In der Dusche mit Mitch McConnell, Rente kürzen für die Goten und mit der taz in Disneyland – Vermischtes 28.04.2020


Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Don’t Be Fooled by Autocrats!

But Hungary’s emergency is not like that of any other country in Europe – or for that matter any country anywhere.  Let us mention just a few of the powers that the government has already claimed.   No other country has put military commanders at the head of every hospital in the country.   Last week, on the orders of the Hungarian health minister, these commanders cleared 36,000 hospital beds across the country – mostly by ejecting terminally and chronically ill patients from these hospitals and sending them home.   Nurses were frantically explaining to family members how to change drips and bandages, how to administer shots, how to look for dangerous turns in these patients’ conditions.  And now, of course, tens of thousands of Hungarian families are isolated at home with sick and dying loved ones who should have had hospital care.   Two hospital directors were fired for resisting the government’s orders, which overrode doctors’ assessments of what was best for their patients’ health.   Never mind that the real need for beds is about a tenth of the government estimates. The government has also inserted the military into at least 150 “strategic” companies to ensure their continued operation through the pandemic.  Among the companies now under military direction are major players in the food business among many others.   In addition, military are now much more visible on the streets.  Of course, some countries, like the US, have deployed military units to help fight the pandemic.  But those units are building field hospitals to handle the crush of patients; they are not there for social control or economic guidance purposes, as they are in Hungary. Orbán has issued about 70 decrees so far with his newly found powers.  It is impossible to summarize them all. (Gabor Halmai, Verfassungsblog)

Jedes Mal wenn man denkt, man hat sich gerade daran gewöhnt, auf welchem Schritt Ungarn auf der Reise in die Diktatur gerade ist, entsetzt einen eine neue Nachricht. Das Militär übernimmt die zivile Regierung und wirft todkranke Leute aus dem Krankenhaus? Das sind Bilder, die hat man hier in Europa eigentlich seit dem Ende des Dritten Reichs nicht mehr gesehen (wobei ich ja befürchte, dass es genug Beispiele von östlich des Eisernen Vorhangs gibt…).

Ungarn bleibt die schwärende Wunde in der EU. Wenn diese Föderation kaputt geht, dann glaube ich weniger wegen den italienischen Staatsfinanzen. Geld ist letztlich nur Geld. Dafür findet sich im Zweifel immer eine Lösung. Aber das gemeinsame Wertefundament muss bestehen bleiben, sonst ist die EU wertlos. Es ist daher auch bezeichnend, dass Friedrich Merz (oder Ministerpräsident Kretschmann oder oder oder) sich zwar gerne öffentlich despektierlich über Italien äußert, aber zu Ungarn nur dröhnendes Schweigen zu vernehmen ist. Selbst Phrasendreschmaschine Heiko Maas findet zwar gelegentlich weichgespülte Worte zu Saudi-Arabien (Zauberstab der Verhandlungen and all that), aber zu Ungarn bleibt da wenig hängen.

Um das klarzustellen: Die EU wird aller Wahrscheinlichkeit nicht daran zerbrechen, dass Ungarn zur Diktatur degeneriert. Die Föderation hat keinerlei Instrumente, um etwas dagegen zu tun. Mitglieder können nicht ausgeschlossen werden, und Sanktionen sind unmöglich, solange Polen Orbans Regime stützt – und selbst wenn es das nicht würde, wie würden Sanktionen durchgesetzt werden? Ein Einmarsch der Bundeswehr in Budapest? Nein, die Bedrohung der EU durch Orban kommt von innen. Das ist es gerade, was sie so gefährlich macht.

2) The US Supreme Court’s Activism in the Wisconsin Election

In recent years, however, the Court has moved away from traditional restraints on Supreme Court activism in cases important to the Trump administration. It has created a shadow docket that often relieves the Trump administration of temporary legal restraints on its policy initiatives when they appear illegal to District Courts. […] Republican National Committee extends this emerging practice of shadow docket activism on behalf of the President’s initiatives to those of the Republican Party as a whole and accordingly generated a 5-4 split along party lines. The Court resolves shadow docket cases without full briefing or oral argument, which may make partisan views more likely to influence cases. […] The conservative majority invents fresh, unclear, and baseless technical requirements for District Court Judges, while not applying the usual technical restraints on itself. […] The Wisconsin debacle and growing anxiety that Trump might use the coronavirus as an excuse to seek to postpone the presidential election has sparked a movement to make absentee ballots widely available in upcoming elections. An expansion of absentee balloting while making live voting compatible with social distancing, however, requires about $4 billion in funding from Congress. Trump has said that expanded absentee balloting would be a disaster for Republicans. But rejecting this demand might give the opposition even more energy. The Democrats elected one of their own to the Wisconsin Supreme Court on April 7, despite, or perhaps because of, the chaos that followed the US Supreme Court’s intervention. (David M. Dreisen, Verfassungsblog)

Für die Republicans sind die Gerichtshöfe ein Schlachtfeld. Diese Leute sind nicht dumm. Keine der Gewalten ist so inhärent konservativ wie die Judikative, und nirgendwo kann man langfristig Macht sichern, weil die Ernennungen in den USA in den entscheidenden Gerichtshöfen auf Lebenszeit sind und ihre Besetzung ohne jeden Kompromiss mit der Gegenpartei möglich ist. Besonders Mitch McConnell als teuflischer Machttaktiker weiß um ihre Bedeutung und hat von Anfang an sein Augenmerk darauf gelegt.

In der Trump-Ära haben die Republicans bereits weit über 200 hochrangige Richterposten mit jungen, rechtsradikalen Fanatikern besetzt. Diese werden den USA für 40 Jahre oder mehr erhalten bleiben. Das ist eine Machtfülle, gegen die alles andere erblasst. Und da es sich im Fanatiker handelt, werden diese Leute auch immer politische Entscheidungen treffen. Man sieht das ja bereits gut am Supreme Court: Wie bereits im unheilvollen Präzedenzfall von Bush v Gore 2000 trifft der Supreme Court Entscheidungen im Sinne der GOP, die explizit den eigenen Prämissen nicht gehorchen und mit der rechtlichen Lage wenig zu tun haben, sondern durch Abstimmungsmehrheit gewonnen werden.

Es geht nicht um Gesetze, sondern darum, wer die meisten Richter hat. Das ist effektiv die Fortschreibung der Regel Grover Norquists, der einmal gesagt hat, dass die einzige Anforderung für einen Präsidenten fünf funktionierende Finger seien, mit denen er seine Gesetzesvorlage unterschreibe, für die Judikative. Die einzige Qualifikation, die ein Richter für Mitch McConnell haben muss, ist, dass er immer für die Republicans abstimmt. Auf diese Art werden die Gerichtshöfe effektiv zerstört.

3) Which generation will bear the cost of the lockdown?

Like every other country in the world, the UK is currently racking up a large bill  — £300 billion to be precise according to the Centre For Policy Studies. Next year’s tax receipts are expected to be skeletal after the Office for Budget Responsibility forecast a contraction of 35 per cent in output for the second quarter of this year. The awkward question everyone at the Treasury will now be mumbling is: who is going to pay for all this? In the US, a strange guilt-tripping consensus has emerged on the Republican right, whereby elderly Americans talk about sacrificing their own health to keep the economy open for the young. Perhaps it is no surprise that this shrill theatricality dominates in Trump’s America. But buried beneath the hysterics, there was a genuine question being posed when, last month, the 69-year old lieutenant governor of Texas Dan Patrick exhorted Trump to put an end to lockdown on Fox News for the sake of millennials. Namely, how do governments balance a health crisis for the elderly with an economic crisis for the young? […] „Lots of people in the baby boomer generation through luck and hard work did well for themselves, and they have their wealth concentrated in assets,“ says one senior Labour MP. „But there are also a lot of pensioners living in hardship and poverty. I think fundamentally we want to fight on the issue of fairness and there is a generational element to that.“ (George Gryllis, The New Statesman)

Die Fragestellung ist grundsätzlich eine richtige, aber die Lösung, die Gryllis hier vorschlägt, ist Quatsch. Das liegt daran, dass er nicht wirklich an mich denkt, auch wenn er behauptet, das zu tun. Die mit Krokodilstränen vorgetragene Sorge um die Generation X, Millenials und Generation Z, mit denen Einschnitte in die Rentensysteme begründet werden, war schon vor 30 Jahren als Argument en vogue.

Sie hilft mir nur leider überhaupt nichts. Wenn die Rente jetzt mit dem Verweis darauf gesenkt wird, dass für mich die Rentenbeiträge nicht wachsen sollen, klingt das erstmal toll – aber das löst ja mein Rentenproblem nicht. Klar, ich zahle jetzt den aktuell ja bereits nicht unbeträchtlichen Beitrag zur Rentenversicherung weiter, der sich dann vielleicht nicht nochmal um ein oder zwei Prozentpunkte erhöht. Das tut meinem Netto auf dem Gehaltszettel gut.

Aber wenn ich dann mal in Rente gehe, fehlt mir die Kohle ja. Wo kommt das Geld für mich dann her? Das hat nichts mit irgendwelcher verantwortungsvoller Finanzierung zu tun, sondern ist im Endeffekt genauso ein Problem in die Zukunft verschieben wie wenn ich das jetzt mit mehr Schulden finanzieren würde (nur als Beispiel). In beiden Fällen zahlt mein Zukunfts-Ich, nur im einen Fall halt weil ich weniger Rente habe, und im anderen Fall weil Sozialausgaben durch Schulden bezahlen nicht so die pralle Idee ist.

Ich habe letztlich keine andere Wahl, als das Rentenniveau auf einem dauerhaft ordentlichen Level zu halten. Entweder deckt die gesetzliche Rente das ab (und wird dann gegebenenfalls wegen der Demographie erstmal teurer) oder ich muss zusätzlich privat vorsorgen, aber für mein zur Verfügung stehendes Einkommen macht es recht wenig Unterschied. So oder so kostet mich die Altersvorsorge mehr. Ich will eigentlich lieber die nachkommenden Generationen auf den gleichen Deal verpflichtet wissen, an den ich mich gerade auch halte, selbst wenn es zu meinem Schaden ist. In solchen Vorschlägen erkenne ich für mich jedenfalls wenig Gewinnbringendes.

So, jetzt dürft ihr meine Logik in den Kommentaren zerpflücken. 🙂

4) The dark logic of the GOP’s latest coronavirus aid strategy

But some reporting also suggests a much darker motive than mere ideological blinkeredness and hypocrisy. It’s abundantly clear that President Trump and many of his Republican allies are weary of the social shutdowns meant to contain the coronavirus, and want to open the economy back up for business before November — regardless of the ramifications for public health. Trump can’t order an end to the stay-at-home orders himself: that’s up to individual governors and mayors. But he can try to use the states‘ dire financial circumstances as leverage to force them to reopen. The Trump administration believes „if Congress keeps cutting checks for state and local governments, they will be disincentivized to open up their economies,“ Politico reported over the weekend. „The thinking among some Trump administration officials is that many states should be reopening their governments soon and that additional funding could deter them from doing so,“ Axios added. Basically, if Congress helps the states, that holds off the budgetary reckoning of the economic shutdown, allowing governors more leeway to continue the stay-at-home orders if they so choose. It’s hardly a brilliant plan, and could very likely backfire either way: If governors follow public health guidance and continue lockdowns for weeks or months to come, Trump risks driving the recession deeper (by denying the states and localities aid), but if they give in (by reopening the economy sooner), it would invite a second round of coronavirus infections which would also hurt Trump’s re-election chances and likely delay any economic recovery. But given the reporting, that seems to be where the GOP’s thinking is heading, regardless of the White House’s assurances that they’re happy to save state and local aid for later. (Jeff Spross)

Ich glaube, ich habe schon einmal über Mörder an den Regierungsschaltstellen geschrieben. Um noch einmal vier Jahre lang in der Lage zu sein, Richterposten zu besetzen und den Superreichen Steuergeschenke zu machen, sind diese Leute bereit, über zehntausende von Leichen zu gehen. Bereits jetzt hat die Corona-Epidemie in den USA mehr Opfer gekostet als der Vietnamkrieg. Würde man die Beschränkungen jetzt aufheben, damit Trump nachher eine halbwegs ordentliche Statistik hat, würde das sich noch als laues Lüftchen ausnehmen. Rechtspopulisten wählen ist lebensgefährlich. Man sieht das um die ganze Welt.

5) Die „Völker­wan­de­rung“ kennt keine Völker

Hier kris­tal­li­sieren sich Elemente eines simpli­fi­zie­renden Vorstel­lungs­kon­glo­me­rats aus, mit dem wir alle sozia­li­siert worden sind und das wir daher ganz unwill­kür­lich abrufen, sobald der Terminus ‚Völker­wan­de­rung‘ fällt. Damit schaffen wir unre­flek­tiert einen Verständ­nis­ho­ri­zont, wenn seit 2015 vermehrt von einer „neuen Völker­wan­de­rung“ gespro­chen wird – und wer sich im öffent­li­chen Diskurs entspre­chend äußert, evoziert nur selten unbe­dacht spezi­fi­sche Asso­zia­tionen: Massen­mi­gra­tion führt in Zerstö­rung und eine unge­wisse Zukunft, über deren Gestal­tung wir allmäh­lich die Hoheit verlieren. Der Althis­to­riker Alex­ander Demandt hat just mit diesem Nexus gespielt, als er im Januar 2016 in der FAZ einen viel­dis­ku­tierten Beitrag über Völker­wan­de­rung und das Ende Roms mit den Worten beschloss: „Über­schau­bare Zahlen von Zuwan­de­rern ließen sich inte­grieren. Sobald diese eine kriti­sche Menge über­schritten und als eigen­stän­dige hand­lungs­fä­hige Gruppen orga­ni­siert waren, verschob sich das Macht­ge­füge, die alte Ordnung löste sich auf“. Ist diese Analogie gerecht­fer­tigt? Vermut­lich nicht. […] Doch auch die ‚Völker­wan­de­rung‘ selbst ist inzwi­schen weit­ge­hend dekon­stru­iert und in andere Sinn­zu­sam­men­hänge einge­bettet worden. Jene ‚Völker‘, die bis in jüngste Zeit als wandernde Einheiten beschrieben wurden, haben als solche nie exis­tiert. Die Vorstel­lung, homo­gene Enti­täten hätten sich um die Zeiten­wende in Skan­di­na­vien auf den Weg gemacht, um Jahr­hun­derte später als Vandalen, Goten, Burgunder oder Franken in die römi­sche Welt einzu­dringen, beruht auf einem roman­ti­schen Volks­be­griff des 19. und frühen 20. Jahr­hun­derts, der sich empi­risch (in den Geschichts- und Sozi­al­wis­sen­schaften sowie der Ethno­logie) und histo­risch (durch seine Wendung ins Rassis­ti­sche, gipfelnd in der Kata­strophe des Holo­caust und des 2. Welt­kriegs) als obsolet erwiesen hat. (Mischa Meier, Geschichte der Gegenwart)

Als kleine persönliche Note, bei Mischa Meier habe ich seinerzeit in Tübingen auch studiert. Leider nur ein Hauptseminar (über das Prinzipat), weil Professor Meier der mit Abstand beliebteste Dozent und seine Seminare stets deutlich überfüllt waren. Aber positive Erinnerungen nichtsdestotrotz.

Zum Thema: Es gibt viele historische Konzepte, die in der breiten Öffentlichkeit von Klischees diktiert sind, die gut und gern ein Jahrhundert alt sind. Das betrifft vor allem solche Themen, die in selbiger breiten Öffentlichkeit schon lange nicht mehr diskutiert wurden und wo die wissenschaftlichen Fortschritte seither nicht breit rezipiert wurden. Das ist bei der Völkerwanderung sicherlich der Fall, wo die Konzepte noch aus dem 19. Jahrhundert stammen, gerne auch mit veralteten Rezeptionen der Nibelungensage vermischt.

Das ist üblicherweise kein Problem; wenn es um obskure Themen wie den österreichischen Erbfolgekrieg geht, nutzt ja niemand diese als Metapher im politischen bzw. gesellschaftlichen Bereich. Aber gerade wenn Narrative durch einfache Metaphern wie „Völkerwanderung“ gebildet werden, sollte wenigstens der gröbste Unsinn gefiltert werden.

6) Tweet

Und genau deswegen ist es wichtig, dass Leute auf ihre Sprache achten, und das gilt im verstärkten Maße für jene, die unter dem Schutz des Grundgesetzes meinungsbildend tätig sind. Diese Rechte sind für eine Demokratie unabdingbar, aber mit großer Macht kommt eben auch große Verantwortung. Und was hier betrieben wird, ist verantwortungslos und ein weiteres Beispiel für gefährliche Sprache.

7) Disney zahlt mehr als 100.000 Mitarbeitern kein Gehalt mehr

Der Disney-Konzern setzt ab dieser Woche die Gehaltszahlungen für mehr als 100.000 seiner Mitarbeiter aus, wie die „Financial Times“ berichtet. Das entspricht fast der Hälfte der gesamten Belegschaft. Betroffen sind sogenannte Besetzungsmitglieder in Themenparks und Hotels in Europa und den USA, die wegen der Coronavirus-Pandemie seit fast fünf Wochen geschlossen sind. Mit der Aussetzung der Gehaltszahlungen will der Unterhaltungskonzern bis zu 500 Millionen Dollar pro Monat einsparen. Durch die Entscheidung sind die Mitarbeiter von Disney auf staatliche Leistungen angewiesen – öffentliche Unterstützung, die sich in den kommenden Monaten auf Hunderte von Millionen Dollar belaufen könnte – während das Unternehmen Bonusprogramme für Führungskräfte und eine im Juli fällige Dividendenzahlung in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar nicht antasten will. (Handelsblatt)

Man muss bewundern, mit welcher Offenheit die Chefetagen großer Unternehmen dieser Tage in die eigene Tasche wirtschaften. Ohne jedes Verantwortungsgefühl werden zehntausende von Existenzen der eigenen Mitarbeiter zerstört, aber bei sich selbst auch nur einen Cent einzusparen ist völlig unvorstellbar. Herbert Diess, der Vorstandschef von VW, fordert zwar mit großer Verve Milliarden an Steuergeldern als Hilfe für sein Unternehmen, weiß aber, dass „Boni- und Dividendenkürzungen das letzte Mittel“ seien, an das er denkt.

Unternehmen sind, auch wenn Stefan Pietsch das in seiner moralisierenden Romantik anders sieht, keine freien Verbände von Leuten, dir zur Schaffung wirtschaftlicher Güter zusammenkommen. Sie haben ein Ziel, und das ist Profit. Oft deckt sich dieses Ziel mit unseren gesellschaftlichen Zielvorstellungen, weil im Spiel von Angebot und Nachfrage Güter effizient erstellt und effizient allokiert werden. Aber eben nicht immer.

Und die Unternehmer und Vorstandschefs wissen sehr bereitwillig die Hand für Staatshilfen offen zu halten, wenn der Deal für sie nicht aufgeht, und stehlen sich immer aus der Verantwortung, wo es um ihren eigenen Gewinn geht. Das gehört zur Marktwirtschaft, aber das heißt ja nicht, dass man das perfide Spiel auch noch mitspielen muss.

8) There Is No China Crisis

A proper U.S. strategy toward authoritarian capitalism in general and the Middle Kingdom in particular needs to appreciate the strengths and the weaknesses of the China model. Cold War hawks exaggerated Soviet capabilities, and today’s China hawks do the same with the regime in Beijing. Even if one accepts that China poses a significant threat to the American way of life, the optimal response is far removed from the actual response we are witnessing today. Indeed, it seems as though much of the policy response to China is predicated on a loss of self-confidence by the United States. Debates about China are stalking horses for debates about what is wrong with America. […] What did policy makers get wrong? Back in the day, liberal internationalists made two arguments about why China’s participation in the global economy was in America’s national interest. First, if China traded more with the rest of the world, it would alter that country’s domestic political character. Economic freedom within the People’s Republic would increase, leading to more economic affluence. These factors would nudge China into the same political evolution that its Northeast Asian neighbors experienced: greater demands for the rule of law, followed by political liberalization. No policy maker believed this would happen overnight; the Clinton speech quoted above is chock-full of caveats. The overarching belief, however, was that over time China would start to resemble, say, South Korea. The second argument was not about changing the character of Chinese politics but about altering the existing regime’s incentives to disrupt the liberal international order. This logic was simple: The more that China needed the rest of the global economy to fuel its economic growth, the less Beijing would act like a „revisionist“ state and the more it would act like a status quo power. […] As long as China’s government acts in a repressive manner, there can and should be limits to the economic relationship. In winner-take-all sectors, prohibiting Chinese predatory practices makes sense. Yet the United States trades with allies that have similarly abysmal human rights records, from Honduras to Saudi Arabia. During the Cold War, we cooperated with the Soviet Union on arms control, space research, and other areas. (Daniel W. Dredzner, Reason.com)

Es ist absolut korrekt, dass die obigen Prognosen bislang nicht eingetroffen sind. Chinas Wirtschaft wächst zwar immer noch massiv und schließt mit rapider Geschwindigkeit die Lücke zur westlichen Welt, aber von größeren Freiheiten oder einer Liberalisierung des Landes ist bisher wenig zu sehen. Es scheint, als hätten die chinesischen Kommunisten den Schlüssel gefunden, eine autoritäre Diktatur aufrechtzuerhalten und gleichzeitig Wirtschaftswachstum zu haben.

Oder auch nicht. Denn den jetzigen Zustand fort zu schreiben ist gefährlich. Auch die Sowjetunion sah während der Stagflation der 1970er Jahre für viele Beobachter so aus, als würden für sie die üblichen Gesetze nicht gelten, als ob sie hohen Lebensstandard UND Sozialismus unter einen Hut bekommen würde. Zwei Dekaden später brach das bankrotte, marode System in sich zusammen. Seither „wissen“ wir alle, dass es so kommen „musste“. Wie immer macht die Rückschau alles klarer.

Möglicherweise ist China der bislang erste Staat, der ohne Liberalisierung einen westlichen Lebensstandard schafft. Aber zwei andere Szenarien sind durchaus denkbar. Erstens könnte die Liberalisierung immer noch eintreten. Das wäre quasi das bestmögliche Szenario. Oder aber das chinesische Wirtschaftswunder ist, wie auch das sowjetische seinerzeit, eine Mirage. Wenn ein Staat so weit zurücklag wie China (oder eben damals die Sowjetunion) ist es nicht schwer, den Abstand zu verringern. Ihn aber nachhaltig aufzuschließen ist deutlich schwerer und bislang noch keinem Staat ohne Liberalisierung gelungen.

Durchaus also möglich, dass in 10, 20 Jahren völlig „offensichtlich“ ist, dass das chinesische Wachstum nicht nachhaltig sein konnte und wir die Prognosen der künftigen chinesischen Stärke mit dem gleichen Lächeln begutachten, wie wir heute die wirren Prognosen über die künftige japanische Dominanz aus den 1980er Jahren sehen. Prognosen bleiben schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.

9) Mutiert die taz zum Regierungsblatt?

Die Beobachtung, das manche taz-Kommentare die Regierung loben, ist völlig richtig: Tatsächlich fand sich in der taz in letzter Zeit weniger Kritik an der Bundesregierung als zu anderen Zeiten. Und, bitte glauben Sie uns: Auch für einen taz-Redakteur, der es gewohnt ist, erst mal alles zu hinterfragen und vieles zu kritisieren, ist es ein seltsames Gefühl, ein Papier aus dem Innenministerium oder eine Ansprache der Kanzlerin einfach nur zu loben. Aber dass wir das tun, liegt nicht daran, dass wir das kritische Denken plötzlich eingestellt hätten. Im Gegenteil: Wir recherchieren mindestens so intensiv und hartnäckig wie sonst – kommen aber derzeit bei Abwägung aller bekannten Fakten zu der Einschätzung, dass das Vorgehen der Regierung im Großen und Ganzen richtig ist. Dafür, dass von dem neuen Coronavirus eine ernsthafte Gefahr ausgeht und die Gegenmaßnahmen erforderlich sind, gibt es – leider – gute Argumente, für das ­Gegenteil dagegen nicht. Wenn eine taz-Autorin oder ein taz-Autor Maßnahmen der Regierung gutheißt, tut sie oder er das, weil er sie nach einer kritischen Prüfung inhaltlich für richtig befindet, nicht um irgendwem zu gefallen. Als Angela Merkel im Jahr 2015 die Grenzen für Geflüchtete offen ließ, lobten taz-Kommentatoren die Kanzlerin auch – weil sie ihre humanitäre Haltung unterstützten. Als Merkel wenig später mit anderen EU-Staaten die Europäische Union abschottete und Asylrechtseinschränkungen beschloss, wurde sie von uns scharf kritisiert. Auch wenn die taz eine lange Geschichte als Teil der „Gegenöffentlichkeit“ hat: Etwas zu schreiben, was wir eindeutig für falsch halten, nur um uns vom sogenannten „Mainstream“ zu unterscheiden, kann und darf nicht der Anspruch einer intelligenten Zeitung sein. Kritik aus Prinzip ist nicht mehr als eine Pose. Gute Argumente eines Gegenübers zu ignorieren, weil er auf der vermeintlich falschen Seite steht, ist Ideologie. (Malte Kreuzfeld/Ulrich Schulte, taz)

Es ist spannend zu sehen, dass ich nicht der einzige bin, der plötzlich in der wirren Lage ist, eine CDU-Kanzlerin verteidigen zu müssen und dafür aus allen möglichen Richtungen hart angegangen wird. Die taz bringt es hier ziemlich auf den Punkt. Einerseits ist das Krisenmanagment der Bundesregierung im Großen und Ganzen ziemlich ordentlich. Und andererseits ist es intellektuell unredlich, einfach immer dagegen zu sein, nur um dagegen zu sein. Da könnte ich ja gleich für die NachDenkSeiten schreiben.

10) Warum wir gerade lieber Drosten als Sloterdijk hören

So stellte sich ein seltsamer Effekt ein: Durch die Corona-Pandemie befinden wir alle uns in einer völlig einmaligen Lage, das Virus ist neu, die Faktenlage unsicher, sichere Prognosen sind unmöglich. Aber die Begriffe, mit denen die großen Theoretiker daherkommen, sind ihre alten. Sie sagen einfach, was sie immer schon gesagt haben; nehmen ihre bekannten Erklärungsmuster, stülpen sie der gegenwärtigen Situation über – und nichts Neues geht daraus hervor. Auch deshalb verfolgt man die Aussagen etwa des Virologen Christian Drosten so gebannt, weil dieser seine Position wegen neu vorgelegter Studien und gerade gewonnener Ergebnisse von Folge zu Folge seines bekannten Podcasts bei NDR-Info immer wieder überdenkt, revidiert und die Bedingungen und Grenzen seiner Erkenntnis dabei reflektiert. Das ist nicht nur hochspannend, sondern auch deswegen faszinierend, weil er uns so am komplexen Prozess der Theoriebildung und neuen Erkenntnisgewinnung praktisch live teilhaben lässt. […] Der Kulturwissenschaftler Joseph Vogl gehört zu denen, die, wie er das nennt, der „hektischen diskursiven Produktivität“, die man gerade beobachten könne, skeptisch gegenübersteht. „Jede so genannte Krise erzeugt Deutungsnötigung und Deutungsnot“, sagte er kürzlich in der Kunstzeitschrift „Monopol“: „Man kämpft um hermeneutische Vorsprünge, sieht seine lange Zeit ausgefeilten Positionen und Wahrheiten in der Katastrophe bestätigt. Alles wird von allen gesagt und dann noch einmal wiederholt, überboten und variiert.“ Allerdings glaube er nicht, und zwar ganz grundsätzlich, dass sich theoretische Diskurse jetzt weiter so fortsetzen ließen, als wäre nichts geschehen. „Es fehlt das Eingeständnis, dass sich die gegenwärtige Situation nicht auf eine Generalformel bringen lässt.“ […] „Dann dürfte die Abwägung in den manifesten Konflikten zwischen Sterberaten und Schutzmaßnahmen, Partikularinteressen und Gemeinwohl, Liberalität und Regierungsmacht schnell unübersichtlich werden und in die quälende Prüfung von Einzeldramen hinüberführen.“ Und diese neue Unübersichtlichkeit, die man dann zu akzeptieren habe, lasse sich eben nicht durch die Berufung auf ein Prinzip auflösen. […] Die Corona-Krise ist, so gesehen, eine „Krise der Intellektuellen“ nur da, wo es nicht zur Unterbrechung theoretischer Selbstgewissheit kommt. (Julia Encke, FAZ)

Viele Disziplinen haben gerade das Problem, dass einige ihrer Exponenten schon immer ziemliche Dampfplauderer waren, aber das angesichts der Corona-Krise besonders deutlich wird. Was etwa soll man von einem Theater-Intendanten halten, der es für den Höhepunkt demokratisch-bürgerschaftlichen Engagements hält, „sich von Merkel nicht sagen zu lassen mir die Hände zu waschen„? Wie kindisch geht es denn noch, bitte? Von Journalisten wie Augstein und Fleischhauer ganz zu schweigen. Sloterdijk ist sowieso unterirdisch, aber schon seit Jahren. Dagegen ist ein Drosten, der charismatisch und verständlich kommuniziert, natürlich deutlich attraktiver.

Ich denke aber auch, dass Drostens offensiver Umgang mit den Grenzen des eigenen Wissens ein Kontrast ist, dessen Wert vielen Interessierten erst jetzt deutlich wird (und sind wir mal ehrlich, diese Diskurse sind Elitendiskurse). Ähnlich wie beim Wert von Entschuldigungen ist das eigentlich Faszinierende, dass die Leute so überrascht sind, dass jemand zugibt, nicht alles zu wissen und seine Einschätzung mit der sich ändernden Faktenlage anzupassen. So sollte es eigentlich sein. Leider fürchte ich, dass dies nicht zum Anlass genommen werden wird, einmal grundsätzlicher über die Mechanismen unserer Diskurse nachzudenken.

11) Why Mitch McConnell Wants States to Go Bankrupt

Bankruptcy, by contrast, is a legal process in which a judge decides which debts will be paid, in what order, and in what amount. Under the Constitution, bankruptcy is a power entirely reserved to the federal government. An American bankruptcy is overseen in federal court, by a federal judge, according to federal law. That’s why federal law can allow U.S. cities to go bankrupt, as many have done over the years. That’s why the financial restructuring of Puerto Rico can be overseen by a federal control board. Cities and territories are not sovereigns. Under the U.S. Constitution, U.S. states are. Understand that, and you begin to understand the appeal of state bankruptcy to Republican legislators in the post-2010 era. […] A state bankruptcy process would thus enable a Republican Party based in the poorer states to use its federal ascendancy to impose its priorities upon the budgets of the richer states. […] When Cuomo protested McConnell’s bankruptcy idea, the New York governor raised the risk of chaos in financial markets. But McConnell does not advocate state bankruptcy in order to subject state bondholders to hardship. Obviously not! When McConnell spoke to Hewitt about fiscally troubled states, he did not address their bond debt. He addressed their pension debt. State bankruptcy is a project to shift hardship onto pensioners while protecting bondholders—and, even more than bondholders, taxpayers. Republican plans for state bankruptcy sedulously protect state taxpayers. The Bush-Gingrich op-ed of 2011 was explicit on this point. A federal law of state bankruptcy “must explicitly forbid any federal judge from mandating a tax hike,” they wrote. You might wonder: Why? If a Republican Senate majority leader from Kentucky is willing to squeeze Illinois state pensioners, why would he care about shielding Illinois state taxpayers? […] But McConnell seems to be following the rule “Never let a good crisis go to waste.” He’s realistic enough to recognize that the pandemic probably means the end not only of the Trump presidency, but of his own majority leadership. He’s got until January to refashion the federal government in ways that will constrain his successors. That’s what the state-bankruptcy plan is all about. McConnell gets it. Now you do, too. (David Frum, The Atlantic)

Und noch ein Beispiel für die abgrundtiefe Bosheit, mit der Mitch McConnell im Speziellen und die Republicans im Allgemeinen die Corona-Krise ausnutzen. Wie Rechtsextremisten überall, ob in Brasilien oder Ungarn oder in Washington, haben sie kein Problem damit, eine humanitäre Krise als Hebel zu nutzen um sich und ihren Verbündeten die Taschen zu füllen und ihre Ideologie durchzusetzen. Es ist so unglaublich widerwärtig, ich will mich immer duschen wenn ich von McConnell nur ein Foto sehe.

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  • Stefan Pietsch 28. April 2020, 16:44

    3) Which generation will bear the cost of the lockdown?

    Hm, ich erkenne wenig Logik, das kann in diesem Fall aber auch an mir liegen. Don’t blame you.

    Jahrtausende trachteten Menschen danach, ihren Wohlstand durch Kapitalbildung in die Zukunft fortzuschreiben und im Alter von den Zinsen leben zu können. Dafür gibt es zahlreiche Modelle und Begriffe, die aber stets auf das Gleiche hinauslaufen. Mit einem umlagebasierten Transfersystem wurde die Koppelung des Altersgeldes vom Kapital gelöst. Aber auf irgendetwas fußt es, so ist die Welt. In diesem Fall ist es die Anzahl der Beitragszahler.

    Nur wenn die Menge an Beitragszahlern konstant bleibt oder wächst, lässt sich mit dem eigen gesparten Geld (Beträge genannt) Vermögen in der Zukunft bilden. Andernfalls führt es zur Vernichtung. Diese Vernichtung von „Sparvermögen“ zeigt sich in der Entwertung von Beitragspunkten, Veränderung der Relationen von Einzahlungsphase und Auszahlungsphase, schnöde Kürzung von Altersbezügen. Die Politik stemmt sich seit vielen Jahren gegen diese einfachen ökonomischen Erkenntnisse.

    Denn: Deutschland spart nicht, weil die zahlende Bevölkerung schrumpft. Deswegen stehen überall, wo die Rente auf dem Umlagesystem beruht, die Altersvorsorge im Feuer. Überall das gleiche Problem. Ein junger Mensch hat nicht das Geringste davon, wenn er heute hohe Beiträge entrichtet. Daraus lässt sich nur sehr indirekt ein Anspruch in 40 Jahren ableiten. Die Politik hat dies immer wieder gezeigt. Nicht ohne Grund erwerben Beitragszahler keine direkten Ansprüche in Geld (Rente), sondern in „Beitragspunkten“. Den Wert dieser Beitragspunkte kann die Politik in weiten Grenzen nach Gutdünken festlegen. Es ist also eine politische Lüge, wenn Regierungsvertreter wie Standeslobbyisten behaupten, ein höheres Beitragsniveau sei auch zum Nutzen der jüngeren Generation.

    • Stefan Sasse 28. April 2020, 17:18

      Ich weiß halt eines sicher: ein niedriges Beitragsniveau ist NICHT zu meinem Nutzen. Daher bleibt mir nur die Hoffnung, dass die Beitragspunkte später was wert sind. Ich sehe schlichtweg keine Alternative, die auf breiter Basis so gute Chancen für ein Auskommen im Alter bietet wie die umlagenfinanzierte Rente, trotz aller unbestreitbaren Probleme.

