Die Wahlergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg haben bei den Grünen eine Sinnkrise ausgelöst, die zuletzt nicht nur im geschlossenen Rücktritt der Parteiführung von Omrid Nouripour und Ricarda Lang, sondern auch im Rücktritt und Parteiaustritt der gesamten Führungsriege der Grünen Jugend (inklusive Ankündigung der Gründung einer neuen linken Splitterpartei) ihren Ausdruck fand. Die Frage, was der Grund für den Verlust der Wählendengunst ist und die die Partei so umtreibt, weckt in mir starke Erinnerungen an den Niedergang der SPD. Diese hat sich in der Zeit zwischen 2005 und 2017 (grob) auch in ständigen Debatten um die eigene Identität und ihre zukünftige Ausrichtung gedreht. Ich hatte seinerzeit etwas hyperbolisch davon gesprochen, dass Deutschland neben 80 Millionen Fußballbundestrainierenden sicherlich auch 80 Millionen SPD-Parteivorsitzende hat. Bei den Grünen läuft es gerade ähnlich: schnelle Wechsel in der Führungsspitze, ständige Meinungsartikel in der Presse über ihre Ausrichtung und dazu ein offen ausgetragener innerer Konflikt mit Vorwürfen der Apostasie.
Der Anlass für die jüngste Welle von Selbstvorwürfen, Seelensuche und Schuldzuweisungen ist weniger in einer spezifischen Umfrage oder Wahlergebnis zu suchen, sondern in der „Zeitenwende“ des Anschlags von Solingen. Sie hat in Teilen der Grünen die Einsicht reifen lassen, dass ein Rechtsruck der Partei den Ausweg aus der elektoralen Krise bedeute – durchaus vergleichbar mit der Stimmung in der SPD zur Agenda-Zeit in der zweiten Hälfte der 2000er Jahre. Und genauso wie bei der SPD seinerzeit stößt diese Einsicht nicht auf ungeteilte Zustimmung und führt zu einem Exodus von Parteilinken.
Der Sinneswandel bei den Grünen lässt sich an einigen Punkten deutlich erkennen. Die erste Richtungsentscheidung dazu ist bereits vor längerer Zeit gefallen, als Robert Habeck zum Kanzlerkandidaten gekürt wurde (das ist zwar erst jetzt offiziell passiert, aber hat sich bereits schon länger abgezeichnet). Habeck personifiziert den Kurs des Pragmatismus, der unideologischen Ausrichtung der Partei auf Kompromisse und Problemlösungen im Kleinen, ein „Was wäre wenn“-Revival von 2021, als er zugunsten Baerbocks auf die Kandidatur verzichtete. Dass er das als großen Fehler betrachtet, dürfte eine nicht allzu weit hergeholte Vermutung sein. Schon qua seines eigenen Werdegangs steht er für die Idee der bürgerlichen Koalition, also das Bündnis mit der CDU. Wenn die CDU-Ministerpräsidenten Wüst und Günther die schwarz-grüne Zusammenarbeit loben, denken sie sicher eher an Robert Habeck denn an Ricarda Lang.
Den Fehdehandschuh eigentlich hingeworfen hat aber Landwirtschaftsminister Cem Özdemir mit seinem Gastbeitrag in der FAZ , der viel rezipiert wurde (siehe etwa im Spiegel). In diesem Beitrag erklärt er es zu einer Konfrontation mit der Wirklichkeit, sowohl die Integrationsleistung zahlreicher Migrant*innen als auch die Schlagseite in Richtung junger, gewaltbereiter Männer anzuerkennen, die geradezu No-Go-Areas schaffen, und fordert eine entsprechend härtere Migrations- und Flüchtlingspolitik. Etwas en passant fordert er zudem eine Reduktion von „Transferleistungen“ und Konzentration auf „starke Institutionen“ für eine weitreichende Sozialstaatsreform. Tonal ist das Ganze als ein Ringen mit sich selbst angelegt, der Kampf der pragmatischen Vernunft mit der idealistischen Seele. Kein Wunder, dass der Text polarisiert.
Die Strategie dahinter ist recht leicht zu erkennen, auch weil sie die ganze langfristige Planung und Durchdachtheit eines aufgeregten Hühnerhaufens besitzt. Alle Hoffnungen auf Machterwerb liegen in einer schwarz-grünen Koalition. Die Braut macht sich quasi für die Brautschau schick, in der Hoffnung, dass die Union erkennen möge, dass sie in den Grünen viel passendere Bündnispartner findet als in der SPD. Daher auch das schier grenzenlose Verbiegen in der Migrationsfrage, das die Partei gerade zu zerreißen droht. Es ist die Durchfahrt zwischen das politische Äquivalent von Skylla und Charybdis, zwischen der Enttäuschung und Entfremdung der eigenen Parteibasis und dem Verlust jeglicher machtpolitischer Option. Will man die eigenen Anhänger*innen an der Stange halten, indem man an Positionen festhält, die klar nicht mehrheitsfähig sind? Oder will man riskieren, dass der eigenen Partei der linke Flügel abhanden kommt, um hoffentlich die Verluste in der Mitte auszugleichen und dafür koalitionsfähig zu sein? Die Grünen-Parteiführung setzt alles auf die zweite Karte, und gespielt wird diese Karte von Robert Habeck.
Die Voraussetzungen dafür, dass diese Strategieverschärfung gelingen kann, liegen außerhalb des grünen Möglichkeitsraums. Einerseits müssen die Leute vergessen, dass Robert Habeck der Typ mit dem Heizungsgesetz ist und stattdessen wieder ihre Begeisterung für Habeck, den großen Kommunikator und moderaten Pragmatisten entdecken. Diese Prämisse steht bereits auf mehr als schwankendem Grund, aber dazu gleich mehr. Die zweite Voraussetzung ist, dass die mediale Berichterstattung sich ändert. Die Grünen können sagen was sie wollen, noch so viele Personalwechsel vornehmen und FAZ-Gastbeiträge veröffentlichen, wenn sich das Narrativ nicht ändert und weiterhin irgendwelche moralinsauren Fanatiker nur darauf warten, Oma den Altbau wegzuregulieren und Onkel Hans ein Lastenfahrrad aufzuzwingen, wird das wenig helfen. Auch das ist eine optimistische Hoffnung. Die dritte Voraussetzung ist, dass die Unionsparteien aufhören, die Grünen als Hauptgegner zu betrachten und sie als Koalitionspartner zu betrachten. Das ist angesichts der konzertierten Aktion und der Erfolge dieser Strategie (was die Reduzierung der Grünen angeht, weniger die Flurschäden) ebenfalls nicht ganz wahrscheinlich. Und das alles unter der Voraussetzung, dass die Grünen diesen Strategiewechsel tatsächlich so vollziehen.
