Bohrleute 64 – Austerität fürs Klima?, mit Ariane Sophie



Stolz hat die Ampel ihre Einigung zum Haushalt 2024 verkündet. Ariane und ich sind offen gesagt entsetzt über das, was da drin steht. In dieser Folge reden wir darüber warum. Wir steuern auf eine politisch-institutionelle Krise zu, die Verbraucher*innen werden massiv belastet und die Wählenden werden dafür den demokratischen Parteien die Schuld geben – allen von ihnen. Es braucht wenig Fantasie, um sich vorzustellen, was das bedeuten wird.

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(Musik: Intro aus Accou – Sarabande BWV 1002 (Partita No.1 for violin solo in B-minor), Outro aus Accou – Bourree (I.S. Bach BWV 1002, Violin Partita No 1 in B minor))

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Shownotes:

Germany has narrowly swerved budget disaster – but its debt taboo still threatens Europe

Die deutsche Politik stand kurz vor einer schwerwiegenden Krise, als das Verfassungsgericht das €60-Milliarden-Klimafonds-Programm als Verstoß gegen die verfassungsmäßige „Schuldenbremse“ einstufte. Trotz nächtlicher Verhandlungen einigten sich die Koalitionspartner in letzter Minute auf einen Kompromiss, der das Budget für 2024 sichert. Dieser Kompromiss führt jedoch zu unnötigen Sparmaßnahmen mitten in einer wirtschaftlichen Rezession und gefährdet Deutschlands Klima- und Energiewende. Die Schuldenbremse, die 2009 eingeführt wurde, begrenzt die Neuverschuldung auf 0,35% des BIP und wurde mehrmals umgangen, insbesondere während der Flüchtlingskrise von 2015 und der Covid-19-Pandemie. Die Opposition, angeführt von der CDU, nutzte die Gelegenheit, die Verfassungsmäßigkeit des Klimafonds herauszufordern. Der Kompromiss sieht Kürzungen im umstrittenen Klima- und Transformationsfonds vor und wirft Fragen zur deutschen Haushaltspolitik und Klimapolitik in der EU auf. Die Debatte über eine mögliche Reform der Schuldenbremse, die seit Jahren unter Druck steht, wird angeregt, aber es bleibt abzuwarten, ob politische Führer den Mut haben, diese anzugehen. (Shahin Valée, The Guardian)

Habeck muss am stärksten bluten

Die Einigung der Ampelkoalition im Haushaltsstreit hat schmerzhafte Kompromisse für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) mit sich gebracht. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Verschiebung von 60 Milliarden Euro Coronageldern in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) für verfassungswidrig. Habeck, der die grüne Transformation der Wirtschaft und den Klimaschutz finanzieren wollte, musste schmerzhafte Einschnitte hinnehmen. Umweltprämien für Elektroautos werden gestrichen, die Förderung der Solarindustrie wird reduziert, und das Wirtschaftsministerium muss rund die Hälfte der 60 Milliarden Euro im KTF einsparen. Die FDP konnte zentrale Zugeständnisse durchsetzen, während die Grünen größere Kompromisse machten. Der CO₂-Preis steigt, aber die Finanzierung eines Klimagelds für Bürgerinnen und Bürger steht aus. Die Bilanz für die Grünen ist mager, und der ökologische Umbau der Wirtschaft ist in Gefahr. (Gerald Traufetter, Spiegel)

Ist der Kanzler wirklich so cool, oder tut er nur so?

Die nächtliche Einigung über den Haushalt sorgt in Berlin für Aufregung. Bundeskanzler Olaf Scholz, jedoch, präsentiert sich äußerlich gelassen. In einer nüchternen Pressekonferenz betont er die Neupriorisierung des Haushalts im Lichte des Verfassungsgerichtsurteils. Während seiner Regierungserklärung im Bundestag geht Scholz nur am Rande auf die Kürzungen und Umschichtungen ein und spricht lieber über europäische Themen. Diese Demonstrationsformalität könnte jedoch sein Image als besonnener Politiker beschädigen. In der Opposition wird ihm vorgeworfen, den Bundestag zu täuschen und mit einem „Überschreitensbeschluss“ die Schuldenbremse möglicherweise nachträglich auszusetzen. Scholz wirkt scheinbar ungerührt, während die Opposition eine Vertrauensfrage fordert und die Ampelkoalition intern Kritik an der Kommunikation der Einigung erfährt. (Marina Kormbaki, Spiegel)

Habeck verteidigt Kürzungen als »einzig denkbare Antwort«

Nach der Einigung auf den neuen Haushalt verteidigen Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner die Entscheidung gegen Kritik. Habeck betont, dass aufgrund der politischen Vereinbarung, keine neuen Schulden zu machen und keine Steuern zu erhöhen, der Staat entweder weniger Leistungen erbringen oder Einnahmen erhöhen müsse. Die Ampel habe mit der Streichung von Subventionen und Einsparungen beides getan. Lindner versichert, dass die Schuldenbremse weiterhin eingehalten werde, und betont, dass geplante Steuererleichterungen trotz der schwierigen Haushaltslage beibehalten werden sollen. Beide Politiker weisen Vorwürfe der Trickserei bei der Schuldenbremse zurück und betonen die Handlungsfähigkeit der Ampel. Habeck betont, dass die Einigung zeige, dass alle Koalitionspartner unpopuläre, aber notwendige Belastungen gemeinsam tragen. (Spiegel)

So teuer wird die Ampel Einigung für Sie

Die Ampelkoalition schließt das Milliardenloch im Haushalt durch mehrere Maßnahmen, die Verbraucher spürbar belasten. Der CO₂-Preis steigt auf 45 Euro pro Tonne, was Benzin um 3,6 Cent und Diesel um vier Cent verteuert. Beim Heizen mit Öl und Gas entstehen Mehrkosten, und der Strompreis könnte um etwa 100 Euro pro Jahr steigen. Eine Kerosinsteuer für innerdeutsche Flüge wird eingeführt, was zu höheren Ticketpreisen führen kann. Eine Plastikabgabe von 1,4 Milliarden Euro wird auf Unternehmen übertragen, was zu möglichen Weitergaben an Verbraucher führt. Die Agrardieselbeihilfe wird gestrichen, was zu höheren Lebensmittelpreisen führen könnte. Die Kfz-Steuer-Befreiung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe entfällt ebenfalls. Die E-Auto-Prämie wird vorzeitig auslaufen, was die Verkehrswende behindern könnte. Verbraucherschützer kritisieren die Einigung als „Schieflage zulasten der Verbraucherinnen“. (David Böcking, Simon Hage, Claus Hecking, Martin Hesse, Maria Marquart, Benedikt Müller-Arnold und Gerald Traufetter, Spiegel)

Endlich steht der Haushalt – wer hat wo gepunktet?

Die Ampelkoalition hat sich im Haushaltsstreit geeinigt, vier Wochen nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil. Kanzler Olaf Scholz präsentierte die Ergebnisse, darunter die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen, leichte Ausgabenkürzungen und die Verringerung von Bundeszuschüssen. Die Schuldenbremse wird vorerst nicht ausgesetzt, was die FDP als Erfolg verbucht. Steuererhöhungen sind ebenfalls vom Tisch. Die Grünen sind zufrieden, da klimaschädliche Subventionen um drei Milliarden Euro abgebaut werden und der Umbau der Wirtschaft weitgehend unberührt bleibt. Die SPD freut sich über geringe Kürzungen im Sozialstaat, während Lindner betont, dass soziale Standards nicht reduziert werden. Die Einzelheiten des Sparpakets sind noch offen. Die Union äußert sich zurückhaltend, und der weitere Verlauf der Beratungen im Haushaltsausschuss bleibt unklar. Parteispitzen und Fraktionen werden eingebunden, und ein Koalitionsausschuss sowie eine SPD-Fraktionssitzung sind geplant. (Florian Gathmann, Serafin Reiber, Christoph Schult, Christian Teevs und Gerald Traufetter, Spiegel)

Diesen Haushalten droht eine saftige Nachzahlung für Gas und Öl

Die Energiekrise von 2022 hat bereits in den Nebenkostenabrechnungen des letzten Jahres spürbare Auswirkungen gezeigt, mit einigen Mietern, die zu vierstelligen Nachzahlungen aufgefordert wurden. Für 2023 werden voraussichtlich noch höhere Kosten erwartet, obwohl die jüngsten Maßnahmen der Ampelkoalition zur Haushaltssanierung noch nicht in Kraft getreten sind. Der Dienstleister Ista hat berechnet, dass alle Haushalte, die mit Gas oder Öl heizen, mit spürbaren Mehrkosten rechnen müssen. Für einen Vierpersonenhaushalt mit 130 Quadratmetern Wohnfläche bedeutet dies eine Kostensteigerung beim Erdgas von 867 Euro für 2023, trotz einer kleinen Nachzahlung im Vergleich zu 2022. Fernwärmekunden können dagegen je nach Haushaltsgröße mit Rückzahlungen rechnen. Die Energiepreisbremsen werden nach dem Verfassungsgerichtsurteil zum Haushalt im neuen Jahr nicht fortgeführt, und der CO₂-Preis soll von 30 Euro pro Tonne auf 45 Euro steigen. Die verminderte Mehrwertsteuer für Gas und Wärme läuft aus, und ab März werden wieder 19 Prozent aufgeschlagen. (Matthias Kaufmann, Spiegel)

