Bohrleute 89 – Zeitenwende in der Asylpolitik?, mit Alexander Clarkson

Von der „Abschiebeoffensive“ zu Grenzkontrollen hat die Verschärfung des Tons in der Migrationsdebatte, die nach dem Anschlag von Solingen deutlich an Fahrt aufgenommen hat, zahlreiche Initiativen und Maßnahmen produziert. Grund genug, genauer hinzuschauen und herauszufinden, ob hier wirklich eine „Zeitenwende“ in der Migration stattfindet oder ob es sich nur um Polittheater handelt. Mit Alexander Clarkson, Experten für Grenzregime, Migration und Diaspora-Gruppen vom King’s College London, spreche ich über all diese Themen.

~


Klick hier für Shownotes und Transkript:

Shownotes

»Zurückweisungen sind Sisyphosarbeit und haben begrenzte Effekte«

Im Interview mit dem SPIEGEL erläutert die Migrations-Expertin Victoria Rietig mögliche Vorgehensweisen zur Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen. Sie nennt zwei rechtliche Optionen: Zum einen könnten Länder in einer Notlage vorübergehend vom EU-Recht abweichen, was jedoch derzeit unwahrscheinlich sei, da die Zahl der Asylanträge zurückgegangen ist. Zum anderen könnten Zurückweisungen im Rahmen der Dublin-III-Verordnung erfolgen, was jedoch in der Praxis auf Widerstand stoße, insbesondere aus Nachbarländern wie Österreich.

Rietig betont, dass Zurückweisungen kurzfristig zwar die Einreisezahlen senken könnten, jedoch langfristig ineffektiv seien. Schleuser würden neue Routen finden und die Maßnahme würde letztlich zu wiederholten Einreiseversuchen führen. Sie plädiert für eine Doppelstrategie, die Kontrollen mit legalen Einwanderungswegen verbindet, um Migration zu steuern, anstatt sie zu blockieren. (Anna Reimann, Spiegel)

Der Mythos von der Notlage

Der Text thematisiert die rechtlichen und politischen Diskussionen um die Verschärfung der Asylpolitik nach dem Attentat von Solingen. Politiker wie Friedrich Merz und Nancy Faeser fordern verschärfte Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Asylsuchenden, was teilweise mit einer angeblichen Notlage begründet wird. Aus rechtlicher Perspektive ist jedoch klar, dass Zurückweisungen ohne Verfahren nicht durch das Flüchtlings- oder Europarecht gedeckt sind. Artikel 72 des EU-Vertrags erlaubt Ausnahmen nur in sehr spezifischen Fällen, die eine reale Bedrohung der öffentlichen Ordnung darstellen müssen, was im aktuellen Fall nicht zutrifft.

Grenzkontrollen und Zurückweisungen werden bereits praktiziert, jedoch oft rechtswidrig. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Grenzkontrollen nur unter bestimmten Bedingungen zulässig sind, die aktuell nicht erfüllt sind. Der Text warnt zudem vor der Gefahr, das Recht durch politische Entscheidungen auszuhöhlen, und betont die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit. (Matthias Lennert/Robert Nestler, Verfassungsblog)

Flexibel bis zum Äußersten

Der Artikel beschreibt die aktuellen innerparteilichen Spannungen bei den Grünen, insbesondere im Hinblick auf die Migrationspolitik. Robert Habeck, der designierte Kanzlerkandidat der Grünen, versucht enttäuschte CDU-Wähler, die sich nach Angela Merkel zurücksehnen, für seine Partei zu gewinnen. Dabei präsentiert er die Grünen als pragmatische und realpolitische Kraft. Dies spiegelt sich auch in der Migrationspolitik wider, in der sich die Grünen zunehmend flexibel zeigen. So unterstützte die Partei stillschweigend Abschiebungen, gegen die sie früher Widerstand geleistet hätte, was zu Unmut in der Parteibasis führte.

Innerhalb der Grünen gibt es zunehmend Kritik, insbesondere von linken Mitgliedern, die sich von der Partei entfremdet fühlen und die Abschiebungen nach Afghanistan als „Dammbruch“ betrachten. Gleichzeitig fordern realpolitisch orientierte Mitglieder wie Matthias Schimpf eine noch restriktivere Asylpolitik und betonen die Notwendigkeit, die Realität der Kommunen ernst zu nehmen.

Der kommende Parteitag in Wiesbaden, bei dem Habeck zum Kanzlerkandidaten gewählt werden soll, könnte von diesen Konflikten überlagert werden, insbesondere durch den Streit über den richtigen Kurs in der Flüchtlingspolitik. (Christoph Schult/Severin Weiland, Spiegel)

Ampel wollte Maximalforderung der Union akzeptieren

In den gescheiterten Migrationsgesprächen zwischen der Bundesregierung und der Union bot die Ampelkoalition überraschend an, irreguläre Migranten an den Landesgrenzen zurückzuweisen, ein zentrales Anliegen von CDU-Chef Friedrich Merz. FDP-Justizminister Marco Buschmann schlug vor, ein Pilotprojekt zu testen, um die rechtliche Zulässigkeit solcher Zurückweisungen zu prüfen. SPD-Vertreter zeigten sich ebenfalls offen für Verhandlungen.

Die Union lehnte den Vorschlag jedoch ab und bezeichnete ihn als taktisches Manöver der Regierung. CDU-Politiker Thorsten Frei betonte, dass eine „nationale Notlage“ umfassendere Maßnahmen erfordere, als lediglich ein Modellprojekt umzusetzen. Vertreter der Union glauben, dass die Koalition nie ernsthaft an einer Einigung interessiert war und die Verantwortung für das Scheitern den Christdemokraten zuschieben wollte.

Innerhalb der Ampelkoalition gibt es Widerstand gegen die Verschärfung der Asylpolitik. Besonders im linken Flügel der SPD wächst der Unmut über die Zugeständnisse, die in den Verhandlungen gemacht wurden. Einige SPD-Abgeordnete warnen davor, dass die harten Maßnahmen die rechte Rhetorik befeuern könnten. Sie betonen, dass eine Verbindung zwischen Migration und Sicherheit riskant sei und die Debatte weiter nach rechts verschiebe. (Marina Kormbaki/Serafin Reiber/Jonas Schaible/Christian Teevs, Spiegel)

Auf Europablindflug in der Asyldebatte

Der Artikel befasst sich mit den rechtlichen und politischen Implikationen der aktuellen Flüchtlingsdebatte in Deutschland. Im Zentrum steht die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz, eine „nationale Notlage“ auszurufen, um Flüchtlinge an den deutschen Grenzen zurückweisen zu können. Diese Forderung wird rechtlich kritisch betrachtet, da sie möglicherweise gegen das Europarecht verstößt. Merz beruft sich auf Art. 72 AEUV, der es EU-Mitgliedstaaten erlaubt, in Notlagen vom Unionsrecht abzuweichen. Allerdings, so der Artikel, gelten für diese Abweichungen strenge Voraussetzungen, die in der aktuellen Situation schwer zu rechtfertigen seien. Der Europäische Gerichtshof hat ähnliche Argumente bereits in Bezug auf Polen, Ungarn und Tschechien abgelehnt.

Der Artikel warnt vor den langfristigen Folgen eines solchen nationalen Alleingangs, sowohl für das Vertrauen in die deutsche Rechtsstaatlichkeit als auch für die europäische Zusammenarbeit. Er betont, dass die rechtlichen und politischen Lösungen für das komplexe Thema Migration nicht in schnellen, nationalen Maßnahmen liegen, sondern in einer gemeinsamen, europäischen Anstrengung. Die Autorin ruft dazu auf, die komplexen rechtlichen und politischen Zusammenhänge klar und differenziert zu kommunizieren, um populistischen Vereinfachungen entgegenzuwirken. (Franz C. Mayer, Verfassungsblog)

Die Illusion der Humanität

Der Artikel kritisiert das bestehende Asylsystem in Deutschland und stellt die Frage, ob die Verteidigung des aktuellen Systems tatsächlich moralisch richtig ist. Abschiebungen werden als zentraler, aber unpraktikabler und ungerechter Bestandteil des Systems dargestellt, da sie vor allem jene treffen, die sich an die Regeln halten, während andere ihre Identität verschleiern oder untertauchen. Es wird betont, dass es auch mit beschleunigten Verfahren weiterhin ein moralisches Dilemma gäbe, da viele Geflüchtete, die große Risiken auf sich nehmen, letztendlich keine Gewissheit haben, bleiben zu dürfen.

Ein weiteres Problem sei die de facto existierende Obergrenze, die durch die hohen Kosten und Risiken der Flucht entsteht und diejenigen bevorzugt, die genug Geld und Gesundheit besitzen, um die Reise nach Europa zu überstehen. Dies begünstigt vor allem Männer, während schutzbedürftige Gruppen oft zurückbleiben.

Der Artikel schlägt eine alternative Vision der Migrationspolitik vor, ähnlich wie das kanadische Modell. Schutzbedürftige Menschen sollen direkt aus Krisenregionen ausgeflogen werden, während unkontrollierte Migration durch Abschreckung begrenzt wird. Ziel ist es, humanitäre Hilfe zu leisten, ohne das System zu überlasten, und gleichzeitig Fachkräfte willkommen zu heißen, die qualifiziert sind oder bereits eine Arbeitsmöglichkeit haben. (Susmita Arp, Spiegel)

Sie wissen, was sie tun

In seinem Artikel kritisiert Florian Schroeder die Reaktionen auf die jüngsten Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen, bei denen die AfD große Erfolge erzielte. Er stellt fest, dass seit Jahrzehnten die Menschen im Osten Deutschlands mit Samthandschuhen behandelt werden, als ob sie besonders schützenswert und empfindlich seien. Diese Haltung, gepaart mit einer Politik, die versucht, abgewanderte Wähler zurückzugewinnen, habe das Problem nur verschlimmert. Die etablierte Politik hat sich selbst in die Ecke gedrängt, indem sie die Forderungen und Rhetorik der AfD teilweise übernommen hat, ohne dabei eigene klare Positionen zu vertreten.

Schroeder argumentiert, dass die Angst und der Hass, die in Bewegungen wie Pegida und nun auch der AfD zum Ausdruck kommen, lange Zeit als legitime Ängste dargestellt wurden, obwohl es sich seiner Meinung nach immer um Hass gehandelt habe. Der Versuch, populistische Positionen zu kopieren, sei ein Fehler der etablierten Parteien, der das Problem nur verschärft habe.

Der Autor fordert, dass man die Menschen im Osten nicht mehr als Opfer behandelt, sondern ihre Verantwortung für ihre Wahlentscheidung anerkennt. Der geringe Migrationsanteil in den betroffenen Bundesländern zeige, dass viele gegen etwas stimmten, das in ihrer Realität gar nicht existiert. Stattdessen sollten Politiker sich darauf konzentrieren, Politik für die Mehrheit der Menschen zu machen, die weiterhin die Werte von Freiheit und Demokratie schätzen, anstatt zu versuchen, Wähler zurückzugewinnen, die sich von diesen Idealen abgewendet haben. (Florian Schroeder, Spiegel)

Wie Friedrich Merz eine große Chance verstreichen ließ

In einem aktuellen Artikel wird die Strategie von CDU-Chef Friedrich Merz in der Migrationsdebatte kritisch beleuchtet. Merz war auf dem besten Weg, seine Forderungen in den Verhandlungen mit der Ampelkoalition durchzusetzen. Die Regierung zeigte sich bereit, seine zentrale Forderung nach Zurückweisungen von Migranten an der Grenze in einem Modellprojekt zu testen. Doch überraschend ließ Merz die Gespräche platzen, was zu großer Verwunderung führte, sowohl in seiner eigenen Partei als auch in der Öffentlichkeit.

Merz hatte sich in den letzten Monaten als Staatsmann präsentiert, der bereit ist, die Führung zu übernehmen. Doch durch sein Verhalten wirkt er nun wie jemand, der politische Spiele spielt, statt nach Lösungen zu suchen. Sein Ziel schien es, Stärke zu demonstrieren, doch am Ende steht er als unnachgiebig und kompromisslos da, was ihm schadet. Selbst innerhalb der CDU zweifeln viele an seiner Herangehensweise.

Das politische Kalkül von Merz könnte darin bestanden haben, die Regierung vorzuführen, doch diese war unerwartet bereit, weitreichende Zugeständnisse zu machen. Kanzler Olaf Scholz spottete über Merz’ Abbruch der Verhandlungen und warf ihm vor, sich aus der Verantwortung zu ziehen. Die öffentliche Wahrnehmung hat sich gegen Merz gewandt: Eine Mehrheit der Deutschen sieht in seinem Vorgehen reine Parteitaktik.

Merz riskiert, die CDU zu einer Ein-Themen-Partei zu machen, die sich nur noch auf Migration konzentriert. Diese Strategie könnte dazu führen, dass er zwar kurzfristig politischen Druck auf die Regierung ausübt, langfristig jedoch an Glaubwürdigkeit verliert. (Jonas Schaible, Spiegel)

Mein Deutschland bleibt offen

Die Zitate von verschiedenen Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Gesellschaft beleuchten die Dringlichkeit einer offenen und vielfältigen Gesellschaft in Deutschland und Europa. Sie setzen sich gegen Abschottung, Fremdenfeindlichkeit und populistische Vereinfachungen ein, die aktuell die politische Debatte dominieren. Besonders hervorgehoben wird, dass die Verteidigung der Menschenrechte, des Rechts auf Asyl und der Offenheit gegenüber Migranten nicht nur moralische, sondern auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Notwendigkeiten sind.

Cornelia Funke beschreibt Deutschland als ein Land, das ohne Vielfalt farblos und trostlos wäre. Michel Friedman kritisiert, dass es längst nicht mehr darum geht, Anfänge zu wehren, sondern dass die Menschenrechte bereits missachtet werden. Samira El Ouassil weist darauf hin, dass das universelle Recht auf Unversehrtheit und Menschenwürde im Vordergrund stehen muss, und nicht das Recht eines Staates, Menschen nach Nützlichkeit zu sortieren.

Viele der Stimmen heben hervor, dass Migration ein integraler Bestandteil einer offenen, demokratischen Gesellschaft ist, und betonen, dass Vielfalt nicht nur toleriert, sondern aktiv gestaltet werden muss. Auch wird der Ruf nach echter Solidarität und dem Schutz der Menschenrechte laut, wie es etwa Hans-Jochen Wagner und Tyron Ricketts betonen. Die Verschärfung des Asylrechts und der politische Diskurs gegen Geflüchtete werden als gefährlich für die gesellschaftliche und moralische Substanz Deutschlands gesehen.

Die Schlussfolgerung ist klar: Ein offenes Deutschland ist nicht nur eine humanitäre Notwendigkeit, sondern auch die Grundlage für eine lebendige, demokratische und zukunftsfähige Gesellschaft. (Hannah Clement, Anna Fastabend, Franziska Schindler, Matthias Kalle, Jens Uthoff, Nico Preikschat, Simon Barmann, Stefan Hunglinger, Ulrich Gutmair, Susanne Ruwwe, Tobias Bachmann, taz)

Nancy Faeser verspricht: Keine Staus trotz schärferer Grenzkontrollen

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat vor dem Start der erweiterten Grenzkontrollen versichert, dass diese keine großen Staus verursachen werden. Es sollen stichprobenartige, „smarte“ Kontrollen stattfinden, um irreguläre Migration, Schleuser und Kriminelle zu bekämpfen. Diese Kontrollen sollen sechs Monate dauern und gelten für alle deutschen Landgrenzen, obwohl solche Kontrollen im Schengenraum normalerweise nicht vorgesehen sind. Faeser betonte, dass diese Maßnahmen in enger Abstimmung mit den Nachbarländern erfolgen, nachdem Kritik, insbesondere aus Polen, laut wurde.

Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte die Kontrollen, da irreguläre Migration nicht im Interesse Deutschlands liege. Scholz betonte, dass Deutschland sich nicht immer auf das Vorgehen seiner Nachbarländer verlassen könne und die Kontrollen im Einklang mit europäischem Recht stünden.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz forderte eine Überprüfung der Wirksamkeit der Kontrollen und sprach sich für weitreichende Zurückweisungen an den Grenzen aus, was nach Einschätzung der Bundesregierung europarechtlich jedoch nicht zulässig ist.

Jean-Claude Juncker, ehemaliger EU-Kommissionspräsident, äußerte Bedenken über die langfristigen Auswirkungen der Kontrollen auf die europäische Integration und warnte vor der Gefahr, die Errungenschaften des Schengenraums zu gefährden. (Spiegel)

Wenn der Terror die Politik erzieht

Der islamistische Terroranschlag von Solingen hat in Nordrhein-Westfalen (NRW) eine grundlegende Wende in der Sicherheitspolitik ausgelöst. Die schwarz-grüne Regierung, insbesondere die Grünen, die in der Vergangenheit sicherheitspolitische Maßnahmen oft blockierten, zeigt nun mehr Handlungsbereitschaft. Neue Maßnahmen umfassen eine erweiterte Überwachung durch den Verfassungsschutz, stärkere Abschiebebehörden sowie die Absenkung der Altersgrenze für Überwachung auf 14 Jahre.

Der Anschlag verdeutlicht die Dringlichkeit, den Terrorismus ernsthafter zu bekämpfen, und zeigt, dass NRW auf Probleme aufmerksam wird, die auch andere Bundesländer betreffen könnten. Bemerkenswert ist, dass selbst Anregungen von der AfD aufgegriffen wurden, etwa die Einrichtung eines Expertenkreises zur Bekämpfung des Islamismus.

Die Maßnahmen betreffen auch salafistische Moscheevereine, die stärker überwacht werden sollen, jedoch bleibt der Entzug der Gemeinnützigkeit für diese Vereine bisher ungenutzt. Die Politik wird aufgefordert, konsequenter gegen extremistische Strukturen vorzugehen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen zeigt, dass die Regierung in NRW ihre Sicherheitsstrategie nach Solingen ernsthaft überdenkt – leider erst nach tragischen Verlusten. (Till-R. Stoldt, Welt)

Transkript:

00:00:00.50
stefansasse
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von den Bohrleuten. Die Ereignisse überschlagen sich gerade. Nicht nur ist Friedrich Merz Kanzlerkandidat geworden, sondern wir haben auch eine, und ich benutze das große Wort, Zeitenwende in der Migrationspolitik. Ausgelöst durch den Anschlag auf Solingen, über den haben wir hier im Podcast schon diskutiert. Heute wollen wir quasi etwas mehr in das nitty gritty schauen, nämlich welche Konsequenzen hat das jetzt eigentlich konkret in der politischen Umsetzung. Und es wurde viel darüber geredet,

00:00:23.78
Alex
Vielen Dank für’s Zuschauen.

00:00:30.49
stefansasse
dass es jetzt wieder Grenzkontrollen braucht, permanente Grenzkontrollen oder doch zumindest temporäre, dass man in irgendeiner Art und Weise wesentlich besser kontrollieren muss, wer in die Europäische Union slash nach Deutschland hineinkommt. Es gibt Befürchtungen, dass Schengen tot ist, dass quasi Europa kurz vor dem Kollaps steht. Und um das alles einzuordnen und zu versuchen, da ein wenig Verständnis in diese ganz leicht aufgeregte Debatte zu bringen, habe ich mir einen Experten herangeholt, der hier schon öfter im Podcast war. Hallo Alex.

00:00:59.44
Alex
Hi, hi, es ist Alex Klaxon.

00:01:01.24
stefansasse
Du bist Experte für Migrationspolitik und europäische Grenzregime an einerseits und diaspora Erfahrungen von Migranten in Deutschland andererseits. Ich weiß nicht, wie sehr das zweite Thema heute von relevant sein wird, aber auf jeden Fall die Grenzgeschichten und Migrationsgeschichten, die werden uns heute ganz stark beschäftigen. Noch einmal kurz quasi der Recap. Worüber reden wir hier eigentlich? Es gab diesen Terroranschlag in Solingen.

00:01:25.32
stefansasse
Seitens eines Islamisten kurz darauf gab es einen weiteren versuchten Anschlag von jemandem, der aus Österreich kam. Und da liegt ja jetzt quasi als Lösung aller Probleme die Vorstellung nahe, man müsse quasi die Grenzen schließen und es sollen nur noch die reinkommen, die man drin haben möchte. Und dann haben wir das Ding gelöst. Jetzt gibt es dann glaube ich nur Probleme in der praktischen Umsetzung.

00:01:49.09
Alex
Ja, und ich meine, diese Probleme sind alle bekannt. Und das ist einer für mich, ich babble jetzt, das ist ja auch ein erschreckender Gedanke, mein PhD in diesen Fragen fängt ja auf der Diaspora Ebene an und

00:02:00.45
Alex
Ich bin über die Lehre und jetzt auch der Forschung, das ist natürlich beides verflochten. Ich fing mit die Asperger an und habe dann Grenzpolitik als anderes, als Zweitforschungsbereich über den Jahren ausgearbeitet. Und ich mache das jetzt seit fast 25 Jahren. Das ist immer ein erschreckender Gedanke, wenn man sich die Karriere hinter sich sieht. Aber ich war ja auch Student in den späten 90ern und ich kann mich an den Debatten erinnern um die Genuap-Proteste. Da erinnern sich vielleicht ein paar

00:02:30.44
Alex
ältere Zuhörer oder Gen-X oder Millennial- oder Wendekinder-Zuhörer hier an den Genua G7, glaube ich gab es G7-Treffen oder G20-Treffen in Genua 98. Und da war, ein Jahr davor, glaube ich, gab es die Proteste in Seattle. Und da gab es diese Massenmobilisierung der antifaschistischen Linke und andere Protestgruppen, wollten alle nach Genua. Und da ergriff eine Panik der Berlusconi-Regierung derzeit.

00:02:57.82
Alex
Und die haben entschieden, dass sie sehr, sehr schnell Grenzkontrollen wieder einführen mussten, um eine gewisse Zeit, um diese ganzen Protestler abzuhalten. Hat nichts gelöst, es gab genug Italiener, die sich nach Genoa geschafft haben, gab es ein Protest, da ist glaube ich auch jemand gestorben. Aber es gab eine Debatte in der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurt Allgemeinen Zeitung, Korea de la Serre, Republika, in Le Monde, in Guardian, in den ganzen üblichen Zeitungen, die sagten, Schengen ist tot. Es gibt diese Grenzkontrollen und jetzt ist alles aus.

00:03:28.08
Alex
Man braucht eben ein gewisses historisches Gedächtnis. Es ist immer fasziniert bei diesen Debatten, dass unser Geschichtsverständnis oft sehr an den 40ern oder an den 1940ern oder an den 19. Jahrhundert oder 18. Jahrhundert reicht, aber die Geschichte der letzten 20, 30 Jahren wird oft vergessen, sehr schnell. Und was oft vergessen wird, ist wie oft jetzt in diese Mottenkiste, diese grenzpolitische Mottenkiste reingegriffen worden ist,

00:03:53.16
Alex
der Grenzkontrollen. Nicht wundfängigerweise in Deutschland. In Deutschland hat man sich für ziemlich lange Zeit immer ein bisschen als reineres Hemd aufgehalten. Man hat immer so gesagt, wir halten jetzt Schengen hoch. Das haben sich die Deutschen natürlich leicht gemacht, weil diese ganzen Probleme haben. Damit mussten sich eher die Polen an den Außengrenzen kämpfen, die Griechen, die Italiener, die Franzosen und die Spanier. Und auch auf einer gewissen Ebene später die Balken und die Finnien und so weiter und so fort.

00:04:21.24
Alex
Das heißt, diese Probleme hatten die Deutschen bis 2015 weniger zu tun. Aber es gab auch mehrere Phasen in den 90er und 00er Jahren. Vor Schengen, als Deutschland EU aus dem ganzen Land war, es gab zwar nicht die Schengen-Frage, aber es gab zum Beispiel die polnische Mitgliedschaftsfrage, wie schnell sollten die Grenzen da zwischen Polen und Deutschland aufgelöst werden im Rahmen von Schengen, da haben die Deutschen eigentlich vieles verzögert.

00:04:46.61
Alex
Es gab diese Debatten in den frühen 90ern, diese Masseneinwanderungswellen, 2015 ist nichts Neues, so 2022 mit dem Krieg in Ukraine, die frühen 90ern ist einer der großen traumatischen Masseneinwanderungs, Grenzkontrollverlustmomente, wo aus dieser Euphorie nach Fall der Berliner Mauer zu einer Grenzparanoia in der deutschen Gesellschaft zu sehen war, die auch mit diesem Auftrieb für die radikalen Rechte, diesen Frost in vielen ostdeutschen Regionen,

00:05:14.75
Alex
Zusammenbruch, es gab die Pogromen in Rostock in 1992 oder Hörersverein 1991 und da gab es diese unter der Kurschen Regierung gab es erstmal das Schleifpunkt des Asylrechts wieder mal

00:05:29.24
Alex
was für eine Motte Christi greift dann eigentlich Scholz, erschleift das Asylrecht, er will ein Migrationsgipfel, er will stärkere Anti-Terror-Kontrollen gegen oder auch gegen am Migrantischen Gewalttäter und er will stärkere Ganskontrollen. Und wenn man einfach den Scholz rausnimmt und den Kohl reinsteckt von den frühen 90ern, ist fast die gesamte Rhetorik das gleiche. Das heißt, was wir jetzt mit Schengen haben, ist

00:05:55.45
Alex
eine Art von Schrödinger Schengen. Es ist tot und nicht tot. Und es ist ein fast permanenter Zustand. Ein Zwitzerzustand. Auf der einen Ebene hat fast jetzt fast jede Schengen Regierung in Europa auf irgendeine Art und Weise eine interne Kontrolle zu irgendeinem Zeitpunkt eingebracht. Und das heißt, dass dieses puistische Idee von Schengen als einen Raum ohne polizeiliche Kontrollen zwischen EU-Staaten, die Mitglieder des Schengensystems sind, Norwegen und Schweiz und so weiter auch,

00:06:25.42
Alex
Das gibt es an sich nicht. Es gibt immer wieder als Dauerzustand Polizeikontrollen innerhalb dieser Grenzen. Aber Schengen lebt auch, weil Schengen war eben nicht ein Produkt, diese Freizügigkeit ohne Grenzkontrollen war nicht nur ein Produkt eines Elitären, wenn man Julian Reichelt oder Newsleet oder diese ganzen rechten Demagogen oder auch diese SED-Fetischisten des BSW ums Wagenknecht. Wenn man sich das jetzt anschaut,

00:06:54.68
Alex
Es ist, als ob diese Schengen-Ordnung der vollen, grenzenlosen Räume ein elitärer Projekt war. Ja, es war auch ein Projekt der Eliten, die sehen ja eine neue europäische Staatsbildung, eine neue europäische Identität. Es war aber auch ein Grassroots, es ging auch von unten. Weil man diese ganzen Regionen, Kehl, Stuttgart, Freilassing, Salzburg, Görlitz, Lubitze,

00:07:18.08
Alex
Die dänische Grenze, wo wirklich die Ärgernis über diesen Grenzkontrollen am größten eigentlich ist, gerade bei der dänischen Minderheit um Flensburg herum. Oder an der niederländischen Grenze um Aachen und Belgien herum. Diese ganzen Regionen von Bad Bentheim nach Dach…

00:07:38.65
Alex
nach Niederland und bei euch in Bavien und Schweiz und so weiter. Das kann auch von unten. Das sind lauter Gemeinden. Ich meine meine Oma, ich habe meine ukrainische Seite und meine britische, österreichische Seite. Meine Oma ist österreichisch. Und die wohnt in Salzburg. Und es war auch vor Schengen einfach Routine von Salzburg nach Freilassing rüber zu fahren, um Sprit zu tanken oder billiger. Es gab auch irgendeinen Grund, wann die Spielzeuge billiger in Freilassing gingen, als Salzburg. Das war Steuergeschichte.

00:08:07.45
Alex
Da ging man immer Sachen für die Kinder kaufen und freilassen. Und das war auch vor Schengen eine Formalie. Man fuhr mit dem Auto hoch und es wurde kaum Autos gecheckt an dieser Grenze. Und was wir jetzt haben, ist Dauerkontrollen, aber diese polizeilichen Kontrollen sind sehr, sehr schwach. Das sind Stichproben. Da sitzt ein Polizist und wedelt mit einem Haltschild.

00:08:31.24
Alex
und nimmt vielleicht ein oder zwei Autos. An den ersten Sitzen, immer wieder bei solchen Sachen, sieht man bei jedem EU-Staat, Schengen-Staat, in ersten zwei oder drei Sachen, wenn die Medien präsent sind an den Grenzen, ist alles sehr konsequent. Da wird sehr, sehr konsequent gehalten, da werden Statistiken rausgeholt, wir haben so und so viele Leute hier an diesen Grenzen gehalten, das ist ja sehr effektiv. Aber das Problem ist, die Realität dieser Kontrollen ist an Tag 10, 20, 30, 40, wenn man durch diese Grenzen läuft, da sind zwar ein paar Bullen und Rauchen eine Kippe, die wählen mit einem Schild herum,

00:09:01.19
Alex
lauten Leute heraus, die kennen die lokalen Leute, werden nie kontrolliert, auch nach einer gewissen Weise, obwohl natürlich immer Rassismus drin ist. Es wird immer gesagt, es gibt kein Racial Profiling, es gibt Dauer Racial Profiling. Wer wird denn rausgezogen? Das sind nicht Leute, das sind keine ethnischen Minderheiten, das sind nicht mal weiße ethnische Minderheiten mehr, das war anders in den 90ern, wenn man slawisch war oder kroatisch war, wurde man auch reingezogen, auch so keiner.

00:09:26.94
Alex
Jetzt sind das durchaus rassistische Züge und das ist für mich oft das Problematischste dieser Kontrollen. Aber das ist eigentlich ein relativ fließender Ganzfeld. Da beschweren sich die Pendler nach Tag 10, 20, 30 ein bisschen mehr über die Staus. Dann gibt’s einen Lokalpolitiker, der sagt, ja, wir glauben an diesen Kontrollen, aber wir wollen doch die eigenen Leute nicht damit verhören. Und das Wichtigste an der ganzen Sache ist nicht nur, dass diese Kontrollen extrem ineffektiv sind und eine performative, ein Performance sind, ein Theater. Es ist Politiktheater.

00:09:55.95
Alex
um etwas an den Wählern zu sagen, dass man etwas unter Kontrolle hat, dass man eigentlich nicht kontrollieren will oder kann, aber dass diese Kontrollen nur an gewisse Knotenpunkte zu finden sind. Wir haben immer noch eine grüne Grenze. Gerade in einer Zeit eines Investitionsstaus in Deutschland gibt es fast kein Lobby, keine Interesse, die Grenzinfrastruktur wieder aufzubauen zu einer nahtlosen Kontrolle in der Grenze in den Alpen.

00:10:25.01
Alex
in Waldgebieten oder auch in den vielen, vielen Übergängen, über unterschiedliche Flüsse wirklich jeden geradegehende Landgrenze abzukappen. Das wird schlicht und einfach nicht gemacht, gerade zwischen Niederlanden, Deutschland.