Kümmern wir uns zuerst um den letzten Faktor. Es ist nämlich relativ unklar, was genau sie tun müssten. Der FAZ-Gastbeitrag und salbungsvolle Reden von bauchschmerzengeplagten Kompromissen sind der leichte Teil. Nur, was genau folgt daraus? Unter diesem Dilemma leidet ja die gesamte Migrationspolitik derzeit. Natürlich signalisiert Özdemir mit seiner Übernahme rechter Narrative (die Gefährdung „unserer Töchter“) den Richtungswechsel, aber wie Christoph Kappes in seiner Özdemir-Kritik hervorhebt folgt daraus ja nichts. Man kann schließlich schlecht jungen migrantischen Männern verbieten, Frauen hinterherzuschauen. Auch in der Begrenzung der Flüchtlings- und Asylbewerbendenzahlen ist, wie oft genug diskutiert, wenig Spielraum für entschlossenes bundespolitisches Handeln. Die Grünen laufen in Gefahr, in dieselbe Falle zu gehen wie die CDU und Erwartungen zu wecken, die sie unmöglich erfüllen können – ironischerweise genau das, was man ihnen bezüglich ihrer Ambitionen 2021 in die andere Richtung vorgeworfen hat.
Aber viel schwieriger sind die Voraussetzungen, die sie dafür benötigen.
Robert Habeck ist mit Sicherheit das stärkste Pferd im Stall, aber das liegt auch daran, dass der Stall nicht sonderlich gut bestückt ist. Nach drei Jahren als Außenministerin konnte Annalena Baerbock sich nicht profilieren. Ihre Zeit ist bereit abgelaufen, ihre beste Hoffnung ist eine weitere Amtszeit als Ministerin. Cem Özdemir hat seine Augen klar auf Baden-Württemberg geworfen. It’s Habeck or bust. Der Mann kann das grundsätzlich auch, und es wäre zu hoffen, dass er seine Lektion aus dem Heizungsdesaster gelernt hat. Aber angesichts der massiven Kampagne der BILD gegen ihn kämpft er definitiv gegen den (politischen) Wind. Seine Stärken werden durch seine hervorgehobene Stellung als Blitzableiter der Republik, der einerseits die Freiheit zerstört, indem er eine sozialistische Planwirtschaft einführt, andererseits aber so inkompetent ist, dass ihm nichts gelingen mag, mehr als ausgeglichen.
Die Hoffnung, dass die bürgerliche Presse erkennen möge, wie sehr sich die Grünen verbiegen und verleugnen und der CDU annähern, scheint mir mit Blick auf die Erfahrungen der SPD ebenfalls eher trügerisch zu sein. Die entsprechenden Biegungen der Partei wurden auch nicht goutiert; es war nie genug. Dazu kommt, dass die Narrative sich mittlerweile auch festgefressen und ein Eigenleben entwickelt haben. Das heißt nicht, dass hier keine Änderung möglich wäre. Aber die Grünen haben das letztendlich kaum in der Hand, weil politische Berichterstattung generell sehr losgelöst von der Substanz ist, egal, welche Partei es betrifft. Man denke mal nur daran, wie lang die FDP an der „Mövenpick-Steuer“ litt. Symptomatisch dafür kann der Welt-Artikel „Das Problem der Grünen mit dem Neustart„, der sich auf die Formel „die Partei ist unbeliebt“ zusammenbrechen lässt. Wenn aber das Problem der bürgerlichen Presse mit den Grünen ist, dass sie die Grünen nicht mag, ist jede personelle und inhaltliche Neuaufstellung irrelevant.
Bleibt zuletzt die Union selbst. Die hat sich diesbezüglich in eine strategische Einbahnstraße begeben, die sich wenn es dumm läuft auch noch als Sackgasse erweisen könnte (wie es in Brandenburg passiert ist). Es ist grundsätzlich die Hoffnung der Grünen, dass die CDU das erkennt und umsteuert. Nur hat man unter den eigenen Anhänger*innen entsprechende Erwartungen nicht nur nicht geweckt, sondern das genaue Gegenteil davon. Das schon fast pathologische Einschlagen auf die Grünen war letztlich ein Weg für die Union, die internen Widersprüche aus dem Weg zu räumen: man musste sich nicht mit der Problematik auseinandersetzen, dass Teile der eigenen Wählendenschaft erkennbar lieber mit einer autokratischen, putinhörigen Partei koalieren würden als mit einer demokratischen. Die Hoffnung ist erkennbar auf der Koalition mit der SPD, das „hessische Modell“. Das nordrhein-westfälische hat für die Bundespartei gerade wenig Attraktivität, und die SPD ist auf den aktuell problematischen Feldern mit einer Ausnahme wandlungsfähiger als die Grünen. Sie war es in den 1990er Jahren bereits einmal.
Es ist daher wenig verwunderlich, dass viele eher progressive Kommentator*innen zu negativen Analysen bezüglich des grünen Strategiewechsels kommen. Der Aufsehen erregendste davon war sicherlich Robert Pausch mit „Die Habeckisierung ist gescheitert„. Seine Analyse postuliert effektiv, dass die Grünen all die Schritte dieses Strategiewechsels bereits seit 2018 (als Habeck und Baerbock Vorsitzende wurden) betrieben und sich einer unideologischen Strategie pragmatischer Kompromisse verschrieben hätten. Dies sei offensichtlich weder von der Presse noch den politischen Gegnern goutiert worden. Entsprechend sei der aktuelle Versuch, mehr vom Gleichen zu unternehmen, zum Scheitern verurteilt. Ähnlich sieht das auch Jonas Schaible, der vor allem die die Hilflosigkeit der Partei betont.
Was diese Art der Argumentation stichhaltig macht, ist die Erfahrung der SPD. Dieselbe Dynamik plagte die Partei für über ein Jahrzehnt, und sie erholte sich nie davon. Dass Scholz 2021 mit rund 24% Kanzler werden konnte, wo Steinmeiers 23% im Jahr 2009 das schlechtesvorstellbare Ergebnis aller Zeiten darstellte, lag an der Schwäche der CDU und dem Aufstieg der vormaligen Kleinparteien, nicht an einer wiedergewonnen Stärke der SPD. Was genau wäre die Hoffnung der 10%-Grünen an dieser Stelle? „Mehr vom Gleichen“ ist nie ein besonders gutes Rezept, wenn man gerade am Verlieren ist.