Das sind die Kernpunkte für den Etat 2024

Die Spitzen der Ampelkoalition haben nach Verhandlungen einen Haushaltskompromiss für 2024 erzielt. Ursprüngliche Pläne wurden durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts als verfassungswidrig eingestuft, wodurch ein Defizit von etwa 17 Milliarden Euro im Kernhaushalt und 13 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds entstand. Die Schuldenbremse soll im nächsten Jahr greifen, mit Ausnahmen für den Fluthilfefonds und potenzielle Ukraine-Krisen. Der Klima- und Transformationsfonds erfährt massive Einsparungen von 12 Milliarden Euro im nächsten Jahr und 45 Milliarden Euro bis 2027. Der CO2-Preis für Sprit, Heizöl und Gas wird auf 45 Euro pro Tonne angehoben. Kaufprämien für E-Autos enden früher, ebenso wird die Solarförderung gekürzt. Klimaschädliche Subventionen wie die Plastikabgabe sollen von Unternehmen übernommen werden. Bei der Bahnfinanzierung wird der Verkauf von Bundesbeteiligungen eine Rolle spielen. Sozialleistungen sollen nicht reduziert, aber durch „Treffsicherheit“ Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro erreicht werden. Die Einkommensteuerabsenkungen und das Wachstumschancengesetz bleiben unverändert für 2024 geplant. (Tagesschau)

Einigung mit Folgeschmerzen

Die wochenlangen Verhandlungen über den Haushalt 2024 in der Ampelkoalition haben zu einem Kompromiss geführt, der die Regierung zusammenhält, aber jeder Partei Kratzer zufügt. Die Grünen müssen beim Ausbau erneuerbarer Energien, insbesondere der Solarindustrie, sparen. Die Haushaltseinigung verhindert zwar das befürchtete Ende der Koalition, bringt jedoch schmerzhafte Opfer für alle Beteiligten. Die Schuldenbremse wird vorerst nicht ausgesetzt, aber eine nachträgliche Reaktion bei einer Verschärfung der Lage in der Ukraine bleibt möglich. Finanzminister Lindner muss den Abbau von klimaschädlichen Subventionen akzeptieren, um drei Milliarden Euro einzusparen. Die Einigung führt zu höheren Kosten für Verbraucher, da der CO2-Preis schneller steigt, der staatliche Zuschuss für Netzentgelte entfällt und Fliegen teurer werden könnte. Die SPD ist erleichtert, dass radikale Kürzungen am Sozialstaat vermieden wurden, aber höhere Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher stehen bevor. Weitere Debatten über die Schuldenbremse, Verbraucherentlastungen und fehlende Unterstützung für die Wirtschaft werden folgen. (Nicole Kohnert, ARD)

„Die Regierung hält an ihren Zielen fest“

Die Bundesregierung hat sich auf den Haushalt 2024 geeinigt, wobei Klimaschutz, sozialer Zusammenhalt und Unterstützung für die Ukraine Priorität haben. Bundeskanzler Scholz betonte, dass trotz einer Finanzlücke von 17 Milliarden Euro die Regierung an ihren Zielen festhält. Einsparungen von 12 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds sind geplant, während die Schuldenbremse eingehalten werden soll. Klimaschädliche Subventionen werden abgebaut, und die Ausgaben verschiedener Ressorts werden reduziert. Die Unterstützung der Ukraine wird aus dem Regelhaushalt finanziert, und die Regierung bleibt auf weitere Hilfe vorbereitet. Die Haushaltsgespräche wurden als intensiv, vertrauensvoll und lösungsorientiert beschrieben. Bundeswirtschaftsminister Habeck betonte die Balance der Beschlüsse, während Bundesfinanzminister Lindner die finanzielle Stabilität hervorhob, da die Schuldenquote sinkt. (Bundesregierung)

Der Haushalt 2024 ist ein Entlastungshaushalt

Die Einigung zum Bundeshaushalt 2024 signalisiert, dass die Schuldenbremse eingehalten wird und die Regierung ihre Ziele beibehält. Bundeskanzler Scholz betont, dass trotz einer Finanzlücke von 17 Milliarden Euro die Unterstützung für die Ukraine fortgesetzt und Entlastungen für Bürger und Wirtschaft ermöglicht werden. Bundesfinanzminister Lindner erklärt, dass Sparmaßnahmen im Bundesarbeitsministerium geplant sind, aber soziale Standards nicht reduziert werden. Die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen soll Einsparungen von drei Milliarden Euro ermöglichen. Die Koalition setzt ihren Kurs der fiskalischen Konsolidierung fort, mit einer Schuldenquote von prognostizierten 64 Prozent im nächsten Jahr. Steuerentlastungen von 15 Milliarden Euro und eine Stromsteuersenkung von drei Milliarden Euro sind geplant. Die Regierung sichert der Ukraine umfassende Hilfe zu, finanziert aus dem Regelhaushalt. Klimaschutzmaßnahmen werden mit Einsparungen finanziert, während der CO2-Preis angehoben wird. (FDP)

Britta Haßelmann und Katharina Dröge zur Einigung zum Haushalt 2024

Zur Einigung zum Haushalt 2024 erklären Britta Haßelmann, Fraktionsvorsitzende, und Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende: „Die Einigung zum Haushalt 2024 gibt Stabilität und Planungssicherheit für die Menschen und Unternehmen in diesem Land. Die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts war herausfordernd. Nun wurde eine gute gemeinsame Lösung gefunden. Es ist extrem wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland, dass die zentralen Programme des Klima- und Transformationsfonds unverändert abgesichert werden konnten. Entscheidende Hilfen für den klimaneutralen Umbau der Industrie oder die Energie- und Wärmewende bleiben damit bestehen. Gleichzeitig bleiben Sozialleistungen im Wesentlichen unangetastet. Dazu gehören insbesondere die Höhe des Bürgergeldes und die finanzielle Absicherung der Kindergrundsicherung. Das war für uns Grüne sehr wichtig. Gerade in Zeiten hoher Inflation ist das für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ungemein wichtig, nicht beim Sozialen zu sparen. Auch für wichtige verkehrspolitische Fragen wie die Eigenkapitalausstattung der Bahn konnte eine gute Lösung gefunden werden. Einen Beitrag zu den Einsparungen leistet der Abbau umweltschädlicher Subventionen. Das ist gut für den Haushalt, fürs Klima, für Umwelt und Natur und sozial gerecht. Wir konnten trotz der Herausforderungen einen guten Haushalt für das kommende Jahr aufstellen. Mittelfristig werden aber andere Summen notwendig sein, um die Modernisierung des Landes voranzutreiben, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und das Klima zu schützen. Wir werben daher weiterhin für eine Reform der Schuldenbremse.“ (Grüne)

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  • schejtan 14. Dezember 2023, 21:20

    War ein Argument gegen zu hohe (oder ueberhaupt) Schulden nicht immer, dass dann irgendwann in der Zukunft Steuern/Abgaben usw. erhoeht oder Leistungen/Ermaessigunden gekuerzt werden und Leute in Erwartung dessen deshalb fuer diese irgendwann Zukunft sparen und dass der Wirtschaft schadet? mh….

    • Stefan Sasse 14. Dezember 2023, 22:09

      Wie meinen?

      • schejtan 14. Dezember 2023, 22:24

        Das es mir schwerfaellt eine Vorteil des Szenarios: „Menschen haben damit der Staat die Schuldenbremse einhaelt weniger Geld in der Tasche und der Staat ist durch sie in seiner Handlungsfaehigkeit eingeschraenkt“ gegenueber dem Szenario „Menschen haben auf Grund hoher Staatsschulden in der Zukunft vielleicht weniger Geld in der Tasche und der Staat ist wegen Ihnen vielleicht in der Zukunft in seiner Handlungsfaehigkeit eingeschraenkt“ zu sehen.

        • Erwin Gabriel 15. Dezember 2023, 10:11

          Wie hier schon gesagt wurde: aktuelle Zinslast 40 Mrd. – was, wenn sich das verdoppelt?

          „Weniger in der Tasche“ ist darüber hinaus ein relativer Begriff. Wenn wir es uns nicht leisten können, haben wir eher jetzt zuviel in der Tasche. Jeder normale Mensch (um mal die schwäbische Hausfrau zu vermeiden), jeder normale Haushalt kann sich über Schulden auf ein Niveau bringen, was gefällt und geschätzt wird. Irgendwann kommen halt die Rechnungen.

          Wir erwecken ständig Ansprüche, und obwohl Deutschland einen (verglichen zur restlichen Welt) hohen Lebensstandard hat, glaubt jeder hier, es sei zu wenig. Mich irritiert das immer sehr.

          • schejtan 15. Dezember 2023, 13:33

            Das Argument mit der Zinslast hat mich auch nie ganz ueberzeugt. Klar, die Zinsen muessen gezahlt werden, aber sie werden ja auf Kredite gezahlt, dank der in der Vergangenheit Steuern nicht hoeher waren und/oder auf der anderen Seite Leistungen gezahlt und Investitionen getaetigt werden konnten.

            Ansonsten siehe auch meine Antwort auf Torsten, die ich hier nicht leicht abgeaendert aber im Kern aehnlich wiederholen moechte.