00:10:41.54
Alex
Österreichische Grenze, wenn man in Hohe Göll gewesen ist, in Bergen, Skandaland. Da gibt es einen Bad Dürrenberg. Wenn ich das sage, gehen die Bullen da hin und machen das ab. Aber in Bad Dürrenberg gibt es eine kleine Kontrolle. Da gibt es immer zwei Bullen, wenn die mal eine Kontrolle machen, die eine Kippe rauchen und Bier trinken beim Gasthof. Und dann fährt man einfach durch. Und dann, wenn man dumm ist, fährt man über Freilassing auf dem Autobahn. Da gibt es ein paar Bundespolizisten, die ein bisschen mehr wedeln, aber nicht am Wikitag 2030 auch nicht sehr enthusiastisch dabei sind, weil sie andere Sachen

00:11:11.80
Alex
machen. Und es kommt dazu, vielleicht das letzte Punkt, ist, wir haben eine sinnlose Politiktheater, die natürlich hin und wieder ein paar Leute ins Netz reinbringen, die nicht im Netz eingebracht werden würden, das darf man nicht leugnen, aber wenn man diese Zahlen sich ansieht von der Bundespolizei, von wie viele Leute da im Netz fallen, im Vergleich zum personellen Aufwand und auch zu den Counterfactual, Konterfaktisches Sicht

00:11:40.42
Alex
Was würden diese Polizisten tun, wenn sie innerhalb Deutschland… Es werden nicht neue Bundespolizisten und es werden nicht neue Landespolizisten für diese Aufgabe geheuert. Die werden einfach von einem Platz oder einem operativen Bereich in ein anderes rübergeschickt. Und das heißt, die fehlen anderswo. Das heißt, diese Kontrollen, auf was man auch bei diesen Kontrollen sieht, ist sehr, sehr schnell, dass die personelle Stärke an den Grenzen sehr schnell runtergeht.

00:11:58.03
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuschauen.

00:12:08.34
Alex
weil nach einer Weile hat keiner Bock mehr, die lokalen Politik beschwer sich, die Pendler sind ja, wir sind für die ganze Krone, aber wohnkonto ist nicht wie mich, du kennst mich doch, Franz. Ich wohne doch hier. Oder Ibrahim, es gibt ja auch viele deutsch-türkische Bundespolizisten jetzt auch. Das heißt, für mich ist das ein performatives Polittheater, das die Kanada Probleme löst, wo Schengen tot, aber nicht tot ist, weil der Druck auf diese Fließe im Ganzen ist. Das gab es schon vor Schengen.

00:12:36.22
Alex
dass es viele, gerade an der Freilassinger Salzburger Grenze, so Phasen gab, wo sie viel kontinuiert haben und wo dann gesagt wurde, aber wir haben ja auch die Pantler und die müssen doch durch und das lassen wir doch. Und das heißt für mich, dass das löst weder die Frage der regulären Migration, es löst nichts, wenn es darum geht, die interne Integration und Sicherheitsprobleme zu schaffen. Jeder, jeder Schleuser, der Hirn hat, fährt dann über Bad Dürnberg und nicht über Freilassing.

00:13:03.83
Alex
oder über die ganzen anderen Landwege, die es gibt zwischen Salzburger Land und Bayern, die jeder kennt. Schmuggel gab es zwischen Österreich und Deutschland seit dem 17., 16. und 15. Jahrhundert. Jeder kennt die Wege, wo das alles gemacht wird. Das gab es mal für Zigaretten und Sprit und anderen Sachen. Und das gibt es an der Tschechischen Grenze, an der Polnischen Grenze. Das kennt jeder, wo das alles ist. Wenn du Schleuser bist und dann über diese Kontrollen fährst, bist du depp und du verdienst es, ins Knast reinzulernen. Das heißt,

00:13:33.15
Alex
Und am Ende sind diese Probleme alle immer noch da und die rechtsnationalen Populisten und die rechtsradikalen Populisten können ja immer noch immer noch Scholz und Merz übertrumpfen mit und sagen, da müssen wir aus der EU raus. Oder da müssen wir jetzt diese Befestigungsanlagen, die nicht mal die AfD bauen würde, ganz ehrlich gesagt, wenn sie mal auf Landesebene regieren würden. Das sieht man gerade auch bei den rechtsnationalen Polen oder Ungarn, wo sie… und am Ende wird auch nichts gebaut von denen.

00:13:58.86
stefansasse
Er hat auch so 300 Meter Stacheldraht, die man dann fotografieren kann.

00:14:02.23
Alex
Genau, weil die haben natürlich auch hier Lokalen wieder, die gerne rechtsradikal, rechtsextrem wählen, aber auch mal rüber wollen um Kippen zu kaufen ohne Stau.

00:14:12.18
stefansasse
Ich würde auch gerne bei diesen performativen Akkords hängen bleiben und wir machen uns ein Pin dran quasi für die, was du gerade schon angeteasert hast, diese realen Folgen quasi wegen des Personaltransfers und dann natürlich auch für die eigentlich wichtige Frage, nämlich was könnte man stattdessen tun. Ich habe das auch gedacht, als die Ansage kam,

00:14:30.16
stefansasse
Das ist so unglaublich unseriös, so durchscheinend, so transparente Unsinn, dass die sagen, wir machen jetzt harte Grenzkontrollen, aber niemand wird dadurch belästigt. Und das schließt sich aus. Das ist völlig unmöglich. Ich kann nicht beides gleichzeitig haben. Das geht nicht. Ich kann sagen, jawohl,

00:14:47.74
Alex
Ja.

00:14:55.55
stefansasse
Wir machen die Grenze dicht. Wir sorgen dafür, dass keiner durchkommt. Das heißt, wir machen jeden Grenzübergang dicht. Wir ziehen Zäune hoch. Wir machen keine Ahnung was und wir kontrollieren an jedem von denen. Aber dann kann es nicht sein, dass Almans noch über die Grenze kommt, ohne dass sie beeinträchtigt. Das heißt, die Aussage lässt nur zwei mögliche Schlüsse zu und ich glaube beide sind gleichzeitig wahr. Du hast das ja gerade im Endeffekt auch schon gesagt.

00:15:19.48
stefansasse
Schlüssel Nummer eins ist, wir machen racial profiling. Weil wenn die sagen, ihr werdet da davon nicht beeinträchtigt, wohin erkenne ich denn euch? Das geht ja ausschließlich, wenn so ein Auto vorbeifährt, dann kann ich ja wirklich nur gucken, ob da Menschen mit brauner Hautfarbe drin sind oder nicht. Und ich kann aus Nummernschild gucken.

00:15:33.32
Alex
Ja. Ja.

00:15:34.79
stefansasse
Und ich meine, Leute, die illegal sind, werden nicht mit einem selbischen Nummernschild über die deutsche Grenze fahren. Ich meine, auch da, da kannst du dann auch wieder nur sagen, sorry, aber dann seid ihr selber schuld. Und auf der anderen Seite, also dieses racial profiling ist offensichtlich eingebacken, von Anfang an und eingepreist und jeder, der was anderes behauptet, ist einfach nur ein schmutziger Lügler.

00:15:53.25
stefansasse
Und man kann sogar sagen, das ist okay, weil das sind ja die Leute, die man raushalten will. Ich meine, es geht ja in der Debatte ständig um Geflüchtete aus Afrika oder aus Nahost oder was auch immer. Es geht ja gar nicht wirklich um die Ukrainer oder so. Und ich glaube der Balkan ist mittlerweile auch nicht mehr so das Mörderthema.

00:16:10.60
Alex
Ja, das ist ein interessantes Thema, dass die Ukraine und die Bayern… Ich glaube, das wird jetzt langsam auch für die türkischen Mitbürger in Deutschland passieren. Je mächtiger und größer die Diaspora ist und je mehr Menschen aus der Diaspora die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Und das sieht man sehr, sehr prägnant und desto mehr… Ich meine, das Interessante ist, es gibt ganz andere Themen, aber faszinierend, wie…

00:16:27.100
Alex
Deutsch-Türken langsam und auch kurdische, deutsche Kurden langsam auch durch die polizeilichen, langsam wirklich in erheblichen Mengen durch die Polizei, jetzt in Polizeireik rekrutiert worden sind. Erst als Landesebene und jetzt langsam eben auch Bundespolizei, auch im Militär. Ich habe von mehreren Kollegen gehört, dass jetzt arabische und türkische und deutsch-türkische ins KSK jetzt langsam reinfließen, nur weil sie ja auch die Sprachfähigkeiten haben und auch… Ich habe einen Kollegen, der meinte, wir sollten mehr rekrutieren, weil die eh weniger

00:16:55.22
Alex
Neurotisch sind, wenn es um die Ausübung von literarischer Macht sind, als Bio-Deutsche. Was ich immer sehr… Was ich… Wahre ist, aber es wird jetzt sehr oft gesagt. Und das ist… Das ist ja auch… Es gibt eine andere Debatte über, wie dieses racial profiling oft ein sehr elastisch ist. Weil je mächtiger eine Gruppe ist. Und das lagert auf Konfliktstoff. Wenn du ein Bundespolizist bist und siehst, ein kroatisches Nimmer spielt auf dich zu kommen. Ist es eine gute Idee,

00:16:59.00
stefansasse
Das kann ich schon.

00:17:22.69
Alex
Schwierigkeit mit Kroaten zu haben, wenn man plötzlich auch weiß, die könnten auch deutsche Staatsbürger sein und bla bla. Das heißt, auch dieses racial profiling wird immer offener racial. Es ist nicht nur diese ethnische Frage, es werden weniger weniger Deutsch-Türken und weniger weniger Balkan und Osteuropäer. Es wird immer ganz klar rassistisch, aber völlig rassistisch. Es ist immer noch immer xenophob, wenn man es auf Slaven auspeckt. Das heißt, es gab auch eine Rassenebene von Rassismus, aber es wird

00:17:50.14
Alex
Es wird weniger und weniger leicht, das zu kaschieren. In dem man heute raus pickt, die anders sind aber weiß, noch irgendwie weiß. Jetzt ist es ganz klar, und ich glaube, das sieht sehr, sehr problematisch aus nach einer Weile. Und da werden gerade die Leute rausgepickt, mit Syrer, Afghanen, die jetzt in größeren Mengen in Deutschland sind. Das kommt, die Diaspora-Frage kommt nicht rein. Wir haben jetzt eine Integration, gerade in Deutschland. Ich bin ja auch Teil dieser, ich bin ja auch in Deutschland aufgewachsen.

00:18:16.97
Alex
Wir haben jetzt in Deutschland ein Challenge. Das ist eine Herausforderung. Zehntausende, Hunderttausende von Syrer und andere arabische Deutsche und Diasperen, diese Diasperen und Afghanen zu integrieren in der deutschen Gesellschaft. Und wenn jetzt wieder, wollen wir wieder all die Fehler wiederholen, die wir gerade bei der türkischen und den slawischen Communities langsam rauskommen. Wollen wir das alles wiederholen?

00:18:33.23
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuschauen.

00:18:47.28
Alex
Das ist das, was ich auch so dubios finde. Dieses Racial Profiling wird viel viel, es ist viel viel spezifischer, aber auch ganz viel offener rassistisch. Als es vielleicht war vor 10, 20 Jahren. Es war offener rassistisch in den 17er, 80er Jahren. Aber man könnte fast sagen, da gab es in den Nullerjahren eine Phase, da gab es schon auch Bewusstsein und man hat versucht, das so breit wie möglich. Nee, es geht wieder ganz ganz spezifisch und es geht wieder genau auf die Leute, wo die ganzen Indikationsbemühungen

00:19:16.24
Alex
wo der fokus der bewegungsbewegungen sein muss.

00:19:19.10
stefansasse
Oh Gott, da werden wir auch nachher mit der Abschiebepraxis nochmal drauf kommen. Aber ich find’s halt wirklich so beeindruckend, wie wenig das kaschiert wird letztens. Also der Lip Service, wie man da im Englischen immer so sehr sieht, Lippenbekenntnisse, die werden abgegeben da dazu. Aber ich hab das Gefühl, niemand glaubt das auch nur eine Sekunde ernsthaft. Das ist quasi wirklich nur so ein ganz, ganz dünner Firmnis, der da drüber hängt. Die Medien berichten quasi, dass die Politikerinnen das sagen und alle,

00:19:47.36
stefansasse
die sprechen quasi nicht weiter drüber, aber jeder Person ist klar, was da passiert und was da passieren muss. Und das muss ja auch eigentlich, kann ich mir nur vorstellen, wieder bekloppt sein für diejenigen, die das ausführen müssen, für die PolizistInnen. Weil die kriegen wieder Aufträge, die unerfüllbar sind. Und die werden nachher dafür wieder kritisiert. Also ich verstehe dann auch, dass die pissed sind, weil man denen quasi sagt, macht diesen unerfüllbaren Auftrag,

00:20:02.89
Alex
Ja. Ja ja ja. Es ist auch ein Rumhacken. Man hat die Gruppen, die jetzt verdaut wurden, sie integriert sind worden in der deutschen Gesellschaft, die werden wieder raus und jetzt pickt man die neuen aus.

00:20:11.77
stefansasse
Bitte macht racial profiling, aber wenn sie dann racial profiling machen, dann gucken dann alle ganz besorgt und es haben rechtsradikale Umtrieb in der Polizei. Ja, also das ist auch so unglaublich.

00:20:28.64
Alex
Das ist auch diese ganz toxische Dynamik. Und damit werden diese Praktiken… Das ist einer der großen Illusionen der Integrationsentwicklung. Manchmal sagt man, wenn wir jetzt Deutsch-Türken haben, in größeren Mengen jetzt in der Polizei, in der Verwaltung, werden die Verwaltung und Polizei weniger rassistisch. Nein, wenn diese Patterns bleiben, werden das die deutsch-türkischen Rekruten, die langsam auf Offiziersebene hochkommen, werden sie das einfach nur reproduzieren gegenüber der neuen Gruppe. Man hat ja auch eine Chance mit dieser

00:20:57.70
Alex
ersten Integrationserfolgen auf der Verwaltungs- und Polizeiebene, diesen Zyklus zu brechen. Aber nein, es ist einfach nur eine Verlagerung. Diese Gruppe ist jetzt raus, aber jetzt ist es viel, viel offener gegen die anderen Gruppen, die jetzt wieder zur Gefahr werden. Und da wird einfach diese langsame Integration von gewissen Gruppen, es gab eine Chance, diesen Zyklus zu brechen und damit aufzuhören. Und das wird alles jetzt wieder eingebaut im System.

00:21:27.79
Alex
Und ich will ja, manchmal, wenn man in seinen 40er Jahren ist, ist es sehr, sehr leicht zu nostalgisch zu sagen, es war mal alles besser. Ich bin kein Pessimist, vielleicht wird es wieder besser. Aber ich würde durchaus sagen, dass, wenn ich jetzt zurückbeklebe, die Bewusstsein in den Zehnerjahren bei diesen Fragen wahrscheinlich stärker war, gerade unter Merkel, stärker war, als es jetzt war, jetzt wieder ist. Es wurde mehr problematisiert in den frühen Zehnern und späten Nullerjahren, so 2015.

00:21:57.58
Alex
als jetzt.

00:21:59.10
stefansasse
Das hängt glaube ich auch zusammen mit dieser Sprache des Realismus, die da immer gepflegt wird. Das sieht man ja auch in sowohl den Äußerungen von PolitikerInnen als auch ganz massiv in der Berichterstattung, dass das immer gepackt wird.

