Ezra Klein wirft mit Trump im November gefährliche Sprache in die saudische Kinderbetreuung – Vermischtes 24.04.2020


Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Everyone is in denial about November

My personal favorite is this headline on an Associated Press story: “Coronavirus could complicate Trump’s path to reelection.” I know the AP is as strait-laced as possible in its coverage, and to be fair, the story is straightforward in describing Trump’s challenges come November. Still, this is equivalent to a headline on Dec. 8, 1941, saying: “Japanese attack on Pearl Harbor could complicate America First’s desire for isolationism.” […] All of these stories are interesting but nonetheless contain an air of unreality about them. They assume that the Trump campaign’s gambits can somehow alter the trajectory of the general-election campaign. […] Furthermore, spending two hours a day at a podium does not help Trump. His antics might appeal to his base, but there’s a reason other Republicans want him to cut down his appearances. They put all of his weaknesses on display. And for those who fear that this crowds out Biden, let me suggest that at this point in the race, the more Biden appears in the public mind as “Generic Democrat,” the better his chances for victory as the safer “not Trump” choice. […] New attacks on Biden will feed lots of media narratives. They will not alter the brute facts of this campaign. (Daniel Drezner, Washington Post)

Ich halte den Artikel für wesentlich zu optimistisch. Grundsätzlich ist es absolut richtig, dass die miserable Grundsituation grundsätzlich schädlich für Trump ist. Es ist etwa hinreichend deutlich, dass Obama sowohl 2010 als auch 2014 wahrscheinlich die Wiederwahl nicht gewonnen hätte (wohl aber 2016, aber das ist eine andere Geschichte). Egal, wie talentiert ein Wahlkämpfer ist, gegen grausige fundamentals – wie im Jargon Werte wie Arbeitslosigkeit, Wirtschaftswachstum und Konsumentenzuversicht genannt werden – kommt er im Zweifel nicht an. Ich habe auch vor zweieinhalb Jahren selbst geschrieben, dass die Gesetze der politischen Schwerkraft auch für die Republicans, auch für Trump gelten.

Aber: Es gibt eben auch Faktoren, die sehr stark für Trump sprechen. Und da wäre ein weiteres fundamental: Der Amtsinhaber gewinnt bei den Präsidentschaftswahlen meistens. Nur dreimal wurde seit 1945 ein Präsident nach einer Amtsperiode abgelöst (Ford, Carter und Bush), achtmal gewann er die Wiederwahl (Truman, Eisenhower, Johnson, Nixon, Reagan, Clinton, Bush, Obama). Und Ford darf man eher als Betriebsunfall betrachten. Dazu kommt der zu erwartende massive Wahlbetrug der Republicans, die in modernen Zeiten nie dagewesene Polarisierung (das Gesetz der 42%), die es, in den unsterblichen Worten Trumps, egal macht, ob er auf der 5th Avenue vor laufenden Kameras jemanden erschießt.

Ich hoffe, dass ich völlig falsch liege und dass Biden im November mit Trump den Boden wischt. Aber ich bin skeptisch. Vor Corona habe ich den Wahlkampf effektiv als 50:50 gesehen. Jetzt? Vielleicht 55:45 für Biden. Und das sind schlechtere Chancen, als Trump 2016 hatte. Das ist auch recht unabhängig vom Kandidaten; Biden ist zwar sicher nicht mein Wunschkandidat, aber ich glaube nicht, dass der/die GegenkandidatIn für Trump dieses Jahr sonderlich bedeutsam ist. Dafür sorgt Corona. Wie gesagt, ich hoffe, ich liege grotesk daneben. Aber zuversichtlich bin ich nicht.

2) Is Trump dangerously strong or perilously weak?

How disorienting is political reality in the Trump era? So disorienting that people who devote their lives to observing and analyzing politics can’t even agree on whether President Trump is inches away from abolishing democracy and turning himself into a dictator — or if, instead, he’s a pitifully weak president who regularly demonstrates his impotence. […] The answer is both. And until we come to terms with this reality, we will fail to grasp the distinctive character of the danger the Trump presidency poses to our political system. Presidents have two broad spheres of power. The first is their ability to command the federal government — executive branch departments and agencies, administrative and regulatory bureaucracies — to do things. When it comes to this power, Trump is an extremely weak and ineffective president — as some of the sharpest political analysts on the left have long contended. […] But this isn’t the only kind of power a president wields. The other power is rhetorical — the ability to use language to shape public opinion. It’s in this respect that Trump displays genuinely tyrannical tendencies. […] Trump’s dictatorial proclamations point in a much darker direction. Every time the president asserts absolute powers, every time he claims to possess the ability to do things the Constitution doesn’t permit him to do, every time he stirs up and actively encourages populist animosity against duly elected public officials, every time he calls journalists enemies of the people who peddle fake news, he normalizes the idea, moving public opinion among a portion of Republican voters a little bit further in the direction of accepting and approving of authoritarianism. Words matter in politics — especially the words of the president, and never more so than in an age when he has the ability to speak to his most rabid supporters instantly and directly. In many respects, Donald Trump is a weak president. But he talks like an authoritarian strongman, and with each autocratic word he primes a portion of the country for tyranny. (Damon Linker, The Week)

Eine saubere Analyse. Dass Worte wichtig sind ist eine Erkenntnis, die sich weder bei den Relativierern und Normalisierern in den USA durchgesetzt hat noch hierzulande. Der rechte Rand der CDU und die AfD operieren ja in derselben Dynamik. Ob die AfD ähnlich ineffektiv wäre ist etwas, das wir hoffentlich nie herausfinden werden. Aber die Worte, die sie in die Debatte eingebracht und dank ihrer Helfershelfer in den etablierten Parteien und der Publizistik normalisiert hat, haben bereits weitreichenden Flurschaden angerichtet.

Die Grenzen des Sag- und Forderbaren zu verschieben ist keine einfache Aufgabe. Sie ist ohne die Mithilfe des Establishments praktisch nicht zu bewältigen. Die LINKE kennt diese Dynamik aus erster Hand. Ihr ist das selbst zu den Hochzeiten der Hartz-Proteste nie wirklich gelungen. Außerhalb ihrer eigenen Anhängerschaft verfing die Rede von „Hartz-IV ist Armut per Gesetz“, wie unzählige Wahlplakate verkündeten, nie wirklich. Inzwischen hat Deutschland seinen Frieden mit der Reform gemacht. Grundsatzkritik an derselben hat sich nie in den Leitmedien durchsetzen können, wurde nie von hochrangigen SPD-Politikern geteilt. Sie verhallte letztlich.

3) Der Stoff, aus dem Gewalt­fan­ta­sien sind

Für diesen vermu­teten Wirkungs­zu­sam­men­hang von behaup­teter Gefahr und impli­ziter Gewalt­le­gi­ti­ma­tion gibt es in der Gewalt­for­schung einen Namen. Er nennt sich „gefähr­liche Rede“ und steht bisher im Schatten des Begriffs der „Hass­rede“, der häufig ange­führt wird, wenn es um rechte Rhetorik und Gewalt geht. Dabei ist die gefähr­liche Rede, auch wenn sie auf Gewalt­rhe­torik verzichtet, wohl entschei­dender für rechten Terror als unver­blümte Hetze. Wie die Sozi­al­wis­sen­schaft­lerin Susan Benesch sagt, ist es gerade das Gerede von einer „tödli­chen Bedro­hung durch eine verhasste … Gruppe, das Gewalt nicht nur ange­messen, sondern notwendig erscheinen lässt.“ Gefähr­liche Rede findet etwa dann statt, wenn einer Gruppe beson­dere Grau­sam­keit zuge­schrieben wird. Wo ihr unter­stellt wird, sie bedrohe Exis­tenz der Adres­sierten, erscheint es diesen opportun, dras­tisch gegen sie vorzu­gehen. Es geht immerhin ums Über­leben. Und Notwehr ist bekann­ter­maßen der einzige Grund, aus dem Tötungen unbe­stritten erlaubt sind: Wer anderen das Leben nehmen will, darf dieser Norm zufolge unschäd­lich gemacht werden. Für die Legi­ti­ma­tion von Gewalt eignet sich daher kaum etwas besser als der „Spie­ge­lungs­vor­wurf“: Die Dehu­ma­ni­sie­rung des Anderen recht­fer­tigt die Bruta­li­sie­rung des Selbst. Expli­zite Gewalt­auf­rufe sind dafür nicht nötig. Gewalt­same Poli­tiken, die ja immer beson­ders recht­fer­ti­gungs­be­dürftig sind, gehen daher meist mit Mythen der Bedro­hung einher. Bereits der Faschismus schöpfte aus solchen die Recht­fer­ti­gung für außer­or­dent­liche Maßnahmen. Der Faschis­mus­for­scher Roger Griffin bezeich­nete diese Ratio­na­lität dereinst als „palin­ge­ne­ti­schen Ultra­na­tio­na­lismus“: Ange­sichts des drohenden Unter­gangs müsse die Nation eine kompro­miss­lose Kraft­an­stren­gung voll­ziehen, um zu ihrer Wieder­ge­burt zu gelangen. Auch heute bläst die extreme Rechte wieder in das Horn des natio­nalen Unter­gangs, um dras­ti­sche Maßnahmen zu recht­fer­tigen. Die AfD mitten­drin – und ihr „Flügel“ vorneweg. (Holger Maks/Janina Pawels, Geschichte der Gegenwart)

Und wo wir es gerade von der Wirkung der Sprache haben. Auch diese Mechanik ist im Übrigen farbenblind; man erinnert sich noch allzu gut des raschen Wandels, den die „Gewalt gegen Sachen“ zum offenen Terrorismus in den 1970er Jahren nahm, oder die abwertende Sprache, mit der die Linksextremisten jener Tage ihre Gewalt rechtfertigten.

Deswegen wehre ich mich auch immer so dagegen, die spezifischen Sprachcodes dieser Gruppierungen zu übernehmen. Selbst wenn man sie selbst unschuldig benutzt und ohne die Ziele der Extremisten zu teilen, normalisiert man damit deren Sprache. Die einzige Möglichkeit, wie man diese gefährliche Spirale verhindern kann, ist die konsequente Abgrenzung. Und die muss eine zivilisierte Gesellschaft gemeinsam und permanent treffen.

4) Tweet

Ich lasse das vor allem deswegen noch mal hier, weil wir vor einem Jahr noch hitzig darüber debattiert haben, ob nun der Rechts- oder der Linksextremismus in Deutschland das größere Problem darstellt. Vor einem Jahr wurde hier im Blog auch noch äußerst erbittert und kontrovers darüber gestritten, ob eine Figur wie Hans-Georg Maaßen nun a) falsch liegt und b) absichtlich falsch liegt, weil selbst extremistisch. Ich hoffe, das hat sich mittlerweile beides geklärt.

5) AfD-Landtagsvizepräsident scheitert mit Blockade von Rechtsterror-Debatte

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  • R.A. 24. April 2020, 10:17

    2.) “ Inzwischen hat Deutschland seinen Frieden mit der Reform gemacht. “
    Das kann ich nicht nachvollziehen. Die „Linke“, die linke SPD und Teile der AfD lehnen Hartz IV weiterhin vehement ab. Das entspricht etwa einem Viertel der Bevölkerung.
    Und speziell innerhalb der SPD hat sich inzwischen längst die Ansicht durchgesetzt, Hartz IV wäre der zentrale Fehler Schröders gewesen und hätte zum Niedergang der Partei geführt. Sollte es zu einer RRG-Regierung kommen, wäre die Revision von Hartz IV ganz oben auf der Tagesordnung.

    3.) „Er nennt sich „gefähr­liche Rede“ und steht bisher im Schatten des Begriffs der „Hass­rede“,“
    Schon das Konzept der „Hassrede“ war willkürlich und unglaubwürdig. Jetzt noch eine „gefährliche Rede“ für unliebsame politische Positionen zu deklarieren macht diese Begriffe völlig unbrauchbar.
    Solche Ansätze könnten nur funktionieren und zu einer Befriedung der politischen Diskussion beitragen, wenn sie nach klaren Maßstäben auf alle politische Richtungen gleichermaßen angewendet würden.
    Solange aber nur Äußerungen von „rechts“ als „Haßrede“ etc. deklariert werden, die übliche Anti-Afd- oder Anti-Trump-Polemik unbeanstandet menschenfeindliche und hasserfüllte Äußerungen aller Art verwenden kann, verschärft diese Einseitigkeit nur die politische Spaltung.

    4.) “ weil wir vor einem Jahr noch hitzig darüber debattiert haben, ob nun der Rechts- oder der Linksextremismus in Deutschland das größere Problem darstellt.“
    Dir ist aber schon klar, daß diese Statistik exakt Null zu dieser Fragestellung beiträgt?
    Ob die Statistik für ihren eigentlichen Zweck, nämlich den Ländervergleich, irgendwie geeignet ist wäre noch zu prüfen. Wahrscheinlich ist sie es nicht, weil die lokalen Maßstäbe für die Eingruppierung von Delikten zu unterschiedlich sind.

    „ob eine Figur wie Hans-Georg Maaßen nun a) falsch liegt und b) absichtlich falsch liegt“
    Gibt auch noch die Variante, daß Maaßen im wesentlichen richtig liegt. Für die meisten seiner Äußerungen stimmt die.

    5.) „Ein solcher Schritt normalisiert die Frage, ob man einem von Rechtsterroristen ermordeten Politiker gedenken soll, als eine normale politische Auseinandersetzung.“
    So sehr sind die Maßstäbe schon verrutscht.
    Vor einigen Jahren wäre noch völlig klar gewesen, daß das selbstverständlich eine politische Frage ist. Und die übliche Antwort eines SPD- oder CDU-Parlamentspräsidenten wäre gewesen, daß ohne Bezug zum jeweiligen Bundesland selbstverständlich kein solches Gedenken oder gar Debatte auf die TO gehört.
    Historisches Beispiel: Als der hessische Minister Karry 1981 von Linksterroristen ermordet wurde, da gab ein Gedenken nur im hessischen Landtag, aber nicht in irgendeinem anderen Bundesland. Nach bis vor kurzem allgemein üblicher Handhabung wäre das nicht zulässig gewesen.

    • Stefan Sasse 24. April 2020, 10:47

      2) Vehemente Ablehnung? Die Forderung, Hartz-IV abzuschaffen, hat sich. Wir haben mittlerweile nur noch Reformen davon in Rede, selbst bei der LINKEN. Das ist normal.
      3) Da kommen wir nicht zueinander fürchte ich.
      4) Willst du bestreiten dass Rechtsextremismus gerade das schlimmere Problem ist?
      5) Und das findest du gut?

      • R.A. 30. April 2020, 10:45

        2.) „Wir haben mittlerweile nur noch Reformen davon in Rede“
        Das ist nur ein taktisches Detail. Die „Reformen“ würden auf eine Abschaffung der Kernpunkte hinauslaufen.

        3) „Da kommen wir nicht zueinander fürchte ich.“
        Befürchte ich auch, trotzdem bleibe ich bei meinem „Ceterum censeo“ wenn dieses Thema auftaucht.
        Wenn man die politische Diskussion über Konventionen und Sprachregeln zivilisieren will (wovon ich viel halte), dann müssen diese Regeln eisern neutral sein und gleichermaßen auf alle Seiten angewendet werden.
        Wer „hate speech“ nur beim politischen Gegner anklagt, aber selber verwendet – der macht die ganze Idee tot.

        4) „Willst du bestreiten dass Rechtsextremismus gerade das schlimmere Problem ist?“
        OK, um diesen Punkt ging es Dir überhaupt.
        Ich würde das bestreiten. Der Rechtsextremismus ist derzeit etwas gewalttätiger, der Linksextremismus dafür politisch deutlich einflußreicher und vernetzt.
        Im wesentlichen würde ich aber sagen, daß beide kein großes Problem sind. Sie sind Schlagzeilenträchtig, aber keine Gefahr für die Demokratie.

