Merkel und ich


Als Angela Merkel 2005 zum ersten Mal Bundeskanzlerin wurde, gehörte ich nicht eben zum Kreis ihrer Fans. Binnen kürzester Zeit wandelte sich das zu einer ausgeprägten Antipathie. Als ich im Juni 2006 zu bloggen anfing, war ich auf scharfem Linkskurs und ein eingeschworener Gegner der großen Koalition. Heute sehe ich mich immer wieder in der Rolle, Merkel vor ihren Kritikern in Schutz nehmen zu müssen. Bei der CDU habe ich trotz allem noch nie mein Kreuz gemacht, noch plane ich, das in der Zukunft zu tun. Woher also dieser Wandel in der Wahrnehmung? Habe ich mich verändert oder Merkel? Oder wir beide?

Obwohl ich Merkel zwischen 2005 und 2009 sicherlich nicht besonder schätzte, lag durch die gesamte erste Amtszeit der Fokus nicht so sehr auf ihrer Person, abgesehen vielleicht von meinem T-Shirt „Nicht meine Kanzlerin“. Was man halt so trägt als linksgerichteter Student. Meine Beurteilung der Kanzlerin selbst deckte sich mit der Volker Pispers‘, der angesichts der damals recht positiven Berichterstattung über die Kanzlerin, die ihren Job gut mache, verzweifelt fragte: „Ja, was macht sie denn?“

Merkel pflegte bereits damals einen Regierungsstil des Über-den-Dingen-Schwebens. Sie überließ es ihrer Ministerriege, die Frontstellung im Rampenlicht zu füllen. Damit ist sie sicher gut gefahren. Meine Hassfigur in jenen Tagen war nicht die Kanzlerin. Diese Rolle kam solchen Bösewichten wie dem damaligen Innenminister Wolfang Schäuble („Stasi 2.0“, ich hatte das T-Shirt) zu, der auf jede Forderung nach einem weitreichenden Umbau des Grundgesetzes noch die Abschaffung eines weiteren Grundrechts hinzuzufügen wusste. Oder Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, der mit einzigartiger Empathie die Hartz-IV-Reformen zu verteidigen wusste. Franz Müntefering, der gegen erbitterten Widerstand die Rente mit 67 durchsetzte. Aber nicht Merkel. Die war höchstens die, die solchen Schreckensgestalten politische Deckung gab, aber sie schien kaum selbst etwas leisten zu können.

Wie gesagt, das war politisch gesehen clever. Ein potenzieller Konkurrent nach dem anderen exponierte sich und brannte aus. Ob Friedrich Merz, ob Roland Koch, ob Christian Wulff, ob Günther Oettinger, die ganze Riege des Andenpakts und einige Affiliierte fielen sich selbst und Merkels Stoizismus zum Opfer. Es gab nur wenige, die ihnen nachweinten. An ihre Stelle rückte eine neue Generation von CDU-Politikern. Mir war das damals recht gleich. Einer aus der Riege schien so schlimm wie der andere.

Ich war damals fest im Camp der LINKEn. Die anderen waren die neoliberalen Systemparteien, und gegen die Große Koalition tauchte damals eine Bedrohung am Horizont auf, gegen die die Reformpolitik von Rot-Grün und Merkel I wie ein laues Lüftchen schien. Es war die Riege von Guido Westerwelle, Philipp Rößler und Dirk Niebel, die ihre Zeit gekommen sahen, den Betriebsunfall von 2005 beseitigen und dem Leipziger Parteitag der CDU nachträglich zur Geltung helfen wollten. Allein, es kam anders. Für mich war die Schwarz-Gelbe Koalition 2009 bis 2013 eine entscheidende Weichenstellung; ich habe darüber geschrieben.

Merkel wurde nicht zur Totengräberin des Sozialstaats, wie wir damals befürchteten (und andere hofften). Stattdessen präsidierte sie mit ihrer CDU über seine größte Ausdehnung seit mindestens 1995. Generell aber übernahm die FDP in Merkel II die Rolle, die in Merkel I die SPD gespielt hatte und machte freiwillig den Blitzableiter für den meisten Unsinn, der passierte. Das fing ja schon mit Westerwelles „Hier wird Deutsch gesprochen!“ auf der ersten Pressekonferenz an und ging über seine „spätrömische Dekadenz“ zu Dirk Niebels Irrlichtereien weiter. Dazu waren sie die Blitzableiter in der Euro-Krise (zusammen mit Wolfgang Schäuble). Erneut schwebte Merkel über den Dingen und taugte wenig zur Hassfigur. Und für ihren Atomausstiegsausstiegausstieg konnte ich sie als Progressiver auch kaum kritisieren. Kurz: Diese Koalition war ein Volldesaster in fast jeder Hinsicht. Die Quittung kam 2013; die FDP flog aus dem Bundestag, und die CDU errang beinahe die absolute Mehrheit.

Ich erinnere mich noch, dass ich 2013 der Überzeugung war, diese absolute Mehrheit wäre eigentlich gut gewesen. Gut für die demokratische Kultur in Deutschland. Das zeigt einen weiteren Wandel in meiner Einstellung an, vor allem zur CDU als Ganzes. Weder 2005 noch 2009 hätte ich es als möglich erachtet, dass eine Alleinherrschaft der Schwarzen irgendetwas als den Untergang, das Abrutschen in die absolute Diktatur bringen könnte. 2013 war ich indifferent; es war die für mich indifferenteste Bundestagswahl aller Zeiten. Wer gewinnt, schien total Hupe zu sein. Vier weitere Jahre Merkel? Sowieso. Wer ihr Juniorpartner dieses Mal sein würde, war in etwa so spannend Fußball (ich möchte daran erinnern, dass ich zur WM 2014 kein einziges Spiel gesehen habe…).

Der Grund dafür liegt in dem, was ich in meinem Artikel zur Wandlung weg von der Linken auch beschrieben habe. Merkel taugte einfach nicht zum Feindbild, und ihre CDU auch nicht. Wie viele andere erwartete ich 2009 eine radikale neoliberale Regierung, die die Axt an alles legen würde, was mir lieb und teuer war. Nichts davon passierte. Das Leben ging weiter. Es war harmlos.

Diese Harmlosigkeit verkörpert Angela Merkel. Man denke nur zurück an den Moment, in dem sie den Bundestagswahlkampf 2013 im Alleingang entschied. Es war das TV-Duell gegen Peer Steinbrück (Peer Steinbrück! Allein die Idee, er könne Merkel gefährlich werden!), als sie in ihrem Schlussplädoyer die Eiserne Raute formte und direkt in die Kamera sprach: „Sie kennen mich.“ Das war es. Diese drei Worte definierten im Endeffekt die Wahlkampfbotschaft 2013, und man konnte nur vor dem Fernseher nicken. Jupp, tue ich. Und auch wenn meine Begeisterung mit „lauwarm“ geradezu euphorisch verkleidet ist, so habe ich doch, anders als 2009, auch keine negativen Gefühle mehr. Es ist halt einfach. Business as usual. Life goes on.

Mir wäre in dieser Zeit trotzdem nicht in den Sinn gekommen, Merkel zu verteidigen. Auch in ihrer dritten Amtszeit war sie mir politisch viel zu fern.  Aber es ist bemerkenswert, dass es mit 2013 letztlich egal war, ob sie diese antreten würde oder nicht. Ich denke, das hat zwei Gründe.

Zum einen liegt das am Mangel an einer Alternative. War ich zufrieden mit Merkels Politik? Sicher nicht. Erwartete ich mir aus anderer Quelle etwas Besseres? Sicher auch nicht. Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel waren weder politisch besonders ansprechend (oder persönlich), noch hatten sie auch nur die Chance eines Schneeballs in der Hölle, das Kanzleramt je anders denn als Besucher zu sehen. Meine zunehmende Distanzierung von der LINKEn tat ihr Übriges. Das Land tuckerte langsam vor sich hin. Eine glaubhafte, für mich ansprechende Alternative war nicht in Sicht. Ich ergab mich in das Schicksal Merkel.

Zum anderen liegt das an ihrer Politik selbst. Es ist glaube ich müßig darüber zu spekulieren, ob Merkel einfach einen politischen Lern- und Wandlungsprozess vollzogen hat, der zu ihren Positionsänderungen führte, oder ob sie nach aktueller Demoskopie regierte. Das wird sich nie abschließend klären lassen. Vielleicht fällt auch beides zusammen. Fakt aber ist, dass selten jemand dermaßen aus der Mitte heraus regierte wie Merkel. Fand sie sich jemals nicht in der Mitte, änderte sie ihre Politik entsprechend. Anders als 2005 und 2009 konnte man 2013 kaum mehr befürchten, dass sie die Republik in eine neoliberale Dystopie mitverwandeln würde; im Zweifelsfall einfach nur aus Apathie heraus. Pisper’s Wort von „was macht sie denn?“ behielt Gültigkeit. Aus Sicht eines eher linksliberal orientierten Beobachters war das wohl das Beste, was von der CDU zu erhoffen war. Stand 2013 bestand Merkels einzig kontroverse Entscheidung im Atomausstiegsausstiegausstieg, und das war kaum etwas, das einen progressiven Kritiker wie mich auf die Barrikaden bringen dürfte. Bezeichnenderweise geschah diese eine kontroverse Entscheidung Merkels im Rahmen einer medial breit rezipierten Katastrophe, in diesem Fall dem Reaktorunfall von Fukushima. Rückblickend konnte man das als Fanal ansehen.

Aber 2013 war kaum abzusehen, dass die Flüchtlinge das beherrschende Thema werden würden. Sigmar Gabriel hatte sich in einer spektakulären strategischen Fehleinschätzung das Wirtschaftsministerium ja deswegen geschnappt, weil er davon ausging, dass der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen und der weitreichende Umbau des deutschen Energiemarkts das beherrschende Thema der Legislaturperiode sein würde. Nicht umsonst ließ er sich auf einer Reise nach Grönland mit der Kanzlerin fotographieren; telegener als Merkel auszusehen ist nun wahrlich nicht schwer. Die Abwicklung der Eurokrise überließ man gerne Bad Boy Schäuble, der alle weitergehenden Ambitionen mittlerweile beerdigt hatte und für niemanden mehr eine Gefahr darstellte. Als das schicksalhafte Jahr 2015 begann, war das beherrschende Thema einmal mehr Griechenland. Alexis Tsipras hatte die Wahl gewonnen und sagte „Oxi.“

Dann kam das Jahr 2015. Wie Millionen anderer Deutscher auch empfand ich tiefe Anteilnahme und Solidarität gegenüber den Flüchtlingen. Merkels Entscheidung, rund eine Million dieser Menschen aufzunehmen, unterstützte ich (und tue das heute noch) aus ganzem Herzen. Zum ersten Mal fühlte ich mich mit ihr auf einer Wellenlänge.

Man kann nicht behaupten, dass der Doppelschlag von 2016 – Brexit und die Wahl Trumps – mich in irgendeiner Weise aufgeschlossener gegenüber der zunehmenden Kritik von rechts an ihrer Person gemacht hätten. Merkel ließ von Anfang an wenig Zweifel an ihrer Antipathie zu Trump und all den anderen rechtspopulistischen Machogestalten, eine Haltung, die angesichts meiner eigenen Evolution zu dieser Frage umso hervorstechender war.

Der endgültige und bisher letzte Anstoß für einen Wandel meiner Haltung zu Merkel von der wohlwollenden Indifferenz hin zu einer widerwilligen Verteidigungshaltung erfolgte um 2017 mit dem Aufstieg der AfD. Die völlig maßlose Fokussierung auf das Flüchtlingsthema in den Medien, die zunehmende Aggressivität, die sich gegen die Person Merkel spezifisch entlud und vor allem die deutliche Bedrohung, die von rechts auf die Demokratie unleugbar seit spätestens 2016 einwirkte,

Und das ist denke ich der entscheidende Punkt, der mich dazu bringt, inzwischen in einer (eher realitätsfernen) fünften Amtszeit Merkel ein Netto-Gut statt eines Schadens zu erkennen. Bisher sah ich in ihr vor allem eine Bremse für eine Politik, wie ich sie bevorzugen würde; ihre brillante Strategie hatte – sicher unter Ausnutzung diverser struktureller Faktoren, die an dieser Stelle keine Beachtung finden können – alle potenziellen Gegner neutralisiert. Alle, bis auf einen.

Und dieser eine erhob sein widerwärtiges Haupt mit voller Gewalt vor allem seit 2017 und wollte es bis zum Ausbruch der aktuellen Corona-Krise auch nicht wieder senken. Der Rechtspopulismus war im Aufwind, in der ganzen westlichen Welt und darüber hinaus. Und seine Gefahr für mich und mein ganzes Leben ist real, wesentlich realer, als es die Gefahr durch Merkel und Westerwelle je gewesen sind. Und das Problem bleibt bestehen: eine Alternative ist nicht wirklich in Sicht.

Denn alles, was nach Merkel kommt, kann aus meiner Sicht nur schlimmer werden. Man sieht das an dem kurzen Intermezzo mit ihrer handverlesenen Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die bereits für eine deutliche Neuorientierung der CDU nach rechts stand (nicht, dass an der grundsätzliche Mitte-Rechts-Haltung der Partei und Merkels ein großer Zweifel bestanden hätte; man muss sich nur ihre Haltung zur Homo-Ehe oder zur Wirtschaftspolitik ansehen). Und AKK errang ihren Posten nur äußerst knapp gegen den Politrentner Friedrich Merz, der sich anschickt, genau jene Politik wieder aus der Jauchegrube herauszubuddeln, die spätestens mit dem Scheitern der schwarz-gelben Koalition nach 2009 endgültig erledigt schien – und die in weiten Teilen sogar darüber hinaus geht.

In dieses Bild fügt sich die Gründung der so genannten „Werte-Union“ – erneut völlig über Gebühr gehypt und groß gemacht – ebenso ein wie der Skandal um Hans-Georg Maaßen, einen der schlimmsten Verfassungsschutzpräsidenten aller Zeiten in einem Amt, das an Fehlbesetzungen und Desastern nicht eben arm ist. Wie könnte ich als jemand, der eher progressiv veranlagt ist, einer Zeit nach Merkel aktuell optimistisch entgegensehen? Alles, was ihr nachfolgt, ist aus meiner Perspektive schlimmer.

Denn auch wenn Merkel nie in Gefahr war, einen SPD-Mitgliedsantrag zu stellen, so hat sie doch die lange verschleppte Modernisierung ihrer Partei auf vielen Feldern vorangetrieben oder sich ihr wenigstens nicht in den Weg gestellt. Die CDU ist heute kein Hindernis mehr für Gleichberechtigung, ob zwischen den Geschlechtern, Ethnien oder sexuellen Orientierungen. Das ist vor allem ihr Verdienst, und ihre Kritiker werden es ihr nie verzeihen und nicht ruhen, ehe sie es so weit als möglich rückgängig machen können. Warum also sollte ich wollen, dass Merkel das Kanzleramt räumt?

Denn das andere Problem bleibt unausgeräumt. Was wäre die Alternative? Ein CDU-Kanzler, der die Partei rechter positioniert, als sie es aktuell ist, und aus Gründen der aktuellen Parteistruktur praktisch garantiert die Machtstellung innehaben wird, ob mit Jamaika, ob mit Schwarz-Grün oder gar mit Schwarz-Blau. Mein Vertrauen darin, dass ein CDU-Vorsitzender Merz nicht mit der AfD zusammenarbeiten würde, reicht gerade so weit, wie ich ihn werfen kann.

Und selbst wenn wir das bestmögliche Ergebnis (aus progressiver Sicht) annehmen, eine Mehrheit für Grün-Rot-Rot – wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine nun oppositionäre CDU nicht sofort einen scharfen Rechtsruck hinlegt und sich der AfD annähert, mithin der größten Gefahr für die deutsche Demokratie seit 1933? Die Ereignisse aus Thüringen zum Jahreswechsel 2019/20 etwa lassen genauso wenig Hoffnung aufkommen wie die Probleme in Sachsen – und die Positionierung der dortigen CDU.

Nein. Merkels Zeit ist aller Wahrscheinlichkeit nach abgelaufen, aber ich kann mit wenig Hoffnung auf eine Zeit nach ihr zurückblicken. Das liegt wahrlich nicht daran, dass ich ein großer Fan ihrer Politik wäre. Zu sehr ist sie für meine Präferenzen ein Blocker, Verhinderer, Verzögerer. Zu sehr vertritt sie gegensätzliche Positionen. Ich kann mit ihr nur leben, das ist letztlich alles.

Die weltweiten Ereignisse seit 2016 haben mir aber eine neue Wertschätzung dafür verschafft, was es heißt, mit einer ideologisch entgegengesetzten Regierung leben zu können. Ich könnte nicht mit einer Trump-Regierung leben, lebte ich in den USA. In meinen Augen vergisst die aktuelle Debatte gerne, welchen Wert es darstellt, dieses Problem in Deutschland nicht zu haben. Und das ist, im Guten wie im Schlechten, Teil des Phänomens Merkel. Und erklärt vielleicht, warum sie ausgerechnet bei einem konservativer Grundhaltungen wenig verdächtigen Menschen wie mir in diesen Tagen einen widerwilligen Verteidiger findet.

{ 227 comments… add one }
  • TBeermann 25. April 2020, 17:28

    Das trifft es auch für mich ziemlich gut.

    In die bizarre Lage, eine Kanzlerin zu verteidigen, mit der man politisch auf fast keinem Feld übereinstimmt, weil ihre gesamten Amtszeiten auf eine einzige Entscheidung verengt werden, bei der ich mit ihr übereinstimme, sehe ich mich auch schon eine Weile.

    Und ja, die aktuellen Alternativen bzw. Zukunftsperspektiven sehen nicht gerade appetitlich aus.

    • Stefan Sasse 25. April 2020, 18:22

      Ich denke echt dass Letzteres ausschlaggebender ist. Zum Beispiel dürfte jemand CDU/FDP-nahes 2005 ungefähr so wie wir zu Merkel zu Schröder gestanden haben, aber die Alternative war klar besser. Was haben wir denn gerade?

  • Ralf 25. April 2020, 18:29

    Guter Artikel! Ich finde mich in vielem wieder.

    Wo ich noch nicht so ganz bei Dir bin, ist was die Richtung der CDU nach Merkel angeht. Du hast natürlich Recht, dass die Chancen bestehen, dass das was nach ihr kommt, schlechter sein wird. Aber ich halte das noch nicht für ausgemacht.

    Nimm z.B. die Möglichkeit einer Schwarz-Grünen Regierung unter einem Bundeskanzler Markus Söder. Söder hat sich in Bayern bereits merklich den Grünen angenähert und in Sachen Klimawandel nach links geblinkt. Würde eine Söder-geführte Schwarz-Grüne Regierung eine merklich andere Politik machen als eine Schwarz-Rote Regierung unter Merkel? Die selbe Frage stelle ich mir im Falle einer Schwarz-Grünen Regierung unter Laschet oder Röttgen. Oder selbst unter Spahn.

    Schlimm würde es vermutlich dann, wenn es für eine Schwarz-Gelbe Mehrheit reicht, aber die Chance dafür ist gottseidank minimal. Noch schlimmer wäre, wenn die CDU bereit ist mit den Nationalsozialisten der AfD zusammenzuarbeiten. Bei Merz halte ich das durchaus für eine große Gefahr. Aber selbst bei Jens Spahn ist das doch eher unwahrscheinlich.

    Was mich zum Fazit führt, dass wenn die CDU Merz abwehren kann – und das ist durch die Coronakrise sehr viel wahrscheinlicher geworden (vermutlich das einzig Positive, das dieser Virus bewirkt hat) – wird sich eher weniger ändern …

    • Stefan Sasse 25. April 2020, 19:27

      Stand jetzt macht Söder tatsächlich hoffnungsvoll. Auch eine Aussage die ich vor einem halben Jahr nicht getroffen hätte…

    • TBeermann 25. April 2020, 20:25

      Mein Problem bei Söder ist, dass ich ihm jederzeit die nächste 180°-Wende zutraue, wenn er sich etwas davon verspricht.

      Merkel stand die meiste Zeit inhaltlich für wenig bis nichts, um nicht anzuecken. Söder wirft sich jedem Zeitgeist an den Hals, von dem er sich persönlichen Machtzuwachs erhofft. Es gibt im Moment kaum größere Opportunisten in der deutschen Politik und nur weil er im Moment etwas geschickter pokert, als Versager wie Laschet oder Lindner (deren politisches Talente ohnehin maßlos überschätzt wurden), macht ihn das noch nicht zu einem guten Menschen.

      Wenn ich mir Söder-Aussagen aus den letzten 15 Jahren anschaue, möchte ich ihn so weit weg wie möglich von jeder Macht auf Bundesebene wissen. Dieser Gestalt traue ich so weit, wie ich ihn werfen kann.

      • Ralf 25. April 2020, 20:34

        Da bin ich weitestgehend bei Dir. Söders Vergangenheit enthält jede Menge Kritikwürdiges.

        Aber jeder Politiker, der etwas werden will, muss seine Nische finden. Söder hat den Rechtspopulismus ausprobiert und ist auf die Nase gefallen. Mein Eindruck ist, dass er daraus gelernt hat. Insbesondere auch durch die katastrophal verlaufene Landtagswahl 2018. Möglicherweise ist es wie mit Angela Merkel, die mit einem ultraneoliberalen Raubtierkapitalismus-Programm in den Wahlkampf 2005 gezogen ist und damit dramatisch auf die Fresse gefallen ist. Danach ist ein Lerneffekt eingetreten. Und einen solchen Lerneffekt traue ich auch Söder zu.

        • Stefan Sasse 25. April 2020, 20:56

          Stimme dir zu und bin mal optimistisch.

        • TBeermann 25. April 2020, 21:03

          Vor allem hatten wir bei Söder knapp 20 Jahre eher Rechtspopulismus und jetzt…was…ein Dreivierteljahr liberale Lippenbekenntnisse?

          Wie lange ist die Kreuz-Nummer jetzt her? Wie hat er sich in der Flüchtlingsfrage positioniert? Integration?

          Nur weil er jetzt mal auf einem Fotoshooting einen Baum umarmt hat und sich bei Corona etwas geschickter anstellt, als sein NRW-Pendant (wobei er da auch mindestens so viel Zeit und Energie auf PR-Trommeln verwendet, wie auch inhaltliche Handlungen) und schon ist er ein dufter Kerl?

          Wenn er in fünf Jahren tatsächlich mal etwas für Umwelt- und Klimaschutz getan hat und zur Abwechslung nicht als rechtes Arschloch aufgefallen ist, dann können wir vielleicht mal darüber reden, dass er sich geändert hat.

          • Ralf 25. April 2020, 21:15

            Ich denke “geändert” ist eine hohe Hürde. Politiker suchen für sich eine Nische, suchen für sich Allianzen, mit denen sie glauben langfristig überleben zu können. Lange hat Söder versucht den “kernigen Rechten” zu geben und ich nehme ihm ab, dass er das nicht mehr für einen Erfolgskurs hält. Seit er nach seiner Wahl eher auf “Versöhner” gemacht hat, sind seine Umfragewerte in Bayern dramatisch gestiegen. Als er sich in der Thüringen-Krise schnell und kristallklar positioniert hat, hat das seinem Image nicht geschadet. Im Gegenteil. Als er anfing sich thematisch an die Grünen anzulehnen, hat auch das den Wählern in Bayern gefallen (zumindest laut den Umfragen). Und in der Coronakrise ist seine Beliebtheit in den Olymp gewachsen. Die Bevölkerung vertraut ihm.

            All das lässt mich glauben, dass Söder an diesem Erfolgsmodell festhalten wird. Sollte er als Kanzlerkandidat antreten, denke ich, dass er auf Schwarz-Grün hinarbeiten wird. Und seine Karten dafür stehen garnicht schlecht.

            Politiker müssen am Ende nicht “gute Menschen” sein. Ich verlange auch von meinem Bäcker und meinem Elektriker nicht, dass sie “gute Menschen“ sind, sondern dass sie handwerklich einen guten Job machen. Auch bei meiner Regierung reicht mir ein guter Job völlig.

            • Stefan Sasse 25. April 2020, 21:45

              Genau das.

            • Dennis 26. April 2020, 11:05

              Zitat Ralf:
              „Politiker müssen am Ende nicht “gute Menschen” sein“

              Oh doch; das SOLLEN wir am Ende alle sein. Diese unangenehme „weiche“ Thematik durch „harte“ so genannte Sachzwänge zu ersetzen, wird nicht gelingen.

              Ein früherer Bundeskanzler hat das mal so formuliert:

              https://www.zeit.de/2008/51/Nachdruck-Maximen

              Das muss man nicht unbedingt alles unterschreiben, aber dass das von Schmidt so beschriebene „sittliche Fundament“ zu Gunsten von „Handwerk“ einfach verschwindet, ist auszuschließen, IMHO.