00:22:14.34
stefansasse
in so eine Sprache von jetzt wird Tacheles geredet, jetzt reden wir nicht mehr drum rum, jetzt werden die unangenehmen Wahrheiten ausgesprochen und jetzt machen wir realistische Politik. Dabei ist das, was die machen, wie du schaffst, ist ein reines Polytheater. Das ist das, was mich so wirklich daran ärgert, wenn du schon eine harte Migrationspolitik fahren möchtest. Wenn du sagst, jawohl, wir machen diesen Leuten das Leben zur Hölle, um unsere politischen Ziele zu erreichen, dann mach das doch bitte wenigstens auf eine Art und Weise, die hilft,

00:22:40.47
stefansasse
Aber was da stattdessen passiert, ist reine Performance, die quasi kontraproduktiv ist. Und ich würde auch behaupten, dass sehr viele Leute das merken, weil du kriegst quasi diese Bilder mal geschwind raus, soweit so gut. Das ist der kurzfristige politische Erfolg.

00:22:52.33
Alex
Ja. Nee.

00:23:00.88
stefansasse
Aber du kannst damit niemanden verarschen. Also diese Grenzkontrollen, wie du schon selbst sagst, nach 10, 20, 30 Tagen hat sich das ja schon wieder weitgehend. Und du kannst ja eigentlich nur darauf hoffen, dass es den Leuten bis dahin wieder egal ist. Aber wenn halt nicht, dann ist bis dahin immer noch nichts passiert. Und dann bleibt deine super scharfe Rhetorik und der folgt gar nichts. Und dann hast du Leute wie die AfD und die können sagen, seht ihr, wir haben es immer gesagt, die stecken alle mit den Boken unter einer Decke.

00:23:26.55
Alex
Aber das sieht man zum Beispiel gerade in Frankreich und anderen europäischen Staaten, da werden diese Kontrollen eingeführt und dann gibt es eben diese Phase und dann gibt es immer wieder und am Ende ist es, am Ende die AFT benutzt diese Rhetorikum auch, ich will diesen Begriff nur einmal benutzen, Remigration, das ist Massendeportation, Massenabschiebung, Zerstörung von Leben, Entmündigung von deutschen Bürgern,

00:23:52.77
Alex
Und das ist für den nur ein Kotwort, diese Kontrollen, um eine nationalstaatliche Ordnung wieder aufzustellen, wo in deren Träumen Deutschland immer noch so diesen Primus imperialer Rolle in Europa aufbaut. Das ist nichts so als so, die wollen die EU zerstören, sodass Deutschland erwachet. Das geht auch oft vorbei. Und das wissen auch interessanterweise, gerade die italienischen und französischen Rechtsradikalen Parteien, die langsam EU-freundlicher werden, das ist auch ganz interessant.

00:24:09.44
stefansasse
Mhm.

00:24:20.43
Alex
weil die durchaus sehen, die durchaus wissen, dass sie innerhalb eines europäischen Rahmens, bei denen ist es einfach das Interessante, bei diesen rechtsradikalen Parteien in Frankreich, Spanien und anderswo, und langsam in Niederlande, dass sie plötzlich EU-freundlicher werden, natürlich auch aus russischischen Gründen. Die wollen, glaube ich, ein europäisches Imperium langsam. Aber gerade die AfD ist die rechtsradikale Partei, die wird das wahrscheinlich als Letztes machen, wenn überhaupt, weil die natürlich den anderen Traum verfolgen und immer noch auf dieser nationalstaatlichen Ebene glauben können, wie wir bei Putin

00:24:47.65
Alex
dass sie dominant werden können. Das heißt, die SPD und CDU glauben, dass sie Schach spielen, während die AfD schon die Klare rausgezogen hat und ein ganz anderes Spiel. Die AfD spielt nicht bei solchen Themen. Das ist kein Theater bei denen. Und was jetzt nicht dieser Zusammenhang fehlt, es wird

00:25:11.13
Alex
SPD ist es ein rein taktisches Ding, um die Sache aus dem Weg zu räumen vor der Brandenburg-Wahl. Dann sitzt man auf dieser Kontrolle für noch ein paar Monate. Vielleicht wird man sie weiterführen, aber natürlich auf viel abgeschwächter Form, wie jedes Mal. Und Schengen ist tot, aber lebt, weil er immer noch das alles bewegt und am Ende ist es eigentlich eine Minimalfriktion. Aber ist es eher fiktiv als real, das Ganze?

00:25:34.79
Alex
Aber die AfD meint das nur als Mittel zum Zweck, die Debatte. Und das muss man doch auch offen ansprechen. Will man wirklich mit denen auf diese eigene eingehen, wo die dann immer wieder sagen, ne und jetzt wollen wir aus der EU raus, wo ich glaube nie eine Mehrheit kommen wird. Ich glaube langfristig hat eine rechtsextremen Partei eher Chancen gemacht, was die italienische FDI oder RN macht, wo man es langsam europisiert. Das ist eine andere Debatte.

00:25:55.30
Alex
Aber die AfD wird immer noch 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung wirklich auf dieses Thema kriegen. Wenn sie eine Mehrheitspartei werden wollen, ist eine andere Geschichte. Dann müssen sie sich europäisieren ein bisschen mehr. Aber das ist eben, will man wirklich die AfD diese Tür öffnen um die ganzen anderen Themen, weil es ist nicht so, die SPD und CDU können nicht sauber

00:26:15.60
Alex
diese Grenzkontrollthematik trennen von den ganzen anderen AfD-Agenda, was die AfD damit weiter betreiben will. Und ich finde, es ist auch politisch nanifiziert. Ich glaube, immer noch Teilen der CDU und gerade die SPD versteht nicht, mit wem sie es zu tun hat mit der AfD. Die denken, dass es immer noch nass und lohnt, dass es klaumauk ist. Das sind die selben Teenager-Neonazis, die duvig sind, wahrscheinlich vielleicht in der Schule oder in Baden-Württemberg, wie in Niedersachsen hatten in den 90er Jahren, die natürlich, wenn man sehr stark antraf in Sachsen und Sachsen.

00:26:44.58
Alex
Das sind dieselben Leute, das sind die Neonazis von einst. Und die Neonazis waren nicht nur Deppen, die Skinheads waren das, wenn junge Leute, die durchaus diese ganze rassistikale Literatur mit Intelligenz und intellektueller Feuerkraft zum Teil gelesen haben, ernst genommen haben und jetzt das durchführen wollen. Die sind zwar Fanatiker und gefährlich, aber das sind oft nicht Idioten. Das ist eine der großen. Und jetzt will ich mal sagen, wir können das spielen, das ist nur publizistisch. Nee, es gibt Leute in der AfD, die

00:27:13.06
Alex
etwas ganz konsequent damit verfolgen. Selner ist kein Depp. Martin Selner ist kein Idiot. Er ist gefährlich. Und ein Arschloch. Und er wird wahrscheinlich an der eigenen Eitelkeit scheitern. Wie der Kubitschek davor. Aber dumm sind die nicht. Und diese ganze Nationalbefreiungs-Zonen-Themen. Diese ganze Ganzkontrollen-Frage ist bei denen nur Teil einer weiteren Agenda. Und da muss man sich als Sozialdemokrat, oder in meinem Fall, du Sozialdemokrat, ich Grüner, oder was auch immer, muss man sich eben fragen,

00:27:42.70
Alex
wollen wir wirklich auf diese Ebene eingehen. Man sieht es im britischen Fall, wo wirklich versucht wurde, Euroskepsis irgendwie so spierisch zu behandeln und nicht ganz ernst zu behandeln, als Taktik zu behandeln. Man gibt da ein bisschen, aber man behält die Grundstruktur. Und dieses Tier wurde immer wieder gefüttert, bis das Ganze außer Kontrolle geraten ist.

00:28:05.56
Alex
Ich bezweifle, ob die AfD solche Erfolge haben kann in westlichen Bundesländern bzw. Mecklenburg-Vorpommern, auch in Brandenburg. Mein Gott, in Brandenburg kommen sie nicht über 30%, glaube ich. Weil man muss ja auch differenzieren innerhalb der ehemaligen DDR, der Ostländer. Aber wollen wir die Mehrheitsfähigkeit in Sachsen machen? Das ist schon ein Problem.

00:28:29.70
Alex
Okay, wenn sie nur 15 bis 20 Prozent auf Bundesebene kriegen, können sie isoliert werden. Aber was machen wir, wenn im Bundesrat dann Land hat, wo die 40 Prozent haben oder so? Wollen wir wirklich in diesen, und das meine ich, diese ganze Theatralik wird das nicht lösen. Das wird immer überbieten werden.

00:28:48.75
Alex
Die AfD wird in den nächsten zwei, drei Wahlzyklen wirklich keine ernsthafte Regierung, nicht mal in Sachsen glaube ich, keine ernsthafte Regierungsrolle spielen. Das heißt, die müssten dann selber die Soße nicht tragen. Und das ist auch der Unterschied zu Italien und Frankreich. Die RN in Frankreich hat schon Macht auf regionaler Ebene. In Italien regiert jetzt die FDI und plötzlich sind sie auf den Boden in Tatsachen.

00:29:08.62
Alex
Und das kommt zum letzten Punkt. Es wird dann immer wieder, gerade bei Christdemokraten, gesagt, ja, aber schauen wir die Meloni an? Ja, furchtbar, was das für eine Partei ist, aber die Meloni ist ja ganz nett und respektabel. Und die hat sich auch in der Mitte bewegt. Aber wie gesagt, es ist eine italienische Dynamik bei der Rechten, die es jetzt in Deutschland so nicht gibt. Die so gewisse Druckmittel und gewisse, auch lokale Traditionen, die ein bisschen anders, auch in den italienischen Faschisten was anderes sind. Aber wenn man sich ganz genau ansah,

00:29:37.70
Alex
Weil alle sagen, ah die Italiener, das ist ein Modell. Was machen die Italiener eigentlich? Wie kriegen die das hin? Die haben nicht mal getarnte Marineinfanterie, Special Operations Forces, Spezialkräfte, da ist das Geheimdienst präsent, alles in Nord-Libyen präsent. Ich meine, es gibt quasi eine Basis, die nicht eine Basis ist, die italienischen im Hafen von Tripolis und auch in Misrata und Sawir. Die sind alle da.

00:30:07.91
Alex
Es gibt eine Rieseninfrastruktur für ENI, das ist diese italienische Gas- und Ölfirma. Das heißt, es gibt, die haben, die bezahlen faktisch lauter libyschen Kriegsherren.

00:30:19.10
Alex
Es gibt jetzt Reibungen, Fraktionen übrigens, zwischen den Italienern und den Russen. Das könnte durchaus auch zu Gewalthandlungen führen, wenn es zwischen Rum und Moskau schiefgeht, oder die Italiener wollen das nicht, aber das kann durchaus dazu führen, weil die einen Leute bewaffnen und bezahlen und die anderen. Und diese italienische Strategie ist nicht nur wegen den Grenzen, es ist auch wegen Öl und Gas. Und auch, weil die Italiener irgendwie Libyen als ihr Vorhof sehen. Das ist ein bisschen neokolonial. Das heißt, das ist das Paket, aus dem diese italienische Modelle entstanden ist.

00:30:45.74
Alex
Wie wollen wir das als EU und Bundesrepublik unterstützen? Ne? Ne? Und da wird oft viele von diesen Modellen im Ausland von Grenzkontrollen umgesprungen, wo wirklich keine Ahnung ist, wo man auch im italienischen Fall, ja, die FTE ist europafreundlich geworden, aber die haben immer noch eine faschistische und imperiale Agenda. Das schieben sie einfach nur auf EU-Ebene hoch. Wollen wir das auch aus Bundesrepublik machen? Unsere Grenzen nicht nur in Deutschland, aber auch auf EU-Ausgangskontrollen? Die ganze Debatte, da fehlt einfach Grundkenntnisse.

00:31:14.55
Alex
auf der deutschen Ebene, nicht nur auf der politischen Ebene, aber auch auf der journalistischen Ebene, was ich auch sehr schockierend finde. Das heißt, es wird viel bei der AfD missverstanden, es wird viel bei diesen rechtsrechten Parteien im Mittelmeer auf der EU-Seite nicht verstanden, was die da eigentlich machen, um unsere Grenzen zu sichern. Da geht vieles darunter herum. Das heißt, man hat eine Debatte, die in Deutschland Polittheater ist und

00:31:38.39
Alex
in anderen EU-Staaten ist ja möglich, dass die einfach die EU-Politik treiben, weil es in Deutschland keinen Konzept und keinen klaren Plan gibt, weil das nicht mal in Deutschland kohärent ist. Und in der deutschen Innenpolitik öffnet das den Raum für die rechtsradikalen Kräfte, weil man auf deren Spiel eingeht, ohne wirklich zu wissen, was das für ein Spiel ist. Aber wir spielen Schach und die spielen schon an bewaffneten Duellen.

00:31:55.45
stefansasse
Ja, das ist das Problem, was ich auch immer wieder habe mit der deutschen Politik und das betrifft ja nicht nur die Migrationspolitik, das ist ja bei der Wirtschaftspolitik ähnlich. Ich weiß nicht, ob du die Serie gesehen hast, Succession, aber da gibt es diese eine Szene, wo der patriarch zu seinen Kindern sagt, you are unserious people. Und das ist so dieser Vorwurf, den ich da auch immer wieder erheben möchte. Also wenn ich Schlagzeilen und so weiter lese,

00:32:14.97
Alex
Ja. Ja.

00:32:22.81
stefansasse
in der deutschen Presse, wenn ich gucke, über was reden wir eigentlich und wie reden wir darüber. Das ist, it misses the point. Es geht so an der eigentlichen Geschichte vorbei und das ist was mich so ärgert, wenn wir wenigstens einen Streit zwischen links und rechts hätten.

00:32:37.82
stefansasse
über diese Dinge. Das wäre ja schon mal was, aber das haben wir gar nicht. Wir haben eben nur diese ganz, ganz merkwürdigen von der Realität losgelösten Dinge, als würden wir in einer Welt leben, in der ich weiß nicht, Deutschland eine Insel ist oder whatever. Ich habe immer so das Gefühl, die deutsche Politik operiert, was das Ausland anbelangt, mit dem Mindset, als wären wir Luxemburg.

00:33:02.14
Alex
Ja, aus Schweiz, Großschweiz.

00:33:03.59
stefansasse
Genau, Großschweiz, irgendwie so. Ich möchte aber einen letzten Aspekt zu der Geschichte mit dem Polytheater noch bringen, weil das ist was, das habe ich im Podcast zu Solingen mit der Ariane auch besprochen gehabt. Ich sehe auf der anderen Seite auch die Notwendigkeit der Politik, irgendwas zu machen. Also die können ja nicht nicht darauf reagieren. Also mir ist völlig klar, woher das kommt, diese Zwangs- und Performativen. Und weil

00:33:29.55
stefansasse
die deutsche Politik quasi und die gesamte Öffentlichkeit ja auch, weil sich da quasi keiner vernünftig damit beschäftigt. Es fehlt ja auch die Expertise. Also ich bin jetzt nicht perfekt im Überblick darüber, aber ich habe auch das Gefühl, dass aus der deutschen Wissenschaft da vergleichsweise wenig rauskommt. Die beschäftigen sich einfach mit anderen Themen sozusagen. Gerade wenn du sagst, da fehlt quasi das Wissen über die Europäer. Ja, genau.