      • Stefan Pietsch 28. April 2020, 17:56

        Woher weißt Du das? Das ist die Solution, die für unsere Eltern / Großeltern galt und gilt. Sie haben mit relativ geringen Abzügen vom Lohn eingezahlt und bekommen das höchste jemals staatlich gezahlte Rentenniveau. Nicht von ungefähr sind sie die wohlhabendste Rentnergeneration. Das wird auf absehbare Zeit nicht mehr so sein.

        Aber, es ist möglich. 1975 hätte niemand gesagt, ein hohes Beitragsniveau wäre zum eigenen Nutzen. Ansonsten bist Du statistisch nicht so up to date. Jedes Land, dass auf eine stärkere Kapitalkomponente setzt, kann seinen Bürgern höhere Altersgelder zahlen. Die Mischung macht es dabei und die ist in Deutschland mit seiner Einseitigkeit nicht gut. Das ist keine gefühlsmäßige, das ist eine statistische Wahrheit.

        • Ariane 29. April 2020, 09:11

          Sie haben mit relativ geringen Abzügen vom Lohn eingezahlt und bekommen das höchste jemals staatlich gezahlte Rentenniveau. Nicht von ungefähr sind sie die wohlhabendste Rentnergeneration.

          Hahahahaha
          Ja, im Bürgertum vielleicht. Die, die bis zur Rente nicht wohlhabend waren, sind jetzt von naja auf arm.

          • Stefan Pietsch 29. April 2020, 11:00

            Bevor Du lachst, mach‘ Dich mit den Fakten vertraut. Die heutigen Rentner haben schon Ende der Sechzigerjahre Beiträge gezahlt. Da lag der Beitragssatz bei 15%, das ist ein Viertel unter dem heutigen Niveau. Und auch das ist nicht richtig gerechnet.

            Die rot-grüne Regierung hat in ihrer Anfangszeit den Beitragssatz um 1%-Punkt gesenkt und den Ausgleich über die neu eingeführte Ökosteuer herbeigeführt. Später entwickelte sich der Rentenbeitrag wieder gen 20% – trotz Rasen für die Rente. Erst die außerordentlich gute Beschäftigungslage hat den Beitrag gedrückt. Allerdings sorgte dies für Unruhe im Lager der Großkoalitionäre, denn Beitragssenkungen gehen gar nicht. So wurden wir mit Mütterrente und Rente mit 63 beglückt.

            Ich nenne das Betrug, aber der ist im Politischen nicht strafbar. Jedenfalls haben die heutigen Rentner im Schnitt so 2-3 Prozentpunkte weniger Beitrag geleistet als heutige Einzahler. 1977 lag das Standardrentenniveau bei knapp 60% des früheren Einkommens (brutto). Das Netto-Niveau liegt auch heute noch mit so 67% weit höher. Tendenz ist aber fallend.

            So, damit sind die Fakten klar: wer heute Beitragszahler ist, wird die historisch höchsten Zuzahlungen leisten müssen, zusätzlich kommt ein Rekordniveau aus dem Steuertopf, der ja auch irgendwie gefüllt werden muss. Und zum Ausgleich hat man den niedrigsten Rentenanspruch aller bisherigen Rentnergenerationen. Nach einem guten Deal hört sich das nicht an.

            Ende der Sechziger- / Anfang der Siebzigerjahre haben sich viele junge Frauen ihren Rentenanspruch auszahlen lassen, um sich dem Hausfrauendasein zu widmen. 25 Jahre später sorgte sich der Herz-Jesu-Marxist Norbert Blüm, diese Frauen könnten in Altersarmut fallen – das Argument ist nicht wahnsinnig neu noch originell. In einem einmaligen Akt bot die Kohl-Regierung solchermaßen „geschädigten“ Frauen die Möglichkeit, mit einer Einmalzahlung Rentenansprüche zu erwerben.

            Wer so clever war, dies kurz vor Renteneintritt zu tun, machte das Geschäft seines Lebens: diese Blüm-Rentnerinnen erhalten eine 100%ige Rendite auf ihre Einmalzahlung – pro Jahr! Wer damals 10.000 DM einzahlte, erhält heute eine Rente von 400€ im Monat.

            • Ariane 29. April 2020, 11:47

              Die heutigen Rentner haben schon Ende der Sechzigerjahre Beiträge gezahlt. Da lag der Beitragssatz bei 15%, das ist ein Viertel unter dem heutigen Niveau. Und auch das ist nicht richtig gerechnet.

              Mit welchen Fakten denn bitte? Ich rede mit Leuten, sagte ich schon mal. Ich kenne Rentner, die an der Grundsicherung herumknapsen und welche, die ihre Rente mit Reisen und Sport genießen. Nur weil die eine Gruppe größer ist als die andere, ist „Alle Rentner sind total wohlhabend“ kein Fakt.
              Eine Statistik sind Zahlen, keine Fakten. Beweist gerade die Pandemie. Da sollte man vielleicht mal sein übliches Denken und verdiente! Arroganz kurz mal hinterfragen.

              • Stefan Pietsch 29. April 2020, 11:56

                Vielleicht solltest Du Deine hängengebliebene Schallplatte einfach mal anstoßen?

                Auch in 50 Jahren wird es arme Alte geben. Das ist als Argument ungefähr so gehaltvoll wie „Ein Teil des Jahres wird die Sonne scheinen.“ Fakt ist, die heutigen Rentner mussten relativ wenig von ihrem Lohn abgeben um dennoch das höchste Niveau der Geschichte zu genießen. Wer dennoch schlecht verdient hat oder die meiste Zeit aus individuellen Gründen kein Beitragszahler war, wird dennoch keine als gut empfundene Rente erhalten. So what?

                Stefan, nur für Dich zur Erinnerung, hat behauptet, es sei günstig, als junger Mensch hohe Beiträge zu zahlen. Faktenbasiert ist die These nicht, nur hat Dich das nicht gestört. Gefühle zählen derzeit einfach mehr.

                • Ariane 29. April 2020, 12:37

                  Vielleicht solltest Du Deine hängengebliebene Schallplatte einfach mal anstoßen?
                  Wenn du mich mit deiner Meinung als Faktum nicht belehrst, würde ich das in Erwägung ziehen 😉

                  Nur das Problem ist ja, wenn die jetzigen Arbeitnehmer weniger bezahlen oder die Rente gekürzt wird (kommt ja aufs Gleiche hinaus) ist ja das Problem nicht gelöst. Damit treiben wir JETZT mehr Rentner in die Altersarmut, damit Stefan später auch weniger Rente bekommt.

                  Ich bin davon übrigens nicht betroffen, ich bin da emotional gar nicht involviert. Und ich mag es nicht, wenn man meint, ich wäre unfähig rational zu argumentieren Stefan. Dann muss ich wieder granteln.

                  Aber ich sehe da wenig Sinn drin, warum sollte Stefan jetzt ein paar Euro sparen, damit er dann später auch weniger Rente bekommt. Sehe nicht so wirklich, wer davon profitiert? Also von daher finde ich das Argument es wird immer Armut geben ähnlich gehaltvoll wie „fast alle Rentner sind wohlhabend“ an. Beides zugleich sollte ja besser nicht stimmen? Oder schreibst du Armutsbetroffene einfach ab, ob man sehr oder wenig arm ist, ist auch schon egal? Aber warum sollte Stefan denn jetzt paar Euro bei Rentenbeträgen sparen?

                • Erwin Gabriel 30. April 2020, 14:21

                  @ Stefan Pietsch 29. April 2020, 11:56

                  Vielleicht solltest Du Deine hängengebliebene Schallplatte einfach mal anstoßen?

                  Da gibt es hier im Blog mehrere von 🙂

                  Auch in 50 Jahren wird es arme Alte geben. Das ist als Argument ungefähr so gehaltvoll wie „Ein Teil des Jahres wird die Sonne scheinen.“

                  Sie beziehen sich auf Durchschnitts- und Regelwerte. Das mag richtig sein, um eine Entwicklung oder die Gesamtsituation zu betrachten. Aber Wohlstand oder Armut im Alter sind individuelle Freuden oder Sorgen, die sich auf diese Art nicht fassen lassen.

                  Sie und Ariane reden aneinander vorbei.

            • Stefan Sasse 29. April 2020, 12:58

              Die Mütterrente ist der Versuch des Schließens einer Lücke, die konservative Haltungen offen gelassen haben.

              • Stefan Pietsch 29. April 2020, 13:18

                Auf die Art werden wir nie fertig. Das Schließen einer vermeintlichen Gerechtigkeitslücke öffnet eine neue.

                Wer hat sich eigentlich um mich gesorgt? Ich musste 15 Monate dienen, während die Generation vor mir großzügiger vom Wehrdienst freigestellt wurde und die danach nur noch verkürzt bis gar nicht mehr leisten musste.

                Mein BAföG war 100% Darlehen, für die Jahrgänge vorher voller Zuschuss, für die danach hälftig. Das hat mich tausende DM gekostet. Niemand hat mir das je ausgeglichen oder nur daran gedacht.

                Es ist der Trick aller Linken: sie finden ihr Leben lang Gerechtigkeitslücken, was das Geld anderer Leute kostet.

                • Ariane 29. April 2020, 14:20

                  Auf die Art werden wir nie fertig. Das Schließen einer vermeintlichen Gerechtigkeitslücke öffnet eine neue.`

                  Öhm, das Ursprungsthema war Generationengerechtigkeit? Da folgt eine auf die andere, das ist ja noch langlebiger als die Staaten, das Problem ist NIE NICHT gelöst, weil die Welt sich nun mal verändert. ^^

                  Wer hat sich eigentlich um mich gesorgt?

                  Ja, was denn nun? Ich dachte, Gefühle dürften keine Rolle spielen? Oder nur wenn ich erzähle, dass meine Oma nie reich war und jetzt etwas weniger arm ist? Und ich soll jetzt mit DIR Mitleid haben oder Verständnis aufbringen? Nachdem du ihr die 30€ mehr im Monat für 5 Kinder alleine aufziehen nicht gönnst? Echt jetzt? Kannst du deine eigene Hypermoral zumindest gelegentlich mal hinterfragen vielleicht? Ich hatte übrigens nicht mal Anspruch auf BAFÖG und hab mich noch nie nicht deswegen beklagt, sondern meinen Berufswunsch aufgegeben (nicht nur, aber auch deswegen).
                  Soviel zu rationaler Vernunft. Oder ist das nur Neid, weil Gefühle auf andere als auf deine Problematik gerichtet sind?

                  Ja, die Mütterrente ist natürlich nur ein kleiner Baustein (fands übrigens von linker Seite unfair, dass das wieder angegriffen wurde teilweise), aber durch den geänderten Lebenswandel entstehen ja wieder neue und andere Lücken, das wird viel teurer, die im Nachhinein irgendwie zu stopfen. Immer besser, wenn die Gesetzeslage nicht meilenweit hinter der Gesellschaft herhinkt. Rot-Grün hat damals auch sehr viele kleinere Dinge aufgeräumt, die unter Kohl einfach verschlafen wurden, weil sie wenig beachtet und als unwichtig angesehen wurden. Das könnten wir nach 16 Jahren CDU-Regierung auch mal brauchen. Wäre eh dafür, alle 20,25 Jahre eine grundlegende Gesamtüberprüfung auf Gesetztauglichkeit einzuführen oder etwas in der Art. (siehe Gewalt in der Familie, da ist das ein riesiges Problem)

                  • Stefan Pietsch 29. April 2020, 15:00

                    Öhm, das Ursprungsthema war Generationengerechtigkeit?

                    Stefans These aus dem Artikel ist historisch wie finanzwirtschaftlich falsch. So einfach ist das.

                    Nachdem du ihr die 30€ mehr im Monat für 5 Kinder alleine aufziehen nicht gönnst? Echt jetzt?

                    Ja, echt jetzt. Ich gönne meiner eigenen Mutter dieses Geld nicht. Wenn ich die Hälfte meines Einkommens an den Staat abführen muss, damit er hauptsächlich alle möglichen Ungerechtigkeiten bekämpft, dann kommt der Punkt, wo es Ende ist mit Großzügigkeit. Weil sonst ist für uns selbst nicht mehr genügend da.

                    Übrigens, „Großzügigkeit des Staates“: Für ihren bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommenen Sohn bekam meine Mutter Abzüge bei der Mütterrente. Wende Dich bitte mit solchen Fragen (gefälligst) nicht an mich. Ich kann selbst über genügend Ungerechtigkeiten klagen. Ich denke, andere dürfen durchaus auch welche in Kauf nehmen.

                    Kannst du deine eigene Hypermoral zumindest gelegentlich mal hinterfragen vielleicht?

                    Stefan hat behauptet, ich wäre nicht moralisch. Dann kann ich wohl erst recht nicht hypermoralisch sein, oder?

                    Ich hatte übrigens nicht mal Anspruch auf BAFÖG

                    Das kann passieren. Ich hatte auch noch nie Anspruch auf Hartz-IV oder Elterngeld.

                    So lange das Stopfen von Gerechtigkeitslücken nur immer mehr Geld kostet, verzichte ich dankend darauf. Sag‘ mal, wie machst Du das eigentlich im Privaten: Wenn Dein Partner, Deine Eltern, Deine Freunde etwas ungerecht finden oder sich von Dir ungerecht behandelt fühlen – kommst Du dann auch mit dem Scheckbuch um die Ecke? Nur mal so gefragt.

                    • Ariane 29. April 2020, 15:49

                      Übrigens, „Großzügigkeit des Staates“: Für ihren bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommenen Sohn bekam meine Mutter Abzüge bei der Mütterrente. Wende Dich bitte mit solchen Fragen (gefälligst) nicht an mich. Ich kann selbst über genügend Ungerechtigkeiten klagen. Ich denke, andere dürfen durchaus auch welche in Kauf nehmen.

                      Ok, das ist außerhalb traditioneller Sozialdemokratie vielleicht nicht so unbekannt.
                      Aber du verwechselst Großzügigkeit mit Solidarität. Großzügig ist es, wenn mein Vater mir 100€ schenkt.

                      Das funktioniert aber nur in engen Beziehungen, nicht in Systemen, die viel mehr Menschen umfassen wie äh einer sozialen Martwirtschaft. Da geht es um Solidarität, Schwache nicht alleine lassen, ohne dass die Starken deswegen pleite gehen.

                      Es ist keine großzügige Geste, wenn der Staat meiner Oma jetzt mehr Rente bekommt, es ist kein Almosen. Rente bekommt man für seine geleistete Arbeitszeit und dazu gehört auch unbezahlte Arbeit wie Kinder großziehen.

                      Auch HartzIV oder andere staatliche Leistungen sind keine großzügigen Gesten (die beruhen nämlich auf Freiwilligkeit). Das sind solidarische Hifsleistungen, auf die man als deutscher Staatsbürger einen Anspruch hat oder eben nicht. Deswegen muss man ja Anträge schreiben.

                      Das ist wie bei Krediten Stefan, nur auf langlebiger Staatsebene. Die Bank verschenkt ja auch kein Geld. Wenn die Kriterien erfüllt sind, gibt sie dir einen Kredit mit Konditionen.
                      Und wenn der Staat Geld gibt oder nimmt, ist das Prinzip dasselbe nur auf mehrere Generatonen gerechnet.

                      Denkst du, der ganze deutsche Staat ist ein Schmarotzer? Der einfach was „klaut“ um es an andere Schmarotzer wiederum zu verteilen? Das ist ja schon etwas schräg. Oder wie definierst du einen Staat?

                      Wenn du mir mehrmals obrigkeitshörigkeit vorgeworfen hast, möchte ich ja doch wissen, für was du dich denn hältst?

                    • Stefan Pietsch 29. April 2020, 16:45

                      Es ist keine großzügige Geste, wenn der Staat meiner Oma jetzt mehr Rente bekommt, es ist kein Almosen.

                      Liebe Ariane, das ist wirr. Deine Oma hat einen Rentenanspruch, der aus Beiträgen erworben wurde. Wenn der Staat erklärt, jemand erhält rückwirkend für Kinder, die er vor Jahrzehnten geboren hat, zusätzliche Beitragspunkte, so sind das Almosen / Sozialleistung / Geschenk. Such’s Dir aus. Es steht der Leistungsgewährung keine Gegenleistung gegenüber. Und das verletzt das Äquivalenzprinzip.

                      Wenn dann dieser Staat hergeht und einer Frau für ein verstorbenes Kind (9 Jahre) die Mütterrente um die Hälfte kürzt, dann kann man das engstirnig nennen. Oder herzlos.

                      Denkst du, der ganze deutsche Staat ist ein Schmarotzer?

                      Der Staat ist eine Umverteilungsmaschine, wobei der sich noch Kraftstoff abzapft. Bei der Mütterrente haben die Betreiber beschlossen, den Einzahlern halt noch ein paar Euros mehr abzuknöpfen, damit am anderen Ende andere ein paar Euros mehr erhalten. Mehr ist das nicht.

                      Das Prinzip ist nicht sozial. Das Gros der Empfängerinnen waren auch vorher nicht bedürftig. Sie erhalten Altersruhegelder aus verschiedenen Quellen. Was man mir weggenommen hat, erhöht aber nicht meine Ansprüche. Es sei denn, ich trage vielleicht noch rückwirkend auf das Jahr 1991 ein Kind aus. Ich probier’s mal.

                      In dieser Form können wir weitermachen und es gibt überhaupt keinen Grund, mir nicht auch zusätzliche Beitragspunkte anzurechnen, schließlich wurde ich zwangsverpflichtet für den Wehrdienst. Ich konnte – anders als ein heute 19jähriger – nicht 15 Monate in die Rentenkasse einzahlen. Diese Monate fehlen mir in der Endabrechnung. Zudem wirkt sich das auf mein Lebenseinkommen aus. Das ist eine schreiende Ungerechtigkeit und muss kompensiert werden.

                      Ich bin ein Opfer dieses Staates!

                    • Ariane 29. April 2020, 19:53

                      Das tut mir sehr leid für deine Mutter, aber das hat der Staat ja vermutlich nicht gemacht. Da kann ja niemand was für, wann Kinder sterben und meine Oma musste ihren ältesten Sohn auch zu Grabe tragen, nur war ihm mehr Lebenszeit beschienen. Ich habe keine Ahnung, wie das berechnet wird, ich meine das läuft über den Geburtstermin der Kinder.

                      Und ich finde, Kinder großziehen ist sowieso eine der größten Leistungen, die man in seinem Leben erbringen kann, das sollte sowieso am Ende eines Arbeitslebens bedacht werden.
                      Und übrigens: es war früher noch viel mehr üblich als heute, dass Frauen mit Männern verheiratet waren, die den Lebensunterhalt verdient haben.

                      Das ist heute wenig der Fall und traf bei meiner Oma nie zu, man kommt nicht auf soviele Jahre Fabrikarbeitszeit, wenn man fünf Kinder alleine großzieht. Insofern finde ich es doch nicht nur wenig großzügig, sondern auch nicht besonders herzlich, jetzt irgendeiner Oma die paar Kröten nicht überlassen zu wollen. Und wenn du dafür ein bisschen mehr Euro Beitrag zahlen musst (kA, wie das finanziert wurde) dann verstehe ich nicht genau, welches Problem du nun damit hast?

                      Der Staat ist eine Umverteilungsmaschine, wobei der sich noch Kraftstoff abzapft.

                      Ah ja, keine weiteren Fragen mehr.
                      Ich werde dich daran erinnern, wenn du mir mal wieder Staatshörigkeit oder so unterstellst.

                    • Ariane 29. April 2020, 20:11

                      Ich bin ein Opfer dieses Staates!

                      Verzeihung? Der Staat ist ja kein Gott oder Zauberer. Der kann den Fortlauf eines Lebens, Schicksalsschläge oder Ungerechtigkeiten des Lebens ja nicht beeinflussen und will und soll das ja auch gar nicht. Das wäre ja schrecklich.

                      Er muss aber das Leben von 80 Millionen Menschen und Unternehmen und dem Zeug, was Menschen halt so brauchen organisieren. Und zwar sozial. Denn wir sind ja keine freie Marktwirtschaft.

                      Das heißt natürlich durchaus, dass du das kritisieren darfst. Aber dann solltest du das tun und nicht etwas schräg mit Argumenten bzw Vorwürfen an mich tun. Ich hab ja nichts dagegen, wenn du lieber wenig zahlen willst und nichts abgeben willst. Ist ja logisch, ich wäre auch nicht erfreut, wenn die Mehrwertsteuer erhöht wird.

                      Aber das sind legitime Entscheidungen eines Staates, die man gut finden kann oder schlecht. Deswegen sollte man eine Meinung aber nicht als rationalen Vernunft-Fakt hinstellen.

                    • Stefan Pietsch 29. April 2020, 23:09

                      Der Staat ist ja kein Gott oder Zauberer. Der kann den Fortlauf eines Lebens, Schicksalsschläge oder Ungerechtigkeiten des Lebens ja nicht beeinflussen und will und soll das ja auch gar nicht. Das wäre ja schrecklich.

                      Aber genau darum geht es doch bei der nachträglichen Gewährung einer Sozialleistung. Die Mütterrente soll eine Ungerechtigkeit beseitigen, die keine der Mütter empfunden hat, als sie ihre Kinder bekam noch als sie ihr aktives Leben gelebt hat. Wenn wir diesen Menschen die gefühlte Ungerechtigkeit mit Geld lebenslang ausgleichen, dann bitte auch mir.

                      Zum Schluss, zum Einprägen, weil es scheinbar in Vergessenheit geraten ist: Der Staat gewährt Sozialleistungen grundsätzlich nach Bedürftigkeit. In bestimmten Fällen darf der Staat soziale Ziele fördern. Beides ist bei der Mütterrente nicht gegeben und damit ein Tabu- und Regelbruch.

                    • Ariane 29. April 2020, 23:58

                      die keine der Mütter empfunden hat, als sie ihre Kinder bekam noch als sie ihr aktives Leben gelebt hat. Wenn wir diesen Menschen die gefühlte Ungerechtigkeit mit Geld lebenslang ausgleichen, dann bitte auch mir.

                      Nein, darum geht es aber nicht, es geht darum, dass Mütter gerade damals einfach nicht soviel Geld in die Rentenkasse einzahlen konnten, weil sie Kinder großzogen und es damals noch nicht mal die heutigen Strukturen gab (sie teils noch nicht mal arbeiten durften!) Das ist ja auch der Grund, warum meine Oma so wenig Rente hat. Sie war eine Frau und Fabrikarbeiterin mit 5 Kindern.

                      Dass es keine Bedürftigkeitsprüfung dazu gab, ist eine politische Entscheidung eben aufgrund der Tatsache, dass Frauen in der Zeit gar nicht die Möglichkeit hatten, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Das kannst du ja kritisieren, aber es einfach als Geschenk oder Almosen zu betrachten ist faktisch falsch.

                      Und nein, der Staat hatte keinen Einfluss auf die Wege des Schicksals deiner oder meiner Oma, kann er nicht und soll er nicht. Aber die lassen sich doch eh nie in Geld aufwiegen, sonst wäre die Mütterrente ja eher eine Beleidigung für meine Oma.
                      Wir haben es ja auch nicht als Almosen gesehen, sondern einfach als verdient, dass meine Oma nicht mehr am Rande der Bedürftigkeit herumtänzelt.

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 11:14

                      Dass es keine Bedürftigkeitsprüfung dazu gab, ist eine politische Entscheidung eben aufgrund der Tatsache, dass Frauen in der Zeit gar nicht die Möglichkeit hatten, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Das kannst du ja kritisieren, aber es einfach als Geschenk oder Almosen zu betrachten ist faktisch falsch.

                      Ich hab‘ jetzt nicht nachgeschaut, aber über 80% der Rentnerinnen sind nicht aus Gründen der Bedürftigkeit auf das Geld angewiesen. Da wurde mit riesigen Kanonen auf Spatzen geschossen. Genauso könnte der Staat mir gerade einen Scheck über 10.000 Euro ausstellen, weil ich aktuell Herausragendes leiste (Eigeneinschätzung).

                      Tut er nur leider nicht. Ich finde diese Entscheidung zutiefst ungerecht.

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 11:20

                      Nein, darum geht es aber nicht, es geht darum, dass Mütter gerade damals einfach nicht soviel Geld in die Rentenkasse einzahlen konnten, weil sie Kinder großzogen und es damals noch nicht mal die heutigen Strukturen gab (sie teils noch nicht mal arbeiten durften!) Das ist ja auch der Grund, warum meine Oma so wenig Rente hat. Sie war eine Frau und Fabrikarbeiterin mit 5 Kindern.

                      Das wussten sie aber alles damals! Ich kann doch heute auch nicht Gehalt nachfordern, weil ich vor 25 Jahren vielleicht zu wenig verdient habe. Ich bin nach Vertrag bezahlt worden!

                      Es gibt gute Gründe, warum wir einen Sachverhalt nach gewisser Zeit als erledigt ansehen. Stell‘ Dir vor, wir würden heute nochmal die Zahlungen an Juden, die den Holocaust überlebt haben, erhöhen. Weil es irgendwie sich gerechter anfühlt. Ich glaube kaum, dass dies verfassungsrechtlich einfach wäre noch dass es eine Mehrheit fände. Irgendwann sind Dinge geregelt.

                    • Erwin Gabriel 30. April 2020, 14:53

                      @ Stefan Pietsch

                      Der Staat ist eine Umverteilungsmaschine, wobei der sich noch Kraftstoff abzapft. Bei der Mütterrente haben die Betreiber beschlossen, den Einzahlern halt noch ein paar Euros mehr abzuknöpfen, damit am anderen Ende andere ein paar Euros mehr erhalten. Mehr ist das nicht.

                      Genau das.

                    • Ariane 30. April 2020, 16:45

                      Das wussten sie aber alles damals!

                      Liebe Männer, die ihr mit eurer Moralkeule bevorzugt auf Frauen losgeht. Es gab weder Verhütungsmittel noch Sexualaufklärung in der Zeit meiner Oma. Es gab Heirat oder Armut.

                      Und klappt eure Arroganz mal bitte ganz klein zusammen und packt sie in ne Schublade, wenn ihr über Frauen und Kinder meint, die Klappe aufreißen zu müssen.
                      Geht lieber mal ein paar Videos von Geburten angucken oder so, bevor ihr hier rummoralisiert!

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 16:55

                      Nein, darum geht es aber nicht, es geht darum, dass Mütter gerade damals einfach nicht soviel Geld in die Rentenkasse einzahlen konnten, weil sie Kinder großzogen und es damals noch nicht mal die heutigen Strukturen gab

                      Das ist in mehrerlei Hinsicht Bullshit. Erstens, wenn etwas zum Zeitpunkt der Tat nicht ungerecht war, dann kann es das nachträglich auch nicht sein. Viele Männer haben in Folge der Scheidungsrechtsnovelle 1977 teilweise lebenslang Unterhalt an die Ex zahlen müssen. In den Nullerjahren wurde das als ungerecht eingeschätzt und das Scheidungsrecht geändert. Doch niemand, wirklich niemand ist auf die Idee gekommen, die Männer, die nach den neuen Maßstäben viel zu viel viel zu lange Unterhalt bezahlt haben, nachträglich für den erlittenen Vermögensverlust zu entschädigen. Dabei war das zweifellos eine schreiende Ungerechtigkeit.

                      Zweitens sind die Frauen ja nicht mittellos. Für die meisten ist es einfach ein Zubrot, etwas was man gerne mitnimmt. Erzähl‘ mir bitte nie wieder, bitte, nie wieder, dass Steuerreformen unsinnig seien, schließlich würden sie nur denen etwas geben, die ohnehin genug hätten.

                      Drittens, wenn Du aufmerksam gelesen hättest, hättest Du das einbauen können: In den Neunzigerjahren hätten die Frauen, um die Du Dich nun angeblich sorgst, nachträglich einen Rentenanspruch erwerben können. Die Bedingungen waren äußerst günstig. Wer das nicht getan hat, wird seine Gründe gehabt haben. Zum Bleistift, dass sie sich nicht gesorgt hat. Wenn die gleichen Frauen kurz vor Renteneintritt kein Gerechtigkeitsproblem gesehen haben, das sie mit einer symbolischen Zahlung hätten beheben können – wieso entdecken wir 20 Jahre später, wenn diese Frauen längst in Rente sind, eine Gerechtigkeitslücke?

                      Viertens, meine Mutter ist knapp 80. Die über 90jährigen sind wirklich überschaubar in der Zahl und den Statistiken nach zu einem Drittel dement. Das heißt, sie bekommen es gar nicht mit. Meine Mutter ist mit Pille aufgewachsen, als sie im gebärfähigen Alter war. Wenn mir jemand erzählt, jemand im Rentenalter habe ja noch nicht auf Babypille und ähnliches zurückgreifen können, erzählt Mist. Vielleicht wirklich aus Ahnungslosigkeit. Vielleicht, weil er nicht rechnen kann.

                      Du solltest nicht so unseriös argumentieren. Emotionen ersetzen keine Argumente. Meine Mutter war selbständig, gebildeter als mein Vater und keineswegs unterdrückt. Und spätestens 1977 konnten Frauen eine sehr selbstbestimmte Entscheidung über ihre Partnerschaft treffen. Wer 1977 im Alter zwischen 30 und 40 Jahren alt war, ist heute 73 – 83 Jahre alt.

                    • Ariane 30. April 2020, 23:26

                      Du solltest nicht so unseriös argumentieren. Emotionen ersetzen keine Argumente.

                      Ich bin eine Frau, ich muss nicht so tun, als hätten Menschen keine Gefühle. Meine Rationalität ist hervorragend, vielen Dank du Opfer des Staates!^^

                      Das Gesetz wurde aber nun mal nicht für deine Mutter oder meine Oma ins Parlament gebracht, sondern zum Fall eines Rentenangleichs.
                      Wie gesagt, du musst das nicht gut finden.

                      Aber alles als Bullshit zu bezeichnen, nur weil es nicht deiner Meinung entspricht, finde ich ein wenig unseriös. Und wir reden hier nicht über ein Verbrechen, sondern einen sozialen Ausgleich, ja der ohne Bedürftigkeitsprüfung auskommt, weil alle Mütter dieses Problem hatten unabhängig von ihrem Vermögen.

                      Aber auch sonst kann das Parlament es tun, schließlich ist es das Parlament und hatte die Mehrheiten dafür.

                  • Stefan Pietsch 29. April 2020, 23:04

                    Natürlich hat der Staat die Regeln gemacht, wer denn sonst?

                    Das eigentliche Konzept der dynamischen Rente bestand aus einem 3-Generationen-Modell. Adenauer verkürzte es aus Kostengründen und Arroganz. Damit wurden andere Regeln festgelegt. Die nachträgliche Gewährung einer Leistung ist eine Sozialtat und unterliegt normalerweise den Kriterien der Bedürftigkeit. In bestimmten Fällen werden politische Ziele verfolgt, so mit dem Elterngeld die Entscheidung pro Kind und das erste Jahr zu erleichtern. Doch solche Kriterien gelten nicht für die Mütterrente. Hier wird nachträglich eine Leistung honoriert, von der die Gesellschaft nichts hat. Die Kinder sind längst geboren und erwachsen. Es ist also reine Stütze und hier müssten eigentlich die Grenzen der Bedürftigkeit gelten. Da dem nicht so ist, ist es einfach ein politisches Geschenk.

                    Die paar Kröten für Oma kommen von meinem Konto. Ich finde es gut, wenn Oma bedürftig ist. Ansonsten möchte ich gern mein Geld behalten.

                    • Ariane 30. April 2020, 00:09

                      Wenn Dein Partner, Deine Eltern, Deine Freunde etwas ungerecht finden oder sich von Dir ungerecht behandelt fühlen – kommst Du dann auch mit dem Scheckbuch um die Ecke? Nur mal so gefragt.

                      Vielen Dank auch. Hab ich doch gesagt, ich habe meinen Berufswunsch aufgegeben und etwas anderes gemacht und den Berufswunsch zum Hobby gemacht.
                      Ich hab nicht geschrien, dass ich ein Opfer des Staates bin.

                      Ich habe die Unbillen des Lebens mannhaft akzeptiert und was anderes gemacht ohne mich zu beklagen. Wie so echte Frauen.

                      Und das Parlament kann die Rentenregeln ändern wie er es will, deswegen ist es ja das Parlament. Und nein, es ist keine Stütze, es ist ein Rentenausgleich.
                      Solange es sich an die Verfassung hält, kann das Parlament tun, was immer es will und wofür es Mehrheiten findet. Das ist ja so gewollt.

                      Und du darfst es ja kritisieren, aber doch mit rationalen Argumenten, ansonsten müsste ich dir noch fehlende Balance vorwerfen 😉

                    • Ariane 30. April 2020, 00:18

                      Aso sry, spät und bissl magenkrank.

                      Wenn sich jemand von mir ungerecht behandelt fühlt, dann frage ich nach dem Grund und entschuldige mich oder erkläre mein Handeln genauer und entschuldige mich für das Missverständnis.

                      Wenn ich was ganz Dummes gemacht habe, backe ich noch einen Kuchen oder sowas^^

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 11:10

                      Ich hab nicht geschrien, dass ich ein Opfer des Staates bin.

                      Du trittst dafür ein, die Unbill des Lebens mit dem Scheckbuch zu erledigen. Das Maß an Gerechtigkeit, so hast Du argumentiert, misst sich in Euro.

                      Das wie gesagt ist weit von meinen Vorstellungen entfernt. Sehr weit.

                    • Ariane 30. April 2020, 14:33

                      Das ist ja völlig legitim. Und ein liberaler Staat kann auf Gerechtigkeitslücken nun mal nur mit Geld oder Hilfsprogrammen oder Infrastruktur reagieren.

                      Der ist ja keine Person, sondern eben ein Staat, bzw eine Regierung.
                      Ist doch kein Grund, hier erstmal einen Wettbewerb zu starten, wer denn nun das größte Opfer des Staates ist.

                      Und da ich ja nun mal links bin, bin ich dafür, dass du kleines Opfer etwas bezahlst, um meiner Oma als größeres Opfer ein paar mehr Euro zu ermöglichen.
                      Ich finde das nicht weniger legitim und kein Grund, hier irgendwie die Moralkeule zu schwingen, die du mir immer unterstellst. Ich will dir auch nix klauen, ich will nur eine andere Politik (bzw eine bestehende verteidigen).

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 17:05

                      Und ein liberaler Staat kann auf Gerechtigkeitslücken nun mal nur mit Geld oder Hilfsprogrammen oder Infrastruktur reagieren.

                      Das wäre ein Armutszeugnis und ist deswegen auch falsch. Der Staat hat genügend Möglichkeiten der Regelsetzung. So können z.B. Beitragspunkte des Ehepartners übertragen werden, wenn man der Ansicht ist, dass Frauen Männern die Arbeit abgenommen hätten. Und man kann Ungerechtigkeiten, die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung von allen als völlig gerecht angesehen wurden, einfach auch so stehen lassen.

                    • Ariane 30. April 2020, 18:51

                      wenn man der Ansicht ist, dass Frauen Männern die Arbeit abgenommen hätten. Und man kann Ungerechtigkeiten, die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung von allen als völlig gerecht angesehen wurden, einfach auch so stehen lassen.

                      Das Parlament kann alles tun, wofür es Mehrheiten hat und es war nicht der Ansicht, Frauen hätten Männern die Arbeit abgenommen, sondern weniger in die Rentenkassen eingezahlt. Weil es nicht anders ging.
                      Und es war eben anderer Meinung. Dass die CDU eher ältere Wählerschichten im Blick hat ist ja nichts Neues, wenn es um „Gerechtigkeit für Männer“ geht wird nur nicht so geheult.