              Zitat Ralf:
              „….sondern dass sie handwerklich einen guten Job machen. Auch bei meiner Regierung reicht mir ein guter Job völlig..“

              Mal ne Frage: Was ist eigentlich HANDWERKLICH besser: Die Vermögensteuer wieder zu aktivieren oder das zu unterlassen?

              Selbst beim Bäcker ist das nicht sooooo sonnenklar: Es gibt ne Auswahl, z.B. Laugenbrötchen oder auch solche mit Sesamkrümeln. Dem einen oder anderen mögen Sesamkrümel verhasst sein oder er verträgt sie nicht, handwerklich wurde dennoch nix falsch gemacht.

              In politicis is das allerdings wieder deswegen anners, weil es kein Angebot aus verschiedenen Gesetzen zu Aussuchen
              gibt 🙁

              Was macht man eigentlich, wenn der Auffassung ist, dass beispielsweise grünlinksversifft HANDWERKLICH Murks ist und es gibt dennoch eine diesbezügliche Mehrheit, draußen im Lande?

              • Ariane 26. April 2020, 11:53

                Oh doch; das SOLLEN wir am Ende alle sein. Diese unangenehme „weiche“ Thematik durch „harte“ so genannte Sachzwänge zu ersetzen, wird nicht gelingen.

                Es braucht meiner Meinung nach beides. Und ich stehe ja dazu, äh hypermoralisierende Gutmenschin zu sein. 🙂

                Das ist so eine Sache mit Werten und Moral. Jeder hat da eigene und das hängt entscheidend mit unseren Lebenserfahrungen zusammen, wie wir „gute Menschen“ definieren.
                Ich selbst arbeite selbst sehr daran, weil es mir wichtig ist, ein „guter Mensch“ zu sein und das ist extrem schwer, weil man nun mal nie der „perfekte Mensch“ sein kann, sondern sich durchwurschteln muss. 😉

                Was mir bei meiner Wahlentscheidung und damit auch bei Politikern am Wichtigsten ist, ist deswegen nicht, ob sie gut oder böse sind. Sondern ob sie verantwortungsvoll sind und handeln.

                Deswegen hab ich mit der CDU und Merkel viel weniger Probleme als mit Teilen der LINKEn. Das ist ein bisschen unfair, weil die LINKE meistens in der Opposition ist und eine ganz andere Verantwortung hat.

                Aber das ist nun mal das Wichtigste. Die Politiker leisten einen Eid auf die Verfassung und sie sind dafür verantwortlich in erster Linie, diese zu verteidigen.
                Und wer das nicht macht, bekommt meine Stimme nicht und wird automatisch zu meinem politischen Gegner. So einfach ist das bei mir.

                Deswegen unterstütze ich gerade Merkel und Söder und kämpfe gegen Laschet (und Stephan Weil).
                Denn jetzt ist diese Verantwortung für Bürger und Verfassung gerade so wichtig wie noch nie. Und dass Laschet als gewählter Ministerpräsident einfach mal eine Wette mit dem Einsatz von Menschenleben abschließt, ist für mich eklatanter Verfassungsbruch.

                Deswegen bin ich so eine treue SPD-Wählerin. Die haben fast immer meine Stimme bekommen, weil sie sich lieber selbst völlig zugrunde richten dabei, den Staat und die Verfassung zu schützen.
                Nur Politik können sie halt nicht. Das ist extrem dumm.
                Graswurzelkampagne für Giffey! ^^

                • Stefan Sasse 26. April 2020, 12:14

                  Was auch immer man über die SPD sagen will, NIEMAND kann ihr Verantwortungslosigkeit vorwerfen.

                  • Ariane 26. April 2020, 13:45

                    Eben, das ist ja das Drama. Die müssen nur Staatsräson denken und springen alle gemeinsam über die Klippe.

                    Aber reden tun sie nie drüber. Sieht man auch jetzt. Oder weiß jemand, was die Ministerpräsidentinnen (Dreyer & Schwesig so treiben?)
                    Und wer es nicht weiß, die haben beide eine Vorerkrankung und sind gerade massiv selbst gefährdet!
                    Die Schwesig verfolge ich im Norden ja ein bisschen mit und die macht einen großartigen Job. Und Dreyer auch glaub ich, die finde ich sowieso absolut toll.

                    Könnt jedes Mal heulen, dass einfach niemand weiß, WIE gut die sind. 🙁

                    • Stefan Sasse 26. April 2020, 14:04

                      Wie willst du da auch drüber reden? Das kommt nur weinerlich rüber.

                    • Ariane 26. April 2020, 14:09

                      Die haben genug historische Beispiele!

                      Immer wenn sie was gegen Nazis erzählen, erinnern sie an Otto Wels und erzählen, sie stehen in historischer Tradition.
                      Hört vielleicht keiner zu, aber jeder versteht sofort, worum es beim Kampf gegen Nazis geht. Und keiner regt sich auf, weil das ja die alten Nazis und nicht die neuen sind.

                      Oder irgendwas anderes. Die SPD ist ja so kaputt, sobald einer mal den Mund aufmacht, ist meine SPD-Freundschaft ja meistens schon wieder vorbei. Die brauchen alle Rhetoriktraining oder so^^

                    • Ariane 26. April 2020, 14:13

                      Oder Teddy Roosevelt (ist das der Richtige)

                      Der hatte Kinderlähmung im Kampf gegen die Nazis. Der wär auch gut.
                      Besser als Schäuble zumindest. Die müssen ja nicht zwingend über ihre eigene Krankheit reden, bei Dreyer weiß das ja fast niemand. Schwesig geht offen damit um, wofür sie meine größte Bewunderung hat.

                      Aber das kann man hervorragend zur politischen Arbeit nutzen, ohne weinerlich zu klingen, sondern als persönlicher Bericht und Aufklärungskampagne (meinetwegen dass auch Menschen mit „Behinderung“ gute Politiker sind). Sollen mal bei den Grünen nachfragen, wie das geht. Die können das hervorragend!

                    • Stefan Sasse 26. April 2020, 18:23

                      Nein, Teddy ist der Falsche ^^ Du meinst FDR.

                      West Wing, ich hör dich trapsen ^^

                    • cimourdain 26. April 2020, 16:55

                      Ariane, du meinst Franklin D. Roosevelt. Teddy war der mit San Juan Hill, Nationalparks und dem Panamakanal.

                    • Ariane 26. April 2020, 18:31

                      Na immerhin weiß ich dank West Wing, dass dann der andere Roosevelt den Friedensnobelpreis wegen Japan/Russland bekommen hat 😀

                      Ein wichtiger Grund gegen Politikerdynastien zu sein! Und einzig Positives dass wir nur Roosevelt und Bush verwechseln müssen und nicht auch die Clintons 🙁

                    • CitizenK 26. April 2020, 19:18

                      Und warum weiß das niemand? Weil unsere Elite -Journalisten sich viel mehr für das „Duell“ Laschet/Söder (vorher Laschet/Merz) interessieren. Elite halt.

                    • Ariane 27. April 2020, 12:09

                      Genau, dass es überhaupt zwei gibt, wissen wahrscheinlich nur popkulturell-interessierte Hobby-Universalexperten.

                      Deswegen finden sich gerade hier oder auf anderen Blogs die tieferen und besseren Corona-Analysen als in den Qualitätsmedien.

                      Es ist nun mal auch die selbsternannte Elite, und die versagen gerade, weil sie merken, dass sie nur selbsternannte Superhelden sind und gar keine echten.

                      Tja, dumm das. Wenn die Hausfrau vom Land jetzt sogar Null-Risikogruppe ist und einfach mal ne Modelinie für Kinder und Erwachsene alleine auf die Beine stellt.
                      Sorry, ihr selbsternannten, ihr dürft gerne mitmachen. Ist vielleicht bissl konstruktiver als Herumheulen, dass die Welt gerade so ganz anders ist als sonst. ^^

                    • derwaechter 27. April 2020, 15:26

                      Die waren Cousins 5. Grades. Da ist man ja (fast) nicht mehr verwandt

                    • Ariane 27. April 2020, 18:51

                      Also DAS weiß nun wirklich nur noch die echte Elite 🙂

                    • cimourdain 27. April 2020, 22:28

                      Ariane: „Genau, dass es überhaupt zwei gibt, wissen wahrscheinlich nur popkulturell-interessierte Hobby-Universalexperten. “ Auch wenn du eine schöne Umschreibung für Geschichtsnerds geliefert hast, diese würden sich nicht mit den zwei Roosevelts und Bushs begnügen, sondern auch noch die zwei Adams (Vater und Sohn) , die zwei Harrisons (Großvater und Enkel) und die zwei Johnsons (m.W. nicht verwandt) draufsatteln.

                • Dennis 26. April 2020, 18:21

                  Ja, überzeugt mich.

                  IMHO gibt’s da drei Grundelemente:

                  1) Das angesprochene Handwerkliche. Muss dabei sein, denn bei dilettantischer Ausführung nutzen die schönsten Pläne nichts. Andererseits ist ist das moralisch völlig neutral. Hitlers KZs waren handwerklich schon gut gemacht; alles hat wie am Schnürchen geklappt.

                  2) Privatinteressen. Gelten in politicis als peinlich, als mehr oder weniger unanständig und werden gerne versteckt. Allerdings sind Privatinteressen die Mutter aller Parteien. PARTEI heißt ja nichts anderes, als nur bestimmte Interessen zu vertreten und andere nicht.

                  3) Das Gemeinwohl. Das mit Abstand schwierigste Ding, weil in Konkurrenz zu 2) stehend und unerreichbar, wenn man bezüglich 2) keinerlei Verzicht akzeptiert. Ferner sind verschiedene „Wohle“ gegeneinander abzuwägen. Das geht nicht ohne einen Begriff vom allgemeinen Guten, welcher vom privaten Nutzen abstrahiert. Dazu muss man ja nicht unbedingt 20.000 Regalmeter Philosophie nachgelesen haben; es kann ja auch einfach, wie man so sagt, in Fleisch und Blut übergegangen sein; etwa so wie bei der weltberühmten einfachen Landfrau, vorzugsweise aus Rendsburg-Eckernförde.

                  Jetzt muss man nur noch 1) bis 3) in den jeweils richtigen Dosen miteinander verrühren und fertig ist der Lack^. Ich guck mir das gerne von der Galerie aus an, dann kann ich nichts falsch machen 🙂 , was leicht passieren kann.

                  Zitat:
                  „Nur Politik können sie halt nicht. Das ist extrem dumm.“

                  Richtig. Das Handwerkliche fehlt eher, momentan.

                  • Stefan Sasse 26. April 2020, 18:33

                    1) Man sollte aufpassen, der Nazi-Propaganda nicht auf den Leim zu gehen. Das Dritte Reich war in wahnsinnig vielen Bereichen blankes Chaos, von „wie am Schnürchen“ kann häufig keine Rede sein. Ich hab da mal drüber geschrieben: http://geschichts-blog.blogspot.com/2010/09/gurkentruppe-in-lack-und-leder.html
                    2) Absolut korrekt, wieder so ein Problem der „besseren Demokraten“.

                    • derwaechter 27. April 2020, 18:36

                      Interessanter Blickwinkel auf die Spitze der Nazis. Kannte ich noch gar nicht.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 19:14

                      Danke. 🙂
                      Man denkt immer, zum Nationalsozialismus sei alles gesagt, aber weit gefehlt…

                  • Ariane 26. April 2020, 23:54

                    Ja. Gebe dir recht, würde das allerdings etwas anders ausdifferenzieren.
                    Ich bleib jetzt mal bei der SPD hauptsächlich, die hatten wir ja schon als Beispiel.

                    Handwerk: Ganz ehrlich, da ist die SPD vorbildlich und meistens die CDU auch (nicht die CSU). Und damit meine ich nicht spezifische Ziele, sondern Verwaltung.
                    Und ich kann mich überhaupt nicht mehr an den letzten großen echten Skandal erinnern. Ich meine sowas wie Schäubles Geldkoffer oder Oettingers Naziskandal oder sowas. Der letzte war Wulf und das war hauptsächlich peinlich, weil es immer schlimmer wurde. Der Auslöser-Skandal war eigtl winzig.
                    Und sonst weiß ich nichts mehr. Röttgen und irgendein Verteidigungsminister sind mal gegangen wurden. Und zwar ohne richtig persönliche Skandale.
                    Oder weiß jemand ein aktuelles Beispiel aus der Merkel-Aera? Von SPD und CDU? Ah hier Bildungsministerin ist zurückgetreten wegen Doktorarbeit. Aber da kann ich mich nicht mehr an Details erinnern.
                    Ich weiß nicht mal von Berichten über schlecht geführte Ministerien (außer vielleicht jetzt Bildung) oder sowas.
                    Also Handwerk super. Mit Politik meine ich politische Kommunikation und vernünftige (visionäre) Ziele, das kann die SPD gar nicht.
                    Die CDU kanns gut und braucht keine Visionen.

                    2) Ja man muss immer Einzelinteressen und Gemeinwohl als Politiker zusammenführen. Das ist ja auch das große Problem in der jetzigen Krise und wenn ich mir Laschet ansehe, läuft das nicht gut.
                    Es läuft generell auch nicht gut (da gehts nur selten um Leben und Tod), aber Perfektion gibts da eh nicht. Meine Devise für die Politik ist: Das Gemeinwohl muss immer zuerst stehen und mit den Einzelinteressen zusammenpassen.
                    Zum Beispiel hätte ich nichts dagegen, wenn ein Privatunternehmen eine Straße baut und dafür Maut oder Geld bekommt, WENN das wirklich besser und schneller geht.
                    Das klappt leider aktuell hinten und vorne nicht, noch schlimmer als wenn der Staat das alleine macht.

                    Ja, jetzt sind wir eher bei sowas wie „was macht gute Politik aus“.
                    Und generell machen das CDU und SPD durchaus gut, verwaltungstechnisch bin ich hochzufrieden!
                    Aber Verwaltung ist eben keine Politik. Das sorgt nur für Verrücktheiten. Aktuell geht die Union den SPD-Weg und lässt sich einfach mitradikalisieren Richtung Rand.

                    Das ist nicht gut, ich mag mittige Politik, solange sie große Ziele hat. (zumindest auf linker Seite). Und wenn die SPD das wieder so dermaßen verkackt, dann bekommen sie meine Stimme nicht mehr. Ich wähle auf keinen Fall den Scholz, dann laufe ich sofort zu den Grünen.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 07:33

                      1) Wulff war ein konstruierter Skandal. Das war Hillarys Emails, gewissermaßen.
                      2 Sehe ich auch so.

                    • Ariane 28. April 2020, 02:48

                      Der Skandal bzw die Kampagne war total bekloppt. Aber die hysterischen Männer haben halt ihre Emotionen nicht im Griff. Und wer bei der Bild anruft und was von Rubikon überschritten schwafelt, hat nicht die Nerven zum Staatsoberhaupt.
                      Und davor hat Köhler schon die beleidigte Leberwurst gespielt.
                      Ich war schon über Gauck froh, weil der einfach Präsident war ohne dass er groß gestört hat.

                      Und ich bleibe dabei, Steinmeier ist seit Ewigkeiten der beste Bundespräsident, den wir hatten. Gott sei Dank, denn wegen der ganzen FDP-Staatskrisen war der BuPrä tatsächlich mal wichtig und er ist wahnsinnig gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus engagiert, großartige Reden! In Yad Vashem, nach Hanau, jetzt auch.

                      Aber was tippsel ich. Wenn ein SPDler gute Arbeit macht, interessiert das nicht. Das will ja keiner hören, dass wir hier ein Nazimörder-Problem haben. Deswegen hat die SPD auch nie Skandale, die können sich das einfach nicht leisten.
                      Aber wenn jemand daherkommt, der es geil findet ein Arschloch zu sein wie Merz flippen alle aus. Der nordet die hypermoralisierenden Gutmenschen wieder ein und erlaubt jedem gewissenlos vor sich hin zu schimpfen.

                      Gott, geht mir das manchmal alles auf den Keks^^

                    • Stefan Sasse 28. April 2020, 09:16

                      Völlige Zustimmung zu BuPräs.

              • Stefan Sasse 26. April 2020, 12:08

                Einigen wir uns vielleicht darauf, dass Politiker keine guten Menschen sein müssen, solange die better angels of our nature im Zweifel gewinnen. Sie dürfen halt keine schlechten Menschen sein. Weder von der einen noch von der anderen Sorte gibt es sonderlich viele. Die meisten sind irgendwo dazwischen.

                • Ariane 26. April 2020, 13:42

                  Jep und der Schiedsrichter ist die Verfassung.

                  Und ich bin ja eine Frau und gerne Fangirl. Ich bin von der Verfassung genauso Fangirl wie von Miro Klose 🙂

            • Erwin Gabriel 28. April 2020, 08:02

              @ Ralf 25. April 2020, 21:15

              Lange hat Söder versucht den “kernigen Rechten” zu geben und ich nehme ihm ab, dass er das nicht mehr für einen Erfolgskurs hält.

              Er war CSU-Parteisekretär. Ob Andreas Scheuer, Alexander Dobrindt, Edmund Stoiber, bei der CDU Heiner Geißler oder Ronald Pofalla, bei der SPD ANdrea nahles oder Lars Klingbeil – die Generalsekretäre sind immer auch die Wadenbeisser.

              Seit er nach seiner Wahl eher auf “Versöhner” gemacht hat, sind seine Umfragewerte in Bayern dramatisch gestiegen.

              Ist halt ein anderer Job, eine andere Aufgabe. Söder ist hochintelligent und machtbewusst – flexibel wie Seehofer, nur nicht ganz so sprunghaft.

              • Ralf 28. April 2020, 08:13

                Da bin ich voll bei Dir!

                Aber es gibt eben auch Politiker, die das nicht schnallen, dass sie plötzlich in einer neuen Position sind, die eine andere Präsentation benötigt und die dann untergehen. Westerwelle wäre ein Beispiel. Und der war auch hochintelligent und machtbewusst.

                • Stefan Sasse 28. April 2020, 09:24

                  Ja, der hat den Wechsel zum verantwortungsvollen Politiker nicht geschafft.
                  Womit wir bei Lindner wären…

              • Stefan Sasse 28. April 2020, 09:23

                Gib mir solche Leute vor unflexiblen Idioten.

          • Stefan Sasse 25. April 2020, 21:44

            Wir haben keine fünf Jahre.

          • Erwin Gabriel 28. April 2020, 08:08

            @ TBeermann 25. April 2020, 21:03

            Vor allem hatten wir bei Söder knapp 20 Jahre eher Rechtspopulismus und jetzt…was…ein Dreivierteljahr liberale Lippenbekenntnisse?

            Er bedient seine Zielgruppe im Rahmen der Funktion, die er innehat. Nicht mehr, nicht weniger.

            Wie lange ist die Kreuz-Nummer jetzt her? Wie hat er sich in der Flüchtlingsfrage positioniert? Integration?

            Anders als Du, nehme ich an. Was kein Problem sein sollte, Deine Vorstellungen werden von anderen Zielgruppen bedient.

            … und zur Abwechslung nicht als rechtes Arschloch aufgefallen ist, …

            Er ist genauso ein rechtes Arschloch, wie Lars Klingbeil ein linkes Arschloch ist. Alles eine Frage des eigenen Standpunktes.

      • Stefan Sasse 25. April 2020, 20:55

        Lieber einen Opportunist als einen Hasardeur. Opportunisten kann man für sich einspannen.

        • CitizenK 26. April 2020, 09:12

          Die anderen aber auch, und die können das erfahrungsgemäß besser -wie Du nicht müde wirst zu schreiben.

          Wenn ich doch mal in die Zukunft shauen: Was würde ein Kanzler Söder für Europa und die EU bedeuten? Im Hinblick auf die Bewältigung der Corona-Krise nicht ganz unwichtig.

          • Ariane 26. April 2020, 11:05

            Stimmt.

            Ich meine, ich nehme im Zweifel auch gerade lieber Söder. Aber er hat noch nicht viel „echte Erfahrung“. Er ist noch nicht lange Ministerpräsident und ich glaube ja, dass wirkliche Verantwortung tragen, Menschen verändert. Normalerweise haben wir das ja nur bei Kindern. Und ich kann euch verraten, plötzlich auch noch für ein Kind anderer alleinverantwortlich zu sein ist wahnsinnig beängstigend. Und das ist die liebste 5jährige der Welt, aber wenn die mit dem Rad Richtung Landstraße düst, kann ich sehr schnell rennen. 🙂

            Also von daher kann ich mir vorstellen, dass sein Turnaround nicht nur reiner Oppurtunismus ist und jetzt hat er ja noch eine größere Verantwortung für das Leben seiner Bevölkerung. Könnte Laschet sich ne Scheibe von abschneiden.

            Aber generell hab ich überhaupt keine Lust. Mein größtes Problem mit der CDU ist, dass die auch noch die CSU immer mit anschleppt! Und die sind wahnsinnig eng mit Ungarn und dem Orban verbunden.

            Also wer darauf keine Lust hat, darf gerne bei meiner Graswurzelkampagne für Habeck/Baerbock/Giffey einsteigen.
            Ich hätte die Union wirklich gerne mal ein paar Jahre in der Opposition. Dafür müssen zumindest die Grünen und die SPD sehr stark zulegen.

            • Stefan Sasse 26. April 2020, 12:07

              Wäre außerdem eh mal Zeit dass die CSU wieder mit ihrem Vorsitzenden eine Bundestagswahl verliert 😛

          • Stefan Sasse 26. April 2020, 12:06

            Mal ehrlich – who knows? Wer hätte 1982 gedacht, dass Franz Fucking Josef Strauß, Mr. „Die Ostpolitik wird unser Untergang sein“, Herr „Mit Honecker reden ist Landesverrat“, derjenige sein würde, der die DDR mit Milliardenkrediten vor dem Untergang bewahrt?

            • Ariane 27. April 2020, 00:06

              Und wir sollten auch Horst Seehofer in unsere Überlegungen mit einbeziehen. Kaum in Berlin als Minister hat er auch den totalen Turnaround gemacht. Statt die Mutter aller Probleme, will er jetzt sogar Flüchtlingskinder retten (und hat sich irgendwann beschwert, dass er jetzt plötzlich von rechts Angriffen ausgesetzt ist).
              Also ja, die CSUler sind nicht von Natur aus böse und durchgeknallt.

              Die bayrische Lokalpolitik ist einfach komplett verrückt und durchgeknallt. (Und ja, wir Norddeutschen hassen die Bayern eh^^). Meiner Meinung nach sollten wir auch keine Freistaaten in Deutschland haben, sondern jedes Bundesland sollte doch bitte bundeseinheitlich „gleich“ sein, wie bei Menschenrechten. Die haben schon seit Bismarck ständig verrückte Sonderrechte und geben sie nicht mehr her. (ich glaub kurz nach dem Krieg haben sie sogar überlegt, sich abzuspalten?)

              Aber wir haben ja keine Separatisten in Deutschland, stattdessen wollen sie alle rein und fordern Sonderrechte. Hat das dänische Grenzgebiet übrigens auch. Aber da ist nicht so ein Nationalismus wie in Bayern und übrigens auch im Osten.

              • Stefan Sasse 27. April 2020, 07:33

                Als Schwabe höre ich mich nicht widersprechen. 🙂 Bayern ist merkwürdig.

              • cimourdain 27. April 2020, 22:46

                also bitte, „Freistaat“ ist nur ein eingedeutschtes Wort für Republik, also einen Staat ohne Monarchen (und erst recht ohne Berliner Monarchin). Zugegebenermaßen wurde er im 20.Jh. zuerst von dem Bayern Kurt Eisner umgesetzt.

                Und ja, sowohl „unsere“ Separatisten von der Bayernpartei als auch euer SSW sind Mitglieder der Europäischen Freien Allianz. Aber wir geben ihnen keine Wahlprivilegien im Landesparlament.

  • Ariane 25. April 2020, 19:50

    Danke erstmal!
    Witzig, wir sind uns politisch ja meistens total nah, aber sowohl mein politischer Werdegang als auch meine eigene Beziehung zu Merkel sind komplett anders.
    Aber leider Gottes kann ich als Frau niemals einen eigenen Artikel dazu mit DIESEM TITEL auch noch schreiben 🙁
    Ich denk mal drüber nach, wie es vielleicht ginge ohne dass ich danach drei Tage vorsorglich Kommunikationssperre brauche. Sonst tippsel ich halt doch schnell einen langen Kommentar runter. Da muss ich mich auch nicht so um intellektuell klingende Sprache bemühen 😀

    • Stefan Sasse 25. April 2020, 20:53

      Fühl dich eingeladen diesen Artikel zu schreiben.