00:33:48.54
Alex
das Militärische. Ich meine, die Einwanderungspolitik und Grenzpolitik ist grundlegend auf EU-Ebene militarisiert worden, auch global. Und ich habe sehr viele wunderbare Kollegen, die sich mit der Einwanderungsdynamik auf der wirtschaftlichen Ebene, auf der kulturellen, auf der Integrationsebene, was ich sehr interessant finde, einer der Gründe, warum ich ein bisschen so eine Nische aufbauen konnte, gerade bei Diaspora-Forschung, gab es zum Beispiel, es ist zum Beispiel auch eine Anmaler. Es gibt einen Fokus auf, einen soziologischen, kulturell-wissenschaftlichen Fokus auf der

00:34:17.14
Alex
Erfahrung der Integration oder auch auf diese Erfahrung im deutschen politischen und sozialen Kontext, aber ein Desinteresse an der Politik der sogenannten Heimatländer, die eigentlich entscheidend ist von der Diaspora-Entwicklung, weil natürlich in der ersten und zweiten Generation operiert man in so zwei politischen Feldern. Und oft auch ein Desinteresse an Geheimdiensten, Militär, Polizei, die ganzen Machtstrukturen,

00:34:28.19
stefansasse
Untertitel im Auftrag des ZDF, 2020

00:34:41.78
Alex
und auch an Machtstrukturen von Diasporen. Ich meine, deswegen schreibe ich die Bücher, die ich schreibe, weil ich finde, diese Diaspora-Fragung ist entpolitisiert worden in der deutschen Debatte. Es wird als kulturelle erfahren, was es auch ist, aber damit wird die Agency, der dann Eigenwillen der Diaspora-Gemeinden oft unterschätzt, auch nicht mal eingeschrieben. Ich finde es manchmal, wir wollen diese Diasporen emanzipieren und eine Stimme geben, und dann hört man nicht auf diese Stimmen zu der Diasporen, weil diese Stimmen der Diasporen oft politisch und ideologisch sehr unbequem sind, weil sie nicht einen gewissen Raster

00:35:11.56
Alex
der Rainbow Nation oder der idealen Multikulti Gesellschaft erfüllen. Ich meine, die dominanten Gruppen in einer türkischen oder kurdischen oder kurdischen Gemeinde haben durchaus zur Integration dieser Gruppen geholfen, aber das sind keine liberale Leute oder linke Leute. Das sind ziemlich hardcore, gerade in einer kurdischen Gemeinde. Das ist ein marriage made in heaven zwischen kurdischen Nationalisten und der CSU. Und das passt eben nicht in einen gewissen Raster rein.

00:35:37.70
Alex
Ich finde Jagoda Marinich zum Beispiel super, weil die auf ihrer Literalität, sie ist Eroatorin, aber die ist auch ganz Sascha Stanisic. Ich bin ja zwar Hypo-Kreiner, aber auch Brit, ich kenne die zwei mehreren Ebenen in der niedersächsischen Ebene. Wenn man so die Leute kennt und so, dann ist man ein bisschen befreiter und sagt, wann die eigenen Leute eigentlich auch reich sind. Aber das wird sehr umgehend gehalten.

00:36:05.78
Alex
dieses umklingen, um es um machtpolitische Fragen geht, um Hardpower auf lokaler Ebene, auf regionaler Ebene, dass das transferiert auf eine, es wird viel über Militarisierung gesprochen, aber relativ wenig beschäftigt auf die Realitäten militärischer Macht. Wie wird militärischer Macht ausgeübt? Was sind die Kommando-Ebenen? Was passiert auf dem Feld? Was passiert, wenn Gewalt ausgeübt wird?

00:36:28.34
Alex
Diese Art von Hard-Power-Studies in Deutschland, das wird auf gewisse Nerds abgeschoben. Das wird auch fast separat abgeschoben. Minkler ist da eher eine Ausnahme. Minkler ist ein guter Kollege, aber ich würde sagen ein paar problematische Perspektiven. Das heißt, es gibt dieses Silo-Effekt, wo man Leute, die über Diaspora-Integration schreiben, eigentlich nicht große Interesse haben in der konkreten Realpolitik des Lokalen, Machtpolitik des Lokalen, das ist auch oft Gewalt.

00:36:58.64
Alex
gewalttätig ist und auch ganz klare wirtschaftliche Interessen hat. Und dann gibt es ein Siloing von der Politik, Wissenschaftler, die das vielleicht eher machen, aber vielleicht eher auf so nationalstaatliche Ebene und auf die Leute, die Militär- und Sicherheitspolizei Wissenschaft machen. Das sind andere Leute. Es gibt wenig Querkommunikation zwischen den unterschiedlichen Fällen. Ich habe, ich arbeite in einem britischen Feld, der interdisziplinär ist. Natürlich ist das oft kaschiert. Alle arbeiten in Disziplinen. Die tun sowas, wo wir interdisziplinär sind. Aber jetzt verkaufe ich meinen eigenen

00:37:28.13
Alex
Mein Institut und King’s College London hat eine Tradition, hat dieses merkwürdige Departement, die Area Studies betrieben ist. UCL und KCL haben wir bereits beide. LSE ist die Disziplin College bei uns in London. KCL und UCL sind die Area Studies, wo man unterschiedliche, sehr undeutsch, ich bin als Historiker ausgebildet worden, ich mach jetzt Politikwissenschaftliche Arbeit, arbeite in Departements mal zusammen mit Ökonomen und Soziologen und Kulturwissenschaftler und Historiker und Politikwissenschaftler, weil wir alle uns mit der europäischen Einigung beschäftigen.

00:38:00.18
Alex
Und neben uns gibt es einen Chinese Studies Department und drüben gibt es Political Economy. Das heißt, es gibt eine ganz anderes, und das ist nicht britisch, das ist London. Das sind diese drei Unis in London, die es auf unterschiedliche Art und Weise machen. R.B. Ennis bei uns sind bei LS7, die machen das auch sehr interessant, wie die es machen. Aber es ist sehr, sehr undeutsch. Die deutschen Kollegen kommen damit oft nicht zurecht. Naja, ein paar mit denen und denen arbeiten.

00:38:22.04
Alex
Und daher kommt, das hat seine Nachteile, es wird oft sehr vieles oberflächlich gemacht im bürtischen Kontext, weil man generalistisch muss ein bisschen von allen machen. Aber der Vorteil ist, dass man außerhalb dieses Silos arbeitet. Ich hab Kollegen in War Studies. War Studies hat zum Beispiel, ich hab jemand, der in War Studies ist, die auch Einwanderung macht. Sehr links, aber in War Studies, was natürlich sehr interessant ist.

00:38:44.99
Alex
Aber, ich weiß, ihr ein bisschen mit Polizeimacht macht, macht ihr dann gewisse Sachen bei Worcesterlies, arbeitet mit Militärwissenschaften zusammen, aber arbeitet mit Menschen, die auch über Pazifismus schreiben. Das wird sowieso so area-mäßig behandelt. Und diese Perspektive fehlt auf dem deutschen Kontext. Zum Teil auch, weil das außerhalb Berlins weniger Policy getrieben ist. Friedensforschung. Ja.

00:39:00.48
stefansasse
War Studies gibt es ja in Deutschland gar nicht. Diese War Studies gibt es ja in Deutschland, glaube ich gar nicht. Ich wüsste gar nicht, was das für ein Feld sein soll bei uns. Wir haben ja genau einen Militärhistoriker, Bezünke Neitzel, und der ist ja quasi in der historischen Forschung völlig marginalisiert und in Politikwissenschaften keine Ahnung, ob überhaupt irgendjemand

00:39:22.24
Alex
Aber wenn es so militärwissenschaftliche Fragen gibt, ist das ein ganz separates Silo. Und wenn wir dann dieses Gespräch haben über das Theatrische und Performative, um zu verstehen, warum etwas Theatrisches und Performatives ist, muss man auch ein gewisses, muss man auch polizeiliche Abläufe verstehen. Was den Organikam fasziniert sozusagen, die Beförderungssysteme. Ganz genau sich anschauen, wer sitzt da?

00:39:48.05
Alex
Ich habe einen Kollegen, Martin Winter, und anderen, die durchaus… Ich meine, es gibt eine Ausnahme, das ist in Hamburg. Und in Bielefeld gibt es sehr viele gute Polizeivissenschaftler. Und auch in Hannover, Zielep. Na ja, da gibt es schon Inseln, die das durchaus sehr, sehr professionell machen, in Deutschland. Aber wie gesagt, das sind nicht notwendige Weise, die in Berlin reingebracht werden in eine Debatte. In ein Berliner Talkshow werden sie nicht die wirklich brillanten Polizeiforscher aus der Hamburger Schule reinbringen.

00:40:15.78
Alex
Die sind zu nerdig und zu strange. Nein, man bringt jemand wie Warwick rein oder irgendein Philosoph. Der so kundtut. Wenn man da wirklich haben will, ist jemand, der mit Winter sagen kann, guck mal ganz genau, wer da ist an der Grenze. Wenn es jemand ist, am Anfang oder Ende der Karriere, nehmen sie es nicht ernst. Weil da wird ein Pimpf irgendwie reingeschickt, um… 20, 23, scheiß drauf, der hat keine Erfahrung, setzt man der Grenze ab. Und dann setzt man mit

00:40:45.54
Alex
Kalle oder Hermann rein, der ist kurz vor der Rente. Das sind einfach interne Abläufe. Wie wird kontrolliert? Und ich will jetzt nicht zu viel Zeit aufhängen, wir wollen jetzt bestimmt weiter die Diskussion sein, aber vielleicht ein letzter Punkt. Und wenn man diese Abläufe versteht, kann man auch verstehen, ich bin sehr skeptisch gegenüber, auch philosophisch, ich muss darauf zugeben, aber es könnte durchaus einen Weg geben, diese Grenzkontrollen effektiver zu gestalten, auch als Stichproben.

00:41:14.60
Alex
Aber das muss im Englischen bei Jargon intelligence-led sein. Warum sind diese Kontrollen immer sehr effektiv gegenüber Fußball-Hooligans? Na, da gab es eine Runde von Kontrollen im Aufbau zu eben. Weil es gibt eine europaweite Datei aus der wirtschaftlichen Selbstinteresse von UEFA. Unter jeweiligen Ligen eine europaweite Datei von Hooligans. Und HULS. Da gibt es manchmal Probleme mit den Serben, die Kroaten sind an der Kanal gebracht worden mit extra Geld, okay.

00:41:42.12
Alex
Aber es gibt gewisse Stellen, auch die Rumänen, das ist ein Albtraum, aber die Rumänen kamen in extrem Druck und Stereobukarest hatte da sehr gute Arbeit. Egal. Aber auch so auf Fußball-Ebene, da gab es eine Datei. Und die haben eine Datei, und wenn die Büsse kommen, mussten sie Pässe anschauen, haben eine Datei. Das ist intelligence-led. Da hat eine Database, man weiß genau, wen man aussuchen will. Die anderen Leute, die sie verhaftet haben als Schleuser, das war einfach per Zufall. Und die ganzen Schleuser sind auch so, die eher professionellen sind anders vorbeigegangen. Aber das ist intelligence-led.

00:42:10.91
Alex
Wenn man diese Kontrollen hat, dann braucht es zwei, drei, vier Monate. Es gab, ich glaube, 18 Monate Planungszeit, bis diese Kontrollen eingeführt wurden für die EM. Die wussten genau, wofür die Kontrollen da waren. Die hatten genau die Stellen, die haben auch Personal eingebracht, das sehr professionell war. Gezielt haben sie sichergegangen, dass man die Huls diesmal wie nicht wie 2000, die EM 2000, wo das eine Katastrophe war, wo dieser französische Polizist auch fast zu Tode erschlagen wurde und so weiter, diese Massenkrawalle.

00:42:38.57
Alex
Das letzte Mal eigentlich die größte Massenqualität in Europa war EM2000. Und die wussten, das ist Intelligenz. Wenn man gewisse Schleusergruppen oder eine Biker Gang an den Grenzen abfangen will, dann muss es Intelligenz-led sein. Aber das muss über Monate geplant werden. Es gab durchaus viele Leute in der Bundespolizei und im Innenministerium, die keine weichlingen, das sind keine woke Leute.

00:43:03.92
Alex
Aber die echt gesagt haben, wirklich, die GDP hat das Ganze, die Gewerkschaft der Polizei hat ganz offen gesagt, wo sind die Planungslaufläufe? Wir müssen jetzt die Rotas, wir müssen die Dienstzeiten von unseren eigenen Polizisten jetzt einarbeiten. Wie sieht es mit Overtime aus? Mit die Extra-Zahlungen, Sonderzahlungen für solche Sachen, die auch jetzt im Nachhinein erarbeitet wird, wie viel extra wird jetzt ein Polizist bezahlt, wenn er über Stunden macht. Da mussten sie erstmal nachhinein

00:43:32.72
Alex
Es gibt lauter Planungseupläufe, die fehlten. Aber ich kenne das so peripher, weil das natürlich eine Grenzfrage ist. Und ich bin in eher interessanten Gendarmeries und der Bundespolizeiebene auf anderen Fragen. Aber es gibt viele Fachleute auch in Deutschland, die das machen. Die werden aber nicht in der Diskussion reingebracht, weil die als langweilige Logistiker und Techniker gesehen werden. Und man bringt lieber einen Philosoph rein, der irgendwie über das deutsche Wesen und Grenzen und sowas schwadronieren wird. Aber man muss das technische verstehen und zu verstehen, warum das nicht funktioniert und wie das vielleicht

00:43:58.35
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuschauen.

00:44:02.84
Alex
Wenn man’s macht, da kann es durchaus in gewissen Fällen auch funktionieren, aber das muss viel gezielter und intelligence led sein. Ja.

00:44:08.70
stefansasse
Ich bin da völlig bei dir. Die gleiche Kritik habe ich auch. Das ist das, was ich meine mit dieser Unseriousness, die da dabei ist. Aber auf der anderen Seite, um bei dem Punkt nochmal zu bleiben, ich verstehe natürlich auch, dass du als Olaf Scholz oder als Friedrich Merz oder wer auch immer nach so Längen nicht sagen kannst, und jetzt planen wir mal 18 Monate Grenzkontrollen, bevor wir die durchführen. Also die müssen ja irgendwas machen.

00:44:30.79
stefansasse
Und jetzt sind wir, glaube ich, schon allein aus unseren politischen Präferenzen, keine großen Fans davon, die Grenzen zu sperren und Migrationen einfach mal quasi mit dem Rasenmäher zu begrenzen sozusagen. Das ist uns, glaube ich, auch politisch so oder so fremd. Und meine Frage ist jetzt gewissermaßen, was ist die Alternative letzten Endes?

00:44:50.96
Alex
Zum Beispiel diese Intelligence-led Policing. Ich denke, es macht viel eher Sinn. Es gibt durchaus zwischen, nehmen wir Kanada als Beispiel. Übrigens, das kanadische Binnenmarkt ist viel weniger integriert als die EU-Binnenmarkt. Es gibt zwischen den kanadischen Provinzen Handelsbeschränkungen, was ja auch immer faszinierend ist. Man kann Käse aus Quebec nicht in Ontario verkaufen.