Aber.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass diese Analysen ein zentrales Problem haben: so eingängig sie sind, sie bieten keine echte Alternative. Glaubt jemand ernsthaft, ein Kurs auf „open borders“ (um den verbrannten Begriff hier mal polemisch zu gebrauchen), Fleischverbot und Tempolimit, am besten mit „Liter Benzin für 10€“ gepaart, würde die Herzen für 20% bei den nächsten Wahlen gewinnen? Die Migrationsfrage ist gerade in einem gewaltigen Ausmaß salient. Die Grünen können das Thema nicht ignorieren, und ich sehe keine realistische Strategie, die nicht in den aktuellen Verschärfungsdiskurs einstiegt. Schon alleine deswegen, weil man das bisher verleugnet hat, wie ich im Podcast mit Ariane auch schon argumentiert habe. Hätte man eine vernünftige Alternative in der Schublade, könnte man die rausholen. Aber man steht blank. Das ist ein typisches Problem in der Politik. Alle Parteien außer den Grünen hatten das 2019 im Angesicht der FFF-Proteste, um nur ein Beispiel zu nennen. Aber deswegen müssen sie gerade dem Zeitgeist hechelnd hinterherrennen, nicht in der Hoffnung, Stimmen zu gewinnen, sondern die Verluste zu begrenzen.
Das ist ein schmaler Grat. Aber ich habe echt wenig Geduld mit Leuten, die erklären, dass Deutschland „Platz für jeden hat, der kommen mag“, wegen Fachkräftemangel. Wir brauchen halt eben nicht jeden und jede. Und da wird halt auch wie so oft in der Debatte wieder mal Migration mit Flucht mit Asyl alles in einen Topf geworfen und umgerührt. Wo von rechts gegen alles Stimmung gemacht wird, was von außen kommt und auf die Art jede sinnvolle Migrationspolitik untergraben wird, reißen solche Linke dieselben Grenzen von der anderen Seite in ihrem „open borders“-Enthusiasmus (und anders kann man das ja kaum nennen) ein. Das ist halt auch Quatsch.
Dasselbe gilt für die schon beinahe reflexhafte Kritik an Özdemirs sozialpolitischen Positionen. Ich habe ohnehin nie verstanden, wie die Grünen auf die Idee kamen, die Partei des Sozialstaats werden zu wollen (einer der vielen Fehler in der Ampelregierung). Aber Özdemir packt das in einen Nebensatz. Das hat zwei Dimensionen: einerseits ist es ein Öffnungsangebot an die CDU. Anders als mit der SPD sind mit den Grünen Sozialstaatsreformen zu machen. (Ob das klappt, sei mal dahingestellt, aber es passt wenigstens in die Gesamtstrategie.) Auf der anderen Seite ignoriert die Kritik, was Özdemir im nächsten Satz auch sagt: „Mehr gezielte Leistungsanreize und starke öffentliche Institutionen.“ Die „Leistungsanreize“ sind wie die „Transferleistungen“ die übliche Rhetorik der bürgerlichen Parteien, aber „starke öffentliche Institutionen“ öffnet den Pfad für eine eher progressive Sozialstaatsreform. Denn das Ausschütten von Transferleistungen mit der Gießkanne ist ja tatsächlich nicht eben der Weisheit letzter Schluss, und von einem funktionsfähigen, starken Staat profitieren Ärmere deutlich überproportional gegenüber Wohlhabenderen. Die alte Weisheit, dass man sich einen armen Staat leisten können muss, findet in Özdemirs Formel auch Platz.
So zeigt sich grundsätzlich ein mit starkem bürgerlichen Anstrich versehenes, grundsätzlich linksliberales Profil. Dass das nicht allen gefällt, ist klar. Ob es dafür einen Markt gibt, ist unklar. Die Hoffnungen der Grünen ruhen auf drei Ländern: Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein einerseits, die bereits schwarz-grüne Regierungen haben, in denen ordentliche Bilanzen sichtbar sind, die für beide Partner etwas haben und die von fairem Umgang geprägt sind. Und natürlich Baden-Württemberg, dem Testfall par excellence für die Grünen. Dreimal stellten sie mit Winfried Kretschmann den Ministerpräsidenten, indem sie sich bürgerlicher gerierten als die CDU. Özdemir scheint klare Ambitionen zu haben, Kretschmann zu beerben, der 2026 nicht noch einmal kandidieren wird. Und ich kenne einen Minister, der Ende 2025 einen Job verlieren wird. Mehr Ländle wagen? Das scheint die aktuelle Strategie der Grünen zu sein. Ob sie aufgehen wird, kann nur die Zeit zeigen.
Klar brauchen wir nicht jeden, aber Du unterschätzt m.E. massiv, wie weit ökonomisch abgehängt (Basis) Deutschland zum Teil bereits ist, und welchen weiteren Effekt die Stimmung allein zusätzlich beitragen wird. An der Schnittstelle Grün/Gelb hätten sehr wohl viable alternatives bestanden – das beweisen die USA gerade. Stattdessen hat man sich -in Koalition- als Gegner aufgebaut (was FDP-Wähler offensichtlich auch nicht goutieren) und damit m.E. die von Dir kritisierten Narrative selbst mit verursacht. Du unterschätzt m.E. im Gesamt-Gefüge sehr wohl die Rolle Russlands, aber vor allem was das wirtschafts-strategisch gegenüber China bedeutet. Sorry, aber während ich die USA wieder mehr als ’shining city on a hill‘ sehe, werde ich zunehmend um Schlaf gebracht, denk ich an Deutschland in der Nacht…
Dass die Grünen und FDP hätten eine Fortschrittskoalition bilden können, sag ich seit 2021. Dass sie das nicht getan haben, ist ihr historisches Versagen.
Mir wäre eine Realitätskoalition lieber. Aber das politische Deutschland und die Realität schließen sich leider gegenseitig aus.
@ Tim 2. Oktober 2024, 11:07
Aber das politische Deutschland und die Realität schließen sich leider gegenseitig aus.
Leider wahr.
Gleiche Frage wie an Tim: Was ist eine Realitätskoalition?
@ Stefan Sasse 2. Oktober 2024, 12:28
Gleiche Frage wie an Tim: Was ist eine Realitätskoalition?
Mit realistischen Chancen? Sehe ich nicht.
Dunning und Kruger stellen also fest, dass sich das politische Deutschland und die Realität leider gegenseitig ausschließen? Selten so gelacht!
Was wäre eine Realitätskoalition für dich?
Eine Koalition, die die 3 wichtigsten und zugleich drängendsten Probleme unseres Landes definiert, effiziente Lösungen beschließt und sich ansonsten still verhält.
Meine Themen-Vorschläge: 1. Verteidigung, 2. Entbürokratisierung, 3. vernünftige Energiepolitik.