        5) „Und das findest du gut?“
        Erst einmal finde ich es auch hier gut, wenn die gleichen Maßstäbe für alle Fälle gelten. Das war früher deutlich der Fall, da wurde nichts im Parlament diskutiert oder beschlossen, was nicht zum Kompetenzbereich dieses Parlaments gehörte.
        Wenn man das jetzt ändern will, dann müßte man es erst einmal nach klaren Regeln ändern und nicht ad hoc „dieser politische Punkt ist mir persönlich wichtig, deswegen sollte für ihn die Ausnahme gelten“.
        Und wahrscheinlich ist es besser, bei den alten Regeln zu bleiben. Sonst wetteifern die diversen politischen Richtungen künftig darum, irgendwelche Themen zum Beschluß- oder Diskussionsthema zu machen, die nichts mit der Parlamentsarbeit zu tun haben.

        • Stefan Sasse 30. April 2020, 13:21

          2) An der grundsätzlichen Logik – der Grundsicherung statt ALG – ändert sich nichts.
          3) Da stimme ich dir völlig zu. Und deswegen sage ich auch immer: Ermahne mich wenn ich es nicht mache.
          4) Ok, wow. Das halte ich für völlig daneben. Und wo ist Linksextremismus politisch vernetzt…?

  • Michael Walther 24. April 2020, 12:34

    „Ich hoffe, dass ich völlig falsch liege und dass Biden im November mit Trump den Boden wischt. Aber ich bin skeptisch. “

    Ich bin auch skeptisch. Zwei Szenarien kann ich mir vorstellen.

    1. Biden gewinnt knapp. Die Ergebniss werden angezweifelt (kaputte Wahlautomaten, hanging chads wie bei Gore/Bush, problematische Auszählungen) eine wochenlange Debatte darüber wer gewonnen hat.
    Fanatisierte Trump Fans demonstrieren bewaffnet in den Strassen.
    Trump setzt sich mit Hilfe sympathisierender Bundes-Richter durch, das Land ist mehr denn je gespalten, gewaltätige Demonstrationen, Einsatz der Nationalgarde. Trump hat schon bei der letzten Wahlkampagne angekündigt, er und seine Fan Base, very fine people, würden nicht jedes Ergebnis akzeptieren.

    2. Trump gewinnt und versucht in 4 Jahren eine dritte Präsidentschaft durchzudrücken. Irgendeine nationale Notlage wird sich finden oder konstruieren lassen. Vielleicht ein kleiner Krieg mit dem Iran.

  • derwaechter 24. April 2020, 13:04

    „Was ich als besonders störend in der aktuellen Debatte finde ist, dass zwar den Leiden der Bundesligafans eine riesige Aufmerksamkeit zuteil wird, denen der Eltern aber nicht.“

    Das hat auch damit zu tun wie Medien und Öffentlichkeit funktioniert. Mann muss vorsichtig sein, da ein klares Werturteil hinein zu interpretieren. Kein Sportjournalist und die wenigsten Fans, argumentieren ernsthaft, dass Fußball wichtiger sei als Kinder.

    Wenn es nur 18 Familien gäbe und die ihre Erziehung einmal die Woche im Stadion vortragen würden und Millionen von Menschen das unterhaltsam fänden, würde man das auch medial anders behandeln 🙂

    • Ariane 24. April 2020, 14:14

      Aber die Bundesliga-Clubs (die meisten) und die DFL argumentieren ja ständig, dass sie total systemrelevant sind. Und DAS finde ich absolut schrecklich.
      St. Pauli hat unterdessen ein riesiges Kiez-Hilfsprogramm aufgelegt und seine Kabinen für Obdachlose zum Duschen und Waschen geöffnet.

      So gehört sich das.
      Und ich vermisse die BuLi schrecklich, auch als Nicht-Corona-Gesprächsthema. Aber deswegen bin ich halt nicht gleich dafür, dass es morgen wieder losgehen soll.
      Und ich kenne auch niemanden aus der Fußballblase, der ernsthaft vorhat, sich deprimierende Geisterspiele anzusehen, da gehts nur um Fernsehgelder. Dann soll der Staat (oder FC Bayern und andere reiche Clubs) lieber die ärmeren Clubs finanzieren als dass die ständig mit ihrer angeblichen Systemrelevanz herumnerven. Das ist nur peinlich.

      • Ariane 24. April 2020, 14:17

        Und als Nachreichung, auch wegen Hopp und anderer Plastikclubs.

        Fast alle Ultra-Vereinigungen sind gerade mit irgendwelchen Hilfsprogrammen beschäftigt und haben keine Zeit mehr zum Fußballgucken. Die „echten Fans“ haben sehr wohl kapiert, worum es gerade geht.
        Nur die Fernsehgeldabhängigen „Bonzen“ meinen noch, dass die Fans hirnlose Menschen sind, die nur Fußball gucken und ins Stadion laufen.

      • derwaechter 24. April 2020, 14:44

        Eben. Ich sagen ja gerade, dass die mediale Berichterstattung nicht gleichgesetzt werden darf mit (angenommener) Wichtigkeit.
        Sonst dürfte es ja überhaupt keine Sport oder Prominachrichten geben. Oder Podcasts zu Game of Thrones.

      • Stefan Pietsch 24. April 2020, 14:57

        Insider haben durchgerechnet und kommen zu dem Ergebnis, dass zahlreiche Bundes- und Zweitligisten gefährdet sind, wenn die Saison nicht beendet wird. Is‘ aber auch egal, gell? Was wollen wir eigentlich mit Schalke? Die waren seit gefühlt 200 Jahren nicht mehr Meister und deren Anhängerschaft setzt sich wohl nur aus senilen Greisen zusammen. Also immerhin der Club mit der drittstärksten Fanbase.

        • Ariane 24. April 2020, 15:01

          Tja sorry Pietschi, es ist mir sogar lieber, der HSV geht pleite als ich oder die Firma meines Mannes.

          Weißt du doch Individualität! Jeder ist sich selbst der nächste. Soweit geht meine Solidarität nun auch nicht.

          • Ariane 24. April 2020, 15:02

            A propos Solidarität.

            Viel Spaß dabei, wenn der FC Bayern mit zwei oder drei anderen Clubs dann BuLi und Champions League spielt!
            Das ist nicht nur so ein komisches Ding der Linken, ohne Solidarität bricht halt alles irgendwann zusammen. Auch der Fußball. Dann such ich mir halt ein neues Hobby.

          • Stefan Pietsch 24. April 2020, 16:08

            HSV …. HSV… Da war doch was? Ich erinnere mich dunkel an einen Verein, der 1983 im Finale von Athen gegen Juventus Turin den Europapokal der Landesmeister gewann (1:0, Tor: Felix Magath, 13. Minute). Oder die 1980 ein grandioses 5:1 im Rückspiel im Hamburger Volksparkstadion gegen Real Madrid hinlegten. Ein HSV war Anfang der Achtzigerjahre ein dominierender Fußballclub in Deutschland, der 1982 (?) in einer legendären Party Bayern München im Olympiastadion 3:4 schlug (2 Tore Horst Hrubesch).

            Aber ich dachte, der Verein wäre schon längst untergegangen, oder? Welchen HSV meinst Du?

            • Erwin Gabriel 24. April 2020, 17:44

              @ Stefan Pietsch 24. April 2020, 16:08

              Welchen HSV meinst Du?

              Wahrscheinlich meinen: Den Hannoverschen Sportverein von 1896 e.V., allgemein bekannt als Hannover 96. Wir haben seit über einem Monat kein Heimspiel mehr verloren 🙂

              • Stefan Pietsch 24. April 2020, 17:47

                :-))) Der war gut!

                You made my day!

                • Ariane 24. April 2020, 21:50

                  Nix da! Ich meine schon den Hamburger Sportverein!

                  Und der ist übrigens schon beim Abstieg aus der ersten in die zweite Liga nur knapp an der Insolvenz vorbeigeschrammt und wird ja eh ständig von Mäzenen und Fernsehgeldern (DFB-Pokal!) gerettet. Also der Verein braucht nun echt keine Corona-Krise zum Pleitegehen.

                  Ich mag auch St. Pauli, werde ich halt Fan von denen, die gehen nicht pleite, die werden von sämtlichen Fußballfans der Welt im Notfall gerettet 🙂

                  Das ist nämlich der Vorteil der Solidarität, wenn man selber in der Scheiße sitzt, kriegt man was zurück. Wie so ein Kredit mit Geld, weißte? 😉
                  Sooo doof sind linksgrünversiffte Gutmenschen nämlich gar nicht, die handeln nur mit anderen Dingen als mit Finanzen^^

                  • Erwin Gabriel 24. April 2020, 23:14

                    @ Ariane 24. April 2020, 21:50

                    Ich mag auch St. Pauli, werde ich halt Fan von denen, die gehen nicht pleite, die werden von sämtlichen Fußballfans der Welt im Notfall gerettet

                    Verstehe…
                    Hopp<ffenheim Scheiße, HSV kann Pleite gehen, Schalke überflüssif, Bayern doof – es sei denn, dass Uli Hoeness mal wieder St. Pauli rettet.

                    Gottseidank bin ich kein radikalmaskuliner Hausmann 🙂

                    • Ariane 25. April 2020, 03:05

                      Ich habe die Anflüge von Gutmenschentum von Hoeness durchaus wohlwollend zur Kenntnis genommen (Gerd Müller & Jupp Heynckes). Loyal ist er ja schon meistens, der Hoeness!

                      Außerdem kann er rechnen und Pauli, Köln, Frankfurt und ähnliche Clubs bringen die Fans, Zuschauer und die Kohle.
                      Hoffenheim gegen Wolfsberg will nun mal keiner sehen. Das sind in der Woche doch eh schon Geisterspiele, ist ja schrecklich.
                      Da guckt sich doch jeder lieber ein schönes F-Jugend-Duell auf der Wiese an.

                      Und ja Bayern doof. Aber ist unbestritten, dass sie schönen Fußball spielen, spannende Spieler und eine interessante Historie haben. Ich war letztes Jahr sogar in deren ähm narzistischem Museum.
                      Und die Geschichte über den Manchester-United-Absturz ist tragisch, aber sollte nicht vergessen werden. Gibt übrigens einen ganzen Film darüber (aus ManU-Sicht).

                      Also wenn der FC Bayern sich selbst nicht immer so machohaft geil finden würde, hätte ich weniger Probleme. Ich war sogar so nett, und hab einem FC-Bayern-Fan eine Fan-Ente mitgebracht 🙂

                    • Ariane 25. April 2020, 03:07

                      Aso: Und das F-Jugend-Spiel halte ich übrigens für viel systemrelevanter gerade als die gesamte Bundesliga.
                      Der Breitensport für die Masse wird da oben bei den Profis leider eh viel zu oft vergessen.

                      Ich schätze, an einem radikalfeministischem Vortrag über die Lage des Frauenfußballs ist hier niemand so ganz interessiert? 😀

                    • Erwin Gabriel 25. April 2020, 13:16

                      @ Ariane 25. April 2020, 03:07

                      Ich schätze, an einem radikalfeministischem Vortrag über die Lage des Frauenfußballs ist hier niemand so ganz interessiert?

                      Da ich an einer Karriere als radikalmaskuliner Hausmann schwer interessiert bin, muss ich da mitreden können. Leg los …

                    • Ariane 25. April 2020, 18:47

                      Sehr löblich! Aber ich hab nur wenig Zeit, weil bald das von mir eingekaufte Abendessen auf dem Tisch stehen muss. (radikalfeministische Hausfrau in Ausbildung^^)

                      Aber der größte Fehler bei Frauenfußball ist, dass der ständig und immer mit dem Profifußball der Herren verglichen wird.
                      Es ist aber eher ein Breitensport, der warum auch immer so vermarktet wird als wäre er wie der Profisport der Männer.

                      Jetzt etwas für Maskulisten in Ausbildung:
                      Deswegen ist die ganze Häme über Frauenfußball unangebracht, die spielen wirklich besser als die 3. oder 4. Ligisten Der Profiherren. Und damit sollte man sie vergleichen. Auch wenn sie natürlich eine Liga, internationalen Wettbewerb und Meisterschaften brauchen.
                      Frauenfeindliche Sprüche und Witze sind natürlich trotzdem nicht erlaubt!

                      Aber: deswegen halte ich es auch für Quatsch, wenn radikalfeministische Hausfrauen ohne Fußballverstand hier absolute Gleichbehandlung fordern. Zb dass so eine tolle Fußballerin wie Birgit Prinz oder Mata oder das große Vorbild Rapinoe soviel verdienen sollten wie Messi & Ronaldo oder auch nur Flitzpiepen wie Arnautovic (den kein Mensch kennt eigentlich).

                      Der Preis wird durch Fernsehgelder bestimmt, nicht durch fußballerisches Können. Auch hier wäre ein Vergleich mit der 3. Profiliga der Herren angemessen und ich finde sehr wohl, dass jede Liga-/Nationalspielerin gut von ihrem Gehalt leben können sollte.

                      Guck, etwas für Feministen und Maskulisten dabei. Alle glücklich 🙂

        • derwaechter 24. April 2020, 15:42

          Schalke ist ein wirtschaftlich dermassen schlecht geführter Verein, da hätte der Markt schon längst seine Pflicht tun sollen 🙂

          Die Saison wird schon noch beendet werden. Und wenn nicht findet man eine Lösung mit den Rechteinhabern. Die haben ja auch kein Interesse daran, ihr Produkt zu vernichten.

          Ausserdem wird die wirtschaftliche Bedeutung des Profisports massloss überschätzt.

          • Stefan Pietsch 24. April 2020, 16:03

            Also, ich gehe bestimmt nicht als S 0:5-Fan durch und wären die Bayern damals nicht Last-Minute-Meister geworden, hätte ich einen Rotkäppchensekt aufgemacht. Aber, da gibt es halt Millionen, die es mit den Königsblauen halten und die Anhängerschaft zu einem Fußballclub ist eben ein hohes Maß an Identität. Das lässt sich nicht so einfach wechseln. Genauso wie sich ein Profiverein nicht einfach so aufbauen lässt, wenn man nicht gerade einen extrem finanzstarken Mäzen im Hintergrund hat.

            Sky selbst wird ein veritables Problem bekommen. Sie verlieren die Champions League-Rechte, die Europa League-Rechte sind ohnehin weg. Da bleibt nur die Bundesliga, während Sky einen Aderlass an Abonnementen befürchten muss.

            Vielleicht wird die wirtschaftliche Bedeutung überschätzt. Für eine Stadt wie Köln würde ich das jedoch bestreiten und dass Berlin so für den Verbleib der Hertha im Olympiastadion kämpft, ist auch ein Zeichen für die Bedeutung des Profifußballs. Aber auf jeden Fall geht es um Identität und da bin ich doch ein Nostalgiker.

            • derwaechter 24. April 2020, 19:05

              Welche Eigenschaften hat den Köln als Stadt, dass der Fussball dort wirtschaftlich besonders wichtig sein sollte?

              Ist er nicht wenn überhaupt in eher wirtschaftlich schwächeren und/oder kleineren Städten wichtig. Also z.B. Gelsenkirchen, Dortmund oder Augsburg, Mainz.

              Aber überregional oder gar national ist das echt vernachlässigbar. Ich hatte hier letztens an anderer Stelle schon mal erwähnt. Ich meine das der Jahresumsatz der grössten Sportliga der Welt (NFL) in etwa 10 Tagen Umsatz von Walmart entspräche. So ungefähr auf jeden Fall. Und die Bundesliga ist um einiges finanziell kleiner.

              • Ariane 24. April 2020, 22:05

                Also wenn wir Hoffenheim, Leverkusen, Wolfsburg und Leipzig mal rausrechnen, hat jeder Verein übrigens eine überragende regionale Bedeutung. Sowohl in finanzieller als auch kultureller Hinsicht.

                Da fallen nur die Plastikclubs raus und die brauchen auch keine Extrakohle, um nicht pleite zu gehen, das können die Firmen und Hopp ja selbst regeln. Das gilt aber für Köln, Frankfurt, St. Pauli und die ganzen anderen nicht knallereichen Clubs nun mal nicht.