            • Stefan Pietsch 15. Dezember 2023, 14:43

              Wieso hat Sie das Argument noch nie überzeugt? In 2022 musste der Finanzminister fast keinen Euro Zinsen für die hohe Schuldenlast des Bundes aufbringen. Nächstes Jahr sind es 37 Milliarden Euro, 2025 nochmal deutlich mehr, wahrscheinlich um die 50 Milliarden Euro. D.h. der Staat muss praktisch über Nacht zusätzlich hohe zweistellige Milliardenbeträge aufbringen. Wie soll so etwas gehen?

              a) Hoffen auf entsprechend schneller steigende Steuereinnahmen (der Bürger hat weniger)
              b) Einsparungen bei den bisherigen Leistungen
              c) Steuererhöhungen (siehe a))
              d) zusätzliche Schulden

              Die 37 Milliarden Euro sind zur einen Häfte für Schulden fällig, die vor unserer Erwachsenenzeit aufgenommen wurden. Die andere Hälfte zahlen wir für die neuen Straßen in der Ex-DDR (die inzwischen wieder verfallen sind) und für das Arbeitslosengeld und Sozialhilfe, die zwischen 1990 und 2005 an die neuen Bundesbürger geflossen sind. Darüber hinaus an für Hilfsgelder an marode Unternehmen, die heute pleite sind. Kurz gesagt: Wir haben für die 37 Milliarden Euro Zinsen keinen echten Gegenwert. Er belastet uns nur.

              In der Staatsschuldenkrise Anfang der Zehnerjahre wussten Linke sehr gut zu begründen, dass es ungerecht sei, die heutige junge Generation von Italienern und Griechen für die Schulden zahlen zu lassen, die ihre Eltern und Großeltern mal aufgenommen haben. Ist das Argument schon vergessen oder gilt es nur für Ausländer, die von Deutschland gerettet werden müssen, aber nicht für Deutsche selbst?

              • Erwin Gabriel 17. Dezember 2023, 18:53

                @ Stefan Pietsch 15. Dezember 2023, 14:43

                Ergänzung:

                a) Hoffen auf entsprechend schneller steigende Steuereinnahmen (utopisch bei der aktuellen Wirtschaftslage)
                b) Einsparungen bei den bisherigen Leistungen
                c) Steuererhöhungen (der Bürger hat weniger, aber der Staat nicht „mehr“, da das Geld ohne zu arbeiten wieder weg geht)
                d) zusätzliche Schulden

                Ich tippe auf „d)“

                Ist nicht die beste Variante, aber vermutlich die einfachste

                Ist das Argument schon vergessen oder gilt es nur für Ausländer, die von Deutschland gerettet werden müssen, aber nicht für Deutsche selbst?

                Was für eine böse Frage …
                Und ich denke, wir beide kennen die Antwort.

                Es grüßt
                E.G.

                • Stefan Pietsch 17. Dezember 2023, 20:08

                  Ich habe mir das Argument damals gemerkt. Ich wusste, es kommt auf Wiedervorlage.

                  Bemerkenswert fand ich damals, wie doch unterschiedlich Linke zu Themen wie Steuererhöhungen und Zinsausgaben stehen, wenn sie über andere Länder sprechen. In Bezug auf Griechenland wurden Steuererhöhungen im Einklang mit Syriza abgelehnt, da sie die Wirtschaft vollends abgewürgt hätten. Tja, die Deutschen sind nicht so steuersensibel. *Ironie-off*

        • Thorsten Haupts 15. Dezember 2023, 10:30

          Das gängige Konterargument der Ökonomen, die hohe Staatsverschuldung befürworten, ist, dass die (ausschliessliche) Schuldenverwendung für produktive (!) Investitionen das Wirtschaftswachstum ankurbeln, so dass die Schulden sich sozusagen selber erwirtschaften. Ist das linke Gegenstück zu der ebenso schwachsinnigen libertären Theorie, dass Steuersenkungen sich durch induziertes Wirtschaftswachstum langfristig selbst finanzieren.

          Hat beides keine Entsprechung in der historischen Realität, aber das hat Utopisten ja noch nie abgehalten …

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • schejtan 15. Dezember 2023, 13:25

            Ja, das ist fragwuerdig, aber auch ein anderer Gesichtspunkt. Mir geht es hier speziell um das Argument „Schulden schraenken (vielleicht) den finanziellen Spielraum in der Zukunft ein“. Nur die Schuldenbremse schraenkt den finanziellen Spielraum jetzt ein und zwar definitiv. Und wie man jetzt sieht, fuehrt das letztendlich zu Kuerzungen auf der einen und Erhoehungen auf der anderen Seite, also das, was durch die Schuldenbremse angeblich vermieden werden sollte. Und da frage ich mich schon: Haben die Leute geglaubt, dass die Schuldenbremse das nicht notwendig macht? Oder dass sie persoenlich schon nicht davon betroffen sind?

            • Stefan Sasse 15. Dezember 2023, 13:47

              Letzteres.

            • Ariane 15. Dezember 2023, 15:41

              Ich glaube es gibt da zwei Ebenen, zum Einen meint jeder – ausnahmslos – dass Geld (auch noch durch Schulden) für die falschen Sachen ausgegeben wird. Und man will ja, dass der Spielraum für die aus der Sicht falschen Ausgaben eingeschränkt wird.

              Das zweite ist sozusagen die schwäbische Hausfrau, weil das jeder mit privaten Krediten zb zu einem Hauskauf vergleicht. Staatsschulden funktionieren aber anders, die werden nicht zurückgezahlt, sondern abgelöst. Ein Staat lebt ja auch unendlich (quasi, aber wenn nicht, sind die Schulden das kleinste Problem) und nimmt Schulden ja nicht bei einer Bank auf, sondern durch Ausgabe von Staatsanleihen, die andere kaufen müssen

            • Thorsten Haupts 15. Dezember 2023, 15:42

              „Schulden schraenken (vielleicht) den finanziellen Spielraum in der Zukunft ein“

              Nur ohne das „vielleicht“ wird das ein Argument, denn genau so war das historisch bisher nachweisbar. Bsp.: Mitte der neunziger wurden 3 1/2 % des Bruttoinlandsproduktes Deutschland für Zinsen von Staatsschulden aufgebracht, das waren damals alleine rund 66 Millarden DM (ohne Rückzahlung!).

              Es gibt keine Schulden ohne Einschränkung des finanziellen Spielraumes in der Zukunft. Dazu kommt, dass bs zur Einführung der Schuldenbremse die Verschuldung jährlich wuchs – und damit auch der Anteil der Staatseinnahmen für Schuldendienst und Zinsen.

              Man verlagert mit steigenden Schulden also lediglich die Belastung von heute für uns auf die Belastung von morgen für hoffentlich andere Leut. Mit dem sehr vagen und nicht überprüfbaren Vwersprechen, die Schulden von heute würden morgen mehr Wirtschaftskraft erzeugen. Jo. Bestimmt.

              Mir fällt es also umgekhrt ausgesprochen schwer, den Vorteil des Szenarios „Menschen haben auf Grund hoher Staatsschulden in der Zukunft deutlich weniger Geld in der Tasche und der Staat ist wegen Ihnen in der Zukunft in seiner Handlungsfaehigkeit deutlich eingeschraenkt“ gegenueber dem Szenario „Menschen haben damit der Staat die Schuldenbremse einhaelt weniger Geld in der Tasche und der Staat ist durch sie in seiner Handlungsfaehigkeit eingeschraenkt“ zu sehen. Aber ich bin trotz Kinderlosigkeit auch kein hemmungsloser Egoist.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • schejtan 15. Dezember 2023, 16:44

                Nette Umkehrung 🙂 Ich sehe aber nach wie vor nicht, inwiefern die Schuldenbremse letztendlich nicht die gleichen praktischen Massnahmen erfordert und sich nicht auf kuenftige Generationen auswirkt.

                Um vielleicht nochmal etwas grundsaetzlicher zu werden: Wenn es um Staatsfinanzen, verlangen die Menschen (abgesehen von vielleicht sehr ueberzeugten Linken oder sehr ueberzeugten Wirtschaftsliberalen) drei Sachen:

                1) Niedrige Schulden
                2) Niedrige Steuern/Abgaben/Gebuehren
                3) Nicht unbedingt hohe aber schon ein gewisses Mass an staatlichen Leistungen/Investitionen

                Und alles drei gleichzeitig geht dauerhaft einfach nicht. Hoechstens zwei, vielleicht sogar nur eins davon. Und ich glaub, eine objektive Antwort darauf, welches man am ehesten vernachlassigen kann, gibt es einfach nicht, sondern haengt dann von der grundsaetzlischen politischen Ueberzeugung ab.

                • Thorsten Haupts 15. Dezember 2023, 19:32

                  Ich sehe aber nach wie vor nicht, inwiefern die Schuldenbremse letztendlich nicht die gleichen praktischen Massnahmen erfordert …

                  Was nur bei stetig zunehmender Neuverschuldung, nicht aber bei der Schuldenbremse passieren kann: Dass der Staat sich erst freiwillig und dann notgedrungen in die Schuldenfalle begibt und der Schuldentilgungs- und Zinsdienst stetig zunehmende Anteile des Staatsbudgets verschlingt. Das aber ist in sehr vielen Staaten ohne Schuldenbremse die beobachtbare, langjährige Erfahrung. Mir reicht das als Vorteil.

                  3) Nicht unbedingt hohe aber schon ein gewisses Mass an staatlichen Leistungen/Investitionen

                  1 und 2 haben sich in Deutschland nicht nennenswert verändert, seitdem ich mich für Politik interessiere, sind also Konstanten.
                  Die Staatstätigkeit unter 3) wird seit 40 Jahren immer stärker ausgeweitet, ohne dass ich erkennen könnte, das dem dringende Bedürfnisse der Bevölkerung entsprächen. Insofern ist der Punkt 3 gleichzeitig unter- wie übererfüllt. Eine zunehmende Zahl an gesetzlichen Forderungen wird notgedrungen bei nahezu gleichbleibendem Personal in nachlassender Qualität bedient. Das Problem hat sich die Politik leichtfertig selbst geschaffen.