Mit dem Wähler nicht machbar, I know.
„Mit dem Wähler nicht machbar, I know“
Mag halt am Ende sogar entscheidender sein als alle Staatspolitik. Denn selbst wenn ich es mit ‚Mentalität‘ umschreibe, und mir bspw ihren 2. Punkt so anschaue… Mir fallen ja schon so manche Situationen ein, bei denen ich dachte ‚de-jure gibt es das in den Staaten ja schon eigentlich auch‘ 😉
Kein Widerspruch von meiner Seite. Die USA sind mitnichten das neoliberale Paradies der Cowboys, für das sie einige noch immer halten.
Ich sehe es auch politisch als unrealistisch.
1) Das ist machbar. Pack Grüne und CDU zusammen und das Problem ist weitgehend gelöst.
2) Das ist halt in der Praxis wie schon öfter diskutiert super schwer.
3) Was ist „vernünftig“? Daran scheiden sich ja die Geister. Niemand ist gegen „vernünftige“ Energiepolitik. Für mich ist das schnellstmögliche und umfassende Dekarbonisierung und Umstieg auf Erneuerbare. Für dich wohl eher nicht.
2) Das ist halt in der Praxis wie schon öfter diskutiert super schwer.
Innerhalb der EU ist es sogar weitgehend unmöglich.
Für mich ist das schnellstmögliche und umfassende Dekarbonisierung und Umstieg auf Erneuerbare. Für dich wohl eher nicht.
Offenbar liest oder verstehst Du nicht, was ich hier so zur Energiepolitik schreibe.
Mea culpa, vermutlich werf ich dich grad mit anderen in nen Topf 🙂
Danke für die Entschuldigung & kein Problem. Für mich seid ihr Kommunisten ja auch alle gleich. 😀
😀
1. Verteidigung -> ja
2. Entbürokratisierung -> ja (inklusive einer technisch tiefgehenden Debatte, warum viele staatliche IT-Projekte so dermassen underperformen. Das hat nämlich systemische Ursachen)
3. vernünftige Energiepolitik. Ich höre immer, dass die Strompreise in Deutschland so stark gestiegen wären. Für Industriestrom sehe ich nur einen temporäer peak (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/252029/umfrage/industriestrompreise-inkl-stromsteuer-in-deutschland) und für Haushaltsstrom sind die Preise 2014 bis 2024 mit anualisiert 1,6% stärker als die Inflationsrate gestiegen. Das ist jetzt auch nicht so dramatisch.
Strompreise für Haushalte 2014 bis 2024: 41%, Inflation 35%.
1,016 ^ 10 = 41 / 35 (ungefähr).
Ich sprache von Energiepolitik, nicht bloß von den Strompreisen. Die Kosten der Energiewende werden bis jetzt auf etwa 700 Mrd. Euro geschätzt. Das ist kolossal ineffizient und eine Folge des deutschen Energiewende-Ansatzes: maximal bürokratisch mit geringen marktwirtschaftlichen Anreizen. Dass der ganze Spaß auch noch außerordentlich unsozial konzipiert ist (ich sage eigentlich lieber: asozial, aber dann korrigieren mich andere Diskussionsteilnehmer meist :-), ist der Gipfel des Wahnsinns.
Die Strompreise sind ein wichtiger Indikator für die Qualität der Strompolitik. Natürlich nicht der einzige.
Weitere:
– CO2 Ausstoß. Der ist wegen Braunkohle-Verstromung noch relativ hoch. Auch wegen der Abschaltung der Stromkraftwerke natürlich.
– Stabilität der Versorgung: In Deutschland gibt es eigentlich keine Stromausfälle. Nur höchst lokal, wenn etwa bei irgendwelchen Arbeiten ein Versorgungskabel durchschneidet.
Noch vor 15 Jahren fiehl in Chile ca 7 Mal im Jahr der Strom aus. Das hat sich sehr verbessert.
– Kosten für Subventionierung.
@ Floor Acita 2. Oktober 2024, 06:06
@ Stefan Sasse 2. Oktober 2024, 08:39
Ich bin grundsätzlich bei Euch beiden und sehe auch mögliche verpasste Chancen. Doch obwohl sich an der grundlegenden Migrationssituation seit Amtsantritt der Ampel-Regierung wenig getan hat – die starke Reaktion auf Solingen könnte der Tatsache geschuldet sein, dass sich die CDU seit vielen Jahren mal wieder in der Opposition befindet und auch die Gelegenheit nutzen wollte, davon abzulenken, dass die Ursache für all das auf Entscheidungen einer Unions-Kanzlerin basiert – hat sich doch in der Welt und in Deutschland Einiges getan.
Speziell der Überfall Russlands auf die Ukraine, aber auch ein Stück weit die Situation in den USA, der Konflikt im Nahen Osten oder die schlechter werdenden Wirtschaftsnachrichten hatben Angst, Unsicherheit, Gereiztheit, Rückwärts-Gewandtheit etc. deutlich verstärkt. Viele Medien agieren immer aufgeregter, Thesen, Argumente und eingeforderte Maßnahmen werden immer extremer. In dieser Situation lässt Kanzler Scholz auf der einen Seite klare Antworten und nach außen sichtbare Führung vermissen (sind wir bereits von Angela Merkel gewohnt – im Westen also nichts Neues), schafft es aber nicht, die bunte Parteien-Mischung ruhig zu halten, so dass aus Ecke der Regierung und aus jeder Ecke einer jeden Partei Vor- und Ratschläge auf die Wähler einprasseln.
Die entstandene Unsicherheit braucht ein Ventil, und das ist gerade die Migrationsthematik; hier kann man wenigstens etwas bewirken – glaubt man zumindest. Wer hier im Lead ist, kann man an den Wahlergebnissen ablesen.
Was von den Wählern dabei übersehen wird (und die Politiker sorgen dafür, dass das so bleibt), ist die Tatsache, dass unser Staat die gleichen Probleme, die jetzt den Migranten angelastet werden, schon vorher hatte: zu hohe Sozialausgaben, die Gestaltungsspielräume einengen; dadurch ein gewaltiger Investitionsstau bei jeglicher Art von Infrastruktur; ein überfordertes Bildungssystem (Integrationsbemühungen inklusive); überforderter Rechtsstaat; überforderte bürokratische Strukturen; fehlender bezahlbarer Wohnraum.
In diesen aktuellen Grundkonflikten kommen von den Grünen und den Liberalen diametral entgegengesetzte Lösungsansätze: mehr vs. weniger Staat (bzw. Vorschriften / Gesetze), stärkere soziale Absicherung vs. mehr private Eigenverantwortung, Konzentration auf Klimaschutz vs. Schutz der eigenen Wirtschaft etc., wobei beide den grundsätzlichen Vorstellungen ihrer Mitglieder folgen, wiederum nur überleben können, wenn es ihnen gelingt, darüber hinaus Wähler anzusprechen.