      • Ariane 26. April 2020, 11:12

        Danke 🙂
        Ich wollte mich medientechnisch eh an Augstein abarbeiten, vielleicht bau ich das einfach Richtung Gender um und „verstecke“ meine eigene Merkel-Beziehung dazwischen.
        Dann habe ich zumindest die Linken und Rechten gegen mich, die können sich dann selbst gegenseitig fertigmachen und ich guck zu 😀

        Kriegstaktiken nicht nur bei Staatskrisen^^

  • sol1 25. April 2020, 20:17

    „Denn auch wenn Merkel nie in Gefahr war, einen SPD-Mitgliedsantrag zu stellen, so hat sie doch die lange verschleppte Modernisierung ihrer Partei auf vielen Feldern vorangetrieben oder sich ihr wenigstens nicht in den Weg gestellt.“

    Interessanterweise kann man das gleiche über Helmut Kohl sagen.

    Dessen Ausrufung einer „geistig-moralischen Wende“ 1982 weckte im linken politischen Spektrum die gleichen Befürchtungen wie bei dir 2009. Schließlich war die Union damals noch reaktionär durchwirkt, und nur zwei Jahre zuvor war ihr Kanzlerkandidat Franz-Josef Strauß. Tatsächlich allerdings änderte sich relativ wenig:

    /// Der gestürzte Helmut Schmidt sagte 2012 dazu rückblickend in einem Interview, dass es gar keine Wende gegeben habe, sondern die sozialliberale Politik fortgeführt wurde und „nur das Personal ausgetauscht“ worden sei. ///

    https://de.wikipedia.org/wiki/Geistig-moralische_Wende

    Der einzige Minister, der die gesamte Kohl-Ära über im Amt war, war übrigens Norbert Blüm.

    • Stefan Sasse 25. April 2020, 20:54

      Kohl war deutlich mehr Blockadekanzler. Ich meine, „Reformstau“ ist legendär.

      • sol1 25. April 2020, 21:27

        Klar, das „Aussitzen“ wäre ihm beinahe schon 1989 zum Verhängnis geworden, und nur die deutsche Einigung gab ihm die Gelegenheit, seine innerparteilichen Feinde zu kaltzustellen.

        Aber Merkel hat unter ihm das poltische Geschäft gelernt, und offensichtlich hat sie sich einiges besser abgeschaut als all die Herrenreiter, die man eher für die natürlichen Nachfolger gehalten hätte.

      • Dennis 26. April 2020, 19:28

        Zitat Stefan Sasse:
        „Kohl war deutlich mehr Blockadekanzler. Ich meine, „Reformstau“ ist legendär.“

        Aber eigentlich hätte den Sozen der aufgestaute altmodische Kram à la Blüm trotz Pfälzer Strickjackenappeal doch besser gefallen müssen als die hochmoderne Agenda 2010.

        • Stefan Pietsch 26. April 2020, 19:42

          Sie sind doch so alt. Sie wissen doch, dass der Reformstau wie Mehltau über Deutschland lag. Die Arbeitslosigkeit stieg und stieg, Sockelarbeitslosigkeit war seit den Achtzigerjahren ein Begriff. Die Einkommen stagnierten, während in den USA und Großbritannien die Märkte boomten. In Deutschland dagegen wurden Industriearbeitsplätze abgebaut und neue Dienstleistungsberufe entstanden nicht. Steuer- und Abgabenbelastungen waren rekordhoch, ohne dass die Menschen das Gefühl hatten, genügend für ihre Abgaben an den Staat zu bekommen. Viele arbeiteten seit Jahren nicht und drehten der Gesellschaft eine Nase, was gerade in den Talksendungen der Privaten populistisch debattiert wurde.

          Die Menschen waren anderes gewöhnt. In der zweiten Hälfte der Achtzigerjahre brummte die Wirtschaft und die Gewerkschaften erzielten hohe Abschlüsse. Der Boom wurde durch die Wiedervereinigung noch um 2-3 Jahre verlängert, während es im Rest der Welt in die Rezession ging (Bush wurde deswegen abgewählt). Die Deutschen hatten also allen Grund, 1998 unzufrieden zu sein, zumal Studien zeigten, wie ungerecht Steuer- und Sozialsysteme waren.

          Doch nicht so alt, dass Sie das vergessen haben?

          • Dennis 26. April 2020, 20:19

            Was soll der ganze Scheiss? Ich habe nicht über mich gesprochen, sondern die Sachlage aus der Sicht von Sozen (scherzhaft ausgedrückt), also z.B. von Gewerkschaftern versucht zu verstehen, die Blüm los waren und – später – die Agenda 2010 bekamen, nachdem schon kurz nach Wahlsieg Lafontaine das Handtuch geworfen hatte. Das sieht als0 aus DEREN präsumtiver Sicht stark nach Pyrrhus aus.

          • Stefan Sasse 26. April 2020, 21:42

            Du vergisst auch den anderen Teil. Der Reformstau war ja nicht nur ökonomisch!

        • Stefan Sasse 26. April 2020, 21:42

          Nein, wieso?

    • CitizenK 26. April 2020, 08:53

      Nobbi fehlt!

    • Ariane 26. April 2020, 11:16

      Übrigens, Merkel kommt ja ursprünglich aus Hamburg meine ich (zumindest ihre Familie). Und ich komme ja aus Norddeutschland, ich weiß, wie norddeutsche Politiker ticken.

      Und wisst ihr, wer der beste historische Vergleich zu Merkel ist?
      Helmut Schmidt

      Deswegen kann sie meiner Meinung nach auch gut mit Scholz und Steinbrück. Das ist alles derselbe Schlag.
      Deswegen waren und sind das auch überhaupt keine Wahlgegner für Merkel gewesen, die sind sich alle viel zu ähnlich. Ist super, wenn die in einer Regierung zusammenarbeiten, aber eigene Wählerstimmen bekommt die SPD so nie. Die steht nämlich dummerweise auch total auf diese Politikertypen.
      Und ja, ich mag die auch. Das sind super Leute zum Regieren.
      Dummerweise aber keine guten Politiker, denn Schmidt hatte Unrecht, wer Politik machen und „verkaufen“ will, braucht Visionen.

      • Ariane 26. April 2020, 11:22

        Ergänzung für Euch Südländer^^

        Helmut und seine Frau Loki Schmidt sind hier oben übrigens sowas wie Nationalheilige, die werden beide sehr verehrt. Wir haben auch in einem unserer zahllosen Neubaugebiete einen Loki-Schmidt-Weg.
        Ist Spekulation, aber sowohl Merkel als auch die SPD hat in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und auch Bremen und Hamburg eine sehr treue Wählerbasis. Der Nordwesten ist von den Wahlergebnissen noch sehr ähnlich zur „alten Bonner Republik“ (mit stärkeren Grünen, aber dafür ist die FDP hier nicht so stark).

        Vielleicht sollten wir hier einfach ein Exil aufbauen? 🙂

        • Stefan Sasse 26. April 2020, 12:12

          Ich habe nicht das Gefühl, dass hier in BaWü ein besonderer Anti-Merkel-Hass existieren würde. Das scheint mir eher ein Phänomen bestimmter Regionen Neufünflands zu sein.

          • Ariane 26. April 2020, 13:59

            Jep, deswegen stürzt die SPD auch so extrem ab (und weil sie dämlich sind natürlich). Aber die sind einfach keine Volkspartei für Gesamtdeutschland. Die waren in Bayern zb auch nie stark.
            Aber hier im Nordwesten sind die immer noch meistens über 30%, auch in der letzten Bundestagswahl. Die Lokalergebnisse waren nicht schlecht.

            Deswegen ist die CDU auch Dauerregierung, die zieht in Gesamtdeutschland und die SPD eher nicht. Und alle kloppen sich um die Grünen, insofern sind sie mittlerweile wirklich eher neue Volkspartei.
            Und wir müssen echt aufpassen, dass der Osten nicht die gesamte Republik radikalisiert, ist meiner Meinung nach genau das, was gerade bei der Union passiert und der FDP, die radikalisieren sich einfach verspätet hinterher. Anstatt sozusagen besser andersrum den Osten zu deeskalieren. (Denn Binse: auch im Osten gibt es sehr nette, normale Menschen^^)

      • Stefan Sasse 26. April 2020, 12:10

        Ich weiß schon, warum ich Schmidt in meinem Kanzlerranking so weit unten habe.

        • Ariane 26. April 2020, 14:01

          Jep, ich war auch immer eher Fraktion „Willy Brandt“ aber die Schmidt-Verehrung hier im Norden hat ihn total in Vergessenheit geraten lassen. Deswegen ist das SPD-Establishement auch so kaputt, das sind bestimmt alle Schmidt-Fans.

          Also Graswurzelbewegung für Giffey und Brandt-Erinnerung. 🙂

      • TBeermann 26. April 2020, 13:50

        Schmidt war deutlich selbstverliebter, würde ich sagen.

        Aber ja, auch er war eigentlich ein trauriger Verwaltungsbeamter ohne einen Hauch von Visionen, wie das Land zu gestalten wäre.

        • Ariane 26. April 2020, 14:03

          So streng bin ich gar nicht. War ja vor meiner Zeit, aber wenn ich an die „großen Augenblicke“ denke mit RAF oder Hamburger Flut würde ich sagen, für solche Probleme war er ein hervorragender Kanzler.

          Und ja, genau dasselbe denke ich über Merkel. Nur in der CDU gewinnt man damit sogar Wahlen. In der SPD nicht, da ist man verhasst und bekommt erst nachträglich ein Denkmal gebaut.
          Und übrigens: mit der ZEIT hab ich dieselben Probleme. Die großen Medienhäuser sitzen ja oft in Hamburg.
          Und diese Schmidt-Hamburg-Fraktion egal welche Partei und welche Funktion gehört meiner Meinung nach aber ganz dringend langsam mal entmachtet.

          • sol1 26. April 2020, 14:40

            „…Hamburger Flut…“

            Das ist allerdings eine Legende, an der Schmidt selbst kräftig mitgestrickt hat, wie vorletzte Woche im SPIEGEL zu lesen war:

            https://www.spiegel.de/politik/deutschland/helmut-schmidt-als-krisenmanager-der-hamburger-flutkatastrophe-erfunden-und-uebertrieben-a-00000000-0002-0001-0000-000170518566 (Paywall)

            Interview:

            https://www.zeit.de/2018/30/helmut-schmidt-hamburg-retter-flut-1962/komplettansicht

            • Ariane 26. April 2020, 14:52

              Natürlich hat er das!
              Aber sorry ihr Südländer, hier im Norden kennt zumindest jeder aus seiner Familiengeschichte irgendwelche Flut-Horrorgeschichten und das kann sehr sehr böse enden.
              Oder seid ihr jetzt alle Klimaskeptiker?

              Und es war zumindest absolut richtig, jeden Hubschrauber und jedes Boot und auch sonst jeden Helfer herbeizuholen, um die Leute vorm Ertrinken zu retten. Ganz egal, ob das deutsche, amerikanische, englische oder russische Soldaten waren. Keine Ahnung, wer da gerade alles herumlief.

              Ich meine, das will jetzt doch nicht ernsthaft jemand kritisieren oder? Dann schreibt bitte dazu, ob ihr von links oder rechts kritisiert. Weiß man bei der SPD ja nie. Meine Güte.

              • Stefan Sasse 26. April 2020, 18:23

                Zumindest fanden sich seinerzeit nicht viele, die Schmidts Narrativ widersprachen, so viel ist mal sicher.

                • Ariane 27. April 2020, 00:16

                  Hier oben sowieso nicht. Das sind echt regionale Besonderheiten, das war meines Wissens im Norden zumindest die letzte richtig dicke schlimme Flut. Aber kleine Überflutungen gibts hier ständig und früher natürlich noch viel mehr. Wer im Norden Leute vorm Ertrinken rettet (und nicht mal Flüchtlinge, sondern Deutsche) bekommt eh ein Denkmal gesetzt.
                  (und viele Medien kommen halt auch aus Hamburg)

                  Da muss sich FfF übrigens auch mal was neues ausdenken, dass der Norden überflutet wird, ist hier „normal“ dafür gibts Deiche. Aber damit wird hier keiner zum Öko-Aktivist. Oder ich zumindest nicht. Wald- und Moorbrände sind hier eher neu und bedrohlich. Da sind mein Vater und ich schon Umweltexperten geworden 🙂

                  • Stefan Sasse 27. April 2020, 07:34

                    Spannender Punkt. Ich meine, Überflutungen des Meeres sind in Stuttgart auch kein brennendes Thema.

                    • Ariane 28. April 2020, 03:05

                      Wie wir gerade sehen, kommen die meisten bei den Feinheiten der Wissenschaft eh nicht mehr mit. Ich meine, wir diskutieren hier seit Wochen herum, ob so eine Pandemie denn nun ein großes Problem ist. Während überall Massengräber ausgehoben werden.

                      Ohne die lütte Greta wär das nie ne Massenbewegung geworden. (deswegen ist sie so verhasst). Ich meine Golfstrom, Arktis, Eis, Norddeutschland überflutet ist Science Fiction. (wie äh Pandemie-Zombie-Apokalypse). Und Greta macht das ja gut, aber die müssen sich mal was anderes als „Die Wissenschaft hatte immer recht“ ausdenken. Flut hat die Moderne hier gut gezähmt, aber wir brauchen mal ne Feuerlösung. Und ihr Südler habt viel öfter Problemen mit euren Flüssen, hier ist das ganze Marschumland Entlastungswiese^^

                    • Stefan Sasse 28. April 2020, 09:17

                      Lütte…?

                      Aber ja, FfF war super wichtig. Ob es nur Episode bleibt, wird sich noch zeigen.

                    • Stefan Pietsch 28. April 2020, 09:28

                      Ich kann mir nicht vorstellen, dass FfF noch eine Zukunft hat. Allein in Deutschland hat die Hälfte der Bevölkerung Angst um ihren Job, ein Viertel aller Stellen steht im Feuer. Nach derzeitigen Berechnungen wird es ein Jahrzehnt dauern, bis viele Unternehmen ihr Vorkrisenniveau wieder erreicht haben.

                      Und das ist nur die Situation in Deutschland. Die Staaten richten sich darauf ein, dass es für 2 Jahre eine Koexistenz mit dem Virus geben wird. Die meisten Länder dieser Erde stehen in der Mischung wirtschaftliche Stabilität, finanzwirtschaftliche Solidität und Leistungsfähigkeit des sozialen Netzes weit schlechter als Deutschland da. Das heißt, die Probleme sind überall ärger. Und da sollen wir nächstes Jahr wieder übers Klima diskutieren und eventuell notwendige Einschränkungen. Das ist so strange wie es die letzte weitgehend virtuelle Demo war. „Der Klimawandel macht nicht halt.“ Ach ja? In den letzten Wochen sind die wirtschaftlichen Aktivitäten inklusive CO2-erzeugende Mobilität so nach unten gerauscht, dass die Menschen gerade wichtigere Probleme haben als der Sommer 2100.

                      Die Zeit geht über vieles hinweg. Die Steinschleuder, das Nazi-Reich, den Verbrennungsmotor und mit Sicherheit auch über eine saturierte Jugendbewegung.

                    • Stefan Sasse 28. April 2020, 13:42

                      Eine echte Zukunft gebe ich ihnen auch nicht, aber möglicherweise bleibt das Potenzial bestehen und kann nach Covid-19 wieder aufgegriffen werden.

                    • Ariane 29. April 2020, 21:26

                      Lütte…?

                      Sorry, plattdeutsch bzw nordisch für klein^^

                      Na ich denke, das Bewusstsein für Klima haben sie auf jeden Fall geschärft und das ist ja das Wichtigste an jedem Aktivismus und die Jugend politisiert. Immerhin kann erstmal keiner mehr das Argument „wir waren ja früher auf den Friedensdemos den ganzen Tag und die Jugend interessiert sich für nix mehr“ bringen.
                      Und da Fliegen und Kreuzfahrten lange ausfallen, sind die Chancen ja nicht schlecht, dass bemerkt wird, dass das vielleicht nicht ganz so lebensrelevant ist. Dass die Natur unverdreckt und mit sauberer Luft schöner ist, merken jetzt ja auch viele. Wer immer nur in der Großstadt gewohnt hat, kennt das ja überhaupt nicht.

          • TBeermann 26. April 2020, 15:32

            Schmidt hatte einfach wahnsinniges Glück, dass (auch) in Deutschland die Sehnsucht nach einem Elder Statesman vorhanden war und sämtliche anderen Kanzler entweder verstorben waren (alle seine Vorgänger) oder sich durch Skandale unmöglich gemacht hatten (sein Nachfolger).

            Aber diese bizarre Personenkult um einen Kanzler, der während seiner Amtszeit nie besonders geschätzt wurde, war ein reines PR-Stunt in den frühen 2000ern.

            • Stefan Pietsch 26. April 2020, 16:36

              So ein Quatsch. Helmut Schmidt genoss als Kanzler hohe Popularitätswerte, die damals noch nicht so gemessen wurden. Ohne ihn hätte die SPD die Macht nicht so lange halten können. Das kann ich als Zeitzeuge sagen.

              60 Jahre später lässt sich so manches behaupten. Wenn man nichts zu schreiben hat, pinkelt man halt am Legendenstatus. Der SPIEGEL war mal ein lesenswertes Nachrichtenmagazin. Aber das ist inzwischen sehr lange her. Seitdem die Mitarbeiter die Regie haben, ist das Blatt nicht besonders gut.

              • sol1 26. April 2020, 17:07

                „Der SPIEGEL war mal ein lesenswertes Nachrichtenmagazin.“

                Das finde ich jetzt doch eine erstaunliche Aussage, wo doch im verlinkten Beitrag das hier zu lesen ist:

                /// Aber mit wachsendem Erschrecken stellte ich während meiner Recherchen fest, dass der Spiegel damals ein ungeheuer parteiisches Organ war – nur eben für Willy Brandt. Alles, was Müller stets an der Spiegel-Berichterstattung zu Lafontaine, Beck und Konsorten kritisiert hatte – der Spiegel hatte es damals ebenso getan, nur eben gegen Barzel und Strauß. Nur war das natürlich „objektiv“ und „kritisch“, schließlich ging es damals gegen den Gegner. ///

                • Stefan Pietsch 26. April 2020, 18:28

                  Der SPIEGEL war immer parteiisch. Nirgends steht, dass ein Nachrichtenmagazin das nicht sein dürfte. Auch der Economist ist parteiisch und bezieht Position. Der SPIEGEL war auch noch unter Stefan Aust klasse.

                  Heute ist der SPIEGEL nur noch harmlos, ohne Biss und nur noch in Anbiederung an den Zeitgeist der Großstadt. Boring. Ich habe den SPIEGEL seit meinem 16. Lebensjahr jede Woche gelesen. Selbst im Urlaub, selbst in den USA habe ich alles getan, um ihn zu bekommen. Doch seit so einem Jahrzehnt ist es vorbei damit. Zu wenig interessante Geschichten, wenig Neues.

                  • CitizenK 26. April 2020, 19:14

                    Nach meiner Wahrnehmung/Erinnerung geschah das durch (versuchte) Angleichung an den focus.

                    • Stefan Pietsch 26. April 2020, 19:25

                      Der Focus war wirtschaftlich und publizistisch nie so erfolgreich wie der SPIEGEL. Als Stefan Aust in den Neunzigerjahren das Magazin führte, grenzte er den SPIEGEL deutlich vom Emporkömmling aus München ab: „Das einzige deutsche Nachrichtenmagazin“. Aust brachte den Verlag noch einmal auf Vordermann. Der Abstieg begann mit seinem Abgang. In München wechselten ob der Erfolglosigkeit ja auch die Chefredakteure, warum hätte man sich anbiedern sollen? Fakt ist: der SPIEGEL ist seit sehr langer Zeit schlecht geführt, was mit den umfangreichen Mitspracherechten der Mitarbeiter zu tun hat. Publizistisch war das einer der schlechtesten Entscheidungen des Gründers Augstein.

                    • Stefan Sasse 26. April 2020, 21:41

                      Aber die gab es doch schon immer?

                    • sol1 26. April 2020, 22:26

                      „Aber die gab es doch schon immer?“

                      Seit 1974:

                      https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Spiegel

                    • Stefan Pietsch 26. April 2020, 22:27

                      Aust hatte noch die entsprechende Autorität, weil von Augstein eingesetzt. Aust ist ja auch nicht im Frieden gegangen.

                    • Ariane 28. April 2020, 03:15

                      Ist Aust noch bei der Welt oder schon bei Tichy?

                      Fleischhauer und der Augstein, der jetzt den pervertierten Freiheitskampf führt (und wartet, dass er verhaftet wird, was einfach keiner tut) sind ja schon beim Focus.

                      Können ja Wetten abschließen, wer als nächstes wohin wechselt? Welt, Tichy, Querfrontkrams?

                      Gibt es eigentlich Publizisten-Gegenbeispiele? Bekannte? Die FAZ und ZEIT haben der AfD ja die Freundschaft nach Hanau oder Thüringen aufgekündigt. Aber das war mehr die Redaktion, statt „bekannte Schreiber“ oder? Die neuere Generation (Christian Bangel!, Jonas Schaible!) ist ja noch klar im Kopf.

                    • Stefan Sasse 28. April 2020, 09:18

                      Tichy ist glaube ich die Endlagerstätte für den Kram aktuell. Oh, und Compact!

              • Stefan Sasse 26. April 2020, 18:25

                Merkwürdig. Auch Merkel genoss als Kanzlerin stets hohe Popularitätswerte, aber das zählt bei dir gar nichts 😉

                • Stefan Pietsch 26. April 2020, 18:34

                  Das ist etwas anderes. Auch Schröder hatte gute Popularitätswerte, das ist kein Makel. Der Makel ist: Merkel hat nicht nur gute Werte über 15 Jahre, sie hat meist Werte wie ein Bundespräsident gehabt. Nur, Stefan: Angela Merkel war nie Bundespräsidentin.

                  Daneben haben Schmidt und Schröder etwas für ihre Kanzlerschaft riskiert. Merkel hat die meiste Zeit nach Umfragen regiert und zeigt zum Schluss: Ihr ist ihre eigene Partei egal. Das haben Schmidt und Schröder nie getan.

                  • TBeermann 26. April 2020, 18:56

                    Schmidt hat die Umweltfrage (bis zu seinem Tod) verschlafen, sowie den Gegenwind für die Rüstungsdebatte unterschätzt und so die Abspaltung der Grünen verursacht. Schröder hat eine wirtschaftsliberale Agenda durchgedrückt, die sich Schwarz-Gelb nie getraut hätten und so den Absturz seiner Partei eingeleitet und die Abspaltung der Linken verursacht.

                    Das würde ich doch deutlich schwerwiegender einstufen, als eine einzige Entscheidung (zu der immer noch keine vernünftige Alternative dargestellt wurde), die im Kern noch dem entspricht, was ihre Partei als Menschenbild zu haben vorgibt.

                    • Stefan Pietsch 26. April 2020, 19:12

                      Helmut Schmidt ist 1918 geboren, 1980 war er folglich kurz vor dem Rentneralter. Oskar Lafontaine hat da schon zwei Parteien gespalten.

                      Und genauso wäre es der SPD Ende der Siebzigerjahre ergangen, hätte der Kanzler (der Parteichef war übrigens ein gewisser Willy Brandt) die Partei in Richtung der neuen Bewegung ausrichten wollen. Das waren nämlich echte Spinner wie eine Jutta Ditfurth. Die Partei war so schräg, dass sie sogar 1990 aus dem Bundestag flog.

                      In Hessen regierte Holger Börner (der mit den Dachlatten), in Hamburg von Dohnanyi, in NRW Johannes Rau. Alle konnten mit den Grünen nichts anfangen. Und die SPD regierte mit der FDP, da hätte er die Koalition gleich aufkündigen können. Danach landete die Partei für 16 Jahre in der Opposition, unter anderem, weil sie immer versuchte, dem vermeintlichen grünen Zeitgeist hinterher zu rennen.

                      Der Großteil des Lebenswerkes von Helmut Schmidt hatte nichts mit den Grünen zu tun. Und auch nicht die Hochphase seiner Lebensleistung.

                    • Stefan Sasse 26. April 2020, 21:40

                      Jein. Das führt etwas weit, aber die SPD hätte die Umweltbewegung nicht zwingend opponieren müssen. Aber: Schmidts Eintreten für den Doppelbeschluss war, fürchte ich, die richtige Entscheidung.

                    • Stefan Sasse 26. April 2020, 21:39

                      Erneut: das ist alles eine Einordnungsfrage. Man kann dazu stehen wie man will. Aber ich finde es unehrlich ständig die Torpfosten zu verschieben, wie Stefan das macht. Beliebtheitswerte sind toll, aber wenn Merkel sie hat zählen sie nicht. Wenn man was riskiert ist toll, aber wenn Merkel was riskiert, nicht. Anstatt einfach zu sagen „ich mag ihre Entscheidungen nicht“ werden da Kategorien aufgemacht, damit man moralisieren kann.