00:45:14.80
Alex
Was natürlich die Kanadier selber… Die Kanadier versuchen das seit der Entstehung der kanadischen Konfliktration zu lösen. Das kriegen sie immer noch nicht, wegen Provinzverlassen. Es gibt durchaus damit auch hin und wieder fliegende Kontrollen an den Provinzgrenzen. Aus gewissen, gezielten Gründen. Ich meine, es geht aber berühmter im kanadischen Kontext. Es gibt die Syriete der Quebec, die immer als überkorrupt gilt. Und was wahrscheinlich stimmt, immer noch. Und die Ontario Provincial Police. Das ist ja auf sehr englisch-kanadischer Weise…

00:45:44.21
Alex
gehobener und sauberer sieht, was nicht immer die Wahrheit entspricht. Und dann gibt es da auf nationaler Ebene so eine Art Gendarmerie, Royal Canadian Mounted Police, die Mounties, oder Gendarmerie Royal Canadien, auf Französisch. Und es gibt hin und wieder diese Kontrollen auf Provinzgrenzen. Das sind gezielte fliegende Kontrollen, das wird alles eingebaut und eingebaut. Hin und wieder gibt es durchaus gewisse Protokolle zwischen anderen Brücken zwischen Ottawa, es gibt Hall und Ottawa. Ottawa gibt es einen Fluss, Hauptstadt. Das heißt,

00:46:12.60
Alex
Es gibt viele Staaten, und die EU wird langsam zum Staat, das ist einer meiner Grundpunkte, aber es gibt auch viele Staaten, wo es auch solche interne Kontrollen gibt. Aber die müssen auch irgendwie ihren Sinn erfüllen. Es ist nicht das Ende von Schengen, wenn hin und wieder, aus klaren Gründen, aus gewissen Knotenpunkten, weil die Grenzen immer noch diese alten Strukturen aufweisen,

00:46:36.14
Alex
mehr Knotenpunkte zwischen Staaten als innerhalb von Staaten. Es gibt auch mehr Knotenpunkte zwischen Bundesländern als innerhalb von Bundesländern in Deutschland. Aber es ist durchaus hin und wieder, macht hin und wieder Sinn, durchaus Kontrollen an der Brücke zwischen Libizien und Golditz auszuführen. Es macht hin und wieder durchaus Sinn zwischen Freilassing und Salzburg, wenn auf Intelligenz-LED-Ebene Informationen durchsichern,

00:46:58.75
Alex
dass gewisse Güter oder Menschen oder Waffen oder Drogen, Narkotika über gewisse Grenzpunkte kommen. Es macht durchaus Sinn, vielleicht diese Knotenpunkte zu benutzen als Kontrollstelle. Aber hier kommt der Punkt. Was beeindruckt der Wähler? Ist ein Bulle, der gelangweilt kurz vor der Rente ein Stoppschild wedelt,

00:47:26.48
Alex
Und hin und wieder Stichprobenhaft, unsystematisch Stichprobenhaft, ohne wirklich großen Sinn und Zweck. Und das nicht im Medial aufgebracht wird. Das macht keinen Sinn, das wird nichts antworten. Weißt du, was durchaus medial beeindruckt? Verhaftungen. Oder Busts. Oder sehr, sehr beeindruckt. Die Amerikaner machen das sehr performativ. Das ist auch ein Theater, aber es ist ein sehr effektiver Polytheater. Wenn sie irgendwie ein Kartell zerschlagen haben, oder an den Grenzen Schmuggler verhaftet haben, wird das sehr, sehr

00:47:57.35
Alex
auf Fernsehen, auf den ganzen Medien, ge-broadcasted. Wir haben diese verhaftet. Was haben wir hingekriegt? Machen die Franzosen? Machen die Italiener sehr theatralisch? Und ich glaube, wenn man, weil was wirklich den Wähler beeindruckt ist, nicht nur eine Kontrolle, die irgendwie keinen Sinn und Zweck erfüllt, es sind Kontrollen oder beziehungsweise auch polizeiliche Mittel, die zu Verhaftungen und zu und zu gerichtliche

00:48:25.47
Alex
an die Gerichtssitzung führt, die die Verbrecher vorher im Gericht bringen. Das ist beeindruckend. Das ist die andere Option. Und das kann durchaus Kontrollen an Grenzen zu gewissen Zeitpunkten haben. Ich bin gegen diese Kontrollen. Ich denke, die sind eher sinnlos. Ich glaube an ein grenzenloses Europa. Aber wenn man das eben macht, gibt es durchaus okay, durchaus ein Argument zu sagen, hier ist ein Knotenpunkt, Verkehrsknotenpunkt. Hier gibt es jetzt eine Kontrolle über eine gewisse Zeit, weil wir wissen, da fließt viel rüber. Und wir wissen, dass wenn wir das so zu diesen Zeit machen, bang, können wir was erwischen.

00:48:54.41
Alex
kann man auch ein Inter innerhalb Deutschlands machen. Es gibt Knotenpunkte, gerade im RMV-Bereich zwischen Frankfurt und Wiesbaden und Mainz und so weiter. Warum nicht da? Und es sind ja auch unterschiedliche Kulturen, die gegeneinander peilen zwischen Rheinland-Pfalz und Hessen. Und in diesem Kontext. Aber ich glaube, was den Wähler wirklich beeindruckt ist, man sagt, wir haben 20, 30, 40 Leute eingesackt. Und live on TV. Es ist auch so eine zänische Betrachtung. Ich glaube, auf menschenrechtliche Ebene

00:49:23.98
Alex
Und es gibt andere moralische Gründe, das nicht so medial aufzubürsten, aufzuarbeiten. Aber ich glaube, der autonormale Wähler ist viel eher beeindruckt von der Verhaftung, von jemand, der richtig hardcore aussieht. Zum letzten Punkt. Es wird riesengelaber gemacht über diese Ganzkontrollen. Wann war der letzte Mal eine große Zerschlagung der Biker-Gangs in NRW, Niedersachsen und Hessen? Das ist ein weniger problematischer Ball, weil die Biker-Gangs viel schwächer sind.

00:49:31.76
stefansasse
Untertitel im Auftrag des ZDF, 2021

00:49:52.46
Alex
Quasi die stärkste organisierte Humanitätsnetzwerk in Norddeutschland sind die Biker Gangs. Und der Frank Hanembyt, der an und für sich unter polizeilicher Kontrolle ist, hat vor dem letzten Jahr eine riesen Hochzeit gemacht bei seinem Dorf, wo auch die gesamte lokale CDU-Politik-Prominenz eingeladen worden ist, von einem Menschen, der faktisch Menschen, naja, wahrscheinlich ermordet hat und so. Das heißt, hä?

00:50:19.14
Alex
Das ist fast Yakuza. Die organisierte Kriminalitätsszene in Niedersachsen hat z.B. fast Yakuza-hafte Züge in der Hinsicht. Wenn man das auch weiß, wie das abläuft auf der kriminellen Szene und was es da für Verflechtungen gibt. Was bei einem Doktor Wähler, wenn gerade die BKA nach Niedersachsen reinkommt und sagt, Leute, das geht jetzt nicht mehr und jetzt verhaften wir 30 Leute und dann machen wir Riesentrara und dazu gehören mehrere Schleuser.

00:50:46.56
Alex
Das ist der andere Option, ist aber schwieriger.

00:50:50.50
stefansasse
Ja, wir drehen uns gerade in unsere Diskussion auch sehr viel um die Frage, wie verhindern wir, dass Leute reinkommen. Wir haben ja aber noch eine ganz andere Dimension und da kommt dann auch wieder dieses Theatralische und das Performative rein, nämlich die nicht hinlos werden, die schon da sind.

00:51:04.05
stefansasse
Das ist ja dann mit diesem Stichwort mit den Abschiebungen und die große Abschiebeoffensive und so weiter. Da ist ja quasi dieser mit Sicherheit schon lange geplante Flug von diesen, was waren das, 28 oder 40 Leute, die sie dann nach Afghanistan geflogen haben, wo sie dann von den Taliban sofort auf reinen Fuß gesetzt und ich würde mal annehmen, um ihr Handgeld erleichtert wurden. Das wurde ja quasi aufgebauscht ohnehin. Davon brauchen wir mehr. Und was ich daran immer so beeindruckend finde, ist einerseits,

00:51:17.40
Alex
Ja. Ja.

00:51:34.05
stefansasse
das Kosten-Nutzen-Verhältnis an der Stelle. Weil diese Abschiebeflüge, die kosten ja Unsummen. Und da, also ich habe da wirklich mehrere Punkte zu der Geschichte. Weil bei diesem Abschiebeflug hat man, glaube ich, unter dem Brennglas wieder das ganze Problem gesehen. Weil die progressive linke Blase hat quasi sich ausschließlich auf diese Aspekte konzentriert. Das menschenrechtliche, wie ekelhaft das alles ist und so weiter und so fort. Hat aber völlig ignoriert, wer da eigentlich abgeschoben wurde, weil das war quasi ein Flugzeug voller Straftäter.

00:52:02.50
Alex
Ja, und es ist ein paar Vergewaltiger. Da muss man auch die Linke sagen, wollt ihr euch wirklich in eine Bresche werfen in diesem Fall. Und jeder weiß, dass diese Leute im Fall in Fuß gehen in diesen Staaten.

00:52:02.89
stefansasse
Die haben ja quasi nicht die Affären. Richtig. Genau. Und ich halte das für unglaublich dämlich letzten Endes. Das ist wiederum das, was ich meine mit dieser Unseriousness bei der ganzen Geschichte, weil keine der beiden Seiten hat ein ernsthaftes Interesse an irgendwelchen Lösungen. Da stehen ja keine… Ja, natürlich.

00:52:28.86
Alex
Wenn es um Bestrafung geht, ist der einzige Ort, wo die wahrscheinlich bestraft werden, ein deutsches Gefängnis. Ja. Und nicht nur das, wer wird denn abgeschoben? Wer wird jetzt denn abgeschoben? Man muss ja auch fragen, es gibt zwei Ebenen der polizeilichen Arbeit. Die eine Ebene ist die Bestrafung von Straftätern, die furchtbar oft, gerade im Fall, wo sie furchtbar Strafung gemacht haben. Und das ist eben wichtig, dass man diese Menschen bestraft.

00:52:33.83
stefansasse
Richtig. Und das deutsche Geländnis wäre billiger. Das kommt erscheinend hinzu. Und es macht sicher das Problem.

00:52:56.56
Alex
Okay, man wird die los und das sieht symbolisch sehr gut aus, aber die werden nicht bestraft. Die gehen auf einen Fuß in Kabul und ist es gerecht, wenn ein Vergewaltiger dann plötzlich in Kabul sein Ding macht? Da exportiert man. Ist es gerechter, dass dieser Mensch einfach eine Strafe 30 Jahre absitzt und wirklich absitzt für solche Taten und in Deutschland absitzt? Und das ist ja auch eine völlig felige Leitung, aber wir schieben diese Menschen ab. Die sind furchtbare Straftäter und die landen da und machen ihr Ding in der lokalen Szene.

00:53:26.85
Alex
Und was ist das auch ein Signal von Deutschland gegenüber diesen Staaten? Hier habt ihr eine Verbrecherdskröte und uns ist scheißegal, was euch passiert. Das ist auch ein sehr rassistisches Signal, dass da irgendjemand abschiebt. Weil Afghanistan ist allemand. Und die andere Frage ist, die andere Seite der polizeilichen Arbeit ist, wie geht man mit der organisierten Kriminalität um? Das ist nicht nur eine Verhaftung und Abschiebung oder ins Gefängnis setzen von individuellen Straftätern. Es geht um Systeme und Strukturen.

00:53:37.12
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuschauen.

00:53:53.83
Alex
Und gegenüber organisativer Kriminalität sind diese Abschiebungen völlig ineffektiv. Weil ein Großteil dieser organisativer Kriminalitätsstrukturen ist erst mal, oft deutsch, ich meine, das Genie von Frank Hanebüt. Und dieses Biker Gang Modell, die er faktisch erfunden hat. Die Biker Gangs darf man nicht vergessen, waren bis Frank Hanebüt eigentlich rassistische Veranstaltungen. Die haben keine Türken, keine Schwarzen, gar nicht. Hanebüt Genie, und das ist sehr haneuferisch, sehr merk… Hanebüt ist das…

00:54:21.83
Alex
Der Angela Merkel der organisierten Kriminalität. Weil sein Genie war, zu verstehen, ganz pragmatisch, wenn wir immer noch auf nur weiße Deutsche und weiße Westeuropäer arbeiten, werden wir von diesen neuen Diaspora-Gangs überrollt. Und er hat auch erkannt, dass viele von diesen Türken, Deutsche, gerade die in Hannover und Hamburg oder sowas aufgewachsen sind, fanden Biker cool und wollten rein, wurden aber nicht reingelassen.

00:54:46.42
Alex
Und er hat einfach gesagt, er hat sich auch mit den Haste Angels in den USA zerstört. Und da gab es eine Abspaltung. Er hat gesagt, okay, wenn ihr euch zu diesem Biker-Leben bekennt und loyal zum Gang sind, nehmen wir Türken, nehmen wir Schwarzen rein, sind wir plötzlich Multikulti. Und er hat aus den Haste Angels und aus den weißen Rassisten-Gängen eine Multikulti-Bang-Gang aufgebaut. Das heißt, zwei Ebenen. Erstens, die organisierte Kalkulinität in Deutschland ist nicht nur ausländisch, ist nicht mal nicht nur diaspora. Das sind deutsche Staatsbürger, die das Ganze leiten, die zentral sind.

00:55:15.98
Alex
Die organisierte Kriminalität in Deutschland, das sind auch Anwälte und Makler und ehemalige CDU-Senatoren in Berlin und so weiter und so fort, die natürlich nie einen Namen werden je genannt, die auch sehr aktiv mitgestalten und diesen Kontext aufbauen, wo die organisierte Kriminalität aufbauen kann. Auch die libanesischen Gangs haben alle deutschen Pass.

00:55:36.60
Alex
die werden man auch nicht mehr los. Das sind Deutsche, das sind berliner Jungs. Ich bin bei den libanesischen Gangs in Berlin optimistischer, nicht weil sie von dem deutschen Staat geschlagen wird, aber ganz klar, die Libanesen wollen aus dem kriminellen und insimmobilien Geschäft einsteigen. Ich denke, man würde einen Großteil der organisierten Kriminalitätsprobleme in Berlin lösen, wenn man einfach die libanesischen Gangs sagt, okay, wenn ihr euch von den ganzen kriminellen trennt, könnt ihr ihr Weste reinwaschen und

00:56:02.96
Alex
Innerhalb von einer halben Generation sind die Nebanesen Immobilienmarkner in Berlin, diese ganzen Gangleute. Die werden schon Teil des Establishments. Und das sind komplexe Fragen über wen soll man verhaften, wann soll man so eine Entwicklung einfach walten lassen und die einfach integrieren lassen im System, wen soll man abkappen. Aber keines von diesen Fragen, gerade bei der organisierten Kriminalität, wird durch Deportationen gelöst.

00:56:29.48
Alex
Das sind Systemfragen und gesellschaftliche Systeme auf lokaler Ebene. Wann crackt man down? Ich glaube, gerade in Niedersachsen ist zu wenig getan worden gegenüber den Biker-Gangs, die einfach jakuzahhaft sich viel zu freilassen. Und sie haben brillant die ganzen Diaspora-Einwanderer-Gruppen in sich hintergehend. Die rekrutieren nicht jetzt Syrer. Es gibt Syrer in Kutten. In Hannover oder in Göttingen und so. Die die ganzen Modellen jetzt rumschieben und so.

00:56:59.86
Alex
Wenn man die zu viel Platz einräumt, man muss einen Crackdown, es gehört jetzt einen Crackdown zu, das was sie mit Hanebeck gemacht haben, auch mit den Spaniern waren wir jetzt. Aber auf der anderen Seite muss man auch sagen, gibt es gewisse Gruppen, wo man ganz klar sehen kann, die haben ganz klar signalisiert, wir wollen jetzt raus aus dem Geschäft. Das sind sehr komplexe Fragen. Wie geht man mit diesen Leuten um? Man kann keinen Krieg gegen den gewinnen, aber wenn man zu weit rauskommt, aber eine Deportationswelle

00:57:25.69
Alex
wird die Grundlagen, Grundsysteme der deutschen Kriminalität nicht lösen. Das ist keine Einladungsfrage, das ist eine deutsche soziale Frage. Eine europäische soziale Frage. Und da wird vieles vermengt und verwechselt, auch diesen Grenzkontrollen und Deportationen, die einfach dann, dann sind die kriminellen Netzwerke immer noch da. Da ändert sich nichts und das ist wieder mal erfressen für Populisten oder rechtsradikale Populisten, dass da nichts ändert.