Ist vielleicht einfach nur eine Scheiß-Zeit, um auf die erforderliche Art innovativ zusein, ohne Wähler zu vertreiben. Denn die wollen derzeit Sicherheit und klare Ansagen, keine Veränderungen.
Ja, das spielt sicherlich stark mit rein. Und ich denke, die Ampel hat relativ gut auf die Ukraine reagiert. Danke für die differenzierte Sicht.
@ErwinGabriel
Ich stimme mehr oder weniger zu, und hätte allzu gerne einen liberalen Ansatz gesehen, aber ehrlich gesagt steht sich die FDP ja hier selbst im Weg (Investitionen, Festlegen auf ‚Zukunftsmodell (was ist bspw Schlüsselindustrie falls Autoindustrie wegfällt vs Schuldenbremse), auch wenn die grüne Realität problematisch ist – Ursula von der Leyen ist ja auch keine Grüne.
@StefanSasse
Hat einigermassen ok auf Russland reagiert, aber was ‚era of imformation warfare‘ angeht sind wir grottig – die Washington Post schlägt regelmässig die DPA was Wachsamkeit angeht, und der BND spart an Klimaanlagen und treibt Experten nach St Petersburg waterfront…
Richtig, aber gerade was das decoupling angeht, die Zeitenwende etc. sehe ich kein Szenario, in dem Jamaika oder Schwarz-Rot besser agiert hätte.
Ich habe das Gefühl, die Rhetorik ist so nach rechts gekippt, dass die Umkehr nach links bevorsteht (oder es eben abkippt Richtung AfD, dann ist eh egal). Insofern halte ich es für die Grünen eher richtig, sich wieder ideologisch zu verhärten.
Das große Problem der Grünen und SPD ist doch, dass sie ihre Kernklientel verlieren. Es wird immer von issue ownership gesprochen, aber wenn man dann sein eigenes Thema nicht erfolgreich durchsetzt verliert man diese am Ende noch. Die Grünen haben keinen effektiven Klimaschutz betrieben, sondern eher alles aufgeweicht und tun dies womöglich konsequent bis zur Wahl. Die SPD schafft es nicht, den Mindestlohn zu erhöhen; gemeinsam kriegen die beiden Parteien nicht mal Kindergrundsicherung hin. Die Rente liegt wieder auf Eis. Kein Wunder, wenn man dann den Glauben an diese Parteien verliert.
Die Erfahrung zeigt auch, wie es einer Juniorpartei der CDU ergehen kann. Die SPD hat in den großen Koalitionen kein Profil gewinnen können, sondern musste immer wieder im Sinne eines Kompromisses beigeben, wo Union sich durchgesetzt haben.
Daher halte ich parteitaktisch es tatsächlich für klüger, nicht zu regieren. Dann ist man eine Periode lang nicht der Blitzableiter. Man kann sich neu aufstellen und vielleicht auch kommunizieren, aus der Regierung „gelernt“ zu haben. Natürlich erhöht man auch den Druck beim Klimaschutz, wenn die anderen Parteien es verbaseln.
Die Grünen hoffen vielleicht, der SPD den Rang abzulaufen als Sozialstaatspartei. Aber da sehe ich die Linke sogar noch stärker thematisch verwurzelt. Insofern könnte eine Partei aus alter Linker und enttäuschten Grünen mit sozialökologischem Profil vielleicht sogar erfolgreich sein.
Was Kamala Harris für mich ausmacht, ist ja eine positivere Sicht auf die Zukunft. Diese Machbarkeitsidee ist auch bei den Grünen präsent, lässt sich aber bei zwei Parteien natürlich trennschärfer formulieren. Dennoch denke ich, dass es auch Leute gibt, die nicht immer nur hören wollen, wie schlimm es um das Land steht (und natürlich immer wegen Migration).
Es gibt auch Leute, die wegen der Richtung der Migrationspolitik frustriert sind und eine Option suchen, die dort nicht nach rechts schlägt. Anders als du glaube ich auch, dass es alternative Vorschläge gibt, die aber nicht präsentiert werden. Es gibt ja z.B. Städte, die erfolgreich agieren und bestimmt Konzepte haben.
Letztendlich glaube ich, dass dein „wir brauchen nicht jede und jeden“ falsch ist. Wir können Migration im Sinne von Flüchtlingen kaum steuern und diese wird durch Klimakrise und Kriege nicht weniger werden. Da ist es sinnvoller, damit umzugehen.
Letztendlich glaube ich, dass mit Investitionen in Infrastruktur (Brücken, aber auch Schwimmbäder und Sprachkurse) mittelfristig wieder Vertrauen entsteht, dass der Staat die Probleme angeht und lösen kann. Dieses Vertrauen ist in der Corona-Zeit spätestens gebrochen und wird durch Schuldenbremse – Fetische nicht erneuert. Mit der Union sehe ich das aber nicht. Unter Merkel nix gemacht und jetzt auch nicht gerade der Eindruck, dass da viel ist außer noch ein bisschen mehr Verbrenner.
Ich bin unsicher, was die Konzentration auf das Kernklientel angeht. Denn das ist bei maximal 10%, eher weniger. Und Opposition – kann klappen, kann daneben gehen. Es ist schlicht unklar, deswegen lass ich das im Artikel auch so offen.
Du kannst es politisch nicht verkaufen, „einfach damit umzugehen“. Die Politik MUSS irgendwas machen. Auch das sieht man in den USA. Obama hat mehr abgeschoben als Trump!
Was das Vertrauen angeht: ja!
«Die SPD schafft es nicht, den Mindestlohn zu erhöhen»? Die SPD hat den Mindestlohn in den letzten 3 Jahren um über 30 % erhöht! Glaubst deine Märchen eigentlich selber?
Nein, denn der Mindestlohn wird durch eine Kommission festgelegt. Wie man gesehen hat, als er zuletzt in der Inflationsspirale von 12,00 Euro auf ganze 12,40 erhöht wurde. Da nimmt man die Arbeitnehmer mit!
???? Die Kommission wurde einfach beseitegewischt, als der Mindestlohn von 10 auf 12 Euro stieg. Also hat der wasauchimmer einen Punkt, auch wenn er die Erhöhung überschätzt hat.
Ja und die Kommission hat so versagt, dass die SPD eine außerordentliche Mindestlohnerhöhung direkt wieder für den nächsten Wahlkampf vorgeschlagen hat. Genau wie bei der Erhöhung auf 12€ und der Einführung insgesamt.