                      Ich glaube nicht, dass meine Oma das als völlig gerecht angesehen hat, fünf Kinder allein in Armut aufzuziehen.

                      Wir haben 2020. Chauvinisten bestimmen nicht mehr, was alle als gerecht zu empfinden haben. Haben sie selbst in den 50er und 60ern nicht. Da hatten andere Stimmen nur noch kein Gehör.

                • TBeermann 29. April 2020, 14:51

                  Die Mütterrente war übrigens ein zentrales Wahlkampfthema der „linken“ Union. Eingebracht hatte es ursprünglich mal die CSU.

                  • Stefan Pietsch 29. April 2020, 15:25

                    Inwiefern ist das von Interesse? Ich meine, davon auszugehen, dass die Umstände dieser doch relativ neuen Transferleistung bei politisch Interessierten unbekannt wäre, finde ich nicht gerade naheliegend. Ansonsten habe ich nicht parteipolitisch kommentiert. Es ist hinreichend bekannt, dass ich diese ganzen Sonderrabattaktionen wie Rente mit 63 und Mütterrente für Quatsch und einen Raubzug gegenüber den Beitragszahlern halte. Das findet seinen Ausdruck in dem Schnellgesetz der Andrea Nahles, die im Dezember 2013 mal so die gesetzlich erforderliche Senkung der Beitragssätze zur Rentenversicherung aussetzte.

                    Nur ein Räuber suspendiert gerademal dauerhaft geltende Regeln. Mit der Räuberpistole.

                  • Stefan Sasse 29. April 2020, 18:59

                    Stefan ist ja kein Parteigänger der Union; seine Kritik ist da schon konsequent.

              • Erwin Gabriel 30. April 2020, 14:26

                @ Stefan Sasse 29. April 2020, 12:58

                Die Mütterrente ist der Versuch des Schließens einer Lücke, die konservative Haltungen offen gelassen haben.

                Immer dieses Moralisieren. Praktisch alles, was man früher gemacht hat, ist aus heutiger Sicht konservativ.

                Hast Du ein Argument? Heraus damit. Hast Du keines? Rate …

                (Ein Tipp: Etwas als konservativ zu labeln, ist KEIN Argument.)

                • Ariane 30. April 2020, 14:36

                  Aber wenn Pietsch meint, ich will ihm sein Geld klauen, um meiner Oma ein Almosen zu überreichen ist das was bitte?
                  Rationale Vernunft?

                  Stefan hat ja Recht, Frauen hatten damals keine Möglichkeit, selbst in die Rentenkasse einzuzahlen und daraus resultiert das heutige Problem der Armut im Alter v.a. bei Frauen. Das ist doch kein Moralisieren, das ist nur die Veränderung der Welt, die jetzt Probleme geschaffen hat.

                  • Erwin Gabriel 30. April 2020, 15:11

                    @ Ariane 30. April 2020, 14:36

                    Es ist ein Punkt zu sagen: „Dies ist der minimale Standard, den jeder haben soll, das legen wir jetzt so fest.“ Und jeder, der unter diesen Standard rutscht, wird bis dahin angehoben.

                    Im Fall der Mütterrente ist die Argumentation von Stefan Pietsch logisch und korrekt: Die Kinder wurden damals unter bekannten Bedingungen zur Welt gebracht. Von der Seite her gibt es keinen Bedarf zur Nachbesserung, erst recht nicht rückwirkend. Wäre eventuell eine andere Sache, wenn man die Rentenverteilung innerhalb der Rentner-Generation umschichten würde, aber da bin ich kein Fachmann.

                    Es war schlicht und einfach eine Wählerbestechung zu Lasten der heutigen Beitragszahler.

                    Frauen hatten damals keine Möglichkeit, selbst in die Rentenkasse einzuzahlen und daraus resultiert das heutige Problem der Armut im Alter v.a. bei Frauen.

                    Mag sein. Wenn das Dein Argument ist, müsste es eine Bedürftigkeitsprüfung geben. Gibt es nicht. Wenn es ein Problem von Armut ist, müsste es bei der Sozialhilfe aufgehängt sein. Ist es nicht.

                    Es ist nur eine weitere Umverteilung von den heutigen Beitragszahlern zu den Rentenempfängern, von jung nach alt.

                  • Ariane 30. April 2020, 15:46

                    Mag sein. Wenn das Dein Argument ist, müsste es eine Bedürftigkeitsprüfung geben

                    Nein. Mein Argument ist, dass es eine nachträgliche Rentenangleichung ist, weil es damals einfach die Infrastruktur-Angebote (und Hilfen) noch nicht gab, die es Frauen ermöglichten, ähnlich wie heute selbst für ihre Rente zu sorgen.

                    Und das wissen Männer vielleicht nicht, bevor sie mehr oder weniger moralisieren. Aber es gab auch keine Pille und die Sexualaufklärung fand einfach nicht statt. Es gab also auch nicht die heutigen Möglichkeiten zur Familienplanung. Aber Frauen, die Kinder bekamen.

                    Kann man natürlich anders sehen, aber es einfach als Geschenk zur Wählerbestechung abzutun, ohne dass man vorher überlegt, wie Frauen damals gelebt haben, sollte man vielleicht auch nicht.
                    Und was man absolut nicht sollte, ist dann anderen Nichtkonservativen mit der Moralisierungskeule zu kommen, die eine andere Meinung haben.

                    Es nervt mich echt. Kümmert euch um eure eigene Moralisierung, bevor ihr anderen etwas vorwerft. Niemand muss Eurer Meinung sein, nur weil ihr konservativliberal seid. Widerspruch ist Meinungsfreiheit und nicht moralisieren oder Angriff.

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 17:03

                      Nein. Mein Argument ist, dass es eine nachträgliche Rentenangleichung ist, weil es damals einfach die Infrastruktur-Angebote (und Hilfen) noch nicht gab, die es Frauen ermöglichten, ähnlich wie heute selbst für ihre Rente zu sorgen.

                      Nein, das war nicht Dein Argument.
                      Dass es keine Bedürftigkeitsprüfung dazu gab, ist eine politische Entscheidung eben aufgrund der Tatsache, dass Frauen in der Zeit gar nicht die Möglichkeit hatten, einer Erwerbsarbeit nachzugehen.

                      Wie gesagt, das ist Quatsch. 1980 lag die Frauenerwerbsquote bei 50% und die Geburtenziffer bei 1,4 und damit auf dem gleichen Niveau wie heute. Ich behaupte mal, auch 1980 war eine Frau mit Null oder 1 Kind nicht auf Hausarbeit angewiesen. kleiner Hinweis: ich war damals Teenager und durchaus zu eigenen Beobachtungen fähig.

                    • Ariane 30. April 2020, 18:46

                      Meine Oma ist 1931 geboren und ihre jüngste Tochter 1964.

                      Kleiner Hinweis, ich war damals noch gar nicht geboren! Ich wusste nicht, dass es hier nur erlaubt ist, sich zu Wort zu melden, wenn man ein gewisses Mindestalter hat?

                  • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 10:37

                    @ Ariane 30. April 2020, 15:46

                    Nein. Mein Argument ist, dass es eine nachträgliche Rentenangleichung ist, weil es damals einfach die Infrastruktur-Angebote (und Hilfen) noch nicht gab, die es Frauen ermöglichten, ähnlich wie heute selbst für ihre Rente zu sorgen.

                    • Wenn Dein Punkt „Altersarmut bei Frauen“ ist, müsste es eine Bedürftigkeitsprüfung und den finanziellen Ausgleich aus der Sozialkasse geben.
                    • Wenn Dein Punkt „falsche Verteilung der Renten“ ist, müssten die Erhöhungen der Renten von Müttern zu Lasten der anderen Rentner der gleichen Generation gehen.
                    • Wenn Dein Punkt „Fehler im damaligen Rentensystem“ ist, müsste der Staat aus Steuermitteln alle Beiträge nachzahlen, die der nachträglichen Punktevergabe entsprechen, oder die Mütterrente für die Zukunft einpflegen, nicht aber nachträglich zuteilen.

                    Es gibt, wie Du an der obigen, nicht vollständigen Liste sehen kannst, die unterschiedlichsten Sichtweisen. Jede davon hat ihre Berechtigung, keine allein ist ausreichend für eine objektive Beurteilung. Aber zu jeder Sicht gibt es sinnvolle Maßnahmen fürs Vorgehen. Nichts von all dem ist geschehen. Warum nicht?

                    Kann man natürlich anders sehen, aber es einfach als Geschenk zur Wählerbestechung abzutun, ohne dass man vorher überlegt, wie Frauen damals gelebt haben, sollte man vielleicht auch nicht.

                    Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Du scheinst den entscheidenden Punkt nicht zu verstehen: Selbst, wenn ich mich zu 100 % Deiner Argumentation für den Sinn von Mütterrente beuge, gibt es verschiedene Möglichkeiten, diese umzusetzen und zu finanzieren. Man hat die Möglichkeit gewählt, mit der man den größten Marketing-Erfolg erzielt, ohne selbst irgendetwas dafür tun zu müssen (außer Stefan Pietsch, mir, Dir und allen anderen Rentenbeitragszahlern das Geld aus der Tasche zu ziehen) – weil es nicht darum ging, ein Problem zu lösen, dass schon seit Jahrzehnten auf dem Tisch lag. Es ging damals der CSU darum, im Vorfeld einer Wahl die Wähler zu überzeugen, das Kreuzchen an der richtigen Stelle zu machen (wie bei Norbert Blüms „Die Rente ist sicher“).

                    Und das wissen Männer vielleicht nicht, bevor sie mehr oder weniger moralisieren.

                    Und was man absolut nicht sollte, ist dann anderen Nichtkonservativen mit der Moralisierungskeule zu kommen, die eine andere Meinung haben.

                    Nein, das Moralisieren gegen andere Meinungen ist links vorbehalten. Das habe ich schon verstanden.

                    Wenn man sich das Thema Rente anschaut, fällt auf, dass die Leute, die aus dem erwerbsfähigen Alter herausrutschen, von denen versorgt werden, die noch arbeiten. Die, die noch gar nicht im erwerbsfähigen Alter sind, sind allerdings nicht versorgt. Kanzler Adenauer, auf diese Schwäche im System (ohne Kinder keine zukünftigen Beitragszahler) angesprochen, sagte damals „Kinder bekommen die Leute immer“.

                    Nun stellt man fest, dass dem nicht so ist. Was hältst Du von folgender Lösung: Man zahlt auch Kindern, die noch nicht für sich selbst sorgen können, eine Rente aus. Jeder Deutsche kriegt absofort rückwirkend eine Rentenerhöhung auf Basis der ihm früher entgangenen Möglichkeiten und Gelder, die aber aus der Rentenkasse beglichen werden, nicht vom Steuerzahler. Bezahlen müssen das natürlich die jetzigen Beitragszahler. Coole Idee, oder? Mehr „Gerechtigkeit“ für alle“.

                    Meine Argumentation gilt nicht der Mütterrente an sich (Du wirst in keinem Beitrag von mir finden, dass ich die Mütterrente ablehne), sondern dem Verfahren, dem Timing, der Finanzierung – eben all dem, was aus einer möglicherweise guten Idee ein billiges Wählerstimmen-Bieterverfahren macht. Immerhin, bei Dir hat es ja wohl funktioniert.

                    Es nervt mich echt. Kümmert euch um eure eigene Moralisierung, bevor ihr anderen etwas vorwerft. Niemand muss Eurer Meinung sein, nur weil ihr konservativliberal seid. Widerspruch ist Meinungsfreiheit und nicht moralisieren oder Angriff.

                    Langsam nervst Du mich auch. Du bist diejenige, die hier die Moralkeule weit ausholend schwingt, nicht ich. Ich habe vier Kinder; Du keines. Meine Frau wird von der Mütterrente profitieren, Du vielleicht nicht. Aber Du wirst sie bezahlen müssen, sie nicht. Ich argumentiere wenn überhaupt um Deinen Vorteil. Also erkläre mir nicht, dass ich hier herummoralisiere.

                    Das, was ich der Regierung vorwerfe, ist Stimmenkauf zu Lasten der Rentenbeitragszahler. Was ich Dir vorwerfe, ist, dass Du mir einen Standpunkt unterstellst und bekämpfst, den ich nicht habe, während Du Dich weigerst, das eigentliche Problem (das Stefan Pietsch und ich ja nun ausführlich erläutert haben) zu erkennen: Dass man sich, selbst wenn man eine Mütterrente für erforderlich hält, sich an sinnvolle Verfahren zur Finanzierung halten sollte, was es nicht gab.

                    Wenn Mütter einen Anspruch auf eine eigene Rente als Ausgleich für ihre Erziehungsleistung erhalten sollen (auch darüber kann man sehr unterschiedliche Meinungen haben, aber der Einfachheit halber übernehme ich hier Deinen Standpunkt), und zwar unabhängig von ihrer Bedürftigkeit, müsste diese zwangsläufig ausschließlich aus allgemeinen Steuermitteln bezahlt werden, nicht aus der Rentenkasse

                    Denn es handelt sich bei der Erziehung von Kindern um eine allgemeine, gesellschaftliche Aufgabe. Und das wissen kinderlose Frauen vielleicht nicht, bevor sie mehr oder weniger moralisieren.

                • Stefan Sasse 30. April 2020, 19:29

                  Klar. Deswegen haben wir ja Fortschritte.

                  • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 10:49

                    @ Stefan Sasse 30. April 2020, 19:29

                    Klar. Deswegen haben wir ja Fortschritte.

                    Nicht immer zum Schlechten, nicht immer zum Guten, und garantiert nicht auf dem kürzesten Weg 🙂

                  • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 10:51

                    @ Stefan Sasse 30. April 2020, 19:29

                    Nicht immer zum Schlechten, nicht immer zum Guten, und garantiert nicht auf dem kürzesten Weg 🙂

                    Deswegen sollte man nicht „Fortschritt“ sagen, sondern den korrekteren Begriff „Veränderung“ benutzen

    • TBeermann 28. April 2020, 18:47

      Jahrtausende trachteten Menschen danach, ihren Wohlstand durch Kapitalbildung in die Zukunft fortzuschreiben und im Alter von den Zinsen leben zu können.

      In welchem Paralleluniversum leben Sie? Bis vor wenigen Generationen waren die meisten Menschen froh, wenn sie von der Ernte genug für die Saat des Folgejahres zurückbehalten konnten und sich durch Verkauf von landwirtschaftlichen und handwerklichen Produkten ein Bisschen Geld einnahmen, um sich wiederum Dinge zu kaufen, die sich nicht selbst herstellen konnten (wenn nicht direkt Ware gegen Ware getauscht wurde).

      Aber es überrascht mich nicht, dass gerade Sie den Unsinn vom Homo Oeconomicus mit Köder, Haken und Leine geschluckt haben.

      Nur wenn die Menge an Beitragszahlern konstant bleibt oder wächst, lässt sich mit dem eigen gesparten Geld (Beträge genannt) Vermögen in der Zukunft bilden. Andernfalls führt es zur Vernichtung.

      Auch nicht richtig. Es kommt nicht so sehr auf die Anzahl der Beitragszahler an, sondern auf die wirtschaftliche Gesamtleistung und (zumindest im aktuellen System) die Lohnquote.
      Kapitalgedeckte Systeme sind mindestens genau so anfällig. Zum einen schneiden dabei immer noch deutlich mehr Leute mit, zum anderen ist auch dieses Geld (genau wie die Beitragspunkte) nur eine Wette darauf, dass es in Zukunft noch das wert sein wird, was man sich heute davon verspricht (also kaufen könnte).

      Wenn das Warenangebot, etwa aufgrund einer ökologischen Ausrichtung der Wirtschaft, sinken würde, könnte man mit dem Ersparten dann sehr viel weniger kaufen. (Die sinnvollste Variante ist genau aus diesem Grund in meinen Augen auch ein steuerfinanziertes System, weil damit die Rente auf Basis des aktuellen Wirtschaftsaufkommens und damit der aktuell zu verteilenden Güter ausgerichtet würde).

      • Dennis 28. April 2020, 19:57

        Zitat T.B.
        „Kapitalgedeckte Systeme sind mindestens genau so anfällig.“

        Richtig. Es gibt überhaupt keine „kapitalgedeckten“ Systeme, wenn darunter im üblichen Sinn das Sachkapital verstanden wird.

        Der Lebensunterhalt der Rentner muss aktuell, also zum Zeitpunkt der Rentenbezüge, produziert werden. Auch der ehemalige Sparer ist auf die alte Tage davon abhängig, dass aktuell jüngere menschliche Produzenten da sind. Er/sie hat Geld gespart, also FORDERUNGEN in der Hand und keine echten Sachen (wer sagt denn, dass die vorgelegten Schuldscheine eingelöst werden müssen oder überhaupt eingelöst werden können?) Brot, Butter und Leberwurst, Stromverbrauch, Kaffee und Kuchen und all so was (von der persönlichen Betreuung im Pflegeheim ganz zu schweigen), kurz: den Lebensunterhalt in ECHT, also im Sinne von Sachen und Leistungen, anzusparen ist praktisch unmöglich, abgesehen von wenigen langlebigen Gütern, wie das Dach über dem Kopf.

        Ferner ist die Annahme lächerlich, etwaige Zinsen würden reichen. Natürlich muss die angesparte Kohle verzehrt und gleichzeitig von den Jungen für deren Zukunft wieder aufgebaut werden. Im Ergebnis ein unnötig umständliches und höchst fragiles UMLAGESYSTEM; in Geld, also einer durch und durch ätherischen Größe. Die zerrinnt noch schneller als Beitragspunkte.

        Die Erwerbsfähigen alimentieren im Sinne einer wie auch immer zu gestaltenden Umlage die nicht mehr Erwerbsfähigen. Ein anderes System gibt es nicht.

      • Stefan Pietsch 28. April 2020, 21:18

        Bauern vermachten ihre Höfe und Parzellen ihren Erben, wenn sie alt wurden. Der Pachtzins war ihre Altersvorsorge. Menschen hielten sich andere Menschen als Sklaven, sparten Gold und Münzen. Gut, Sie müssen nicht geschichtsfest sein, aber dann vielleicht zurückhaltender im Ton. Nicht alles von dem Sie nie gehört haben, hat es nicht gegeben.

        Auch nicht richtig. Es kommt nicht so sehr auf die Anzahl der Beitragszahler an, sondern auf die wirtschaftliche Gesamtleistung und (zumindest im aktuellen System) die Lohnquote.

        In Periode 0 liegt das BIP bei 1000 GE, das von 100 Personen erwirtschaftet wird. Davon müssen 10 Rentner versorgt werden. Wenn jeder Erwerbstätige 10% seines Erwerbs an die Rentner zahlt, können diese jeweils 10 GE als Rente empfangen, genauso viel wie ein Erwerbstätiger.

        In Periode 1 steigt das BIP auf 1200 GE. Doch die Anzahl der Erwerbstätigen ist auf 80 gefallen, während die Anzahl der Rentner auf 30 gestiegen ist. Die Produktiven haben also ihre Produktivität um 50% gesteigert. Üblicherweise erwartet man dann auch, 50% mehr Einkommen zu haben. Doch so ist es nicht.

        Damit die 30 Rentner weiterhin an der Einkommensentwicklung zu gleichen Teilen partizipieren können, müssen sie nun 12 GE zur Verfügung haben (Periode 0: 10 GE). Damit dies erfüllt werden kann, müssen die Erwerbstätigen nun statt 10% das Dreifache, nämlich 30% ihres Einkommens an die Rentner abgeben. Ihnen verbleibt von ihrem Zuverdienst von 5 GE nur 0,5 GE! Ihr Einkommen liegt in Periode 1 bei 10,5 GE, während das der Rentner über ihnen liegt.

        So, jetzt können wir natürlich schieben, aber ein Prinzip wird immer verletzt. Steigen die Renten weniger schnell als das BIP, sind sie weniger an der (Brutto-) Einkommensentwicklung beteiligt. Erhält die Gruppe der Alten weiterhin nur 10% des BIPs aus dem Topf, verschlechtert sich ihr Einkommen drastisch.

        Und wie kann man den Produktiven eigentlich erklären, dass sie so viel besser sind als zuvor, aber nichts davon haben? Hier wird klar: die Relation der Produktiven zu den Transferempfängern ist die entscheidende Stellgröße. Bleibt das Verhältnis gleich, können beide Gruppen gleichermaßen vom Wohlstandszugewinn profitieren. Die Veränderung der Relation zu Gunsten oder Ungunsten der Erwerbstätigen führt zu Gewinnen oder Verlusten für die Gesellschaft.

        Das ist exakt das, was ich beschrieben habe. Mehr noch: es ist das, was wir nicht nur in Deutschland in den Belastungen der Erwerbstätigen wie in den Renteneinkommen widergespiegelt sehen. Es ist das, was Franz Müntefering einstmals mit Wissen Schule Sauerland beschrieb.

        Gut, vielleicht war das einfach mathematisch zu schwer für sie.

        Eine Finanzierung der Renten aus dem Steuertopf führt zur Grundrente. Sie kann nur das Existenzminimum abdecken, da es Sozialtransfers sind. Hier gilt das Prinzip der Bedürftigkeit im Gegensatz zum Äquivalenzprinzip (Leistung = Gegenleistung) bei einer beitragsfinanzierten Rente. Und dann ist das noch die Kleinigkeit mit den aufgebauten Ansprüchen der heutigen Rentner wie (älteren) Beitragszahler. Sie haben hohe individuelle Ansprüche erworben, die im mittleren einstelligen Billionenbereich liegen. Damit Sie ein Gefühl dafür bekommen: Der Staat ist mit seinem Rentenversprechen in Höhe von so 150% des jährlichen BIP verschuldet.

        Sicher, dagegen liefen die Ansprüche aus der steuerfinanzierten Grundrente. Profitieren würden besser gestellte Rentner: Sie haben neben der Basisrente einen Ausgleichsanspruch gegen den Staat in Höhe der Differenz zu ihren erworbenen Rentenansprüchen. Um das deutlich zu machen: die Höchstrente der gesetzlichen Rentenversicherung liegt aktuell in der Gegend von 2.400 EUR. Die Basisrente würde 900 Euro ausmachen, großzügig könnte man 1.000 Euro veranschlagen. Wer immer gut verdient hat, bekäme dann seine Basisrente um 1.400 Euro auf 2.400 Euro aufgestockt.

        Es gibt wohl weniger Soziales als die Ideen von Gesellschaftsarchitekten.

        • TBeermann 29. April 2020, 08:03

          Ich habe Geschichte studiert, du Karikatur eines Wirtschaftlers.

          • Stefan Pietsch 29. April 2020, 10:12

            Nicht möglich – ein Semester gilt nicht als Studium.

            Wenn Sie persönliche Angriffe nicht abkönnen – warum lassen Sie es nicht einfach? Und dann sollte eine Herabsetzung schon etwas passen und nicht die eigene Unfähigkeit untermalen: „Wirtschaftler“, was soll das sein? Selbst der Duden kann damit nicht viel anfangen. Wenn Sie ein Abbild der Qualität akademischer Ausbildung in Deutschland sind, steht es tatsächlich sehr schlecht um den hiesigen Hochschulbetrieb.

            Wie gesagt, eigentlich haben Sie sich mit Ihrem Kommentar nur selbst ausgezogen. 🙂

            • TBeermann 29. April 2020, 19:34

              Wenn mich deine Beurteilung meiner Person in irgendeiner Form interessieren oder berühren würde, wäre ich schon extrem tief gesunken.

              Beim Duden würde ich eine aktuellere Ausgabe empfehlen, also eine, ohne Kaiserportrait: https://www.duden.de/rechtschreibung/Wirtschaftler

              Auch das ist übrigens Teil eines wissenschaftlichen Vorgehens: Man greift auch auf aktuelle Quellen und Erkenntnisse zurück. Aber die Wirtschafts-Theologen hatten mit Wissenschaft ja noch nie viel am Hut, nicht wahr?

              • Stefan Pietsch 29. April 2020, 20:01

                Ich lege Wert darauf, dass wir uns nicht duzen. Dafür fehlt jede Basis.

                • TBeermann 29. April 2020, 20:42

                  Und ich benötige für das Siezen ein Mindestmaß an Respekt und dafür ist mir die Basis in den letzten Monaten zu sehr errodiert.

                  • Stefan Pietsch 29. April 2020, 21:15

                    Anscheinend fehlen Ihnen einige Kenntnisse der Regeln allgemeinen Umgangs (ich spreche nicht von der virtuellen Wert, wo jeder sich seine Regeln macht).

                    Im deutschsprachigen Raum siezen sich fremde Menschen, so sie nichts anderes vereinbart haben. Man kann sogar das Duzen gerichtlich untersagen lassen. Deswegen werden Sie mich in der Ansprache siezen.

                    Des Weiteren sprechen Menschen nicht miteinander, wenn kein Respekt möglich ist. Von daher: gehen Sie einfach weiter. Übrigens: gelegen respektloses Verhalten gibt es auch gesetzliche Normen.

                  • Stefan Sasse 29. April 2020, 22:34

                    Wenn du keinerlei Respekt für ihn empfindest und eigentlich nicht mit ihm diskutieren willst, dann ignorier doch seine Beiträge einfach. So hat das wenig Sinn.

              • Stefan Sasse 29. April 2020, 20:32

                Bitte etwas weniger Vitriol wenn’s geht.

          • Erwin Gabriel 30. April 2020, 15:16

            @ Stefan Pietsch 28. April 2020, 21:18

            Gut, vielleicht war das einfach mathematisch zu schwer für sie.

            Unnötig, überflüssig, und durch schlechten Stil immer wieder die eigenen Aussagen diskreditierend. Diskuieren geht anders. Warum soll ich so etwas lesen?

            @ TBeermann 29. April 2020, 08:03

            Ich habe Geschichte studiert, du Karikatur eines Wirtschaftlers.

            Dass Du nicht „Benehmen“ studiert hast, ist offensichtlich.

        • cimourdain 29. April 2020, 18:52

          „Bauern vermachten ihre Höfe und Parzellen ihren Erben, wenn sie alt wurden. Der Pachtzins war ihre Altersvorsorge.“ Erster Satz richtig, zweiter Satz falsch. Nehmen Sie das System, das es noch bis Anfang des 20.Jahrhunderts gab. Die Altersvorsorge war das aubedungene Altenteil oder Austrag, eine Sachrente, die ein Weiterleben auf dem Hof garantierte. „Menschen hielten sich andere Menschen als Sklaven, sparten Gold und Münzen.“ Gold und Münzen werfen keinen Ertrag per se ab. Land und Vieh (pecunia kommt von Pecus: “Vieh“) nur durch menschliche Arbeitskraft (Sklaven, die sehr häufig Schuldsklaven waren). Echter Zins kommt ausschließlich vom Verleihen von Geld und war nur in Ausnahmen eine verlässliche regelmäßige Einnahme. Selbst Topbankiers wie die Medici oder die Fugger haben sich für letztere auf realwirtschaftliche Quellen (Tolfaberge, Tiroler Silberminen) verlassen.

          Ich empfehle zu diesem spannenden Thema als Lektüre das Buch „Schulden, die ersten 5000 Jahre“ von David Graeber.

          • TBeermann 29. April 2020, 19:27

            Das ist eines der großen Probleme, der Wirtschafts-Theologen, dass sie die Vergangenheit so zurechtbiegen wollen, als wäre alles nur das Vorspiel zum Ist-Zustand, auf den die ganze Geschichte schnurgerade zuläuft.

            Das ist extrem Ahistorisch und hat mit der Realität wenig zu tun. Aber vermutlich braucht man das, um vor sich selbst zu rechtfertigen, dass gerade dieses System, das allen gesellschaftlichen Bedürfnissen zuwiderläuft, das einzig Wahre sein soll.

            • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 10:44

              @ TBeermann 29. April 2020, 19:27

              Das ist eines der großen Probleme der Wirtschafts-Theologen, dass sie die Vergangenheit so zurechtbiegen wollen, als wäre alles nur das Vorspiel zum Ist-Zustand, auf den die ganze Geschichte schnurgerade zuläuft.

              Das ist extrem Ahistorisch und hat mit der Realität wenig zu tun. Aber vermutlich braucht man das, um vor sich selbst zu rechtfertigen, dass gerade dieses System, das allen gesellschaftlichen Bedürfnissen zuwiderläuft, das einzig Wahre sein soll.

              Sehe ich grundsätzlich genauso, halt nicht beschränkt auf Wirtschafts-„Theologie“. Auch sozialistische und kommunistische Theoretiker (bzw. Vertreter und Regenten, die diese Zustände anstrebten, aber trotz des schnurgeraden Laufs der Geschichte nicht erreichen konnten), oder die gottgegebenen Monarchien früherer Jahrhunderte argumentierten so. Und in jedem System gab und gibt es Kritiker, die meinten, dass gerade ihr System allen gesellschaftlichen Bedürfnissen zuwiderläuft.

    • popper 28. April 2020, 23:10

      Aber auf irgendetwas fußt es, so ist die Welt. In diesem Fall ist es die Anzahl der Beitragszahler.

      Ich traue Ihnen das Wissen zu, dass AN und AG als Beitragzahler zwar den Kapitalstock bilden, der die Rente sichert, weil sie im Rahmen der umzuverteilenden Wertschöpfung mit einer daraus resultierenden Leistungsfähigkeit dazu beitragen. Dabei ist die Anzahl der Beitragszahler ein weit überschätzter Indikator.

      • Stefan Pietsch 29. April 2020, 11:47

        Die Anzahl der Beitragszahler ist sogar sehr wichtig, wie die letzten Jahrzehnte gezeigt haben. So hat der rekordhohe Anteil Erwerbstätiger dafür gesorgt, dass der Rentenbeitrag sinken konnte, obwohl die Anzahl der Rentner steigt und die Produktivitätszuwächse gering ausfallen.

        • popper 29. April 2020, 13:30

          Wollen wir mal nicht übertreiben, der Rekord Erwerbstätiger ist nicht gleichzusetzen mit Rekord der Beitragszahler. Auch die Anzahl der Rentner versus Beitragszahler ist nicht von allzu großer Bedeutung, da selbst bei einem Produktivitätszuwachs von 1% und einer paritätischen Anhebung der Beitragssätze auf 25% bliebe immer noch genügend Geld in der Tasche, um eine auskömmliche Rente zu erzielen und mehr netto vom brutto zu haben. Aber nein, man hat die AN mit Riester & Co alleine dazu vergattert, mit bis zu 4% des sozialversicherungspflichtigen Einkommens, zurzeit höchsten 2.100.- € allein vorzusorgen, was den Beitrag faktisch auf ca. 23% angehoben hat. Hätte man das, wie gesagt, paritätisch gemacht, wären wir schon bei 27% Beitrag und die Welt ging auch nicht unter.

          • Stefan Pietsch 29. April 2020, 15:20

            Ich habe jetzt nicht nachgeschaut, aber meines Wissens nach hatten wir noch nie so viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse wie 2019. Ansonsten habe ich beispielhaft gezeigt, welche individuellen Kosten eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung bei Zunahme der Rentner entstehen.

            Wenn Sie die Beitragssätze anheben, hat der Produktive weniger von seinem Einkommen. Warum achten Sie das gering? Wenn jemand ein Gehalt von 4.000 Euro hat, dann machen 6%-Beitragsunterschied knapp 3.000 Euro aus. Auch wenn das paritätisch finanziert wäre, der Arbeitgeber hat mehr Möglichkeiten auszugleichen. Und das als Gegenwert, dass ein Rentner 20 Euro mehr im Monat hat? Hätte ich nur diese 2.800 Euro seit 1990 in einen der Aktienindices investiert, wäre ich mit dem Anlagenbetrag mit 20.000 Euro reicher. Hätte ich den gleichen Betrag regelmäßig anlegen können, wäre ich allein mit dem Differenzbetrag Millionär geworden. Das schafft keine Rentenversicherung, deswegen macht der Umverteilungsstaat eher arm.

  • Stefan Pietsch 28. April 2020, 16:56

    7) Disney zahlt mehr als 100.000 Mitarbeitern kein Gehalt mehr

    Die Existenzen „tausender Mitarbeiter“ werden nicht von den Konzernen, sondern von der Politik gerade zerstört. Wenn wir von Boni- und Dividendenkürzungen reden, können wir auch mit pauschalen Gehaltskürzungen anfangen. Jemand, der 3.000 oder 4.000 Euro verdient, kommt eine Weile auch mit weniger aus. Der Bonus knüpft an der Leistung der Vorjahre. Das Management von beispielsweise der Lufthansa hat doch 2016 keinen schlechten Job gemacht, weil im April 2020 die meisten Maschinen am Boden bleiben müssen! Lange haben Politiker, Entlohnungsarchitekten und Vertreter der Aktionäre gefordert, die Entlohnung des Vorstandes müsse sich an der Leistung längerer Zeiträume orientieren. Wenn dies passiert, darf man sich nicht beschweren, wenn Krisen sich erst später in den variablen Entgelten niederschlagen. Das ist logisch und nicht zu kritisieren. Zudem besteht bei steigendem Einkommen das Entgelt aus höheren variablen Bestandteilen. Wer je davon betroffen war, weiß, dass hier Unternehmen gerne zuschlagen um gerade die Gehälter der höher Qualifizierten und Leistungsträger (sic!) zu drücken. Die Debatten über DAX-Konzerne verzerren das Bild. Warum sollte jemand auf den Teil seines Einkommens verzichten, den er sich ehrlich und redlich oft durch höheren Einsatz verdient hat? Macht keiner. Warum fordern wir es dann?

    Auch bei den Dividenden sind die Großen im Visier. Doch für institutionelle Anleger ist weniger die Dividende relevant, die meist ohnehin nicht üppig ausfällt, als die Wertsteigerung des Anlagekapitals. Kleinanleger wiederum sind nicht selten auf die Dividendenzahlung angewiesen. Dies gilt umso mehr bei Unternehmen, die nicht die Größe eines DAX-Konzerns haben, sondern viele Kleinanleger. Hier bessern viele ihre Rente mit den jährlichen Zahlungen auf. Entweder treibt die Politik Unternehmen in die Liquiditätskrise oder Kleinanleger in die Enge. Populismus kommt in vielen Farben daher.

    • Stefan Sasse 28. April 2020, 17:19

      Ok, ich seh den Punkt für die Bonizahlungen, vorausgesetzt, die Unternehmen tasten dann auch die Pensionsfonds, Bonuszahlungen der Mitarbeiter etc. nicht an.

      • Stefan Pietsch 28. April 2020, 17:57

        Soweit die Zahlungen auf einzelvertraglichen Vereinbarungen beruhen, ist das so. Weihnachts- und Urlaubsgeld sind halt oft außertarifliche Leistungen und können daher gestrichen werden.

        • Stefan Sasse 28. April 2020, 19:34

          Ja, und das fände ich im Vergleich inakzeptabel.

          • Stefan Pietsch 28. April 2020, 19:38

            Der Unterschied ist, dass Du streng moralisch urteilst, während ich streng juristisch werte. Da, wie Du (sic!) gesagt hast, das Recht folge moralischen Grundsätzen, ist mein Ansatz wahrscheinlich fundierter. 🙂

            • Stefan Sasse 28. April 2020, 22:07

              Niemand trifft so unmoralische Urteile wie du, da sind wir uns sicher einig.