                Und ne Liga mit Bayern, Dortmund und den Plastikclubs guckt doch eh keiner mehr an, das sind dann ja immer Geisterspiele. Nö sorry, entweder rettet der Staat die auch oder jemand anderes. Aber spielen muss keiner. Gehen schon genug andere Branchen gerade kollektiv pleite, da braucht der Profifußball nun echt nicht rumheulen)

                Wenn die sich nicht gegenseitig retten, guckt das nun mal keiner mehr, dann ist auch die ganze Branche hops. Gucken wir halt alle Handball, die haben schon freiwillig abgebrochen und THW Kiel ist Meister.
                Und ich guck mir auch gerne hier auf der Wiese Baden gegen Etelsen an. Auch nett 🙂

                Systemrelevanter Fußball muss nun mal nicht teuer sein, das ist deren Problem.

                • derwaechter 25. April 2020, 10:01

                  Finanzielle Bedeutung überschätzt man auch lokal oft. Natürlich nicht in den Maße wie überregional. Kulturell ist eine andere Frage.

                  Wirtschaftlich (Umsatz, Beschäftigte etc) sind Fussballvereine wie gesagt nicht so bedeutend. Noch ein konkretes Beispiel. Mainz 05 hat einen Rekordumsatz 2019 von 145 MEU. Damit kämen sie so gerade in die Liste der 2000 grössten Familienunternehmen Deutschlands.

                  Für sehr kleine oder schwache Regionen natürlich trotzdem interessant. Aber vergesse nicht welche Kosten die Vereine auch verursachen. Nicht ohne Grund verklagt das „arme“ Bundesland Bremen die DFL auf Erstattung der enormen Polizeikosten bei Risikospielen.

                  Für den Fremdenverkehr spielt der Fussball vielleicht dort eine Rolle wo sonst kaum Gäste kommen. Aber ansonsten auch nicht so extrem. Am Rosenmontag sind mehr Zuschauer in Köln als in der gesamten Saison ins Stadion gehen. Und die Köln Messe hat mehr als dreimal so viele Besucher im Jahr wie der FC. Nur das erstere wahrscheinlich fast alle von ausserhalb kommen und deutlich mehr geld pro Kopf dalassen als die paar Auswärtsfans die anreisen, gucken und sofort wieder fahren.

                  • Ariane 25. April 2020, 11:32

                    Ja, ich als Fastbremerin weiß das natürlich. Bin ich übrigens auch gegen. Wenn die Polizei keine Großveranstaltungen mehr kostenlos absichert, ist das ein Prima-Präzedenzfall um als nächstes die Massendemo von FfF auch nicht mehr kostenlos abzusichern.

                    Ich finde das mit der Systemrelevant oder notwendiger Bedeutung ist wirklich passend. Und richtig systemrelevant wären gerade die Sportvereine für die Kinder. Und die sind alle verboten.

                    Und ich habe zwar keine eigenen Kinder, aber viele Kinder, die ich sehr gerne hab und die sind gerade alle traurig und einsam. Also sorry, aber solange die nicht wieder kicken oder sonstwas dürfen, keine Extrawurst für die BuLi oder anderen Profisport.
                    Und ja, der touristische Norden geht auch zwangsverordnet gerade kollektiv in die Pleite. Find ich auch nicht schön, aber notwendig.

                    Und @Pietsch:
                    Sky hat seit Jahren finanzielle Schwierigkeiten, deswegen haben sie die Rechte alle verloren. Die haben auch ein völlig veraltetes Geschäftsmodell. Da wird es aber dringend Zeit, dass die Marktmechannismen ihre Arbeit tun.

                    Denn ich großer Fußballfan hab keine Kohle, um mir mittlerweile 4 Abos zu leisten, nur um Bundesliga und internationalen Fußball zu sehen. Ich hab auch kein Sky-Abo, weil zu teuer und zwei Jahre gebunden.
                    Freier Markt!

                    Also bitte, wenn ihr schon nicht von der FDP-Linie lassen könnt, dann macht es mir doch nicht so einfach, euch das gleich wieder um die Ohren zu hauen.
                    Da kommt eh nur noch zurück, dass die Linken böse und gemein sind.

    • Stefan Sasse 24. April 2020, 14:58

      Bei Bundesliga vs. Betreuung sieht man klar wo die Prioritäten liegen. Und sorry, dass Millionen das Problem haben sollte eher ein Grund sein das dringender anzugehen als es schleifen zu lassen.

      • derwaechter 24. April 2020, 15:35

        Da hast du much aber gründlich missverstanden. Ich wollte erklären, warum z.B. Fussball ein sehr medienfreundliches Thema ist, dass aber nicht mit (tatsächlicher oder angenommener) Wichtigkeit gleichgesetzt werden sollte.
        Ausserdem gibt es einen Haufen Sportsjournalisten, den gerade das Thema abhanden gekommen ist, die aber trotzdem was berichten wollen oder müssen. Allein die Dynamik reicht schon aus, um das Thema BL völlig aufzuladen.

        Ich bin nicht annähernd der Meinung, dass Fussball wichtiger ist.

        • Stefan Sasse 24. April 2020, 15:56

          Okay 🙂

        • Ariane 24. April 2020, 22:01

          Jap, ich kenne ja echt viele Fußballfans und alles sehr unterschiedliche Leute (lustigerweise kenne ich die seit Pandemiezeiten eher besser als schlechter, Fußball als Thema ist ja gerade nicht)^^ und die sind alle der Meinung, die Liga dreht am Rad.

          Muss da auch eine Lanze für einige Sportjournalisten brechen, sehr viele von denen schreiben gerade hauptsächlich darüber, wie abgehoben die Fußball-Liga und andere Sportfunktionäre sind. (mit Olympia und Tour de France und anderen Dingen läuft ja gerade das gleiche Theater ab) Heute gelesen, dass jetzt Ballett(!!) schon sagt, wenn die Fußballer dürfen, dann wir auch.
          Ballett!! Das ist für mich ja eher sportliche Kultur als äh Sport 😀

  • Ariane 24. April 2020, 14:06

    Öhm, ich hoffe, es ist ok, wenn ich meine Ergänzungen thematisch sortiere^^

    1) Links/Rechts/Corona
    Ich muss sagen, das Positive an der aktuellen Situation ist für mich, dass es auch meinen eigenen politischen Erkenntnisprozess total geboostet hat. (Das Buch von Kübra auch^^)
    Einfach, weil sämtliche Entwicklungen auch nochmal extrem beschleunigt oder einfach bewusster geworden sind.

    Und ich denke, Linke Parteien gewinnen nur, wenn ein gewisser Veränderungsdruck in die „richtige“ Richtung vorhanden ist (sprich: den normalen Menschen also der Mehrheit zugute kommen würde). Das gibt es sowieso eher selten, wer mag schon Veränderungen? Und in Krisen natürlich quasi gar nicht mehr. So wie jetzt. Alle wollen erstmal den Status Quo wiederhaben, bevor man an Veränderungen geht. Ich ja auch, meine politischen Träume hab ich auch auf „nach Pandemie verschoben“.

    Deswegen finde ich es absolut besorgniserregend, dass ja schon seit Längerem der große Veränderungsdruck von der rechten Seite ausgeht. Das geht nie gut. Oder weiß irgendjemand Schlaues etwas von einer rechten Revolution, die irgendetwas Positives bewirkt hat? Und zwar nicht wie nach dem 2. WK als jedem aufgefallen ist, dass Rechtsrevolutionen mal echt gar keine gute Idee sind.
    Revolutionen führen ja eh meistens (oder sogar immer) zu Chaos und Verderben, aber zumindest schreiben die vorher noch sowas wie die allgemeine Erklärung der Menschenrechte auf, bevor sie vollends ins Verderben laufen. Also hinterlassen sie noch was Großartiges für die Nachwelt, gilt ja auch für die meisten Verfassungen.
    Und ich bin echt keine Revolutionärin, hab überhaupt keine Lust darauf, so etwas auch noch in der Praxis ausprobieren zu müssen. Pandemie reicht, danke.

    Und ja. Worte sind wichtig. Und ich hasse alleine schon diese rhetorische Grausamkeit. Ich empfinde das einfach als abstoßend, völlig egal, ob das von links oder rechts kommt. Aber bei den Rechten ist sie gerade viel häufiger direkt gegen Menschen gerichtet und dafür gibt es für mich absolut keine Entschuldigung. Auch wenn es nur Worte sind, ich finde der Unterschied zu tatsächlicher Grausamkeit gegen Menschen ist fast winzig.

    Nervt mich bei Linken auch. Ja, ein Flaschenwurf oder eine abgefackelte Mülltonne sind nicht so schlimm. Aber es ist Zerstörung.
    Und das hat für mich absolut nichts mehr mit Politik zu tun. Nicht mit meinem Verständnis von der Welt und der Politik. Ich will Aufbau und nicht Zerstörung.
    Und auch nur mit Leuten politisch in einem Boot sitzen, die diese konstruktive Aufbau-Variante teilen. Das dürfen dann auch gerne Liberale oder Konservative sein.
    Aber wer einfach nur meckern will oder sogar etwas zerstören, hat meiner Meinung nach in der Politik und in politischen Debatten wenig zu suchen.
    Ich finde es auch ziemlich langweilig ehrlich gesagt, ich diskutier hier und anderswo ja wirklich gerne, aber doch nicht über Dinge, die ich kaputt machen will? Hab ja doch noch anderes zu tun, da wasch ich lieber Wäsche und bin doch wieder langweilig konstruktiv^^

    2) Familie/Vereinbarkeit
    Ich muss sagen, dass ich schon länger die Vermutung habe, dass Vater-werden in der heutigen Zeit der größte Modernisierungs-Boost für Männer ist. Gilt für Frauen ja auch. Ich ohne eigene Kinder hab die völlige Freiheit kein Klischeedasein zu leben. Das ist mit eigenen Kindern nun mal nicht mehr möglich. Für Frauen schon alleine biologisch nicht, weil sie ja schwanger werden und stillen.

    Und da es mittlerweile ja völlig normal ist, dass Väter und Mütter ihre Kinder gleichermaßen lieben und sich um sie kümmern wollen, scheitern viele dann eher an den gesellschaftlichen Umständen als am Willen. Weil das kann man dann nicht mehr alleine entscheiden und regeln, das geht nicht ohne Änderungen im Arbeitsleben und der Gesellschaft.

    A propos Arbeitsleben: Es steht ja völlig außer Frage, dass Kinder und vor allem kleine Kinder mit effizienter Wirtschaft (oder generell Effizienz) nicht gut zusammenpassen. Behörden und öffentlicher Dienst haben da für Arbeitnehmer den Vorteil, dass sie nicht machen können, was sie wollen, sondern sich an die geltenden Regeln halten müssen.

    Kleine Betriebe und vor allem solche, bei denen es Fachkräftemangel gibt, funktionieren da auch. Da ist die Grenze zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht so streng und die müssen einfach was bieten, damit sie gute Leute finden, die für sie arbeiten.

    Das große Problem sind die ganzen anderen Betriebe, die denken, Menschen wachsen auf Bäumen und die meinen, es geht nur um finanzielle Optimierung. Dafür braucht man aber nun mal auch gute Leute und die wollen auch noch anderes tun als arbeiten. Deswegen bin ich übrigens auch absolut gegen freiwillige Lösungen. Familien sind einfach nicht mit finanzieller Effizienz zu vereinbaren. Das ist keine Wissenschaft, sondern einfache Logik.

    • CitizenK 24. April 2020, 14:48

      Immerhin: Wer Kinder betreut, hat Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz:
      https://www.dgb.de/themen/++co++18c1da2a-69d0-11ea-ad58-52540088cada

      Gut, dass es Gewerkschaften gibt. Und ihre Vertreter im Parlament.

      • Stefan Pietsch 24. April 2020, 14:54

        Ja, Wahnsinn! Bin ich dankbar dafür!

        Nur mal so nebenbei: die Entschädigung beläuft sich in Höhe des Arbeitslosen- / Kurzarbeitergeldes. Das sind 67%. Aber, wow, super, dass wir Gewerkschaften haben! Die rocken was!

        In der Realität, also da, wo sich viele Nicht-Linke bewegen, hat das eher geringe Bedeutung oder stürzt die Leute trotzdem in Not.

        Vielen Dank Ihr lieben Gewerkschaften!

        • Stefan Sasse 24. April 2020, 15:02

          In den USA haben mittlerweile über 30 Millionen Menschen ihren Job komplett verloren. Ich nehme unsere Gewerkschaften jeden Tag über das Schweinesystem von denen.

          • Stefan Pietsch 24. April 2020, 15:20

            Auch hier kann keine Gewerkschaft Entlassungen verhindern. Das gibt das Arbeitsrecht nicht her.

            Allerdings: wer in den USA seinen Job verliert, wird nach der Krise schnell wieder eine Anschlussbeschäftigung finden. In Europa geht das nicht so schnell. Frag‘ nach bei den Franzosen, Spaniern, Italienern, Griechen, Portugiesen…. Ich hör‘ hier mal auf. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Nur Gewerkschaften, da muss ich echt lange überlegen.

            • Ariane 24. April 2020, 22:13

              Da ich ja sonst gerne auf Katastrophen vorbereitet bin, habe ich mich da auch schlau gemacht (auf Pandemie war ich nun wirklich nicht vorbereitet^^) und der Infektionsschutz übernimmt auch den Lohn, wenn man in echte Quarantäne kommt oder ein ganzer Betrieb vom Gesundheitsamt zwei Wochen lahmgelegt wird.

              Find ich gut! Und mir ziemlich egal, ob wir das Gewerkschaften oder linken Parteien zu verdanken haben.
              Ich schätze mal, die FDP hat das eher nicht erfunden.

              A propos: Weil wir so nette Parteien (außerhalb der FDP) haben und Kurzarbeitergeld und Staatshilfen für Betriebe, werden hier auch viel weniger arbeitslos als in den USA oder anderen Ländern.

              Gewerkschaften und soziale Parteien sind gerade echt cool in Pandemiezeiten.
              Die FDP würde vermutlich selbst jetzt noch gegen diese Erfindungen Reden halten.

              Und guck dir mal Dänemark an! Was für ein toller Staat das ist. Die haben sehr starke (und irgendwie komische) Gewerkschaften! Und wenn ich mal kurz angeben darf, meine Tante gehört da irgendwie mit rein. 🙂 Auch wenn ich leider nie kapiert hab, wie das da jetzt funktioniert^^

              • Stefan Pietsch 24. April 2020, 23:10

                Bleibst halt typisch links. So wie CitizenK. Ihr glaubt, ein bisschen nett reden und Menschen Almosen rüberschicken, natürlich aus Steuermitteln ohne eigenes Risiko, macht Euch zu besseren Menschen und hilft Benachteiligen. Das ist das, was ich immer als so naiv bezeichne. Selbstbefriedigung für das eigene Gewissen.

                Wirklich hilfreich ist das zwar nicht, aber darauf kam es Linken ja noch nie an. Stell Dir vor Du hättest eine Kollegin mit zwei kleinen Kindern. Alleinerziehend. Vielleicht ist eins sogar behindert. Weil sie eingeschränkt ist, muss sie mit einem Teilzeitjob über die Runden kommen, bekommt sagen wir 1.100€ brutto im Monat. Die wird jetzt super glücklich sein, wenn sie statt zu arbeiten sich freistellen lässt und 67% bekommt. Und wird den Gewerkschaften unheimlich dankbar sein. So wie Ihr.

                Herrlich! Aber wie gesagt: um echte Hilfe geht es Euch ja nicht, sondern Befriedigung Eures Seelenheils. Da geh‘ ich doch lieber in die Kirche. Wenn ich es denn könnte.

                • Ariane 25. April 2020, 00:09

                  Ich muss doch sehr bitten. Ich fände es wirklich schön, wenn du weder mich noch Linke generell beleidigst, wenn dir kein passendes Argument mehr einfällt.

                  Nein, Linke sind natürlich keine Engel. Aber ich zumindest nehme Solidarität ernst und das hab ich übrigens hauptsächlich von meiner vielzitierten Omi gelernt. Und das fordert mich gerade, aber es kommt mir auch echt zugute, weil selbst Nichtlinke mir gerade auch viel unter die Arme greifen.
                  Ich sags ja, Solidarität funktioniert sehr gut in beide Richtungen, das passt nur nicht zur FDP-Mentalität vom Individualismus und Eigenverantwortung.