Ja und die Kommission hat so versagt …
Ach, die Kommission, die die SPD selbst zur Entkoppelung der Mindestlohnfindung von politischem Populismus mit eingeführt hat, hat „versagt“, weshalb die SPD quasi gezwungen ist, für die sprunghaften Erhöhungen die Kommission erneut beseitezuwischen? Dann weiss die Union ja Bescheid …
Gruss,
Thorsten Haupts
Wenn die Seite der Arbeitnehmer komplett überstimmt wird, ist das nicht die einvernehmliche Kommissionslösung, die man mit Schaffen der Kommission angestrebt hat.
Es ist halt völlig legitim und imo auch politisch klug von der SPD, das dann im Wahlkampf wieder mitzuschleppen. Die Maßnahme ist nämlich so populär, dass die Union – die ja oft auch nicht dumm ist – das mitgetragen hat, damit wirbt, dass wir dank ihr jetzt einen Mindestlohn haben!, und dafür dann der SPD was anderes abnimmt (Agrardiesel oder sowas). So funktioniert Politik.
Padde 2. Oktober 2024, 07:12
Daher halte ich parteitaktisch es tatsächlich für klüger, nicht zu regieren.
Derzeit ist (als Partei) nur die Union wirklich willens und in der Lage, „Verantwortung zz übernehmen“. Alle anderen Parteien wollen oder können nicht. Und jede Partei, die in die Regierung geht, wird verlieren, weil sich unsere in Jahrzehnten aufgestauten Probleme nicht mit drei schnellen Entscheidungen in ein paar Wochen lösen lassen.
Dass sie „in der Lage“ ist, sehe ich noch nicht…
@ Padde 2. Oktober 2024, 20:32
Dass sie „in der Lage“ ist, sehe ich noch nicht…
Meinerseits wohl unscharf formuliert. Die CDU wäre die einzige Partei, die in die Regierung gehen kann, ohne starke innere Konflikte bewältigen zu müssen.
Dass sie in der Lage wäre, gegen eine Wählerschaft, deren größter Teil sich krampfhaft an die vergleichsweise „heile Welt“ von gestern klammert, die nötigen Reformen umzusetzen, sehe ich auch nicht; erst recht nicht mit einem Koalitionspartner am Bein.
Weiß nicht, die Grünen und die SPD scheinen mir schon zu wollen?
„Sie hat in Teilen der Grünen die Einsicht reifen lassen, dass ein Rechtsruck der Partei den Ausweg aus der elektoralen Krise bedeute – durchaus vergleichbar mit der Stimmung in der SPD zur Agenda-Zeit in der zweiten Hälfte der 2000er Jahre.“
Ich mag diese Arte der Analyse nicht, da sie ausschließlich auf Wählerstimmen und Stimmungen und gar nicht auf Inhalte eingeht. Natürlich sind die Ausrichtung auf möglichst viele Wählerstimmen ein sehr wichtiger Teil aller (Partei)politik und ich will gar nicht bestreiten, dass die Akteure sich stark danach richten und das man das gewinnbringend analysieren kann.
Aber handeln die Akteure, gerade während sie in Regierungsverantwortung sind, nicht auch aus Überzeugung und dem Wunsch Probleme zu lösen? Und treffen sie dabei nicht oft Entscheidungen die bei den Wählern, und nicht zuletzt den eigenen Wählern, nicht sofort auf Gegenliebe stoßen?
Ich habe z.B. Schröders Agenda-Politik oder Fischers Außenpolitik damals eher so verstanden und aktuell eben die Zeitenwende im Bereich Militär und Einwanderung auch.
Ja, du hast völlig Recht. Den Aspekt hab ich sehr unterbeleuchtet. Ich dachte irgendwie das ist implizit, aber du hast völlig Recht dass es das nicht ist.
„Man kann schließlich schlecht jungen migrantischen Männern verbieten, Frauen hinterherzuschauen“.
Das ist aber ein unschöner Euphemismus. Es geht doch um deutlich schlimmere Frauenfeindlichkeiten als das Hinterherschauen, oder?
Außerdem kann man schon eine ganze Menge machen, um das Klima indem diese Frauenfeindlichkeit wächst zu ändern (die es natürlich nicht nur in bestimmten migrantischen Milieus gibt, aber da eben doch überproportional).
Außerdem kann man schon eine ganze Menge machen, …
Jetzt bin ich neugierig. Was genau, bitte, kann „man“ machen?
Jetzt ganz unabhängig von anderen Problemen, „Kollateralschäden“ und sonstigen Bedenken und unter der Annahme, dass frauenfeindliche und toxisch männliche Einwanderer-Milieus existieren und ein wichtiger Teil des Problems sind einfach mal ein kleines Brainstorming.
Hartes Durchgreifen und verbieten islamistischer Verbände und Religionsgemeinschaften, Verbänden, Moscheen, Koranschulen usw. Abschaffen übermäßig migrantisch geprägter Stadtteile, Schulen und anderer Arenen (Stichwort „Ghettogesetz Dänemark). Gezielte Polizei- und Sozialarbeit z.B. im Vermeiden bzw. Überwachen von Gruppen und Ansammlungen, speziell an problematischen Orten und Zeiten (Stichwort Silvesternacht Köln HBF, oder eine Stufe drunter am „hier bitte Markt- oder Bahnhofsvorplatz deiner Wahl einfügen“). Verbot religiöser Symbole insbesondere geschlechtsspezifischer. Null Toleranz für Geschlechtertrennung und Ungleichbehandlung aller Art (z.B. in religiösen Räumen, aber auch individuell bei Nichtteilnahme an gemischtem Unterricht oder Klassenfahrten, Handschlagverweigerung usw.) Konsequentes moderieren und Einschränken sozialer und anderer Medien. Demonstrations- und Auftretungsverbote usw. Deutliches Ächten von und aktives Eingreifen bei übermässig patriacharlischer und Frauenfeindlicher Erziehung.
Aber auch den Einfluss positiver Methoden wie Aufklärung, Erziehung, Vorbildfunktion usw. würde ich gar nicht unterschätzen.
Klingt gut.
Stimme weitgehend zu. Mit der Einschränkung, dass es in Deutschland genau dazu weder den politischen Willen noch die dafür notwendige mediale Unterstützung gibt, also sind das leider utopische Überlegungen.
Nicht alles utopisch. Aber es ging mir ja darum, zu zeigen, dass man durchaus etwas machen könnte. Nicht ob sich das aktuell umsetzen ließe.
In meiner Welt gilt: Wenn man etwas nicht umsetzen KANN, übersetzt sich das direkt in „da kann man nichts machen“. In Ihrer nicht?