              Bamm!! 😀 😀 😀

              • Stefan Pietsch 28. April 2020, 22:21

                Was stimmt denn nun an Deinen Statements? Ist das Recht Ausdruck der Moral oder ist der Verweis auf das Recht unmoralisch? Bitte schließe Deine kraterhaften Lücken in der Logik.

                • Ariane 29. April 2020, 09:16

                  Mit dem Recht ist das so ähnlich wie mit Unternehmen. Unser Staat ist ja an die Verfassung gebunden und die ist extrem moralisch, gerade in der Juristerei^^

                  • Stefan Pietsch 29. April 2020, 10:42

                    Wenn Du das so sagst, dann argumentiert ja Stefan unmoralisch, da er nur seine Moral zum Maßstab nimmt. Also, aus dieser argumentativen Zwickmühle kommt Ihr nicht lebend raus. 🙂

                  • Ariane 29. April 2020, 11:49

                    Gegenfrage: Ist die Verfassung nicht hochmoralisch?

                    Oder sind das rationale Fakten? So Dinge wie Menschenwürde, Freiheit, Gleichbehandlung sind doch keine rationalen Fakten?

                    • Stefan Pietsch 29. April 2020, 12:03

                      Ganz einfache Frage, Ariane:

                      Der Unterschied ist, dass Du streng moralisch urteilst, während ich streng juristisch werte. Da, wie Du (sic!) gesagt hast, das Recht folge moralischen Grundsätzen, ist mein Ansatz wahrscheinlich fundierter.

                      Stimmst Du zu oder nicht? Und ich diskutiere nicht, ob Verfassungsnormen nun moralische Ursprünge haben oder nicht. Darum ging es keine Sekunde.

                    • Ariane 29. April 2020, 12:40

                      Ich sage, die Frage ist falsch.

                      Auch eine streng juristische Argumentation fußt auf moralischen Vorstellungen. Deswegen hab ich die Verfassung (bzw generell Gesetze) als Beispiele gebracht.
                      Ratione Debatten führen kannst du nun mal nur über Naturgesetze.

                    • Ariane 29. April 2020, 12:42

                      Und deine Vermutung, dein Ansatz wäre fundierter ist eine moralisch basierte Meinung übrigens. Oder nicht?

                    • Stefan Sasse 29. April 2020, 13:02

                      Dir sollte mittlerweile aufgefallen sein, dass „moralisch“ einfach nur ein Wort für Sachen ist, die er nicht mag, und „rational“ ein Wort für Sachen, die er mag.

                    • Ariane 29. April 2020, 14:40

                      Logiklücken aufdecken ist doch ein Hobby von mir, ich bin ein Puzzle-Liebhaber^^

                  • Stefan Pietsch 29. April 2020, 12:49

                    Mach Dir eine Gleichung:

                    Recht = Moral
                    Argumentation rein juristisch = Recht
                    =>Moral = Moral

                    Q.e.d.

                    Stefan argumentiert nur „moralisch“, wobei unklar bleibt, woher er den Maßstab nimmt.

                    • Ariane 29. April 2020, 14:41

                      Also ich nehme meinen aus meinen Werten und der Verfassung. Finde das ist eigentlich ein guter Kompromiss für gesellschaftlich/politische Debatten. ^^

                      Und was ist dein Maßstab? (nein Juristerei allein zählt nicht, hab grad bewiesen, dass die im Kern moralisch ist)^^

        • Hias 28. April 2020, 19:53

          Weihnachts- und Urlaubsgeld sind halt oft außertarifliche Leistungen und können daher gestrichen werden.

          Echt? Soweit ich weiß sehen die meisten Tarifverträge ebensolche Sonderzahlungen (zumindest Weihnachtsgeld ist weit verbreitet) vor.

          Sie meinen wohl eher, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld in Betrieben, die nicht im Arbeitgeberverband sind. Da sind das tatsächlich freiwillige Leistungen und können vergleichsweise einfach gestrichen werden.

          • Stefan Pietsch 28. April 2020, 21:45

            Entweder ist Weihnachts- und Urlaubsgeld in den Tarifverträgen nicht geregelt oder der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, sich unter bestimmten Bedingungen der Zahlung zu entziehen. Ich habe nie verstanden, warum Arbeitnehmer und ihre Vertreter heiß auf solche Zahlungen sind. Es sind die Zahlungen, die am leichtesten entzogen werden können. Klüger ist, diese gleich in das Gehalt einzuarbeiten. Bei höheren Einkommen wird ohnehin ein Jahresgehalt berechnet, das aus fixen und variablen Bestandteilen besteht bis hin zu Zusatzleistungen wie Firmenwagen und Pensionsansprüche. Compensation Package ist der Fachausdruck dafür.

            • Stefan Sasse 28. April 2020, 22:09

              Total klug. WARUM BIN ICH NIE AUF DIESE IDEE GEKOMMEN, ICH DUSSELIGER ARBEITNEHMER ICH. ES WÄRE SO EINFACH.

              • Stefan Pietsch 28. April 2020, 22:25

                Ob Du dusselig bist, kannst nur Du selbst beurteilen. Das Forum ist mit der Frage überfordert. Sicher ist jedoch: wer die Möglichkeit hat, sollte auf die Einarbeitung von Zusatzzahlungen in sein Gehalt hinarbeiten. Ansonsten sind Zusatzzahlungen das, was der Begriff schon nahelegt: Zusätze, die auch entzogen werden können, dürfen und manchmal müssen. Kein Grund sich zu beklagen.

            • Hias 28. April 2020, 22:48

              Entweder ist Weihnachts- und Urlaubsgeld in den Tarifverträgen nicht geregelt oder der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, sich unter bestimmten Bedingungen der Zahlung zu entziehen.

              Wenn es nicht in einem Tarifvertrag geregelt ist geht es relativ einfach. Wenn es in Tarifverträgen geht, dann geht das nur über nen anderen Tarifvertrag, außer es gibt ne Öffnungsklausel. Aber da kenne ich keine einzige.

              Ich habe nie verstanden, warum Arbeitnehmer und ihre Vertreter heiß auf solche Zahlungen sind. Es sind die Zahlungen, die am leichtesten entzogen werden können. Bei höheren Einkommen wird ohnehin ein Jahresgehalt berechnet, das aus fixen und variablen Bestandteilen besteht bis hin zu Zusatzleistungen wie Firmenwagen und Pensionsansprüche. Compensation Package ist der Fachausdruck dafür.

              Na, und bei mir sind es die Zusätze im Compensation Package. Ich habe nie verstanden, was Führungskräfte an Dienstwagen und Parkplätzen finden. Und das sind ja nur die harmlosen Zusatzleistungen, da gibt es ja die verrücktesten Ideen.

              • Stefan Pietsch 28. April 2020, 22:53

                Für mich zählt nur, was ich auf dem Konto habe und niemand mir nehmen kann. Einen Firmenwagen oder auch ein Diensthandy kann man mir jederzeit nehmen. Folglich lege ich keinen Wert darauf.

                Gegen bestimmte Status-Vergünstigungen kann man sich nicht wehren. Und es gibt auch keine Notwendigkeit dafür. Der Parkplatz gehört dazu, aber wer nimmt dafür andere Abstriche im Compensation Package in Kauf?

                • Hias 29. April 2020, 00:12

                  Gegen bestimmte Status-Vergünstigungen kann man sich nicht wehren. Und es gibt auch keine Notwendigkeit dafür. Der Parkplatz gehört dazu, aber wer nimmt dafür andere Abstriche im Compensation Package in Kauf?

                  Ob dafür Abstriche in Kauf genommen wurden, keine Ahnung, bei solchen Verhandlungen bin ich nicht dabei. Aber es gibt tatsächlich Führungskräfte, die sich ausdauernd darüber streiten können, wer welchen Parkplatz erhalten soll. Faszinierend.

                  • Stefan Pietsch 29. April 2020, 10:21

                    Gibt es, manchmal albern.

                    Okay, wenn ich eine neue Aufgabe übernehme, nehme ich inzwischen meist einen bestimmten Platz ein. Der Platz ist mir. Interessanterweise wird das immer klaglos akzeptiert.

                    Auch so zeigt man Dominanz. 🙂

          • Stefan Sasse 28. April 2020, 22:07

            Bei uns zum Beispiel 🙁

    • Hias 28. April 2020, 20:50

      Die Existenzen „tausender Mitarbeiter“ werden nicht von den Konzernen, sondern von der Politik gerade zerstört.

      Nein, die Politik kann nichts dafür, dass der Disney-Konzern sich dazu entschließt, 100.000 Mitarbeiter zu entlassen, anstatt z.B. 200.000 Mitarbeiter den Lohn um 50% zu kürzen. Die Politik zwingt Disney zwar eine Entscheidung zu treffen, aber den Lohn um 100% zu kürzen, ist die Entscheidung von Disney.

      Wenn wir von Boni- und Dividendenkürzungen reden, können wir auch mit pauschalen Gehaltskürzungen anfangen. Jemand, der 3.000 oder 4.000 Euro verdient, kommt eine Weile auch mit weniger aus.

      Hm, das war ein Eigentor. Denn wenn jemand mit 3.000 Euro Einkommen eine Weile auch mit wenige rauskommt, dann gilt das erst Recht für jemanden mit 150.000 Euro Einkommen.

      Der Bonus knüpft an der Leistung der Vorjahre. Das Management von beispielsweise der Lufthansa hat doch 2016 keinen schlechten Job gemacht, weil im April 2020 die meisten Maschinen am Boden bleiben müssen! Lange haben Politiker, Entlohnungsarchitekten und Vertreter der Aktionäre gefordert, die Entlohnung des Vorstandes müsse sich an der Leistung längerer Zeiträume orientieren. Wenn dies passiert, darf man sich nicht beschweren, wenn Krisen sich erst später in den variablen Entgelten niederschlagen. Das ist logisch und nicht zu kritisieren.

      D’accord. Wenn wir leistungsabhängig bezahlen, dann aber richtig. Das bedeutet dann, da haben Sie Recht, dass die Gutverdiener auch jetzt die Erfolge früherer Jahre ernten. Das bedeutet dann aber auch, dass die Regeln noch ein paar Jahre gleich bleiben und dann auch dementsprechend das schlechte Jahr durchschlägt. Und dass man dann auch keine Hagelschlagsklausel zieht.

      Zudem besteht bei steigendem Einkommen das Entgelt aus höheren variablen Bestandteilen. Wer je davon betroffen war, weiß, dass hier Unternehmen gerne zuschlagen um gerade die Gehälter der höher Qualifizierten und Leistungsträger (sic!) zu drücken.

      Diese sog. leistungsabhängigen variablen Bestandteilen sind in meinen Augen zu einem großen Teil einfach nur Bullshit. Nicht weil ich was gegen große Einkommen habe, sondern weil es bei diesen variablen Bestandteilen insb. im mittleren Management an allem möglichen hapert. vom grundlegenden Fundament (variable Leistung muss von der Person beeinflussbar sein) über die Berechnung bis hin zur Zielgebung. Und selbst wenn dass einigermaßen läuft, in der Praxis funktioniert das nur in ganz seltenen Fällen.

      Warum sollte jemand auf den Teil seines Einkommens verzichten, den er sich ehrlich und redlich oft durch höheren Einsatz verdient hat? Macht keiner. Warum fordern wir es dann?

      Weil wir aktuell in allen möglichen Branchen von Mitarbeitern fordern, dass sie verzichten. Und zwar nicht nur auf die Sahne aufm Eis (sprich z.B. Ergebnisbeteiligung), sondern auch auf die Knödel zum Schweinsbraten (Kurzarbeit ist nichts anderes, der Mitarbeiter verzichtet im schlechtesten Fall auf 40% seines Grundentgelts!). Und selbst wenn ein Unternehmen freiwillig Weihnachts- und Urlaubsgeld zahlt, das ändert nichts daran, dass es den Mitarbeitern versprochen wurde.

      • Stefan Pietsch 28. April 2020, 21:41

        Wenn ich keinen Umsatz habe, kann ich niemanden bezahlen. Eigentlich einfach. An dieser generellen Aussage ändert auch eine Abstufung nichts. Wenn der Umsatz um 50% fällt, können halt nur noch die Hälfte bezahlt werden.

        Hm, das war ein Eigentor. Denn wenn jemand mit 3.000 Euro Einkommen eine Weile auch mit wenige rauskommt, dann gilt das erst Recht für jemanden mit 150.000 Euro Einkommen.

        Das ist so, nur ist das kein Eigentor. Stefan hat schließlich die These aufgeworfen, die Spitzenleute sollten verzichten. Mit der gleichen Berechtigung geht diese Forderung jedoch an alle. Ich bin kein Wohltäter. Ich habe mein Gehalt genauso ehrlich erworben wie ein Geringverdiener. Und zur Erfüllung meiner sozialen Verpflichtungen nimmt mir der Staat bereits die Hälfte meines Einkommens ab (Steuern / Sozialabgaben). Ich denke, das reicht an Leistung für schlechter Gestellte, meinen Sie nicht?

        Das bedeutet dann aber auch, dass die Regeln noch ein paar Jahre gleich bleiben und dann auch dementsprechend das schlechte Jahr durchschlägt.

        So steht es seit Jahren in den Verträgen von Vorständen. Die darunter für das Management geltenden Bonusvereinbarungen sind üblicherweise kurzfristiger ausgestaltet. Die meisten Boni werden jetzt im April / Mai nach Feststellung des Jahresabschlusses für 2019 fällig. Dafür haben die Unternehmen Rückstellungen gebildet. Die Zahlung der Boni verursachen also keinen Verlust in 2020. Sie bedeuten aber einen Cash-Abfluss. Ich sehe aber keinen Grund, warum das für den Staat zum Kriterium werden soll. Schließlich ist es auch unschädlich, Lohnnachzahlungen für 2019 vorzunehmen oder offene Lieferantenrechnungen aus dem Vorjahr zu begleichen.

        Die Cash-Not hat der Staat verursacht. Ich habe aber meinen Bonus ehrlich erworben nach festgelegten, vertraglichen Vereinbarungen. So lange das Unternehmen nicht pleite ist, muss es zahlen.

        Nicht weil ich was gegen große Einkommen habe, sondern weil es bei diesen variablen Bestandteilen insb. im mittleren Management an allem möglichen hapert.

        Da rennen Sie bei mir offene Türen ein. Aber dann ist die Polemik gegen Boni erst recht nicht zu verstehen. Tatsächlich wird es, wie geschrieben, seit langem zum Drücken der Gehälter von Gutverdienern genutzt.

        Weil wir aktuell in allen möglichen Branchen von Mitarbeitern fordern, dass sie verzichten.

        Das ist nur fair, wenn eben tatsächlich Mitarbeiter auf echtes Gehalt verzichten. Ich will Ihnen das mal auf anderem Wege deutlich machen. Anfang der Neunzigerjahre erhielt ein Manager 100% fix. Dann entwickelte man variable Vergütungsmodelle. Der Manager erhielt 60-80% fix, eine Steigerung bis auf 120% des bisherigen Entgelts war variabel möglich. Irgendwann wurde das als zu großzügig empfunden. Heute ist es nicht selten bei 100% gedeckelt, wenn die Ziele übererfüllt werden. Von den 100% sind 70-80% fix. Die Ziele wiederum sind fast immer ambitioniert ausgelegt und liegen typischerweise über dem, was den Investoren avisiert wird. Die Wahrscheinlichkeit, das Einkommen zu halten, liegt bei den heutigen Modellen deutlich unter 100%.

        Es gibt also gute Gründe, auf die vollständige Auszahlung zu beharren. Denn meist hat man den Entgeltanspruch härter erarbeitet als ein tariflich Entlohnter.

        • Hias 28. April 2020, 23:31

          Wenn ich keinen Umsatz habe, kann ich niemanden bezahlen. Eigentlich einfach. An dieser generellen Aussage ändert auch eine Abstufung nichts. Wenn der Umsatz um 50% fällt, können halt nur noch die Hälfte bezahlt werden.

          Klar, ich wollte nur darauf hinaus, dass man dann nicht unbedingt der Hälfte das komplette Einkommen wegnehmen muss, man kann stattdessen auch allen die Hälfte wegnehmen. Denn ersteres bedeutet dann tatsächlich für diese Hälfte die drohende Zerstörung der Existenz, während zweiteres zwar schmerzhaft ist, aber zumindest nicht zehntausend Existenzen zu zerstören droht.

          Das ist so, nur ist das kein Eigentor. Stefan hat schließlich die These aufgeworfen, die Spitzenleute sollten verzichten. Mit der gleichen Berechtigung geht diese Forderung jedoch an alle. Ich bin kein Wohltäter. Ich habe mein Gehalt genauso ehrlich erworben wie ein Geringverdiener. Und zur Erfüllung meiner sozialen Verpflichtungen nimmt mir der Staat bereits die Hälfte meines Einkommens ab (Steuern / Sozialabgaben). Ich denke, das reicht an Leistung für schlechter Gestellte, meinen Sie nicht?

          Ob das reicht, müssen Sie entscheiden, mir persönlich ist das Wurscht. Mir geht es um was anderes. Hier in der Region schicken die Firmen reihenweise die Mitarbeiter auf Kurzarbeit heim, was einer Lohnkürzung von 10%-40% gleichkommt (90% vom Netto ist die beste Aufzahlung, die ich kenne). Hinzu kommen jede Menge Verhandlungen über unbezahlte Mehrarbeit, über Umwandlung von Sonderzahlungen, über Streichung von bestimmten Vergünstigungen, etc etc. Die IG Metall hat beispielsweise mit einem Tarifvertrag die Umwandlung des T-ZuGs in freie Tage für alle eröffnet. Das ist nichts anderes als eine Lohnkürzung.
          Ich bin nicht dagegen, weil ich durchaus die Liquiditätsproblematik verstehe. Aber dann halt auch nicht nur bei den tariflichen.

          So steht es seit Jahren in den Verträgen von Vorständen. Die darunter für das Management geltenden Bonusvereinbarungen sind üblicherweise kurzfristiger ausgestaltet. Die meisten Boni werden jetzt im April / Mai nach Feststellung des Jahresabschlusses für 2019 fällig. Dafür haben die Unternehmen Rückstellungen gebildet. Die Zahlung der Boni verursachen also keinen Verlust in 2020. Sie bedeuten aber einen Cash-Abfluss.

          Wenn ich aber als Vorstand mit dem Argument des Liquditätsengpasses auf die tariflichen Arbeitnehmer losgehe, dann muss ich mir dumme Nachfragen in Bezug auf diese Bonuszahlungen gefallen lassen. Rein rechtlich sehe ich das ja wie Sie. Aber rein praktisch muss ich mir überlegen, wie schütze ich die Liquidität des Unternehmens. Und da kann ich auch die ATler und das Management nicht aussen vor lassen.

          Die Cash-Not hat der Staat verursacht. Ich habe aber meinen Bonus ehrlich erworben nach festgelegten, vertraglichen Vereinbarungen. So lange das Unternehmen nicht pleite ist, muss es zahlen.

          Und ich stelle meine Arbeitskraft zur Verfügung. So wie es in meinem Vertrag drinsteht. Warum sollte ich in Kurzarbeit gehen? Solange ich meine Arbeitskraft zur Verfügung stelle, muss das Unternehmen mir eine Arbeit geben und mir mein vertraglich zugesichertes Entgelt zahlen. Solange das Unternehmen nicht pleite ist, muss es zahlen.
          Können wir gerne so machen, das Spielchen kann man bis zum Exzess spielen. Nur kommt man so nicht weiter, höchstens schneller zur Pleite des Unternehmens!

          Es gibt also gute Gründe, auf die vollständige Auszahlung zu beharren. Denn meist hat man den Entgeltanspruch härter erarbeitet als ein tariflich Entlohnter.

          Interessanterweise sagen das auch viele genau umgekehrt.

          Und was die Boni angeht: da dürfen Sie sich (nach meiner Erfahrung) bei den jungen, erfolgshungrigen Senkrechtstartern, bei Vorständen und bei diversen Personal-Consultern bedanken. Ich hab mir jetzt in zwei Unternehmen den Mund fusselig geredet, das hat keinen Sinn. Zumindest am Anfang wollen das alle Beteiligten, bis die ersten Probleme auftauchen. Und dann sit man permanent mit „Nachschärfen“ beschäftigt.

          • Stefan Pietsch 28. April 2020, 23:51

            So langsam kommen wir so dicht zusammen, dass uns die Debattengrundlage verloren geht. 😉

            Ich kann niemanden in Kurzarbeit schicken, wenn er nicht damit einverstanden ist. Ich habe tatsächlich vor einigen Wochen einige Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, sogar Kurzarbeit Null. Dies ist zustimmungspflichtig.

            Ich möchte nicht aus der Rolle fallen, deswegen, Punkt hier.

            Ich halte es für ausgeschlossen, dass die meisten Tantieme- oder Bonusberechtigten dieses Jahr einen Anspruch erreichen. Wenn doch, wurde Grandioses geleistet, das allen enorm hilft. Generell stehe ich variablen Vergütungen kritisch gegenüber, aber das ist sicher herausgekommen.

            • Hias 29. April 2020, 00:15

              So langsam kommen wir so dicht zusammen, dass uns die Debattengrundlage verloren geht. 😉

              Sieht wohl danach aus. Verrückt, was so alles in der Corona-Krise passiert 😉

              • Stefan Pietsch 29. April 2020, 10:19

                Das hat nichts mit Corona zu tun. Ich betreibe Diskussionen im Stil angelsächsischer Debattenclubs. Dazu gehört ein klare Frontstellung. Daher irritiert mich auch immer die humorlose Ernsthaftigkeit, mit dem mancher meint, der Profession Forenflorist nachgehen zu müssen. Nur haben Sie die Schwarz-Weiß-Stellung aufgelöst. 🙂

                Danke, hat Spaß gemacht und wir werden das wiederholen. Das Niveau hat mir gefallen!

  • derwaechter 28. April 2020, 19:35

    6)
    Das ist aber sehr böswillig interpretiert.
    Beide Schlussfolgerungen gibt das Zitat schlicht nicht her.

    Eigentlich macht die Bild hier ja sogar etwas richtig, in dem sie nicht schreibt er wollte Ausländer töten. Das liest man ja in solchen Fällen oft und ist so gut wie immer falsch.

    • Ariane 29. April 2020, 09:20

      Er wollte ja auch keine Ausländer töten, sondern Juden. Das sind für mich eigentlich keine Leute mit Migrationshintergrund. Die waren ja nur ähm die zweite Wahl. Wegen einer stabilen Holztür.

      • derwaechter 29. April 2020, 10:08

        Stimmt. Und das ist in jeglicher Hinsicht abscheulich.
        Aber der Vorwurf hier richtet sich ja gegen die konkrete Formulierung der Bild (die ich nun wirklich ungern verteidigen möchte). Der Vorwurf lautet letztendlich verkappter Rassismus bzw. Antisemitismus (bei der Bild doch sehr unüblich, oder?).

        Aber hier gibt sie tatsächlich die Fakten recht gut wieder. Nach dem missglückten Anschlag hat er eine Frau erschossen (Motiv m.W. unklar, oder?) und wollte dann gezielt nicht-weisse oder Muslime (oder beides?) töten. Das Motiv wird von der Bild genannt und die Tatsache, dass er sein Opfer fälschlicherweise dafür hielt ist durchaus relevant.

        Die Bild nennt Alter, Geschlecht und Nationalität der Opfer. Das kann man finden wie man will, ist aber üblich. Auch in anderen Zeitungen.

        • Ariane 29. April 2020, 11:52

          Du hast natürlich Recht. Das Problem ist, dass wir hier über die BILD diskutieren. Und die ist keine neutrale Zeitung (gibts eigentlich eh nicht), sondern ein Boulevardblatt mit populistischer Mission. Deswegen ist das schon was anderes, als wenn wir das zb hier auf DD so aufschreiben finde ich.

          • derwaechter 29. April 2020, 13:46

            Bild ist Mist. Brauchen wir nicht drüber zu reden.
            Aber verstehe ich den Vorwurf nicht. Was haben die denn hier konkret falsch gemacht?

            • derwaechter 29. April 2020, 13:53

              Ich wollte mal schnell gucken, wie die Bild das in ihrer Berichterstattung zum Anschlag in Hanau gelöst hat und habe dabei diesen Kommentar gefunden.

              Wenn man noch nicht mal mehr Bild und Julian Reichelt uneingeschränkt scheisse finden kann gehen einem echt die Feindbilder aus 🙂

              https://www.bild.de/politik/kolumnen/kolumne/hanau-weinen-wir-um-diese-terror-opfer-so-wie-um-opfer-mit-deutschem-namen-68956412.bild.html

            • Ariane 29. April 2020, 16:11

              Was haben die denn hier konkret falsch gemacht?

              Das ist jetzt sehr META, aber normalerweise bestehen Boulevardblätter aus der Vorausinterpretation dessen, was das Volk lesen will. Bild hat das ja zur Kunstform erhoben und meint ganz offiziell, es sei die Stimme des Volkes. Deswegen passt es sich wie in deinem Hanau-Beispiel dann auch wieder neu an, wenn die Stimmung gerade gedreht hat und wechselt dann wieder in altbekannte Muster zurück.

              Der Anschlag von Halle war ja voller Paradoxien, weil das erste Ziel nicht ging und dann daraus notgedrungen irgendwie Zufallsmorde (beim ersten Opfer zumindest) wurden.
              Aber es ist eben nicht das Volk, das so denkt, sondern nur die Interpretation der Volksstimmung, um massentauglich zu sein. In unserer ausdifferenzierten Gesellschaft funktioniert das aber nicht mehr. Und es wäre präziser, nicht von Anschlag auf Synagoge zu sprechen, sondern von einem antisemitischen Terrorakt, denn bei Terroristen ist es ziemlich egal, wer wirklich ums Leben kommt, es geht ja um symbolische Ziele.

              • derwaechter 29. April 2020, 17:13

                Ich verstehe den grundsätzliche Kritik an Bild, Boulevard Journalismus und Populismus.
                Nur verstehe ich immer noch nicht, warum ausgerechnet dieses Beispiel. Bei Twitter fragen ja einige das Gleiche ohne das ich bisher eine Antwort finden kann.

                Vielleicht kan Stefan helfen? Warum ausgerechnet dieses Zitat?

                „Und es wäre präziser, nicht von Anschlag auf Synagoge zu sprechen, sondern von einem antisemitischen Terrorakt“

                Ich denke das Anschlag auf Synagoge hier besser trifft (diese ist doch ein symbolisches Ziel) als antisemitischer Terror. Denn der Täter hat ja nicht nur aus antisemitischen sondern offenbar auch anti-muslimischen und generell fremdenfeindlichen Motiven gehandelt.

                • Stefan Sasse 29. April 2020, 19:05

                  Ich finde eigentlich der Tweet buchstabiert unmissverständlich das Problem aus…?

                  • derwaechter 30. April 2020, 00:12

                    Nein. Der Tweet interpretiert etwas, dass der Ausgangstext, wie ich beschrieben habe, m.E. überhaupt nicht her gibt.

                    Und gerade Punkt 1. (Also ein verkappter Antisemitismus, ) wäre doch für die Bild und Springer insgesamt auch sehr untypisch, oder nicht?

                    • Stefan Sasse 30. April 2020, 08:37

                      Der Vorwurf lautet ja auch nicht, dass die antisemitisch sind oder das aussagen wollen, sondern dass sie das aus Nachlässigkeit geschrieben haben, weil sie nicht auf ihre Wortwahl achteten.

                    • Ariane 30. April 2020, 10:12

                      Und vor allem das Wörtchen „Terror“ bei echtem Terror tunlichst vermeiden. Das ist für Islamisten und Linke reserviert, die mal ne Mülltonne anzünden.

                      Und das ist gesamtgesellschaftlich ein dickes Problem. Die klaren Worte waren nach Hanau dringend nötig, um diese Erzählung eines wahllosen Amoklaufs eines Verrückten halbwegs wieder einzufangen. Was Terror und Menschenhass ist, muss so benannt werden. Sonst versteht man die Zusammenhänge nicht. Das ist wie der Corona/Grippe-Vergleich.

                      Für die meisten Menschen ist Grippe nun mal alles, wenn man krank ist und Fieber hat. Dann versteht man Pandemie nicht.
                      Und so ist das auch bei Terror.

                    • derwaechter 30. April 2020, 10:57

                      Die haben „das“ aber gar nicht geschrieben.
                      Ich verstehe (ganz im Ernst!) nicht, wie man inhaltlich das aus dem Bild Text herauslesen kann.

                      Ariane,
                      das ist nur ein kleiner Ausschnitt. Daraus zu schliessen Bild würde Worte wie Terror bewusst vermeiden ist problematisch.

                      Überschrieben ist der ganze Artikel mit „Attentat von Halle“.
                      Den Täter nennen sie „Killer-Neonazi“. Das finde ich eine eigenartige, aber beim besten Willen keine verharmlosende Bezeichnung.

                      Aufhänger für den Artikel war m.W. die Anklage. „Zweifacher Mord und Mordversuch in 68 (!) Fällen, gefährliche Körperverletzung, Volksverhetzung und räuberische Erpressung. All diese Vorwürfe listet der Generalbundesanwalt gegen den Killer-Neonazi von Halle auf.“

                      In anderen Artikeln nennt Bild den Attentäter „Rechtsterrorist“ und schreibt vom „Terrorangriff von Halle“.

                      Und auch zu Hanau benutzt die Bild das Wort Terror.

                      Jetzt muss ich mich erst mal waschen. So viel Bild lesen tut nicht gut 🙂

                  • Ariane 30. April 2020, 15:53

                    Öhm, also auf so eine Metadiskussion war ich nun auch nicht vorbereitet, also den genauen Kontext kenne ich nicht, weiß nicht mal, warum sie über den Halle-Attentäter geschrieben haben^^

                    Aber generell ist es schon richtig, dass die BILD ein Kampagnenblatt ist zur Aufhetzung der öffentlichen Meinung. Zum Glück mittlerweile nicht mehr so einflussreich. Enteignung von Springer und Spiegel steht nicht so weit oben auf meiner Liste.

                    Aber lieber andere Sachen lesen! 🙂

                    • derwaechter 30. April 2020, 18:49

                      „Öhm, also auf so eine Metadiskussion war ich nun auch nicht vorbereitet, also den genauen Kontext kenne ich nicht, weiß nicht mal, warum sie über den Halle-Attentäter geschrieben haben“

                      Das ist illustriert ja ganz gut das Problem. Spitz formuliert könnte man sagen: Ich weiss nicht worum es geht, lege das bisschen was ich sehe aber ausgesprochen negativ aus und projeziere noch andere schlimme Dinge (vermeiden des Terrorbregriffes) dazu ohne zu gucken, ob der Vorwurf überhaupt zutrifft.

                      So pflegt man schön seine Feindbilder ohne sich von der Realität stören lassen zu müssen.
                      …..

                      „Aber generell ist es schon richtig, dass die BILD ein Kampagnenblatt ist zur Aufhetzung der öffentlichen Meinung. Zum Glück mittlerweile nicht mehr so einflussreich“

                      Das ist ein zweischneidiges Schwert. Jetzt werden die Leuten in SoMe oder zwielichtigen „Nachrichten“ Seiten aufgehetzt, die noch deutlich schlimmer sind als Bild.

                    • Ariane 30. April 2020, 20:13

                      Na, ich lese doch nicht die ganze Bild täglich von vorne bis hinten. Ich weiß auch so, dass Sprache wichtig ist und Bild mit Hilfe von Sprache gerne hetzt.

                      Das ist ein zweischneidiges Schwert. Jetzt werden die Leuten in SoMe oder zwielichtigen „Nachrichten“ Seiten aufgehetzt, die noch deutlich schlimmer sind als Bild.

                      Das wäre so oder so passiert. Du glaubst doch nicht, dass die Auflage von BILD gesunken ist, weil die Menschen jetzt alle Blogs lesen?
                      Eher schon, dass sich die Sphären weiter trennen und gleichzeitig durchs Internet zusammenrücken. Das sorgt für eine neue Art des stattfindenden Kulturkampfs (den gab es früher auch, aber nicht auf diese Weise).

                    • derwaechter 30. April 2020, 20:39

                      „Na, ich lese doch nicht die ganze Bild täglich von vorne bis hinten. Ich weiß auch so, dass Sprache wichtig ist und Bild mit Hilfe von Sprache gerne hetzt“
                      Nur das Bild im dem Beispiel eben nicht gehetzt und, anders als Du behauptet hast, den Begriff Terror bei rechtsextremisitschen Anschlägen weder in Hanau noch in Halle vermieden hat.

                      Warum muss man denn einem Blatt das mehr als Genug Mist schreibt ausgerechnet die Sachen vorwerfen, die es nicht getan hat?

                      Mein Punkt mit dem zweischneidigen Schwert ist, dass es jetzt auf einschlägigen rechten Seiten, Videos oder den SoMe Kanälen z.B. der AfD Aussagen gibt, die es nie und nimmer in die Bild geschafft hätten.

                    • Ariane 1. Mai 2020, 16:40

                      Weil Die BILD immer gegensätzliche Gruppen aufbaut. Deutsche, Türken, Juden, Rechtspopulisten etc.