00:57:54.19
stefansasse
Da kommt ja dann auch wieder dieses Problem mit der AfD-Geschichte dazu, was du erwähnt hast, dass man gar nicht versteht oder verstehen will, was die eigentlich machen. Weil du hast ja gerade schon erwähnt, viele von denen haben einen deutschen Pass. Und sowas hält gegebenenfalls Abschiebepolitik der CDU auf. Aber wenn man guckt, was die AfD, die sagen das ja offen. Wenn die von ihrer Remigration sprechen, denen ist scheißegal, ob die einen deutschen Pass haben. Was die machen wollen, ist, die Leute in Camps stecken und

00:58:10.57
Alex
Ja. Ja.

00:58:22.89
stefansasse
letzten Endes dann irgendwo hinbringen, wohin auch immer. Ich meine, dass das komplett unrealistisch ist, weil zum Abschieben halt immer zwei gehören, das ist auch was, was in der deutschen Debatte gerne vergessen wird. Da wird immer getan, als wäre das eine reine Frage von Willenskraft. Wenn wir die nur abschieben wollen, dann könnten wir das machen, aber es braucht halt auch immer ein Land, das die Leute aufnimmt, was wir heute nicht haben.

00:58:41.90
Alex
Erstens, und zweitens, es wird immer so, immer gesprochen, das ist auch für mich ein Problem in der deutschen Linke, es wird immer gesprochen, als ob Migranten eine machtlose, was mich nervt auf der deutschen linken liberalen Seite bei solchen Fragen ist, es wird immer so getan, als ob Migranten, das ist eine Mentalität aus den 80er Jahren oder 70er Jahren, das stimmt ja nicht mal dann, dass die Migranten oder Diaspora-Gruppen sind da, wir müssen die retten und schützen.

00:59:08.71
Alex
Und was jetzt sehr unterschätzt wird, ich meine, Diaspora-Gruppen haben jetzt Macht in der deutschen Gesellschaft. Guck mal gerade die Libanesen in Berlin als Diaspora-Gruppe. Sehr konsequent. Und wie gesagt, man sieht die Signale, die jetzt langsam so rauskommen, die Hrakas und anderen wollen jetzt aus dem kriminellen Geschäft raus. Die haben jetzt viel Geld angeholt, die haben jetzt Kapital angeholt und die wollen, dass die Kids jetzt, die Kids studieren Jura.

00:59:32.23
Alex
Das ist eher der irische als der sizilianische Pfad, sagen wir, wenn das so ein nordamerikanischen Muster ist. Die anderen Gruppen, die in den sizilianischen Pattern sitzen, da die nicht rauskommen, da muss man… Die Sache ist, aber die Leute haben Macht und die haben auch Sicherheits… Die AfD träumen von einer Remigration, wo das plötzlich alles smooth läuft, als ob die Menschen aus der Jasperer Herkunft da sitzen werden und sagen, werf mich raus, das wird auch nicht passieren.

00:59:58.88
Alex
Das sind Deutsche, das sind lokale Leute, das ist ihr Revier. Und die haben jetzt auch politische Macht. Was ich durchaus als Risiko, das daraus entstehen kann, ist, nehmen wir ein Beispiel, ich glaube die AfD, vielleicht bin ich zu optimistisch, aber die AfD ist schlicht und einfach nicht… Die AfD hat die 19% dass die deutsche Partei einst in Niedersachsen hatte. Es gibt gewisse Kreise, wo sie stark sind, man weiß genau wo das ist, wo die CDU auch immer sehr braun war.

01:00:27.57
Alex
Aber die AfD wird über das hinaus in Niedersachsen nicht rauskommen. Ich bin eigentlich vielleicht auch relativ optimistisch wegen lokalen Gründen in Meck, Pomm und Brandenburg, dass die AfD eine Stärke entwickelt wird, aber nie diese… Es gibt andere gesellschaftliche Kräfte, die dagegen wirken können, aus sehr lokalen Gründen. Das ist eben Speckgürtel-Effekt von Berlin. Und in Meck, Pomm, Brandenburg vor allem ist es ein eigenes Ding. Es ist eine eigene Welt. Auch innerhalb der ehemaligen DDR. Und dann auch in den ganzen westlichen Bundesländern, wo die AfD durchaus Stärken entwickeln kann,

01:00:56.63
Alex
Die wird nie eine Dominanz ausüben. Was durchaus gefährlich werden könnte, ist, wenn die AfD in Sachsen und Sachsen-Anhalt, nehmen wir als zwei Beispiele, wo sie durchaus eine Art auch kulturelle Deutungshoheit entwickeln könnten, wo sie versuchen, auf Lokale oder Landesdeutsche irgendwie welche Schemes aufzubauen, diese Remigrationsfantasien aktiv aufzuüben. Da werden Menschen aus Diaspora-Gruppen, die davon betroffen werden, auf Lokalmedien, die werden nicht in anderen Teilen des Deutschlands einfach rumsitzen oder einfach hingucken.

01:01:24.67
Alex
Da wird auch eine Widerstandskraft auch innerhalb der deutschen Gesellschaft, die die höchste Spannung aufbauen wird. Und was eben bei mir dieser Debatte fehlt, ist oft, es werden immer so auf die Diaspora-Gruppen und Migranten als oh ihr arme Opfer, das sind keine Opfer, das sind aktive Leute, die Agency und Macht haben. Und diese AfD-Entwicklung kann durchaus auch zu einem Gegenpush führen, das auch gefährlich ist in der deutschen Gesellschaft.

01:01:49.53
Alex
Wie gesagt, die Gefahr dieser Debatte ist nicht nur das, was zum AfD passiert, es ist aber auch, wie das die Gegenseiten gegen die AfD radikalisieren kann in so einer Entwicklung. Das führt zwar nicht zu einer viel gespaltenen Gesellschaft, auch wo diese Ost-West-Konflikte oder Nord-Süd-Konflikte in Amerika und DDR hochkommen, da wollen wir nicht hin. Da soll man nicht mal mit diesem Spiel anfangen.

01:02:19.92
Alex
Und man muss eben verstehen, dass das für die AfD kein Spiel ist. Und das heißt erst mal, diese Remigrationsfantasien, das übt schon jetzt einen Effekt auf Diaspora-Gruppen aus, die nicht die Gastarbeiter mit Schnurrbart der 70er-Jahre sind. Das sind jetzt diese machtvolle Machtstrukturen. Das sind Machtstrukturen in mehreren deutschen Städten, die werden sie nicht rumschieben lassen. Und wenn das sich so entwickelt, kann das auch durchaus

01:02:47.58
Alex
wieder ein zurückfallen auf der Gruppe, auf organisierten Strukturen, weil man sieht diese Radikalisierung auch in der US-Gesellschaft, wie das passieren kann, dieses Aufspalten der Gesellschaft in gegenseitige, angefeindete Gruppen. Vielleicht das letzte Punkt. Deswegen ist diese märzsche Strategie, halbpopulistisch, aber auch nicht populistisch, irgendwann muss die CDU-CSU, das versteht der Wüsten zum Beispiel in Günther, nicht überraschendenweise, dass Wüste aus einer politischen Generation kommt,

01:03:17.40
Alex
die gerade Diaspora-Gruppen in der CDU langsam integriert auf lokaler Ebene in Köln. Nicht im Sauerland, aber in Köln und im Ruhrpott. Wüst versteht, wo das hingehen kann. Und Günther versteht, wo das hingehen kann. Und das heißt, diese märzliche Strategie, aber so halbpolitisch, auch nicht ganz populistisch, das funktioniert nicht. Irgendwann muss die CDU wieder Flagge zeigen. Und entscheidend sagen, ne, wir halten eine Front zusammen, wir spielen dieses Spiel nicht mit.

01:03:44.89
Alex
Wir kritisieren die SPD. Können sie immer noch die SPD und die Grünen auf wirtschaftspolitischer Ebene sehr brutal eingehen? Machen sie auch. Macht auch der Wüst. Aber diesen Spiel zu spielen im März geht nicht auf, glaube ich. Weil dann geraten wir dann in eine wirklich polarisierende Dynamik, die nicht nur die Rechte in der deutschen Gesellschaft radikalisiert, aber dann auch alle andere.

01:04:06.14
stefansasse
Ja, und wir haben da ja bei diesem Polittheater, das diese Abschiebungen umgibt, haben wir noch ein weiteres Problem von Anreizsystemen. Weil auch hier, genauso wie bei den Grenzschließungen, wir brauchen ja quasi so schnell wie möglich irgendwelche Signale. Das heißt, die Behörden kriegen letzten Endes Quoten vorgesetzt. Jetzt schiebt mehr Leute ab. Und wenn ich jetzt mehr Leute abschieben will, wie mache ich das? Ich muss ja dann quasi die niedrig hängenden Früchte pflücken.

01:04:14.84
Alex
Ja.

01:04:33.81
stefansasse
Und das bedeutet, ich schiebe dann die Leute ab, nicht diejenigen quasi, die sich den Kontrollen entziehen, die ihre Auflagen nicht erfüllen, die kriminell sind, sondern ich schiebe diejenigen ab, die sich immer fleißig gemeldet haben, von denen ich weiß, wo sie sind und die ich kriegen kann. Und da kommen dann diese ganzen Schlagzeilen aus. Ich habe in den Show Notes genug davon reingepackt.

01:04:53.95
stefansasse
Wo dann irgendwelche Leute, die gerade in Ausbildung sind oder schon einen Job haben oder diese Absurditäten, wo jetzt eine Japanerin abgeschoben werden soll, die seit 18 Jahren Kirchenmusikerin ist. Das ist eine Absurdität, die diese Sachen umgibt.

01:05:10.08
Alex
Und diese Abschiebungen scheitern meistens. Das ist das Faszinierende. Die versuchen dann jemanden zu abschieben. Dann gibt es ein riesen Ratslokal, findet sich dann ein Sponsor. Oft ist es wie diese Kosovo-Abschiebungen der Nullerjahre. Das war auch dramatisch. Da hatten man Leute, die über mehreren Jahren in Deutschland sich integriert haben. Als Kosovo-Albaner dachten sie, dass sie einen gewissen Schutz hatten. Dann ist das entzogen worden. Gab es nach diesem großen Preština-Skandal wegen den Wiesen. Dann gab es diesen Versuch, die Leute wieder abzuschieben.

01:05:38.03
Alex
eigentlich nicht interessiert. Was dann am Ende passiert ist, und das ist glaube ich, was in vielen von diesen Fällen jetzt auch passieren wird, ist, da haben sie Leute nach Prestina abgeschoben, gab es aber so viel Fass und Radau auf lokaler Ebene, dass sie gesagt haben, wir schieben euch ab, gehen sie dann zum Botschaft, sie haben jetzt einen Sponsor, da müssen sie 90 Tage oder 30 Tage, oftmals fast einen Monat absitzen. Da wird mit großen Radarzielen mal abgeschoben, dass nach einem Monat wieder zurückkommt.

01:06:05.59
Alex
Weil, wie die dann die lokalen Sponsoren dann sagen, sehr schnell, nee, jetzt machen wir den Paperwork und jetzt kriegen wir ein Visum für diese Person. Und dann, oft ist das, oft ist der Kompromiss, man muss immer so sagen, wann ist dieser, erstmal gibt es einen Schock und lauter Fass und dann wird etwas mit einem Auswärtigen Amt oder mit den lokalen Behörden oder mit dem Arbeitsamt ausgehandelt. Und dann plötzlich, oft gibt es so eine riesen Kampagne und dann verschwindet die Kampagne. Das ist immer das interessanteste Punkt. Warum?

01:06:33.73
Alex
verschwindet, warum hören die auf sich zu beschweren? Weil oft einfach ein Kompromiss ausgearbeitet wird, okay, geh mal raus, das müssen wir jetzt machen, dann ist die Quote durch, du hast jetzt einen Antrag und jetzt machen wir alle, du hast einen Job und jetzt gibt’s einen Sponsor und der Arbeitsamt mag dich lokal und deine Kinder gehen zur Schule mit den Leuten. Wir kriegen das hier irgendwie hin. Und das ist oft, was fehlt in diesen Debatten, ist jetzt eine sehr hohe Abstraktion

01:07:00.67
Alex
das mit den Niederungen des Alltags wenig zu tun hat. Und das hat man in den Nullernjahren, viele von diesen Kosovo-Abbahnen, die abgeschoben wurden, sind alle nach 90 Tagen, viele Mengen, nicht jeder, aber große Mengen sind nach 30, 90 Tagen wieder zurückgekehrt. Weil dann gab’s wieder, die saßen dann im Hotel rum oder bei der Verwandtschaft, da wurden einfach die Anträge durchbrettet, die hatten Sponsor vom lokalen Bürgermeister. Wird der Auswärtige Amt Nein sagen zum CDU-Bürgermeister in Laach?

01:07:31.40
Alex
Und das heißt, es ist dieses Theater, Politie-Theater-Proformative. Und darauf kann ich auch brutal sagen, was auch ein letzter Punkt oft fehlt, ist, wo man auch sieht, wer nicht wird, wird nicht abgeschoben. Wer wird viel weniger zur Zeit geschoben, sind Kurden und Türken. Die werden fast kaum mehr abgeschoben. Hier und wieder gibt es eine Fälle. Weißt du warum? Weil einfach die kurdische und türkische Gemeinde jetzt genug Wähler hat, die haben sehr starke Diaspora-Strukturen und du weißt, wenn du diese Kurde machst und du versuchst einen Kurden abzuschieben, da taucht ein Anwalt am nächsten Tag auf und macht dein Leben zur Hölle.

01:08:02.02
Alex
Und es ist ganz klar, seit den späten Nullerjahren, es ist ganz klar, die Kurden werden nicht so angetastet mehr. Weil bei den Kurden gibt es immer Ärger. Das sieht man schon in den 80er, 90er Jahren, wo sie anfangen zu sagen, wir gehen in der PKK machen, eigentlich sollten wir diesen Typ abschieben, aber wenn wir das machen, gibt es Ärger. Die gehen gezielt auch auf den Leuten, warum wollen sie eine Japanerin abschieben? Weil es keine große japanische Community gibt, die den Fass machen wird.

01:08:31.02
Alex
Oder warum wollen sie einen Genäher abschieben? Weil es gibt keine genäherische Befreiungsbewegung, die auftaucht mit drei Anwälte und sagt, jetzt jagen wir das durch den Courts, durch den Gerichten. Und das sind lauter Machtstrukturen da im Spiel, die oft jetzt nicht in der Debatte rollen, aber oft sehr entscheidend sind, für wie diese Abschiebungsprozesse geht. Das heißt, von Abschiebungen wird immer sehr abstrakt gesprochen, aber das Ganze bricht immer relativ schnell zusammen. Unter dem Druck der realen Verhältnisse im Alltag.

01:09:02.57
stefansasse
Es ist also der Punkt, die sind einfach unglaublich unpraktikabel, sie sind teuer und es ist immer ein Versprechen, das nicht eingelöst werden kann. Das halte ich für mit dem zentralsten Aspekt fast schon in der ganzen Geschichte, wenn man es wirklich auf die abstrakte politische Ebene hebt, weil die ganzen Einzelschicksale, die da dahinter stehen, das ist ja nochmal dramatisch.

01:09:11.54
Alex
Ja. Ja.

