie, aber wenn Milei scheitert und die Kirchneristen wieder ihr Ding durchziehen, wird das Land früher oder später in eine noch tiefere Krise fallen. Das wäre dann Schicksal. Nunca más [Keine weitere Militärdiktatur im Cono Sur]
… wobei Ökonomie eine empirische Wissenschaft ist und keine Wahrheiten im mathematischen Sinne aufdecken kann.
Die Aussage „Strukturalismus wird immer ins Desaster führen“ ist so gemeint, dass dies mit einer extrem hohen Wahrscheinlichkeit so kommen wird.
e) Daten und Fakten zu PISA.
Der Artikel wiederlegt im wesentlichen Deine seit Jahren vorgetragenen Argumente.
In Deutschland gaben 96 Prozent der Schüler*innen an, dass sie mindestens ein Jahr lang eine Vorschule bzw. eine Kita besucht haben (OECD-Durchschnitt: 94 Prozent).
Deutschland hat bei der Quantität der Vorschule längst aufgeholt..
Bildungsausgaben hängen nur bis zu einem gewissen Grad mit den Schülerleistungen zusammen. In den Ländern und Volkswirtschaften, deren kumulative Ausgaben je Schüler*in über alle Primar- und Sekundarschuljahre vom 6. bis zum 15. Lebensjahr 2019 unter 75.000 US-Dollar (bezogen auf die Kaufkraftparität, KKP) lagen, gingen höhere Bildungsausgaben mit höheren Punktzahlen im PISA-Mathematiktest einher. Dies war jedoch nicht der Fall in Ländern und Volkswirtschaften, deren kumulative Ausgaben über 75.000 US-Dollar (KKP) lagen. In dieser letztgenannten Gruppe von Ländern und Volkswirtschaften scheint die Art und Weise, wie die finanziellen Mittel eingesetzt werden, für die Leistungen der Schüler*innen wichtiger zu sein als die Höhe der Bildungsinvestitionen.
Bei hoch entwickelten Volkswirtschaften wie der deutschen sind weniger die Bildungsausgaben entscheidend als die Qualität der Lehrer. Auch hier kann ich mir den Einwurf nicht verkneifen: Wir bezahlen viel für ziemlich schlechte Qualität.
In etwa der Hälfte der Länder und Volkswirtschaften mit vergleichbaren Daten berichteten Schulleitungen 2022 häufiger als 2018 von einem Mangel an Lehrkräften.
Leider fehlt sowohl jeder Vergleichswert als auch Angaben über den Anteil von Fehlzeiten.
In Deutschland gaben 71 Prozent der Schüler*innen an, dass in ihrem Schulgebäude wegen der Coronakrise mehr als drei Monate lang kein Unterricht stattfand. Im OECD-Durchschnitt erlebten 51 Prozent der Schüler*innen ähnlich lange Schulschließungen. In Bildungssystemen, in denen die Leistungen hoch blieben und sich das Zugehörigkeitsgefühl der Schüler*innen verbesserte, waren weniger Schüler*innen von längeren Schulschließungen betroffen.
Das sicher größte (moralische) Verbrechen der Schulen und Lehrer in den letzten Jahrzehnten. Es gibt kaum etwas Schlimmeres als minderjährige Schutzbefohlene im Stich zu lassen. Ich frage mich da, wie viele Lehrer empfinden da Scham ob ihres früheren Verhaltens? Wahrscheinlich keiner.
Als ob wir bestimmt hätten, dass die Schulen geschlossen werden.
Zu c)
Die wundervolle Aufzählung dessen, worum sich ein moderner woker Liberaler zu kümmern bzw. zu sorgen hat, lässt meine bisher unbegründete Zuversicht wachsen, dass diese Bewegung früher oder später doch vor die Wand fährt. Ausschnitt gefällig?
You have to care about poor people and homeless people and Palestinians and trans people and the environment and Black people and the disabled and Hispanics and the neurodivergent and fast food workers and animals and undocumented immigrants and indigenous people and … DEI and white privilege and … systemic racism and bullying and climate change and screen time and … fat phobia and .. racial stereotyping and income inequality and safe spaces and unconscious bias and football concussions and Black Lives Matter and eugenics and atoning for the past and … restorative justice and toxic masculinity and biodiversity and colonialism and intersectionality …
Der Ausschnitt repräsentiert ungefähr ein Drittel der Gesamtaufzählung. Bin mal wieder froh, ein alternder Reaktionär zu sein – ich kümmere mich nur um was mich interessiert.