                      Das ist nicht gesund und vergiftet die Debatte. Hab heute nur kurz die Schlagzeile „Merkel motzt Drosten an“ gelesen. Und das ist totaler Quatsch. In der PK hat sie ihn verteidigt.^^

  • Hias 28. April 2020, 22:32

    zu 1.)
    Ungarn lässt einen immer wieder fassungslos zurück.
    Aber stimmt, es ist faszinierend, wie leicht man gegen Griechenland, Italien und Spanien austeilt und dann Polen und Ungarn links liegen lässt und ignoriert, insbesondere von der konservativen Seite aus.
    Heiko Maas hat immerhin finanzielle Konsequenzen für Ungarn wegen des Notstandgesetzes gefordert. Aber das sit ähnlich hilfreich wie die Kritik der österreichischen Grünen an Orban. Interessiert ihn und die Fidesz nicht. Entscheidend für Orban ist was Söder und Kurz machen.

    zu 3.)
    Hm, ich finde alleine die Idee falsch. Der Lockdown diente dazu, eine Situation wie in Straßburg, Bergamo oder Madrid zu verhindern, nämlich eine Überforderung des Gesundheitssystems. Denn wenn es dazu kommt, dann sterben auch vermehrt die Jüngeren, z.B. weil der Rettungswagen zu spät zum Unfall kommt, oder ein Arzt sich nicht rechtzeitig um den Herzinfarkt kümmern kann, oder oder oder, ganz zu schweigen von den Jüngeren mit Vorerkrankungen.
    Alles was wir jetzt hier machen, müssen wir gemeinsam machen und wenn es dann ans Zahlen geht, müssen wir das auch gemeinsam. Hier einen Generationengraben zu ziehen wird nur dazu führen, dass wir alle verlieren.

    zu 4.)
    Zur GOP braucht man ja wirklich nichts mehr schreiben. Interessant finde ich, wenn man das Vorgehen Trumps mit denen anderer Staatsoberhäupter vergleicht, die Unternehmer waren. Mir fallen da Andrej Babis (Tschechien) und Cyril Ramaphosa (Südafrika) ein. Beide haben extrem harte Lockdown-Maßnahmen durchgezogen. Mir scheint, da haben zwei, im Gegensatz zu dem einen, verstanden, warum man bei einem exponentiellen Wachstum schnell und hart gegensteuern sollte.

    zu 7.)
    Ehrlicherweise muss man sagen, dass es auch Gegenbeispiele gibt. Viele (z.B. firmeninterne Solidaritätsfonds, die mit größeren Zahlungen von Vorständen aufgepeppt werden) sind einfach auch nicht öffentlich. Und wie Stefan Pietsch schon erklärt hat, bezieht sich das alles auf ein abgeschlossenes Geschäftsjahr, das ist nicht nur rechtlich problematisch sondern in meinen Augen auch moralisch, da die Mitarbeiter die vertraglich vereinbarte Leistung ja schon längst erbracht haben. Und tatsächlich kommt auch kein Unternehmen auf die Idee, das Dezember-Entgelt von seinen Mitarbeiter zurückzuverlangen.
    Was anderes ist es, wenn wir über die Kürzung von Sonderzahlungen oder Entgelten in den nächsten Monaten sprechen. Dann dürfen die Vorstände und Manager gerne mit gutem Beispiel vorangehen.
    Unabhängig vom Geld, zeigt sich in der alltäglichen Arbeit gerade extrem, wer eine gute Führungskraft ist und wer einfach nur versagt. Spannend zu sehen.

    zu 8.)
    Ich hoffe ja nur, dass China dann eher wie die Sowjetunion implodiert oder wie Japan stagniert, wenn das Wirtschaftswachstum nachlässt und die Stabilität bröckelt. Die andere Variante wäre nämlich, mit Sozialimperialismus auf innenpolitische Probleme zu reagieren.

    zu 10.)
    Was etwa soll man von einem Theater-Intendanten halten, der es für den Höhepunkt demokratisch-bürgerschaftlichen Engagements hält, „sich von Merkel nicht sagen zu lassen mir die Hände zu waschen„?
    Auch ne Möglichkeit sicherzugehen, dass man keinem mehr die Hände schütteln muss. Vielleicht sollte die Kanzlerin einfach mal von ihrer Bevölkerung verlangen, nicht mehr in die Hose zu pinkeln. Das würde zwar gar nichts zur Bewältigung der Krise bringen, aber der Teil der Bevölkerung, der den Hinweis auf hygienische Grundstandards nicht als narzistische Kränkung sieht, hätte wenigstens was zu lachen.

    • Stefan Pietsch 28. April 2020, 22:48

      zu 7.)

      Ich gehe ja konform, verstehe nur nicht Ihre Schlussfolgerung (oder Plädoyer):
      Was anderes ist es, wenn wir über die Kürzung von Sonderzahlungen oder Entgelten in den nächsten Monaten sprechen.

      Die Bonusregelung ist fester Bestandteil des Arbeitsvertrages. Wir sind Ende April, da sind üblicherweise die Bonusregelungen für das laufende Jahr bereits vereinbart. Diese bauen auf dem budgetierten Jahresergebnis für 2020 und die Abteilungsperformance auf. Die Planungen für 2020 wurden üblicherweise im Herbst 2019 begonnen und spätestens im Februar 2020 finalisiert. Zu dem Zeitpunkt konnte niemand den heftigen Konjunktureinbruch vorhersehen. In 2020 werden die meisten Unternehmen zum Teil deutliche Verluste ausweisen.

      Was bedeutet das? Die Zielerreichung für 2020 ist praktisch unmöglich. Dort, wo es nicht unmöglich ist, profitiert das Unternehmen von Krisengewinnen (Amazon). In solchen Fällen müssen aber auch die normalen Angestellten keine Einschränkungen oder gar Gehaltskürzungen befürchten. Oder, der Bonus- oder Tantiemenberechtigte erbringt mit seinem Team eine so überragende Leistung, auch unter denkbar widrigsten Umständen Gewinne und Erfolge vorweisen zu können. Wenn jemand unter solchen Umständen sein variables Entgelt nicht verdient hat – wann dann?

      • Hias 29. April 2020, 00:03

        Das ist die normale Kaskade die sie beschreiben, aber ich möchte auf was anderes hinaus.

        1.) Ich kenne mindestens ein Bonussystem, das eine sog. Hagelschlagsklausel enthält, also wenn Ziele aufgrund besonderer, außerordentlicher Ereignisse nicht erreichbar sind, dann wird bei den Zielen nachgeschärft um Verluste abzumildern. Ist verständlich, aber nicht ehrlich.

        2.) Aktuell haben wir die Problematik, dass keiner auch nur ansatzweise einschätzen kann, welche Verluste entstehen und was nächste Woche oder nächstes Jahr noch alles kommt. Alleine für das erste Halbjahr 2021 gehen die Vorhersagen von Hochkonjunktur (V-Kurve) bis zu tiefster Rezession (L-Kurve). Das ist wie die Bauernregeln: Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist. Und wir reden hier vom nächsten Jahr! Zwar wurde der Lockdown zurückgenommen, aber die Umsätze sind weiterhin niedrig und es ist fraglich, wann sie wieder steigen.
        In so einer Situation die Liquidität zu schonen ist mE alleroberstes Gebot. Und daher bin ich sehr dafür, dass dann in einem Unternehmen ALLE auf nen Teil ihres Gehaltes verzichten. Und ja, damit meine ich sowohl die tariflichen Mitarbeiter als auch alle anderen.

        3.) Für Unternehmen wie Zoom oder amazon gelten natürlich andere Spielregeln, genauso wie für Unternehmen, die sich sofort auf neue Nachfrage ausgerichtet haben. Aber wenn mein Unternehmen keine Probleme hat, dann gilt ja auch 1+2 nicht.

        • Stefan Sasse 29. April 2020, 07:18

          Eben.

        • Stefan Pietsch 29. April 2020, 10:41

          1.) Interessant. Habe ich nie kennengelernt. Bei dem Maschinenbauer, für den ich vor einigen Jahren nach einer Insolvenz gearbeitet habe, war es sehr einfach: die leitenden Angestellten bekommen 10% bei Erreichung des geplanten PBT (Profit Before Taxes), abzüglich Sondereffekte. Der Bonus steigt bis auf 20% bei Zielüberschreitung um ein Fünftel. Allerdings: Das Fixum und die 20% ergaben das Zielgehalt. Der Manager musste also deutlich überperformen, um sein beabsichtigtes Gehalt zu schaffen. Und weiteren Bonus gab es nicht.

          Das Problem vieler Bonussysteme: Der Anspruch hängt leicht an ein oder zwei unternehmerischen Entscheidungen. Und es ist mir mehrmals passiert, dass schon am Beginn des Jahres oder Ende des ersten Quartals klar war, dass das Bonusziel nicht erreichbar ist. So war für mich bei Antritt einer neuen Position der Anspruch im Grunde immer schon perdu, weil die Ziele zu ehrgeizig gefasst waren. Ich bin irgendwann dazu übergegangen, mir in solchen Fällen den Anspruch für ein Jahr garantieren zu lassen.

          Nein, Manager werden seit vielen Jahren mit derartigen Regelungen über den Tisch gezogen und das ist unfair. Doch da kräht kein Gewerkschafter danach. Wir reden nicht von den Auswüchsen, wir reden von den üblichen Verhältnissen.

          Personalberater sagen zwar, wenn der Bonusanspruch regelmäßig verfehlt wird, habe dies zwei Gründe: entweder taugt der Mitarbeiter nichts oder die Ziele sind grundsätzlich zu hoch gefasst. Der CEO des besagten Maschinenbauers, damit mal von mir konfrontiert, stritt das ab: in der Vergangenheit wäre der Bonus durchaus üblich sehr häufig nicht zur Zahlung gekommen. Wie gesagt, da kann man sich veralbert fühlen, denn es läuft auf dauerhafte Gehaltskürzungen hinaus.

          Oder, fällt mir noch ein Pharmaunternehmen bei München ein: Dies machte regelmäßig Geschäfte mit einem arabisch stämmigen Unternehmen, das immer wieder in Liquiditätsschwierigkeiten in Deutschland war. Für das Geschäftsjahr 2018 hätten die Mitarbeiter eigentlich einen Bonusanspruch gehabt, die Wirtschaftsprüfer hatten bereits ihren Segen erteilt. Dann kam der CEO auf den genialen Gedanken, die Forderungen voll wertberichtigen zu lassen „aufgrund neuer Erkenntnisse“. Das Ergebnis der Gesellschaft sackte ins Minus, die gesamte Führungsebene ging leer aus. 6 Wochen später wurde die Wertberichtigung wieder aufgelöst, der Kunde zahlte. Da ballt man die Faust in der Tasche, denn da geht die Leitung wirklich ans Portemonnaie.

          2.) Ich habe hier schon vor Wochen geschrieben: Die Annahme einer L-Kurve ist unseriös. Es wird eine tiefe Rezession, wenn nicht Depression geben. Dennoch: Bevor ich meinen Leuten ans Gehalt gehe, habe ich wirklich alle sonstigen Möglichkeiten ausgereizt. Denn jeder verantwortungsbewusste Chef sollte wissen, was er Menschen damit antut, die auf ihn vertrauen. Nein, das mache ich grundsätzlich nicht, das ist wirklich die allerletzte Karte und die musste ich in dieser Form noch nie spielen. Und ich hoffe, das bleibt so.

          • Hias 29. April 2020, 23:08

            Wie gesagt, ich habe das anders erlebt.
            Schon gewöhnungsbedürftig war ein Tochterunternehmen einer Firma, deren Zielvorgaben drei Jahre in Folge im negativen EBIT-Bereich lag und zwar komplett. Da gab es z.B. den Bonushöchstbetrag bei -3% EBIT. Einmal lasse ich mir das noch eingehen, wenn man sich aus einer Re- oder Umstrukturierung herauskämpfen muss, aber dreimal in Folge, das ist unseriös.

            Nein, Manager werden seit vielen Jahren mit derartigen Regelungen über den Tisch gezogen und das ist unfair. Doch da kräht kein Gewerkschafter danach. Wir reden nicht von den Auswüchsen, wir reden von den üblichen Verhältnissen.

            Ganz einfach. Gewerkschaften sind Interessensvertreter ihrer Mitglieder. Wie viele Manager sind Gewerkschaftsmitglieder?

            2.) Ich habe hier schon vor Wochen geschrieben: Die Annahme einer L-Kurve ist unseriös. Es wird eine tiefe Rezession, wenn nicht Depression geben.
            Sie meinen eine V-Kurve (also schnelle Erholung), wenn Sie von unseriös sprechen? Eine L-Kurve ist ja gerade eine tiefe und lange Rezession.
            Keine Ahnung, ich empfinde alle Voraussagen als unseriös, da alles davon abhängt, wann die Menschen wieder das Gefühl haben, dass sie gefahrlos ihrem Alltag nachgehen können.

            • Stefan Pietsch 1. Mai 2020, 11:35

              Negative Zielvorgaben kenne ich eigentlich nur von öffentlichen Unternehmen. Klar, wenn die Ausrichtung so ist, dann kann der Bonus auch an einem negativen Ergebnis aufgehängt werden. Nicht ideal, aber warum sollte sich ein Manager an einem Ziel messen lassen, das weder angestrebt noch in der Vergangenheit erreichbar war?

              Außertariflich Beschäftigte genießen weniger arbeitsrechtlichen Schutz. Organmitglieder schon gar keinen. Ein ATler kann nicht auf Gehaltsanpassung klagen und der Weg über Streiks ist ihm auch versperrt, zumal das Mittel absolut verpönt ist. Deswegen bin ich seit Jahren dazu übergegangen, das Fixum in meinem Vertrag zu indexieren, so bin ich etwas geschützt.

              Dieser Neid auf höher bezahlte, bonusberechtigte Mitarbeiter ist völlig unangemessen. Im Gegenteil: häufig liegen die Gehälter von Ts und ATs nicht sehr weit auseinander, aber von ATs wird weit mehr Leistung und Einsatzbereitschaft abgefordert. Und dann werden sie mit den variablen Gehaltsbestandteilen noch über den Tisch gezogen, wenn man sich nicht einzelvertraglich wehrt. Ich habe dazu in meinem Berufsleben viele linke Sachen kennengelernt, dass mein Blutdruck über das Gejammer von normalen Belegschaftsangestellten steigt.

              Es wird keinen V-Verlauf geben. Da ist schon unsere Bundeskanzlerin vor, die das Thema aber ohnehin nicht interessiert.

          • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 11:11

            @ Stefan Pietsch 29. April 2020, 10:41

            Und es ist mir mehrmals passiert, dass schon am Beginn des Jahres oder Ende des ersten Quartals klar war, dass das Bonusziel nicht erreichbar ist. So war für mich bei Antritt einer neuen Position der Anspruch im Grunde immer schon perdu, weil die Ziele zu ehrgeizig gefasst waren.

            Kenne ich, haben wir regelmäßig. Mein Bonus für das Jahr 2019 betrug volle 37,50 Euro – brutto.

            Ich habe vom Bonus-Netto die beiden Kollegen, die für den Umsatz meiner Abteilung zuständig sind, auf einen Kaffee eingeladen, und haben es auf diese Art „versoffen“. Immerhin hatten wir 10 Minuten Spaß 🙂

            • Stefan Pietsch 1. Mai 2020, 11:49

              Alles Pfeifen? Oder Ziele zu ehrgeizig? 🙂

              Auf die Spitze getrieben erlebte ich das mal bei einem Maschinenbauer. Die Tochterfirma startete nach einer Insolvenz mit einem Verlust von 0,5 Millionen Euro, nachdem 1,4 Millionen Euro Gewinn geplant worden war. Was eher etwas über die Qualität der Planung als des Managements aussagt. Dann wurde der Geschäftsführer geschasst und ich zusammen mit dem Kollegen aus dem Servicegeschäft als operative Führung mit Prokura installiert.

              Die eigentliche Planung startete mit 0,8 Millionen Euro Gewinn, was vom Eigentümer abgesegnet worden war. Doch die CFO war auf Profilierungskurs und drückte das Ziel wieder auf 1,4 Millionen Euro. Das Jahr ließ sich aufgrund diverser Maßnahmen wie der Umsetzung einer tiefgreifenden Restrukturierung, die gut gemanagt wurde, sehr gut an. Am Ende stand ein Gewinn von 0,8 Millionen Euro zu Buche.

              Die Tarifangestellten erhielten ihr Weihnachtsgeld, nachdem vor Jahresfrist der Job aller auf der Kippe stand. Die Manager in der Zentrale erhielten ihre Boni. Die beiden Manager, die einen beeindruckenden Turnaround geschafft und die Einheit zu einer der profitabelsten im Konzern gemacht hatten, bekamen – nichts.

              Im dritten Jahr gelang noch mal ein Push und das Ergebnis knallte mit 1,6 Millionen Euro deutlich über die Zielmarke. Aber am Ende blieb: drei Jahre einen guten Job gemacht, nur einmal den vollen Bonus kassiert und sonst leer ausgegangen. Wer so etwas miterlebt und die wirklich dämlichen Sprüche von Arbeitnehmervertretern hört, bekommt einen echten Hals.

              Die Missgunst gab’s obendrein: uns wurde unterstellt, im Gehalt deutlich über allen zu liegen, was nicht den Tatsachen entsprach. Und bei den jährlichen Gehaltserhöhungen bekamen wir nur das Gleiche wie die Tarifangestellten – Unternehmenspolicy. Immerhin besser als der Pharmalohnfertiger, der seinen Außertariflichen jahrelang weniger an Plus zahlte als den tariflich Beschäftigten, Nullrunden verpflichtete und so die besten Leute in den Jobwechsel trieb.

              Wenn hier also die Klassenkämpfer unterwegs sind, kann ich nur sagen: sie haben keine Ahnung. Sind halt Linke. 🙂

              • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 13:26

                @ Stefan Pietsch 1. Mai 2020, 11:49

                Alles Pfeifen? Oder Ziele zu ehrgeizig?

                Wie so oft ein Mischmasch. Unser Unternehmen steckte früher in einem größeren Verbund, an dessen Spitze ein Private Equity Fond stand. Die steuerten unseren Laden nur durch Excel und Theorie; Planungen wurden solange zurückgegeben, bis in einem rückläufigen Markt irgendeine abstrus hohe Rendite herauskam (aber mehr als 13 – 15% konnten wir nicht realisieren). Es folgten Einsparungen (=Kündigungen), dann ging es in ein nächstes Jahr. Auch viele interne Verschiebungen; ich hatte einen Top-Verkaufsleiter, mit dem wir nach zwei Jahren um knapp 50 % zulegten. Dann wurde er Key Accounter; sein Nachfolger (als Verkaufsleiter im Betriebsrat) war schlicht faul.

                Ein neuer Bereichsleiter Sales entpuppte sich als Soziopath, der als einziges Werkzeug einen Hammer hatte, und jede Person als Nagel ansah. Er legte überhöhte Ziele fest, die praktisch niemand erreichte – wie gesagt, ganze 37,50 Euro für mich (nun ja, davor gab’s gar nichts).

                Nun kommen wir mit einer neuen Verkaufsleiterin und einem gefeuerten Sales-Bereichsleiter gerade wieder in Tritt, haben ein richtig gutes erstes Quartal, und nun das.

                Aber viele Mitarbeiter weinen ihrer alten Mutter hinterher, die uns an den Private Equity Fond verkaufte – nach dem Motto: war das Leben vor 20 Jahren noch bequem. Keiner schaut, wie es in diesen moderneren Zeiten auch da entwickelt hat.

                Und auch wahr: Die, die am lautesten nach Veränderung (meist: weniger Arbeit) und Verbesserung (meist: mehr Geld) schreien, sind Mitarbeiter ohne Personal- oder Budget-Verantwortung, ohne Einblick in Deckungsbeiträge/EBITDA. Und anpassen sollen sich immer die anderen / die da oben.

                Es redet sich halt immer leichter, wenn man seine Nase nicht selbst in den Wind halten muss.

                • Stefan Pietsch 1. Mai 2020, 14:43

                  Ich wiederum schwöre auf PE. Smarte Kerle, die vor allem den Wert des Unternehmens steigern wollen und das geht selten über reine Kosteneinsparungen. Wer kauft schon ein plattgespartes Unternehmen mit Aufpreis?

                  Alle Eigentumsformen haben Schattenseiten. Derzeit arbeite ich mit dem Eigentümer zusammen, der das Unternehmen vor allem als eigene Privatbank begreift. Gehaltserhöhungen kennen die Mitarbeiter nicht. Ergo: bei Unternehmen in der Hand der Gründer ist man eben auch von persönlichen Launen abhängig. Das ist häufig unangenehmer als ein PE mit Excel-Tabellen.

                • Ariane 1. Mai 2020, 20:07

                  Und auch wahr: Die, die am lautesten nach Veränderung (meist: weniger Arbeit) und Verbesserung (meist: mehr Geld) schreien, sind Mitarbeiter ohne Personal- oder Budget-Verantwortung, ohne Einblick in Deckungsbeiträge/EBITDA. Und anpassen sollen sich immer die anderen / die da oben.

                  Das kenn ich von einer Stufe tiefer her aber auch. Ich bin ja sowas wie eine Relais-Station und leite oft Informationen von links nach rechts. Und Menschen beschweren sich nun mal gern.

                  Ich hatte ja mal erzählt, dass wir mit einer Firma zusammengearbeitet haben, die ähm von so „Business-Schnöseln“ geleitet wurde. Da lief das völlig aus dem Ruder. Die waren ja bestimmt gut ausgebildet und hatten auch was drauf, aber die waren völlig beherrscht von dem typischen Marketing-Blabla und hatten überhaupt keine Ahnung von Lagerhaltung und Logistik und Organisation des Maschinenraums. Gegen Ende der Zusammenarbeit war das totaler Psychokrimi.

                  Da bin ich eigentlich immer ganz froh, hier mit dem Kleinstunternehmen. Das ist einfach etwas befriedeter, weil man sich gut kennt und weiß, dass der andere das schon macht.
                  Ich kenn das ja nicht, aber ich könnte mir auch vorstellen, dass ich auf so Controller wenig Lust hätte, ich arbeite schon gerne nach meiner eigenen Methode und experimentiere da auch immer rum, wie und was am einfachsten geht. Mein Stiefdad und ich (wir haben ja nur so ein kleines Rumpellager) müssen uns auch immer auf eine Methode einigen, bis wir da mal sortieren^^

        • Ariane 29. April 2020, 14:56

          Ich kenne mindestens ein Bonussystem, das eine sog. Hagelschlagsklausel enthält, also wenn Ziele aufgrund besonderer, außerordentlicher Ereignisse nicht erreichbar sind, dann wird bei den Zielen nachgeschärft um Verluste abzumildern. Ist verständlich, aber nicht ehrlich.

          Spannend. Ich finde die jetzige Situation passt am besten eigentlich auf das Versicherungsgeschäft (außerdem ist das für beide Seiten leicht verständlich, Versicherungen braucht man ja auch ohne Pandemie). Die schließt man ja auch ab und hofft, sie nie zu brauchen.
          Und Unternehmen wie auch Grundbesitz, Menschen und Staaten sind ja (wenn man mal „Anlagemöglichkeit rausnimmt) alles extrem langlebige Dinge, die möglichst mehrere Generationen halten sollen. Da muss man ja sehr weit in die Zukunft planen, mein Vater und ich sind mittlerweile schon Umweltexperten für künftige mögliche Probleme durch den Klimawandel (hauptsächlich Brände, aber zb auch neuerdings Wölfe oder andere größere Raubtiere) Und das kann man ja unmöglich weit in die Zukunft planen. (Ich erzählte ja schon, dass Absaufen hier im Norden eigtl keine Rolle mehr spielt, das Problem wurde in den letzten 50 Jahren durch die Moderne gelöst) Vielleicht kehrt sich die Problematik in 20 Jahren nochmal um. Klimawandel ist letztlich ein Wettrennen zwischen Mensch-Natur-Mensch. Schon immer. Ich steh auch nicht auf linke Untergangsangst, auch wenn es Leute gibt, die immer nur einen links/rechts-Gegensatz sehen wollen^^

    • Stefan Sasse 28. April 2020, 23:20

      1) Ja. 🙁
      4) Hab ich nicht verfolgt, leider.
      7) Wie gesagt, den Punkt sehe ich ja völlige ein.
      8) Ja.

    • Ariane 29. April 2020, 13:01

      Alles was wir jetzt hier machen, müssen wir gemeinsam machen und wenn es dann ans Zahlen geht, müssen wir das auch gemeinsam. Hier einen Generationengraben zu ziehen wird nur dazu führen, dass wir alle verlieren.

      Jep, das ist meiner Meinung nach auch das, was aktuell diese komischen Konflikte auslöst, die schon an totale Paralleluniversen erinnern. Wer wenig Geld hat, alleine wohnt und/oder noch sehr stark in Familienstrukturen eingebunden ist (oder mit Kindern/Hilfsbedürftigen arbeitet) ist als Nichtrisikogruppe völlig überfordert, weil Jung und Alt reale und emotionale Hilfe brauchen und nur die mittlere Generation dafür zur Verfügung steht (die eh keine externe Hilfsleistungen bezahlen kann).

      Da explodieren ständig sonst schwelende Kleinkonflikte. Der größte Generationenkonflikt ist gerade, dass die Kinder (und/oder Enkel) plötzlich Knall auf Fall die Erwachsenen sind, die ihre ältere Generation unter Hausarrest stellen müssen (und bei einigen gab das extreme Dramen, ältere Herrschaften lassen sich nicht zur eigenen Sicherheit umsorgen (siehe Castorf). Da hab ich mit meiner Uralt-Oma-Generation vermutlich noch Glück, weil die das schon länger gewohnt waren^^ Aber zb hat sich auch meine Hausgemeinschaft mehr als sonst aufgespalten in die Singles in günstigen Wohnungen gegen Ehepaare, die es schön haben wollen und die Kohle dafür haben. Und Alleinwohnende mit wenig Geld sind gerade nicht so geduldig, wenn einer sägt, der andere die Flurwoche kontrolliert und der nächste aufpasst, dass alle auf dem richtigen Parkplatz stehen.
      Und so funktioniert Solidarität eben nicht, die muss sich auf alles erstrecken und darf nicht auf die Gruppen konzentriert sein, die genau dieselben Probleme haben, dann knallt es nämlich sofort.

      7) Und wie Stefan Pietsch schon erklärt hat, bezieht sich das alles auf ein abgeschlossenes Geschäftsjahr,

      Jep, das Problem haben ja alle, auch kleine Soloselbständige. Und wir haben ja nur sowas wie einen „inoffiziellen Ausnahmezustand“, also kann man die ganzen Regeln nicht einfach wegwerfen und warten, bis es besser wird. Man kann nur auf Kulanz hoffen, dass Krankenkassen, Behörden und Aktionäre da mitspielen, aber man hat keine rechtliche Handhabe.
      Deswegen halte ich dieses „so tun als wär nichts“ auf wirtschaftlicher Seite für noch bescheuerter als sowieso schon. So eine Pandemie taucht einfach in keiner Kalkulation auf, wie auch.
      Also das mit whatever it takes war wirklich bisher nur eine Beruhigungspille und die Probleme, die sich da nun immer weiter auftürmen sind immer noch nicht gelöst. Wäre ja passend, der Staat geht zuletzt pleite und treibt nicht vorher noch die gesamte Wirtschaft in den Ruin, das macht ja gar keinen Sinn.

      • Hias 29. April 2020, 23:14

        Da explodieren ständig sonst schwelende Kleinkonflikte.

        Da habe ich aber das Gefühl, dass das aktuell überall der Fall ist. Selbst in der Arbeit ist man ständig damit beschäftigt Konflikte zu entschärfen. Ich dachte eigentlich, dass die Lockerungen die Situation etwas entspannen, aber irgendwie ist (zumindest in meinem beruflichen Umfeld) das Gegenteil der Fall.

        Also das mit whatever it takes war wirklich bisher nur eine Beruhigungspille und die Probleme, die sich da nun immer weiter auftürmen sind immer noch nicht gelöst.
        OH, das „whatever it takes“ war nur Notfall, die erste Reaktion sozusagen und dafür war es gut. Jetzt müsste da deutlich mehr folgen. Bin mal gespannt, was noch kommt.

        • Ariane 30. April 2020, 00:39

          Da habe ich aber das Gefühl, dass das aktuell überall der Fall ist. Selbst in der Arbeit ist man ständig damit beschäftigt Konflikte zu entschärfen. Ich dachte eigentlich, dass die Lockerungen die Situation etwas entspannen, aber irgendwie ist (zumindest in meinem beruflichen Umfeld) das Gegenteil der Fall.

          Ja, es steht einfach jeder unter Stress und das mittlerweile eben schon an die 6 Wochen und diese abgedrehte Lockerungs-Debatte, die ja immer mehr ins Extreme geht (mittlerweile sind die größten Extremisten dabei, sich gegenseitig Mord vorzuwerfen) kommt als Stressfaktor hinzu.
          Ich fürchte aber, das ist einfach nur der totale Wunsch nach schnellstmöglicher Wiederherstellung des Status Quo und den gibts auch mit Lockerung nicht. Ich bin ja auch zehnmal so gestresst, obwohl ich immer im HomeOffice arbeite (und jetzt eigentlich eh nicht mehr arbeite) aber man gewöhnt sich ja schnell und ich war heute das erste Mal wieder im Supermarkt und zur Feierabendzeit. Und das ist einfach so ungewohnt schon, dass plötzlich wieder so ein Verkehr ist und der Parkplatz voll ist und soviele gleichzeitig im Markt, das wirkt genauso beängstigend wie als mein Supermarkt von heute auf morgen auf Apokalypse umgeschaltet hat.

          Deswegen war/bin ich auch dagegen, dass jetzt wieder auf Verdacht gelockert wird und die Medien vor Forderungen nach Lockerungen überquellen. Eine gewisse Beständigkeit auch in der Pandemiekrise halte ich schon wichtig, jetzt war zwischen Kontaktsperre und Kanzerinrede gerade etwas Ruhe eingekehrt und jeder hatte sich eingerichtet und jetzt ist sofort wieder so ein Chaos wie in den ersten zwei Wochen mit wieder ganz neuen Problem wie Masken und Gummibandkrise und keiner weiß, wann wer Schule hat. So ein Wunder der Anpassung ist das menschliche Gehirn nun auch wieder nicht. Und statt einem Gefühl der Solidarität „da müssen wir jetzt alle zusammen durch, nützt ja nichts“ gehen alle aufeinander los. So funktioniert das halt nicht, eine Sache probieren, zwei Wochen Ruhe und Warten und dann den nächsten Schritt war schon eine gute Strategie – aber kaum hatte die Kanzlerin das verkündet, flippten alle aus. Das ist komisch und eskaliert auch so wahnsinnig schnell, gerade in der überregionalen Berichterstattung. Da gehen die medizinischen Zusammenhänge, die eh schon keine Beachtung fanden, erst recht verloren.

          OH, das „whatever it takes“ war nur Notfall, die erste Reaktion sozusagen und dafür war es gut. Jetzt müsste da deutlich mehr folgen. Bin mal gespannt, was noch kommt.
          Ja dafür war es ja auch gut, aber außerhalb des virologischen Geschehens scheint ja die Problematik so gar nicht mehr verstanden werden, egal wo man hinguckt, Schulpläne, die Wunder-App, die Wirtschaft bis hin zur EZB. Hab das Gefühl, die werkeln alle an absoluten paradoxen Sachen herum, die mit jeder neuen Korrektur einfach nur schlimmer werden. Aber auch Pandemiechaos bekommt man mit alter Klein-Klein-Methode nicht gelöst.

  • Ariane 29. April 2020, 11:29

    Paar fixe Ergänzungen, bin schon wieder auf ne neue Versorgungskrise gestoßen. Seufz^^

    1)Die EU wird aller Wahrscheinlichkeit nicht daran zerbrechen, dass Ungarn zur Diktatur degeneriert.
    Also für mich schon. Ich bin EU-Fan, weil ich es toll finde, einfach über die Grenze zu fahren, teilweise nicht mal Geld wechseln muss (ein weiterer Vorteil jetzt: mehr Kartenzahlung!) und zb bei mir wirklich das Gefühl da ist, dass die EU zu einer Art einem Land zusammenwächst. (Ich hab halt eh Verwandte und Bekannte in Dänemark).
    Wenn das nur noch wirtschaftlich gewollt ist, damit wir hier Spargelstecher oder polnische Altenpflegerinnen ausbeuten können. Dann eben nicht, damit kann ich nichts anfangen, dann sollen die gleich sagen, dass sie nur eine wirtschaftliche Union wollen und mich mit ihrem Kram in Ruhe lassen. Und das ist eine Entwicklung, die wir auch schon seit 5 Jahren haben und jetzt einen grotesken Abschluss findet! Spargelstecher per Flugzeug, aber auch meine Kontakte in Dänemark kann ich nicht mehr besuchen (komm ja nicht mal nach SH) 😀
    Übrigens noch ein wichtiger Punkt gegen die CSU, die laden Orban doch zu jedem Familienfestlein ein ohne dass die CDU mal merklich protestiert hat.
    Meiner Meinung nach werden wir nach und nach durch den Osten radikalisiert, die ganzen rechtsliberalkonservativen haben Ungarn als Vorbild und Polen, Tschechien und vermutlich andere Länder sind teils auch nur noch Ungarn light. Nee danke, dann lieber doch ohne EU.

    3) Generationskonflikt
    Hab diese „Generationenfrage“ nie verstanden, das ist auch so ein Schreibtischstubending. Hier hat niemand CDU gewählt aus der Familie, aber es gab keine Reform in den letzten Jahren, die wir so gefeiert haben wie die Mütterrente.
    Und ich leb ja mein ganzes Leben im Umfeld von Selbständigen, die sind da eh nicht mit drin. Ist schon egal, weil jetzt die nichtreichen einfach Privatinsolvenz anmelden müssen, weil irgendwer meint, die leben gar nicht von ihrem Verdienst, sondern bezahlen damit nur die Betriebsausgaben. Aber wer nicht direkt pleite ist, muss jetzt die eigene Rentenversorgung plündern, aber die werden ja eh gnädig auf die Grundsicherung verwiesen.
    Abgedrehte Selbstständigen-Anekdote: Einer hat nach Jahren mal halbwegs gut wieder verdient und wollte gerne zur Vorsorge mehr in die Rentenkasse einzahlen. Super, dachte sich die Kasse, guckte nach und schrieb erstmal ne Rechnung über mehrere 10.000€, weil er zeitweise nur eine Firma vertreten hatte und die meinten, das wäre Scheinselbständigkeit oder so. Zum Glück sind die nicht so irre wie das Finanzamt, man konnte sich nach zähen Verhandlungen wohl auf eine „kleinere Summe“ einigen und Ratenzahlung. Selbständige bunkern sonst ihre Cashreserven nur fürs Finanzamt, die sperren bei Liquiditätsengpässen nämlich direkt die Konten. Also das probiert nie wieder jemand.^^

    Also diesen unsolidarischen Geiz kann man sich nur bei Festanstellung leisten, die gut genug bezahlt ist, dass man selbst in der Rente nicht direkt verarmt. Und die können ja eigentlich durchaus aus Solidarität mal bisschen mehr abdrücken.

    Und seitdem meine alte Rentnergang erst als Entschuldigung für den Omasau-Skandal herhalten musste und zwei Monate später schon als halbtot abgeschrieben wird, hat sich das Thema erledigt. Und sollte es für wirklich jeden sein. Soviel zu Linke sind immer so heuchlerisch.

    4) Rechtsgerichtete Richter

    Übrigens auch ein Lieblingsinstrument der osteuropäischen Diktaturen und solchen, die es werden wollen. Als wenn die Justiz nicht eh schon von alten, weißen Männern beherrscht würde.

    5) Jetzt hast du mir schlechte Laune gemacht und ich hab übrigens den Wunsch, dass ein Tipp zu Mischa Meier in die nächste Bücherliste aufgenommen wird! Hab schon genug Zettelsammlungen hier rumliegen^^
    Ich liebe die Völkerwanderungsgeschichten, sie sind großartig! Ich mag auch Sprachwandelhistorie sehr gerne, das ganze Feld ist absolut toll und hochinteressant! Ich verstehe überhaupt nicht, wie man auf die perverse Interpretation kommt, dass irgendwelche Horden (die ja nie als Individuelle Menschen, sondern als Einheit betrachtet werden) irgendwo hingehen und nur Tod und Verderben und Untergang auslösen. Schlimmster Verschwörungsmythos überhaupt und absolut falsch.

    Das liegt aber daran, dass wenig Verständnis für wissenschaftliche/historische Zusammenhänge bei den meisten Menschen vorhanden sind. Das sieht man ja jetzt auch wieder, ich verstehe überhaupt nicht, wie sich die Leute an so einem Ding wie der Reproduktionszahl aufhängen können, als hätte Merkel das fix erfunden, um sie zu ärgern. Dabei hat der gerade so eine gewaltige Fehlertoleranz, dass er eh nur als grobe Schätzung taugen kann. Kommt davon, wenn man sonst nur mit Wirtschaftsstatistiken herumspielt und meint das sind Zahlen, die einfach so auf Webseiten herumliegen.
    Und dass Drosten mal kurz die Spanische Grippe erwähnt hat, hab ich dadurch erfahren, dass meine Timeline sich beschwerte, weil einige meinten, man hätte ja aus der letzten Pandemie lernen können! Dieses Prinzip, erstmal herauszufinden, worüber man sich eigentlich empört, scheint noch nicht so bekannt zu sein.