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

                  • Erwin Gabriel 20. Dezember 2023, 00:04

                    @ Thorsten Haupts 15. Dezember 2023, 19:32

                    Die Staatstätigkeit unter 3) wird seit 40 Jahren immer stärker ausgeweitet, ohne dass ich erkennen könnte, das dem dringende Bedürfnisse der Bevölkerung entsprächen.

                    Ich schließe mich hier ausdrücklich an. Ein Stück weit verstehe ich dieses Fehlverhalten sogar; was sollte eine sich selbst als „sozial“ einstufende Partei anderes machen als nach Menschen suchen, denen „geholfen“ werden muss.

                    Was mich halt immer wieder stört, ist, dass in weiten Bereichen den Falschen geholfen wird, und, dass es nach oben offenbar keine Grenze gibt. Solange sich Armut als prozentualer Abstand zum Median definiert, wird es immer Armut geben, unabhängig davon, wie gut es den Menschen geht.

                    • Ralf 20. Dezember 2023, 00:57

                      Solange sich Armut als prozentualer Abstand zum Median definiert, wird es immer Armut geben, unabhängig davon, wie gut es den Menschen geht.

                      Mathematisch stimmt das. Ich frage mich trotzdem immer, was die, die das sagen, damit meinen. Widersprichst Du – mal abgesehen davon, ob Du die Methodik der Armutserhebung magst – auch ihrem Ergebnis? Das Ergebnis wäre – basierend auf Zahlen von 2021 – dass eine Person arm ist, wenn sie ein Jahresnettoeinkommen von 15.000 Euro (alleinstehend) bzw. 31.500 Euro (Familie mit zwei Kindern) zur Verfügung hat (Quelle: https://www.malteser.de/armut-in-deutschland.html#:~:text=Ist%20das%20Jahreseinkommen%20einer%20alleinlebenden,sinkt%20(Stand%3A%202021).

                    • Erwin Gabriel 22. Dezember 2023, 13:40

                      @ Ralf 20. Dezember 2023, 00:57

                      Widersprichst Du – mal abgesehen davon, ob Du die Methodik der Armutserhebung magst – auch ihrem Ergebnis?

                      Ob jemand arm ist oder nicht, wird durch den Maßstab bestimmt. Leg ihn fest, und Du hast ein Ergebnis. Leg ihn anders fest, und Du hast ein anderes Ergebnis.

                      Wenn man sich hier die Wohlhabenden als Maßstab nimmt, kommt ein anderes Ergebnis heraus als ein (preisbereinigtes) europäisches Mittel.

                      Du wirst von der Definition her immer (zu) wenig Armut haben, wenn die Diskussion von den Leuten dominiert wird, die persönlich zur Kasse gebeten werden („Besserverdienende“), um „Gerechtigkeit“ zu schaffen. Die Annahmen werden immer (zu) hoch sein, wenn der Job der einschätzenden Personen davon abhängt, dass es „Arme“ gibt (Linke, SPD, entsprechende Verbände etc.).

                      es grüßt
                      E.G.

            • Erwin Gabriel 17. Dezember 2023, 18:58

              @ schejtan 15. Dezember 2023, 13:25

              Nur die Schuldenbremse schraenkt den finanziellen Spielraum jetzt ein und zwar definitiv.

              Ja. Uns schränken aber auch die Schulden ein, oder die hohen Sozialausgaben. Noch mal zur Erinnerung: Wir haben ein unglaublich hohes Niveau an Sozialleistungen. Und um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Das mache ich nicht am enorm hohen Lebensstandard der Ärmsten fest, sondern an der Höhe der Ausgaben.

              Dass die viel zu wenig bewirken, ist eine andere Geschichte.

  • Stefan Sasse 15. Dezember 2023, 12:19
  • Stefan Sasse 15. Dezember 2023, 12:20
  • Ariane 15. Dezember 2023, 16:51

    Wir haben noch ein paar weitere Verrücktheiten gefunden, die ich euch nicht vorenthalten möchte:
    aber durch „Treffsicherheit“ Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro erreicht werden
    Stefan und ich haben im Podcast ja schon gerätselt, wie sowas funktioniert. Wie es aussieht, fordert der Staat Zuschüsse aus der Coronazeit für das Kurzarbeitergeld zurück, die dann aus der Rücklage entnommen werden müssen:
    https://www.arbeitsagentur.de/2023-55-sparbeitrag-der-bundesagentur-fuer-arbeit-in-milliardenhoehe-gefaehrdet-ruecklagenaufbau

    Außerdem wird die Waffenhilfe der Ukraine künftig aus dem Sondervermögen Bundeswehr gezahlt:
    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-muss-hilfe-fuer-ukraine-aus-sondervermoegen-zahlen-a-05a2b8e6-26b0-419f-9aeb-ce29fd33be07

    Damit ist dann auch noch ein Stein weg, den die Ampel in den letzten zwei Jahren fabriziert hat.
    Wenn wir dann noch die 2,7 Mrd fürs Ahrtal dazunehmen, die irgendwie durch „Übertretungsbeschluss“, „kleine Notlage“ oder sonstwas herbeigezaubert werden, haben wir hier ein Konstrukt, das rechtlich deutlich fragwürdiger erscheint als es eine Notlage für 2024 gewesen wäre. Lindner hat ja zudem noch bewiesen, dass er nicht allzu begabt in Begründung kreativer Buchhaltung ist.
    My guess: das fliegt ihnen noch um die Ohren, Orban hat ja gerade auch EU-Ukraine-Hilfen blockiert, gut möglich, dass wir innerhalb eines Jahres eh noch eine allgemeine Notlage sehen.

    • Stefan Sasse 16. Dezember 2023, 09:49

      Irrsinn. Und ich lese ständig Jubelartikel, wie doll die Ampel es geschafft hat, sich zu einigen.

      • Thorsten Haupts 16. Dezember 2023, 12:30

        Die Kritik kommt langsam. Zumindest in den Medien, die ich häufiger konsumiere.

  • Kning4711 15. Dezember 2023, 21:45

    Außerdem wird die Waffenhilfe der Ukraine künftig aus dem Sondervermögen Bundeswehr gezahlt:

    Im Grundgesetz heißt es in Artikel 87a: “ Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann der Bund ein Sondervermögen für die Bundeswehr mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten.“

    Besteht nicht die Gefahr, dass wenn die Waffenhilfe für die Ukraine aus dem Topf bezahlt wird, dass nicht schon wieder der nächste Fall für Karlsruhe wird? Defacto ist ja der Abfluss von Mitteln eher eine Schwächung der unmittelbaren Verteidigungsfähigkeit.

    • Ariane 15. Dezember 2023, 23:59

      Ja, muss nicht zwingend so kommen, die BW kauft Waffen, gibt sie der Ukraine und kauft sie quasi nochmal. Das ist nicht im Sinne der Erfinder und verkennt natürlich den Sinn des Sondervermögens.
      Kein Mensch weiß aber zb wie diese Ahrtal-Sache funzen soll, das ist dieser „Übertretungsbeschluss“. Öffentlich haben sie den einfach irgendwie erfunden, weil ja Naturkatastrophe. Aber ob eine Flutkatastrophe, die ja schon eine Weile her ist, nun eine Großkrise ist, der die Staatsfinanzen in erheblichem Ausmaß fordert, erscheint mir auch recht kreativ interpretiert.

    • Stefan Sasse 16. Dezember 2023, 09:54

      Guter Gedanke. Das wird immer absurder.

  • Ralf 15. Dezember 2023, 23:10

    Ich kann euch in vielem zustimmen. Habe aber doch einige Bedenken:

    (1) Was habt ihr euch denn vorgestellt, wie diese Ampelkoalition regieren soll? Gerade Stefan war doch anfangs super optimistisch, wenn ich mich richtig erinnere. Aber dass für die FDP die Schuldenbremse ein unverzichtbarer Fetisch ist, war doch auch vorher bekannt. Dass die FDP keinen Steuererhöhungen zustimmen würde ebenfalls. Zudem war bekannt, dass für die Grünen Klimaschutz das wichtigste Thema ist und dass die Klimawende extrem teuer würde. Darüber hinaus war bekannt, dass die SPD gerne soziale Wohltaten verteilt. Diese Programme passen hinten und vorne in ihren Zielen nicht zusammen. Vielmehr ergibt sich, dass wir entweder (a) das Klima retten und die Schuldenbremse einhalten können, zum Preis breiter Armut. Oder wir können (b) Wohlstand sichern und das Klima retten, zum Preis hoher Schulden. Oder wir können (c) Wohlstand sichern und die Schuldenbremse einhalten zum Preis der Klimakatastrophe. Die Koalition hat sich jetzt halt für einen Mix aus (a) und (c) entschieden.

    (2) Irgendwie sind Friedrich Merz und seine CDU hier ständig die Hauptschuldigen, dass wir in dieser Bredouille sind. Warum eigentlich nicht die Ampelkoalition, die ihre Regierung von der ersten Sekunde an auf einem Betrug aufgebaut hat. Dass diese ganzen Schattenhaushalte, Sondervermögen, Budgetumwidmungen etc. diametral der Schuldenbremse widersprechen, die ALLE DREI PARTEIEN nach außen hin offensiv und wiederholt verteidigt und im Wahlkampf unterstützt haben, war doch allen klar. Wäre es nicht die Aufgabe der drei Parteien gewesen sich in den Koalitionsverhandlungen ehrlich zu machen? Oder besser noch: Wäre es nicht moralisch angemessen gewesen sich im Wahlkampf ehrlich zu machen? Möglicherweise hätte man dann in einer Ampel nicht koalieren können. Dann hätte man halt eine Kenia-Koalition gemacht. Oder Jamaika. Oder man hätte neu gewählt. Alles wäre besser gewesen, als das Scheitern der Einigung und das Versagen einen Kompromiss zu finden, mit einem Betrug zu verschleiern.