Soll man nichts mehr fordern oder auch nur benennen weil es aktuell noch nicht umgesetzt wird oder es aktuell keine Mehrheit gibt? Dann kann man sich politische Diskussionen auch gleich ganz sparen.
In meiner Welt ist die Hürden für kann man nichts machen doch um einiges höher.
Außerdem gibt es direkt für meinen ersten Vorschlag ziemlich aktuell ein Beispiel. Bundesinnenministerin Faeser verbietet das „Islamische Zentrum Hamburg“ und dessen Teilorganisationen.
https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2024/07/exekutive3.html
Auch orthodoxe Juden geben fremden Frauen nicht die Hand uns sitzen in der Synagoge getrennt. Auch ausweisen?
Ich sprach nicht von ausweisen. Aber allgemein habe ich dafür, unabhängig von welcher Religion, wenig Verständnis.
Ich habe außerdem am Anfang deutlich gemacht, was ich bei der Aufzählung nicht näher berücksichtige.
Naja, grundsätzlich gleiches Recht für alle, nicht?
Ja
Ich glaube dass Özdemir im Artikel davon gesprochen hat. Zumindest kam es in der Debatte vor. – Aber generell kannst du die meisten Arten dieser Frauenfeindlichkeit nicht verbieten.
Noch mal, es geht doch nicht nur um Hinterherschauen. Es geht (auch im Artikel explizit genannt) auch um Belästigung, Vergewaltigung und Mord.
Und selbst wenn es nur um die „milden“ Vergehen ginge. Klar kann man die nicht einfach Verbieten und das wars. Aber das Argument „toxische Männlichkeit kann man nicht verbieten, machste nix dran, nächstes Thema“ würdest du doch unter deinen Artikeln dazu auch nicht durchgehen lassen.
Ich glaube du missverstehst meinen Punkt. Ich habe in meinen vielen Artikeln zu dem Thema noch nie gefordert, toxische Männlichkeit zu verbieten. Einfach, weil es eine absurde Forderung ist. Meine Forderungen gingen immer in die Richtung, gesellschaftliches Bewusstsein zu verändern. Und deine Vorschläge in dem anderen Kommentar gehen ja in die entsprechende Richtung.
Eben. Deshalb war ich auch so verwundert, dass du das so mit „kann man halt nicht verbieten“ beiseite zu wischen schienst.
Ich wische nur die populistische Idee, dass man da quasi einmal auf den Tisch hauen könnte und ein Gesetz erlassen beiseite.
Ach so. Na das versteht sich ja von selbst.
Vielen Dank für die ausführliche Darstellung!
Ich glaube das dieser Spagat mögliche Volkspartei auf der einen werden zu wollen, aber eigentlich gesetzter Juniorpartner zu sein auf der anderen Seite einen Zielkonflikt produziert, an denen die Grünen scheitern müssen.
Bevor ich ausführe, was ich damit meine lass uns doch nochmal auf die Grünen schauen.
Das „Grüne“ Kernthema war eigentlich schon immer eher ein Nischenthema, dass viel zu lange von den großen Parteien nicht Ernst genommen wurde. In dieser Lücke konnten die Grünen sukzessive elektorale Erfolge erringen. Mit der Abschaffung der Atomkraft haben die Grünen einen großen politischen Erfolg errungen – jedoch auch ein Stück weit sich damit des Fundaments entzogen auf dem sie gebaut sind. Während die Abschaffung der Atomkraft in Deutschland noch ein messbares und erreichbares Ziel war, so ist Klimaschutz ungleich komplexer und mit deutlichen höheren Kosten verbunden. Und ein echtes Konzept, wie man Wirtschaftserfolg und Umweltschutz zusammenbringt haben die Grünen ebensowenig, wie die CDU oder SPD. Man wählt aber die Grünen, da man ihnen die Kompetenz für diese Themen zuschreibt und als Add-On von CDU (und früher SPD) das eine ganz gute Sache findet.
In Baden Württemberg hatten die Grünen einen historischen Glücksfall, als neben einem im bürgerlichen Lager vermittelbaren Spitzenkandidaten, der Wechselstimmung nach 58 Jahren CDU Regierung auch noch der Rückenwind aus dem Fukushima Unglück, die Parte plötzlich so stark machte, um mit der SPD eine Koalition bilden zu können. Eine nachhaltige Etablierung in Baden Württermberg fällt den Grünen aber schwer, denn bei den Kommunalwahlen konnten sie an die guten Ergebnisse im Land dann wiederum nicht anschließen. Insofern sind sie inn BaWü ein Koloss auf tönernen Füße und die Umfragen sehen sie zwar bei rund 19 %, aber das sind 12 -Prozentpunkte hinter dem Wahlergebnis von 2021.
Zusätzlich droht die Hessen-Falle: Ja Wüst und Günther regieren gut mit den Grünen – aber wenn der Bogen überspannt wird, kann es auch ganz schnell ganz anders aussehen.
Robert Habeck richtet die Partei jetzt wieder als Partei der Mitte aus – hierfür muss die Partei ihre USPs ein Stück weit aufgeben und wird damit beliebiger. Wo soll da die Attraktivität gegenüber CDU oder SPD herkommen? Ich fürchte die Grünen werden dann nach Links mehr Stimmen verlieren, als sie aus der Mitte gewinnen können. Es wird aber auch nicht ein so großer Gewinn, dass man vor der Union, oder der SPD stehen könnte. Denn so schlagkräftig ist das Klima-Thema nicht – Soziale und Wirtschaftliche Fragen schlagen dann immer stärker aus und hier werden SPD und CDU höhere Kompetenzwerte zugeschrieben (zusätzlich haben sie hier auch die glaubwürdigeren Vertreter).
Ja, die Gefahren sind klar ersichtlich. Aber ich sehe zumindest das Rational dahinter.
Danke für´s Kaffeesatzlesen. An dem ich mich nicht beteiligen werde – schau´n wir mal 🙂 .
Hey, manchmal muss man was riskieren 😉
Dieses Jahr ist das besonders mutig
Ja, ja stimmt schon. Und danke für deine blogistische Risikobereitschaft. Wäre andernfalls ziemlich öde; lieber so.