    Historien-Nerd-Frage: Kann man etwas daraus lernen? Sollte ich doch das Buch bestellen?

    7) Dividenden und so
    Ein VW-Chef meinte wohl auch in einem Interview, dass Vorstandsgehälter kürzen und Dividenden streichen nur das „letzte Mittel“ wären.
    Kaum ist Pandemie, finde ich Kühnerts Idee der Verstaatlichung echt gut.
    Außerdem bei Fluglinien und ähnlichem Kram macht es überhaupt keinen Sinn, die solange mit Hilfen am Leben zu erhalten. Dann lieber direkt aufkaufen und einmotten und als „Flugzeugreserve“ laufen lassen, um Leute und Kram durch die Gegend zu bekommen. In der Zeit können Boeing und Airbus mal ihre Modelle so überarbeiten, dass sie nicht mehr regelmäßig abstürzen. Dann kann der Staat auch selbst entscheiden, wie er mit den Angestellten umgeht, die jetzt nichts mehr zu tun haben. Bezahlen tut er das gerade ja eh komplett. No taxes without representation!^^

    9&10)
    Das ist echt komisch, nachdem ich die Medien als untauglich für die aktuellen Problematiken abgeschrieben hab, komm ich mir selbst vor wie ne Gegenöffentlichkeit.

    Mini-Kurz-Analyse, die auch mit Gender zu tun hat:
    Ich glaube, der Unterschied liegt in Mikro und Makro. Die ganze Pandemie-Chaos-Apokalypse wird von einem unsichtbaren Virus ausgelöst, der weil unsichtbar Menschen zum Problem macht. Also menschlicher Kontakt gefährlich, was wiederum zu anderen kleinen Problemen führt und irgendwann hat man Pandemiechaosapokalypse.

    Deswegen können radikalfeministische Landfrauen Pandemiekrisen auch am besten. Ich fühle mich schon die ganze Zeit als hätten wir eine deutschlandweite Familien“krise“. Wenn irgendwer einen Unfall hat oder auch nur ein großes Familienfest organisiert werden muss. Wer macht das bei euch? Ich kenn nur Familien, in denen das meistens Frauen machen oder sehr moderne Männer, die sozusagen in die Organisation eingebunden werden. Der Rest (Männer) bekommt Aufträge zum Abarbeiten (Getränke, rumfahren, den Kram bezahlen) Und so läuft das jetzt eben deutschlandweit.

    Nur die großen Selbstdenker, die immer bedeutungsschwanger und belehrend über die großen Zusammenhänge reden, hängen in einem Paralleluniversum fest und merken es nicht. Datenerfassung, kleinteilige Medizinarbeit, Beobachtungsstudien, Koordination und Abgleich, Zusammenarbeit sind irgendwelche Dinge, „um die sich schon jemand kümmern wird“. Und aktuell findet der ganze Scheiß gleichzeitig und live statt. Siehe R-Faktor, bevor ich eine Verschwörung vermute, sollte ich doch vielleicht mal fragen, was das ist und wie der überhaupt ermittelt wird?
    Der wird gerade live ermittelt, hauptsächlich von Frauen und Bundeswehrsoldaten, die halb Deutschland einzeln abtelefonieren und irgendwelchen Koordinationsstellen, die ein winziges Puzzlestück zusammenfassen und nach oben weiterreichen. Praktiker wissen sowas im Allgemeinen, Makroerklärer eher nicht so.
    Es ist nämlich nicht die Zeit für die großen Selbstdenker, sondern für Puzzle-Liebhaber. Während die Makrotheoretiker noch rätseln, ob die Kanzlerin den R-Faktor zur Vertuschung erfunden hat (scheinbar aktuellste Verschwörungstheorie ???), haben radikalfeministische Hausfrauen mit Hilfe von ein paar Männern, die noch nicht den Verstand verloren haben, schon die 12Mrd benötigten Alltagsmasken zusammengeschneidert, sofern sie Gummiband finden. Die Selbstdenker wären als Telefonisten gerade echt nützlicher, die reden ja scheinbar nie mit jemandem.
    Funfact: Die hilfsbereiten Männer haben schon den Businessplan zum Reichwerden in der Schublade, halten Gummiband aber für etwas zum Haare zusammenbinden.

    • Stefan Pietsch 29. April 2020, 12:10

      7) Dividenden und so

      Erst nimmt der Staat durch ein generelles Verbot wirtschaftlicher Aktivitäten, was die Grundrechte unterläuft, die wirtschaftliche Existenzgrundlage, um sich dann als Weißer Ritter das Eigentum anderer unter den Nagel zu reißen. So ungefähr ist der Sozialismus ostdeutscher Prägung entstanden. Ich sehe, die Linken haben’s nicht verlernt.

      Sarna Röser, Bundesvorsitzende des Wirtschaftsverbandes „Die jungen Unternehmer“ und eine Frau, die tatsächlich etwas leistet und nicht einfach Geld umverteilt, hat dazu die passenden Worte gefunden:

      Die Regierung tut jetzt so, als ob der Staat mit Schulden die gesamte Wirtschaft übernehmen könne. Nach dem Motto: einmal stark, immer stark. Darum müsse er jetzt so weitermachen dürfen, weil ja nur er es könne. Das Gegenteil ist richtig.

      Wenn die Wirtschaft unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln nicht bald wieder in voller Breite anfahren und Gewinne und Steuern generieren kann, wird unserem Staat unweigerlich seine Finanzkraft geraubt.

      Klar ist, wer all das am Ende bezahlen muss. Das werden wir sein. Wir alle und vor allem wir als junge Generation.

      Eine kluge Frau, die nicht auf Rechnung anderer, sondern auf eigenes Risiko arbeitet. Gilt ja heute als nicht mehr modern. Der Staat hat in Unternehmen nichts, nicht das Geringste zu suchen. Er hat für die Schäden aufzukommen, die er selbst angerichtet hat und sich nicht das Eigentum anderer Leute unter den Nagel zu reißen.

      • Ariane 29. April 2020, 13:20

        Erst nimmt der Staat durch ein generelles Verbot wirtschaftlicher Aktivitäten, was die Grundrechte unterläuft, die wirtschaftliche Existenzgrundlage, um sich dann als Weißer Ritter das Eigentum anderer unter den Nagel zu reißen. So ungefähr ist der Sozialismus ostdeutscher Prägung entstanden. Ich sehe, die Linken haben’s nicht verlernt.

        Klaro, bei der letzten Pandemie gab es weder die DDR noch den jetzigen Rechts/Links Gegensatz. Schön, dass erstmal gestänkert wird.

        Ist mir übrigens egal, Boeing und Airbus sind sowieso staatliche geführte Unternehmen, meinetwegen können wir die ganze Luftfahrtbranche auch dem freien Markt überlassen. Aber dann bitte mit staatlicher Sperrung, dass nicht ein Fitzelchen an andere Staaten verhökert wird.
        Bezahlen tut der Staat das eh, aber Russland, China und andere Knallchargen sind heiß auf die Daten.

        Ich mein, ist doch schlauer, wenn der Staat sich mal eben einen Flugzeugvorrat kauft anstatt für die ganzen Leute Arbeitslosengeld zu bezahlen? Luftfahrtbranche, Tourismus etc. ist doch eh längerfristig tot. Wo genau ist jetzt der Vorteil? Hast du einen anderen Vorschlag für die Luftfahrtindustrie? Oder nur Kohle her und gut ist?

        Eine kluge Frau, die nicht auf Rechnung anderer, sondern auf eigenes Risiko arbeitet. Gilt ja heute als nicht mehr modern. Der Staat hat in Unternehmen nichts, nicht das Geringste zu suchen. Er hat für die Schäden aufzukommen, die er selbst angerichtet hat und sich nicht das Eigentum anderer Leute unter den Nagel zu reißen.

        Ich sagte es schon ein paar Mal: Staaten können nicht pleite gehen wie Unternehmen oder Menschen. Die verschwinden ja nicht einfach oder werden verkauft, das einzige, was mit einem Staat passieren kann ist eine Millitärinvasion und dann ist der Staat vielleicht weg, aber die Menschen noch da oder anderswo (wie in Syrien).
        Und bei einer Pandemie, die so extreme Maßnahmen erfordert, um ein totales Massensterben zu verhindern, kannst du das mit Eigenverantwortung und eigenem Risiko total knicken. Sucht sich ja auch keiner aus, Covid zu bekommen, das kann man halt nicht verhindern und deswegen haben wir hier gerade Ausnahmezustand.

        Der Staat will ja nichts klauen. Er bezahlt sowieso, ob als Soforthilfe oder als Arbeitslosengeld oder als Investition, wenn es irgendwann in eher ferner Zukunft an den Wiederaufbau geht. Dann sollte das mal lieber methodisch durchgeführt werden. Dann geht nämlich nicht ganz soviel kaputt, das wieder aufgebaut werden muss. Es ist also aus Sicht des Gemeinwohls! durchaus die wirtschaftlich effektivste Lösung.

        Oder möchte der Controller da widersprechen?

        • Stefan Pietsch 29. April 2020, 14:51

          Wenn ein Unternehmen aufgrund einer Plage zeitweise schließen muss, kann es sich auch nicht damit herausreden, dass dies nunmal absolut notwendig war.

          Der Staat hat verfügt, dass die Geschäfte schließen müssen. Er agiert. Folglich haftet er auch für die Schäden. So ist das nun mal in einem Rechtsstaat. Stell‘ Dir vor, Dir fügt jemand einen existenziellen Schaden zu. Danach ist er bereit, Dir aus der Patsche zu helfen, die er verursacht hat. Im Gegenzug möchte er aber einen Teil Deines Eigentums. Du würdest ihn zum Teufel jagen, was nur zeigen würde, wie sehr Deine Maßstäbe verrutschen, wenn es nur um die Liebe zum Staat geht.

          Der Staat hat in Unternehmen nicht, absolut nichts zu suchen. Die Geschäftspolitik geht ihn nichts an. Aufgrund der verordneten Pandemie-Maßnahmen sind viele Unternehmen nun auf staatliche Stütze angewiesen, um überhaupt überleben zu können. Wenn daraus Politiker einen Vorteil ziehen wollen, sind sie bodenlos niederträchtig.

          Die Steuern gehören nicht Herrn Scholz. Nicht er war in den letzten Jahren sparsam. Die Bürger waren genügsam. Doch statt das zu erwähnen, schlägt der größte Sozi sich nur selbst an die Brust.

          Dafür, dass Staaten nicht pleite gehen können, haben sie sich aber sehr oft auf Kosten ihrer Bürger entschuldet. Mannomann! Ich kann diesen Satz nicht mehr hören. In diesem Sinne können auch Unternehmen nicht pleite gehen, so lange sie jemanden finden, der sie finanziert. Wir als Bürger werden gezwungen den Staat zu retten.

          Hast du einen anderen Vorschlag für die Luftfahrtindustrie? Oder nur Kohle her und gut ist?

          Exakt, Ariane, exakt! Manchmal denkst Du wirklich sehr klar.

          Und bei einer Pandemie, die so extreme Maßnahmen erfordert, um ein totales Massensterben zu verhindern, kannst du das mit Eigenverantwortung und eigenem Risiko total knicken.

          Die Gerichte bis hin zu den obersten erkennen inzwischen zu, dass der Staat übertreibt oder nicht ausreichend begründet, was auf das Gleiche hinausläuft. Er verursacht damit mutwillig volkswirtschaftliche Schäden, die nicht sein müssten. Hasardeur nennt man das in anderen Bereichen.

          Der Staat will ja nichts klauen.

          Aber natürlich will er das! Er besitzt ja nichts. Zur Begründung siehe oben. Es werden gerade hundertausende wenn nicht Millionen um ihre wirtschaftliche Existenz gebracht. Der Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat dazu die Tage die richtigen und passenden Worte gefunden – auch für Dich übrigens:

          Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz des Lebens zurückzutreten, dann muss ich sagen, das ist in dieser Absolutheit nicht richtig.

          • Ariane 29. April 2020, 15:25

            Wenn ein Unternehmen aufgrund einer Plage zeitweise schließen muss, kann es sich auch nicht damit herausreden, dass dies nunmal absolut notwendig war.

            Nun ja, das ist aber doch gerade die Situation? Und ich meine, wenn wir nicht das nächste medizinische Wunder bekommen, ist doch völlig klar, dass internationaler Handel, Verkehr, Tourismus etc. für die nächsten 1-2 Jahre nicht mehr möglich wird? Vor allem außerhalb des Westens oder der hochentwickelten Länder?

            Ich bin doch links Stefan. Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass der Staat die Kosten für die Pandemiemaßnahmen übernimmt. Diese Grundsatzfrage musst du mit mir doch nicht klären.
            Aber das soll doch bitte mit Sinn und Verstand getan werden, gerade in so einer Situation, die absolut nicht einschätzbar ist? Wo eigentlich bisher mal klar war, dass internationale Großkonzerne und internationaler, globale Vernetzung längerfristig unter die Räder kommen.

            Wenn die Luftfahrtindustrie für mehr als ein Jahr die Pforten schließt, sind die einfach weg. Was soll denn bitte mit denen passieren? Wer will denn jetzt bitte ne Fluglinie kaufen, das ist doch total unprofitabel, dafür interessieren sich nun mal nur noch ausländische Geheimdienste.
            Also geht es nicht darum, ob ein Staat darin etwas zu suchen hat, sondern nur noch um die Frage, WELCHER Staat da herumfuhrwerkt.

            Die aktuelle Situation ist entweder nur Airbus wieder komplett verstaatlichen und den Rest zu Grunde gehen lassen oder gucken, ob man die Zeit nutzt, um da gleich mal bestehende Probleme ohne Profitdruck anzugehen.

            Dafür, dass Staaten nicht pleite gehen können, haben sie sich aber sehr oft auf Kosten ihrer Bürger entschuldet.

            Du musst mal von deinem Besitzdenken runterkommen Stefan. Staaten und Menschen gehören niemandem, das sind Organisationsinstrumente, um das Leben von 82 Millionen Menschen zu organisieren und alles IN einem Staat gehört nun mal dazu. Ohne Menschen gibt es keine Staaten, das ist sinnfrei.

            Exakt, Ariane, exakt! Manchmal denkst Du wirklich sehr klar.

            Zwei Jahre lang soll der Staat Kohle rüberwachsen lassen und sonst die Klappe halten? Ähm? Ist das jetzt eine durchgedrehte Argumentation für bedingungsloses Grundeinkommen?
            Wenn ich HartzIV beantragen will, muss ich 100 Seiten ausfüllen und mich bis auf die Unterhose ausziehen und die gesamte Luftfahrtindustrie soll jetzt auf mehrere Jahre hinaus durchgefüttert werden?
            Bei einer Sache, von der der Staat gerade übrigens einen eklatanten Mangel hat und flugfähige Flugzeuge und das Personal in kleinerem Ausmaß durchaus gut gebrauchen kann? Wo soll der Staat das hernehmen? Warten, bis Airbus genug gebaut hat, während die fertigen Flugzeuge beim BER herumstehen?

            Wir als Bürger werden gezwungen den Staat zu retten.

            Hö? Siehst du den Staat als dein Privathaus? Du musst ja nicht, gut jetzt ist gerade schlecht, aber normalerweise sind wir ja nicht in der DDR und du kannst gerne in einen anderen Staat gehen. Aber ja, wenn du hier lebst, bist du verpflichtet, dich an der staatlichen Existenzsicherung zu beteiligen. Mündiger Staatsbürger und so.

            Aber natürlich will er das! Er besitzt ja nichts. Zur Begründung siehe oben. Es werden gerade hundertausende wenn nicht Millionen um ihre wirtschaftliche Existenz gebracht.

            Natürlich besitzt der Staat nichts. Er ist ja kein Unternehmen übrigens! Er ist eine Organisationsform für ein großes Stück Land mit sehr vielen Menschen darin. Die wie du richtig sagst, gerade selber in Existenznöten stecken. Und genau darum geht es, zumindest in unseren westlichen Demokratien, wenn Menschen in so großem Ausmaß existenzielle Probleme haben, ist das Sache des Staates. Von wem sonst? Wie gesagt, wir haben hier eine Krankheitsproblematik, bitte berücksichtige das, auch wenn es Frauengedöns ist.

            Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz des Lebens zurückzutreten, dann muss ich sagen, das ist in dieser Absolutheit nicht richtig.
            Ja, dieses abgedrehte Argument kommt jetzt häufiger. Bisschen irre, wenn in unseren Nachbarstaaten gerade überall Massengräber ohne Trauergäste neu etnstanden sind, über den Schutz von Leben sind wir längst hinaus. Es geht um unseren Umgang mit Alten, Kranken und Sterbenden und um deren Angehörige.

            Denn die einzige Alternative dazu haben wir durch ein absolut riesiges Wunder knapp verhindert, das sind nämlich die Massengräber. Und gläubige Katholiken sollten lieber alleine in die Kirche laufen und sämtliche Kerzen, die da herumstehen anzünden aus Dankbarkeit und Trauer um die bisher 6.000 Todesopfer. Und das ist meine emotionale und rationale Argumentation.

            • Stefan Pietsch 29. April 2020, 17:31

              Nun ja, das ist aber doch gerade die Situation?

              Ja. Die Plage fehlt in meinen Verantwortungsbereich und ich entscheide zu schließen. Bei Corona erfolgt die Schließung auf behördliche Anordnung, der Staat trägt also die Verantwortung. Folglich muss er zahlen.

              Aber das soll doch bitte mit Sinn und Verstand getan werden, gerade in so einer Situation, die absolut nicht einschätzbar ist?

              Es wird langsam Zeit, dass wir hier Fortschritte erzielen. Das ist eine Begründung für ein, zwei, drei Wochen, aber nicht für Monate. Tatsächlich agiert der Staat weitgehend planlos, da er keinen Maßstab hat. Ich wiederhole: der Staat hat ggf. mit Eigenkapital Unternehmen zu stützen, die aufgrund der rigiden Schließungsvorgaben, welche in Grundrechte eingreifen, illiquide geworden sind. Daraus kann er jedoch keine weiter gehenden Rechte wie Teilhabe und Mitbestimmung ableiten.

              Eine Staatswirtschaft, das sollten wir eigentlich gelernt haben, ruiniert uns alle.

              Staaten und Menschen gehören niemandem, das sind Organisationsinstrumente, um das Leben von 82 Millionen Menschen zu organisieren und alles IN einem Staat gehört nun mal dazu.

              Ja. Und warum argumentierst Du nicht danach? Der Staat hat zur Erfüllung dieser Aufgaben das Recht, von mir Steuern zu erheben. Er hat nicht das Recht, mich zu diesem Zwecke zu enteignen. Genauso wenig hat er das Recht, sich von mir Geld zu leihen und dann qua Machtposition zu entscheiden, mir dieses nicht zurückzugeben. Der Staat hat kein natürliches Recht, sich zu verschulden. Und schon gar nicht hat er das Recht, einseitig die Kürzung der Rückzahlungsansprüche zu verfügen. Genau das aber haben Staaten immer wieder getan. Das ist Diebstahl.

              Zwei Jahre lang soll der Staat Kohle rüberwachsen lassen und sonst die Klappe halten?

              Was verstehst du an meiner Argumentation nicht? Der Staat hat den immensen Schaden verursacht. Aus welchen Gründen spielt keine Rolle. Er hat dafür zu entschädigen. Aus einer Entschädigung entstehen keine Mitbestimmungsrechte. Oder hast Du so etwas schon mal gehört? Der Hartz-IV-Empfänger, so viel zu Deinem schrägen Vergleich, wurde weder vom Staat geschädigt noch in der Ausübung seiner Grundrechte wie Vertragsfreiheit, Verfügung über sein Eigentum – beraubt. Er hat sich nur selbst geschädigt und wird dafür von der Gesellschaft aufgefangen.

              Siehst du den Staat als dein Privathaus? Du musst ja nicht, gut jetzt ist gerade schlecht, aber normalerweise sind wir ja nicht in der DDR und du kannst gerne in einen anderen Staat gehen. Aber ja, wenn du hier lebst, bist du verpflichtet, dich an der staatlichen Existenzsicherung zu beteiligen.

              Zum X-ten Mal: der Staat hat analog zum Krieg einen immensen Schaden für 83 Millionen Bürger verursacht. Zur Linderung der Schäden verschuldet er sich nun sehr hoch, d.h. er nimmt Anleihen auf zukünftige Steuerzahlungen auf. Dieser Ausgleich muss von uns Bürgern vorgenommen werden in Form höherer Steuern oder niedrigerer staatlicher Gegenleistungen. Ist ja alles nicht neu. Und dafür will der Staat noch Mitsprache bei der Verfügung über mein Eigentum? Geht’s noch?

              Ja, dieses abgedrehte Argument kommt jetzt häufiger.

              Ja, ja, sagen Verfassungsrechtler. Echt abgedreht die Kerle. Aber vielleicht bist auch nur Du diejenige, die abgedreht ist? Vielleicht ist das ja alles zu weitgehend? Vielleicht stimmt die Balance nicht?

              • Ariane 29. April 2020, 20:34

                Zum X-ten Mal: der Staat hat analog zum Krieg einen immensen Schaden für 83 Millionen Bürger verursacht. Zur Linderung der Schäden verschuldet er sich nun sehr hoch, d.h. er nimmt Anleihen auf zukünftige Steuerzahlungen auf. Dieser Ausgleich muss von uns Bürgern vorgenommen werden in Form höherer Steuern oder niedrigerer staatlicher Gegenleistungen. Ist ja alles nicht neu. Und dafür will der Staat noch Mitsprache bei der Verfügung über mein Eigentum? Geht’s noch?

                Ich verstehe diese Argumentation tatsächlich nicht so ganz. Er greift ja nicht einfach so aus Spaß in Grundrechte ein und schließt Unternehmen. Er tut dies auf Gesetzgrundlage des Infektionsschutzes, das ausdrücklich auch Grundrechte einschränken darf.
                Und die Pandemie ist ja nicht beendet, sie ist aktuell in Deutschland weitgehend unter Kontrolle, so dass die Zahlen sinken. Und mein Beispiel war ja die Luftfahrtindustrie. Ich meine, was sollen die machen, einfach wieder zig Millionen Leute um die ganze Welt fliegen? Das ist ja gerade nicht so die gute Idee und aktuell haben wir eine weltweite Reisewarnung.
                Und die wird ja vermutlich noch länger bestehen bleiben.

                Und der Staat soll ja nichts klauen, ich habe dir ja zugestimmt, dass der Staat sich nicht um die Gesundheitsproblematik kümmern soll, sondern auch um die dadurch entstandenen Schäden. Aber wenn das solange dauert, dann ist es doch Quatsch, einfach nur das Unternehmen durchzufüttern auch noch ganz ohne Auflagen? Hast du dagegen argumentiert, dass Solo-Selbständig sofort an Hartz IV verwiesen werden? Das sind doch auch Unternehmen im Mini-Format?

                Er soll Unternehmen der Luftfahrtbranche lieber verstaatlichen, damit nicht soviel in der Zeit kaputt geht und dann einfach weg ist. Die Zeit in der nicht rumgeflogen wird, kann man ja lieber besser nutzen.
                Er soll das ja nicht für immer behalten, wenn die Pandemiesituation erledigt oder zumindest deutlich besser aussieht und internationer leichter herumgeflogen werden kann, kann das gerne privatisiert werden.

                Das geht ja auch nicht für alle Unternehmen, die Handelsagentur will der Staat ja auch nicht kaufen (wir wären dabei!) Aber da machts ja keinen Sinn und bei vielen Brachen muss man die Entwicklung auch erstmal längerfristig beobachten.
                Aber bei strukturrelevanten Dingen muss der Staat das sowieso machen, Häfen, Flughäfen etc. Zumindest fände ich es nicht sehr klug, wenn wir das alles den Russen oder Chinesen verticken würden.

              • Stefan Pietsch 29. April 2020, 23:17

                Ich verstehe diese Argumentation tatsächlich nicht so ganz. Er greift ja nicht einfach so aus Spaß in Grundrechte ein und schließt Unternehmen.

                Genau das gilt es immer wieder zu belegen, wir reden nicht von Lappalien. Und dass die Politik längst nicht sorgsam in dieser Frage vorgeht, zeigt die zunehmende Zahl ablehnender Verfassungsgerichtsurteile. Gerade heute hat Karlsruhe die Einschränkung der Religionsfreiheit zurückgedreht. Wir sind keine Kinder, sondern haben Anspruch auf transparente Maßstäbe und Erklärungen. Beides liefert die Regierung nicht.

                Der Staat kann sich auch mit der Rolle des stillen Gesellschafters bescheiden. Er bekommt seine Dividende und kann seine Anteile verkaufen. Nur soll und darf er keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik haben.

                Welche Auflagen willst Du bitte Unternehmen machen?! Schon bei der allgemeinen Forderung bekomme ich einen Hals. Der Commerzbank ist der Einfluss des Staates nicht wirklich bekommen und auch sonst sind die Beispiele eher negativ. Der Staat darf keine Auflage geben, dauerhaft Arbeitsplätze zu erhalten, wenn dies die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens gefährdet. Möglicherweise wird die Luftfahrtbranche dauerhaft schrumpfen, dann wäre eine solche Einschränkung der Eintritt in einen dauerhaften Sanierungsfall.

                Ansonsten kümmert sich der Staat viel zu sehr um die Großen. Meine Rede.

                • Ariane 29. April 2020, 23:44

                  Wir sind keine Kinder, sondern haben Anspruch auf transparente Maßstäbe und Erklärungen. Beides liefert die Regierung nicht.
                  Doch das tut sie, aber diese Situation gab es eben noch nie, die Wissenschaft weiß nichts, so etwas wurde noch nie durchgeführt und überhaupt nur eine grobe Richtung, ob es zuviel oder zuwenig ist, sieht man erst nach zwei Wochen.
                  Insofern sind wir einfach Kindern, die lieber weghören als zuzuhören.

                  Welche Auflagen willst Du bitte Unternehmen machen?!
                  Schrieb ich doch, die Fluglinien gehen nicht kaputt und der STaat kann sie da einsetzen, wo er sie braucht, um Sachen oder Menschen herumzufliegen. Die Angestellten warten die Flugzeuge und passen auf, dass nichts verrostet. Und Boeing und Airbus können mal nachgucken, ob da noch mehr versteckte Sicherheitsmängel sind, damit nicht mehr soviele Flugzeuge runterfallen, Fluglinien nutzen ja auch Boeing. Und wir wissen nicht, ob die Luftfahrt dauerhaft schrumpft, nur pleite gehen sie alle. Die ältesten Flugzeuge kann man dann eben wegwerfen, besser als alle auf einem Friedhof abzustellen.

                  Sehe nicht so wirklich das Problem, die sind doch nicht mehr vor der Pleite zu retten, dann lieber gleich den günstigsten und effektivsten Weg gehen oder darf der Staat nicht finanzoptimieren?

                  • Stefan Pietsch 30. April 2020, 11:23

                    Doch das tut sie

                    Statt es zu behaupten, hättest Du einfach die Kriterien darlegen können. Was hat die Kanzlerin gesagt, unter welchen Bedingungen wird was wieweit gelockert? Ich glaube, Du wärst richtig gut, wenn Du das passend zitieren könntest. 😉

                    • Ariane 30. April 2020, 12:29

                      Ich bin doch schon Ein-Frau-Aktivistin auf Gummibandsuche (Männer haben es mit Alltagseffizienz so gar nicht, muss erstmal seine Maskenfabrikation optimieren) und ich kann nur zusammenfassen, ich gucke das ja hier nebenbei^^

                      Sie hat klar gesagt, dass sie sich an den virologischen Daten orientiert und ihre Entscheidung daran festmacht (dummerweise darf sie selbt wegen Föderalismus gar nix^^). Man wollte sich mit den Ladenöffnungen erstmal vorantasten und zwei Wochen später die Daten kontrollieren (dummerweise sind ja jetzt auch noch viele (christliche) Feiertage, wo man eh mehr Kontakte knüpft)

                      Meine Mikrobiologie-Korrespondentin erzählte zusätzlich, dass man am besten erstmal einen Total-Lockdown für eine Weile macht und dann alle zwei Wochen EIN FELD öffnet, um mit der Fall-Nachverfolgung hinterherzukommen und mal Daten zu sammeln. Man weiß ja nur, dass Menschenmassen gefährlich sind, aber nur so kann man herausfinden, ob nun Einkaufen, zusammen arbeiten, Schulen, Kirchen oder Coronaparties die größten Infektionsherde sind.

                      Das weiß niemand, es ist auch nicht anders herauszufinden (nicht auf die Schnelle), aber genau das muss man wissen, bevor man Lockerungen mit Sinn und Verstand angehen will.
                      Einfach von Wirtschaft, Ikea und Land der Küchenbauer zu reden, ist ja nicht hilfreich.

                      Und meine persönliche Meinung: man muss das normale Alltagsleben komplett aus seinem Gehirn löschen. Das funktioniert mit Masken und Abstand und Hygieneregeln einfach nicht mehr. Man muss ganz von vorne überlegen, wofür ist Schule da, Arbeit, Einkaufen, Zusammenkünfte. Und dann nachdenken, wie das geht und ganz andere Lösungen suchen als bisher. Masken auf und 2m Abstand ist nur albern und Quälerei.

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 12:39

                      Sie hat klar gesagt, dass sie sich an den virologischen Daten orientiert und ihre Entscheidung daran festmacht

                      Hat Sie? Boah, es wäre nett gewesen, wenn Du sie – bitte exakt – hättest benennen können. Einfach nur Faulheit, dass Du sie nicht reinschreibst oder nicht gefunden? Wie gesagt, niemand weiß aktuell, wie Merkel zu ihren Einsichten gelangt. Sie sagt zwar, aber genauso gut könnte sie auch würfeln. Das wäre genauso transparent.

                      Genau deswegen bekommt die Politik gerade Nasenstüber auf Nasenstüber von den Gerichten. Kurz: so, liebe Leute in Berlin, geht es nicht!

                      Meine Mikrobiologie-Korrespondentin erzählte zusätzlich, dass man am besten erstmal einen Total-Lockdown für eine Weile macht

                      Das ist nett, was Leute über Viren halt so sagen. Dazu hätte ich nur in meinen Biologiekenntnissen (Leistungskurs!) kramen müssen. Das Beste ist immer, alles ins Koma. Nur, Ariane, die Gesellschaft ist kein Versuchslabor und wir sind auch nicht alleine auf der Welt. D.h., nicht jedes Land muss gesondert forschen.

                      Die Dame hat nicht bedacht, dass es eventuell nach den Tastversuchen nichts mehr gibt, was zu retten ist. Du selbst redest ja auch schon, „der Staat“ (also „wir“) solle alles Große übernehmen und der Rest – na ja, Pech gehabt. So ein Restaurant, Friseurladen, Kaufhaus lässt sich ja auch wieder aufbauen.

                      Und meine persönliche Meinung: man muss das normale Alltagsleben komplett aus seinem Gehirn löschen.

                      Dann tu‘ das meinetwegen. Aber verlange es nicht von mir. Mein Grundrecht besagt, dass ich prinzipiell in die Kirche gehen darf. Und zwar nicht erst wieder im Jahr 2023.

                    • Ariane 30. April 2020, 13:20

                      Einfach nur Faulheit, dass Du sie nicht reinschreibst oder nicht gefunden? Wie gesagt, niemand weiß aktuell, wie Merkel zu ihren Einsichten gelangt.

                      Nein, nur sehr kompliziert. Ich plane gerade selbst eine Seite, um das mal zu sammeln. Ich habe das nicht auf einer Seite gelesen, ich habe Leute gefragt, die sich mit EINER SACHE sehr gut auskennen und sehr viel gegooglet und zwischendurch interessante Details irgendwo aufgeschnappt.
                      Würde ich empfehlen, wenn man sich fragt, was hier eigentlich los ist, bevor man zum Widerstandshelden wird. Ist besser, zu wissen, gegen was und wen man eigentlich revoltiert. So mal als Mikroexpertin-Tipp 😉

                      Das RKI nutzt eine Methode, die sich Nowcast nennt und ziemliche Mathe-Magie (ich hab ja einen Rechenexperten, ist bisher der beste finde ich) https://twitter.com/aloa5
                      Und lässt sich von mir zu Mikrodingen beraten. So kommt man übrigens an das meiste Wissen Herr Arroganzler.
                      Auf jeden Fall werden da Daten genommen zu Infiziertenzahlen und Testmengen. Die Dunkelziffer kennt ja keiner, weil niemand weiß, ob er infiziert ist oder nicht. Die härtesten Daten sind Krankenhausbetten, Beatmungsmaschinen, Todesfälle.
                      Da gibt es nicht mal ein fixes Zentralregister für ganz Deutschland, das muss erstmal zusätzlich aufgebaut werden.
                      Und daraus wird der R-Faktor und das kommende Infektionsgeschehen modelliert.

                      Und bessere Zahlen und Daten haben wir nicht. Es gab halt noch nie eine globale Pandemie in der Praxis.

                      Die Dame hat nicht bedacht, dass es eventuell nach den Tastversuchen nichts mehr gibt, was zu retten ist. Du selbst redest ja auch schon, „der Staat“ (also „wir“) solle alles Große übernehmen und der Rest – na ja, Pech gehabt.

                      Die Dame ist Mikrobiologie-Professorin der CAU in Kiel. Ich glaube, das ist etwas besser als dein LK. Und sie forscht eigentlich über Antibiotikaresistenz. Sie kennt sich also mit Infektionskrankheiten aus. Und weiß glücklicherweise, wie so eine Nachverfolgung bei Epidemien funktioniert.
                      Weißt du sowas mit deinem LK-Wissen?

                      Du selbst redest davon, wir sollen lieber alles aufmachen und Massengräber in Kauf nehmen. Hast du dazu einen Statistik-Künstler und eine Mikrobiologie-Professorin und zig andere Leute befragt, bevor du deine Meinung aufschreibst?

                      Dann tu‘ das meinetwegen. Aber verlange es nicht von mir. Mein Grundrecht besagt, dass ich prinzipiell in die Kirche gehen darf. Und zwar nicht erst wieder im Jahr 2023.

                      Ich bin doch nicht die Regierung. Ich verlange von dir, dass du dich an Gesetze hältst, wie es jeder verantwortliche Bürger nun mal tun sollte. Und vielleicht suchst du mal einfach die Verordnung deines Landkreises raus? Man darf jederzeit in die Kirche gehen und beten und mit einem Pastor zur Seelsorge reden.

                      Wie gesagt, ich weiß erst gerne, was los ist, bevor ich mir eine Meinung bilde und diese aufschreibe. Ich finde es nicht schön, wenn du so tust, als schreibe ich hier einfach gehirnlos vor mich hin.
                      Das ist nicht meine Art. Aber ich kenne jemanden, der sich zum Widerstandskämpfer gegen Merkel und Linke ernennt, die so naiv und gutgläubig sind.