    (3) Wenn man sich den Podcast so anhört, ist jetzt der arme Bürger das Opfer der Machenschaften der Mächtigen. Aber ist es nicht genau dieser Bürger, der der Schuldenbremse laut Umfragen zu über 60% zustimmt? Ist es nicht dieser Bürger, der 16 Jahre lang Angela Merkel, und damit Stillstand, russisches Gas und die Vertreibung erneuerbarer Energien aus Deutschland gewählt hat? Ist die Energiewende jetzt nicht auch gerade deshalb so teuer, weil wir erst um fünf nach 12 versuchen die Kurve zu kriegen? Stellen wir uns doch mal vor, wo wir heute sein könnten, wenn die Grünen 16 Jahre lang regiert hätten. Wo ist eigentlich die Verantwortung des Bürgers für diese Fehler? Voting has Consequences!

    (4) Dass die Lage so verfahren ist, liegt auch daran, dass Dreierkoalitionen schwer zu koordinieren sind. Die Ziele von drei Parteien unter einen Hut zu kriegen, ist sehr viel schwieriger als das bei zwei Parteien ist. Dass Dreierkoalitionen nötig werden, liegt aber an der Zersplitterung des Parteiensystems, die zunehmend voranschreitet (siehe Freie Wähler, siehe Wagenknechtpartei). Die Zersplitterung des Parteiensystems ist wiederum eine Folge des Vertrauensverlusts des Bürgers in die Politik und ihre Institutionen. Die Menschen wenden sich ab, suchen in immer neuen Heilsbringern eine Zukunft. Wo kommt der Vertrauensverlust her? Immerhin kommt Deutschland gerade aus einer wirtschaftlich extrem erfolgreichen Phase, mit Vollbeschäftigung (erinnert sich noch jemand an die späten 90er?), steigenden Gehältern (erinnert sich noch jemand an die späten 90er?), sprudelnden Steuereinnahmen (erinnert sich noch jemand an die späten 90er?) und einem Ausbau des Sozialstaats (erinnert sich noch jemand an die späten 90er?). Meine Antwort ist: Das liegt am Internet und an unserer profitgetriebenen Medienlandschaft. Huch? Da hab ich wohl wieder mein Lieblingsthema in die Debatte geschmissen …

    • Ariane 16. Dezember 2023, 09:48

      1) Was habt ihr euch denn vorgestellt, wie diese Ampelkoalition regieren soll? Gerade Stefan war doch anfangs super optimistisch

      Wir hatten ja einen eigenen Podcast dafür und Stefan und ich haben beide kleine Veränderungen, aber keine großen Sprünge erwartet. Die haben wir jetzt aber auch nicht mehr. Sonst gilt, was ich auch im Podcast gesagt hab, für Elend wegverwalten ist die GroKo die beste Lösung. (die vermutlich direkt die halbe Schuldenbremse gekippt hätte, um es besser wegverwalten zu können^^)

      2)Irgendwie sind Friedrich Merz und seine CDU hier ständig die Hauptschuldigen
      ?? Wir haben genau einen Satz zur CDU drinnen gehabt. Und der ging um die Differenz zwischen Regierungsverantwortung und Opposition.

      3) Wenn man sich den Podcast so anhört, ist jetzt der arme Bürger das Opfer der Machenschaften der Mächtigen
      Das ist ja nun so gar nicht der Duktus von Stefan und mir, wir haben doch keinen Verschwörungspodcast!

      Ich glaube auch, dass es weder an einer Dreierkoalition insgesamt liegt, noch dass alles paletti wäre, hätten 16 Jahre lang die Grünen regiert.
      Das Problem sind politische Notwendigkeiten, die gerade nicht gut, bzw gar nicht gelöst werden. Dem kann aber keine ernsthafte Partei entkommen, deswegen ist unser Dauer-Appel ja auch, insgesamt mehr politischer Mut.

      Ernsthaft, hätte sich die FDP auf voller Linie durchgesetzt, hätte ich vermutlich auch Gift und Galle gespuckt, es wäre aber emotional was anderes gewesen als der Frust über eine Lösung, die bedeutet, man wirft zwei Jahre Arbeit komplett weg, um ein Problem zu lösen, das einem im nächsten Jahr wieder vor die Füße fällt.

      • Ralf 16. Dezember 2023, 13:08

        ?? Wir haben genau einen Satz zur CDU drinnen gehabt. Und der ging um die Differenz zwischen Regierungsverantwortung und Opposition.

        Sorry, ich hab das oben verkürzt ausgedrückt. Was ich meinte, war nicht, dass ihr Merz und der CDU die Schuld daran gebt, dass die Koalition nun den schlechtesmöglichen aller Kompromisse gefunden hat, um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen, sondern dass ihr Merz und der CDU die Schuld daran gebt, dass der ganze Betrug, an der gegenüber dem Bürger aktiv hochgehaltenen Schuldenbremse herum doch Schulden aufzunehmen – oder wir können es für Dennis auch “Beschiss” nennen – aufgeflogen ist. Das war der Tenor nicht nur in diesem Podcast, sondern auch bei weiteren Beiträgen im Blog. Es kann aber irgendwie nicht richtig sein, dass der, der auf einen Rechtsbruch hinweist und dem ein Gericht anschließend bescheinigt, dass tatsächlich ein Rechtsbruch vorgelegen hat, der “Schuldige” sein soll, während der Täter, der wissend den Rechtsbruch begangen hat, zum Opfer der Umstände verklärt wird.

        • Stefan Sasse 16. Dezember 2023, 13:21

          Ne, wenn ich den Eindruck erweckt habe, dann sorry. Das ist nicht meine Haltung. Ich kann mich aber auch nicht erinnern, das so gesagt zu haben. Ich habe es anderswo schon gelesen, aber ich stimme dem nicht zu.

          • Ralf 16. Dezember 2023, 13:27

            Ok – danke für die Klärung. Vielleicht hab ich es auch falsch verstanden.

    • Stefan Sasse 16. Dezember 2023, 09:57

      1) Ich ging ehrlich gesagt davon aus, dass sie mehr konstruktivere Dinge tun würden (was ist etwa aus dem FDP-Programm zu Digitalisierung und, vor allem, Entbürokratisierung geworden?). An vielen Stellen hätten durchaus Synergien bestanden. Dass die Schuldenbremse unverhandelbar war hab ich von Anfang an gesagt. Das war klar.

      2) Weiß nicht woher die Idee kommt, dass CDU/Merz die Hauptschuldigen seien. Sicher nicht. Das hat die Ampel schon selbst verbockt.

      3) Völlige Zustimmung. Ich sagte ja auch mal „kein Mitleid mit diesen Leuten“. Nur, nachher Recht gehabt zu haben hilft uns nix wenn die AfD die Machtergreifung mit Fackelmarsch durch Berlin feiert.

      4) Ja, bin ich bei dir, das hilft alles sicher nicht. Aber auch eine Dreierkoalition kann Kompromisse finden.

    • Dennis 16. Dezember 2023, 11:25

      Zitat Ralf:
      „Diese Programme passen hinten und vorne in ihren Zielen nicht zusammen.“

      Zentraler Punkt, das. Indem das Konzept der Volkspartei megaout ist, muss man mit solchen unschönen Umständen aber leben. Denn was NICHT megaout ist, ist der Umstand des Mehrheitsprinzips. Wenn im identitätssüchtigen Polit-Tribalismus die Mehrheitsbildung unmöglich wird, haben wir halt ein Problem. Das wiederum ist eine Einladung an Extremisten, die diesbezüglich angeblich Lösungen anbieten zu zunehmend attraktiv werden.

      Zitat:
      „Dann hätte man halt eine Kenia-Koalition gemacht.“

      Im aktuellen Bundestag wären in einer Kenia-Koalition Grünens ein unnötiger Dritter, weil ein Zweier aus SPD plus Union reichen würde. Deshalb im Hinblick auf den aktuellen Bundestag unrealistisch. Kann in Zukunft natürlich anders werden^.

      Zitat:
      „Oder Jamaika“

      Das war natürlich realistisch. Das hätten die Grünen ihrer „Basis“ aber nicht verkaufen können; die fanden die Ampel damals interessanter, weil „fortschrittlicher“. Ob das damals sonderlich klug gedacht war, ist ’ne andere Frage^. Mittlerweile ist der Kurswert für Jamaika allerdings eh erheblich gesunken. Die politischen Konjunkturen sind heutzutage ja so kurzlebig, dass man kaum noch mitkommt. Das wiederum kann schon was mit deinem Befund im letzten Satz zu tun haben, also mit dem I-Wort.

      Die Unionschristen haben Jamaika oder gar – falls möglich- schwarz-grün erstmal strategisch beiseite gelegt. Stattdessen wird die zwischenzeitlich mal erkaltete Liebe zur Groko wiederentdeckt; SPD-seitig noch mehr. Berliner Modell und brandneu Hessisches Modell . Das kleine Problemchen dabei: Ergibt das (wie z.Zt. noch) überhaupt zukünftig Im Bundestag noch eine Mandatsmehrheit ?

      Zitat:
      „Oder man hätte neu gewählt.“

      Das dürfte IMHO arg neben der Sache sein. Das ist im Zustand nach der Wahl mit der noch geschäftsführenden „alten“ Regierung nicht nur schwierig, sondern rechtlich absolut unmöglich.