                  Und wer verhindert denn bitte sozialere Gesetze? Ich fürchte, das sind eher die CDU und die FDP. Also ich bitte doch darum, die geschlossene Kirche im Dorf zu lassen 😉
                  Ich bin doch nicht Königin von Deutschland. Dann gäbe es natürlich vollen Lohnausgleich (wie in Dänemark für jeden Einzelnen!)

                  • Stefan Pietsch 25. April 2020, 10:13

                    Aber ich zumindest nehme Solidarität ernst

                    Wie kommst du zu dieser unglaublichen Arroganz, andere würden das nicht tun?!

                    • Ariane 25. April 2020, 11:45

                      Ich glaube durchaus, dass andere das tun. Ich halte dich persönlich ja auch für verantwortungsvoll.

                      Aber immer, wenn dir kein gutes Argument mehr einfällt lieber Herr Pietsch, wechselst du einfach das Thema und machst dich über Linke, mich oder die Schlechtigkeit der Welt lustig.

                      Daher Konter: Wie kommst du zu der Arroganz meine Solidarität als Scheinheiligkeit zu bezeichnen? Kannst du das beantworten, ohne irgendeine Beleidigung an Linke, böse Frauen oder sonstwas?

                    • Stefan Pietsch 25. April 2020, 12:28

                      Ich glaube durchaus, dass andere das tun.

                      Ich denke nicht, dass es den gibt. CitizenK empfindet es ja bereits als zynisch, wenn darauf hingewiesen wird, dass solche Lohnersatzleistungen gerade Geringverdienern nicht helfen. Neben ihm empfinden sich viele Linke ja schon deswegen als besonders sozial, weil sie eben eine linke Partei wählen. Blöder geht es einfach nicht und diese moralische Monstranz gibt es so nur auf der Linken. Das hat man sich irgendwann dort angewöhnt. Viele Menschen finden ein solches Gehabe wie ich auch nur abstoßend. Kein Wunder, dass alles Linke gerade in den Umfragen den Bach runtergeht. Wenn’s drauf ankommt, verlassen sich die Menschen lieber aufs Solide.

                      Und bevor ich mir einen Konter einfange: Just in dieser Zeit mit erkennbarer Opposition zur Regierung (Du würdest sagen: wegen seinem unverantwortlichen Verhalten) gewinnt der FDP-Chef Christian Lindner an Zustimmung. Im ZDF-Politbarometer notierte Lindner zwar noch auf dem letzten Platz, aber mit deutlichen Zugewinnen (von -0.4 auf +0.1). Vielleicht rollen die Liberalen in der Krise das Feld von hinten auf?

                    • Stefan Sasse 25. April 2020, 13:37

                      Vielleicht. Wir werden sehen.

                    • Ariane 25. April 2020, 18:53

                      Hihi:

                      Vielleicht rollen die Liberalen in der Krise das Feld von hinten auf?

                      Oje, das wären keine schönen Zeiten hier in den Kommentaren, dann muss ich ja noch lauter für Giffey, Merkel, oder die Grünen trommeln.
                      Jetzt will ich nur Merz und Scholz verhindern, die Aussichten sind schon schlimm genug! 😀

                    • Stefan Pietsch 25. April 2020, 19:17

                      Ich weiß nicht, wann Linke aufgehört haben, für eine gerechtere Welt zu kämpfen. CitizenK z.B. sitzt wie in der Muppet-Show Waldorf und Statler auf der Empore und verteilt Haltungsnoten. Liberale sind schlechte Menschen, weil sie nicht wie Linke Sozialtransfers fordern, die andere umsetzen sollen und wiederum andere bezahlen müssen und wo es egal ist, ob sie ihr Ziel erreichen.

                      Leute wie CitizenK sind Menschen, die ohne persönliches Risiko und (finanziellen) Einsatz Dinge fordern, die ihnen gefallen und dann sich Beifall heischend umsehen und Leute anpampen, die nicht applaudieren, aber stattdessen unter eigenem persönlichen Einsatz und Risiko handeln. Damit hat CitizenK das Vorbild vor der Nase: Dietmar Hopp redet gewöhnlich nicht über seine sozialen Engagements, sondern handelt. Wäre es nach Leuten wie CitizenK gegangen, hätte es gereicht, wenn ein Oskar Schindler leise das Leid von Juden beklagt hätte und nachher wären halt die Leichen eingesammelt worden.

                      Ich weiß nicht, ob solche Menschen tatsächlich gut und sozial sind. Aber sie gefallen sich darin. Mir nicht. Und wenn ich die Bibel richtig interpretiere – und schon als Kind hat mir die Geschichte von den Heuchlern gefallen, weshalb ich sie jetzt ausgegraben habe – hätte Jesus das Verhalten der meisten Linken auch nicht goutiert. Kein Wunder, dass viele Linke dann doch lieber Atheisten sind.

                • CitizenK 25. April 2020, 08:45

                  „Selbstbefriedigung für das eigene Gewissen“?

                  Zynismus pur.

                  „Jemand gibt einem Obdachlosen Geld? Bestimmt, um sein Gewissen zu beruhigen“

                  Ihr negatives Menschenbild hat zur Folge, dass uneigennütziges Verhalten trotzdem egoistisch sein muss.

                  Bei Experimenten mit Studenten fand Robert Frank:
                  Je länger sie Ökonomie studiert hatten, desto egoistischer waren sie geworden: „Wir werden zu dem, was wir lehren“.

                  (Rutger Bergman: Im Grunde gut, S. 29)

                  Dass Linke – wie nach Bergmans Rechercen die meisten Menschen „Im Grund gut“ sein könnten, darf nach liberalem Glauben nicht sein. In der Kirche hilft Weihrauch bei kognitiven Dissonanzen, hier eher nicht.

                  • Stefan Sasse 25. April 2020, 09:16

                    Es ist ein typisches Ding, anderen vorzuwerfen, genauso schlecht zu sein wie man selbst, um das eigene Gewissen zu beruhigen.

                  • Stefan Pietsch 25. April 2020, 10:11

                    Haben Sie mit typischen Anspruchsberechtigten gesprochen, die nicht gerade 4.000 Euro verdienen? Ich schon, das ist wahrscheinlich der Unterschied zwischen uns. Der Dialog war so: „Aber dann stürzen Sie auf 67%.“ „Ja, aber was soll ich sonst machen?“ Das hilft so wenig wie das Almosen für den Bettler. Es gibt nur dem edlen Spender ein gutes Gefühl. Warum sonst könnten wir uns bezogen auf das BIP mit den höchsten Sozialetat leisten und klagen dennoch permanent, es wäre zu wenig – soziale Ungerechtigkeit oder wie das Ding heißt.

                    Wir helfen offensichtlich den Bedürftigen nicht. Warum machen wir es dann? Wie gesagt: Selbstbefriedigung des Gewissens. Das brauchen Linke anscheinend mehr als andere.

                    • Ariane 25. April 2020, 11:53

                      Nein, du hast dich merkwürdigerweise beschwert, dass es keinen vollen Lohnausgleich gibt, sondern nur 67%.

                      Ich sag mal, das ist eine ungewöhnliche Beschwerde aus deiner Richtung. Und nebenbei hast du die USA für ihre Sozialgesetze gelobt.

                      Was denn nun?

                    • Ariane 25. April 2020, 11:55

                      Genau Pietschi.

                      Die Linken helfen irgendwelchen Obdachlosen oder sonstwem als Ersatz für Masturbation.

                      Ähem? Möchtest du das genauer ausführen oder soll ich direkt bei Dr. Freud nachschlagen für die nächste Runde?

                    • Stefan Pietsch 25. April 2020, 12:37

                      Nein, du hast dich merkwürdigerweise beschwert, (..).

                      Nein, nein, nein. Typisch linkes Denken. Der Staat kann nicht ausgleichen, was auf der privaten Seite wegfällt. Das ist unmöglich. Das fällt in die Kategorie, was ich immer so heftig kritisiere: der Staat kann nicht alles regeln. Damit verhebt er sich und erledigt nichts mehr richtig.

                      Wenn ich Mitarbeiter in die Kurzarbeit schicke, weiß ich, was ich ihnen damit antue. CitizenK lobt es noch als tolle Leistung, dass seine Partei so ein Instrument ausgeweitet hat. Wer so argumentiert, weiß nicht, was es tatsächlich für die Menschen bedeutet.

                      Und genauso findet CititzenK es ganz toll, wenn eine Alleinerziehende, die jetzt schon kaum genug zum Leben hat, auf vielleicht 700€ fällt. Super gemacht! Wir können alle stolz sein!

                      Ich habe die USA nicht ob ihrer Liberalität gelobt, ich habe festgestellt und das noch als Erwiderung. Wer heute darauf verweist, dass in den Vereinigten Staaten Menschen in Rekordgeschwindigkeit in die Arbeitslosigkeit fallen, sollte eben auch die andere Seite der Medaille erwähnen, dass sie nämlich auch in Rekordgeschwindigkeit wieder da raus kommen.

                    • Stefan Pietsch 25. April 2020, 13:06

                      Die Linken helfen irgendwelchen Obdachlosen oder sonstwem als Ersatz für Masturbation.

                      Jupp. Schon Jesus wusste:
                      Vom Almosengeben
                      1 Habt acht, daß ihr eure Almosen nicht vor den Leuten gebt, um von ihnen gesehen zu werden; sonst habt ihr keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel. 2 Wenn du nun Almosen gibst, sollst du nicht vor dir her posaunen lassen, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Gassen tun, um von den Leuten gepriesen zu werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon empfangen. 3 Wenn du aber Almosen gibst, so soll deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut, 4 damit dein Almosen im Verborgenen ist. Und dein Vater, der ins Verborgene sieht, er wird es dir öffentlich vergelten.
                      Aus der Bergpredigt

                      Jetzt weißt Du, wie ich ungefähr Linke sehe, die herausposaunen, wie sozial sie doch eingestellt wären, weil sie dies und das fordern und andere verächtlich machen.

                      Wie Jesus schon sagte: Heuchler.

                    • Ariane 25. April 2020, 18:59

                      Ja Pietschi, aber du meinst auch eine protestantische Linke entzündet gerne Fegefeuer, spielt Inquisition und tanzt aus Bösartigkeit oder Schadenfreude drumherum wie so die Hexen, die ja eigentlich auf dem Scheiterhaufen stehen.

                      Also ich sag mal deine biblischen Vergleiche mit Linken (die übrigens höchstselten bibeltreue Katholiken!) sind, wären mit eher schräg noch sehr höflich umschrieben.

                      Und ich bin ja eine Frau. Man hat mich schon Hexe genannt! Also ich bin entweder AUF dem Scheiterhaufen oder tanze drumherum und äh verfluche jemanden.
                      Also bitte nicht auch noch biblische Paradoxien spinnen!

                      Und Freud sagte etwas über Männer, die irgendwann immer sexuelles ansprechen müssen. Aber ich bin ja nicht hochstudiert, das wissen andere besser 😉

                  • Ariane 25. April 2020, 11:51

                    Jep. Danke. Das klingt auch viel klüger und philosophischer als meine Antwort gerade. 🙂

                    Und Solidarität funktioniert zwar in beide Richtungen, aber es ist kein quid pro quo. Sonst wäre es keine Solidarität.
                    Ich profitiere ja auch davon, wenn mir jemand hilft, ohne Gegenleistung zu erwarten. Das passiert aber eher, wenn man selbst übrigens auch keine Gegenleistung erwartet.

                    Das ist was anderes als der finanzielle Handel mit Geld oder Konsumgütern. Und da wir wenig Kohle haben und so ein halbes Häuschen wäre ich sehr froh, wenn bei solchen Dingen dann mir wieder Solidarität widerfährt. Schleppen und renovieren ist nicht meine Stärke 😀

        • CitizenK 24. April 2020, 21:24

          Den Blick etwas heben – dann reicht er über den Tellerrand hinaus.

    • Stefan Sasse 24. April 2020, 15:00

      1) Als Ergänzung: die besten Zeiten für Linke sind Wohlstandszeiten. Da riskieren mehr Leute den Wandel bzw. sehen ihn als „realistisch“.
      2) Jepp.

      • Ariane 24. April 2020, 22:34

        1) Ja, hm. Stimmt natürlich.
        Aber^^ ich muss sagen, ich zweifle das langsam an. Wenn ich überlege, wieviele normal konservative (also nicht extremistische) Publizisten und Politiker in den letzten zwei Jahren einfach immer weiter gemacht haben und plötzlich mit den Rechtsextremen wie Höcke in einem Boot sitzen, finde ich das sehr bedenklich. Ich glaub auch nicht, dass Gauland vor fünf Jahren so krasse Ansichten hatte wie heute. Oder Erika Steinbach ist ja auch nochmal eine Stufe extremer als früher.

        Und das sind alles Leute, die genug Wohlstand haben und völlig sorgenfrei ihre Rente in ihrer Gartenlaube genießen könnte. Stattdessen reden sie alle wirklich furchterregende Sachen oder schreiben das Internet voll.

        Die Einzelfälle sind ja mittlerweile auch schon zuviele zum Zählen.
        Und das besorgt mich und lässt mich auch total ratlos zurück. Wie gesagt, denen gehts gut, die könnten nur noch umherreisen und urlauben, stattdessen gibts da haufenweise Sprachrohre für Rechtsextremisten. Selbst der Augstein wandelt gerade auf den Pfaden und parliert mit Fleischhauer beim Focus. Ich halte das nicht für ausgeschlossen, dass der in einem Monat der neue „Steingart“ oder so ist.

        Ist das nun auch verantwortungslose Wohlstandsverwahrlosung oder wie nennen wir so ein Phänomen? Ich hab keine Ahnung.

        • Ariane 24. April 2020, 22:39

          Die Seiten vertauschen sich gerade total (jetzt mal abseits von Pandemiechaos)

          Ich meine, wir merken das auch hier in den Kommentaren, ich bin ständig in der konservativen „Status Quo“-Verteidigung – sowohl gegen Pietsch, Erwin und R.A. als auch gegen Rauschi und Popper.

          Also sorry konservative Jungs, aber Revolution und Veränderung ist eigentlich mein Ding als Linke. Ich finds echt nicht schön, wenn ich erstmal gegen die Revolution kämpfen muss. Ich würde gerne meine eigenen linken Ideale und Träume verfolgen.

          Also wenns von rechts kommt, ist das meiner Meinung nach ne Konterrevolution. Die Union ist ja schein seit Ewigkeiten an der Macht. Die soll bitteschön von links abgelöst werden und von niemanden, der noch weiter rechts steht.
          Giffey for Kanzlerin, zur Not als Juniorpartnerin von Habeck/Baerbock 🙂

        • Stefan Sasse 24. April 2020, 23:36

          Ich hab keine Ahnung. Da müssten Soziologen ran.

          • Ariane 25. April 2020, 00:01

            Oah nee, ich hasse diese Sprache, viel zu philosophisch^^
            Aber so im Prinzip würdest du zustimmen oder vergaloppiere ich mich da in meinen laienhaften Theorien?

            Ich meine, hm also in Großbritannien oder in den USA scheint es ja ähnlich abgelaufen zu sein. Oder so. Da kennst du dich besser aus. Ungewöhnlich ist es wohl auf jeden Fall.

            • Stefan Sasse 25. April 2020, 09:12

              Den Prozess in den USA hab ich ja in einer großen Artikelserie beschrieben.
              Und in Großbritannien ist es ähnlich. Eine rechtsgerichtete Boulevardpresse (Murdoch) schafft eine Parallelwelt für ein großes Teilsegment der WählerInnen, das es zunehmend attraktiv macht, dort politisch zu grasen. Und dadurch radikalisiert sich auch die Partei entsprechend. Nur halt bei weitem nicht so krass wie in den USA.

              • Ariane 25. April 2020, 12:06

                Danke.
                Ja, seh ich ja auch so. Und ich finde schon, dass wir in den Anfängen der deutschen Variante stecken.
                Deswegen hab ich das mit der netten, höflichen Linken auch erstmal ad acta gelegt.

                Dann beweisen wir eben, dass man radikal und geduldig sein kann, ohne grausame Rhetorik zu benutzen. Ist mir echt zu blöd gerade, immer doppelt (Frau und Linke) unter Druck zu stehen, so lieb und nett zu sein.