                    • Ariane 27. April 2020, 00:27

                      Ich kann mich übrigens noch daran erinnern, dass etliche Schröders „Spielernatur“ bewundernd gelobt haben. (also niemand von hier, sondern in damaligen talkshows oder so)

                      Da fing meine Politisierung erst langsam an.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 07:35

                      Auf diese ganzen Charakterisierungen ist nichts zu geben. Die loben Leute, wenn sie politisch oder charakterlich übereinstimmen, und machen sie zu Makeln, wenn nicht.

                    • Ralf 27. April 2020, 15:52

                      @ Stefan Sasse

                      Da kann ich Dir weiterhelfen. 2002 drehte sich alles um den Irakkrieg und um die Flut. Über nichts anderes ist im Wahlkampf gesprochen worden. Schröder hat jenseits von Allgemeinplätzen zu keinem Zeitpunkt erwähnt, wie er vorhat den Sozialstaat zu zerstören. Davon sind Wähler, Partei und Gewerkschaften nach der Wahl völlig überrumpelt worden.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 16:16

                      Ich weiß aus meinem Studium, dass die Erinnerungen an die Themen im Wahlkampf trügen können. Ich bin sicher, dass die Hartz-Kommission schon auch diskutiert wurde. Schon allein, weil die CDU sicherlich nicht mit diesen Themen zu tun haben wollte.

                    • Ralf 27. April 2020, 16:20

                      In jedem Wahlkampf wird über mehrere Themen gesprochen, aber es dominieren in der Praxis immer nur ein oder zwei Themen, die den gesamten Sauerstoff aus dem Rest der Debatte saugen. Deshalb ist es auch egal, ob 2002 die Hartz-Kommission existiert hat, denn sie hat in den Medien und in den Diskussionen zur Wahl keinerlei Rolle gespielt.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 17:32

                      Und eben das ist, fürchte ich, falsch.

                    • Stefan Pietsch 27. April 2020, 16:25

                      Irrtum, Stefan. Die Stimmung im Land war sehr wohl so, dass Deutschland reformiert werden musste. Die Ungeduld wuchs, zumal die ersten Konzepte Schröders – Bündnis für Arbeit, Regulierung des Arbeitsmarktes – nichts anderes als Fehlschläge waren und die politischen Ziele klar verfehlt worden waren. Nach sehr vielen Jahren Dauerarbeitslosigkeit waren viele mürbe. Die Wahrheit war ja, dass Deutschland einen Berg an Arbeitslosen mit sich schleppte, Unternehmen wie kleine Selbständige keine Ausbildungs- und Hilfskräfte fanden, die Ungleichheit zunahm und die Wirtschaft stagnierte. Der Stillstand zum Ende der Kohl-Ära war ja nicht aufgelöst und die Steuerreform wurde als nicht ausreichend betrachtet.

                      Ich verstehe nur nicht, warum wir heute noch darüber diskutieren, das Jahrhundertprojekt Migration aber als erledigt abgetan wird. Da stimmen die Relationen nicht, und das hat allein weltanschauliche Gründe.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 17:34

                      Ich verstehe leider nicht mehr, auf welchen Beitrag sich dieser Kommentar bezieht. Der Strang ist zu lang 😀

                    • TBeermann 27. April 2020, 17:04

                      Man darf auch nicht vergessen, dass die Empfehlungen der Hartz-Kommission über weite Strecken wenig bis nichts mit dem zu tun hatten, was dann am Ende durch den Bundesrat kam.

                      Man kann sicher an der Zusammensetzung und den Vorschlägen der Kommission schon einiges kritisieren, einiges war aber durchaus sinnvoll (etwa die Idee, keine Kaste von vollkommen abgeschriebenen Sozialhilfeempfängern mehr zulassen zu wollen).

                      Union und FDP haben dann aber alles getan, dass von dem „Fördern“ so wenig wie möglich übrig blieb und dafür möglichst viel an Leistungen gestrichen und Instrumente der Gängelung geschaffen wurden.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 17:33

                      Sag ich ja, das wurde ja nicht 1:1 umgesetzt. Das war halt auch ein unhaltbares Versprechen, was Schröder sehr gut wusste. Aber da Stefan Schröder grundsätzlich Sympathien entgegenbringt, schaut er darüber weg – und bei Merkel nicht.

                    • Ariane 30. April 2020, 18:27

                      Ausgangspunkt war deine völlig widersinnige These, dass Merkel nie was riskiert hätte.

                      Und das ist schlicht falsch. Sie hat extrem viel riskiert. Du bist in deinem Denken und Deiner Wortwahl leider gerade total unstrukturiert und das unabhängig von der Uhrzeit.
                      Wie gesagt, ich kann nicht mehr unterscheiden, ob ich dir zulese oder dem Lindner oder irgendjemandem den du sonst liest. Und das finde ich schade. Mit Stefan Pietsch diskutiere ich nämlich sehr gerne.

                      Aber nicht über Fake News.

                  • Stefan Sasse 26. April 2020, 21:36

                    Die Male, in denen Merkel etwas riskiert hat, sind genau die, für die sie die heftigste Kritik von dir bekommt. Ich finde das extrem widersprüchlich. Ist es nicht viel mehr so, dass Schröders und Schmidts Risiken halt deine Präferenzen trafen?

                    • Ariane 27. April 2020, 00:26

                      Achja, der Schröder ist übrigens auch noch Norddeutscher. Der gehört auch zum Schlag Hamburger Jungs.
                      Die sind in der SPD einfach wahnsinnig dominierend.

                    • Stefan Pietsch 27. April 2020, 11:10

                      Wann hat Angela Merkel etwas riskiert? Anders als Schröder für die Agenda 2010 musste Merkel nicht für die Aufnahme von Flüchtlingen 2015 werben. Die einmalige Aufnahme von Flüchtlingen aus Ungarn war sehr populär. Genauso verhielt es sich jetzt mit den drastischen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.

                      Danach macht Merkel immer das, was sie nicht kann: umsteuern, dem ganzen Form, Struktur und Richtung geben. Inzwischen hat sie eben auch nicht mehr beizutragen als „wenn ihr nicht brav seid, müsst ihr wieder in den Käfig.“ Das ist die Kompetenz einer Internatsleiterin, aber nicht einer Regierungschefin einer der wichtigsten Demokratien der Welt.

                      Bei der Flüchtlingskrise wie Eurokrise war es ganz genauso. Merkel verfügt nicht über die Fähigkeit zum planvollen Vorgehen. Und da erst sinkt die Zustimmung zu ihrer Politik. Man kann mal ein paar tausend Flüchtlinge aufnehmen. Es ist aber etwas völlig anderes, 1 Million binnen Jahresfrist aufzunehmen und sich trotzig auf den Punkt zu stellen: ich darf das und frag‘ nicht das Parlament. Das Muster wiederholt sich gerade.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 12:02

                      Nach dem Muster hat auch Schmidt nichts riskiert. Schließlich war die Bekämpfung der RAF auch populär.

                    • Ralf 27. April 2020, 12:15

                      Und nur so am Rande: Schröder hat auch nie konkret für seine Zerschlagung des Sozialstaats geworben. Hätte er im Wahlkampf 2002 ehrlich Farbe bekannt bezüglich dessen, was er vorhatte, hätte er die Wahl verloren (abgesehen davon, dass seine eigene Partei von der Stange gegangen wäre, wären die SPD-Wähler daheimgeblieben. Anschließend hätten Sozialdemokraten und Gewerkschaften in Opposition zu neoliberalen Reformen gestanden und eine Regierung Stoiber hätte politisch niemals so weit gehen können.).

                      Der “Erfolg” von Schröder beruhte einzig und allein darauf, dass er seine eigene Partei und das gesamte Land überrumpelte. Nachdem er zuvor das Ausmaß der geplanten Zerstörung verheimlicht hatte. Im Vergleich dazu ist Merkel wenigstens ehrlich gewesen und hat sich 2017 ein klares Mandat für ihre Entscheidungen geholt. Anders als Schröder hat sie ihre Wahl nämlich gewonnen.

                    • Dennis 27. April 2020, 12:17

                      Zitat Ariane:
                      „Achja, der Schröder ist übrigens auch noch Norddeutscher. Der gehört auch zum Schlag Hamburger Jungs.“

                      Der stammt aus Ostwestfalen-Lippe, gehört zu NRW.

                      https://de.wikipedia.org/wiki/Ostwestfalen-Lippe

                      Aber okay, die Hamburger-Jungs-Bengelriege is wohl eher püschologisch gedacht, wenn ich das richtig verstanden habe.

                      Ganz typisch gehört allerdings noch dieser Bengel dazu:

                      https://twitter.com/kahrs

                      Oberseeheimer, Reserveoffizier, gerne Strippenzieher im Hintergrund und Lieblingsfeind der linken Linken. Da passt einfach alles.

                      Immerhin können die HH-Jungs (wie z.B. früher auch längst Verstorbene wie weiland Max Brauer oder Herbert Weichmann, als Erster Bürgermeister allerdings schon Junge mit über 70) aber Wahlen gewinnen, is ja eigentlich nitt so ganz unwichtig.

                    • Stefan Pietsch 27. April 2020, 12:25

                      Ich finde, ein Politiker sollte das haben, was Helmut Schmidt hatte: ein Rücktrittsschreiben für den Fall, dass seine Politik sich als katastrophal für Menschenleben herausstellt. Schmidt hatte dies bei der Befreiung der Landshut in der Schublade.

                      Auch Schröder hatte schon sehr früh klargemacht, er sei bereit, sein Amt aufzugeben. Das imponiert mir.

                      In seiner Wirtschaftspolitik hat Schmidt nicht wirklich etwas riskiert, wohl aber mit der Durchsetzung des NATO-Doppelbeschlusses.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 12:56

                      Ich zweifle gar nicht an deiner Schmidt-Interpretation, ich finde den Kontrast zu Merkel absurd.

                    • Stefan Pietsch 27. April 2020, 12:33

                      Wir hatten schon oft die Debatte und Ihre Interpretation ist nicht richtig. Tatsächlich galt Gerhard Schröder im Sommer 2002 mit seinem Versprechen, die Arbeitslosenzahlen auf unter 3,5 Millionen zu drücken, als gescheitert. Im Februar 2002 wurde die Hartz-Kommission eingesetzt, die Vorschläge zur Reform des Sozialsystems erarbeiten sollte. Kurz vor der Verkündigung der Ergebnisse im August 2002 erklärte der Kanzler öffentlich, die Ergebnisse der Kommission uneingeschränkt übernehmen zu wollen.
                      https://www.nrwspd.de/2002/08/16/hartz-kommission-legt-abschlussbericht-vor/

                      So kam es. Die Wahl 2002 fand einen Monat später statt. Mehr als bei anderen Wahlen (man nehme beispielsweise Merkels Flüchtlingspolitik, die sich nicht einmal dem Bundestag zur Entscheidung vorlegte) sagte ein Kandidat sehr klar, welche Politik er verfolgen werde.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 12:58

                      Das Resultat der Kommission lag aber im Wahlkampf weder vor noch wurde es nachher so umgesetzt…

                    • Stefan Pietsch 27. April 2020, 15:19

                      Du kannst an dem Link sehen, dass der Abschlussbericht einen Monat vor der Bundestagswahl vorgelegt worden war. Ebenso sollte unstrittig sein, dass Schröder sich verpflichtet hat, dieses umzusetzen – so es in seiner politischen Macht stand.

                      „Fördern, aber auch fordern”: Es wird keine kollektiven Leistungskürzungen geben. Damit soll dafür gesorgt werden, dass Arbeitslose, die alle Anstrengungen unternehmen, um vermittelt zu werden, nicht bestraft werden. Dafür drohen Arbeitsunwilligen aber individuelle Sanktionen. Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte dazu: „Wir werden, was die Frage der Zumutbarkeit angeht, das sozial aber auch regional neu definieren.“

                      Wohlgemerkt, einen Monat vor der Bundestagswahl. Und auch sonst war klar, wohin die Reise ging, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Ralfs Behauptungen sind hier einfach falsch.

                      Es gab schon Parteien, die wesentlich ungenauer in den Wahlkampf gegangen sind. So behauptete die Kohl-Regierung 1994, die Vorschläge der damals tagenden Bareis-Kommission zur Reform des Steuersystems umsetzen zu wollen. Als diese dann zwei Wochen nach gewonnener Bundestagswahl publiziert wurden, wanderten sie direkt in den Papierkorb des Finanzministers Theo Waigel – wo sie ein Jahr später wieder hervorgekramt werden mussten.

                      Haben sich Linke über diesen Wortbruch je aufgeregt? Davon ist nichts überliefert. Genauso wenig übrigens, dass die Regierung unter Führung des linken Flügels der SPD und dem Arbeitsminister Riester Freelancern den Garaus machen wollte. Tatsächlich fanden sich dazu im Wahlprogramm 1998 nur ein paar dürre Worte:

                      Wir werden Recht und Ordnung auf dem Arbeitsmarkt wiederherstellen. Deshalb werden wir den Mißbrauch der 620 Mark/520 Mark-Jobs stoppen und Scheinselbständigkeit bekämpfen.
                      https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Bundesparteitag/wahlprogramm_bundesparteitag_leipzig_1998.pdf

                      Ralf, der den Bruch von Wahlkampfversprechen so ankreidet, hat sich über solche Vertrauensbrüche nicht echauffiert.

                      Nein, wer 2002 nicht auf dem Mond lebte, wusste, in welche Richtung sowohl Regierung als auch Opposition dachten und handeln wollten. Die Debatten über Reformen des sozialen Sicherungssystems währten damals ja schon fast 10 Jahre. Und genauso wenig durfte in einer Zeit der Wirtschaftskrise irgendjemand überrascht gewesen sein, dass die zwei staatlichen Transfersysteme (Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe), gespeist aus dem allgemeinen Steuertopf, zu einem zusammengelegt wurden. Dies galt als Unikum und zunehmend sozial ungerecht. Außerdem hatte die Arbeitslosenhilfe einen stark negativen Effekt bei der Bildung der Sockelarbeitslosigkeit gespielt. All das war breit diskutiert worden.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 15:25

                      Ich kann da als Zeitzeuge nicht wirklich dazu sprechen. 2002 war zwar meine erste Bundestagswahl, aber mein politisches Verständnis war damals eher gering ausgeprägt ^^

                    • Ralf 27. April 2020, 15:54

                      @ Stefan Sasse

                      Da kann ich Dir weiterhelfen. 2002 drehte sich alles um den Irakkrieg und um die Flut. Über nichts anderes ist im Wahlkampf gesprochen worden. Schröder hat jenseits von Allgemeinplätzen zu keinem Zeitpunkt erwähnt, wie er vorhat den Sozialstaat zu zerstören. Davon sind Wähler, Partei und Gewerkschaften nach der Wahl völlig überrumpelt worden.

                    • Stefan Pietsch 27. April 2020, 16:18

                      Auch das stimmt so nicht. Die Oder-Flut kam erst in der Endphase des (Sommer-) Wahlkampfes. Und die Sozialreformen waren sehr wohl ein Thema. Deutschland befand sich immerhin im zweiten Jahr in einer Rezession, nachdem es gerade 2,3 Jahre Aufschwung gegeben hatte. Und Sie können nachlesen, wie die Verbände sich zu den angekündigten Reformen positioniert hatten, die Schröder ja nicht zufällig im Vorfeld des Bundestagswahlkampfes ausarbeiten ließ. Er war bei dem Thema in der Defensive und benötigte einen Befreiungsschlag.

                      Dass die Oder-Flut kam, war nicht die Schuld des SPD-Kanzlers und hätte auch keinen Verzug gerechtfertigt. Und wo sind Sie bei den Themen der Kanzlerin, wo es anscheinend nicht mehr notwendig ist, die strukturelle Veränderung der Gesellschaft oder die Aufhebung von Grundrechten im Bundestag debattieren und entscheiden zu lassen? Sind solche Themen nicht schwergewichtiger als die Reform eines Sozialsystems? Ich meine schon.

                    • Stefan Sasse 27. April 2020, 17:32

                      Sag ich doch. Das war durchaus Thema. Aber in der populären Erinnerung werden Wahlkämpfe fast immer auf so splashige Ereignisse oder Themen reduziert, was bei genauerem Blick dann aber gar nicht stimmt.

                    • sol1 27. April 2020, 20:24

                      /// Inzwischen hat sie eben auch nicht mehr beizutragen als „wenn ihr nicht brav seid, müsst ihr wieder in den Käfig.“ Das ist die Kompetenz einer Internatsleiterin, aber nicht einer Regierungschefin einer der wichtigsten Demokratien der Welt. ///

                      Das ist von Jan Fleischhauer geklaut – und falsch:

                      https://uebermedien.de/48445/wer-nur-fragt-bleibt-dumm-augstein-fleischhauer-und-die-kalkulierte-ignoranz/

                    • Stefan Pietsch 27. April 2020, 21:32

                      @sol1

                      Stimmt, ein bisschen. Weiß einfach gut ist. 🙂

                    • Ariane 28. April 2020, 03:31

                      @Pietschi

                      Wann hat Angela Merkel etwas riskiert?

                      Echt jetzt? Die steht seit 2015 auf jeder Todesliste ganz oben und die Merkelkritiker und Merkelhasser sind gelinde gesagt eine ziemlich eng verwobene Truppe.

                      Das war Schmidt mit seinen RAF-Entscheidungen, nur ohne die Rückendeckung, die er damals hatte (glaub ich).

                      Das war ein typischer SPD-Move übrigens, und intuitiv erkennen das die traditionellen Sozialdemokraten. Wenn es die Verfassung und die Staatsräson und die Christlichkeit erfordern, dann springt man eben über die Klippe. Und Merkel ist doch nun echt nicht doof. Die wusste das.

                      Und seit sie den Parteivorsitz aufgegeben hat, ist sie nur noch Kanzlerin und sie hat sich merkeltypisch komplett aus den Parteisachen herausgehalten. Die war ja schon vorher eher Bundespräsidentin II oder so. Riesen Ding, dass sie sich aus Togo (?) mit einem Satz zu Wort meldete. Und Riesengeschrei über Diktatur. Ich mein, fiel ja alles zusammen. Aber als kurz darauf Hanau passierte, war vorbei.
                      Schwer jetzt zu sagen, aber ich war nicht die einzige, der es damit nun echt zuviel war.
                      Und Merkel muss halt keine Rücksicht mehr nehmen (und tut es trotzdem), aber lautes Kriegsgeheul schreckt Merkel doch nicht mehr ab. Das ist sie doch längst gewöhnt, baut ja grad nicht mal mehr jemand Galgen mit ihr als Puppe wie so die Radikalislamisten beim IS.

                      Aber nein Stefan, Merkel hat nichts riskiert, die ist echt feige. Lindner und Steinbrück hingegen sind noch echte Kerle, die rasen mit 200kmh über die Autobahn und zeigen jedem den Mittelfinger. Gute Politik! Echt! Idole! Da kann bei der nächsten Pandemie oder Kleinkatastrophen ja nichts mehr schiefgehen, wenn die am Steuer sind!

                    • Stefan Pietsch 28. April 2020, 10:18

                      Jeder Kanzler stand bisher unter besonderem Personenschutz. Das ist kein Qualitätsmerkmal. Thatcher musste sogar bis zu ihrem Tod unter Polizeischutz gestellt werden, einige Linke (sic!) trachteten der ehemals Eisernen Lady auch noch nach dem Leben, als diese alt und dement war. Was sehr viel über die moralische Qualität bestimmter linker Milieus aussagt.

                      Angela Merkel steht bisher nicht in dieser Gefahr, überhöhen wir es nicht. Und so hoch, wie zu RAF-Zeiten, war die Gefährdungslage nie wieder. Du wirkst unseriös, wenn Du aus der Kanzlerin eine Heldin des Widerstandes machen willst.

                      Merkels Wortmeldung aus Johannesburg (Südafrika) zur Wahl in Thüringen war nur eins: völlig undemokratisch. In welcher Rolle sagst Du hat sie da gesprochen? Als Bundeskanzlerin? Vielleicht gibst Du noch bei, welche Kompetenz ein Verfassungsorgan des Bundes besitzt, nicht nur sich zur Wahl in einem Bundesland zu äußern, was eine andere Gebietskörperschaft ist, sondern auch eine konkrete Forderung abzuleiten („muss rückgängig gemacht werden!“).

                      Ich mein‘, selbst Parteivorsitzende haben nur sehr eingeschränkten Zugriff auf frei gewählte Abgeordnete, die der eigenen Partei angehören. Frag‘ nach bei Christian Lindner und Annegret Kramp-Karrenbauer. Nein, Dir gefiel die Situation in Erfurt politisch nicht, weswegen Du alles (!) als gerechtfertigt ansiehst, dies zu ändern. Nur lass‘ Dir sagen: wenn in einem demokratischen Rechtsstaat alles, wirklich alles erlaubt ist, um eine missliebige Situation zu ändern, ist es kein demokratischer Rechtsstaat. Du vernichtest, was Du begehrst.

                      Nein, Merkel hat sich nicht zurückgezogen, ihr ist ihre Partei egal. Sie ist, wie Parteifreunde sagen, mit ihrer Partei durch. Und ihre Partei mit ihr. Das ist ungefähr wie mit Joschka Fischer, nur hat der sich nie während seiner Amtszeit so illoyal gezeigt wie Merkel. Die Kanzlerin ist immer noch auf dem Ticket der CDU in ihrem Amt. Dennoch winkt sie seit Jahren sämtliche Wünsche der SPD durch, während ihre Partei programmatisch verhungert.

                      Merkel ist die einzige Kanzlerin mit einer so langen Amtszeit, die keine Steuerreform hinbekommen hat. Keine einmal im Jahrzehnt angezeigte Tarifreform der Einkommensteuer, keine Reform der Unternehmensbesteuerung und schon gar nicht eine Reform der Umsatz- und Konsumbesteuerung. Dazu war ihre Besteuerung der Kernenergiebetreiber offen verfassungswidrig. Auch das ist eine (Nicht-) Leistung. Sozialreformen hat sie auch nicht geschafft, wenn man vom Füllen von Geldtöpfen absieht.

                      Ich schätze Menschen, die etwas riskieren und nicht nur in sicheren Gewässern surfen. Selbst wenn sie mit 200 km/h auf einem Autobahnabschnitt ohne Geschwindigkeitsbegrenzung dahinbrettern. Merkel gehört nicht dazu. Deren Risikobereitschaft geht ungefähr so wie beim Entscheid zur rechtlichen Gleichstellung der Homo-Ehe. Sie gab die Abstimmung frei, sagte aber gleichzeitig, die Ehe sei aus ihrer Sicht nur Mann und Frau vorbehalten.

                      Das letzte Mal, dass sich ein Kanzler so mutlos zu seinen Überzeugungen zeigte, war Helmut Kohl 1991 beim Hauptstadtbeschluss. Als Bundeskanzler enthalte er sich einer Position, als Abgeordneter des Deutschen Bundestages (sic!) stimme er für Berlin.

                    • Ariane 29. April 2020, 21:41

                      Angela Merkel steht bisher nicht in dieser Gefahr, überhöhen wir es nicht. Und so hoch, wie zu RAF-Zeiten, war die Gefährdungslage nie wieder. Du wirkst unseriös, wenn Du aus der Kanzlerin eine Heldin des Widerstandes machen willst.

                      Sag mal willst du jetzt schon wieder den Rechtsterrorismus verharmlosen? Merkst du eigentlich noch was oder bekommst du deine Parteibrille gar nicht mehr von der Nase?

                      Ihr Parteikollege wurde erschossen! Weil er ihre Politik verteidigt hat! Und die christlichen Werte!
                      Merkel ist Regierungschefin, die kann überhaupt nicht Heldin eines Widerstands sein. DAS GEHT NICHT!

                      Mal abgesehen davon, dass die RAF keine Widerstandstruppe war, sondern eine kriminelle Terroristenvereinigung. Wie die rechtsextremen Mörder, die hier innerhalb von 9 Monaten herumgelaufen sind.
                      Sie hat eine dir ungenehme Entscheidung getroffen und das Recht dazu hat sie als Kanzlerin, du darfst sie dafür kritisieren wie du willst. Aber sie ist die Regierungsführerin und wenn du sagst, sie darf nicht nach ihrem Ermessensspielraum handeln, verklärst du dich zum Held eines Widerstandes.

                      Und ich brauch dir wohl gar nicht erst zu sagen, wer so argumentiert.
                      Nichts, absolut GAR NICHTS rechtfertigt ein politisches Attentat – ganz egal von wem und warum. Und ich hoffe du nennst dich nie wieder irgendwie konservativ, du hast den Mord an Lübcke schon einmal zu einem simplen Mord erklärt und er wusste ja, auf was er sich einlässt. Ich hab das nicht vergessen.

                      Und es ging mir gar nicht darum übrigens, dass Angela Merkel dieses Risiko eingegangen ist, dann hätte sie es vielleicht nicht getan. Aber dass das vor allem bei ihrer Parteizugehörigkeit kein Zug ist, der ihr Beliebtheit, Wählerstimmen oder Mediendeckgung bringt, war ihr ziemlich sicher klar.