      Zitat:
      „…als das Scheitern der Einigung und das Versagen einen Kompromiss zu finden, mit einem Betrug zu verschleiern.“

      Der Begriff „Betrug“ ist IMHO zu hart. Beschiss würde ich durchgehen lassen^. Das wird politisch allgemein als legitim anerkannt.

      zu Abs. (3) :
      So isses

      zu Abs. (4) vor dem letzten Satz:
      So isses.

      Im letzten Satz kommt dann deine Lösung für den ganzen Schlamassel.

      Solche Feindbilder sind nicht neu. Ganz früher gab es mal „die Kampfpresse“ und ein „Hamburger Nachrichtenmagazin“ , was damals – aus konservativer Sicht – für all die Entsetzlichkeiten verantwortlich gewesen sein soll. Das muss nicht ganz falsch sein, nutzt aber nichts.

      Ich neige der These zu, dass Influencing, wie das heute so schön heißt, über Medien, egal ob altmodische oder neumodische, insofern eine Rolle spielt, als vorhandenes Material bei denen da draußen im Koppe zwar verstärkt, aber nicht begründet wird. Ein weites Feld. Das Internet induziert halt – technisch bedingt – Sofortismus / Instantismus und künstliche Aufreger sowie hochgejazzten Pipifax sonder Zahl. Früher gab es mal mehr Zeit zum Nachdenken^.

      • Ralf 16. Dezember 2023, 13:25

        Das Internet induziert halt – technisch bedingt – Sofortismus / Instantismus und künstliche Aufreger sowie hochgejazzten Pipifax sonder Zahl. Früher gab es mal mehr Zeit zum Nachdenken

        Die von Dir genannten Punkte sind wichtig, aber nicht die Hauptprobleme beim Internet.

        Die Hauptprobleme sind

        (a) die Förderung der Entstehung abgeschotteter Blasen, zu denen echte Information keinen Zugang mehr hat. Menschen werden irreversibel in Scheinrealitäten eingewickelt – etwas was es zuvor nur in Kulten und Sekten gegeben hat. Nur dass es jetzt Millionen Bürger und nicht nur eine Handvoll Spinner betrifft.

        (b) Realität und Lüge werden zunehmend ununterscheidbar für Laien. AI kann in Sekunden “Beweise” für alles generieren, die anschließend viral gehen. Menschen müssten lernen ihren Augen und Ohren nicht mehr zu trauen, was diametral der Funktionsweise unseres Gehirns widerspricht und damit in der Breite ausgeschlossen ist.

        (c) Feindstaaten wie Russland und China nutzen das Internet aktiv und hoch professionell, um uns zu schaden und das Vertrauen der Bürger in Politik, Demokratie und Rechtsstaat zu zersetzen. Dasselbe gilt für Kriminelle aller Couleur. Und diese Bemühungen sind sehr erfolgreich.

    • Thorsten Haupts 16. Dezember 2023, 15:02

      Meine Antwort ist: Das liegt am Internet und an unserer profitgetriebenen Medienlandschaft.

      Ich habe mir hier ja schon mehrfach sagen lassen müssen, ich überschätzte den Einfluss der Medien. Gegen Ihre monokausale Erklärung aller Übel moderner Gesellschaften ist meine Überschätzung allerdings kaum bemerkbar 🙂 .

      Ganz nebenbei ist Ihre Erklärung nicht einmal besonders einleuchtend. Viel eher trifft zu, dass die Politik der letzten 15 Jahre ein Desaster war, sie hat alle echten Probleme ein aufs andere Mal vertagt und wichtige, konstante, Anliegen grosser Bevölkerungsgruppen überhaupt nicht adressiert. Der damit verbundene, zuerst unmerkliche, Anstieg von Frustration und Verärgerung macht sich jetzt halt bemerkbar. Dieses Ergebnis hätte es auch gegeben, wenn die Medienlandschaft ausschliesslich aus ÖRR bestünde – irgendwann wird Versagen so offensichtlich, dass man auch mit den besten „Einordnungs“beiträgen aka organisierter Beschwichtigung das Versagen nicht mehr unter den Teppich kehren kann.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Ralf 16. Dezember 2023, 15:57

        Mir leuchtet nicht ein, weshalb die Politik der letzten 15 Jahre (2008 – 2023) ein größeres Desaster gewesen sein soll als die 15-Jahres-Periode 1993 – 2008 davor. Wir erinnern uns an Massenarbeitslosigkeit, an den Kollaps der Wirtschaft im Osten, an die Massenabwanderung der Menschen aus den neuen Bundesländern und an den Reformstau der letzten Kohl-Jahre. Ich erinnere mich auch noch lebhaft daran, dass die Medien damals über die erste Schröder-Regierung schrieben, dass dies die schlechteste Regierung sei, die Deutschland je regiert habe und sich mockiert zeigten darüber, wieviele Minister in atemberaubend kurzer Zeit verschleißt wurden. Die Tatsache, dass die Medien uns erzählen, dass immer gerade die Gegenwart die schlimmste aller Zeiten ist, unterstützt eher meine Sichtweise, nicht Deine.

        Und mal am Rande: In das “Desaster der letzten 15 Jahre” fallen die fetten Jahre der 2010er mit breitem Wohlstand in Deutschland, brummender Wirtschaft, Vollbeschäftigung, kräftigen Lohnzuwächsen, hoher Attraktivität des Landes für Fachkräftezuwanderung aus der EU, politischer Stabilität und in der Covidkrise sind in Deutschland deutlich weniger Menschen gestorben als anderswo. “Desaster” sieht anders aus.

        • Thorsten Haupts 16. Dezember 2023, 16:53

          Sehen Sie, unser beider Realitäten unterscheiden sich bereits fundamental, obwohl wir vermutlich einen weitgehend geteilten Satz von Medien konsumieren und ich meine Realität nicht aus der YouTube Universität beziehe. Was Ihre Überhöhung des Indernets als Ursache für Ihnen unangenehmes Politiker- oder Wahlverhalten ad absurdum führt.

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • Ralf 16. Dezember 2023, 17:45

            Dir ist mal wieder das kleine Missgeschick passiert eine argumentfreie Antwort abzuschicken. Eleganter wäre gewesen darzulegen, weshalb die Periode 1993-2008 trotz der vielen genannten negativen Aspekte kein “Desaster” war. Noch eleganter wäre gewesen, zu erklären, weshalb die Periode 1993-2008 kein “Desaster” gewesen sein kann, insbesondere wenn wir von “politischen Desastern” sprechen, obwohl viele der politischen Fundamente der Krisen der letzten 15 Jahre, damals und nicht erst seit 2008 gelegt worden sind. Ich sag mal “Deregulierung” und “Bankenkrise -> Staatsschuldenkrise -> Eurokrise” als eines der möglichen Stichworte. Am allerelegantesten wäre es natürlich gewesen, wenn Du zusätzlich noch erklärt hättest, wie Du trotz der vielen genannten positiven Aspekte und der enormen Prosperität der Jahre 2008-2023 zum Schluss kommst, hier könne nur ein “Desaster” stattgefunden haben.

            • Thorsten Haupts 17. Dezember 2023, 12:16

              Mein Argument war – erkennbar – die Verneinung Ihrer Überschätzung des Medieneinflusses. Ich hatte weder das Bedürfnis noch das Interesse, Sie von meiner Weltsicht auf politische Entwicklungen der letzten 15 Jahre zu überzeugen.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Ralf 17. Dezember 2023, 12:41

                “Ich sehe das anders” ist kein Argument. Stell Dir mal vor, ich würde auf Deine Punkte inhaltlich ebenfalls nicht eingehen. Dann würde unsere Debatte so aussehen:

                Du: “Ich sehe das anders”
                Ich: “Ich sehe das anders”
                Du: “Ich sehe das anders”
                Ich: “Ich sehe das anders”
                Du: “Ich sehe das anders”
                Ich: “Ich sehe das anders”


                Kannst Du erklären, weshalb ein solches Gespräch Deine Zeit wert ist? Falls nicht, kannst Du erklären, weshalb Du ein solches Gespräch zu führen versuchst?

                • Thorsten Haupts 17. Dezember 2023, 13:43

                  Haben Sie ein Leseproblem? Ich argumentiere – ausschliesslich – gegen Ihre Überschätzung des Medieneinflusses. Dafür ist es völlig irrelevant, warum ich eine andere Sicht auf die Vergangenheit habe, als Sie. Ich argumentiere NICHT mit Ihnen über Ihre und meine Einschätzung der vergangenen 15 Jahre, weil die für die Diskusion, die ich führen möchte – siehe oben – keine Rolle spielt.

                  Mein Argument war weiter oben: „Sehen Sie, unser beider Realitäten unterscheiden sich bereits fundamental, obwohl wir vermutlich einen weitgehend geteilten Satz von Medien konsumieren und ich meine Realität nicht aus der YouTube Universität beziehe. Was Ihre Überhöhung des Indernets als Ursache für Ihnen unangenehmes Politiker- oder Wahlverhalten ad absurdum führt.“

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

                  • Ralf 17. Dezember 2023, 14:34

                    Nö. Du argumentierst nicht gegen meine “Überschätzung des Medieneinflusses”, sondern sagst lediglich, dass Du anderer Meinung bist. Der Unterschied zwischen plattem Dissens und einer Argumentation ist, dass letztere ein Argument enthält. Und ein Argument fehlt Deiner Antwort nach wie vor.