                      Und ich weiß, was mir lieber ist und was in einer Pandemie hilfreicher für das Alltagsleben ist. Und Widerstand ist es nicht, dann haben wir italienische Verhältnisse.

                    • Ariane 30. April 2020, 13:40

                      Oh grad gesehen. Der Rechenexperte arbeitet gerade an einem eigenen und besseren Weg, um zum Nowcast zu kommen:
                      https://twitter.com/aloa5/status/1255801440825757699

                      Und nein, keine Ahnung, ob der wirklich besser ist. Ich rechne ja nicht. Wenn man sich Fragen zur Seuchenbekämpfung stellt, sollte man vermutlich wirklich nicht mit dem R-Faktor und Nowcast anfangen, sondern mit einem Medizinbuch für Anfänger, sagte ich schon ein paar Mal.

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 16:32

                      Nein, nur sehr kompliziert.

                      Das war nicht die Frage, Ariane. Bitte antworte auf die Frage, die sich aus Deiner Behauptung ergibt. Deine Behauptung war,
                      Sie hat klar gesagt, dass sie sich an den virologischen Daten orientiert und ihre Entscheidung daran festmacht

                      Welche Daten genau? Was genau ist der Maßstab? Mit Deinem Larifari zur Verteidigung und Rechtfertigung der Kanzlerin bekommst Du bei Gericht nach 5 Sekunden das Wort entzogen.

                      Es geht hier um die Einschränkung von Grundrechten. Welches genaue Ziel soll mit welcher Maßnahme über welchen Zeitraum erreicht werden? Als Bürger habe ich einen Anspruch auf diese Frage. Und zwar genau und präzise. Und notfalls jeden Tag.

                      Um es kurz zu machen: ich habe davon zu keinem Zeitpunkt etwas von der Regierung – und nur die zählt – gehört. Was Du auf obskuren Seiten auftreibst, hat für mich Null Relevanz. Bitte berücksichtige das, denn Du willst mich davon überzeugen, dass ich für weitere Wochen auf meine Grundrechte verzichte. Das tue ich nicht länger, wenn Leute wie Du so dahinlaviert und im Grunde nicht mehr sagen könnt als: „Die Regierung wird schon wissen, was sie tut. Die schränken die Rechte ja nicht aus Spaß ein.“ Sorry, das weißt Du vielleicht mit Deinen Jahren nicht, aber so etwas ist schon vorgekommen.

                  • Ariane 30. April 2020, 16:56

                    Das war nicht die Frage, Ariane. Bitte antworte auf die Frage, die sich aus Deiner Behauptung ergibt.

                    Dann frag doch nicht. Ich hab keine Lust auf Kinder, denen ich etwas herbeitippsle und die das eh nicht hören wollen.
                    Die Kanzlerin nutzt die RKI-Methode des Nowcast. Viel Spaß dabei, die Zusammenhänge zu lernen, das ist nur was für absolute Spezialisten der Seuchenkunde.

                    Und lass mich mit deinem Jura-Kram zufrieden und erkläre erstmal den Unterschied zwischen Corona und Influenza und wie das Immunsystem funktioniert, bevor du mir mit Arroganz kommst.
                    Wieso willst du denn über etwas schreiben, von denen du vermutlich nichts weißt bitte?

                    Es geht hier um die Einschränkung von Grundrechten. Welches genaue Ziel soll mit welcher Maßnahme über welchen Zeitraum erreicht werden? Als Bürger habe ich einen Anspruch auf diese Frage. Und zwar genau und präzise. Und notfalls jeden Tag.

                    Dann guck dir doch einfach jeden Tag die Regierungs-Pressekonferenz an und die vom RKI? Die sind öffentlich zugänglich
                    Das Ziel ist möglichst wenig Tote bis wir Impfstoff, Medikamente, bessere Erkenntnisse haben. Easy.

                    ch habe davon zu keinem Zeitpunkt etwas von der Regierung – und nur die zählt – gehört.

                    Klar. Bist du noch FDP-Fan oder schon in der AfD? Das läuft im Fernsehen bei Phönix und auf zig Internetseiten.
                    Und wenn du etwas nicht verstehst, dann frag Leute oder google dir dein Wissen zusammen, hab ich auch gemacht.

                    Aber komm nicht her mit deinen Verschwörungstheorien davon, dass die Regierung nichts erzählt. Das läuft live im Fernsehen!

                    Sorry, das weißt Du vielleicht mit Deinen Jahren nicht, aber so etwas ist schon vorgekommen.

                    Darfst gerne deine arrogante Moralkeule an jemand anderem üben. Ich will hier diskutieren und nicht gegen Fake News argumentieren.
                    Du hast gefragt, ich habe mir die Mühe gemacht zu antworten. Hab keine Zeit für den nächsten Abnutzungskampf. Viel Spaß bei der Diskussion mit Popper.

                    • Stefan Pietsch 30. April 2020, 17:14

                      Die Kanzlerin nutzt die RKI-Methode des Nowcast.

                      Seit wann? Als der Lockdown-Beschluss kam? Nein.

                      Als die Lockerungen beschlossen wurden? Nein.

                      Zur Begründung der Androhung erneuter Verschärfungen? Nein.

                      Die Antworten sind immer nein. Merkel sagt, wenn der R-Faktor dauerhaft unter eins sei, könne man weiter lockern. Nur das ist er seit Wochen und war es vor dem Shutdown. Vor einer Woche war er es immer noch, noch Merkel droht erneute Verschärfungen an.

                      Wenn Du darin eine stringente Linie siehst, hältst Du eine Schlangenlinie auch für sauberes Geradeausfahren.

                      Und lass mich mit deinem Jura-Kram zufrieden und erkläre erstmal den Unterschied zwischen Corona und Influenza und wie das Immunsystem funktioniert, bevor du mir mit Arroganz kommst.

                      Wieso sollte ich? Was hat das Eine mit dem anderen zu tun? Ich muss kein Seuchenexperte sein um von meiner demokratisch gewählten und rechtsstaatlich legitimierten Regierung klare, kommunizierte Maßstäbe für die Einschränkung der Grundrechte zu verlangen. Da diese fehlen, hagelt es Ohrfeigen von Verfassungsrichtern, die Du im Schnelldurchlauf für irre erklärst.

                      Bist du noch FDP-Fan oder schon in der AfD?

                      Ende der Debatte.

                    • TBeermann 30. April 2020, 17:44

                      Merkel sagt, wenn der R-Faktor dauerhaft unter eins sei, könne man weiter lockern. Nur das ist er seit Wochen und war es vor dem Shutdown. Vor einer Woche war er es immer noch, noch Merkel droht erneute Verschärfungen an.

                      Wann hat sie das gesagt? In der einzigen Pressekonferenz, aus der ich Äußerungen von ihr zu diesem Thema kenne, hat sie erklärt, wie schnell ein Reproduktionsfaktor über 1 unser Gesundheitssystem an seine Grenze führen würde. Dass ein Faktor unter 1 (Wie weit unter 1? Wie Lange muss er stabil gewesen sein?) automatisch zu Lockerungen führen soll, da kann ich mich an keine Aussage erinnern.

                    • Ariane 30. April 2020, 18:38

                      @TBeermann

                      Ich meine, die R-Schätzung hat eine Fehlerspanne von 0,5 (das RKI gibt das wohl ganz genau an). Nowcast nutzt irgendwie noch andere Daten. Aloa hat noch irgendwie die Wochenendwellen rausgerechnet und mit Zahlen von vor 20 Tagen hochgerechnet, wieviele angesteckt wurde. Oder so. Irgendeine Zahlenmagie^^

                      Und es wurden ja in der PK Lockerungen verkündet und die Länder haben mittlerweile noch mehr gelockert, hab da schon total den Überblick verloren. Auf jeden Fall Verkehr wie früher und natürlich wieder total Clusterfuck. Wir haben jetzt zwei halboffene Golfplätze, weil eins von zwei Bundesländern Golf erlaubt und das andere nicht. Eine Woche Ruhe und nun starten sie das Chaos von vorne mit Öffnungen, da bleibt auch jeder lieber zu Haus, bevor er sich die Mühe macht zu gucken, was jetzt wo offen ist oder in nem Bundesland, in das man gar nicht einreisen darf^^

                    • Ariane 30. April 2020, 18:42

                      Da diese fehlen, hagelt es Ohrfeigen von Verfassungsrichtern, die Du im Schnelldurchlauf für irre erklärst.

                      Ich habe noch nie ein Verfassungsgericht für irre erklärt, Karlsruhe war auch erst 2x dran meine ich.
                      Und es gibt halt kein Grundrecht darauf, Menschen in Lebensgefahr zu bringen. Aber eine Pflicht des Staates das Gesundheitssystem vorm Kollaps zu bewahren. Aber das hatten wir schon, du ignorierst nur die Seuchenproblematik, die alle anderen Probleme ausgelöst hat.

                      Kann man machen, aber dann hat man keine fundierte Meinung, weil ja der Auslöser nicht mehr mit vorkommt. Dann lohnt sich die Debatte wirklich nicht.
                      Aber dann beklage dich bitte nicht über fehlende Information oder Meinungsfreiheit.

    • Stefan Sasse 29. April 2020, 13:01

      1) Aber warum sollten die Ungarn nicht als Vorbild nehmen, nur weil es nicht in der EU ist? Ungarn ist den Konservativen in den USA ein Vorbild, und bei denen liegt ein Kontinent dazwischen!
      5) Ich fürchte, da kann ich wenig dienen, weil Antike (wie auch Mittelalter) nie mein Thema waren.
      Etwas lernen kann man, klar. Aber ich würde warnen wollen, die Lerneffekte aus der Geschichte zu überschätzen.

      • Ariane 29. April 2020, 13:33

        1) Natürlich, das Ungarn-Vorbild bekommt man so auch nicht aus der Welt, aber vielleicht kann man verhindern, dass zuviele Leute/Länder mit radikalisiert werden. Ich muss das nochmal genauer durchdenken, meine Fragestellung war eigentlich, warum (rein demokratietheoretisch gesehen) das in Spanien, Griechenland und Portugal so gut geklappt hat und als man das mit Osteuropa nochmal probiert hat, geht es total nach hinten los.

        Ich meine der EU-Betritt des Südens hat ja quasi deeskalierend gewirkt, weiß keiner mehr, dass das neue Demokratien sind. Und heute sind die plötzlich demokratischer zb als Österreich! (die sind ja fast schon wieder die alte k.u.k.-Monarchie^^) Ich kann mich noch schwach daran erinnern, dass der Demokratie-Gedanke beim Ost-Beitritt zumindest in den Debatten überhaupt nicht vorkam, da ging es nur um die wirtschaftliche Entwicklung, aber der Mechanismus ist ja eigentlich sehr ähnlich. Nur funktioniert er so gar nicht.
        Also was ist der Unterschied zu Südwesteuropa und Osteuropa, wer hat sich verändert. Die EU, die Länder, waren es zuviele auf einmal? Ich meine, da hab ich jetzt keine Detailkenntnisse, aber es sind ja überhaupt nicht alle neuen Beitrittsländer, sondern selbst da gibts m.W. schon wieder große Unterschiede.
        Da bräuchten wir jetzt einen großen Selbstdenker, der totaler Experte für individuelle Landesunterschiede ist. 🙂

        5) Ich muss da doch nochmal eine Lanze für nicht ganz triviale belletristische Literatur brechen. Natürlich ist das nicht faktisch, aber ich mag diese Denkart, zu überlegen, wie die Menschen damals mit ihren begrenzten Mitteln auf die Probleme ihrer Zeit reagiert haben (kann man sich ja eh nur vorstellen und nicht wissen). Und das findet man fast nie in Sachliteratur, weil je weiter man zurückgeht nur immer weniger bekannt ist. Wenn man sich nicht alles selber vorstellen will, hört man lieber anderen zu, die das gemacht haben. Ich bin ja gerade ein Selbstdenk-Delegierer 😀

        • Stefan Sasse 29. April 2020, 18:58

          1) Du zeichnest mit zu breitem Pinsel. Die baltischen Staaten, Tschechien, Slowenien – keines dieser osteuropäischen EU-Beitrittsländer rutscht ab. Auch aus Rumänien und Bulgarien wäre mir nichts bekannt.

          • Ariane 29. April 2020, 20:44

            Ja das verwundert mich eben, ich weiß es jetzt nicht über jeden einzelnen Staat, aber das Baltikum und zb Rumänien scheinen mir durchaus auf sehr gutem Weg zu sein, da gibts natürlich auch Konflikte und die Balkanregion ist ja teils extrem nationalistisch bzw die meisten Länder haben eh sehr unterschiedliche Bevölkerungen und dadurch Konflikte.
            Finde es schon sehr strange, dass zwei Staaten so knall auf Fall mitten zwischen „normal konfliktreichen Staaten“ ausscheren, dass man die mittlerweile kaum noch als Demokratien bezeichnen kann.
            Es ist ja auch total widersinnig, Staaten/bündnisse haben auf die Wirtschaft natürlich gar nicht soviel Einfluss, aber das sind auch alles EU-Bürger und damit gehen ja auch wieder Rechte einher. Und weil die EU irgendwie beides zugleich sein will, Staat und loses Bündnis ist das ja eine total paradoxe Situation.

            • Stefan Sasse 29. April 2020, 22:35

              Knall auf Fall…naja. Ich meine, diese Entwicklung geht ja jetzt schon deutlich über ein Jahrzehnt, wenngleich nicht geradlinig.

              • Ariane 29. April 2020, 23:36

                Oh sorry, ich meinte eher im Vergleich zu den Nachbarländern. Vielleicht weiß ich auch nicht genug drüber, aber Südosteuropa ob in EU oder außerhalb hat ja wirklich oft ganz extrem nationalistische Rechte und in den Balkanstaaten ist durch den Krieg natürlich noch viel mehr Hass zwischen den Lagern/Bevölkerungsgruppen, aber Ungarn und Polen sind ja so extrem, ich weiß nicht mal, ob zb Weissrussland da wirklich noch schlimmer ist. (und die könnten sich vermutlich nicht einfach mal liberalisieren und EUfreundlicher werden, ohne dass Putin böse guckt)

        • cimourdain 30. April 2020, 08:31

          5) historische Belletristik: Hast du da konkrete Lesetips ? Wenn ich gedanklich durchgehe, was mir zu dieser Epoche einfällt, lande ich entweder bei Mythologie-Fanfiction a la Wolfgang Hohlbein oder beim Pathos des 19. Jahrhunderts: „Das Grab im Busemto“, „Kampf um Rom“

  • cimourdain 29. April 2020, 18:55

    1) Die EU hat das Grundproblem, dass sie immer wieder in Sonntagsreden als Wertegemeinschaft bezeichnet wird, aber in Wirklichkeit bestenfalls eine wirtschaftliche Zweckgemeinschaft darstellt. Das ist nichts neues oder besonderes, auch die NATO hatte kein Problem damit, bis in die 70er die Verteidigung der Demokratie gemeinsam mit den faschistischen Diktaturen Spanien, Portugal und Griechenland (und bis heute der Türkei) durchzuführen. Und natürlich sind autoritäre Tendenzen keine Spezialität Osteuropas, man denke nur an die massiven Einschränkungen der Pressefreiheit in Spanien der letzten Jahre oder die Polizeigewalt in Frankreich.

    5) Danke, der verlinkte Artikel ist wirklich klug und interessant. Ich gebe dir recht, dass nicht nur zu diesem Punkt das Geschichtsbild voll von den Vorstellungen des 19.Jahrhunderts geprägt ist. Aber das moderne, vielschichtige Konzept aus heterogenen Gemeinschaften von Söldnern, Tross, Glücksrittern, Wirtschaftsflüchtlingen, religiösen Minderheiten und vielen anderen kann die Frage nicht beantworten, wie diese Gruppen dann eigene Identitäten gebildet haben. Welche Rolle spielte Sprache? Mythologie ? sozialer Status im Imperium ? Und kann man nicht doch daraus Erkenntnisse über andere Migrationsereignisse (z.B. die Massenmigration aus Europa heraus seit dem 16. Jahrhundert) ziehen ?

    8) Ähnlich wie für die ‚traditionellen Historiker‘ in 5) gilt, dass es sehr gefährlich ist, den momentanen Zeitgeist auf die Geschichte zurückzutragen. Stell dir vor, dass in 20-30 Jahren gelehrt werden könnte, dass das US-Imperium schon seit der Jahrtausendwende auf tönernen Füßen stand, was sich in einem menschenverachtenden Gefängnissystem, strukturellem Rassismus, fehlender sozialen Sicherheit und einer auf Aggression und Unilateralismus aufbauenden Außenpolitik äußerte, weswegen sich die langfristiger denkende chinesische Führung durchgesetzt hat…

    • Stefan Sasse 29. April 2020, 19:04

      1) Das ist nicht korrekt. Zwar war das zentrale Standbein der EU immer die Wirtschaftsgemeinschaft. Aber spätestens seit der Umwandlung in die EG war sie auch dezidiert eine Wertegemeinschaft. Das ist ja in Verträgen an zentralen Stellen drin!

      5) Lauter spannende Fragen! Ich bin leider nicht qualifiziert bei dem Thema.

      8) Durchaus möglich!

      • cimourdain 30. April 2020, 00:27

        1) Ja und nein: Im Lissabon-Vertrag hat sich die europäische Union verpflichtet, die europäische Menschenrechtskonvention zu ratifizieren, wie schon sämtliche Mitgliedsstaaten. Dies ist bis heute nicht geschehen.

        Im anderen wichtigen Dokument, der europäischen Grundrechtecharta, durfte sich Polen und zeitweise auch Tschechien herausnehmen.

        • Stefan Sasse 30. April 2020, 08:38

          Stimmt. Aber zu sagen, es wäre keine Wertegemeinschaft, ist trotzdem Quatsch, da sind wir uns einig, oder?

          • Dennis 30. April 2020, 22:00

            @ Stefan Sasse

            Ja, gut, das stimmt ja alles mit Wertegemeinschaft.

            Mein Punkt wäre der: Insoweit wie es keine regelrechten STAATLICHEN Strukturen gibt, die dadurch gekennzeichnet sind, dass das, was au dem Papier steht, durchsetzungsfähig und zwingend wird, sind Konventionen und Abkommen ganz nett, können aber auch schnell wieder verwelken.

            Am Ende des Tages gibt es keine Politik ohne Staat. Politik ohne Staat ist Politik-Vorfeld, Vorschlags- und Ideenwesen, Philosophie und Talkschau. Alles wichtig, aber unverbindlich

            Und die EU is nu mal grundsätzlich ein STAATENBUND und kein BUNDESSTAAT. Das macht en ganzen Apparat fragil und erfordert ständige aktive Unterstützung der jeweiligen nationalen Regierungen; gar nitt so einfach, wie man sieht, und das 27-Staaten-Riesending ruft gradezu nach mehreren Geschwindigkeiten. Das muss – Verträge hin oder her – möglich sein. Ohne intensive inter-gouvernementale Zusammenarbeit (die nicht nur so heißt, sondern auch eine ist) in Kern-Europa kann man die Veranstaltung vergessen. Dabei hat Merkel übrigens den Fuss vorzugsweise auf der Bremse.

            Wie war das denn mit Schengen? Mitterand und Kohl haben das Ding faktisch bilateral aufs Gleis gesetzt, Benelux war huckepack dabei. Die allgemein-europäische Implementierung kam später. So läuft das. Natürlich kann das Ding auch wieder sterben, was alles andere als wünschenswert ist.

            • Ariane 1. Mai 2020, 00:19

              Ja, da ist Merkel ne komische Anomalie, hattest du ja neulich schon gesagt. Der arme Macron muss auf den nächsten warten und hoffen, dass die Alten der CDU nicht schon ins nationalistische abgewandert sind. Ohne die deutsch-französische Achse fehlt Europa zumindest aus deutscher Sicht schon der Anker. (obwohl das auch wirklich mit dem Rechtsdrall zusammenhängt)

              Aber die EU hat da irgendwie auch die Idee Europas unter verrücktem Verwaltungspapierbergen begraben. Die sind einfach davon ausgegangen, dass alle das toll finden, aber das passiert ja nicht, Menschen bekommen ihre Meinungen ja nicht von Gott gesandt oder so, eine Idee muss man auch verkaufen. Und das kann die EU nicht. Deswegen will ich am liebsten auch alles außer dem Parlament (und den kleineren Formalien) wegewerfen. Diese ganze Verfassung war einfach nur peinlich und jetzt in der Krise wird das ja nur noch schlimmer.

              Also man kann meiner Meinung nach nicht einfach so weitermachen und hoffen, dass schon alles gutgehen wird. Und Krise als Chance, wäre eine gute und ganz seltene Gelegenheit, hier mal klare Kante zu zeigen und das Ding wieder auf vernünftige Füße zu stellen, auch wenn ich nicht dran glaube.

            • Stefan Sasse 1. Mai 2020, 09:51

              Ich widerspreche dir gar nicht. Ich verwehre mich nur gegen die Behauptung, die EU sei NUR eine Wirtschaftsgemeinschaft ohne unterliegende Werte oder politische Strukturen. Weil das ist nachweisbar falsch.

        • Ariane 30. April 2020, 12:04

          Ich glaube, das Problem ist im Alltag eher, dass niemand mehr weiß, was die EU eigentlich sein soll. Liest doch niemand die Verträge, nicht mal wir komischen Nerds hier.
          Die Politik hält das für wirtschaftspraktisch und tut sonst so, als wenn die EU ne komische Organisation ist, um Geld abzuholen oder mit bescheuertem Zeug zu nerven.
          Die Deutschen sind meistens noch ein bisschen nationalistischer und denken, die EU ist sowas wie ein Folterinstrument, Urlaub in Spanien ist aber jetzt einfacher ohne Grenzen und Geld tauschen.

          Wirkliche EU-Liebhaber sind meiner Meinung nach erst so die Generation von Stefan und mir und Jüngere. Für uns ist es normal, dass die Länder eine Einheit bilden und wir sind glaub ich die erste Generation, die davon wirklich profitiert. Ich habe Chatfreundschaften mit Mädels aus Belgien (mit Familie in Italien und Deutschland), war in der Schulzeit drei Monate in Frankreich (9/11-Zeit, das war bisschen unglücklich mit Rückflug^^), hab Verwandte und Bekannte aus Dänemark. Habe einen Vater, der meine Leidenschaft für Historie teilt und letztes Jahr mal das Dorf seiner Vorfahren im Sudetenland besucht hat und mit dem ich als nächstes entweder nach Verdun oder in die Normandie reisen will. Oder Münster. Köln und Dresden waren wir schon. (ich bin mehr Mittelalter/Religion, er mehr Krieg/Vorfahren^^)
          Und ich komme ja aus dem Handel, das Wirtschaftsleben ist auch viel einfacher geworden, merkt man spätestens, wenn da plötzlich die Schweiz auftaucht mit Zoll und komischen Regeln^^

          Aber dieses Alltagsglück spielt in der Politik und in den Medien überhaupt keine Rolle, stattdessen wird der ganze Diskurs total vergiftet und man wird schon wieder für eine gefühlsduselige Verrückte gehalten, wenn man erzählt, dass die EU die tollste Idee der Welt war. Und wenn das jetzt immer nationalistischer wird, dann geht gerade dieses Alltagsglück verloren und in 10 Jahren (bzw jetzt wegen Pandemie) sitzen wir wieder vereinzelt in unseren Ländern fest und erfahren nur aus den Medien, was da so los ist.

          Ist schade. Würde ich in meine progressive Graswurzelkampagne für eine schönere Welt gerne auch noch mit aufnehmen 🙂

          • Stefan Sasse 30. April 2020, 13:28

            Ich hab eine EU-Fahne in meinem Vorgarten ^^

            • Ariane 30. April 2020, 17:02

              Männer werden ja eh nie für hysterische Durchgeknallte gehalten, nicht mal Trump. Aber ich könnt noch einen Aufkleber neben Pfötchen und Superhelden packen (Silber ist ne langweilige Autofarbe) 😀

          • Dennis 30. April 2020, 21:44

            Zitat Ariane :
            „Wirkliche EU-Liebhaber sind meiner Meinung nach erst so die Generation von Stefan und mir und Jüngere.“

            Das Ding mit dieser Bezeichnung gibt’s ja auch erst seit 1992. Liebhaber indes gab’s auch schon bei all den Vorgängerveranstaltungen. Wir Alten zählen wohl nicht 🙁

            Zitat
            „hab Verwandte und Bekannte aus Dänemark. “

            Up ewig ungedeelt und SH als ’ne Art deutsch-dänisches Konglomerat ist auch schon älter als „Maastricht“ ^. Aber diese komplexe SH/Dänemark-Sache ist im Sinne von Europapolitik in der Nussschale sehr lehrreich und im guten und im schlechten Sinn in mancherlei Hinsicht modellhaft.

            Zitat
            „war in der Schulzeit drei Monate in Frankreich“

            Icke och. Allerdings in der Pionierzeit solcher Sachen, schon etwas länger her.

            Zitat:
            „(9/11-Zeit, das war bisschen unglücklich mit Rückflug^^)“

            So verwöhnt waren wir noch nicht. Man fuhr noch Zug.

            Zitat:
            „Würde ich in meine progressive Graswurzelkampagne für eine schönere Welt gerne auch noch mit aufnehmen.“

            Gute Idee. Gibt’s aber auch schon lang. Hier was von 1950:

            https://www.treffpunkteuropa.de/Die-Schlagbaume-mussen-brennen?lang=fr

            • Ariane 1. Mai 2020, 00:02

              Das Ding mit dieser Bezeichnung gibt’s ja auch erst seit 1992. Liebhaber indes gab’s auch schon bei all den Vorgängerveranstaltungen. Wir Alten zählen wohl nicht

              Doch doch, ihr zählt auch. Aber für Euch ist es noch was Neues, die jetzige Generation ist ja schon damit aufgewachsen, dass man irgendwie zusammengehört und durch das Internet ist es ja noch einfacher, mit Leuten aus anderen Ländern in Kontakt zu kommen.
              Kann man übrigens immer schön am Europaparlament sehen, außer den rechten Spinnern sind das alles glühende Europäer auch die Leute aus der Union. (Naja, Oettinger hätte man da nicht nach seinem Naziskandal abladen sollen, der ist gleich zu Orban übergelaufen). Und das Parlament hat dann ja auch fix mal so Sachen wie Roaming oder so erledigt, das waren nämlich Probleme, die die Parlamentarier selbst hatten.

              Up ewig ungedeelt und SH als ’ne Art deutsch-dänisches Konglomerat ist auch schon älter als „Maastricht“

              Außer dem Matrosenaufstand 1918 in Kiel war sonst da oben auch nicht soviel los außer dem Bruderkrieg 1848 direkt in meiner Heimatstadt. Meine Schule hieß Jungmannschule, der hat heldenhaft den Eckernförder Hafen vor zwei dänischen Schifflein verteidigt, woran noch eine Kanone erinnert. Er selbst bezeichnete das übrigens als unbedeutende Artillerie-Episode. Und lustigerweise haben die Briten nicht geschnallt, dass das ein Soldatenname war, sonst hätte sie umbenannt werden müssen. 🙂

              Ist aber wirklich ein gutes Beispiel wie Völkerversöhnung und Völkerverständigung gelingen kann, das Grenzgebiet ist schon sehr zusammengewachsen, gibt auch immer noch dänische Schulen und Kindergärten und die dänische Minderheitenpartei (obwohl es logischerweise eigentlich längst keine dänische Minderheit mehr gibt). Aber die sind halt beliebt, weil sie sozialdemokratischer sind als die SPD^^

              Gute Idee. Gibt’s aber auch schon lang. Hier was von 1950:

              https://www.treffpunkteuropa.de/Die-Schlagbaume-mussen-brennen?lang=fr

              Oh, das ist toll. Allein der Titel schon <3
              Ja, wäre einfach schade, wenn das wieder verloren geht. Aber eine EU mit Polen und Ungarn ist ja nix mehr. Ich fahr doch nicht Diktaturen besuchen, das zerreißt die Union nur, da muss man wirklich Wege finden. Und ne gute PR-Beratung für die EU, das sind einfach Trottel.^^

              • Stefan Sasse 1. Mai 2020, 09:52

                Ich denke es macht vor allem Sinn, das Verhältnis zur EU in eine Zeit vor Schengen und eine Zeit nach Schengen einzuteilen, zumindest was jene Bevölkerungsschichten angeht, die regelmäßiger reisen.

                • Ariane 1. Mai 2020, 16:45

                  Ja auf jeden Fall. Ist auch echt schwierig, für die normalen Menschen sind die EU-Vorteile im Alltag ja ziemlich unsichtbar. Man guckt halt mal, was in den Niederlanden so los ist und muss nicht mal Geld wechseln. In den Debatten geht es hingegen ständig um die Probleme, wie blöd die EU doch ist.

                  Das sind auch komische Ebenen, ich mein, jeder guckt doch gerne mal in ein anderes Land, wenn man die Möglichkeit hat. Ist ja nicht so, dieses Völkerwanderungsnarrativ von wilden Horden, die die EU überrennen wollen, ist ja totaler Quatsch.

                  Und es ist übrigens eine Auszeichnung für die EU, die gar nicht bemerkt wird. Wir sind für alle anderen ein Sehnsuchtsort. Das ist eigentlich was Tolles.^^

  • Ariane 30. April 2020, 11:03

    @Cimo – Belletristische Lese/Hörtipps

    Tjoa, geht es Dir mehr um Rom, Griechenland oder Christianisierung?^^

    Also Tanja Kinkel hat zwei Bücher dazu: Die Söhne der Wölfin (Geburt Roms) und Venuswurf (Ende Augustuszeit)
    Die Päpstin ist eher frühes Mittelalter, spielt aber viel in Rom.
    Am meisten über die Ilias gelernt hab ich durch Dan Simmons – Ilium und Olympus. Abgedrehte Science-Fiction, aber sehr kenntnisreich aus ungewöhnlicher Perspektive, eins meiner absoluten Lieblingsbücher.
    Oh Barbara Wood – Fluch der Schriftrollen auch noch. Story total mies, aber es geht um die ersten Schritte des Christentums und den Fall Jerusalems durch Tiberius.

    Grundsätzlich mag ich Barbara Wood und Tanja Kinkel gerne, die sind für Männer vielleicht etwas zu trivial, schreiben aber oft abseits des typischen Mittelalter-Folklore-Krams. Und verdrehen nicht soviele Fakten für ihre Stories.
    Rebecca Gable auch, da lernt man auch viel über Seuchen. Eigentlich mehr Spezialistin für englisches Mittelalter, hat aber jetzt eine Serie über Otto den Großen. Ken Follett kann man auch gut lesen (das bestimmt am ehesten was für intellektuelle Männer) und Bernard Cornwell, eigentlich kann er nicht so gut schreiben, aber die Schlachten und Kriege, großartig. Und er hat eine Artus-Trilogie. Seine Langserien sind nicht so toll, Netflix hat die Wikingersaga ja als Serie verfilmt, das geht deutlich besser. Ich hör auch gelegentlich die Sharpe Reihe weil die zur Zeit Napoleons aus Soldatensicht spielt. Und 100jähriger Krieg hat er auch. Aber Cornwell ist ein Phänomen, die Stories sind echt schlecht, aber das Militärische kann keiner so gut wie er. Der muss sich mal mit ner Frau zusammentun. *lol*

    Zur Antike fand ich noch spannend. Ganschow-Krieg in der Antike (ein Sachbuch!)
    PM History, hat da ein paar CDs zu rausgebracht, auf jeden Fall über Rom
    Und Reise durch die Weltgeschichte. Das ist so eine CD-Sammlung mit so Kurzinfos zu bestimmten Themenfeldern, die fand ich wahnsinnig toll, weil es da auch mal um Aborigines, Indien, Südamerika etc. geht, über das man sonst wenig hört.

    Wenn jemals wieder Langeweile aufkommt, kann ich ja mal eine weibliche Trivial-Liste zu Stefans intellektuellen Bücherlisten machen. Bei mir läuft das umgekehrt, ich fange mit Stories an und dann gucke ich nach, wie es in der Realität abgelaufen ist 🙂
    Ihr könnt schon mal mit Lesen und Hören anfangen und mir dann bei meiner Hobbyrecherche helfen und erzählen, ob Männer das auch spannend finden oder für Geschichten nicht so zu haben sind^^

    • Ariane 30. April 2020, 11:29

      Oh und für die Riege der zahlreichen Literaturphilosophen ist Dan Simmons Hyperion & Endymion auch was. Die Story ist total abgedrehte Science Fiction (wie Ilium auch) Kampf zwischen Mensch und Maschine und Religion (es geht bei ihm viel um Religion!) und Apokalypse und überhaupt. Aber mittendrin die Lebensgeschichte von Keats und philosophische Gedanken und Interpretation des neuen Testaments und die Frage nach Leben und Tod und alles.
      Ist da wirklich mein Lieblingsautor, weil er wirklich toll schreiben kann und plötzlich geht es mittendrin um total Hochintellektuelles. Musste das mehrmals hören und hab dann einiges „nachrecherchiert“
      Toll, aber leichte Lektüre ist das überhaupt nicht. 😀

      • Ariane 30. April 2020, 11:45

        Und Hohlbein war nie mein Fall, mag seine Schreibe nicht. Ihr Männer dürft Euch nicht von Vorurteilen leiten lassen bei sowas.
        Fanfiction-Mythologie können Männer eher selten gut schreiben, jedenfalls nicht so auf spannendem King-Niveau. Das kann Marion Zimmer Bradley gut oder Kai Meyer vielleicht noch. Und Daniel Suarez über moderne Digitalisierungs-Themen (aber die Stories sind naja).

        Und Hilary Mantel – Wölfe auch sehr zu empfehlen. Das ist bestimmt was für Männer über Henry Tudor und seine Scheidungsprobleme. Aber da würde ich eher Gable empfehlen, weil die Waringham Saga mehr kleine Zusammenhänge aufdeckt und nicht direkt in dieses hochkomplizierte Kirchendrama springt^^

    • Stefan Sasse 30. April 2020, 13:23

      Mit Simmons kam ich gar nicht zurecht…

      • Ariane 30. April 2020, 16:32

        Der ist ähnlich wie Peter F. Hamilton, den ich auch sehr gerne mag, auch total verschachtelt und mit ganz vielen komplizierten Erzählsträngen, deren Verbindung man erst relativ spät erkennt. Da braucht man echt Geduld, gerade beim ersten Hören (hab die immer als Hörbuch gehört). Die sind beide sehr ausufernd, hab das meiste erst beim zweiten, dritten Hören verstanden, weil da immer so abgedrehte Science-Fiction zwischendrin kommt. (Nur für geübte Belletristik-Hörerinnen, die immer denken, dass das wohl schon mal Sinn ergeben wird) 😀

    • cimourdain 1. Mai 2020, 07:49

      Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. „Die Säulen der Erde“ kenne ich schon und Dan Simmons gefällt mir richtig gut. [Auch wenn Ilium ein 100% Ripoff von ‚Riverworld‘ ist.] Zimmer-Bradley stand ursprünglich statt Hohlbein als Musterbeispiel für Mythologie-Fanfiction, aber ich dachte mir schon, dass ich damit in ein Wespennest stechen würde 😛 .
      Aber eigentlich ging es mir vor allem um die konkrete Transformationsepoche zwischen der römischen Antike und dem Mittelalter, oder um es konkret zu sagen: nach Konstantin und vor Charlemagne. Weil das ein derart chaotischer Zeitraum mit unterschiedlichen Lebenswelten war, könnte ein Autor oder Autorin da viel rausholen.