                    • Stefan Pietsch 29. April 2020, 22:46

                      Das sind mir zu viele Ausrufezeichen. Und dann noch diese Großschreibung. Du weißt, dass mich das irritiert.

                      Über die Gefährdungslage entscheide nicht ich, sondern Sicherheitsexperten. Es macht daher auch wenig Sinn darüber zu debattieren, wie Du sie einschätzt. Das bringt nichts.

                      Dass Du nicht weißt, wie massiv die Sicherheitsvorkehrungen 1977 waren, ist nicht Deine Schuld. Mich ob Deiner Unwissenheit anzupflaumen, schon.

                    • Stefan Sasse 30. April 2020, 08:35

                      Über die Gefährdungslage entscheide nicht ich, sondern Sicherheitsexperten. Es macht daher auch wenig Sinn darüber zu debattieren, wie Du sie einschätzt. Das bringt nichts.

                      Gilt das auch für eine Pandemie?

                    • Ariane 29. April 2020, 23:23

                      Ich pflaume dich nicht ob meiner Unwissenheit an, ist mir scheißegal, was 1977 war. Die RAF ist ja auch nicht losgerannt und hat irgendwelche Zivilisten erschossen, sondern das nur nebenbei erledigt.

                      Ich finde es einfach wirklich gemeingefährlich, wenn du Rechtsterrorismus und rechtsterroristische Attentate verharmlost oder sogar ums Eck herum rechtfertigst. Und ich habe schon mehrmals gesagt, dafür gibt es keine Entschuldigung.

                      Und dass Regierungschefs immer Bodyguards haben sollte bekannt sein, ich meine zumindest bei Kanzler und Präsident auch über die Amtszeit hinaus. Aber nur weil es nicht öffentlich durch die Medien läuft ist doch wohl klar, dass Merkel ganz oben auf jeder aufgetauchten Todesliste steht. Oder meinst du, Rechtsterroristen wollen nur Lübcke und andere CDUler umbringen und so ein paar LINKE und Grüne umbringen?

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 10:53

                      @Stefan Sasse

                      Gilt das auch für eine Pandemie?

                      War das das Thema?

                    • Stefan Sasse 30. April 2020, 13:22

                      Es klang so nach einem Prinzip, deswegen frag ich.

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 11:28

                      Ich finde es einfach wirklich gemeingefährlich, wenn du Rechtsterrorismus und rechtsterroristische Attentate verharmlost oder sogar ums Eck herum rechtfertigst. Und ich habe schon mehrmals gesagt, dafür gibt es keine Entschuldigung.

                      23 Uhr ist doch keine Zeit für Dich. Da Du gerade ein ganzes Stück unstrukturiert bist, zeichne ich für Dich die Chronologie nach.

                      Ausgangspunkt war Deine These, Merkel wäre besonders mutig, schließlich unterläge sie einer erhöhten Gefährdung. Meine Replik, dass dies nicht besonders sei, weil in der Ägide der Kanzlerschaften alle Kanzler einer Gefährdung unterlagen, kontertest Du damit, dass dies bei Merkel schon besonders sei, weil ein Parteifreund von Rechten ermordet wurde.

                      Meine Erwiderung: Zu Zeiten der RAF war die Sicherheitslage weit angespannter. Dies reicht Dir für die Unterstellung, ich würde den Rechtsextremismus verharmlosen. Wie, Ariane, soll ich das werten? Vielleicht solltest Du entweder Deine Liste der Buzzwörter entstauben, Dir vor Augen halten, auch Merkel ist nur ein Mensch (war bei den Römern leidlich erfolgreich) oder einfach früher zu Bett gehen.

                      Vielleicht von all dem etwas.

              • Dennis 26. April 2020, 20:35

                Zitat Stefan Pietsch:
                „So ein Quatsch. Helmut Schmidt genoss als Kanzler hohe Popularitätswerte,

                60 Jahre später lässt sich so manches behaupten.“

                Ich dachte immer, 2020 weniger 1974 sind 46.

                Zitat:
                „Seitdem die Mitarbeiter die Regie haben, ist das Blatt nicht besonders gut.“

                Das ist übrigens ebenfalls seit 1974 der Fall. Der an anderer Stelle erwähnte Aust kam erst 20 Jahre später zum Spiegel, da bestand die Regelung also schon entsprechend lange.

                • Stefan Pietsch 27. April 2020, 11:17

                  Die Sturmflut war 1962. Wir haben über die Begründung von Schmidts Heldenstatus gesprochen. Und 60 Jahre später sich um neue Geschichtsschreibung zu bemühen, ist halt bemüht.

                  Ich habe den SPIEGEL ab 1983 regelmäßig gelesen. Da war das ein gutes Blatt und hoch angesehen. Die Hamburger Journalisten deckten auch noch echte Skandale auf. Augstein hat den Mitarbeitern die Macht entrissen, als sie glaubten, 1989 / 1990 eher kritisch zur Wiedervereinigung schreiben zu müssen. Der Gründer korrigierte den von den Mitarbeitern eingeschlagenen Kurs. Dann setzte er Stefan Aust als seinen legitimen Nachfolger ein und der führte das Verlagshaus mit harter Hand. Und erfolgreich.

                  Mitarbeitermitbestimmung ist aus unternehmerischer Sicht nicht zwingend eine gute Sache.

              • Ariane 27. April 2020, 00:23

                So ein Quatsch. Helmut Schmidt genoss als Kanzler hohe Popularitätswerte

                Also zum Einen war Helmut Schmidt absolut kein Liebling der linkeren SPD und zum Anderen ging seine Beliebtheit erst durch die Decke, als er nicht mehr in der Politik war.

                Und zweitens ist das ein reines Genderding. Wäre Merkel ein Mann wärst du so ein Fan wie von Lindner. Du stehst nämlich auf diese Hamburger Jungs (Steinbrück, Scholz, Schmidt). De Maizière findest du bestimmt auch gut.

                Aber das ist ein reines Genderding. Die ganzen Hamburger Jungs und diese urpreußischen Politiker (kein Generikum) gefallen dir so gut, weil sie für das gute alte Patriarchat stehen. Der strenge Fabrikchef/Vater/Politiker.

                Nur Merkel ist halt ne Frau. Und darum kriegen diese Freunde des guten alten Patriarchats kollektiv eine Sinnkrise. Und seit sie das erste Mal auch noch streng religiös gehandelt hat erst recht.

                Das ist ein Genderproblem das ihr mit Merkel habt, auch wenn ihr mich jetzt auffressen wollt. Und die Linken sind moderner und deswegen stehen sie eher auf Merkels Seite (und weil bei den Flüchtlingen und seitdem Humanismus und sämtliche Religionen ein Bündnis eingegangen sind).
                Aber die Katholiken haben ja nur Männer. Hast du dich schon beschwert, dass die katholische Kirche so flüchtlingsfreundlich ist? Oder ist deine Religion da nicht mehr so wichtig? Ich als Protestantin (ehrenhalber) tanze nicht ums Fegefeuer, aber ich mag die christlichen Werte genauso gerne wie die bürgerlichen Tugenden.

                Und zwar ganz ehrlich und authentisch. Ich hole sie nicht nur raus, wenn es mir in den Kram passt. (was als kleine Spitze aber nicht böse gemeint ist) 😉

                • Stefan Pietsch 27. April 2020, 11:24

                  Also zum Einen war Helmut Schmidt absolut kein Liebling der linkeren SPD

                  Ähm, das ist ja der Teil der SPD, der noch nie Wahlen gewonnen hat. Ja, die gibt es auch und gab es immer. Für die SPD absolut relevant, für die Weltläufe nicht. Die Popularität eines Politikers misst sich nicht an der Ablehnung von ein paar Maulhelden.

                  Könnt Ihr diesen Unsinn mal lassen mit Hass und Genderwahnsinn. Komm‘ ich Dir regelmäßig mit so einem Mist? Nein.

                  Ich war nie Anhänger von Helmut Kohl. Ich schätzte aber lange Margaret Thatcher. Auch eine Dame, die führen konnte. Die Linken setzten in Deutschland immer auf die Quote und schufen nicht mehr als Quotenfrauen. Die Qualität eines Menschen wie einer Führungskraft bewährt sich jedoch nicht in dem, was ihm / ihr verliehen wird, sondern dem, was er / sie sich erkämpft.

                  Merkel ist vom Typus in vielem Kohl nicht unähnlich. Wenn ich Kohl nicht mochte – warum sollte ich Merkel schätzen?

                  • Stefan Sasse 27. April 2020, 12:03

                    Sollst du doch gar nicht. Du sollst nur auseinander halten, dass du sie halt aus durchaus nachvollziehbaren Gründen nicht leiden kannst, und das vom Urteil her trennen.

                  • Ariane 28. April 2020, 03:42

                    Also erstmal ist Willy Brandt ein großartiger SPD-Kanzler gewesen, der viel mehr Verehrung verdient. Und ich bin doch hier eine der größten SPD-Kritikerinnen. Ich hab da oben erklärt, warum ich sie bisher trotzdem immer gewählt hab.

                    Und pass auf, ich verrate dir erst ein Geheimnis und dann hau ich drauf. ^^
                    Ich verabscheue Thatchers Politik zutiefst, aber ihr politischer Stil als Politikerin ist mir näher. Ich liebe die Handtaschenstory! Aber weißt du, was über sie gesagt wurde? Dass sie ein Mann im Rock war.

                    Und ich fand Nahles wirklich gut, aber die war so verhasst, weil sie ähnlich aggressiv war. Nur links und das geht ja gar nicht. Ist echt schade, mit Rückendeckung hätte sie ein viel besseres Ergebnis geholt als die Männerriege gegen Merkel. Und jetzt ist sie weg und die SPD hat den Scholz an der Backe.

                    Und Merkel ist kein Kohl. Sie ist ein Schmidt, Scholz, Steinbrück, Steinmeier. Tut mir leid, ich weiß, dass du das nicht hören willst. Aber ich hab keine Lust mehr auf so Scheinargumente.

                    Könnt Ihr diesen Unsinn mal lassen mit Hass und Genderwahnsinn. Komm‘ ich Dir regelmäßig mit so einem Mist? Nein.

                    Sagt das der, der immer über diese hypermoralischen Gutmenschen-Linke greint, die um Scheiterhaufen tanzen, keinen Sinn für Schönheit haben und dazu noch so naiv sind?
                    Ja, du kommst regelmäßig mit dem Mist.
                    Und jetzt hab ich meinen Stil angepasst und das gefällt dir nicht. Sorry.

                    Und ich versuch immer so zu antworten, wie man mit mir redet. Hm.

                    • Stefan Sasse 28. April 2020, 09:19

                      Völlig bei dir, in allen Punkten.

                    • Stefan Pietsch 28. April 2020, 09:53

                      Willy Brandt war gerade 5 Jahre Kanzler. Das Wesentliche, was die Leute heute noch über seine Politik zu sagen wissen, ist, dass er die Aussöhnung mit dem Osten vorangetrieben hätte. Das ist unbestreitbar, wenn es jedoch von den Anhängern von Regimen kommt, die typischerweise nicht als demokratisch durchgehen, hat das immer ein Geschmäckle. Es waren Politiker wie Lafontaine und die dahinter stehenden Milieus, die selbst im Sturz das verachtenswerte DDR-Regime noch erhalten wollten.

                      Und sonst? Brandt steht für eine Politikergeneration, die Ende der Sechziger, Anfang der Siebzigerjahre die Sozialstaaten zu Wohlfahrtsstaaten ausbauten. Nicht mehr Bedürftige sollten in den Genuss staatlicher Transferleistungen kommen, sondern die gesamte Gesellschaft. Das überforderte schnell die Staaten und es wurde eine Schuldenillusion geschaffen. Schon ein Jahrzehnt später standen die neu geschaffenen Wohlfahrtsstaaten vor substanziellen Krisen.

                      Brandts Wirtschafts- und Finanzpolitik, das Herz staatlicher Ordnung, war desaströs und ruinös. Er mochte nicht auf die Mahner hören, sondern folgte als „Visionär“ den Sirenenklängen. Damit lässt sich seine zentrale Politik bestenfalls als naiv umreißen. Nie wieder danach hat ein Kanzler die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft so ausgetestet wie die SPD-Ikone. Alle Nachfolger hatten mit den Fehlern seiner Kanzlerschaft zu kämpfen.

                      Bis Angela Merkel kam. Sie ist zur neuen Baumeisterin des Wohlfahrtsstaates geworden. Nur ist ihr Haus auch noch total windschief. Die unter ihrer Ägide durchgeführten Sozialreformen und Anpassungen entbehren jeder sozialen Logik. Sie sind halt nur sehr teuer. In diesem Sinne ist sie eine sehr schlechte Kanzlerin.

                      Ich habe sehr früh meinen Frieden mit der Eisernen Lady gemacht. Ihre Politik, ob man sie mochte oder nicht, war konsistent. Sie selbst war eine sehr charismatische Persönlichkeit, die sich gerade auf internationalem Parkett nicht nur zu behaupten, sondern durchzusetzen wusste. „I want my money back!“ Wann hat Merkel eigentlich mal Beute für das Land gemacht, auf das sie ihren Amtseid geleistet hat? Ihre Europapolitik besteht aus fast 16 Jahren Verteidigungs- und Rückzugsgefechten. Thatcher hatte all das, was der deutschen Kanzlerin fehlt.

                      Wenn Du und Stefan mir Hass und Frauenverachtung unterstellt, ist das niederträchtig und ehrabschneidend. Sobald Du es als ehrabschneidend empfindest, als Linke charakterisiert zu werden, werde ich es nicht mehr tun.

                    • Stefan Sasse 28. April 2020, 13:54

                      Sorry, aber deine Argumentationsweise ist wo wahnsinnig inkohärent. Du nimmst deine persönliche Meinung – du magst Brandts Politik nicht – und stülpst dann, mit dieser Schlussfolgerung, Argumente über. Aber das funktioniert nicht. Vielleicht in einem Meeting im Unternehmen, da kenne ich mich nicht so aus, aber historisch kommst du damit nicht weit. Daher, von mir als Experten: Brandts Kanzlerschaft gehört auf den zweiten oder dritten Platz (je nach Einschätzung der Wiedervereinigung) der konsequenzenreichsten Kanzlerschaften Deutschlands. Die Ostpolitik hast du ja selbst genannt, aber die haben die moderne BRD geschaffen. Wenn du dich etwas näher mit Gesellschaftsgeschichte feststellst wirst du schnell feststellen, dass die BRD der Adenauer-Zeit aus heutiger Perspektive ein fremdes Land ist; die BRD Brandts dagegen deutlich erkennbar ist. Das ist seine Leistung, völlig egal, wie man dazu steht. Genauso wie ich an anderer Stelle Ralf für seine Fehlwahrnehmung des Wahlkampfs 2002 kritisiert habe, muss ich hier deine Fehlwahrnehmung korrigieren. Du magst zwar bei Brandt sofort an Ostpolitik denken, aber das ist derselbe Reflex, der andere bei 2002 an Oderflut/Irak denken lässt. Es hat wenig mit der Realität damals zu tun und wesentlich mehr mit späteren verklärten Erinnerungen.

                      Kein Widerspruch zur Einschätzung Merkels Sozialpolitik.

                      Ich bin mir sicher, dass du Thatchers Charaktereigenschaften wesentlich weniger bewundern würdest, wäre sie 1983 Labour-Chefin gewesen und hätte deren Programm verfochten. Mach nicht immer den Fehler, Vorlieben in der Politik mit diesen Charakterzügen gleichzusetzen, das hat nichts miteinander zu tun.

                      Ich unterstelle dir keinen Frauenhass, sondern Chauvinismus. Das ist ein ziemlicher Unterschied.

                    • Stefan Pietsch 28. April 2020, 16:27

                      Ich habe mich im Studium eingehend mit den Siebzigerjahren und der Brandt-Zeit befasst. Danach habe ich mein Bild revidiert. Die gesellschaftspolitischen Veränderungen, auf die Du anspielst, hatten ihren Ursprung in dem angestauten Reformwillen, für den Brandt das Symbol, aber weder Auslöser noch Treiber war.

                      Ich beurteile Politiker in Regierungsverantwortung schwerpunktmäßig aus finanz- und wirtschaftspolitischer Perspektive. Das ist meine Kernkompetenz. Über gesellschaftspolitische Fragen kann man so oder so denken. Ich würde ja auch nicht zu dem Urteil kommen, wer Politik für oder gegen den Schwangerschaftsabbruch macht, oder für oder gegen ein Tempolimit, würde eine gute oder weniger gute Politik machen. Das fällt in den Bereich des persönlichen Geschmacks.

                      Keine Frage des persönlichen Geschmacks ist es jedoch, wenn vorgegebene oder übergeordnete Ziele verfehlt werden, wenn die Finanzbasis des Staates erodiert, wenn Arbeitslosigkeit geschaffen statt beseitigt wird. Das sind klare, objektivierbare Kriterien.

                      Dass Helmut Kohl die desaströse Finanzpolitik der sozialliberalen Erbschaft weitgehend unverändert fortsetzte, ändert nicht am Urteil über den Urheber. Wie schlecht Brandt wirtschaftete, zeigt sich ja auch in den Auswüchsen. Sein hoch angesehener Wirtschaftsminister Schiller schmiss irgendwann hin („Genossen, lasst die Tassen im Schrank!“), der Gewerkschaftsboss Heinz Kluncker führte den Kanzler am Nasenring durch die Arena. Brandt verbrasste das Geld, das noch Jahrzehnte danach zur Modernisierung des Schul- und Hochschulwesens fehlte. Ich kann in solcher Politik nichts Gutes erkennen.

                      Dazu verpasste die sozialliberale Koalition ein einmaliges Zeitfenster der Geschichte, als sie sich statt für Mitarbeiterbeteiligungen am Unternehmenskapital für die Mitbestimmung entschied. Millionen Arbeitnehmer kostete die falsche Prioritätensetzung vielleicht nicht ein Vermögen, aber bares Geld.

                      Das eine ist, dass ich sehr wohl weiß, dass Historiker Willy Brandt an dritter Stelle im Kanzlerranking einordnen. Ökonomen kommen zu eher differenzierten Urteilen. Fakt ist ja auch, dass Brandts Abgang eher zu der schmählichen Sorte gehörte.

                      Ich schätzte Thatcher nicht, weil ich als sozialdemokratisch nah in jungen Jahren ihre kalt erscheinende Politik nicht mochte. Genauso sah ich auf Ronald Reagan. Auch hier habe ich mein Urteil im Angesicht der statistischen Fakten und der weiteren geschichtlichen Läufe revidiert. Ohne Reagan wäre Clinton nicht möglich gewesen, ohne Thatcher hätte es keinen Tony Blair gegeben. Sie bauten ziemlich parallel auf den von den Charismatikern eingeleiteten und umgesetzten Umbrüchen auf und verschafften ihren Ländern Vorsprünge, die Jahrzehnte trugen. So wie in Deutschland umgekehrt bei Brandt.

                      Ich schätz(t)e ja auch linke Charismatiker, angefangen bei Lafontaine. Ich war lange Zeit Parteigänger im Geiste von ihm. Meine (schnelle) Entfremdung begann, als er menschlich brutal und ein Stück niederträchtig Scharping auf dem Mannheimer Parteitag stürzte. Nahles applaudierte damals übrigens. Die Frau hat in ihrer Karriere keine Gefangenen gemacht, warum sollte mit ihr Mitleid angebracht sein?

                      Auch, wie er als dann zurückgetretener Parteichef die SPD von innen mit zerstörte, hat mich über sein Charisma hinwegsehen lassen. Oder Sahra Wagenknecht. Warum sollte ich so eine intelligente und gebildete Frau, die über ein hohes Maß an Ausstrahlung verfügt, nicht politisch schätzen? Nein, Stefan, Du machst es Dir wie so oft in solchen Fragen weit zu einfach. Jemand mag den Politiker nicht, weil er politisch nicht übereinstimmt. Mit solchen Albernheiten darfst Du mir wahrlich nicht kommen.

                      Dass ich Chauvinist bin, habe ich früher schon geschrieben. Und wie dies zu interpretieren ist.

                    • Stefan Sasse 28. April 2020, 17:17

                      Wie du schon schreibst, was davon zu halten ist, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Aber die Mitbestimmung in Betrieben statt der Mitarbeiterbeteiligungen hat Deutschland unzweifelhaft geprägt. Und du kannst natürlich gerne machen, was du immer machst, und den Leuten, in deren Ägide Dinge passiert sind, die du nicht magst, Charakterschwäche und Durchsetzungslosigkeit vorwerfen. Ich argumentiere derweil lieber sachlich. So brauche ich nicht darauf zu verfallen, dass Schröder von irgendwelchen Wirtschaftsbossen am Nasenring durch die Manege gezogen wurde, nur weil ich die Agenda2010 nicht so pralle finde.

                      Und nichts anderes habe ich dir je vorgeworfen, als hör auf, dich als Opfer einer Verleumdungskampagne zu inszenieren.

                    • Stefan Pietsch 28. April 2020, 18:44

                      Weiß ich nicht. Deine Sachlichkeit leidet doch häufiger, wenn Du Dich in Beschimpfungen ergießt. Kannte ich vor 2-3 Jahren so nicht von Dir.

                      Ja, die Mitbestimmung hat Deutschland geprägt, aber mir fehlt jede Selbstkritik. Wie bei so vielem, wo wir uns in Deutschland so modern empfanden, gingen wir davon aus, der Welt Vorbild zu sein. Irgendwann würden mehr und mehr Länder nachziehen. Nur, tatsächlich ist niemand auf das deutsche Modell gesprungen. In vielen Ländern und Unternehmen wurden Modelle der (finanziellen wie kapitalmäßigen) Beteiligung gefunden, von denen allerdings die Deutschen lange völlig ausgeschlossen waren. Eben verpasste Chancen. Niemand zahlt zweimal.

                      Das Konzept der Agenda 2010 wurde nicht von Wirtschaftsbossen entwickelt. Die Maßnahmen sind eine Sammlung sozialwissenschaftlicher Studien und Erfahrungen. Gerade in den Neunzigerjahren gab es dazu intensive Debatten. Nur dauert es in Deutschland von der Erkenntnis und Analyse eines Problems bis zur Umsetzung von Maßnahmen 5-10 Jahre. Nichts von dem, was in der Agenda 2010 erfasst wurde, konnte langjährige Beobachter überraschen. Dazu bedurfte es nicht der Hartz-Kommission, es gab reihenweise journalistische (SPIEGEL) wie wissenschaftliche Artikel dazu, wie Deutschland seine Massenarbeitslosigkeit bekämpfen könnte. Die Agenda 2010 ist ein Kompendium daraus.

                      In den Verhandlungen mit dem Bundesrat – das ist soweit richtig – wurden von den Ländervertretern über Wochen die Kriterien verschärft. Schröder zeigte sich irgendwann auch genervt. Aber Fakt ist und war: die Gesetze waren zustimmungspflichtig, andernfalls wäre alles beim Alten geblieben und der Bundeskanzler in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik endgültig gescheitert. Das wog schwer, schließlich befand sich einerseits das Land in der längsten Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte, zum anderen hatte Schröder für alle nachlesbar sein Ziel der deutlichen Reduzierung der Arbeitslosigkeit nicht erreicht.

                      Wer das nicht berücksichtigt, hat, sorry, keine Ahnung von den damaligen Verhältnissen. Das Versprechen des Niedersachsen was so prägnant wie herausragend, er werde die Arbeitslosigkeit in den ersten 2 Jahren auf 3,5 Millionen senken. In einer Zeit und in einem Land, dass sehr lange unter sehr hoher Arbeitslosigkeit litt, war das mit das wichtigste Thema. Schröder wusste, ohne Durchbruch in dem Bereich würde er ganz sicher die Macht 2006 verlieren.

                    • Ariane 29. April 2020, 22:01

                      Willy Brandt war gerade 5 Jahre Kanzler. Das Wesentliche, was die Leute heute noch über seine Politik zu sagen wissen, ist, dass er die Aussöhnung mit dem Osten vorangetrieben hätte

                      Ich weiß fast alles Nähere zu Willy Brandt aus Stefans Artikeln. Ich bewundere als traditionelle Sozialdemokratin hauptsächlich seinen Widerstand gegen die Nazis und seine Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen.

                      Der Kniefall von Warschau war viel historischer als Merkels Flüchtlingsentscheidung und übrigens nicht minder riskant, er hat zur damaligen Zeit extrem Kritik bekommen.
                      Und er ist ins Exil gegangen und hat diesen Weg gewählt im Gegensatz zu anderen. Soviele wie Brandt und Haffner und Scholl gab es nicht, wir sollten sie nicht vergessen und ihre historische Leistung auch nicht.