                    • Thorsten Haupts 18. Dezember 2023, 10:04

                      Okay, dann bin ich tatsächlich nicht verstanden worden, was auch an meiner unzureichenden Ausdrucksweise liegen kann. Deshalb erneuter Versuch:

                      Sie hatten postuliert, „Die Hauptprobleme sind
                      (a) die Förderung der Entstehung abgeschotteter Blasen, zu denen echte Information keinen Zugang mehr hat… “

                      Daraufhin habe ich Ihnen gezeigt, dass es selbst bei zwischen uns beiden vermutlich ähnlichem Medienkonsum möglich ist, zu völlig unterschiedlichen Bewertungen zu kommen, indem ich die letzten 15 Jahre nur unwesentlich übertrieben als „Desaster“ kennzeichnete. Dem Sie sich erwartungsgemäss nicht anschlossen.

                      D.h., „alternative“ Realitäten kann man problemlos auf einem Satz von gemeinsam geteilten Fakten aufbauen. Dazu braucht man weder das Indernet noch irgendwelche küchenpsychologischen Überlegungen zur Rezeptionsfähigkeit von (natürlich immer anderen) Menschen.

                      Und das war mein Argument.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

        • Stefan Pietsch 16. Dezember 2023, 19:02

          Ihr zeitliches Raster ist viel zu grob und zu weit defininiert, womit es absolut willkürlich wirkt. Die erste „Phase“ umfasst dazu noch 3 Kanzler. Was wollen Sie damit sagen?

          1993-2008
          Von Mitte der Neunziger bis 2005 nach die Einkommensspreizung erheblich zu. Nie zuvor und nie danach verzeichnete Deutschland eine größere Zunahme der Einkommensungleichheit in so kurzer Zeit.

          Nach der Bundestagswahl versank Deutschland in einer rezessiven Phase, holte da aber teilweise nur nach, was die USA und die europäischen Nachbarn von 1990-1993 durchlaufen hatten. Die Realeinkommen sanken aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit (vor allem in Ostdeutschland) und der Abgaben- und Steuererhöhungen des Staates. Von 1998-2001 breitete sich Optimismus durch den Boom der New Economy aus, selbst in Deutschland wollten jede Menge junger Leute Unternehmen gründen. Junge Menschen unter 30 wurden in rasantem Tempo in Führungspositionen befördert.

          Von Herbst 2001 bis Ende 2005 versank Deutschland in einer Depression. Der Staat hatte zudem den Fehler gemacht, die positiven Effekte aus der Steuerreform auf eine Reihe von Jahren zu verteilen. Die Entlastungen, die alle Einkommensschichten in spürbarem Umfang betrafen, entfalteten so nur begrenzte Wirkung. Gleichzeitig litten die Unternehmen an Arbeitskräftemangel gerade in den unteren Lohngruppen, während die Arbeitslosigkeit immer weiter zunahm.

          Die Arbeitsmarktreformen waren das mutigste Reformprojekt der Bundesrepublik in Jahrzehnten und entfaltete von 2006-2010 enorme Wirkung. Dies war internationales Thema. Einkommen und Optimismus stiegen erheblich, die Einkommensungleichheit nahm ab. Anders wirkte die Energiewende des grünen Umweltministers Trittin. Hatte die Kohl-Regierung noch maßgeblich an dem ersten Klimaschutzabkommen mit gewirkt, verteuerte die hohe Subventionierung von Windkraft und Solaranlagen den Strom auf internationales Rekordniveau. Bis heute geriet die Energiewende zu einem extrem teuren Projekt in der Größenordnung der Wiedervereinigung. Über eine halbe Billion Euro wurden für einen mäßigen Anteil der Erneuerbaren und geringe CO2-Einsparungen regelrecht versenkt.

          2008-2023
          Seit 2006 steigt die Belastung der Bürger kontinuierlich, ohne dass es zwischenzeitlich eine Entlastung gegeben hätte. Seit der Pandemie befindet sich der Staatsanteil auf nie gekanntem Niveau. Wuchsen zwischen 2006 und 2019 die Einkommen überdurchschnittlich, erlebt Deutschland inzwischen wieder Reallohnverluste bei gleichzeitig stark steigenden Löhnen. Seit 2014 belastet die Migration die staatlichen Haushalte in immer stärkeren Maße.

          In der Klimapolitik hat Deutschland spätestens seit dem Gipfel in Kopenhagen entscheidend an Einfluss verloren und sitzt weitgehend auf den Zuschauerbänken. Der deutsche Weg der Energie- und Klimaschutzpolitik überzeugt nicht, vor allem, da sie kaum Erfolge vorzuweisen hat. Die Energiepreise sind auf internationalem Spitzenniveau und verdrängen Potentiale, ohne dass signifikante Einsparungen zu registrieren sind. Der Ausbau der Erneuerbaren ist so teuer wie in keinem anderen OECD-Land und der Ausstieg aus der Kernkraft hat auf nationaler und internationaler Ebene Vertrauen von Unternehmen und Investoren gekostet. Politisch hat der Ausstieg massiv die Partner in Frankreich, Skandinavien und Osteuropa verärgert.

          Wenn heute Deutschland als einziges OECD-Land schrumpft, die öffentlichen Haushalte auf der Ausgabenseite explodieren mit der Aussicht bald steigender Steuern, ist das keine gute Politik. In Deutschland sind die Abgaben auf dem historisch höchsten Niveau, die Einkommensbelastung ist ebenfalls rekordhoch, die Inflation ist höher als in der G7, die Energiepreise sind mit die höchsten, die Vermögensentwicklung ist deutlich unterdurchschnittlich und gerade außerhalb des Euro-/Dollarraums haben die Einkommen massiv an Kaufkraft verloren – da lässt sich nicht mal mit gutem Willen behaupten, dies wäre besser als 1998-2001 oder 2006-2008.

          • Ralf 16. Dezember 2023, 19:51

            Ich bin möglicherweise falsch verstanden worden. Mein Punkt ist nicht, dass die Jahre 1993-2008 furchtbar und die Jahre 2008-2023 großartig waren. Mein Punkt ist, dass beide 15-Jahresperioden ihre positiven und negativen Seiten hatten. Für beide Perioden kann man das Glas halb voll oder halb leer sehen. In beiden Perioden gab es viel Licht und viel Schatten. Als “Desaster” sind beide Perioden nicht angemessen beschrieben. Ein Beispiel für ein “Desaster” wären zum Beispiel die 15 Jahre von 1930 bis 1945.

            • Stefan Pietsch 17. Dezember 2023, 11:36

              Mein Problem damit ist: Es sind keine Perioden. Soweit ich mich richtig erinnere, ging es am Anfang um die Behauptung, dass wir derzeit die schlechteste Regierung erleben. So lange Phasen sind da kein geeignetes Instrument.

              Die Frage nach der schlechtesten Regierung ist natürlich nicht einfach zu messen. Aber: Noch nie ist es einer Bundesregierung passiert, dass ihr Haushalt über Jahre als verfassungswidrig eingestuft wurde. Und es ist ein Zeichen von Impotenz, dies nicht ändern zu können.

              Diese Regierung wurde nun mehrfach aus Karlsruhe abgewatscht, weil sie klassische institutionelle Rechte nicht achtet. Neustes Beispiel ist (wieder einmal) der Bundeswirtschaftsminister, der (wieder einmal) die Rechtssicherheit der Bürger mit Füßen tritt.

              Diese Regierung geht nicht die beiden wesentlichen Probleme der Bürger an: Migration und wirtschaftlicher Rückgang. Auch das ist ein Zeichen von Impotenz und bringt keine Regierung der Welt in die Topränge. Und Bürger freuen sich definitiv nicht darüber, wenn sie hohe Abgaben und hohe Energiepreise zahlen müssen, zu welchem behaupteten Zweck auch immer.

              Von daher gibt es gute Gründe, die Ampel zur schlechtesten Regierung der Nachkriegsgeschichte zu erklären. Sie haben etwas sehr Richtiges und Wichtiges gesagt: Drei-Parteien-Koalititionen haben einen expotentiellen Abstimmungsbedarf und auch Ausgabenbedarfe. Das ändert ja aber nichts am grundsätzlichen Verdikt: Sie können es nicht.

              Es ist absehbar, dass Regieren immer schwerer wird, je mehr die Regierungen die Probleme liegen lassen. Das Lösen von wesentlichen Problemen der Gesellschaft senkt die Zustimmung für Populisten und erleichtert dann wieder die Regierungsbildung. Das sehen wir in den skandinavischen Ländern, aber auch in den Niederlanden oder Österreich. Die Menschen sind nicht an Symboldebatten interessiert. Sie sind nicht daran interessiert, dass ihr Land für irgendetwas Vorbild sein könnte oder sollte. Sie lassen den Parteien ein Stück das Reiten ihrer Steckenpferde durchgehen. Es darf nur nicht an den Kern gehen.

              Aber wer das Wesentliche einer Gesellschaft aus dem Auge verliert, bekommt keine Mehrheiten.

              • Ralf 17. Dezember 2023, 12:35

                Es sind keine Perioden.

                Thorsten Haupts sprach konkret von “15 Jahren”, worauf ich mich dann bezogen habe.

            • Stefan Sasse 18. Dezember 2023, 08:37

              Exakt. Die Apokalyptik ist einfach nicht angemessen.

              • Thorsten Haupts 18. Dezember 2023, 21:08

                „Desaster“ verwende ich nicht apokalyptisch …

        • Stefan Sasse 18. Dezember 2023, 08:36

          Ja, das sehe ich genauso.