Dazu ein Leckerli aus 2021. Stefan Sasse in diesem Blog im Nachgang zur damaligen Bu-Wahl:
„Olaf Scholz‘ Bekenntnis noch in der Wahlnacht, nicht nur eine Ampel anzustreben, sondern auch mit dieser Koalition 2025 zur Wiederwahl antreten zu wollen, zeugt von großem Weitblick. Sie sollte auch die Wände im Adenauer-Haus beben lassen.“
Ähm…..ja. Aber es kommt noch besser:
„Zeichnen wir zum Abschluss kurz das Szenario. Es ist 2025. SPD, Grüne und FDP schauen auf eine Legislaturperiode ohne größere Katastrophen zurück, die einige profilierte Reformprojekte hinbekommen hat. Sagen wir einfach: Aktienrente, Cannabislegalisierung und eine ordentliche CO2-Bepreisung. Nichts Spektakuläres, aber alles in allem solide Regierungsarbeit, für jeden Koalitionspartner etwas dabei. Im Frühjahr 2025 erklären Lindner, Habeck/Baerbock und Scholz, wie glücklich sie zusammen sind und dass sie sich um ein weiteres Mandat bewerben. Die Grünen erklären tapfer, dieses Mal stärkste Partei werden zu wollen, aber eigentlich ist allen Beteiligten klar, dass Scholz Kanzler bleibt. Möge der Bessere gewinnen, erklärt Lindner mit großzügigem Lächeln, kleiner Wettbewerb unter Freunden; die FDP bleibt so oder so die kleinste der beteiligten Fraktionen, aber das Finanzministerium ist sicher, damit die Veto-Macht und de facto mehr Einfluss im Kabinett als Habeck und Baerbock zusammen. Da kann man schon großzügig sein, wenn es um Wahlkampfrhetorik geht.“
Dann kam noch, wie doof und verzweifelt in Anbetracht der Lage die CDU so dasteht. O-Ton Stefan Sasse: „Im Gegensatz dazu steht die CDU vor einem Scherbenhaufen.“
…..was zweifelsohne zutraf. Aber Politik heißt ja: Scherbenhaufen wieder auflesen und schön alles zu neuem Hausrat zusammenkleben ohne sichtbare Fugen und die Welt ist wieder in Ordnung. Unterdessen zerdeppern dann andere ihr Zeugs.
Was ich der Fairness halber nicht unterschlagen will: Weiter unten bei dem Kommentaren hieß es dann:
Zitat Stefan Sasse 2021: „Nichts von dem was ich beschreibe ist unausweichlich oder unumkehrbar. “ Und vielleicht heißt es ja auch in 2060 oder so: Die so genannte Ampel damals war viel besser als ihr damaliger Ruf.
Das Wesen der Politik ist nu mal (neben der ständigen Produktion wiederverwendbarer Scherbenhaufen): Immer kommt was dazwischen (und meistens ziemlich viel davon), womit keine Sau gerechnet hat. Unter anderem deswegen sind „Koalitionsverträge“ (2021: 144 Seiten), die sich dann später als Lachkabinett herausstellen, auch so idiotisch. War früher alles besser^.
lol
Treffend formuliert. Die Grünen sind in einem Dilemma. Aber dass die Grüne Jugend zurücktritt bzw sich von der Partei abspaltet, wird am Ende der Stammpartei nur nützen. So ein Jugendverband ist mehr Last als Unterstützung.
Halte ich für eine gewagte These, milde ausgedrückt. Die Jugendverbände sind essenziell für die Rekrutierung neuer Führungskader. Ohne die hast ein echtes Problem.
Danke für den Artikel. Wenn ich so in Presse oder Twitter-Timeline gucke, fühl ich mich übrigens immer wie ein kleiner Außenseiter, weil mir die Grünen und Habeck insbesondere ja persönlich ein bisschen egal sind.
Als SPD-Sympathisantin bin ich eigentlich ganz entzückt, wenn die Grünen sich jetzt den Stempel der CDU 2.0 umhängen wollen^^
1) Ähnlich wie du bezweifle ich, dass es überhaupt einen Effekt nach außen hat, wenn sämtliche Bürgerlich-Konservativen im Narrativ gefangen sind, die Grünen sind bevormundende Open-Borders-Fanatisten, die morgen das Grillen verbieten und Genderstern verpflichtend einführen wollen.
Der „Mensch auf der Straße“ ist ja meist nicht so gut über die inneren Konflikte der Grünen informiert und Söder und die BILD werden morgen auch nichts nettes über Özdemir schreiben, sondern dass er jedem Deutschen den Kühlschrankinhalt vorschreiben will.
2) Mir aktuell noch unklar, ob die CDU gerade pragmatisch sind oder ähnlich wie die FDP da mehr ideologisch unterwegs sind, als wären sie die neuen Linken. (ja, mich fasziniert das auch)
Denn machtpolitisch wäre eine Koalition mit den Grünen vermutlich viel besser für die Union, die wollen so unbedingt, die schmeißen ja direkt alles über Bord für ein Bonbon. (kein Neubau eines AKW^^)
An der SPD wirds auch nicht scheitern, aber die kommen halt mit einem Forderungskatalog in die Verhandlungen und lassen sich jedes Zugeständnis teuer abkaufen. (und sie haben ne stabile Minderheit, die sich eh nach Opposition sehnt als Druckmittel)
Nur: das scheint mir auch relativ egal, denn Stand jetzt hätte die Union dann ne Palastrevolution und Verratsdiskussion an der Backe.
3) Da scheint mir schon das Risiko hoch, dass man plötzlich ohne Jugendverbände dasteht und die Wähler verprellt, die die Grünen wählen, weil sie die Grünen sind. Das sind auch die Leute, die die Drecksarbeit machen und im Regen an Wahlständen stehen oder stundenlang in langweiligen Gemeindesitzungen hocken (und denen – das wollen wir nicht vergessen – gerade ständig die Scheiben eingeworfen werden!)
Ich glaube so groß ist das Reservoir an Parteisoldaten bei den Grünen nicht, dass sich da schon immer genug Leute finden werden, die die Drecksarbeit machen und für stabile 8-10% sorgen.
4) wie die Grünen auf die Idee kamen, die Partei des Sozialstaats werden zu wollen
Das hab ich btw den Grünen nie abgekauft. Das ist für mich spiegelbildlich wie Klima oder progressive Ideen bei der SPD, wenn die Initiative von woanders kommt, machen sie mit, weil sie nicht dagegen sind, aber drauf verzichten, auch kein Problem – Prioritäten sind halt andere.
Und so läuft das doch auch, außer Paus hat sich nicht mal bei den Grünen jemand für die Kindergrundsicherung interessiert nicht mal als Pfand zum Abkaufen. Ans Klimageld (hahaha) möchte bitte keiner mehr erinnert werden und selbst die einzig erfolgreiche Maßnahme, die Soziales und Klima verbindet (Deutschlandticket) wird ohne Gegenwehr geschleift.
Immerhin: Benzin und Energie sind günstig (passt nicht so ganz zum Kern der Grünen, aber mein armutsgeplagter Geldbeutel dankt)^^
Jepp.