                      Und ich habe dir noch nie Hass und Frauenverachtung unterstellt und auch sonst nie jemandem in diesem Blog oder überhaupt. Das liest du aus der höflichen Feststellung heraus, dass du (oder auch andere) ein Genderproblem mit Merkel haben. Das ist etwas anderes.

                      Wann hat Merkel eigentlich mal Beute für das Land gemacht, auf das sie ihren Amtseid geleistet hat?

                      Verzeihung? Beute? Hätte sie ein Land überfallen sollen? Als deutsche Kanzlerin??? Länder denken heute nicht mehr so und Deutschland schon gar nicht, das ist eigentlich schon immer Staatsräson gewesen, wir haben für Europa eine ganz besondere historische Verantwortung und als Staat Schuld auf uns geladen.

                      Ich wüsste nicht, dass du das jemals bestritten hättest?

                    • Stefan Sasse 29. April 2020, 22:36

                      Das sind echt merkwürdige Formulierungen.

                    • Stefan Pietsch 29. April 2020, 22:55

                      Es ging allein um die Einordnung Willy Brandts als Kanzler. Da sind schon alle danach folgenden Kanzler benachteiligt kraft der Gnade der späten Geburt. Die Zeit des Widerstands darf keinen Einfluss auf seine Bewertung als Regierungschef haben.

                      Seine Entspannungspolitik habe ich gewürdigt. Mehr scheint Dir aber dann auch nicht einzufallen. Exakt meine Behauptung.

                      Der Begriff „Beute machen“ stammt nicht von mir, ich bin ja relativ phantasielos. Nein, den habe ich vor Jahren in einem SPIEGEL-Artikel gelesen, ich meine er war auf Merkel gemünzt. Er besagt, dass ein Spitzenpolitiker für Parteifreunde lukrative Ämter erringen können sollte. Hier spielen auch internationale Aspekte eine Rolle. Merkel hat dies lange nicht vermocht, der EU-Kommissionsposten war der erste echte Coup – und der war nicht von ihr. Ansonsten hat sie gleich zweimal die Besetzung des Postens der EZB verpatzt und auch beim IWF hatte sie Null Standing – anders als Gerhard Schröder. Weder Gauck noch Steinmeier waren ihr Einfall für die Besetzung des Bundespräsidalamtes, obwohl die Union seit zwei Jahrzehnten die relative Mehrheit in der Bundesversammlung stellt.

                      Also, Schröder hat für seine Partei / Land weit mehr herausgeholt als die langjährige Kanzlerin. Das ist mit „Beute machen“ gemeint.

                    • Stefan Sasse 30. April 2020, 08:36

                      Helmut Schmidt benachteiligt wegen der Gnade der späten Geburt? Der Mann war Leutnant!

                    • Ariane 30. April 2020, 18:14

                      Schmidt Gnade der späten Geburt. 😀
                      Willy Brandt ist vermutlich der einzige Politiker dieser Epochen, der nichts mit irgendwelchen Nazis oder Nazidingen zu tun hatte.

                      Deine Links/Rechts-Brille ist mittlerweile völlig kaputt. Hör bitte auf, Fleischhauer oder Tichy zu lesen oder was du so komisches sonst machst. Wäre nett, wenn ich mal wieder deine eigenen Gedanken aus deinen Kommentaren herauslesen könnte und nicht das Gefühl hab ein Gemisch aus FDP und Extremchauvinismus zu lesen.

            • Stefan Sasse 26. April 2020, 18:24

              Man sollte nicht vergessen, dass er auch dank seines Herausgeber-Status bei der ZEIT ordentlich dabei mitarbeiten konnte…

        • Stefan Sasse 26. April 2020, 14:04

          Schmidt hat glaube ich nie jemand mangelndes Selbstbewusstsein vorgeworfen, nein 😀

  • cimourdain 26. April 2020, 17:28

    Für mich ist das entscheidende Element bei Kanzlerin Merkel der Wille, dass die Dinge funktionieren. Das was um jeden Preis vermieden wird, ist jeder Anflug von Staatsversagen.
    Beispiel Flüchtlingskrise: In ihren Augen wäre ein massives Polizeiaufgebot, Unruhen an den Grenzen, womöglich Schüsse Bilder gewesen von einem Staat, der nicht funktioniert. Dies galt es zu vermeiden.
    Negativbeispiel ausgesessene Skandale: Wir hatten während der Merkeljahre einige Skandale, die in anderen Ländern durchaus Staatskrisen hervorgerufen hätten ( NSU/Rechtsterror, Geheimdienstüberwachung von NSA und Inlandsdiensten, Cum-Ex, Diesel). Aber all diese Themen wurden einfach nicht von der Kanzlerin aufgenommen sondern es wurde einfach weitergemacht.

    Spekulatives Element Corona: Hier zeigt sich der Stil besonders deutlich: Solange es die Möglichkeit gab, die Dinge einfach weiterlaufen zu lassen, wurde diese genutzt. Erst als die Berichte aus Italien ein massives Versagen des Gesundheitssystems und damit der Gesellschaft offenlegten, hat die Regierung entsprechend gehandelt. Solche Bilder von Hallen voller Särge oder Militärlastern, die die Toten abtransportieren, mussten unbedingt verhindert werden. Und deswegen findet jetzt der eigentliche Tanz der Politik darum statt, wie man eine Überlastung vermeidet und wie viele Einschränkungen der Gesellschaft zugemutet werden können.

    In gewisser Weise ist das „Vermeide Staatsversagen“ sogar ein besseres Leitargument durch die Krise als das moralische Argument, das nur auf die Toten der Epidemie abzielt. Es ist ein besseres Argument, weil es sich nicht mit „Hier wird alles lahmgelegt, aber gegen die alltäglichen Toten durch Alkohol/Tabak/Suizid/whatever tut ihr nichts“ kontern. Und es ist ein besseres Argument, weil ohne das Vertrauen in die funktionierende Gesellschaft wirklich alles den Bach runtergeht.

    • Stefan Sasse 26. April 2020, 18:30

      Ich teile deine grundsätzliche Sicht, bin aber bereit, etwas entlastend gelten zu lassen, dass Merkel bei manchen Themen persönlich keinen großen Einfluss hat (NSA, Corona) und dass bei anderen keine Mehrheiten vorhanden waren. Und wie gesagt, Merkel ist immer da, wo die Mitte der deutschen Bevölkerung ist. Im Guten wie im Schlechten.

    • Ariane 27. April 2020, 01:13

      Ja. Eigentlich gebe ich dir in allem recht.

      zwei andere Interpretationen:
      Was du „Verhinderung von Staatsversagen“ nennst, würde ich absolute Verfassungstreue nennen. Und Corona wie gesagt ist ein „natürlicher“ Verfassungsbruch und zwar des ersten Artikels des GG. Noch mehr, wenn wir in eine Triage-Situation geraten und selbst heute noch, weil wir Menschen „zwingen“ sich selbst und andere in Lebensgefahr zu bringen. Gilt vor allem für das Medizinpersonal.

      Es galt auch für die Flüchtlingskrise. Keine Ahnung, wie authentisch der Film war. Aber ja, hätte sie die Grenze irgendwie abgeriegelt und hätte sie gesagt, die Flüchtlinge dürfen auf keinen Fall rüber, wäre das nur mit Waffengewalt gegangen. Darunter zähle ich auch Tränengas und andere „nichttödliche“ Waffen.

      Wir hatten während der Merkeljahre einige Skandale, die in anderen Ländern durchaus Staatskrisen hervorgerufen hätten ( NSU/Rechtsterror, Geheimdienstüberwachung von NSA und Inlandsdiensten, Cum-Ex, Diesel).

      Gebe ich dir recht. Und Stefan auch, auf einige Dinge hatte sie wenig Einfluss. Und andere also ganz ehrlich sorry, aber sie ist halt in der CDU.
      Das wäre Aufgabe der SPD gewesen, die ist auch Regierungspartei, die denkt halt, sie ist nur zur Verwaltung da. Aber die hätte viel mehr Druck machen müssen auf ihren Partner. Und übrigens was CumEx angeht, zumindest die Hamburger Jungs sind da schön selbst mit verwickelt bis über beide Ohren. Das ist nur alles solche „Zahlenmagie“ dass keiner das so genau versteht, dass er deswegen Rücktritte fordert bzw so komische Gesetze, dass man nicht mal weiß, ob es wirklich richtig illegal war.

      Also ja, geb ich dir Recht. Aber man sollte schon bedenken, dass Merkel CDU-Kanzlerin ist und nicht Königin. (Obwohl ich sie zumindest bis zum Ende der Pandemie jederzeit krönen würde)^^

      • Ariane 27. April 2020, 01:20

        Und man muss sagen, dass sie zwar lange still gehalten hat, aber doch immerhin beim Rechtsterror immer deutlicher geworden ist. Also ich glaube, so ab Lübcke gibt es auch in der CDU da sehr viel mehr Bewusstsein für.

        Dafür dass einer von ihnen erschossen wurde allerdings immer noch viel zu wenig. Da könnte ich mich Tag um Tag drüber aufregen. Eigentlich hätte es da schon solche Aktionen wie in Hanau gebraucht, aber sie brauchten „drei Beweise“ wie schlimm es wirklich ist. Und selbst das wird von einigen aus der CDU immer noch verharmlost und weiter mit dem rechten Rand getändelt. Und wenn die CDU über die Klippe geht, dann wars das. Und ich rede hier nicht aus irgendeinem Lagerdenken heraus. Dann kann ich meine Kontakte nach dänemark aktivieren und hoffen, dass sie zumindest meine gefährdeten Familienmitglieder irgendwie aufnehmen.

        • Stefan Sasse 27. April 2020, 07:37

          Meine Rede seit Langem. Was uns vor Rechtsextremismus schützt ist die CDU. Wenn die diese Aufgabe nicht wahrnimmt ist rum.

        • Kning4711 27. April 2020, 10:21

          Und selbst das wird von einigen aus der CDU immer noch verharmlost und weiter mit dem rechten Rand getändelt.

          Leider ist dies eine lautstarke und von den Medien bevorzugt ins Rampenlicht gestellte Minderheit (Stichwort Werteunion). Leider ist die CDU eine Partei der intern stillen Töne – der Tod von Herrn Lübcke hat durchaus die Mitglieder der Partei bewegt – jedoch ringen sich die wenigsten dazu durch die geistigen Brandstifter innerhalb der Union als solche zu bezeichnen und zu „ächten“. Das ist leider ein mühsamer Prozess, da die Partei hier ein Stück weit unter Behäbigkeit leidet (man denke an das Durchschnittsalter des typischen Unionsmitglieds). Leider ist die Junge Union, auch eher dem rechten Flügel verhaftet, insofern fehlen die jungen Wilden, die entsprechend das Feuer in die Partei tragen könnten…

          • Stefan Sasse 27. April 2020, 11:56

            Jupp.

          • Ariane 28. April 2020, 03:51

            Absolut. Und ganz ehrlich, ich hab das Gefühl wir haben jetzt mit Corona langsam sowas wie eine Querfront auf der Rechten mit Lindner, Laschet und ihren Verbündeten. Das ist noch schräger!
            Die Afd & Co. sind ja erstmal abgemeldet, jetzt einfach zivilisierte Spinnereien, auch komisch.

            Und ich versteh überhaupt nicht, wo die Knallchargen plötzlich herkommen. Ich kenne ja einige CDUler und das sind alles ganz normale Deutsche (sogar einige Südländer). Das sind eher so die „Merkel-Mitte“. Aber die sind echt zu brav, gab ja nach Thüringen und Hanau auch deutlichere Kritik und Ausschlusswünsche für alle und jeden. Aber die haben die Medien nicht als Verbündete. Ich werd irre, weil ich ja jetzt öfter Tagesschau guck und die fragen jedes Mal den Gauland zu Krams. Ich mein, wir haben doch noch andere Oppositionsparteien?

            Und wir Linken können ihnen das nicht abnehmen, wir hauen mit, aber das interessiert ja noch weniger. Wäre die CDU ne linke Partei müsste sie sich spalten. Und sie sind machtpolitisch besser, keine Selbstmörder, sie brauchen die Bevölkerung im Rücken, damit sie von der Klippe weggehen. Sonst ist ihre Partei die nächste transformierte. Aber: sie sind nicht die SPD, der Union könnte Opposition wirklich gut tun.^^

      • Stefan Sasse 27. April 2020, 07:36

        Völlige Zustimmung.

      • cimourdain 27. April 2020, 22:15

        Ariane, eine Anmerkung:
        Du führst die Notwendigkeit, die medizinische Versorgung um jeden Preis sicherzustellen immer auf den Art 1 GG zurück. Hier wäre es deutlicher, wenn du dich auf die spezifischere Norm Art2 Absatz 2 Satz 1 ( Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) beziehst. Allerdings hat das BVerfG in einer Entscheidung 1951 (Hinterbliebenenrente) den Grundsatz festgelegt, dass sich aus dieser Norm (und auch nicht aus der generellen Menschenwürde oder dem Sozialstaatsprinzip) eben kein individuelles Recht auf medizinische Versorgung herleiten lässt. Wiederum andererseits steht genau dieses Recht auf medizinische Versorgung ausdrücklich im UN-Sozialpakt (Artikel 12), den auch Deutschland (wie fast alle Länder) unterzeichnet und ratifiziert hat.

        • Ariane 28. April 2020, 04:13

          Geb ich dir recht, aber zum Einen bin ich da nicht so, wenn Voßkuhle die Menschenwürde bei Hartz IV, Selbstmord und Sterbehilfe anschleppt, kann ich das auch.^^

          Und meine Überlegung ist ein bisschen anders und die Debatte aktuell ist auch etwas merkwürdig. Es geht ja nicht darum, jedes Leben zu schützen. Das geht gar nicht, das ist eine sehr gefährliche Krankheit. Selbst wir hier sind schon bei ca 6.000 jetzt (und die Übersterblichkeit für Deutschland dauert noch).
          Und England, Italien und Spanien haben ihre Versorgung ja wieder soweit im Griff, das pendelt sich aktuell bei ca. 4-5% Sterberate ein, bei uns etwas niedriger. Aber viel besser wirds nicht.

          Insofern kann man einfach wenig machen. Wie bei Krebs oder AIDS, da kann man kämpfen, aber die Verfassung kann Tote nicht verhindern. Es geht mir darum, dass wir um jedes Leben kämpfen können bis zum Schluss (wenn gewünscht). Und dass wir vor allem die Ärzte und Schwestern und PflegerInnen absolut mit sämtlichem Zeug schützen. Die haben ein enorm hohes Risiko für sich, für ihre Familien, für ihre medizinischen nicht-Covid-Schutzbefohlenen.
          Und die sind zwangsverpflichtet. Ich weiß nicht, ob das Gesetz unterzeichnet wurde oder nicht. Und das sind auch noch die Hauptverantwortlichen, wenn wir doch in eine Triage-Gefahr laufen.

          Also das ist einfach mein Gefühl für Fairness, solange wir in diesem Bereich soviele Unsicherheiten haben, sollten wir zumindest mal aufhören, über Luxusfirlefanz zu reden und uns überlegen, was wichtig ist und wie wir was erreichen können. Und mal bitte wieder zu intellektueller Ehrlichkeit zurückkehren und nicht mit Küchenbauern und virologisch gedacht und Wunder-Apps ankommen. Das ist nämlich der Risikofaktor, wenn mitten in der Pandemie politisches Theater als Groteske aufgeführt wird, ist die Bevölkerung vollends überfordert.

          Und verrückterweise (Hausfrau vom Land) haben die Unter/Mittelschicht (wo jeder iwas Systemrelevantes macht oder wen kennt) und die Vernunftpolitiker jetzt ein Bündnis und lassen die Freiheitsrebellen ein bisschen vor sich hin spielen. Hat ja keiner Zeit für sowas. Ich mach das mittlerweile in den Pausen, dass ich mal kurz dem Polenz als Wahlhelfer eins überbrate oder Quatschmedien.

    • cimourdain 27. April 2020, 21:55

      @Stefan Sasse, Ariane
      mit
      „Wir hatten während der Merkeljahre einige Skandale, die in anderen Ländern durchaus Staatskrisen hervorgerufen hätten ( NSU/Rechtsterror, Geheimdienstüberwachung von NSA und Inlandsdiensten, Cum-Ex, Diesel).“
      geht es mir gar nicht um die Skandale an sich. Mir geht es vielmehr darum, wie die Regierung damit umgegangen ist. Und da schält sich ein in meinen Augen hochproblematisches Muster heraus: Erst wird ein Skandal solange wie möglich kleingehalten oder sogar vertuscht. Dann, wenn er hochkocht, warten wir erstmal ab, während sich diverse Talkshows in der üblichen Wrestling-Manier daran totreden. Und erst wenn sich eine öffentliche Meinung herausgebildet hat, wird die Kanzlerin dazu konkret etwas sagen. In konkrete Regularien wird sich das aber -wenn überhaupt – erst Monate später und völlig überraschend (immerhin wurden in der Zwischenzeit bereits mehrere neue Säue durchs Dorf getrieben) niederschlagen.

      Nehmen wir konkret euer Beispiel Rechtsterrorismus: In den letzten zwei Jahren sind mehrfach Vertreter der Staatsorgane Polizei, Militär, Geheimdienst in rechtsextremen Netzwerken aufgetaucht. Gibt es dazu irgendwelche regulatorische Reaktionen ? Etwas dauerhaftes, verbindliches ? Das höchste der Gefühle war die Entlassung eines untragbaren Geheimdienstchefs und das auch erst nach viel hängen und würgen.

      • Ariane 28. April 2020, 04:34

        Absolut. Und seit der Maaßen-Krise hat sich da schon einiges getan. Gott sei Dank klappt es meistens noch, dass der Bogen so überspannt wird, dass es wirklich zuviel ist. Stefan fordert ja immer den Untersuchungsausschuss. Der naive Linke^^
        Ich glaub nicht, dass das soviel hilft. Zu formalisiert, hat mit dem NSU nichts aber gar nichts geholfen.

        Dann lieber (und da sehe ich Fortschritte) ein Wechsel im Haus und in den „Vorgaben“. Sie scheinen schon genauer hinzusehen, da wurden etliche Gruppen hochgenommen und intern flogen etliche auf und der Duktus (AfD-Flügel) ist auch ein anderer. Also das sind zumindest keine natürlichen Verbündeten mehr.

        Was jetzt unterbrochen ist, aber hoffentlich weitergeht: Wir müssen mehr auf die Opfer gucken. Das läuft oft so ein bisschen Graswurzelmäßig (die Medien sind teilweise echt kaputt). Es war schon ein großer Fortschritt, wie schnell sie auf Rassismus waren und die Politiker dann auch. Aber wir müssen die Sprache verdeutlichen und die Stories bringen, was das für abstoßende Menschen sind, die der Opferanwältin vom NSU zahllose Morddrohungen schicken. Ich will einen Aufschrei über jeden rassistischen Kleinangriff, ich will offene Politiker, die erzählen was das mit ihnen macht (sind hauptsächlich die Grünen), ich will dass Künast solange vor Gericht geht, bis ganz klar ist, dass linksgrünversiffte Fotze keine Meinung ist. usw. usf.
        Die Nazis sind mir egal, die gehören aufgespürt und verurteilt. Aber wenn wir den Schmerz nicht zeigen, passiert das nicht. Oder erst wenn 10 Leichen auf der Straße liegen.

        Das ist dann wie mit Pietschis träumenden Linken. Der meint doch nie mich oder sonstwen, er meint irgendwelche eingebildeten Linken. Und das ist ja noch irgendwie lustig.
        Aber wenn so über Menschen geredet wird, die einfach entsorgt, vergewaltigt, gestalkt und abgemurkst werden sollen, ist das nicht mehr lustig. Das ist Gewalt. Und das sollte nicht verharmlost werden.

        Und da helfen keine Gesetze, leider. Die haben wir längst. Da hilft nur ein Bewusstseinswandel. Und wenn der jetzt in die andere Richtung geht und wir hier über ein Virus-T4 reden als wäre das eine Option, ist das nicht gut. Wir müssen diese Scheindebatten mal sein lassen.

      • Stefan Sasse 28. April 2020, 09:15

        Welche Regierung hat denn je einen Skandal nicht kleinzuhalten versucht? Ich erinnere mich an die Bundeswehrleute und BND-Agenten im Irakkrieg unter Schröder…

  • CitizenK 27. April 2020, 08:54

    „weil sie immer versuchte, dem vermeintlichen grünen Zeitgeist hinterher zu rennen.“

    Im Gegenteil: Meiner Beobachtung nach war die Haltung der SPD -(Mitglieder) zu den Grünen zu der Zeit: Abneigung, Verachtung, manchmal fast Hass. Für das normale SPD-Mitglied waren das Träumer, Spinner, die Benzin verteuern und Arbeitsplätze gefährden.

    Auch bei der Parteiführung, wie der Umgang mit Erhard Eppler zeigt. Umwelt war „Gedöns“.

    • Stefan Sasse 27. April 2020, 09:35

      Exakt.

    • Ariane 28. April 2020, 04:35

      Nun ja, so ganz Ungedönsig ist das immer noch nicht. So richtig passt ihnen das Thema auch nicht (der LINKEn noch weniger).

      Das braucht noch nen ganzen Generationswechsel, bis die SPD selbst merkt, dass es in der Politik kein Gedöns gibt (Gesundheit, Familie, Frauen) alles gedönsig.

  • derwaechter 27. April 2020, 10:01

    Abgesehen davon, dass ich das Geschehen in Deutschland sei ein einigen Jahren aus der Ferne verfolge, könnte ich das so unterschreiben. Ich war allerdings nie Anhänger der Linken sondern der Grünen. Aber der Ausgangspunkt macht für die Betrachtung Merkels keinen so grossen Unterschied. Denn CDU-nah waren wir Grünen damals nicht gerade.

    Ich finde es immer befremdlich wenn Merkels eingefleischte Gegner, und darunter sind auch viele Hasser, behaupten sie sei eine verkappte Grüne, Sozialistin oder schlimmer. Das ist Quatsch.

    Aber viele Linke und Moderate sehen in ihr halt genau wie Du das kleinere der realistischen Übel. Das passt halt nicht in das schöne schwarz-weiss Bild, das viele von der Politik, und dem Leben an sich, zu haben scheinen.

  • Erwin Gabriel 27. April 2020, 10:56

    @ Stefan Sasse on 25. April 2020

    Ich will nicht auf alles eingehen, was Du schreibst, da ich meine Antwort nicht länger als Deinen Artikel gestalten möchte. Zumindest kann ich Deine Entwicklung und Deinen Standpunkt nachvollziehen.

    Dann kam das Jahr 2015. Wie Millionen anderer Deutscher auch empfand ich tiefe Anteilnahme und Solidarität gegenüber den Flüchtlingen. Merkels Entscheidung, rund eine Million dieser Menschen aufzunehmen, unterstützte ich (und tue das heute noch) aus ganzem Herzen.

    Da ist im Prinzip nix gegen einzuwenden, außer, dass das nicht einmal die halbe Miete ist.
    • Sie ganz persönlich hat eine europäische Lösung im Vorfeld durch Verweigern der Unterstützung von Griechenland, Italien und Spanien vergeigt.
    • Der Punkt, „nur“ eine Million Menschen aufzunehmen (seit 2015 sind es etwa zwei Millionen), und die vielen anderen, die es genauso nötig hätten, außen zu lassen, ist nicht mal eine Art „Triage“, ein Bewerten nach (Überlebens-)Chancen, sondern ein Im-Stich-lassen der Millionen anderen.
    • Diesen Anderen hätte man nur dann helfen können, wenn man dort hilft, wo sie wohnen. Da versagen unsere Regierungen (nicht nur die von Merkel) seit Jahrzehnten – bis hin zur Weigerung, das Flüchtlings-Hilfswerk der UN ausreichend zu unterstützen und so die Fluchtbewegung auszulösen.
    • Die meisten anderen europäischen Länder verweigern nach Merkels früherem Vorbild die Aufnahme von Flüchtlingen; ihre Schadensfreude ist nicht zu übersehen. Also bleibt die Hauptlast bei uns; für uns allein ist sie zu groß.
    • Da wir bereits zwei Millionen aufgenommen haben, haben wir Hoffnungen in vielen anderen Flüchtlingen geweckt, dass auch sie eine Chance hätten – deswegen sind so viele hierher unterwegs. Wir könnten zwar jeden einzelnen Flüchtling aufnehmen, aber eben nicht alle. Deswegen machten sich Millionen auf den Weg, stecken Millionen fest, sterben Tausende.
    • Selbst um die Aufgenommenen wurde sich nicht vernünftig gekümmert: Es gab zwar Geld; alles andere überließ man freiwilligen Helfern und überforderten Kommunen, die dann mangels ausreichendem Geld und Personal die einheimischen Bedürftigen vernachlässigten. Die erforderliche Anpassung der Strukturen (von Gesetzen und der erforderlichen Bürokratie über Kindergärten, Schulen, medizinische Versorgung und Jobmöglichkeiten bis hin zum Wohnraum) blieb bis heute weitgehend aus.