      • Ariane 1. Mai 2020, 12:59

        Oh nein, jetzt muss ich mir Riverworld bookmarken, ich hab grad gar keine Zeit zum Lesen 😛

        Tja ähm. Ich weiß nicht, ob du Zimmer-Bradley mal selbst gelesen hast, aber sie hat genau, was du suchst. Bei Die Nebel von Avalon geht es die ganze Zeit um die Konflikte der Christianisierung und es gibt ein Prequel (die Wälder von Albion), da hat eine Druidin ein Verhältnis mit einem römischem Besatzer.
        Ja, ist viel Mythologie dabei (aber die keltische Religion war nun mal auch ziemlich mystisch), aber eigentlich geht es um die Besatzungszeit Englands und welche Auswirkungen der Rückzug Roms hat/te.
        Und wie ich heute weiß, ihre Geschichte ist sehr fundiert recherchiert, bin da Jahre später bei Ranke-Graves auf alte mystische Religions-Schilderungen gestoßen, die ich von Zimmer-Bradley schon kannte 🙂

        Aber vielleicht gefällt dir Cornwells Artus-Trilogie besser. Behandelt ja den gleichen Zeitraum, bzw mehr die Kämpfe mit den Germanen. Aus Sicht eines einfachen Soldaten. Und Trilogien kann er auch besser schreiben.
        Gable Haupt der Welt und die fremde Königin passt auch perfekt und spielt sogar in Deutschland. Hurra. (aus Sicht von männlichen Protagonisten übrigens). Christianisierung, Erbe Karls des Großen, Kampf gegen Ungarn und ungläubige Osteuropäer, Machtkämpfe mit Rom. Die Frage des Kaisertums und wie man christianisiert ohne Unterwerfung.
        Oh und noch besser vielleicht: Das zweite Königreich. 1066 die Eroberung Englands durch die Normannen. Da spielen auch Skandinavier mit und Haithabu wird erwähnt (das ja meine Heimatregion)

        Und die Päpstin fand ich ganz spannend, weil ich da zum ersten Mal etwas mehr erfahren habe, wie ganz früh die Papstwahl ablief und damals war der Papst hauptsächlich Bischof von Rom und musste aufpassen, dass seine Stadt nicht von anderen besetzt wird.

        Also ja, trivial manchmal, aber das echte Leben ist ja oft auch trivial und ich gehe ja den umgekehrten Weg. Was Frühgeschichte und Religionen angeht, weiß ich vermutlich mehr als der studierte Historiker Sassestefan 😉

      • Ariane 1. Mai 2020, 17:09

        Und falls du sonst nichts anderes von Ken Follett gelesen hast. Ich persönlich finde, Säulen der Erde ist sein schlechtestes Buch. Ok, aber ähm nix zum Liebhaben^^
        Der Nachfolger ist besser. Und für euch Männer ist „Pfeiler der Macht“ bestimmt spannend, da geht es um Bankenkrisen, ich glaub es spielt vor dem ersten Weltkrieg.
        Keine Ahnung, warum er nur für Säulen der Erde bekannt ist. So doll ist das nun auch wieder nicht 😀

  • Stefan Pietsch 1. Mai 2020, 11:16

    @Ariane

    Wir machen zusammengefasst hier weiter.

    Entscheidungen nach Emotionen zu treffen, ist kurz gesagt nicht klug. Das kann ein Kleinkind, dem jede Vorausschau fehlt. Eine Endachtzigerin im Altersheim wird sich kaum über finanzielle Zuwendungen des Staates für „Ungerechtigkeiten“ der Lebensführung freuen. Willst Du das ernsthaft verkaufen? Sie wird sich auch kaum krämen, dass es zu ihrer wilden Zeit keine Pille gab. Es geht um Deine Gefühle, Ariane. Doch für Dich wird die Mütterrente nicht gezahlt.

    Die neue Sozialleistung kostet in Summe 16-18 Milliarden Euro pro Jahr. Anders als Du es darstellst, ändert es keinen Deut an der Altersarmut. Wer vorher eine niedrige Rente bezog, erhält sie auch weiterhin. Eine Verbesserung der Einkommensposition ist nicht eingetreten. Zudem unterliegst Du auch hier emotional Zahlenillusionen. Ende der Sechzigerjahre lag die Geburtenziffer bereits unter 2. Mütterrente für ein bis zwei Kinder ist ein Tropfen.

    Die mit einem zweistelligen Milliardenbetrag nicht geschlossene Gerechtigkeitslücke schwelt weiter, weshalb sich nun der inzwischen waltende Rentenminister Hubertus Heil mit der Grundrente kommt, von der Experten nicht erwarten, sie könne ein Problem lösen. Die Argumente sind exakt die gleichen. Alte Frauen mit geringer Rente müssen herhalten, denen es schlecht ginge und denen der Gang zum Sozialamt nicht zugemutet werden könne. Kostenpunkt: über 10 Milliarden Euro. Die GroKo hat dann an die 30 Milliarden Euro aus der Rentenkasse verwendet, soziale Probleme nicht zu lösen. Für Dich als emotionaler Mensch: die Beitragseinnahmen liegen gerade bei 230 Milliarden Euro.

    Ihr Linken werdet es nie begreifen: jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Und wenn wir soziale Probleme nicht mit viel Geld lösen, werden wir sie halt nicht lösen. Aber das ist Euch Linken wahrscheinlich recht, findet ihr euch doch damit bedeutend.

    • Ariane 1. Mai 2020, 12:08

      Natürlich argumentiere ich aus meiner Gefühlslage heraus. Aus welcher denn sonst? Andere hab ich ja gerade nicht da 😀
      Mein Punkt ist: Das tust du auch. Du beschuldigst mich, dass ich dir dein Geld klauen will, um es meiner Oma zu geben.

      Das ist ja nun mal genauso Quatsch, nur halt kein linker Quatsch. Weswegen du mich wieder mit sämtlichen Linken die es auf der Welt gibt, in einen Topf wirfst. Aber hey: Individualismus! Ich bin nur ich und ja, ich definiere mich als Linke.

      Wir reden aber nicht von deinem Geld, meinem Geld oder dem Geld meiner Oma, sondern von der staatlich finanzierten, Umlagerente.
      Und der Staat ist nun mal keine Person, er hat ja nicht meine Möglichkeiten zu helfen. Und es ist ein liberaler Staat. Er kann ja nicht sowas tun, wie zb meine Oma zwingen, irgendeinen reichen Witwer zu heiraten jetzt. Das wäre dann eher Feudalismus.

      Es muss ja kein Geld sein. Meine Oma zb hat gar nicht soviel profitiert, weil sie dafür aus dem Wohngeld herausgefallen ist (dort gibt es nämlich eine Bedürftigkeitsprüfung). Das war ja vollkommen fair, hat sich auch keiner beschwert, blieb trotzdem noch ein bisschen übrig. Aber meine Oma kam sonst ja auch zurecht, war nicht so, dass sie oder wir geweint haben, weil wir so arm sind. Wir sind kein Bürgertum. Solange Essen da ist und wir alle Rechnungen zahlen können, sind wir vollauf zufrieden Stefan. Und für Leute, die unterhalb des Bürgertums sind, ist Geld Sicherheit.
      Und Sicherheit ist Aufgabe des Staates. Simple as that.
      Und da du vermutlich jeden Monat genug zu essen hast und alle Rechnungen zahlen kannst, ohne nachzurechnen, finde ich es äußerst fair, wenn du vielleicht etwas mehr bezahlst. Obwohl das meiner Meinung nach bei der Mütterrente gar nicht der Fall war, keine Ahnung, wie die Finanzierung lief. 😉

      • Stefan Pietsch 1. Mai 2020, 12:37

        Ich bin ein regelbasiert denkender Mensch. Deine Oma wie Millionen andere alte Frauen erhalten exakt die Rente, die ihnen aufgrund der damals schon bekannten Regeln zusteht. Das ist fair. Und die, die es nicht fair fanden, haben sich ihren Rentenanspruch sehr früh auszahlen lassen. Ich kann das übrigens nicht. Mit der Auszahlung konnten sie einiges machen: es in eine Kapitallebensversicherung geben, mit in den Hausbau investieren, sie eine Urlaubsreise gönnen.

        Dann war der Staat wieder fair zu ihnen und bot ihnen die Möglichkeit, kurz vor Renteneintritt gegen einen geringen Obolus einen vergleichsweisen saftige Rentenanspruch zu erwerben. Normal Sterblichen ist das nicht vergönnt. Der Staat war hier immer großzügig – auf meine Kosten. Er ist so großzügig, dass Deutschland inzwischen die Einkommen so hoch wie kein anderes Land der OECD belastet. So weit, Ariane, haben wir es mit Deinen Vorstellungen von Gerechtigkeit getrieben.

        Meine Mutter jedenfalls kassiert jetzt monatlich für 3 1/2 Kinder (so genau müssen wir dann bei aller Sorge um die Alten schon sein) ein Zusatzentgelt auf ihre zugegebenermaßen nicht üppige Rente. Aber, wie das bei so vielen Alten so ist, gibt es eine Reihe weiterer guter Einnahmequellen, die sich zum Teil aus dem überall großzügigen Sozialstaat speisen.

        Leider stellt sich deinesgleichen und Deine Milieus nie die eigentlich interessante Frage: wie kann es sein, dass wir in Deutschland so vergleichsweise viel für Soziales aufwenden und wir die Leistungen keineswegs als außerordentlich empfinden? Die Lösung Deinesgleichen: dann zahlen wir halt einfach noch mehr.

        Lustig, dass Du Deine eigenen Widersprüche nicht erkennen magst: Einerseits fichst Du gegen Bedürftigkeitsprüfungen bei der Gewährung weiterer sozialer Wohltaten, andererseits hast Du nichts gegen eine Bedürftigkeitsprüfung. Das muss ich hoffentlich nicht verstehen, ist wohl weibliche Logik.

        Dass mein Einkommen gut ist, gibt weder Dir noch Sozialarchitekten noch sonst jemanden das Recht, sich beliebig daran zu bedienen. Wenn jemand eine niedrige Rente gemäß erworbenen Beitragspunkten erhält, dann ist das erstmal eins: gerecht. Und fair.

        • Ariane 1. Mai 2020, 20:13

          Ich bin ein regelbasiert denkender Mensch. Deine Oma wie Millionen andere alte Frauen erhalten exakt die Rente, die ihnen aufgrund der damals schon bekannten Regeln zusteht

          Ist ja auch völlig ok, wenn Du anderer Meinung bist. Aber du nimmst es total persönlich und das verstehe ich nicht. Ich meine, ich krieg die sowieso nicht, meine Mutter auch nicht, bei meiner Oma waren es 20-50€ Unterschied oder so.

          Dass mein Einkommen gut ist, gibt weder Dir noch Sozialarchitekten noch sonst jemanden das Recht, sich beliebig daran zu bedienen.

          Ich hab doch keine Ahnung von deinen Finanzen. Ich finde es auch nicht fair, wenn du so tust, als würde ich persönlich Dein Geld klauen. Wie gesagt, wir reden hier von der Rente.
          Natürlich gibt es Regeln, aber dafür haben wir ja das Parlament, dass Gesetze ändern kann mit Mehrheit.

          Findest du nicht gut. Kann ich verstehen
          Ich finde aber den Vorwurf unfair, mir oder dem Staat Raubrittertum vorzuwerfen.
          Ich fand es gut, weil ich Altersarmut durchaus als ein Problem sehe und finde, der STaat sollte etwas tun, um das abzumildern.
          Mehr ist es überhaupt nicht, aber du schreist, als wenn Robin Hood dir morgen deine Konten leeren will.

      • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 14:45

        @ Ariane 1. Mai 2020, 12:08

        Und da du vermutlich jeden Monat genug zu essen hast und alle Rechnungen zahlen kannst, ohne nachzurechnen, finde ich es äußerst fair, wenn du vielleicht etwas mehr bezahlst.

        Das kann doch nicht so schwer sein: Das tut er doch. Und nicht nur „etwas, sondern erheblich. Das nennt sich Steuerprogression. Selbst, wenn man es nur auf die Rentenbeiträge bezieht, zahlt Stefan Pietsch vermutlich den Höchstsatz und sponsert so Leute mit, die deutlich weniger haben.

        Und für Leute, die unterhalb des Bürgertums sind, ist Geld Sicherheit. Und Sicherheit ist Aufgabe des Staates. Simple as that.

        Definiere „Bürgertum“. Definiere das Verhältnis von Sicherheit zu Geld, in einer vergleichbaren, für alle anwendbaren Form. Definiere den geldwerten Vorteil von anderen Sicherheitsleistungen, und wie man sie verrechnet. Definiere die erforderlichen mehraufwendungen, die Du von Stefan P. (bzw. von entsprechenden Gehalts- und Einkommensgruppen) erwartest, und setze das in Relation zu schon erbrachter Mehrleistung.

        Nur zu sagen: „Du hast es ja, also zahle bitte etwas mehr“ ist etwas dürftig. „Simple as that“ ist es eben nicht.

        • TBeermann 1. Mai 2020, 15:56

          Selbst, wenn man es nur auf die Rentenbeiträge bezieht, zahlt Stefan Pietsch vermutlich den Höchstsatz und sponsert so Leute mit, die deutlich weniger haben.

          Es gibt nur einen Beitragssatz in der Rentenversicherung. Es gibt eine Bemessungshöchstgrenze. Für die darüber liegenden Gehaltsanteile müssen Reiche dann keine Beiträge mehr zahlen, erhalten dann aber auch keine darüber hinausgehende Rente.

          In anderen Ländern ist das anders. Da ist dann die Höhe der Rente gedeckelt, die Beiträge aber nicht und da „subventionieren“ tatsächlich die Reichen die Teile mit geringerem Einkommen.

        • Ariane 1. Mai 2020, 20:24

          Selbst, wenn man es nur auf die Rentenbeiträge bezieht, zahlt Stefan Pietsch vermutlich den Höchstsatz und sponsert so Leute mit, die deutlich weniger haben.

          Ich hab doch keine Ahnung von Pietschis Konten. Er hat behauptet, ich wolle ihm sein Geld klauen und es meiner Oma geben. Das doch Quatsch.
          Ich bin durchaus dafür, dass wir allen Rentnern in ihrer Rentenzeit ein gutes und schönes Leben ermöglichen. Wie wir das tun, ist mir dabei ziemlich egal. Ich bin keine Finanzwissenschaftlerin. Aber auch keine Raubritterin, nur weil ich eine andere Meinung habe.
          Also wenns nach mir geht, darf Pietschi sein Geld behalten, bis Giffey Kanzlerin ist 😉

          Definiere „Bürgertum“. Definiere das Verhältnis von Sicherheit zu Geld, in einer vergleichbaren, für alle anwendbaren Form. Definiere den geldwerten Vorteil von anderen Sicherheitsleistungen, und wie man sie verrechnet.

          Also erstmal erwarte ich gar nichts von Pietschi. Wenn ich Altersarmut verhindern will oder die Mütterrente gut finde, muss das Geld halt irgendwo her kommen. Kann meinetwegen auch anders geregelt werden.
          Und ich meine damit, dass ich aus einer bzw zwei Familien komme, die sich eben hochgearbeitet haben, ich habe auch mein ganzes Leben im Umfeld von Selbständigen verbracht. Und Sicherheit heißt, man hat genug zum Lebensunterhalt, kann die normalen Rechnungen bezahlen und hat ein kleines Polster für Notfälle wie Nebenkostenabrechnungen oder sowas. Man kann sogar mal wegfahren oder Essen gehen, ohne vorher das Konto anzugucken.

          Und ich kenne auch den anderen Fall, wo man gerade so über die Runden kommt und ständig Angst hat, dass eine größere Rechnung die normale Kalkulation zerschießt. Und das ist purer Stress, weil man da ständig auf der Kippe steht und ja bloß nichts passieren darf.

          Und mir gehts ja gar nicht um meine Oma oder Pietschi. Aber ich finde es schade, wenn Menschen unter diesem Dauerstress leben müssen und die fragen sich nicht, ob sie nächstes Jahr wohl nach Spanien fliegen dürfen, sondern wie sie die nächste Rechnung oder das Geschenk für ein Kind oder sonstwas bezahlen können.

          Die Mütterrente war eine vollkommen legitime Entscheidung der CDU. Sie hatten die Mehrheit und haben gerechnet und sie durchgesetzt. Ist doch ok, war eine gute Sache find ich.
          Es war aber kein Raubrittertum und ich will nicht an Pietschis Konten ran. Finde, das ist hier echt ne komische Diskussion.

          • Erwin Gabriel 2. Mai 2020, 14:19

            @ Ariane 1. Mai 2020, 20:24

            Ich hab doch keine Ahnung von Pietschis Konten. Er hat behauptet, ich wolle ihm sein Geld klauen und es meiner Oma geben. Das doch Quatsch.

            Das mag eine bildhafte Übertreibung sein, aber darauf läuft es letztendlich hinaus.

            Ich bin durchaus dafür, dass wir allen Rentnern in ihrer Rentenzeit ein gutes und schönes Leben ermöglichen. Wie wir das tun, ist mir dabei ziemlich egal.

            Ich bin nicht der Meinung, dass die Allgemeinheit jeden soweit unterstützen muss, dass er ein gutes, schönes Leben hat. Ich bin der Meinung, dass man ihn dazu befähigen sollte, das selbst zu tun.

            Ich bin keine Finanzwissenschaftlerin. Aber auch keine Raubritterin, nur weil ich eine andere Meinung habe.

            Eine andere Meinung macht Dich nicht zu einer „Raubritterin“ – es sei denn, Deine Meinung läuft daraus hinaus, dass Du Dir oder anderen Wünsche erfüllen möchtest, und dafür das Geld von Dritten brauchst. 🙂

            Die Mütterrente war eine vollkommen legitime Entscheidung der CDU. Sie hatten die Mehrheit und haben gerechnet und sie durchgesetzt. Ist doch ok, war eine gute Sache find ich.
            Genauso legitim wäre es von einer anderen Regierung, sie wieder zu streichen. Nicht, dass angesichts des Senioren-Wählerpotentials Gefahr dafür besteht.

            • Stefan Pietsch 2. Mai 2020, 15:03

              Genauso legitim wäre es von einer anderen Regierung, sie [die Mütterrente] wieder zu streichen.

              Genau das stimmt nicht. Es gilt Bestands- und Vertrauensschutz, grundgesetzlich garantiert. Eben das macht die Regelung so übergriffig, denn die GroKo hat damit eine Entscheidung getroffen, die Folgeregierungen rechtlich (nicht faktisch) bindet. Und diese Bindung erfolge ohne sachlichen Zwang.

              Das ist mit einem Wort verwerflich.

  • Ariane 1. Mai 2020, 12:29

    @Erwin Gabriel

    Danke erstmal, so eine Diskussion wollte ich gerne führen 🙂
    Und ich lasse mir genauso ungerne Moralisierung vorwerfen wie ihr übrigens, ich leugne nur nicht, dass meine persönliche Moral bei meinen Gedanken eine Rolle spielt. Und das tut sie bei Nichtlinken übrigens auch.

    Ähm ja, eigentlich ging es ja generell um Rente. Und irgendein Stefan kam dann mit der Mütterrente um die Ecke. Und ehrlich gesagt, ist das so ziemlich das einzige, wo ich einen persönlichen Einblick habe und halbwegs weiß, wie sie funktioniert.
    Ich kenn doch fast nur Selbständige, ich hab fast nur theoretische Kenntnisse von umlagefinanzierten Rentenkassen. Und ich selbst bin ja mehr sowas wie eine Spargelstecherin, mein Verdienst ist gering und weil kleiner Familienbetrieb mehr sowas wie Mischung aus Verdienst und Kost & Logis. Ich kenn mich mehr mit Cashflow-Problemen aus, wenn das Finanzamt plötzlich hohe Rechnungen verschickt
    Meine Rente ist entweder Grundsicherung oder das Autarkieprojekt meines Vaters zu erben und weiterzuführen bisher.^^

    Aber manchmal hilft das ja. Denn wie funktioniert die normale Rente? Man zahlt sein gesamtes Arbeitsleben in einen Pott ein und wenn man dann in Rente geht, sollte es doch bitte zu einem gemütlichen Rentnerleben reichen.
    Hier haben wir nun aber das Problem, dass „Familienarbeit“ sehr aufwendig ist und zumindest bei nichtreichen Menschen nicht outgesourct werden kann. Das ist sozusagen das unbezahlte Äquivalent zum Selbständigendasein. Da dort nichts herauskommt, womit man nebenbei noch eine Immobilie erwerben kann, führt das zu einer Lücke.
    Menschen, die weniger eingezahlt haben, sitzen also auf der Grundsicherung. Das gilt ja auch für Männer, nur gerade da wir hier über die 50er reden, betrifft es nun mal hauptsächlich Frauen.

    Und du hast Recht. Ich hab noch keine Kinder. Aber in meiner Familie diskutieren wir seit 5-10 Jahren, wie wir meiner Oma einen schönen Lebensabend bereiten, ohne dass sie ihre Wohnung verlässt, in der sie seit 35 Jahren wohnt. Gott sei Dank angesichts der Pandemie-Problematik^^

    Das heißt ja nicht, dass man meiner Meinung sein muss. Aber ich kenne die Familiengeschichte meiner Oma bzw auch anderer sehr gut. Und übrigens gilt die Mütterrente nicht für alle Frauen, nur bis in die 80er. Ich meine, meine Mutter war ungefähr an der Grenze und kam knapp nicht mehr mit rein. Und das finde ich übrigens fair, die hat nämlich gearbeitet, sobald ich drei Jahre alt war. Übrigens funzte das nur, weil meine Oma genau dann ihre Rente antrat und Tagesmutter außerhalb der KiTA-Zeit gespielt hat.

    Es wäre einfach nur nett, wenn ich meine Meinung hier aufschreiben könnte, ohne erstmal genau meine sämtlichen Überlegungen darzulegen, damit ich mich nicht immer gegen den Vorwurf wehren muss, eine Raubritterin, moralisierende Linke, kleines junges Dummchen zu sein.
    Also Danke. Bitte. Gern geschehen. Wär lieb, wenn wir mit so einer Diskussion anfangen könnten und uns nicht erstmal streiten müssten, bis was dabei rumkommt 😉

    • Erwin Gabriel 1. Mai 2020, 14:31

      @ Ariane 1. Mai 2020, 12:29

      Vorab:
      • Wikipedia: Der Begriff Mütterrente ist ein politisches Schlagwort aus dem Bundestagswahlkampf 2013

      Das Thema „Mütterrente“ war ein zentrales Wahlkampfthema der CDU/CSU

      • Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Dabei erhalten Rentnerinnen und Rentner einen pauschalen Zuschlag, der betragsmäßig der Höhe der Rente aus einem halben Kindererziehungsjahr entspricht. Denjenigen, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben und noch nicht in Rente sind, wird für ihre spätere Rente ein weiteres halbes Jahr Kindererziehungszeit angerechnet.

      Und ich lasse mir genauso ungerne Moralisierung vorwerfen …

      Dann lass es …

      … eigentlich ging es ja generell um Rente. Und irgendein Stefan kam dann mit der Mütterrente um die Ecke.

      Ja. Kein Problem damit.

      Aber nicht alles, was man aus dem Rententopf bezahlt, muss oder sollte aus dem Rententopf bezahlt werden. Wenn die Kindererziehung eine gesellschaftliche Aufgabe ist, sollte die gesamte Gesellschaft dafür aufkommen, nicht nur die Rentenbeitragszahler, sondern beispielsweise auch Beamte.

      Ähnliche Situation nach der Wende: Es hatte jeder Ost-Rentner einen Anspruch auf Rente aus der westdeutschen Rentenkasse, ohne dorthinein bezahlt zu haben. Es hätte eine Aufgabe des Staates sein müssen, die entsprechenden Beitragszahlungen nachzureichen, aber es wurde ausschließlich den Rentenbeitragszahlern aufgebürdet. Es geht mir auch hier nicht darum, den ehemaligen DDR-Bürgern die Rente zu verweigern, sondern darum, dass sich die damaligen Regierungsparteien einen schlanken Fuß bei der Bezahlung der Werbeversprechen machten, und Einheitskosten einseitig der Rentenkasse aufbürdeten.

      Hier haben wir nun aber das Problem, dass „Familienarbeit“ sehr aufwendig ist und zumindest bei nichtreichen Menschen nicht outgesourct werden kann. Das ist sozusagen das unbezahlte Äquivalent zum Selbständigendasein. Da dort nichts herauskommt, womit man nebenbei noch eine Immobilie erwerben kann, führt das zu einer Lücke.

      Wieder so ein schräger Vergleich, mit dem ich wenig anfangen kann. Meine Frau ist selbstständig und Einzekämpferin. Kommt bei weitem nicht so viel rum, dass wir die Tausender nur so wegstapeln. Sie wird also auf meine Rente angewiesen sein, um über die Runden zu kommen. Wenn Du das nun mit der Erziehungsarbeit vergleichst, kommt wieder kein Anspruch auf Mütterrente heraus.

      Und du hast Recht. Ich hab noch keine Kinder.

      Das war kein Vorwurf, sondern nur eine Bemerkung für Dein Verständnis, dass ich nicht in meinem eigenem Interesse diskutiere, sondern eher in Deinem.

      Und das finde ich übrigens fair, die hat nämlich gearbeitet, sobald ich drei Jahre alt war.

      Du siehst aus dem Zitat des BMAS; dass es sich um eine pauschale Zahlung handelt. Es wird nicht überprüft, ob Mutti selbst erzogen hat (von der Qualität der Erziehung mal ganz zu schweigen, aber das ist ja auch bei der normalen Rente nicht möglich).

      Es wäre einfach nur nett, wenn ich meine Meinung hier aufschreiben könnte, ohne erstmal genau meine sämtlichen Überlegungen darzulegen, damit ich mich nicht immer gegen den Vorwurf wehren muss, eine Raubritterin, moralisierende Linke, kleines junges Dummchen zu sein.

      Es ist schon ein Unterschied, ob hier jemand schreibt: „Ich will mehr Geld“ oder „ich will mehr Geld, weil …“


      Wär lieb, wenn wir mit so einer Diskussion anfangen könnten und uns nicht erstmal streiten müssten, bis was dabei rumkommt

      Mir auch – aber das musst Du Dir und nicht mir erzählen. Ich habe weder die Streitaxt noch die Moralkeule geschwungen, sondern bin vernünftig auf Deine Meinung eingegangen und habe meine Meinung begründet.

      • Ariane 1. Mai 2020, 20:40

        Wenn die Kindererziehung eine gesellschaftliche Aufgabe ist, sollte die gesamte Gesellschaft dafür aufkommen, nicht nur die Rentenbeitragszahler, sondern beispielsweise auch Beamte.

        Absolut, ich bin überhaupt kein Freund von diesen parallelen Strukturen. Entweder alle oder keiner.

        Es geht mir auch hier nicht darum, den ehemaligen DDR-Bürgern die Rente zu verweigern, sondern darum, dass sich die damaligen Regierungsparteien einen schlanken Fuß bei der Bezahlung der Werbeversprechen machten, und Einheitskosten einseitig der Rentenkasse aufbürdeten.

        Ach ja, das hatte ich ganz vergessen. Bin ich auch bei dir, aber leider bin ich ja nicht Königin von Deutschland. Ich bin auch nicht so glücklich mit diesen Krankenkassen und Pflegekassen und Rentenkassen. Aber ist ja völlig illusorisch, das ganze System neu aufzusetzen und vermutlich auch nicht so leicht machbar.

        Aber ja, mir wäre es auch lieber, wenn alles aus einem Pott kommen würde, gerade weil da häufig die Zuständigkeiten hin und her geschoben werden. Das ist ja oft alles eine Wissenschaft für sich.

        Wieder so ein schräger Vergleich, mit dem ich wenig anfangen kann. Meine Frau ist selbstständig und Einzekämpferin. Kommt bei weitem nicht so viel rum, dass wir die Tausender nur so wegstapeln. Sie wird also auf meine Rente angewiesen sein, um über die Runden zu kommen

        Tja, wem sagst du das. Hier sind fast alle selbständig. 😀
        Mir ging es aber um was anderes, es gibt „Familienarbeit“, die einfach zeitaufwendig und anstrengend ist und nicht vergütet wird, aber mit einem Baby genauso wie mit der Pflege von Alten kann man nicht dauerhaft Vollzeit arbeiten. Da tut sich ja gerade viel, aber hier brauchen wir Lösungen, wie wir das umsetzen. Kinder und Alte nur irgendwohin bringen, wo andere sich kümmern, kann ja nicht alles sein. Es sollte aber auch nicht den Preis haben, dass man im Alter von seinem Mann oder der Grundsicherung lebt, das finde ich wiederum ungerecht. Denn ein Büro ist ja oftmals entspannter als kleine Kinder oder pflegebedürftige alte Menschen 😉

        Du siehst aus dem Zitat des BMAS; dass es sich um eine pauschale Zahlung handelt. Es wird nicht überprüft, ob Mutti selbst erzogen hat (von der Qualität der Erziehung mal ganz zu schweigen, aber das ist ja auch bei der normalen Rente nicht möglich).

        Ja, aber das ist ja auch gar nicht die Frage. Das wäre ja auch höchst gruselig, wenn ein Staat erstmal überprüfen will, ob jemand seine Kinder auch gut erzogen hat. Wie soll das denn gehen?
        Es geht ja nur darum, dass in der Erziehungszeit keine normale Erwerbsarbeit möglich war und zwischen den 50ern und 80ern ja erst recht nicht.

        Es ist schon ein Unterschied, ob hier jemand schreibt: „Ich will mehr Geld“ oder „ich will mehr Geld, weil …“

        Ja. Das hab ich aber nicht gesagt. Ich will doch auch gar nicht mehr Geld. Ich hab nichts davon. Meine Oma hatte was davon und sich gefreut. Schön. So ein großer Unterschied, dass man dafür Euch überfallen würde, ist es aber auch nicht. Wie gesagt, ich verstehe das Problem nicht so ganz. Wenn man Solidarität ruft, plant man keinen Raubzug. Also ich jedenfalls nicht.

        • Erwin Gabriel 2. Mai 2020, 14:27

          @Ariane 1. Mai 2020, 20:40

          [Wenn die Kindererziehung eine gesellschaftliche Aufgabe ist, sollte die gesamte Gesellschaft dafür aufkommen, nicht nur die Rentenbeitragszahler, sondern beispielsweise auch Beamte.]
          Absolut, ich bin überhaupt kein Freund von diesen parallelen Strukturen. Entweder alle oder keiner.

          Dann solltest Du verstehen, dass die Mütterrente seitens CDU/CSU einfach nur ein Griff in den Honigtopf war.

          Das wäre ja auch höchst gruselig, wenn ein Staat erstmal überprüfen will, ob jemand seine Kinder auch gut erzogen hat. Wie soll das denn gehen?

          Was passiert, wenn die (Schwieger-)mutter die Betreuung/Erziehung übernimmt, so dass frau weiterhin Arbeiten gehen kann. Sollte es dann auch einen Anspruch geben?

          Wenn man Solidarität ruft, plant man keinen Raubzug. Also ich jedenfalls nicht.

          Wie man das nennt, sei mal dahingestellt. Ich habe bislang nur „Solidarität“ rufen hören von Leuten, die von anderen Geld wollten, ob das jetzt eine Oma mit geringer Rente, ihre Enkelin, Italien oder VW ist. Und dieses Geld muss dann von irgendjemandem kommen, der in der Regel nicht so glücklich damit ist.

          • Stefan Sasse 2. Mai 2020, 16:15

            Moment. Diskutieren wir jetzt die Mütterrente in ihrer spezifischen Ausgestaltung oder die Idee der Mütterrente an sich?

  • sol1 1. Mai 2020, 15:43

    10)

    Die interessanteste Passage für mich ist die hier:

    /// Im Prinzip sei durch die Krise vieles direkt sichtbar geworden, was sie beschrieben habe, sagt [Maja] Göpel im Gespräch. „Menschen sind biologische Wesen, und sie sind nicht getrennt von der Natur: Die Gesundheit unserer Ökosysteme und die Gesundheit der Menschen hängen miteinander zusammen. Viren springen häufiger über, wenn wir Lebensräume der Tiere zerstören und die Biodiversität abnimmt. Todesfälle sind höher in Regionen, in denen auch hohe Luftverschmutzung die Atemwege strapaziert hatte. Obduktionen zeigen Vorbelastungen mit Diabetes, Übergewicht und Bluthochdruck, also Phänomene die vorher schon als Zivilisationskrankheiten bezeichnet wurden.“

    Ihr Hauptinteresse gelte der politischen Ökonomie, schreibt sie: Woher kommen die Ideen, die das Zusammenleben und die Beziehungen zur Natur und zu anderen Menschen bestimmen? Und warum, so formuliert sie, „sind die Ideen, die sich in den letzten zweihundertfünfzig Jahren in Theorien verstetigt haben, heute nicht unbedingt hilfreich, um aus der Krise unserer Ökosysteme und Gesellschaften eine Chance für die Zukunft zu machen?“

    Bei der Beantwortung dieser Frage sei das Bild einer „neuen Realität“ hilfreich, sagt Göpel. Viele der grundlegenden Ideen einer auf immer mehr Wachstum ausgerichteten Wirtschaftsform und auch das dahinter liegende Menschenbild des Homo Oeconomicus stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Damals gab es eine Milliarde Menschen, und sie hatten pro Kopf sehr wenig Besitz. „Die Idee, dass Menschen mal den ganzen Planeten besiedeln und verändern würden, war schlicht nicht Teil des Denkens. Und das zeigt sich in den Konzepten und Modellen. Natur kommt – wenn überhaupt – nur als ein Stück Ressource mit einem Preisschild vor. Mit diesen Annahmen können wir uns in der neuen Realität mit acht bis zehn Milliarden Menschen und ganz anderen Konsumniveaus nicht innovativ orientieren. Wir operieren mit einer Scheinrealität und wundern uns dann, dass wir die Probleme nicht in den Griff kriegen.“

    Die Corona-Krise kann nach Ansicht von Maja Göpel helfen, diese „neue Realität“ schneller zu erkennen: Um das Virus einzudämmen, haben alle von Kurven des exponentiellen Wachstums erfahren, und warum es sehr wichtig sein kann, auf Krisen frühzeitig zu reagieren, selbst wenn die Auswirkungen noch nicht direkt sichtbar sind. Wer „Flatten the curve“ verstanden hat, versteht auch, warum global nicht mehr CO2 freigesetzt werden darf, als gleichzeitig absorbiert und gebunden werden kann. ///

    • Stefan Sasse 1. Mai 2020, 15:58

      Ich hoffe das auch, aber ich bin sehr pessimistisch, muss ich ehrlich sagen. Wenn Corona eines zeigt, dann die absolute Unwillenheit von Leuten, etwas zu lernen, wenn es Änderungen für das eigene Leben bedeutet. Da steckt man lieber den Kopf in den Sand.

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