  • CitizenK 16. Dezember 2023, 11:00

    Ihr beklagt, dass die Bürger nun die Zeche zahlen sollen. Wer denn sonst? Wenn klimaschädliches Verhalten teuerer werden soll (egal ob per CO2-Preis oder Zerifikatehandel), landet das doch letztlich beim Verbraucher. Konsum ist der Endzweck von „Wirtschaft“. Es ist doch schon lange klar, dass wir durch die Multikrise ärmer werden. Die Frage ist letztlich nur, wer ist „wir“? Also: Wer muss wieviel schultern?

    Zum allseits beliebten Ampel-Bashing: So eindeutig war die Sache anfangs nicht. Ich erinnere daran, dass der von der CDU mit der Verfassungsklage beauftragte Jurist nicht mit diesem Urteil gerechnet hat. Hätte das BVerG die Umwidmung (was er als durchaus möglich ansah) nur für die Zukunft untersagt, wäre die Situation eine andere.

    • Stefan Pietsch 16. Dezember 2023, 12:11

      Vielleicht der Staat?

      Wir brauchen nicht die Vergrößerung des Bundeskanzleramtes. Das braucht Olaf Scholz. Wir brauchen auch keine Entwicklungshilfe, schon gar nicht nach Indien. Wir brauchen auch nicht die 500 Beamten, welche die Familienministerin Lisa Paus für 400 Millionen Euro einstellen will, weil sie sich in ihren 150 Leistungsgesetzen nicht zurechtfindet und meint, mehr Beamte würden da helfen. Wir brauchen auch nicht 10 Milliarden Euro an Intel, ein Unternehmen, dass hohe zweistellige Milliarden-Gewinne einfährt, während ob der hohen Energiepreise und Bürokratie täglich Unternehmen das Land verlassen.

      Und wir hätten gerne mal was vom Versprechen der Grünen (zuständig: „Klimaschutzminister“ Robert Habeck), die Einnahmen aus dem Zertifikatehandel an die Bürger rückauszuschütten, statt sie diesem kopflosen Geldverbrenner zu überlassen. Die Erhöhung der CO2-Steuer wird zur Einnahmensicherung des Staates gebraucht, nicht für den Klimaschutz. Dem Klima helfen ein paar Cent Erhöhung gar nichts. Der Staatskasse bringt es aber Milliarden.

      Mir fällt auf Anhieb kein Staat ein, der zuletzt ärmer geworden ist, von Argentinien mal abgesehen. Aber die haben sich flugs einen neuen Präsidenten gewählt. Ach so, Deutschland ist wirklich ärmer geworden. Vielleicht sind bei uns Regierung und Politik einfach schlecht? Und warum zahlen wir eigentlich nun seit einer Generation mit die höchsten Strom- und Energiepreise der OECD? Ist das ein Naturgesetz?

      Wieso wäre die Situation heute eine andere? Für 2023 hat die Bundesregierung den Joker „Notlage“ gezogen. 2024 ist Zukunft. Also selbst bei der Annahme, die Richter hätten Vergangenheit Vergangenheit sein lassen, gäbe es nächstes Jahr das Problem der fehlenden Milliarden trotzdem.

      Eine Regierung, die nicht einmal in der Lage ist, einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen, ist am Ende. Eine Regierung muss in der Lage sein, Einnahmen und Ausgaben zur Deckung zu bringen. Das gilt erst recht, wenn die Unterfinanzierung durch drastisch gestiegene Ausgabenwünsche verursacht wurde.

    • Stefan Sasse 16. Dezember 2023, 13:20

      Klar war das logisch. Meine Kritik ist dieselbe wie Habecks Heizungsgesetz: a) die Kommunikation b) die fehlenden Ausgleichsmechanismen.

      Das hab ich ja auch schon argumentiert, aber es ist letztlich egal: das BVerfG hat mal wieder das Politikmachen übernommen, dem sich die Parteien verweigert haben.

  • CitizenK 20. Dezember 2023, 06:17

    @ Ralf

    Ob man nach diesen Zahlen arm ist oder nicht, hängt auch wesentlich von der Wohnsituation ab. Nach dem ifo-Rechner bin ich mit meiner Familie „prekär“, erst mit der letzten Frage („ersparte Miete“) lande ich im mittleren Bereich. Aussagefähiger ist daher die Einstufung „nach Miete und Nebenkosten“. Wenn Vonovia die Mieten unter Ausnutzung der Marktlage raufsetzt, wirkt das wie eine Einkommensminderung. Deshalb überzeugt mich auch das hehre Argument nicht, man dürfe bei der Besteuerung niemand „etwas wegnehmen“.

    • Stefan Pietsch 20. Dezember 2023, 15:03

      Bei Ihrem Post kommen automatisch Fragen auf. Sie sind ja angabegemäß Lehrer (pensioniert oder nicht). Das ist so Mitte der Gesellschaft wie es nur sein kann. Nun sagen Sie, nach Berechnungen seien Sie mit Ihrem Haushalt im prekären Bereich zu verorten. Wenn das so wäre, stellte sich die ernsthafte Frage, wer überhaupt statistisch Mitte und gehobene Mitte der Gesellschaft sein sollen.

      Soweit Ihre Behauptungen zutreffen – und das setzen wir immer als gegeben – wäre das ohnehin genauer zu betrachten. Wie kann es sein, dass ein Bürger aus der Mitte der Gesellschaft seine eigene Situation als „prekär“ einordnen muss? Ich bin sicher, eine Antwort liefert der Blick auf den Gehaltszettel. Wenn Sie mal im ifo-Rechner nicht ihr Netto- sondern ihr Bruttoeinkommen eingeben, was kommt da heraus? Ich wettte, sie rasen in der Einordnung deutlich nach oben.

      Nun geben Sie weitere Hinweise. Berücksichtigen Sie, dass sie im Eigenheim wohnen, so verbessert sich die Einordnung erheblich.

      So, was können wir daraus lernen? Was können Sie daraus lernen?

      1. Der Staat beeinflusst entscheidend, wie sich Ihre Einkommensverhältnisse gestalten. Und nicht Ihre Leistung am Markt.

      2. Die Einkommensbelastung ist so hoch, dass selbst Sie in den prekären Bereich gedrückt werden. Absurd.

      3. Die langfristige Politik des Staates, Vermögensbildung zu verhindern, lässt die Bürger verarmen. Es bedarf hoher Anstrengungen, dieser Armutsfalle zu entkommen. Oder das Glück auf eine Erbschaft.

      Sie haben früher häufiger gesagt, Sie würden durchaus noch höhere Steuern bezahlen. Really? Sie sehen Ihre eigene Situation als nicht super rosig an, sind aber bereit, diesem Staat, der Bürger eher verarmt, noch mehr Geld zu übereignen?

  • CitizenK 20. Dezember 2023, 16:12

    Zu 1: Wie bei Beamten nicht anders zu erwarten.
    Zu 2: Meine Steuerbelastung ist nicht zu hoch: Familie, Alter, persönliche Umstände.
    Zu 3: Vermutlich meinen Sie die hohe Steuer- und Abgabenbelastung.
    Ich sehe eine solche Politik nicht. Ich sehe Fehlschläge bei den Versuchen, Vermögensbildung bei den kleineren und mittleren Einkommen zu fördern.

    Mit einer Lehrer-Pension ist man ja nicht arm, auch nicht als Alleinverdiener mit Kindern, sondern allenfalls im Vergleich zu offenbar viel höheren Einkommen eben „unten“. Die sehr hohen Einkommen werden statistisch nicht erfasst.

    Wenn das Geld wirklich gebraucht wird, wäre ich bereit, meinen Anteil zu leisten. Ob man ein Kanzleramt für 800 Mio. oder Chipfabriken für 15 Mrd. braucht, daran habe ich auch meine Zweifel. Wenn aber jemand jahrelang mit der Krankenkasse um eine bessere Beinprothese streiten muss, dann ist das nicht meine Vorstellung eines überbordenden Sozialstaates. Die Fälle aus der Weihnachtsaktion meiner Regionalzeitung zeichnen ein anderes Bild.

    Und ja, das „Glück“ einer Erbschaft ändert vieles. Aber das Thema hatten wir schon.

  • Stefan Pietsch 20. Dezember 2023, 16:35

    Wie erklären Sie sich, dass Sie in der Einordnung bei prekär landen, wo doch der Großteil der Bevölkerung weniger verdient als Sie? Für Ihre ganz persönlichen Umstände können Sie kaum die Gesellschaft in Anspruch nehmen.

    Die Politik der Vermögensverhinderung gibt es seitdem ich auf dieser Welt bin. Das lässt sich kaum als Zufallsprodukt abtun. Vermögensbildung ist etwas sehr langwieriges, das sich über Jahrzehnte und Generationen vollzieht. Ist eine Gesellschaft ärmer als eine andere, sind die politischen Ursachen eigentlich unabweisbar.

    Statistisch spielt es keine Rolle, ob die obersten 0,01 Prozent der Einkommensbezieher erfasst werden. Im Gegenteil: Sie werden deswegen nicht erfasst, um statistische Verzerrungen zu vermeiden.

    Eine Zweckbindung von Steuern gibt es nicht. Wer neben seiner Steuerpflicht andere, soziale oder kulturelle Zwecke gemeinnützig fördern möchte, der muss auf das Instrument der Spende verwiesen werden. Sie sind einer von 84 Millionen Bürger. Ganz sicher haben allein wir beide völlig unterschiedliche Vorstellungen, was sinnvoll ist und was nicht. Das entzieht sich aber zurecht dem demokratischen Mandat.

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