    Der endgültige und bisher letzte Anstoß für einen Wandel meiner Haltung zu Merkel von der wohlwollenden Indifferenz hin zu einer widerwilligen Verteidigungshaltung erfolgte um 2017 mit dem Aufstieg der AfD.

    Die AfD ist keine Parteigründung wie die Grünen, die aus einer thematischen Bewegung entstand und vom Blut-und-Boden-Puristen über CDU-wählende Landwirte und Atomkraft-Gegner bis hin zu Linken oder gar kommunistischen Theoretikern Sympathisanten fand, die sich im Laufe von Jahrzehnten zur heutigen, halbwegs homogenen Partei formten.

    Die AfD ist einzig und allein eine Reaktion auf Merkels Ignoranz anderen Meinungen und Werten gegenüber. Sie speiste sich anfangs ausschließlich aus enttäuschten CDU-Konservativen, bevor Merkels Propaganda („nationalistische Partei“) die ganzen rechtsextremen und nicht unbedingt harmlosen Wirrköpfe ebenfalls dorthin lotste.

    Die völlig maßlose Fokussierung auf das Flüchtlingsthema in den Medien, …

    Das ist Deine Wahrnehmung. Ich erinnere mich daran, dass die ersten beiden Jahre zwar viel über das Thema geredet wurde, dass aber trotzdem keine Diskussion stattfand; nicht vor der Entscheidung, die angesichts der sich monatelang durch den Balkan vorarbeitenden Flüchtlingstrecks absehbar war; nicht nach der Entscheidung darüber, wie es weitergeht.

    Jeder, der sich gegen die Aufnahme stellte (auch dafür gibt es viele Argumente), wurde von einer bislang beispiellosen Kampagne als herzlos, menschenverachtend und recht(extrem) dargestellt.

    … die zunehmende Aggressivität, die sich gegen die Person Merkel spezifisch entlud …

    Für mich ein Zeichen von Ohnmacht gegenüber einer Politik, die die Kanzlerin im Alleingang, ohne Beratung, Abstimmung und gegen den Mehrheitswunsch der Bevölkerung ausführte. Das hat viele in die AfD geführt, die in dieser Hinsicht die einzige Alternative war, …

    …und vor allem die deutliche Bedrohung, die von rechts auf die Demokratie unleugbar seit spätestens 2016 einwirkte …

    … wo sie sich dann radikalisierten.

    Denn das andere Problem bleibt unausgeräumt. Was wäre die Alternative?

    Anders als Helmut Schmidt, der Nachwuchs immer gefordert und gefördert hat, weil er wusste, dass auch nach ihm noch jemand den Job machen musste, hat Angela Merkel (wie Helmut Kohl) jeden kaltgestellt, der ein eigenes Profil hatte – nach ihr die Sintflut.

    Wer auch immer ihr Nachfolger wird, hat einen großen Haufen Mist wegzuräumen, den sie hinterlassen hat.

    Nein, auch ich sehe derzeit keine Alternative zu Merkel (bzw. mit Söder oder Spahn keine, die derzeit erfolgsversprechend wäre). Dafür hat sie gründlich gesorgt.

    Aber ich verstehe, dass eine derartige Kanzlerin die angenehmste Alternative für jeden Linken ist.

    • Stefan Sasse 27. April 2020, 12:01

      Ich stimme allen deinen Kritikpunkten an Merkels Flüchtlingspolitik zu. Nur möchte ich betonen, dass die vorherigen Ansätze in Deutschland nicht mehrheitsfähig waren. Vor allem in der Union nicht.

      Die Existenz der AfD war letztlich nicht aufzuhalten, genauso wenig wie die der LINKEn. Was aufzuhalten gewesen wäre, ist ihr Ausmaß.

      Was ist denn der Unterschied zwischen „viel reden“ und „Diskussion stattfinden“? Was hättest du dir gewünscht?

      Völlig bei dir bei den Ursachen für den Merkel-Hass; aber erklären/verstehen ist nicht rechtfertigen/gutheißen.

      Was ist dein Punkt bei der Radikalisierung?

      Naja, die Nachfolgeriege von Helmut Schmidt war jetzt nicht so pralle. Und Lafontaine/Schröder waren ja schon eine Generation weiter, die waren ja harte Schmidt-Gegner zu seiner Zeit! Ich glaube das redest du dir schön.

    • Erwin Gabriel 27. April 2020, 13:16

      @ Stefan Sasse 27. April 2020, 12:01

      die Nachfolgeriege von Helmut Schmidt war jetzt nicht so pralle.

      Meine „Nachwuchs-Förderung“ bezog sich auf Leute wie Hans Matthöfer, Hans Apel, Volker Hauff, die gefördert, gefordert und auf ihre Tauglichkeit bzw. ihr Potential als Nachfolger getestet wurden.

      Lafontaine/Schröder waren ja schon eine Generation weiter, die waren ja harte Schmidt-Gegner zu seiner Zeit! Ich glaube das redest du dir schön.

      Nö. Lafontaine / Scharping / Schröder nannte man nicht umsonst „Enkel“. Das war Juso-Nachwuchs, die mit Schmidt (und er nicht mit ihnen) nix am hut hatte.

      • Stefan Sasse 27. April 2020, 14:51

        Die Typen kenne ich ehrlich gesagt nicht ^^ Ich bin ziemlich sicher, dass Merkel auch eine Reihe von Leuten gefördert hat, die wir halt nicht kennen. ^^

        • Ariane 28. April 2020, 04:42

          Ähm von der Leyen? Gehts noch höher? Akk, Spahn, Schavan,

          Zählen Frauen und Gegner nicht? Seehofer?
          Merkel ist wahnsinnig treu und nicht nachtragend, das wird ihr jetzt ein bisschen zum Verhängnis, weil die ganzen beleidigten Leberwürste Morgenluft schnuppern.

          Daniel Günther wäre wirklich ein guter Nachfolger, der erlangt grad viel Bekanntheit. Gott das ist wirklich wie bei der SPD, die Merkel-Verbündeten melden sich auch nie zu Wort. Am besten Merkel bekommt auch einen Mitgliedsantrag und regiert dann alleine.

          • Erwin Gabriel 28. April 2020, 09:13

            @ Ariane 28. April 2020, 04:42

            … von der Leyen?

            Die ist zäh und hat sich weitgehend selbst hochgekämpft. Wurde von Merkel solange gefördert, bis sie eigene Statur hatte. Dann kam zum Hörnerabstoßen das Verteidigungsministerium, und als es für Merkel ernst wurde, das Abschieben nach Europa (was, zugegeben, ein genialer politischer Schachzug war).

            … Spahn …

            Zu früheren Zeiten erklärter Merkel-Gegner; wurde durch Meckern über Merkel so stark, dass die Kanzlerin ihn mit einem undankbaren Stressjob in die Kabinettdisziplin einband. Die beiden gewöhnen sich gerade aneinander; er konnte sie beeindrucken, und sie wohl ihn.

            … Schavan …

            Echt jetzt? Ich finde die ja auch Klasse, und ja, sie wurde von Merkel gefördert, aber nie im Sinne einer potentiellen Nachfolgerin.

            Wenn hier noch einer hingehört, dann Karl Theodor zu Guttenberg, den Merkel förderte, um Seehofer zu ärgern (bzw. um ein Gegengewicht zu Seehofer in der CSU aufzubauen).

            Merkel ist wahnsinnig treu und nicht nachtragend …

            Ogottogott, welches Kinderbuch hast Du denn gelesen? Ihre Treue hat man gesehen, als sie Helmut Kohl niedermachte. Selbst der verbitterte Wolfgang Schäuble hat sich nicht getraut, derart grob gegen Kohl vorzugehen.

            Nur, weil sie nicht die Lautstarke gibt, heißt das nicht, dass sie lieb ist. Die „beleidigten Leberwürste“ wurden von Merkel gedemütigt, und die würden sich halt zu gerne revanchieren. Nicht schön anzusehen, aber auch nur menschlich.

            • Ariane 29. April 2020, 22:24

              Ogottogott, welches Kinderbuch hast Du denn gelesen? Ihre Treue hat man gesehen, als sie Helmut Kohl niedermachte. Selbst der verbitterte Wolfgang Schäuble hat sich nicht getraut, derart grob gegen Kohl vorzugehen.

              Nun ja ähm es gab ja auch einen riesigen Spendenskandal mit jüdischen Vermächtnissen und schwarzen Konten und Panzerdeals und sowas. Und natürlich hat Schäuble nicht draufgehauen, der hatte ja selber zwei Geldkoffer irgendwo rumliegen.
              Und da ging es absolut nicht mehr um persönliche Befindlichkeiten, da ging es darum, die Partei nicht völlig Richtung Abgrund taumeln zu lassen und das hat sie gemacht und nur sie alleine. Und Schäuble ist heute Bundestagspräsident, der sollte sich aber mal gar nicht beschweren, niemand sonst hätte ihn so lange und treu behalten.
              Also Rachsucht oder ähnliches kann man Merkel nun wahrlich nicht unterstellen.

              Sie hätte Spahn und Seehofer auch sang- und klanglos irgendwo versauern lassen, aber sie hat sie beide ins Kabinett geholt und sie sind sogar beide ganz gute Minister – das hätte ich nicht gedacht. Und natürlich taugen die auch was. Merkel wäre nicht als Kohls Mädchen berühmt geworden wenn sie nix draufgehabt hätte.

              Und ich glaube nicht, dass Merkel lieb ist. Die hält nur ihre gesamte Persönlichkeit aus ihrer Arbeit heraus. Wie gesagt, sie hat nie ein Wort zu Merz, Schäuble (hat mein vollstes Vertrauen) Seehofer oder Merz gesagt. Nicht hilfreich ist die schärfste Kritik die sie überhaupt mal äußert. (außer bei rassistischen Anschlägen)

              Und den Guttenberg hätte sie vielleicht auch behalten, aber der war ja nun gar nicht mehr tragbar, weiß gar nicht, ob sie sich überhaupt geäußert hat (außer volles Vertrauen).
              Der einzige der da nicht reinpasst ist Röttgen, entweder ist er ein sehr ungewöhnlicher, moderner Mann oder da war irgendwas, was komisch war.

              Aber dass ihr das Handeln von Merkel immer so krass interpretiert finde ich merkwürdig. Mag ja vielleicht sogar richtig sein, aber es basiert mehr auf eurer Sichtweise. Merkel hat eine extreme Selbstbeherrschung. Vielleicht ähnlich der Queen.
              Würde mich wirklich mal ganz wertfrei interessieren, beobachtet ihr sie viel selbst in Interviews oder Pressekonferenzen oder mehr über die Medien, also zb Zeitungsartikel?

              Also es ist schon faszinierend zu sehen finde ich, weil da oft der Unterschied plötzlich so deutlich wird, wenn sie spontan reagiert.

              • Stefan Sasse 29. April 2020, 22:38

                Vor allem weil wir aktuell so viele Beispiele im Ausland haben, was wirklich schlechte Politiker sind. Merkel ist bestenfalls eine ordentliche, schlechtestenfalls eine durchschnittliche Kanzlerin. Wie übrigens alle ihre Amtsvorgänger. Wir hatten da bisher in Deutschland echt Glück.

                • Ariane 30. April 2020, 18:07

                  Jap. Und für das, was in ihrer Amtszeit so alles los war auch echt erfolgreich. Ich meine Finanzkrise, Schuldenkrise, EU fast weg, Ukrainekonflikt, Syrien, Flüchtlinge, jetzt Pandemie. Dafür war es hier immer wirklich sehr ruhig und man hat die Krisen meist im Fernsehen oder Medien verfolgen können (meistens). Und einmal paar Kinderlein und andere gerettet und das christlich wertkonservativ begründet und es gibt Revolution. Seufz.

                  Gibt ja nicht soviele weibliche Staatsführerinnen, aber Merkel ist für alle Frauen ein gutes Negativbeispiel, dass es auch wenig bringt, sich korrekt und höflich zu verhalten. Dann macht man vielleicht erfolgreiche Politik und ist doch verhasst. Kann man sich den Aufwand der Selbstbeherrschung ja auch wieder sparen. Bei linken Frauen eh schon egal, die sind ja sowieso Hexen, gleichzeitig AUF und UM den Scheiterhaufen herum 😉

              • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 17:20

                Ariane 29. April 2020, 22:24

                Und da ging es absolut nicht mehr um persönliche Befindlichkeiten, da ging es darum, die Partei nicht völlig Richtung Abgrund taumeln zu lassen …

                Naja …

                … und das hat sie gemacht und nur sie alleine.

                Das ist richtig. Sie ist sehr machtbewusst, die Dame

                Und Schäuble ist heute Bundestagspräsident, der sollte sich aber mal gar nicht beschweren, niemand sonst hätte ihn so lange und treu behalten.

                Sorry; das hätte man über einen Konrad Adenauer sagen können. Schäuble war ein absoluter Machtfaktor in der CDU, auserkoren, die Nachfolge von Helmut Kohl anzutreten. Hochintelligent, mit einem extremen verständnis von Macht, und zu Kohl selbst dann noch weitgehend loyal, als der ihn bereits verraten hatte; loyaler als Merkel, by the way.

                Merkel war zwar in der Lage, Kohl zu stürzen, aber sie war schlichtweg nicht in der Lage, die Partei zu übernehmen und zu führen ohne Schäubles Unterstützung.

                Also Rachsucht oder ähnliches kann man Merkel nun wahrlich nicht unterstellen.

                Neeeiiiin, die Chemiefabrik hat keine giftigen Abwässer in den Fluss abgelassen. Die Fische starben an Altersschwäche, als sie dort vorbeischwammen …

                Ich habe nun keine Vorstellung davon, wie Du Rache definierst; muss mann da laut schreiend und haareraufend durch die Gegend laufen, bevor man jemandem in den Hintern tritt?

                Fest steht, dass praktisch jeder, der Merkels Machtstreben in die Quere kam, anschließend politisch tot war, und zwar nicht aus Altersschwäche.

                Sie hätte Spahn und Seehofer auch sang- und klanglos irgendwo versauern lassen, …

                Das hätte sie gerne gehabt, und hat es auch versucht, hat aber nicht geklappt.

                … aber sie hat sie beide ins Kabinett geholt …

                … wo sie sich der Kabinettsdisziplin unterordnen müssen und so beschäftigt sind, dass nur noch wenig Zeit zum Herummaulen bleibt.

                … und sie sind sogar beide ganz gute Minister – das hätte ich nicht gedacht.

                Ja. Was sagt Dir das?

                Merkel wäre nicht als Kohls Mädchen berühmt geworden, wenn sie nix draufgehabt hätte.

                Oh, sie hat was drauf. Die Kanzlerin ist eine exzellente Politikerin, wahrscheinlich die beste, die ich je erleben durfte. Sie ist äußerst machtbewusst, aber das geht nicht mit Wichtigtuerei oder Machogehabe (etwa wie bei Margret Thatcher) einher. Sie ist persönlich sehr bescheiden, und lässt gerne andere im Rampenlicht stehen.

                Sie hat alle innerparteilichen Konkurrenten sehr ruhig aus dem Weg räumen und dort ruhig halten können. Da sie zu praktisch nix eine eigene Vorstellung hat, hat sie auch keine Vorstellungen, die mit dem Wählerwillen kollidieren. Sie hat (das kann man je nach Gusto Stärke oder Schwäche nennen) die Eigenschaft, mangels eigener Meinung ein Thema sich entwickeln zu lassen, bis sich eine öffentliche Meinung dazu gebildet hat, die sie dann als ihre übernimmt. Diese Meinung ändert sie in der Regel nicht mehr. Da, wo sie dazu gezwungen wird, geschieht auch das sehr ruhig und leise.
                Sie vermeidet (im Gegensatz zu den hocheffizienten Strippenziehereien hinter den Kulissen) in der Regel persönliche Kritik an Kontrahenten, so als ob sie über den Dingen steht.

                Kurz und gut: Sie ist die perfekte Kanzlerin für ein friedliches Land, dem es wirtschaftlich gut geht, die perfekte Kapitänin für ein Schiff, dass bei Sonnenschein in ruhiger See vor sich hindümpelt. Blöd nur, dass sie weiterdümpelt, wenn am Horizont die dunklen Wolken aufziehen.

                Den Rest hebe ich mir auf für die Kanzler-Hitparade.

        • Erwin Gabriel 28. April 2020, 08:16

          @ Stefan Sasse 27. April 2020, 14:51

          Die Typen kenne ich ehrlich gesagt nicht ^^ Ich bin ziemlich sicher, dass Merkel auch eine Reihe von Leuten gefördert hat, die wir halt nicht kennen. ^^

          Deine Jugend … waren Minister in den Kabinetten Schmidt, altersmäßig etwa bei Hans-Jochen Vogel. Nach Schmidt kam aber Kohl, und der war so lange im Amt, dass erst die „Enkel“ wieder zum Zug kamen. Deswegen blieben die Dir unbekannt.

          • Stefan Sasse 28. April 2020, 09:24

            Die SPD regierte in der Zeit halt auch nicht. Da müsste man echt die Innenpolitik der 80er Jahre genau studieren um die zu kennen, und das ist weniger mein Thema.

            • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 17:22

              @ Stefan Sasse 28. April 2020, 09:24

              … und das ist weniger mein Thema.

              Dann vertrau mir da 🙂

              Schmidt hat hat nach potentiellen Nachfolgern gesucht, anstatt sie wegzukicken.

  • Erwin Gabriel 27. April 2020, 13:05

    @ Stefan Sasse 27. April 2020, 12:01

    Nur möchte ich betonen, dass die vorherigen Ansätze in Deutschland nicht mehrheitsfähig waren. Vor allem in der Union nicht.

    Eine europaweite Flüchtlingslösung hätte es mit einer rotschwarzen Regierung geben können, und eine deutlich stärkere Finanzierung des UN-Flüchtlingshifswerks wäre bei weitem der kleinere Schritt gewesen im Vergleich zur Aufnahme der Flüchtlinge selbst.

    Die Existenz der AfD war letztlich nicht aufzuhalten, genauso wenig wie die der LINKEn. Was aufzuhalten gewesen wäre, ist ihr Ausmaß.

    Mag sein; recht(sextrem)e Parteien gab es immer wieder, ob sie nun NPD oder Republikaner hießen, und alle blieben halbwegs bedeutungslos.

    Aber die Gründung der AfD ist eine direkte Reaktion auf Merkels Agieren, so wie die Gründung der WASG eine direkte Reaktion auf Hartz IV war. Auch das Beschwören der Alternative als Nationalistische Partei, das Nicht-Ausdiskutieren wichtiger Themen und das Ausgrenzen taten ein übriges.

    Was ist denn der Unterschied zwischen „viel reden“ und „Diskussion stattfinden“? Was hättest du dir gewünscht?

    Eine Entscheidung wie die Flüchtlingsaufnahme nicht „Alternativlos“ nennen; sie war ursptünglich nicht alternativlos, und dass sie alternativlos wurde (= jede andere Möglichkeit so lange herauszögern, bis nur noch eine überblieb), ist das Werk der Kanzlerin.

    Dass man danach die Tür nicht mehr zubekam, ist nachvollziehbar. Aber auch hier hat Angela Merkel die Voraussetzungen für jede andere Lösung bewußt zunichte gemacht. Flüchtlingsgegner zu Nazis zu erklären, ist auch nicht hilfreich gewesen.

    All das hat Angela Merkel entweder angestrebt, gefördert oder durch Unterlassung zugelassen. Du hättest zu der Zeit vermutlich keinen einzigen CDU-Ortsverein gefunden, der diese Politik gut fand. Da floß fast Blut, und die kanzlerin schwieg, und überließ Kauder, Schäuble und Altmayer die Arbeit. Es hat seinen Grund, dass ein Ralph Brinkhaus einen Volker Kauder mit solch einer Mehrheit ablösen konnte.

    Völlig bei dir bei den Ursachen für den Merkel-Hass; aber erklären/verstehen ist nicht rechtfertigen/gutheißen.

    Gutheißen tu ich das auch nicht. Aber gutheißen kann ich auch nicht diese Arroganz, mit der die Kanzlerin jeden, der an dieser Stelle nicht ihrer Meinung war, zum schlechten Menschen erklärte. Mich packt heute noch die Wut.

    Wenn ich Dir unter jeden Deiner Kommentare (etwa zur vermögenssteuer etc.) schreibe, dass Du ein neidischer linksextremer Spinner bist, der selbst unfähig ist und daher anderen den Erfolg nicht könnt, kriege ich auch irgendwann von Die eine Kelle eingeschenkt.

    Was ist dein Punkt bei der Radikalisierung?

    Hatten wir hier ja schon öfter. Wenn Mama nicht mit mir spricht oder mich ständig ankeift, und Papa Zeit hat, mir zuhört, und mir sagt, dass er mich versteht, werde ich ein Papakind. Und wenn Papa irgendwann sagt, das Mamma doof ist oder schlecht kocht, glaube ich das irgendwann auch.

    Und Lafontaine/Schröder waren ja schon eine Generation weiter, die waren ja harte Schmidt-Gegner zu seiner Zeit!

    Schmidt war (so habe ich ihn damals – ich war ja noch jung – wahrgenommen) schon sehr konservativ, wobei mir immerhin der Nachrüstungsbeschluss und sein Agieren zum Terrorismus einleuchtend vorkamen. Immerhin: er hat Probleme erkannt und angepackt, ohne Rücksicht auf sich – ganz anders als Angela Merkel. Zum „großen“ Politiker wurde er aber erst, als er ohne Rücksicht auf die Alltagspolitik reden konnte, und die livehaftige Alternative Helmut Kohl hieß.

    Zu Scharping / Schröder / Lafontaine: Scharping ging gar nicht. Schröder hat mich erst durch die Agenda 2010 überzeugt, die ich für schlecht gemacht, aber für die richtige Richtung und für überfällig hielt. Das Lafontaine ging, fand ich schade; ich fand seine Vorstellungen darüber, wie die Banken einzuzäunen seien, damals sehr überzeugend. Hätte uns 2008 geholfen, vermute ich mal.

    • Ralf 27. April 2020, 13:10

      Aber die Gründung der AfD ist eine direkte Reaktion auf Merkels Agieren

      Die AfD wurde als Reaktion auf die Euro-Rettungspolitik gegründet, nicht als Reaktion auf Merkels Flüchtlingspolitik.

      • Erwin Gabriel 27. April 2020, 13:19

        @ Ralf 27. April 2020, 13:10

        Die AfD wurde als Reaktion auf die Euro-Rettungspolitik gegründet, nicht als Reaktion auf Merkels Flüchtlingspolitik.

        Du hast recht, ich habe auch nichts anderes behauptet. Die Gründung der AfD ist dennoch eine direkte Reaktion auf Merkels Agieren.

        • Ralf 27. April 2020, 13:48

          Schon. Nur war die Euro-Rettungspolitik innerhalb der CDU wesentlich weniger umstritten als die Flüchtlingspolitik, was Dein Argument etwas verschütt gehen lässt …

          • Stefan Sasse 27. April 2020, 14:52

            Ich glaube da erinnerst du dich falsch. Merkel hatte für die Europolitik keine eigene Mehrheit im Parlament und war auf die Stimmen der SPD angewiesen.

            • Ralf 27. April 2020, 14:55

              Das mag sein. Aber es gab in der Euro-Rettungspolitik keine Situation, wo flächendeckend in ganz Deutschland alle CDU-Ortsvereine sturmliefen, so wie Erwin Gabriel das für die Flüchtlingskrise beschreibt. Das Thema war einfach wesentlich weniger emotional.

              • Stefan Sasse 27. April 2020, 15:24

                Ja, das mag stimmen. Ist merkwürdig; die Basis ist durch die Flüchtlingskrise viel mobilisierter als die Abgeordneten und bei der Eurokrise andersrum.

              • Ariane 29. April 2020, 22:43

                Naja, aber dieses wer nicht arbeitet soll auch nicht essen (Zitat Müntefering) ist in der SPD halt auch noch häufiger vertreten, vor allem wenn es auch noch um andere Länder geht, da spielt die moralische Überhöhung auch bei der SPD mit hinein, die sind halt sehr viel europafreundlicher als die Union. Und in der Flüchtlingskrise waren es ganz besonders die Bilder und die Union ist beim Thema Ausländer noch ganz ganz weit hinterher und das waren ja nicht mal Christen. Damit macht die Union nun mal Wahlkampf, löst jedes Mal wieder einen Sturm der Entrüstung aus, wenn ein CDUler sagt, der Islam gehört zu Deutschland.
                Und mit den Themen hat die SPD sowieso kein Problem.

          • Erwin Gabriel 28. April 2020, 09:19

            @ Ralf 27. April 2020, 13:48

            Schon. Nur war die Euro-Rettungspolitik innerhalb der CDU wesentlich weniger umstritten als die Flüchtlingspolitik, was Dein Argument etwas verschütt gehen lässt …

            Nö.