                Da drohe ich lieber mit radikalfeministischen Monologen oder einer Artikelserie über fragile Männlichkeit. Das wollen zumindest konservativ-liberale Männer weder hören noch lesen.
                Bei meinem Mann wirkt das jedenfalls immer, wenn er einen schlechten Macho-Witz reißt, der mehr erfordert als einen Feministen-Witz 🙂

    • Erwin Gabriel 24. April 2020, 17:49

      @ Ariane 24. April 2020, 14:06

      Oder weiß irgendjemand Schlaues etwas von einer rechten Revolution, die irgendetwas Positives bewirkt hat?

      Ja. Jelzin. Oder „wir sind das Volk“. Oder sind Dir die zu „Mittig“?

      • Ariane 24. April 2020, 22:22

        Ist die Frage, ob die Revolution Jelzins wirklich nötig war oder ob es ohne ihn nicht vielleicht demokratischer und/oder besser gelaufen wäre.

        Und ich hoffe, doch sehr, dass du mit „wir sind das Volk“ die DDR meinst und niemand anderen, der den Satz so gerne ruft^^
        Und nein, die DDR-Revolution würde ich nun absolut nicht als rechte Revolution ansehen. Es war eine Revolution der Unterdrückten also eher links oder meinetwegen sowas wie links-national.
        Würde ich eher so schwammig einordnen wie zb die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung oder auch die Seperatisten in Spanien, Frankreich und Großbritannien. Die sind mal links und mal rechts, weil da Nationalismus eine Rolle spielt.

        Sassestefan: wie würdest du die DDR-Revolution einordnen? Oder auch die anderen? Ist eigentlich ne ganz spannende Frage. Gerade weil das ganze Land danach ja weg war und in der BRD aufgegangen ist.
        Kommt ja eher selten vor, wüsste spontan jetzt auch nur Revolutionen, bei denen ein neues Land entsteht und nicht einfach das ganze Land „verschwindet“ Gibt es da historische Vergleichbarkeiten oder ist das einzigartig?

        • Stefan Sasse 24. April 2020, 23:35

          Ich würde die nicht als rechte Revolutionen sehen, nein. Da ordne ich dann schon eher so was wie den Putsch gegen Allende ein oder so die Contras in Nicaragua und so was.
          Die DDR-Revolution war bis zum 9. November sicher eher links, weil die meisten Bürgerrechtsgruppen die DDR als sozialistischen Staat erhalten wollen. Die folgende Wiedervereinigung (die dann ja auch schnell die erdrückende Mehrheit der Bürger in der DDR gewann) war es dezifidert nicht, aber als rechts würde ich die auch nicht qualifizieren.
          Die DDR war ja nie wirklich ein Land. Wir Breschnew Honecker ins Gesicht sagte: „Ohne uns gäbe es keine DDR.“ Das Land existierte nur von der Gnade sowjetischer Bajonette, und als die wegfielen, existierte der Staat keine drei Monate mehr.

          • Ariane 24. April 2020, 23:48

            Danke!

            Muss auch sagen, richtige rechte Revolutionen fallen mir wirklich nur Negativbeispiele ein. Entweder Leute, die eh schon an der Macht sind (Hitler oder aktuell Trump (das ist kein Vergleich btw) oder Konterrevolutionen und die enden oft mit Militärputschen.

            Seperatismus würde ich eher in eine eigene Kategorie packen, eben ähnlich wie bei der DDR. Die sind häufig eher links, aber mit starkem nationalistischem Anteil. Der hat dann eben auch zur Wiedervereinigung geführt als zur Entstehung eines richtigen, ganz neuen Staates (wäre ja auch möglich gewesen). Wollte die Mehrheit aber nicht. Schätze deswegen ist es auch eine der friedlichsten Revolutionen der Weltgeschichte.

            Hm. Ähm. Was ist denn mit der Türkei und Atatürk? Da weiß ich leider nicht allzuviel, ich meine es war durchaus ein Militärputsch, aber eher eine Art linker Putsch? Vielleicht ähnlich wie Spanien damals? Da kenn ich mich leider nicht so gut aus.

            • Stefan Sasse 25. April 2020, 09:08

              Atatürk war ein beinharter Nationalist, das ist jetzt nicht eben nah an der linken Kernideologie ^^ Aber er hatte mit dem Laizismus auch eine eher linke Idee im Angebot. Es ist das übliche Problem mit der Links-Rechts-Dichtotomie, sie ist nicht sonderlich aussagekräftig.

              Davon abgesehen: viele Revolutionen enden nicht besonders geil, ob „rechts“ oder „links“.

              • Ariane 25. April 2020, 12:13

                Danke, bei Atatürk hab ich nur noch sehr sehr grobes Allgemeinwissen.

                Ja, Revolutionen sind immer Chaos und Verderben.
                Aber ich liebe die pathetische Sprache der französischen Revolutionserklärung und auch der amerikanischen.

                Und früher oder auch in etlichen undemokratischen Ländern heutzutage gibt es keinen wirklich anderen gangbaren Weg für Veränderungen. Deswegen bin ich so eine gute Demokratin, da ist die Feder wirklich die schärfere Waffe als das Schwert 🙂
                Und das funktioniert nur mit Meinungsfreiheit und ähm nicht zu netten Linken, die sich nicht gegen Nazibegriffe wehren. (Herrje, der Merkel-Film hat mich jetzt erst recht doppelt radikalisiert).
                Aber: ich hatte wirklich durch Pandemie wirklich verdrängt, wie sehr mich v.a. Hanau erschüttert hat. Ich sag ja, Selbstreflektion ist nicht unwichtig.

                • Stefan Sasse 25. April 2020, 13:36

                  Ich mag die auch. Nur schau wie die französische Revolution weiterging. Und die Amerikaner haben das Wrack ihrer ersten Revolution auch nur knapp retten können – unter anderem durch Kompromisse und eine fette Ladung Hinterzimmerdeals.

                  • Ariane 25. April 2020, 19:09

                    Und Lincoln, der den Bürgerkrieg (politisch klug) zum Kampf um Freiheit und Demokratie gemacht hat. 🙂

                    Ja, ich sitze lieber und lese die Hinterlassenschaften anstatt selber Revolution zu spielen. Und ehrlich gesagt außer die deutschen Revolutionen fallen mir auch keine ein, die (im Vergleich) sowenig Todesopfer gefordert haben. Gilt für 1917/18 und 1848 auch.

                    Also ähm. Zumindest in Deutschland sind die Linken immer sehr friedlich und lassen sich einfach umbringen. Also Revolutionen sind einfach nie geeignet für irgendein Vorbild. (nein, die RAF ist einfach eine Terroristengruppe)
                    Außer wie man schöne Verfassungen schreibt, aber ich mag die deutsche auch.

                    Hm: Also in Deutschland sollten wirklich alle die Finger von Revolution lassen. Führt noch mehr zu Tod und Verderben als andere Revolutionen.

                    • Stefan Sasse 25. April 2020, 19:37

                      Guter Punkt mit Lincoln.

                      Sonst bei dir.

                    • Ariane 27. April 2020, 01:47

                      Als Popkulturjunkie und Fangirl von Freiheitskämpfern ist Lincoln noch eines der besten Vorbilder (und wurde natürlich erschossen).

    • Marc 24. April 2020, 23:32

      Ich will Aufbau und nicht Zerstörung.

      Exakt deshalb bin ich gegen Krieg und die meisten Militäreinsätze [Ausnahmen bestimmen die Regel, aber aktuell sie ich nur Regelkonformes].

      • Ariane 24. April 2020, 23:53

        Klar, die Meinung ist ja völlig legitim. Solange mir nicht ständig unterstellt wird, ich hätte einen Stahlhelm und will morgen irgendwo einmarschieren.

        Ich bin nur keine Pazifistin und halte militärische Einsätze für Humanität durchaus für gerechtfertigt. Ich sag nur Ruanda. Das hätten wir mit Militär verhindern können und ich finde, daran sind wir Westler genauso schuldig wie für erfolgte Einsätze und dadurch zivile Opfer. Nichthandeln hat leider ebenso Konsequenzen wie Handeln :/

        Ohne das zwingend das Eine oder das Andere richtig ist. Das weiß ich auch nicht.

        • Marc 25. April 2020, 10:16

          Ich bin aufgrund der zahlreichen Beispiele zur Überzeugung gelangt, das das Interesse an welchen Interventionen die Verstetigung ist. Man marschiert in Ruanda aus „humanitären“ Gründen ein und dann dauert es und dauert es, … Das hilft nicht den Menschen, nur der Rüstungsindustrie.

          • Ariane 25. April 2020, 12:19

            Ja, da stimme ich dir absolut zu. Weiß ich auch ganz ehrlich keine Lösung dafür.

            Nur ich finde eben, dass Nichthandeln auch nicht wirklich gut ist. Jedes Mal, wenn ich mich näher mit Syrien beschäftige, wo immer noch Menschen leben und wo kein Stein mehr auf dem anderen ist, frage ich mich, ob Obamas rote Linie nicht zumindest eine bessere Lage gebracht hätte. Wie zb in Libyen. Da herrscht auch kein Frieden und die Warlords bekämpfen sich bis aufs Blut. Aber so schlimm wie in Syrien ist es auch wieder nicht. (ja ich weiß, das sind auch unterschiedliche Länder).
            Und jetzt ist das kleine Zeitfenster für einen Einsatz eh zu. Ob da noch mehr ausländische Soldaten oder Bomben mit rumfliegen, macht eh keinen Unterschied mehr, sondern destabilisiert nur die globale Lage.

            Und wir wissen nun mal nicht, wie es anders gelaufen wäre. Leider. Ich bin keine Freundin solcher Unsicherheiten. Von Gar nichts machen dummerweise auch nicht. Hmpf.

  • Erwin Gabriel 24. April 2020, 17:37

    2) Is Trump dangerously strong or perilously weak?

    Eine saubere Analyse. Dass Worte wichtig sind ist eine Erkenntnis, die sich weder bei den Relativierern und Normalisierern in den USA durchgesetzt hat noch hierzulande. Der rechte Rand der CDU und die AfD operieren ja in derselben Dynamik.

    Zustimmung

    3) Der Stoff, aus dem Gewaltfantasien sind

    Deswegen wehre ich mich auch immer so dagegen, die spezifischen Sprachcodes dieser Gruppierungen zu übernehmen. Selbst wenn man sie selbst unschuldig benutzt und ohne die Ziele der Extremisten zu teilen, normalisiert man damit deren Sprache. Die einzige Möglichkeit, wie man diese gefährliche Spirale verhindern kann, ist die konsequente Abgrenzung.

    Diesen Standpunkt habe ich grundsätzlich verstanden und respektiere ihn, finde aber, dass man das man nicht automatisch ausgrenzen muss, wenn ein Begriff fällt, der von vielen (eben auch von der AfD) benutzt wird.

    Aber ich möchte Dich an der Stelle bitten, nicht nur nach rechts zu schauen. Der genauso unsinnig wie inflationär gebrauchte Vorwurf, andere zu hassen, oder Bezeichnungen wie „parasitäre Milieus“ für den politischen Gegner gibt es auch von links. Wenn es gegen rechts geht, schimpft keiner (keiner aus der Mitte), und sei die Sprache noch so abfällig.

    4) Tweet

    Ich lasse das vor allem deswegen noch mal hier, weil wir vor einem Jahr noch hitzig darüber debattiert haben, ob nun der Rechts- oder der Linksextremismus in Deutschland das größere Problem darstellt. Vor einem Jahr wurde hier im Blog auch noch äußerst erbittert und kontrovers darüber gestritten, ob eine Figur wie Hans-Georg Maaßen nun a) falsch liegt und b) absichtlich falsch liegt, weil selbst extremistisch. Ich hoffe, das hat sich mittlerweile beides geklärt.

    Ich finde auch jetzt noch die Reaktion eines Hans-Georg Maaßen zu Chemnitz maßvoll, im Vergleich zur Hetze von Seifert, Gabriel, Merkel. Zum damaligen Zeitpunkt war nichts bekannt, was die linkspopulistischen Kommentare seitens der Regierung gerechtfertigt hätte.

    Ich sehe auch eine Entwicklung von Maaßen in eine Richtung, die ich nicht gutheißen kann (vergleichbar mit dem früher ebenfalls konservativen und nun rechtsextremen Gauland). Was mich jedoch erschüttert, ist die Geschwindigkeit, mit der sich Maaßen hat nach rechts außen fallen lassen. Ich halte ihn durchaus nicht für einen Dummkopf, aber unter irgendeinem Problem scheint sein Intellekt zu leiden (vielleicht ist es die Sucht nach Aufmerksamkeit – nicht, dass das am Ergebnis was ändert).

    Wir haben hier schon vor Jahren, mit dem Aufkommen von PEGIDA, über so manches gesprochen. Ich habe dabei stets die Meinung vertreten, dass rabiates Ausgrenzen dazu führt, dass sich ausgegrenzte Leute in die Richtung bewegen, in der man ihnen zuhört. Die AfD hört zu, und aus dieser Blase kommen die Leute dann so schnell nicht wieder heraus.

    Ein Wort zur Statistik: Deutschland verzeichnet knapp 3 mal so viele rechte Gewalttaten wie Griechenland, hat aber 7,5 mal so viele Einwohner. Das macht die Situation hier nicht besser, aber auch nicht schlechter als dort. Es spricht durchaus nicht für Frau Chebli, daraus so populistische Schlüsse zu ziehen.

    8) Tweet

    Heute wird zwar wegen Schwangerschaft nicht mehr offiziell gefeuert, aber mysteriöserweise werden dann plötzlich befristete Arbeitsverhältnisse nicht verlängert oder Versetzungen vorgenommen, von der Kaltstellung der Karrierechancen ganz zu schweigen. Auch hier in Deutschland.

    Etwa zwei Drittel unserer Belegschaft sind Frauen; viele Teilzeit, und in Assistenzfunktionen beschäftigt. Da sind auch welche dabei, die schwanger wurden, zwei Jahre ausfielen, dann für ein Jahr wieder mit Teilzeit im Büro saßen, bevor dann das nächste Kind unterwegs war.

    Natürlich kriegen die ihren alten Job nicht wieder. Es wird intern umbesetzt, weil die Arbeit gemacht werden muss. Wenn sie wiederkommen, schaut man, wo wer gebraucht wird, oder wo gerade eine Lücke (mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine andere Schwangerschaft) freigeworden ist.

    Zu den Karrierechancen: Wenn Du einen Verkaufsleiter, zwanzig Verkäufer, je sechs Personen im Order Management und im Sales Support hast, gibt es da nicht so viele von. Aber in der Regel laufen die Verkäufer direkt unter dem Verkaufsleiter, und in den anderen Gruppen tritt (sollte eine Teamleiterin wegen Schwangerschaft ausfallen) diejenige Person die Nachfolge an, die das längste Stück hintereinander im Büro war.

    Und warum sollte ich eine Frau, die sich immer wieder Auszeiten nimmt bzw. nehmen muss, anderen Frauen und Männern vorziehen, die mehr Erfahrung haben und berechenbarer da sind, um im Notfall die Kastanien aus dem Feuer zu holen? Wenn weder Mann noch Frau die Kinderpflege übernehmen und beide schnellstmöglich wieder ins Büro wollen, brauchen sie keine Kindere, oder geduldige (und oft überforderte) Großeltern.

    Und so, wie ein repressiver Chef die Mütterquote nach unten zu treiben versucht, versuchen bei einem großzügigen Chef die werdenden Eltern, die Situation weitestgehend zu ihren Gunsten auszunutzen. Da habe ich schon viel in beide Richtungen gesehen.

    • Stefan Sasse 24. April 2020, 21:09

      2) Ich meine Leute wie Maaßen. Die Werte-Union. Ich hoffe, da kannst du mitgehen.
      3) Ich werd mir Mühe geben. Continue calling me out, please.
      4) Ich frage mich bei Maaßen, wie viel da schon immer da war und wie viel Radikalisierung ist. Aber es gehört in meine größere Gesamtthese von der Selbstradikalisierung der Bürgerlichen. Ich bleibe dabei, dass konsequentes Ausgrenzen besser gewesen wäre. PEGIDA wurde bereits viel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt.
      8) Ich habe wesentlich zu viel Diskriminierung gesehen, als dass ich nicht bereit wäre, das gegenteilige Problem in Kauf zu nehmen, fürchte ich.