Gruss,
Thorsten Haupts
3) Übrigens habe ich auch viele Klagen daraüber gelesen, daß hier das Urteil zu mild gewesen sei:
https://taz.de/Haftstrafe-fuer-Auto-Attacke/!5978052/
Beim Strafmaß würde ich mich da nicht anschließen, aber die Anwälte haben recht, wenn sie sich beschweren, daß der politische Hintergrund nicht aufgeklärt wurde.
Interessant: Der 19jährige verletzte lediglich vier Personen und bekam 3 Jahre Knast nach Jugendstrafrecht – als Biodeutscher. Die Teilnehmer einer Massenvergewaltigung, die eine 16jährige schwere seelische und körperliche Schäden zufügten, bekamen ein Drittel bis die Hälfte weniger – als Migranten.
Merke: indigene Deutsche werden von der Justiz härter angepackt. Sehr erhellend dieser Vergleich.
„…verletzte lediglich vier Personen…“
Bei dem Tatvervorgang hätte man durchaus auch auf versuchten Totschlag entscheiden können.
Aber schön zu sehen, daß du hier einen Neonazi zum „indigenen Deutschen“ umetikettierst…
Bei dem Tathergang hätte man durchaus auf versuchten Totschlag entscheiden können. Das Mädchen wäre nicht die erste gewesen, die bei einer Massenvergewaltigung zu Tode gekommen wäre. Übrigens wurden in der Vergangenheit Vorgänge mit Todesfolge von der Justiz durchaus mit Bewährungsstrafen (nach Erwachsenenstrafrecht) abgeurteilt. Wie gesagt, der Deutsche geht für Körperverletzung in den Knast, der Migrant erhält für Körperverletzung zusammen mit Vergewaltigung Gruppenrabatt und Bewährung.
Ein AfD-Mitglied ist kein Neonazi. Ende. Schon gar nicht ein Neunzehnjähriger.
„Bei dem Tathergang hätte man durchaus auf versuchten Totschlag entscheiden können. Das Mädchen wäre nicht die erste gewesen, die bei einer Massenvergewaltigung zu Tode gekommen wäre.“
Hör auf zu lügen!
Schließlich hast du oben auf ein Posting von mir geantwortet, in dem ich diese Passage zitiert habe:
/// /// Noch vor ein paar Jahren hätte eine rechtliche Handhabe gefehlt, um die jungen Männer überhaupt zu verurteilen. Anders, als es zunächst den Anschein gemacht hatte, wendeten diese nämlich keine körperliche Gewalt an, um die 15-Jährige zum Sex zu nötigen, die Jugendliche sagte auch nicht klar „Nein“. ///
https://www.zeit.de/hamburg/2023-11/stadtpark-prozess-richterin-hamburg-urteil-gewaltaufrufe/komplettansicht
Es hat also keine Körperverletzung gegeben, und die Verurteilung war nur wegen der „Nein heißt nein“-Reform möglich, gegen die von deinesgleichen gehetzt wurde.
„Ein AfD-Mitglied ist kein Neonazi.“
Völlig abwegig, dem Mitglied einer Nazi-Partei unterstellen zu wollen, er sei ein Nazi…
a) Gerade in „Fabelhafte Rebellen: Die frühen Romantiker und die Erfindung des Ich“ von Andrea Wulf gelesen:
/// Es war eine Revolution der Worte. Die Sprache bestimme über den Geist, schrieb August Wilhelm Schlegel in einem Fragment über die Französische Revolution, und deshalb müsse man die Sprache »durch einen Machtanspruch des allgemeinen Willens republikanisieren«. Wenn Sprache politische Macht ausübe, dann müsse sie sich auch entsprechend entwickeln. ///
(S. 200)
Nachtrag zu 3)
Thomas Fischer hat erwartbar den Beitrag in der Luft zerrissen:
https://www.lto.de/recht/meinung/m/fischer-sexualstrafrecht-verschaerfen/
Danke!