            War halt ein Zwei-Stufen-Plan. Merkels Euro-Politik führte zur Gründung der AfD, Merkels Marketing (nationalistische Partei) machte sie rechtsaußen hoffähig, und Merkels Agieren in der Flüchtlingskrise machte sie groß.

            Ein Helmut Kohl hätte das im rechten Flügel der CDU aufgefangen, aber der war durch merkel schon gekapt.

            • Dennis 28. April 2020, 12:13

              Zitat Erwin Gabriel:
              „Merkels Euro-Politik führte zur Gründung der AfD,“

              Merkels Europapolitik ist im Vergleich zu Kohl durch und durch nationalistisch und vor allem dilettantisch. Das ist übrigens der Grund, warum Merkel bei mir durchaus in KEINEM sonderlich hohen Ansehen steht und Kohl schon eher.

              Is ja ganz nett, dass Merkel heutzutage (das war auch mal anders!) bei Mitte-Links ein verhältnismäßig gutes Image hat. Bei Kohl war das natürlich anders, aber Larifari, Strickjacken- und Saumagenfragen sowie schlecht sitzende Anzüge sind mir eher egal. Auf die politischen Sachen kommt es an und das wiederum sehe ich als jemand, der in den 60ern mit dem deutsch-französischen Jugendwerk wie man so sagt „sozialisiert“ wurde so, dass die Europa-Fragen die Sachen sind, die letztlich über Krieg und Frieden entscheiden, das darf man keinen Erbsenzählern und Buchhaltern überlassen.

              Da bin ich ganz bei Joschka Fischer:

              Zitat Joschka (ca. Mai 2019, „Tagesspiegel“):
              „Offensichtlich hat die christdemokratische Union mit Europa und mit der deutsch-französischen Beziehung mittlerweile ein Problem. Ich werde wehmütig beim Gedanken an den großen Europäer Helmut Kohl“

              So isses. Oder hier was von 2010:

              https://www.spiegel.de/politik/deutschland/europapolitik-joschka-fischer-lobt-helmut-kohl-a-691555.html

              Die spannende Frage ist, warum die CDU-Parteirechte beim Kohl nicht gemosert hat (u.a. Euro, Schengen und Maastricht waren beim Kohl und nicht bei Merkel) bei der deutlich europa-skeptischeren Merkel, die als ostdeutsches Gewächs zu Europafragen nie einen wirklichen „Draht“ hatte, dafür umso mehr.

              Zitat Erwin Gabriel:
              „Ein Helmut Kohl hätte das im rechten Flügel der CDU aufgefangen, aber der war durch merkel schon gekapt. “

              Die Frage ist hier, ob es Kohl auch WEITERHIN gelungen wäre, den rechten Flügel zu halten, wenn er – was er vermutlich wollte^ – bis in alle Ewigkeit am Ruder geblieben wäre. Möglicherweise wäre er entweder selbst in Richtung Nationalismus gewandert (durchaus möglich, wenn man an den Einfluss seiner schrägen zweiten Ehefrau denkt^); wie das geht zeigt momentan ja u.a. die FDP; oder es hätte genauso gekracht wie bei Merkel.

              • Stefan Pietsch 28. April 2020, 12:26

                Merkels Europapolitik ist im Vergleich zu Kohl durch und durch nationalistisch und vor allem dilettantisch. Das ist übrigens der Grund, warum Merkel bei mir durchaus in KEINEM sonderlich hohen Ansehen steht und Kohl schon eher.

                Dann dürften Ihnen die meisten Politiker der Europäischen Union nicht gefallen: Macron, Sanchez, Conte, Luigi Di Maio, Corbyn, Tsipras (okay, Vergangenheit). Es ist nun mal so, dass jeder Regierungschef einen Amtseid auf seine Landesverfassung geleistet hat, das Wohl des eigenen Volkes zu mehren, was im Zweifel auch beinhalten kann – zu Lasten anderer.

                Verfassungsänderung?

                • Dennis 28. April 2020, 21:58

                  Zitat Stefan Pietsch:
                  „Verfassungsänderung?“

                  Oh, es gibt zahlreiche Grundgesetzänderungen, mit denen Europarecht implementiert wurde. In der französischen Verfassung gibt’s den Abschnitt XV „De l’Union européenne“ mit einer ganzen Latte von Bestimmungen, z.B. “ La République participe à l’Union européenne constituée d’Etats qui ont choisi librement d’exercer en commun certaines de leurs compétences en vertu du traité sur l’Union européenne et du traité sur le fonctionnement de l’Union européenne.“

                  Daran liegt’s also nicht.

                  Auf intergouvernementaler Ebene muss aber Zusammenarbeit und Vertiefung tatsächlich gewollt sein und aktiv voran gebracht werden. Kohl zum Beispiel aber auch Schmidt (EWS und so) WOLLTEN das und haben entsprechend geackert. Heutzutage kann man nu nicht grade behaupten, dass Macron bremst und Merkel aktiv ist. Es ist deutlich umgekehrt.

                  Zitat:
                  „was im Zweifel auch beinhalten kann – zu Lasten anderer.“

                  Klar, das ist der Traum aller Nationalisten, die diese „Zweifel“ gerne hätten. Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hat gezeigt, wo das hinführt.

                  • Stefan Pietsch 28. April 2020, 22:20

                    So gut ist mein Französisch nicht, aber können Sie bitte den Artikel nennen, wo der Präsident auf das Wohl der Europäischen Union vereidigt wird? Nicht? Das war aber doch der eigentliche Punkt.

                    Man kann auch heute nicht behaupten, Macron würde vor allem europäische Interessen ins Visier nehmen – es sei denn europäische Interessen wären französische. Als der Präsident die Staatsverschuldung erhöhte um einen Teil seiner aufgebrachten Landsleute zu beruhigen und damit die europäischen Verträge brach, tat er das doch wohl eher im nationalen Interesse, oder?

                    Die meisten EU-Mitgliedsstaaten finden Europa eigentlich ja nur gut, wenn sie Geld aus dem Topf in Brüssel bekommen. Ich würde das nicht mit einer Liebe zu Europa umschreiben. Tatsächlich, Sie haben es ja angeführt, ist Deutschland lange in Vorlage getreten. Nur, das wurde ja offensichtlich nicht als Vorschuss, sondern als institutionelle Voraussetzung interpretiert: Deutschland zahlt immer. Seltsam nur, dass die politische Linke in Deutschland dieser Interpretation auch anzuhängen scheint.

                    • Dennis 28. April 2020, 23:36

                      Zitat:
                      „aber können Sie bitte den Artikel nennen, wo der Präsident auf das Wohl der Europäischen Union vereidigt wird? Nicht? Das war aber doch der eigentliche Punkt.“

                      Also, wenn Sie ’s genau wissen wollen:

                      Ihr Statement mit vorherigen Beitrag, dass Macron (die anderen Genannten hier mal weggelassen) einen Amtseid auf „seine Landesverfassung“ geleistet habe, war sachlich falsch. Der Präsident leistet bei der so genannten Investiture überhaupt keinen Amtseid. Wenn das so wäre, würde das auch die einschlägigen Europaartikel inkludieren. Da es aber keinen Eid und somit keine dazu gehörige Formel gibt, müssen Sie als Superjurist darüber nicht lange nachdenken.

                      Anders als in F gibt es beim Bundeskanzler/Bundeskanzlerin einen Eid. Es heißt u.a. „zum Wohle des deutschen Volkes“ UND „Wahrung des Grundgesetzes und der Gesetze des Bundes“, was das gesamte Europarecht einschließt,
                      z.B. Art. 23:
                      „Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen.“

                      Dass im Übrigen seit Adenauer das politische Europa zur Staatsräson er Bundesrepublik gehört und somit implizite in die Formel „zum Wohle des deutschen Volkes“ einzuschließen ist, wird Nationalisten natürlich nicht einleuchten.

                      Am besten, Sie beschäftigen sich – was Europafragen angeht – mal etwas genauer mit Helmut Schmidt, den Sie ja angeblich schätzen, aber wahrscheinlich nur oberflächlich – wenn überhaupt – kennen.

                      Zitat:
                      „Deutschland zahlt immer.“

                      Die übliche AfD- und neuerdings auch zunehmend FDP-Scheisse. Ich weiss, dass dieser Unsinn von der extremen Rechten vertreten wird, wundert mich also an dieser Stelle nicht.

                    • Stefan Pietsch 28. April 2020, 23:42

                      Ende der Diskussion.

                  • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 17:32

                    @ Dennis 28. April 2020, 12:13

                    Merkels Europapolitik ist im Vergleich zu Kohl durch und durch nationalistisch und vor allem dilettantisch. Das ist übrigens der Grund, warum Merkel bei mir durchaus in KEINEM sonderlich hohen Ansehen steht und Kohl schon eher.
                    Nun ja, auf der einen Seite muss ich da zustimmen. Auf der anderen Seite ist Europa von 1986 nicht mehr das Gleiche wie heutzutage (bzw. nach Osterweiterung und Finanzkrise).

                    dass die Europa-Fragen die Sachen sind, die letztlich über Krieg und Frieden entscheiden, das darf man keinen Erbsenzählern und Buchhaltern überlassen.

                    Da bin ich sofort dabei. Aber die Erbsenzähler sitzen halt nicht nur in Berlin, sondern auch im Osten und im Süden, und wollen sich ihren Idealismus gut bezahlen lassen.

              • Stefan Sasse 28. April 2020, 14:01

                Die CDU hat bei Kohl bitte was nicht?! Der Mann hat 1988 mit Mühe und Not seine Absetzung verhindern können. Ohne die Wiedervereinigung wäre er weg vom Fenster gewesen. Auch in den 1990er Jahren gab es massives Meckern aus der Partei. Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen? Reformstau? Theo Waigel war glaube ich auch kein Kohl-Fan.

                • Dennis 28. April 2020, 20:45

                  Zitat Stefan Sasse:
                  „Der Mann hat 1988 mit Mühe und Not seine Absetzung verhindern können.“

                  Richtig; war übrigens ’89 ein paar Monate vor den Herbstereignissen, aber egal. Das waren Geißler, Süssmuth und ein paar andere, die den Späth auf den Thron heben wollten. Ergo: Das kam NICHT von rechts sondern von links – also links gemessen an CDU-Verhältnissen^.

                  In der AfD heutzutage tummeln sich ja nitt unbedingt Leute à la Süssmuth.

                  Zitat:
                  „Auch in den 1990er Jahren gab es massives Meckern aus der Partei.“

                  Klar, gab es schon immer, auch beim Adenauer. Am Ende des Tages wurde aber gekuscht (so war’s ja auch beim „linken“ 89-er Aufstand) und nicht gespalten. Das ist der Unterschied zum linken Parteispektrum, das deswegen traditionell eine Art strukturellen Nachteil hat^.

                  Mein Punkt ist der, dass heutzutage auch bei der Rechten das Kuschen nicht mehr so dolle funktioniert – anders als noch zu Kohls Zeiten, also Merkel nicht unbedingt oder nur zum Teil an der AfD „schuld“ ist.

                  • Stefan Sasse 28. April 2020, 22:08

                    Die CDU kuscht doch. Das bemängelt Stefan doch permanent.

                    • Ariane 30. April 2020, 17:10

                      Oh die Süssmuth mochte ich, die hab ich schon wieder ganz vergessen gehabt 🙂

                      Linke spalten sich, die Rechte putscht – wenn die Konfliktlinien zu groß werden.
                      Wäre jedem anderen längst passiert übrigens. Aber die neue Generation CDUler ist nicht so traditionell-chauvinistisch, sondern schon für CDU-Verhältnisse modern.

                      Mal gucken, jetzt ist der normale Lauf ja unterbrochen. Sonst wäre es ein Links/Rechts-Wahlkampf geworden.
                      Und die Rechten sind halt sehr laut und selbst linke CDUler immer sehr höflich korrekt. Vielleicht hat sich das geändert, wir müssen schon die sozialmittige CDU auf Kurs halten und die haben nicht die innere Lautstärke der linken Parteien.
                      Vielleicht brauchen wir doch ne mittige „Noch Verstand da“-Partei^^

              • Ariane 29. April 2020, 22:50

                Merkels Europapolitik ist im Vergleich zu Kohl durch und durch nationalistisch und vor allem dilettantisch. Das ist übrigens der Grund, warum Merkel bei mir durchaus in KEINEM sonderlich hohen Ansehen steht und Kohl schon eher.

                Ja das stimmt, könnte natürlich sein, dass sie diese Tradition der BRD-Geschichte und der CDU nicht mit der Muttermilch aufgesogen hat, sie ist im Ganzen sehr deutschland-zentriert. Und die traditionelle deutsch-französische Partnerschaft scheint auch nicht so ihr Ding zu sein, egal wer regiert.

                Ist ja immer lustigtraurig, Macron baggert ja fast wie ein liebestrunkener Jüngling vor dem Balkon und wird mit ein paar freundlichen Worten abgespeist. Das könnte wirklich eine Art Culture-Clash sein, er ist der erste, der ernsthaft wieder deutsch-französische Partnerschaft will und dann das 😀

                • Erwin Gabriel 2. Mai 2020, 14:35

                  @ Ariane 29. April 2020, 22:50

                  Ist ja immer lustigtraurig, Macron baggert ja fast wie ein liebestrunkener Jüngling vor dem Balkon und wird mit ein paar freundlichen Worten abgespeist.

                  Naja, er serviert seiner Angebeteten nicht nur Champagner, sondern auch die Rechnung dazu. Sehr charmant … 🙂

      • Stefan Sasse 27. April 2020, 14:50

        Die Euro-kritische AfD war 2015 klinisch tot. Die Flüchtlingspolitik war effektiv eine zweite Gründung. Sieht man auch am Personal.

        • Erwin Gabriel 28. April 2020, 09:20

          @ Stefan Sasse 27. April 2020, 14:50

          Die Euro-kritische AfD war 2015 klinisch tot. Die Flüchtlingspolitik war effektiv eine zweite Gründung. Sieht man auch am Personal.

          Ja. Die Gauland-Meuthen-Höcke-AfD hat mit der Lucke-AfD nichts mehr zu tun.

          • Ralf 28. April 2020, 09:31

            Das ist reines Wunschdenken. Auch Lucke und Henkel haben aktiv am rechtsextremen Rand gefischt, weil sie alleine mit ihrer ultraneoliberalen Ideologie niemals eine Fünf-Prozenthürde übersprungen hätten. Es brauchte immer den braunen Abschaum für ein erfolgreiches politisches Modell. Nun sind Lucke und Henkel sicher keine Nazis, sondern die beiden fallen eher in die Rolle eines von Papen, der geholfen hat die Nazis an die Macht zu bringen, weil er geglaubt hat, er könne sie als kontrollierbares Werkzeug für die eigenen Zwecke einsetzen. Diese Strategie hat auch bei Lucke und Henkel zum selben Ergebnis wie damals geführt.

            Die Idee, dass Lucke und Henkel doch nur eine FDP auf Steroiden, nur eine Egoisten-Partei für Wohlhabende sein wollten und dann schuldlos von Neonazis überrannt wurden, ist ein Mythos.

            • Stefan Sasse 28. April 2020, 13:44
              • Ariane 29. April 2020, 22:52

                Ich finde Gauland passt da einfach perfekt rein. Das sind einfach alte Gutsherren, die ihre Gutsherrenart gefälligst auch im Jahr 2020 ausleben wollen. Deswegen sind sie auch so entsetzt, wenn die FAZ die Freundschaft aufkündigt, Gauland denkt halt wirklich er ist halt ein sehr traditioneller Bürgerlicher^^

            • Erwin Gabriel 2. Mai 2020, 14:41

              @ Ralf 28. April 2020, 09:31

              Auch Lucke und Henkel haben aktiv am rechtsextremen Rand gefischt, weil sie alleine mit ihrer ultraneoliberalen Ideologie niemals eine Fünf-Prozenthürde übersprungen hätten.

              Quatsch.

              Lucke und Henkel kamen über die Wirtschaft und die Währung. Es waren Merkel und Gabriel, die das „nationalistisch“ nannten – zu einem Zeitpunkt, als die Partei das noch nicht war.

              Im Gegensatz dazu „argumentieren“ Gauland, Höcke und Co völkisch. Ist ein Riesen-Unterschied.

              Es brauchte immer den braunen Abschaum für ein erfolgreiches politisches Modell. Nun sind Lucke und Henkel sicher keine Nazis, sondern die beiden fallen eher in die Rolle eines von Papen, der geholfen hat die Nazis an die Macht zu bringen, weil er geglaubt hat, er könne sie als kontrollierbares Werkzeug für die eigenen Zwecke einsetzen. Diese Strategie hat auch bei Lucke und Henkel zum selben Ergebnis wie damals geführt.

              Die Idee, dass Lucke und Henkel doch nur eine FDP auf Steroiden, nur eine Egoisten-Partei für Wohlhabende sein wollten und dann schuldlos von Neonazis überrannt wurden, ist ein Mythos.

              • Ralf 2. Mai 2020, 14:57

                Ermutigend dass Du Deinen Irrtum noch innerhalb Deines eigenen Postings einsiehst und meine zuvor gebrachte Aussage zur Strategie der AfD wortgleich zu mir noch einmal aus Deinem eigenen Munde wiederholst.

                Endlich sind wir einmal uneingeschränkt einer Meinung.

    • Stefan Sasse 27. April 2020, 14:50

      Die europaweite Flüchtlingsregelung hätte es wie gegeben? Ich bin ernsthaft neugierig. Ich sehe nämlich keine Chance. Und UN-Hilfswerke, klar, immer gerne, aber du nimmst hoffentlich nicht ernsthaft an, dass das das Problem beseitigt hätte.

      Linksradikale gab es vor der LINKEn auch immer wieder, und sie blieben bedeutungslos. Aber die Bindekraft der Volksparteien lässt halt nach. Das ist ein Phänomen, das strukturell ist und weit über die Personen Schröder und Merkel und konkrete policies hinausgeht. Was die Ortsvereine angeht: Ich weiß nicht, ob Auftritte Merkels da hilfreich gewesen wären. Mein Vergleich bleibt die Agenda2010. Schröder hatte damals ja dasselbe Problem. Ich glaube schlicht, dass es für Merkel keine guten Lösungen gab, oder für die CDU generell.

      Ich wäre verwundert, hätte die Kanzlerin diesen Begriff „alternativlos“ in der Flüchtlingskrise in den Mund genommen. Sie hat auch Flüchtlingsgegner nicht zu Nazis erklärt. Es ist für mich generell schwer, deine Gefühle nachzuvollziehen, weil mein Eindruck natürlich ein anderer war, aber ich kann dir schlecht deine Empfindungen absprechen. Ich würde nur erneut die Frage in den Raum stellen, ob das vielleicht mehr der Gesamtsituation als der Person Merkels geschuldet war. Ich bin heute auch nicht mehr sicher, ob die SPD-Spitzenpolitiker seinerzeit wirklich so arrogant und kaltschnäuzig aufgetreten sind, aber das war mein Eindruck – und die kalte Wut hatte ich auch. Ich fürchte, das ist bei solchen Identitätsfragen überhaupt nicht auseinanderzuhalten. Weißt was ich meine?

      Ich bin für Schmidt einfach zu jung. Ich kann ihn daher nur als Historiker beurteilen, nicht als Zeitzeuge. Ich halte ihn für einen sehr kompetenten Kanzler, aber halt ohne eigene Akzente. Das muss nichts Schlechtes sein. Gib mir ordentliche Verwalter vor visionären Pfeifen. Den Doppelbeschluss halte ich für die korrekte Entscheidung. Scharping – da kann ich gar nichts dazu sagen. Immer noch zu jung, und als Historiker kann ich sagen…den gab’s? ^^ Bei Lafontaine sind wir uns einig, wenngleich ich inzwischen seine Fähigkeit zu konstruktiver Arbeit deutlich skeptischer beurteile als früher.

    • Ariane 28. April 2020, 05:00

      Aber gutheißen kann ich auch nicht diese Arroganz, mit der die Kanzlerin jeden, der an dieser Stelle nicht ihrer Meinung war, zum schlechten Menschen erklärte. Mich packt heute noch die Wut.

      Ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht Merkel war, die so etwas gesagt hat. Hast du da Beispiele? Sowas sagt Merkel eigentlich nicht. Oder meinst du ihre „Verbündeten“ aus der Bevölkerung?
      Ich habs nicht mehr so genau in Erinnerung, irgendwie hatte ich damals privaten Stress und hab das nur so ein bisschen am Rande mitbekommen. Aber es war ähnlich zu heute, da hatte sich die Bevölkerung auch kurzzeitig in zwei Lager gespalten (bis zu dieser Silvesternacht, da war dann alles wieder wie immer) und die eine Seite war entsetzt über das was alles passiert und die anderen haben die Bilder gesehen und sind losgerannt und haben Flüchtlingshilfe organisiert.

      Und ich meine jetzt nicht dich, sondern vor allem die Medien und die eher rechtskonservativen Politiker. Das entsprach nicht dem üblichen Vorgehen. Vielleicht ein bisschen wie der Kosovokrieg von Schröder/Fischer.
      Und sie hat auch humanistisch argumentiert meine ich, sie hat nie offen gesagt: ich werde auf niemanden schießen lassen. Sie hat gesagt, es ist ein Akt der Humanität. Fertig. Das ist auch ihre Linie jetzt und auch im Rechtsterrorismus und das ist meine Kritik an Merkel. Es ist zu zahm. Das wird einfach überhört, bis ganz krasse Sachen passieren.

      Wenn ich dir erzähle, dass da Galgen gebaut wurden und Merkel als Hure, Schlampe und Schlimmeres beschimpft wurde (und Gauck übrigens auch), dann grenzt du dich ab oder fühlst dich angegriffen. Aber so war es eben auch. Ich erinnere mich noch an diese schrecklichen Bus-Szenen. Und es ist mir egal, ob da wer überlastet war, bestimmt. Aber deswegen darf man nicht irgendwelchen Kindern! Gewalt androhen.

      Man kann ja alles kritisieren, aber da ist die Grenze. Und die wurde überschritten. Von wenigen, aber sehr lauten Menschen. Das war die Pegida-Hochzeit und gab es nicht auch HoGeSa in Köln? (Die Ultras haben da übrigens mächtig aufgeräumt seitdem, Herr Hopp) Und wer war wieder außen vor in dieser Phase der Verbrüderung? Die alten Eliten, die haben ne Weile gebraucht, um den Status Quo wieder herzustellen und das war nicht gut. Und es wäre sehr schön, wenn wir die radikalen Nazis jetzt bitte diesmal wirklich langfristig aus dem öffentlichen Bild herausdrängen können. Ja, Zeiten ändern sich. Isso. Wir werden kein homogenes Deutschland mehr sein, der Zug ist schon lange abgefahren.

  • Kirkd 27. April 2020, 13:56

    Das kleinere Übel heisst Übel, weil es trotz seiner vergleichsweise geringeren Grösse immer noch ein Übel ist.

    • Stefan Sasse 27. April 2020, 14:52

      Wenn ich die Wahl zwischen zwei Übeln habe, nehme ich das kleinere.

      • Kirkd 28. April 2020, 10:35

        Was aber nicht dazu führen sollte, dass man sich irgendwann mit dem Übel abfindet. Dann haben die Rechten gewonnen.

        • Stefan Sasse 28. April 2020, 13:55

          Richtig. Aber ich man muss Schlachten schlagen, wie sie fallen.

  • Ralph 28. April 2020, 11:01

    Was soll die ganze Diskussion, auf Personen oder Parteien bezogene Wahlen sind die schlechteste Form der Demokratie, dass wird sich trotz aller Diskussionen nicht ändern. Und damit sind zudem ca. 50 % der Bevölkerung von Demokratie ausgeschlossen, weil viel zu kompliziert.
    Ohne wirkliche – nämliche direkte – Demokratie bleibt alles, wie es ist: Der Westen führte Kriege, fördert Terrorismus und betreibt nicht objektiv informierende Medien zur Wählertäuschung, damit sich die Eliten ( viell. 0,1 % ) und ihre Helfershelfer ( viell. 30 % ) an der Macht halten können, während die Menschenrechte weiter und weiter abgebaut werden und die Erde weiter und weiter umweltmäßig geschädigt wird.
    Was soll man also gegenwärtig machen, um sich nicht gänzlich nutzlos zu fühlen: Für mich: Niemals eine Partei wählen, die für die NATO ist.
    Zur Eingangsmeinung von Herrn Sasse: Auch ich habe manchmal den Eindruck, Frau Merkel verhindert noch Schlimmeres. Dennoch ist die CDU für mich unwählbar.

    • Stefan Sasse 28. April 2020, 13:57

      Muss ich ja auch nicht. ^^ Ich wähl die CDU ja auch nicht.

Leave a Comment

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.