    • Ariane 24. April 2020, 22:44

      Diesen Standpunkt habe ich grundsätzlich verstanden und respektiere ihn, finde aber, dass man das man nicht automatisch ausgrenzen muss, wenn ein Begriff fällt, der von vielen (eben auch von der AfD) benutzt wird.

      Gebe ich dir recht, aber möchte eine Gegenfrage dazustellen:
      Wie würdest du reagieren, wenn Stefan oder ich es verteidigen, wenn linke Anarchisten eine Flasche werfen oder eine Mülltonne anzünden?

      Oder wenn wir den Kapitalismus abschaffen und durch demokratischen Sozialismus ersetzen wollen? Oder erwähnen, dass in der DDR oder Russland oder sonstwo ja nicht alles schlecht ist?

      Ich bemühe mich absolut um Differenzierung. Aber das muss dann bitte für alle Lager und alle Kommentatoren gelten. Und leider hakt es da bei einigen konservativ-liberalen manchmal.

      Und nicht immer so poetisch lustig wie Linke, die Fegefeuer errichten und um den Scheiterhaufen tanzen. Das ist zwar Quatsch, aber bringt mich dann doch immerhin zum Lachen 😉
      Aber wäre lieb, wenn wir dann alle gemeinsam versuchen, zu differenzieren. Sonst spar ich mir die Mühe nämlich auch.

      • Erwin Gabriel 24. April 2020, 23:38

        @ Ariane 24. April 2020, 22:44

        Wie würdest du reagieren, wenn Stefan oder ich es verteidigen, wenn linke Anarchisten eine Flasche werfen oder eine Mülltonne anzünden?

        Im Vergleich zu einem Konservativen wie mich, der ARD und ZDF für Staatsfernsehen hält? Ernst gemeint?

        Oder wenn wir den Kapitalismus abschaffen und durch demokratischen Sozialismus ersetzen wollen?

        Eigentlich irrelevante Frage. In JEDEM System gibt es Leute, die die Regelm machen, und andere, die folgen müssen, gibt es Ausbeuter und Ausgebeutete, gibt es Unterstützer und Gegner.

        Ich bemühe mich absolut um Differenzierung. Aber das muss dann bitte für alle Lager und alle Kommentatoren gelten. Und leider hakt es da bei einigen konservativ-liberalen manchmal.

        Ja. Ich bemühe mich auch absolut um Differenzierung, aber bei eineigen Linken und Grünen hakt es auch.

        Aber wäre lieb, wenn wir dann alle gemeinsam versuchen, zu differenzieren. Sonst spar ich mir die Mühe nämlich auch.

        Das als Antwort an mich impliziert, dass ich das Deiner Wahrnehmung nach nicht tue. Das macht mich ein bisschen traurig.

        Was ich immer wieder sehe, ist, dass die Empfindsamkeit gegen „falsche“ Formulierungen von rechts und die Neigung, aufgrund einer Formulierung zu verurteilen, statt auf die Argumente zu hören, deutlich größer ist.

        Ein Christian Lindner, um nur mal ein aktuelles Beispiel zu nennen, mag (neo-)liberal und vielleicht auch konservativ sein; er ist aber kein Rechter, erst recht kein rechtsextremer, ist niemand, der extreme Standpunkte vertritt (dennoch darf man seine Standpunkte natürlich ablehnen).

        Man ist trotzdem sehr schnell bereit, bei ihm mit Begriffen wie „zündeln“ o.ä. um sich zu werfen. Das hat mit Differenzierung deutlich weniger als mit Diffamierung zu tun.

        Versteh mich da bitte nicht falsch: Ich halte weder Dich noch Stefan Sasse noch Ralf noch T.Beermann für Linksextremisten, nur weil Euch gelegentlich solche Formulierungen durchrutschen. Ich merke halt nur, dass es sich häuft.

        • Ariane 25. April 2020, 12:28

          Wir hatten das gerade erst. Ich differenziere mich hier nicht alleine zu Tode.

          Wenn du bei Merkelhasser empört aufschreist, während ich irgendwelche Nazis aus dem Film meine.

          Oder Pietsch, wenn ich den Lindner kritisiere.

          Dann verliere ich bei meinem ständigen Getippsel hier den Überblick, ob ich jetzt gegen Euch oder gegen irgendwelche mir unbekannten Menschen (aus dem Fernsehen!!) anargumentiere.

          Nochmal: ich habe überhaupt kein Problem mit irgendeinem der hier anwesenden Kommentatoren. (kein generisches Maskulin)
          Aber ich bin hier nicht alleine die liebe, nette, höfliche.

          Wenn ihr Differenzierung wollt, hört auf, Euch persönlich angesprochen zu fühlen, wenn ich irgendwelche Medienpersönlichkeiten kritisiere.
          Also sorry, ich hab euch alle wirklich gerne. Aber ich erwarte genauso Höflichkeit und Respekt von Euch. Und wenn das nicht kommt, werde ich eben deutlicher. Wenn euch das nicht passt, dann jammert bitte nicht mehr bei mir deswegen. Ich höre mir gerade wirklich sehr viel ernsthaftere Sorgen an als (sorry) Eure Empfindlichkeiten wegen zuviel Identifikation. Da hab ich kein Mitleid mehr übrig.

          • Erwin Gabriel 25. April 2020, 13:20

            @ Ariane 25. April 2020, 12:28

            Wenn du bei Merkelhasser empört aufschreist, während ich irgendwelche Nazis aus dem Film meine.

            Dann sag halt „Nazis aus dem Film“ dazu, das passt dann schon.

            Oder Pietsch, wenn ich den Lindner kritisiere.

            Nun, wenn es nur eine sachliche Kritik wäre, hättest Du eine andere Reaktion.

            • Ariane 25. April 2020, 19:14

              Ich habe gerade sehr differenziert auf einen Kommentar von dir geantwortet, wo du pauschal von Liberalen und linker und rechter Politik gesprochen hast.

              Will sich doch auch keiner totdifferenzieren. Bissl mitdenken beim Lesen sollte reichen 😉

      • Dennis 25. April 2020, 10:36

        Zitat Ariane:
        „Oder wenn wir den Kapitalismus abschaffen und durch demokratischen Sozialismus ersetzen wollen?“

        Ähm…..warum eigentlich nicht? Nur mal so gefragt.

        Aus dem aktuell GÜLTIGEN Grundsatzprogramm der SPD (Hamburger Programm):

        Zitate:
        „Unsere Geschichte ist geprägt von der Idee des demokratischen Sozialismus, einer Gesellschaft der Freien und Gleichen, in der unsere Grundwerte verwirklicht sind.

        Das Ende des Staatssozialismus sowjetischer Prägung hat die Idee des
        demokratischen Sozialismus nicht widerlegt, sondern die Orientierung
        der Sozialdemokratie an Grundwerten eindrucksvoll bestätigt.

        Der demokratische Sozialismus bleibt für uns die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung für uns eine dauernde Aufgabe ist. Das Prinzip unseres Handelns ist die soziale
        Demokratie.“

        Bei dem dS-Wort handelt sich übrigens um den Leitbegriff bisher ALLER Grundsatzprogramme der SPD, INKLUSIVE Godesberg.

        Okay, man könnte natürlich sagen, Papier ist geduldig und wer sich die Grundsatzprogramme der Parteien auch nur anguckt is eh hoffnungslos naiv. Die Konnektivität von Liberalismus einerseits und den FDP-Fuzzis andererseits is ja auch nicht mehr als ne Lachnummer.

        • Ariane 25. April 2020, 12:23

          Aber ja, ich bin durchaus dafür. Deswegen heißt es nun mal Sozialdemokratie.

          Aber ich bin doch schon wahlweise die gemeine, unfaire Linke oder die kleine, dumme Hausfrau.

          Ich hab keine Lust, mir freiwillig auch noch den Stempel „Kommunistin“ aufdrücken zu lassen. Arbeitsteilung ist ja gerade das Motto der Stunde! Und danke, gemeines kleines, überemotionales Dummchen reicht. Das können dann ja die linken Männer mal machen 😀

        • Stefan Pietsch 25. April 2020, 12:42

          Oder wenn wir den Kapitalismus abschaffen und durch demokratischen Sozialismus ersetzen wollen?

          Ja, Grundsatzprogramme sind schön. Es gibt ja gerade so etwas wie einen „demokratischen Sozialismus“. Der lässt sich in Venezuela beobachten. Das Land mit den höchsten Ölreserven der Welt ist das Ärmste auf dem südamerikanischen Kontinent. Auch eine Leistung.

          Aber, hey, wir machen das schon besser.

          • CitizenK Pk 30. April 2020, 03:27

            Sozialdemokratie, zumal in deutscher Ausprägung, mit Venezuela gleichzusetzen ist entweder dumm oder bösartig oder beides.

            • Stefan Sasse 30. April 2020, 08:38

              Exakt.

            • Stefan Pietsch 30. April 2020, 11:06

              Die SPD strebt einen „demokratischen Sozialismus“ an. Was soll das sein? Darüber hat sich ja zuletzt Kevin Kühnert Gedanken gemacht. Die SPD versteht darunter ganz allgemein die weitgehende Vergesellschaftung der Produktionsmittel frei nach Marx. Und das soll natürlich demokratisch erfolgen.

              Nun haben die Deutschen ja gewisse Erfahrungen, wenn der Staat die Kontrolle über Unternehmen übernimmt oder sie gleich in Gemeinschaftseigentum überführt. Das war bisher nur in der Form zweier Diktaturen möglich, die nicht gerade als gelungen gelten. Der Entwurf der SPD, so es etwas Konkretes gibt, weicht nicht sonderlich von früheren Konzepten ab.

              Dazu: damit die Gesellschaftsform des Sozialismus Bestand hat – immerhin ist das eine außerordentlich aufwendige Transformation, die nicht innerhalb einer Legislaturperiode darstellbar ist – braucht die SPD (und vielleicht die verbündete Linkspartei) die absolute Mehrheit, möglicherweise auch eine verfassungsändernde Mehrheit von 67% der Stimmen. Damit es keine Rückfälle gibt, müsste dies lange gelten.

              Es gibt also gewisse Widersprüche, wenn eine 15%-Partei für einen „demokratischen Sozialismus“ eintritt, wo Unternehmen weitgehend unter staatliche Kontrolle genommen werden – was die große Mehrheit ablehnt – und dann sich jedoch historische wie aktuelle Vergleiche verbittet. Venezuela ist sowohl auf dem Papier eine Demokratie als auch sozialistisch. Was ist an dem Vergleich unstatthaft?

              • Stefan Sasse 30. April 2020, 13:25

                Was meint die FDP, wenn sie Liberalismus sagt? Sie meint die komplette Abschaffung von Demokratie und Sozialstaat zugunsten einer Regierung durch markthörige Technokraten. Etwas widersprüchlich für eine 5%-Partei. Stimmt nicht, sagst du? Natürlich nicht, das ist bloße Propaganda und Hetze. Genau wie deine Äußerungen. Schau einfach mal hier: https://www.vorwaerts.de/artikel/demokratischer-sozialismus-spd-bedeutet

                • Stefan Pietsch 30. April 2020, 16:40

                  Ich habe den Vorwärts-Artikel schon zuvor gefunden, danke. Nur findest Du darin das Gegenteil von dem von mir Geschriebenen? Das wäre weit spannender als Dein Link.

                  Worauf gründet sich Dein Vorwurf an die FDP? Es gibt und gab liberale Staaten in der Geschichte bis hin zu den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik, die sich vom Ordoliberalismus leiten ließ. In der Tradition des Ordoliberalismus sieht sich die FDP seit Lambsdorff.

                  Ich halte es für Propaganda und Hetze, die Bundesrepublik des Jahres 1960 mit antidemokratisch und ohne Sozialstaat zu beschreiben. Und wo wir dabei sind: gibt es Beispiele für Staaten mit einem demokratischen Sozialismus? Also so, dass ich mir tatsächlich etwas darunter vorstellen kann so wie Du unter der Bundesrepublik des Jahres 1960, Großbritannien unter Maggie Thatcher und Tony Blair, die USA im Jahr 2000, Lettland 2018 – so etwas in der Art. Gibt es da nur ein Beispiel, Stefan? Ein einziges?

                  • Stefan Sasse 30. April 2020, 19:32

                    „Sozialismus bedeutet weder Enteignung, noch Verstaatlichung“

                    • Stefan Pietsch 1. Mai 2020, 10:50

                      Interessant an der Artikel des Vorwärts ist vor allem seine Kürze im Hinblick, was demokratischer Sozialismus sein soll. Man kann sich anscheinend auf „demokratische Kontrolle“ einigen:

                      Die gesellschaftliche Kontrolle wirtschaftlicher Macht durch Wirtschaftsdemokratie ist darum das Hauptziel des Demokratischen Sozialismus, Vergesellschaftung nur ein letztes Mittel dafür, so wie es auch das Grundgesetzt will.

                      Da hat jemand beim Grundgesetz abgeschrieben. Nur strebt die Verfassung keinen demokratischen Sozialismus an. Das ist Populismus ohne Inhalt. Ansonsten gibt es nur drei Möglichkeiten demokratische Steuerung in Privateigentum zu erreichen. An erster Stelle steht der Erwerb von Kapital, aber damit hält sich kein Linker auf. Enteignungen sind das Mittel der Wahl, weil der Eingriff über gesetzgeberische Maßnahmen an enge verfassungsrechtliche Grenzen stößt.

                      Das ist und bleibt mit demokratischen Sozialismus gemeint. Da ich Menschen grundsätzlich nichts Schlechtes unterstelle, läuft es auf extreme kindliche Naivität hinaus und zeigt, dass viele Linke nie erwachsen werden.

                    • Stefan Pietsch 1. Mai 2020, 10:51

                      Ich warte noch auf Deine Beispiele.

              • CitizenK 1. Mai 2020, 09:14

                Eben: Auf dem Papier. Da waren es Sowjetunion und DDR auch.

                Eine unbedachte Äußerung von Kühnert als Beleg für Venezuela-Tendenzen in der SPD zu nehmen ist so unsinnig (und unredlich) wie sie BW-Kretschmann zu unterstellen, weil der mal beim KBW (oder den Maoisten?) war.

                Der „Demokratische Sozialismus“ stand auch schon im Parteiprogramm, als die aus liberaler Sicht „guten Sozis“ Schiller und später Schröder das Sagen in der SPD hatten.

                Das ist ein fundamentaler Unterschied zu Gruppen in der Linkspartei und Corbyn-Labour. So viel Redlichkeit sollte sein bei aller Lust zur Provokation.

                @ Stefan Sasse
                Ich finde, die SPD sollte den Begriff archivieren – wie die Bergmannskapellen auf Parteitagen und das Genossen-Du. Jedenfalls so lange wir im Deutschen kein Pendant haben für das englische „You“ (was auch das Getue um Duzen und Siezen hier im Blog überflüssig machen würde).

                • Stefan Sasse 1. Mai 2020, 09:53

                  Archivieren heißt zu den Akten legen oder bewahren?

                • Stefan Pietsch 1. Mai 2020, 10:37

                  Kevin Kühnert hat eine unbedachte Äußerung gemacht? So kann man das als Anhänger einer Partei natürlich nach einem öffentlichen Aufschrei sehen.

                  Venezuela probierte unter Chávez so etwas wie einen demokratischen Sozialismus. Gestartet als Demokratie, wirtschaftlich leidlich erfolgreich, stieg der Charismatiker in den Nullerjahren zum Volkshelden auf, in dem er weite Teile der Industrie verstaatlichte (ohne nennenswerte Entschädigungen) und die Erträge aus dem Ölgeschäft unstrukturiert in Form Sozialtransfers unters Volk warf. Die Menschen blieben zwar arm, hatten aber Hoffnung, während die Wirtschaft endgültig darbte.

                  Als die Erträge aus dem Ölgeschäft nicht mehr so sprudelten, versank Venezuela tiefer als zuvor in Armut. Heute ist das Land eine schlimme Diktatur.

                  Ich unterstelle keinem Linken (mit Ausnahme denen mit Grußadressen an Diktatoren) so etwas zu wollen. Aber es kann als historische Tatsache gegen, dass der Wusch nach „demokratischen Sozialismus“ immer dahinführt.

                  Schiller hielt bekanntlich nichts von dem Begriff. Helmut Schmidt stand wahrlich nicht im Verdacht, Vergesellschaftungen auch nur im kleinen Maßstab anzustreben. Willy Brandt schon. Mit seinem Slogan von „Mehr Demokratie wagen!“ weckte er diesbezügliche Erwartungen. Und tatsächlich verfolgte Brandt eher ein Konzept der betrieblichen Mitbestimmung als der (kapitalistischen) Teilhabe.

                  • CitizenK 2. Mai 2020, 16:53

                    Norwegen, definitiv nicht Venezuela. Die Einnahmen aus dem Öl für die Gesellschaft nutzbar gemacht – ohne Enteignungen oder Diktatur.

                    • Stefan Pietsch 2. Mai 2020, 17:43

                      Da haben Sie jetzt Tage gesucht, herzlichen Glückwunsch. Und nein.

                      Norwegen ist eine Marktwirtschaft. Ein Bereich, der nicht in privater Hand war, wurde in staatlicher Verwaltung behalten. Die Verwaltung erfolgt dabei privatwirtschaftlich, die Erträge fließen der Allgemeinheit zu.

                      Begrenzt auf einen Bereich von z.B. Naturschätzen hat niemand etwas dagegen, nicht einmal Ordoliberale. Und das wollen Sie als „demokratischen Sozialismus“ verkaufen? Bitte, Herr CitizenK, etwas Ernsthaftigkeit. Sie sind nicht wirklich mutig. Entweder hätten Sie historische und aktuelle Beispiele von Staatssozialismus gezeigt, die etwas Ähnlichkeit mit der Idee des demokratischen Sozialismus (Produktionsmittel der Gesellschaft inklusive Enteignungen) gemein haben oder Sie hätten einfach zugeben können, was ohnehin jeder weiß: einen demokratischen Sozialismus gibt es nicht. Und viele sagen, den kann es auch nicht geben. Stattdessen eiern Sie rum und präsentieren verzagt ein angebliches Beispiel, hinter dem sich jeder versammeln kann.

                      Nur für Sie, möglicherweise wissen Sie es ja nicht: in Deutschland gibt es keine wertvollen Bodenschätze in nennenswerter Höhe, so dass sich eine Verstaatlichung wirklich über die Kohle hinaus lohnen würde.

        • Erwin Gabriel 25. April 2020, 13:29

          @ Dennis 25. April 2020, 10:36

          Ähm…..warum eigentlich nicht? Nur mal so gefragt.

          Für mich als Politik-Laien hat es den Anschein, als ob bei allen Systemen Theorie und Praxis weit auseinanderklaffen. Überall, wo auch nur ansatzweise „Sozialismus“ draufstand, hat man über kurz oder lang versucht, Menschen entsprechend der Theorie zu formen. Klappte bislang nicht so richtig.

          Nicht falsch verstehen: bei der sozialen Marktwirtschaft ist auch so langsam das Soziale dabei, sich im Rahmen des Globalismus zu verabschieden (selbst wenn es viel schlimmere Ausprägungen als in derzeit Deutschland gibt).

          • Stefan Sasse 25. April 2020, 13:38

            Ja, ich denke, die Sozialdemokratie hat eine wesentlich bessere Bilanz vorzuweisen als der Sozialismus.

            • Ariane 25. April 2020, 19:13

              Ob die Sozialdemokratie selbst es Sozialdemokratie nennt oder demokratischer Sozialismus ist doch genau so egal wie die ernsthafte Frage, was denn nun ein Unrechtsstaat ist.

              Das ist nur Identitätskampf. Siehe der Vergleich mit Venezuela! Nicht wahr Pietschi?

          • CitizenK 30. April 2020, 04:24

            Da ist was dran. Jeder „…ismus“ ist abzulehnen. Die Sozialdemokraten sollten den Begriff hinter sich lassen. Verschlissen, unbrauchbar, unbestimmt.

    • Ariane 24. April 2020, 22:54

      Und so, wie ein repressiver Chef die Mütterquote nach unten zu treiben versucht, versuchen bei einem großzügigen Chef die werdenden Eltern, die Situation weitestgehend zu ihren Gunsten auszunutzen. Da habe ich schon viel in beide Richtungen gesehen.

      Ich sagte es ja, es ist einfach ein Widerspruch, der sich nicht auflösen lässt. Das muss man erstmal erkennen und zugeben glaube ich.
      Familienleben passt einfach nicht zu einem finanzoptimierten Unternehmen.

      Deswegen klappt es auch nur in Behörden (weil die gesetzlich müssen) und in Branchen, die totalen Fachkräftemangel haben (die müssen notgedrungen, damit sie noch gute Leute finden).
      Es ist ein Wahnsinn, was für Stellenanzeigen für Handelsvertreter aktuell gerade in Umlauf sind, die kriegen viel viel bessere Konditionen als früher. Nur ist der Job halt echt mies mit Familienleben vereinbar.

      Aber der Widerspruch wird nicht verschwinden. Außer die Hälfte der Leute wandert aus oder ist plötzlich weg, so dass wir wirklich überall krassen Mangel an Arbeitskräften haben. Weil Menschen nun mal nicht auf Bäumen wachsen und jedes Unternehmen zwingend gute Leute braucht.
      Und gute Leute wollen nun mal oft mehr als nur arbeiten und sonst nix.

      Das wird sich nur durch strikte Gesetze (und Überrprüfung) oder gesellschaftlichen Wandel lösen lassen. Und das dauert lange und wir Progressiven müssen dafür sehr sehr dicke Bretter aufbohren. Aber ich glaube nicht, dass sich dieser Wandel wirklich auf Dauer aufhalten lässt.
      Ich sag ja, auch Männer möchten sich mittlerweile gerne mehr um Kinder kümmern und dass man seine Kinder liebt ist nun mal ganz normal.
      Nur dummerweise halten Männer noch nicht soviel von Emanzipation und Eintreten für so „weibische Rechte“, die überlassen das gerne uns Radikalfeministen und freuen sich dann, wenn sie davon profitieren. Das ist natürlich ähm gar nicht optimiert und effizient.
      Also Sassestefan und ich müssen das den restlichen Männern jetzt nur noch genauer erklären 😀

      • Erwin Gabriel 24. April 2020, 23:18

        @ Ariane 24. April 2020, 22:54

        Ich sagte es ja, es ist einfach ein Widerspruch, der sich nicht auflösen lässt.

        Zustimmung

  • Ariane 25. April 2020, 01:31

    Ah, noch ein (paar) Ergänzungen zu Saudi-Arabien

    Merkwürdigerweise sitze ich ja bei Twitter auch in so einer Wirtschaftsblase (Fußball verbindet^^) und daher weiß ich über solche Diktaturen meist nur was über die Wirtschaft oder anekdotische Berichte, die es mal rausschaffen.
    In solchen Staaten weiß man von hier zumindest leider nie wirklich, wie es da zugeht. Sehr schade! Kann und will man ja nicht hinfahren und gucken.

    Und dazu verfügen die Saudis über das beste Militärgerät aus aller Welt. Grandiose Aussichten. Dass Spielernaturen in Riyad sitzen, stimmt nicht eben hoffnungsfroh.

    Jep, die Region ist sowieso ein Pulverfass mit Sunniten und Schiiten. Und jetzt haben wir zwei riesige Krisen auf einmal. Passt super zu deinem Ende der liberalen Weltordnung.

    1. Covid
    Alte Männer sind die Hauptrisikogruppe und die sind da alle gänzlich an der Macht. Im Iran gibt es auch Gerüchte, dass sich da etliche in der Staatselite angesteckt haben und (vielleicht) gestorben sind. Und die Staaten haben alle keine Möglichkeit oder nur Interesse, die ganze Bevölkerung zu schützen. Corona unkontrolliert kann da schon zu komischen Machtvakuen führen. Und sowieso jedes Land destabilisieren, passiert ja selbst hier. Und überall sonst ist es schlimmer.
    Und der Kronprinz mit seinem Mord in der türkischen Botschaft (?) scheint ja nicht soviel Wert auf äh Großherzigkeit oder nur ein gutes Image zu legen. Der Rest der Führer von Diktaturen sowieso nicht.

    2. Der Ölkrieg

    Zumindest für die Macho-Führer ist mein Mitleid begrenzt. Sorry Jungs, aber das ist ein Beweis für männliches Machogehabe und Machtspielchen, wer den längsten hat.
    Aber so dämlich kann man einfach nicht sein und einen Ölkrieg anzetteln und äh Saudi-Arabien hat da nun mal den längsten..bzw die besten Möglichkeiten, zu fördern, bis alle anderen pleite sind. Und genug Kohle zum Durchhalten haben sie auch noch. Die kann man nun mal nicht erpressen, das macht die nur sauer. Und Russland leidet unter dem Preisschock bestimmt extrem, alle Rohstoffe sind ja gerade günstig.
    Und extrem billiges Öl und billige Rohstoffe destabilisieren die Länder, die finanziell davon abhängig sind ja noch mehr.
    Russland, Iran, bzw der ganze Nahe Osten, Nigeria, Venezuela.
    Der Ölpreis wäre ja eh gefallen, aber die haben ja alle gefördert ohne Ende, keine Ahnung, ob das stimmt. Aber ich hab zwischendurch gelesen, dass die den Schwanzvergleich beenden musste, weil einfach keine Lager mehr da waren! Und jetzt kann das niemand mehr gebrauchen. Das ist sowas von bescheuert, das würde in jedem Roman sofort gestrichen werden. Himmel Hilf. Und die Saudis sind ja schlau, die machen ja gerade Shoppingtour und kaufen Ölfirmen auf und vergrößern ihre Machtstellung. Denn das Öl aus dem Boden muss ja noch zu richtigem Öl verarbeitet werden (also dieses Brent-Öl ist wohl das beste oder so). Und Fußballclubs und Kreuzfahrtschiffe (??) kaufen sie auch gerade. Also wenn nichts dazwischenkommt, ist Saudi-Arabien nach dem Chaos dreimal so stark wie jetzt.

    Und alle anderen ölabhängigen Länder pleite oder deswegen im Chaos versunken. Das ist ja leider nicht nur für die Führer ein Problem, sondern auch für die Bevölkerungen. Kann man nicht mal schadenfroh sein. :/
    Aber wenn da nichts zwischenkommt, ist alleine Saudi-Arabien scheinbar dreimal so mächtig wie vorher.

    Und ich glaub auch nicht dran, dass sich der Ölpreis oder die Weltkonjunktur sich schnell erholen werden. Demokratien wie im Westen können es sich einfach nicht leisten, Tote in der Bevölkerung total zu ignorieren, selbst Trump und andere Knallchargen nicht. Und der Westen hat nun mal die Kohle und kauft das ganze Zeug, das die Welt so fördert und produziert. Das, was Chinesen und Araber oder reiche Russen einkaufen reicht einfach nicht aus, das sind alles immer noch Peanuts.

    Deswegen bin ich mittlerweile übrigens auch protektionistisch (bzw für völlig freien Welthandel war ich eh nie). Aber ich sehe schon die Gefahr, dass die ganzen Diktatoren hier einmal durch Europa (oder die USA) laufen und erstmal alles aufkaufen, was gerade billig zu haben ist. Das machen die ja sowieso schon seit Jahren. Gehört nicht der größte griechische Hafen jetzt den Chinesen oder so?

    Also allein Covid plus der Ölpreisschock zusammen werden so oder so für massig Verwerfungen in der restlichen Welt sorgen. Das ist – meiner Meinung nach – noch überhaupt nicht vorherzusehen, wie es kommen wird. Wie gesagt, das ist in den letzten 6 Wochen ja alles schon verrückt genug und ich bin nicht sicher, ob sich das nur in Europa beruhigt und in der ganzen Welt vermutlich erst recht nicht 🙁

    Das ist hier aber manchmal wirklich düster…

  • Ariane 25. April 2020, 02:12

    https://www.spiegel.de/politik/corona-raus-aus-dem-lockdown-so-schnell-wie-moeglich-a-00000000-0002-0001-0000-000170604448

    Nächstes Mal geh ich einfach ins Bett. Kann eh nicht schlafen, wenn ich mich aufregen soll. Fünf alte weiße Männer fordern für sich selbst Hausarrest und fordern Lockerungen (eine Frau Juli Zeh) auch dabei.

    Blicken die das nicht? Dass sie selber Risikogruppe sind? Bin ja mittlerweile dafür, dass die auf eine leere Insel ziehen und da können sie einfach machen, was sie wollen. Die paar Einheimischen, die nicht mitmachen wollen, nehmen wir auf dem Festland auf.
    Wenn sie die Risikogruppen schützen wollen, dann sollen die bitte bei sich selbst anfangen und in Hausarrest gehen und mich in Frieden lassen. Und mich als Nichtrisikogruppe auch nicht missbrauchen übrigens für ihre Forderungen. Die meinen ja ständig, die sprechen in meinem Namen.

    Gott ey, dann zieht doch nach Schweden, erzählen ja gerade alle, wie super das da läuft.

  • Ralf 26. April 2020, 16:32

    zu 2)

    Außerhalb ihrer eigenen Anhängerschaft verfing die Rede von „Hartz-IV ist Armut per Gesetz“, wie unzählige Wahlplakate verkündeten, nie wirklich. Inzwischen hat Deutschland seinen Frieden mit der Reform gemacht. Grundsatzkritik an derselben hat sich nie in den Leitmedien durchsetzen können, wurde nie von hochrangigen SPD-Politikern geteilt. Sie verhallte letztlich.

    Naja, das Ersetzen von Hartz IV durch ein soziales Existenzminimum ist eines der Hauptanliegen der Grünen (insbesondere Robert Habeck hat das offensiv in die politische Debatte eingebracht) und auch die SPD bewegt sich zunehmend in diese Richtung, wenn man die Wahl von Walter-Borjans und Esken an die Parteispitze und das Aufsteigen von Kevin Kühnert zum Parteivize mal in diese Richtung interpretiert. Sollte Grün-Rot-Rot 2021 Realität werden, wäre das eines der Projekte, die unter Garantie angegangen würden. Auch bei Schwarz-Grün würde ich Modifikationen bei Hartz IV erwarten, wenn auch weniger weitgehend.

    • Stefan Sasse 26. April 2020, 18:25

      Modifikationen, genau. Die Ostpolitik war auch eine (wenngleich starke) Modifikation der deutschen Außenpolitik. Aber Adenauers Westintegration blieb unangetastet.

      • Ralf 26. April 2020, 18:46

        Du bist lustig! Nach Deiner Definition war auch die französische oder russische Revolution lediglich eine Modifikation der bestehenden Verhältnisse. Ist ja nun nicht so, als hätte es in den Gesellschaften keinerlei Kontinuität gegeben.

        Am Ende ist es eine Frage der Wortwahl, d.h. ob wir das ganze “Revolution” oder “Reform” nennen, hat lediglich symbolischen Wert. Sollte eine Grün-Rot-Rote Regierung eines neues Sozialkonzept präsentieren, garantiere ich Dir, dass die LINKE das als “Revolution” verkaufen wird, während die SPD von “Reform” reden wird und beide werden dasselbe Gesetzeswerk meinen.

        • Stefan Sasse 26. April 2020, 21:37

          Wahrscheinlich. 🙂

        • Ariane 27. April 2020, 01:54

          Ja.

          Aber das ist ja schon alles Folklore. Eine Revolution ist ja was ganz anderes. Glaub wir (Hobby)Historiker legen da etwas mehr Wert auf Präzision.

          Aber der Revolutionszug bei HartzIV ist eh abgefahren, spätestens nach den Verfassungsurteilen. Der Name bleibt immer derselbe (ist offiziell ja auch anders mein ich), aber das Gesetz wird in nächster Zukunft komplett umgestaltet werden, egal wer gewinnt.

          Und Veränderungen passieren eh nie Knall auf Fall (das wäre eine Revolution oder ähnliches), sondern eigentlich immer stückchenweise.

          Außer äh Großkatastrophen wie Pandemie^^

          • Stefan Sasse 27. April 2020, 07:37

            Guter Punkt eigentlich. Könnte man nicht sagen, dass das BVerfG am meisten verantwortlich für den Abschied von Hartz-IV ist?

  • Ralf 26. April 2020, 16:39

    zu 4)

    Stimme Dir in allem zu. Trotzdem wäre die Grafik ehrlicher, wenn sie statt absoluten Fallzahlen, Fallzahlen pro Millionen Einwohner angeben würde. Ansonsten ist eine Vergleichbarkeit der Länder nicht gegeben.

  • Ralf 26. April 2020, 17:01

    zu 9)

    Der Iran wäre unangefochtene Hegemonialmacht in der Region.

    Kein Zweifel, dass der Iran eine unappetitliche Diktatur ist. Aber das iranische System ist bei Weitem nicht so repressiv wie das saudische, die Menschenrechtsverletzungen sind weniger exzessiv, die Gesellschaft insgesamt ist weitaus liberaler, die Wissenschaft hat einen dramatisch höheren Stellenwert und im Iran gibt es demokratische Wahlen, die – wenngleich sie auch nicht mit Wahlen im Westen vergleichbar sind – echte Policy-Konsequenzen haben. Wenn der saudische Einfluss in der Region also zurückgedrängt würde und der iranische Einfluss wachsen würde, wäre das insgesamt positiv zu bewerten. Mit dem pragmatischen iranischen Regime kann man sich auch verständigen, wie der erfolgreiche Nuklear-Deal gezeigt hat. Saudi Arabien hingegen ermordet und zerstückelt Regierungskritiker im Ausland.

    • Stefan Sasse 26. April 2020, 18:26

      Ich verteidige mit Sicherheit nicht die Saudis, aber ich fürchte, Iran wäre eher vom Regen in die Traufe.

      • Ariane 27. April 2020, 02:05

        Also so nach meinen Eindrücken tun die sich wenig. Ralf hat recht, theoretisch sind die etwas demokratischer (grad mit dem neuen Präsidenten), aber haben dieses komische Doppelsystem aus weltlicher Regierung und Theokratie und die Theokratie hat die Zügel in der Hand.
        Und sie sind die schiitische „Schutzmacht“ mit dem Terrorarm Hisbollah.

        Bei den Saudis ist alles in einer Hand. Und die sind die sunnitische Schutzmacht. Die führen schon seit zig Jahren Stellvertreterkriege, deswegen hats den Irak auch so zerrissen (Bevölkerung schiitisch, Baath-Partei sunnitisch). Und die super abgedrehten Wahhabilten (sowas wie bibeltreue Sunnitenspinner). Das muss man immer mitbedenken, weil es in dem ganzen Chaos eine riesige Rolle spielt.
        Al Quaida und die zahlreichen Ableger des IS sind übrigens auch sunnitisch.

        Insofern wäre es meiner Meinung nach gefährlicher, wenn der Iran „hops geht“. Saudi-Arabien hat auf die Extrem-Islamisten deutlich mehr Einfluss und insgesamt mehr globale Macht und Geld, um viel mehr Schaden anzurichten. Und sie sind halt die „natürlichen Verbündeten“ des Westens, während sich alle total einig in ihrer Iran-Gegnerschaft sind. Ist auch gut möglich, dass Israel und/oder die USA jetzt demnächst doch da einmarschieren. Und tatsächlich noch mehr Chaos anrichten, als da eh schon herrscht.
        Nicht zu vergessen, dass der Iran bald ähnlich ausgeblutet ist durch die Sanktionen. Das war eine unbemerkte und riesige diplomatische Leistung mit dem Atomdeal von allen Beteiligten.

        Die ganze Region ist eh unrettbar im Chaos versunken. Aber wenn da eine Seite wirklich zusammenbricht (meiner Meinung nach ist die Gefahr beim Iran höher), dann haben wir sofort die nächste Großkatastrophe oder Massaker oder alles zusammen. Und wie gesagt, was islamistischen Extremismus und Terror angeht, ist Saudi-Arabien und die sunnitische Seite deutlich gefährlicher aktuell. Auch und gerade für den Westen.

        • Stefan Sasse 27. April 2020, 07:38

          Überredet, aber ich bleibe grundsätzlich dabei dass das nur sehr graduelle Unterschiede sind.

          • CitizenK 29. April 2020, 15:12

            Kein Wort zu Israel? Die Zerstörung des „zionistischen Gebildes“ als Staatsziel? Die Tunnel und die Raketen der Hisbollah? Deren Stützpunkte in Syrien?

            • Ralf 29. April 2020, 15:20

              Um Frieden in der Region haben sich weder der Iran noch Israel verdient gemacht. Die Unterstützung der Hisbollah kann man mit der Unterdrückung der Palästinenser gegenrechnen. Man kann das Gegenrechnen natürlich auch bleiben lassen und stattdessen einen frischen Anlauf mit gutem Willen von beiden Seiten fordern, was ich für fruchtbarer halte, als darüber zu diskutieren wer was in der Vergangenheit falsch gemacht hat.

              In der Debatte oben ging es allerdings um den Vergleich zwischen Iran und Saudi Arabien. Und dass die Aktivitäten der ultraislamistischen Diktatur in Riad, mit all ihren direkten und indirekten Folgen, für Israel weniger bedrohlich sind als das Getöse aus Teheran, darf bezweifelt werden.

            • Stefan Sasse 29. April 2020, 19:00

              Ich sag doch, der Iran ist auch scheiße.

  • Ralf 26. April 2020, 17:07

    zu 10)

    Die Kinder leiden unter der Isolation

    Das ist mir zu dramatisch. Die Kinder werden diese Episode in einem Jahr wieder vergessen haben. Es sind die Eltern, die sich sicher auch in fünf oder zehn Jahren noch an die chaotische Zeit des Lockdowns erinnern werden …

    • Stefan Sasse 26. April 2020, 18:27

      Die Kinder leiden jetzt gerade. Dass sie das in einem Jahr nicht mehr besonders wissen werden ist geschenkt. Aber mit dem Argument könnte ich kleine Kinder auch prügeln.

      • Ralf 26. April 2020, 18:49

        Eben nicht. An Prügel oder andere Misshandlungen werden sich Kinder, die jetzt fünf bis zwölf Jahre alt sind mit Gewissheit in zehn Jahren noch erinnern.

        • Stefan Sasse 26. April 2020, 21:37

          True.
          Aber ich denke, du unterschätzt trotzdem die aktuelle Belastung.

          • Ariane 27. April 2020, 02:21

            Sorry, beide falsch.

            Zumindest so ab 3 werden sie sich noch lange dran erinnern. Ich weiß noch ziemlich viel aus meiner Kindheit und es ist nichts Schlimmes, aber alleine die Gutenachtgeschichten meiner Oma (sie musste mir immer von ihrer Kindheit erzählen und da war Krieg und Nachkriegszeit und die Mauer und überhaupt) hab ich noch so gut im Kopf und haben sozusagen meine Historikerlaufbahn eingeleitet, weil ich erst viel viel später erfahren habe, was ein Schwarzmarkt ist und dass die Mauer nur in Berlin stand. Aber dass ich wahnsinnige Angst vor Krieg hab, liegt an diesen Geschichten zb. Nicht einfach theoretisch „Krieg ist böse“.

      • Ralf 27. April 2020, 17:12

        Ich lass das einfach mal hier:

        https://mobil.ksta.de/ratgeber/familie/eltern-vor-burnout–doch-psychiater-sicher–kindern-tut-die-corona-pause-mal-ganz-gut–36612906#no

        Titel des Artikels: “Eltern vor Burnout, doch Psychiater sicher „Kindern tut die Corona-Pause mal ganz gut“”.

    • Ariane 27. April 2020, 02:17

      Nee, glaub ich nicht. Ich glaube bei Kindern ist die Gefahr viel größer, dass es langfristige Schäden gibt. Und Kinder sind wahnsinnig stimmungsempfindlich und alle Erwachsenen sind jetzt gestresst, haben Angst um sich oder andere, fühlen sich selbst isoliert. Und ich rede nicht mal von echt schlimmen Sachen, die es natürlich auch gibt.
      Die ganzen normalen Hilfen für häusliche Gewalt, Gewalt gegen Kinder, sexueller Missbrauch usw sind weggefallen! Das können Hotlines einfach nicht ersetzen.

      Ist ja nicht so, dass die Regierung da gar nichts tut. Aber man weiß halt sauwenig, wie gefährlich Kinder für andere sind, das muss oberste Priorität haben, das herauszufinden.
      Und übrigens: das Alter ist ziemlich egal. Ich sagte ja schon, Männer haben mit dieser Isolation eh mehr Probleme und Jungen und junge Erwachsene ganz besonders.

      Ich hab ja auch einen 16jährigen Stiefbruder. Der hat seit die Schule aus ist schon zweimal Renovierungshilfe angeboten. Er besucht uns eh mal ganz gerne alle paar Wochen. Aber der ist normalerweise nicht so erwachsen wie aktuell und bettelt fast darum, dass wir Hilfe brauchen.
      Sein „Bruder“ macht gerade eine Malerausbildung (mit Passierschein!). Wir haben schon geplant die wenn wir richtig malern, gleich zusammen übers Wochenende einzuladen und in einem Gasthof in der Nähe einzuquartieren.

      Sorry Ralf, ich schätze du kennst nicht soviele Kinder und Jugendliche? Aber die leiden extrem unter dem Lockdown, nur anders als Erwachsene und ja, vielleicht wirds ihnen nicht bewusst sein, aber den Schock werden sie lange mit sich herumtragen 🙂

      • CitizenK 28. April 2020, 13:16

        Eltern machen einen Bogen um Spielplätze, weil die Kinder weinen, weil sie nicht hin dürfen.

        Warum hat niemand je einen Gedanken darauf verwendet zu prüfen, ob Kinder unter Aufsicht oder in Schichten oder sonstwie wenigstens zeitweise spielen können. Einfach absperren ist fantasielos und kinderfeindlich.

        • Stefan Sasse 28. April 2020, 14:10

          Weil die Prioritäten klar bei Grillen, Möbelhäusern und Bundesliga liegen und nicht bei Kindern.

  • CitizenK 2. Mai 2020, 22:24

    @ S. Pietsch

    Muss tatsächlich suchen, um evtl. Antworten in diversen Threads zu finden. Technisches Problem: eMail-Benachrichtigung funktioniert nicht mehr. Also etwas mehr Fairness und Anstand, bitte.

    Die Norweger haben die Schraube noch etwas mehr in Richtung „sozial“ gedreht. Zugegeben: Ich würde sie noch ein wenig weiter drehen. Aber die Skandinavier sind schon ein gutes Modell für einen demokratischen Sozialismus (der nicht so heißt).

    • Stefan Pietsch 2. Mai 2020, 23:05

      Aber wieso mussten Sie suchen? Skandinavien ist für seine soziale Gesetzgebung bekannt. Nur sind auch dort Enteignungen und Vergesellschaftungen nicht so üblich. Auch diesbezüglich hinkt Ihr Beispiel trotz aller Bemühungen gewaltig.

      Ich verstehe Ihre Taktik nicht. Sie diskutieren doch nicht erst seit gestern. Der Verlauf der Debatte war absolut berechenbar, von daher kann man erwarten, dass ein einigermaßen intelligenter Forenteilnehmer eine „Exit-Strategie“ hat. Kommt die Rede auf den demokratischen Sozialismus, folgt die Frage, wo es so etwas schon mal gegeben hätte, das nicht in einer Diktatur endete. Das sie schon nach einem Zug völlig blank darstellen, überrascht dann erheblich.

      Erste Regel, die jeder beim Schach lernt: Ziehe nicht, wenn Du die Reaktion nicht berechnen kannst. Wenn Sie die Antwort auf eine ganz simple und naheliegende Frage nicht kennen und sich mit der Reaktion nur ins Lavieren bringen – warum lassen Sie es nicht einfach? Sie hätten die SPD nicht ob der naiven / dummen / geschichtsvergessenen / idealistischen (suchen Sie sich das Passende bitte aus) Forderung nach einem demokratischen Sozialismus verteidigen müssen. Ich nehme an, dass war ein Reflex – also unüberlegt.

      Sie mit einfachen Debattenzügen in die Bredouille zu bringen, hat nichts mit den Kriterien der Fairness und des Anstandes zu tun – abgesehen davon, dass Sie die in den letzten Monaten auch gerne mal beiseite gelegt haben. Ich sagte es schon: ich finde das schade, denn Sie sind eigentlich ein anständiger Kerl. Aber Sie sollten mich nicht als Feind sehen.

      Wussten Sie eigentlich, dass die Skandinavier Kapital deutlich niedriger als Deutschland besteuern? Nicht? Schon witzig: niedrig besteuern, aber als Vorbild für Sozialisierung und Enteignung. Für wen das zusammen geht, der muss ein echter Linker sein. 🙂

      • CitizenK 4. Mai 2020, 23:02

        @ S. Pietsch

        Sie betreiben die Diskussion wie ein Schachspiel – es geht um’s Gewinnen. Sagen Sie ja selbst. Sie haben Freude daran, Menschen mit anderen Wert- und Zielvorstellungen (sogenannte „Linke“) zu ärgern neudeutsch: bashen. Sie lieben es, Diskussionspartner herabzusetzen bis zur offenen Beleidigung, in meinem Fall meist nur bis zur Grenze.

        Diese Denkweise ist mir fremd. Mir geht es um die Sache. Dass es in Skandinavien nicht-verstaatlichte Großkonzerne gibt, ist mir nicht entgangen. Norwegen habe ich – verkürzt – genannt wegen des Staatsfonds aus Öleinnahmen. Das ist ein Schritt näher zu einer sozialeren Marktwirtschaft. Zum Begriff D. S. habe ich das Nötige gesagt.

        • Stefan Pietsch 5. Mai 2020, 07:59

          Daran ist nur richtig, dass ich solche Debatten als Spiel ansehe. Gegenfrage: was denn sonst? Die Verbiestertheit, die Betroffenheit mancher erschreckt mich. Das kann nicht der Sinn sein.

          Deswegen kann ich mit jedem über fast alles debattieren – bis hin, ob Hosen besser Knöpfe oder Reißverschlüsse haben sollten. Wer mich überzeugen will, muss zum einen ein paar Züge durchhalten können und originelle Argumente auf Lager haben. Leider glaubt so mancher, mit tausendfach ausgetauschten Latschen noch die Erkenntnis zu schaffen.

          Ich bin inzwischen der einzige, der nicht auf Fäkalsprache zurückgegriffen hat, der nicht andere für blöd erklärt und – auch wichtig – anderen nicht schlechte Absichten unterstellt. Ich werde permanent angegangen, Rechtsterrorismus zu verharmlosen, der AfD nahe zu stehen, Frauen gering zu achten, den Klimawandel zu leugnen, eine Gesellschaft ohne Staat zu wollen usw. Herabsetzend so weit wie möglich. Viele wollen mich durch Herabsetzung persönlich treffen, weil ihnen die Richtung und die dahinführenden Argumente nicht gefallen. Da ist nichts, es ginge um die Sache. Und nein, wie an einigen Debatten gesehen, geht es Ihnen oft nicht einfach um die Sache. Am auffälligsten war das bei Thüringen.

          Es gibt hierbei kein Gewinnen, da die eindeutigen Tore oder alternativ ein Schiedsrichter fehlen. Aber in jedem Sport gibt es Regeln. Und vom Platz wird nicht der geschickt, von dem ein Beleidigter meint, er wäre provoziert worden, sondern der Foulspieler. In dem Moment höre ich auf zu spielen.

          Sie lehnen im Grunde den demokratischen Sozialismus ab und das, was er präsentiert. Dennoch gehen Sie immer wieder zu seiner Verteidigung in die Bütt, nur ohne Argumente. Und das finden Sie sinnvoll? Wir haben am Beispiel Dänemark gesehen, dass Sie das skandinavische Modell gar nicht für so erstrebenswert halten, bezüglich der Arbeitsmarktpolitik haben Sie es bezeichnenderweise nie wieder angeführt. Auch in der Steuerpolitik oder Migration lehne Sie manche Teile ab, bis auf das, was Sie als „sozialdemokratisch“ empfinden.

          Und Ihnen geht es um die Sache? Sie spielen nicht selten mit gezinkten Karten.

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