01:09:22.89
stefansasse
Aber einfach, es ist kontraproduktiv, weil du mit dieser, jetzt machen wir die große Abschiebeoffensive und hast sie nicht gesehen, du machst jedes Mal ein Versprechen staatlicher Handlungsfähigkeit auf, versuchst Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, das nicht einhaltbar ist. Und wenn du quasi sagst, ich beweise, dass sie nicht die AfD wählen müssen, damit was passiert, indem ich etwas verspreche, dass ich nicht einlösen kann.

01:09:47.98
stefansasse
Das ist mein Grundproblem in der Geschichte. Das ist einfach ein fundamental in sich widersprüchliches und kontraproduktives Verhalten.

01:09:54.88
Alex
Aber es ist auch ein Missverstehen des Wählers. Was ich oft so auch deprimierend finde, ist, es gibt diesen Bild, dass diese Idee, dass diese 15-20% AfD-Wähler, ja 15% glaube ich fest, die gesamte Wählerschaft, gerade auf der christlich-demokratischen Ebene, die gesamte Wählerschaft reflektieren. Ich glaube, wieder mal Wüst versteht viel besser. Laschet habe ich nie gemocht, aber das hat er auch verstanden.

01:10:19.10
Alex
dass die christdemokratische Wählerschaft durchaus auch viele Wähler hat, die das christliche ernst nehmen. Oder im islamischen jüdischen Kontext so eine religiös-demokratische Kompromisse, die langsam auch in dieser Gruppe, gerade bei jüdischen, aber auch bei den orthodoxen und christlichen und bei den islamischen, auch langsam zu sehen ist. Deswegen eine der Ironien der christdemokratischen Probabilismus ist, es gibt durchaus eine ziemlich massive potentelle Wählerschaft für die CDU, gerade in islamischen Diasporen, weil sie oft die Werte kann und passt besser. Aber gerade der Rassismus steht

01:10:49.00
Alex
Das hat Laschet immer frustriert. Laschet hat das sehr gut verstanden, dass es eine große potenzielle Wälderschaft, gerade bei Deutsch-Türk und Deutsch-Kürden, gibt für die CDU, CSU. Deswegen war er auch auf dem Clinch gegenüber Söder. Ich fand das anders bei Laschet problematisch, aber wenn es um diese Diaspora- und Einwanderungsfragen gibt, war Laschet immer 10, 20 Jahre im Voraus. Das sieht man jetzt auch in der NRW-CDU. Man sieht ja auch, dass März seit zwei Jahrzehnten aus dem Spiel ist, weil diese ganze Entwicklung in einer eigenen

01:11:15.83
Alex
im eigenen Bundesland scheint ja nichts ganz zu raffen. Sauerland ist ja auch so ein Sonderbereich in diesem regionalen Kontext. Und was damit entsteht, ist, es wird etwas versprochen, das vielleicht gewisse Wählergruppen anspricht, aber andere, gerade auf lokaler Ebene, und es wird Tausende von diesen Schicksalen geben, andere dann wieder entfremdet, gerade von der SPD, von den demokratischen Parteien. Wo geht jetzt ein Wähler, der das eben nicht mag?

01:11:47.06
Alex
Es gibt viele Menschen, die kein Glück haben werden. Es werden viele Menschen, die abgeschoben werden, die vielleicht nicht ihren Weg zurückfinden werden. Aber es wird genug Menschen geben, die auf irgendeine Art und Weise ihren Weg zurückfinden, wo das ganz klar für die meisten Wähler sinnlos aussehen wird. Es wird Menschen, die einen tragischen Schicksal erfahren, die nicht zurückkommen werden, weil sie keinen Schutz finden. Aber es wird genug Menschen geben, die abgeschoben werden, die zurückkommen.

01:12:14.39
Alex
Bei den Kosovalbanern war das einfach. Bei den Kosovalbanern im Null, da war das Ganze am Ende, fing als Tragik an und endete als Farce. Und das wird in genug Fällen so, und damit sieht der Start am Ende handlungsunfähiger, als wenn man nicht mehr den ganzen Scheiß angefangen hätte von Anfang an.

01:12:34.04
stefansasse
Ja, das ist genau meine Befürchtung. Dass man sich da in eine Spirale reinbegibt, die nicht mal irgendeinen Sinn hat. Ich würde es immer noch ablehnen aus einfach meinen persönlichen politischen Prämissen raus. Einfach weil ich es furchtbar finde, den Leuten das anzutun und so weiter und so fort. Aber wenn es wenigstens den Effekt hätte, den die behaupten, dass es hat, dann wäre das ja noch eine Sache. Aber den hat es ja nicht mal. Das ist die Schreckliche an der ganzen Geschichte.

01:12:58.64
Alex
Aber vielleicht vom letzten Punkt von mir aus. Und das ist, weil am Ende der ganzen Frage wird auch, ich meine, es gibt zwei Faktoren, die zu diesen Migrationsströmen kommen. Das Erste ist natürlich krisenbedingt, kriegsbedingt, auch menschenrechtsbedingt. Solange es Kriegen gibt im näheren Bereich um die ÖH, näheren ist ganz locker gesagt, dazu zeige ich auch den Sahel zum Beispiel, wird es eben Flüchtlingsströme geben.

01:13:22.62
Alex
Großteil dieser Flüchtlinge gingen übrigens nicht nach Europa. Großteil dieser Flüchtlinge… Ukraine war eher eine Ausnahme. Ukraine, Kurden und Jugoslawien waren eher eine Ausnahme. In anderen Fällen, wie in Afrika oder Nahe Osten, bleiben die meisten Flüchtlinge eigentlich in Türkei oder in Nordafrika oder Nigeria oder so. Wir tun so, als ob das ein Ansturm ist im Vergleich zu dem, was auf regionaler Ebene in diesem Staatsbereich passiert. Auf der anderen Seite der größten, weitaus interpretierten EU-Sphäre.

01:13:53.30
Alex
ist das im Vergleich nur ein kleines Tropfen, ein kleines Ventil nach Norden. Aber solange es diese Krisen gibt, wird es diese Flüchtlinge schon mehr geben und man muss das eben handeln. Da kommen auch sehr schwierige Fragen auf. Ich meine, ich bin vielleicht eher interventionistischer ausgerichtet als vielleicht jüngere Kollegen, weil ich auch eine Zeit erinnere bei den Jugoslawienkriegen, wo das durchaus Sinn gemacht hat. Ich bin relativ ungewöhnlich als Akademiker, weil ich denke,

01:14:20.47
Alex
Es gab durchaus gute Argumente in Libyen einzugreifen, 2011, da kann man so eine Debatte haben. Ich bin sehr radikal anti-Assad. Aber man kann auch gute Argumente gegen militärische Intervention haben. Aber wenn man diese Flüchtlinge streuen muss, ist es eine Debatte. Wie können wir den Sicherheits- und Wachstumskonzept für diese Regionen… Und da muss sich das Ironische bei Meloni ist, was sie da macht gegenüber Libyen im Mittelmeer ist super faschistisch.

01:14:48.06
Alex
Aber mit einem Matei-Plan, der auch sehr zynisch ausgerichtet ist, haben die, ich finde, das ist ein schlechtes Konzept, aber ja, mindestens Konzept. Die haben die Idee, dass da muss etwas passieren. Versuchen, das durchzuführen. Sehr zynisch, aber okay, bei Deutsch kommt sehr viele Floskeln. Aber die Debatte ist mal, ja, wir müssen die helfen, aber wie? Und ganz ehrlich, how much skin in the game? Wie viel von eurer eigenen Haut von ihr macht? Das ist die erste Frage. Wie viel militärische Macht wir in Deutschland benutzen, um diese Stabilisierung direkt oder indirekt auszuführen?

01:15:17.52
Alex
Die andere Frage ist einfach die ganze Frage von Angebot und Nachfrage. Solange es einen Bedarf gibt in Deutschland nach Arbeitskraft, werden Menschen kommen. Und solange dieser Arbeitskräftebedarf nicht im deutschen Arbeitsmarkt selber intern gedeckt werden wird, wird es auch eine Nachfrage geben für diese Arbeitskraft, Arbeitskräfte. Und solange das gibt, gibt es die Migration.

01:15:43.78
Alex
Migration, meine Problematik ist, ich finde diese Verteuflung der Migration von der deutschen Rechten oder konservativen Seite, europäischen Rechten und konservativen Seiten, natürlich zutiefst problematisch und zutiefst französisch. Ich finde aber die Glorifizierung, die sie hochheben als ein moralisches Gut von Migration von der Linke problematisch. Migration ist ein Prozess. Es kann negative und positive Seiten haben. Es ist ein struktureller Prozess, das aus

01:16:10.20
Alex
Zwei Ebenen, das sind eine von Konflikt und Instabilität aus politischen und militärischen Gründen und die andere Eben ist aus wirtschaftlicher Angebot und Nachfrage. Der schnellste Weg, diese Migrationsströme abzuwürgen, ist durch eine Rezession und nassen Arbeitslosigkeit. Es gibt andere Orte in der Welt, die durchaus Arbeitskräfte brauchen. Italiener haben einen Riesen-Arbeitskräftemangel. Das ist auch der ganze Witz am Meloni-Plan.

01:16:35.52
Alex
Das ist alles sehr terratralisch und effektiv auf einer Ebene. Aber was sie effektiv machen, ist, sie kontrollieren den Strom. Den Strom haben sie nicht abgewirkt, den Migrationsstrom. Sie lassen immer noch eine gewisse Anzahl an Menschen rein, im jeden Monat, die gerade die italienische Agrarwirtschaft braucht. Es gibt viele italienische Städte, die sehr bunt sind. Es gibt viele negayerische Italiener, die illegal ins Land eingelassen haben in der 80er und jetzt FDI wählen.

01:17:01.97
Alex
Es gibt viele negeranische italienische Salvini-Fans, weil die die nächste Welle nicht mögen. Es ist auch interessant, wie das abläuft in diesen Staaten. Jordan Bardella von der RN ist hyper-agerisch. Er ist jetzt an der Le Pen verheiratet. Das sind so Komplexitäten, dass sie in die deutsche Debatte nicht reinkommen. Zum Teil, weil es auf Paradoxes auch klingt.

01:17:25.18
Alex
Die rechtsradikalen und rechtsextremen Kräfte in Italien und Frankreich sind viel weniger ideologisch dogmatisch auf rassentheoretischer Ebene als die Deutschen. Das heißt, die haben auch komischerweise eine interessante ideologische Flexibilität bei solchen Fragen. Und am Ende, solange es diese konfliktbetriebenen Maßnahmen gibt, solange es Angebot und Nachfrage gibt, wird es diese Migration geben. Das ist ein strukturer Prozess.

01:17:51.36
Alex
Das wird einfach so gut getan, als ob der Staat das irgendwie so abwürgen kann. Kann’s nicht. Sorry. Solange die Deutschen einen großen Teil der deutschen Gesellschaft Arbeitskräfte brauchen, werden sie irgendwie einen Weg finden, die Leute reinzubringen. Und zu behalten. Ne? Äh, Stefan. Stefan.

01:18:12.86
stefansasse
Das ist doch ein guter Schlusspunkt. Ich danke dir für diese ganzen Gedanken. Es war wie üblich super anregend, super informativ. Ich kann dir nur für das Gespräch danken und ich hoffe, unseren HörerInnen hat es auch gefallen und dass wir in der Diskussion über die Folge dann noch einige Punkte vertiefen können. Bis zum nächsten Mal und dir alles Gute.

01:18:31.60
Alex
Danke. Okay.

 

{ 27 comments… add one }
  • Erwin Gabriel 20. September 2024, 23:16

    … it misses the point …

    Das ist der entscheidene Aspekt der Debatte – sie dreht sich um die falschen Themen. Hier läuft soviel schief, dass es mir schon physisch wehtut, wenn ich mal wieder den Polit-Clows á la Lanz bei „Diskutieren“ zuschaue (Ausnahme waren zwei wirklich kompetente Gäste letzten Sonntag bei Caren Miosga); falsche „Experten“, falsche Fakten, falsche Fragen führen zu falschen Antworten.

    Wir brauchen dringend Fachkräfte, und halb Deutschland hat nichts Besseres zu tun, als die zu vergraueln und die AfD stark zu reden. Bitter … !

    • Stefan Sasse 21. September 2024, 08:54

      Ja!

      • Erwin Gabriel 21. September 2024, 10:23

        @ Stefan Sasse

        Versteh mich da nicht falsch: Die Migrations“politik“, besser, „das von bewusst erzeugter Handlungsunfähigkeit und simulierter Ohnmacht geprägte Verhalten der Regierungen Merkel“ (von der Ampel-Regierung weitgehend fortgeführt) war und ist eine Riesenkatastrophe.

        Deutschlands Strukturen stammen weitgehend aus den 70er- und 80er-Jahren. Doch während sich Deutschlands Industrie, Deutschlands Wirtschaft an modernere Entwicklungen immer wieder hat anpassen können, wurden staatliche Strukturen kaum angerührt. An dieser Stelle vermag ich einen grundlegenden Unterschied zwischen der Bonner und der Berliner Republik nicht zu erkennen. Probleme ist man nur mit Geld angegangen, nicht mit Strukturwandel. Doch wenn sich die Zeiten ändern, sich aber der Staat nicht mitändert (wenn man mal von den Reformbemühungen der Regierung Schröder absieht), fällt er in seiner Leistungsfähigkeit zurück.

        Der über fast ein Jahrzehnt praktisch unbegrenzte Zustrom von Flüchtlingen hat, ähnlich wie die COVID-Pandemie (Krankenstandsmeldungen per Fax!!!), die jahrzehntelange Vernachlässigung unserer (Infra)strukturen dramatisch offengelegt. Ob Bevölkerungsentwicklung (Fachkräftemangel), Bildung- und Schulsystem, Integrationsfähigkeit (die Zuwanderung nach Deutschland begann ja nicht erst 2015), Kitaplätze, Krankenversorgung, Rechtsprechung, Strafermittlung und -verfolgung, Wohnraum-Entwicklung – nichts davon ist neu, gab es alles schon vorher; es wurde halt durch die ungebremste Flüchtlingsflut nur schonungslos aufgedeckt. Dass diese Zustände nicht durch die Flüchtlinge verursacht wurden, sieht man an Politikfeldern, die durch Flüchtlinge nicht betroffen sind, etwa am Zustand der EU, der Bundeswehr, der Maßnahmen gegen den Klimawandel. Auch hier regiert bestenfalls Geld, aber keinesfalls strategisches oder konzeptionelles Denken.

        Hier wählt(e) die Politik den leichten Ausgang, schiebt den Flüchtlingen die Situation in die Schuhe, und besorgt so das Geschäft populistischer Parteien wie der AfD oder des Bündnisses Sahra Wagenknechts. Als Nebeneffekt werden dringend benötigte Fachkräfte vergrault, denn wer soll sich in dieses Land begeben, dass dermaßen von Fremdenfeindlichkeit bzw. -ablehnung beherrscht wird?

        Dass den Politikern diese Schuldzuweisungen so gut gelingen konnte, liegt natürlich auch an den doch vielen schwarzen Schafen, die uns der Flüchtlingszustrom ins Haus gespült hat. Aber das dies so möglich war, liegt wiederum in der Verantwortung von Angela Merkel, die Anweisung gab, Kontrollen bei der Einreise (die in besonderen Situationen auch im Schengen-Europa problemlos möglich sind und schon vorher etwa bei großen Sportereignissen genutzt wurden) zu unterlassen, oder etwa die Möglichkeiten zu nutzen, Flüchtlingen den Aufenthaltsort vorzuschreiben.

        Wer nicht nur mit dem Prinzip Hoffnung und mit dem „Wunsch zu helfen“ (= anderen Menschen anderer Leute Geld in die Hände drücken) auf unser Land schaut, konnte diese Entwicklungen über Jahrzehnte verfolgen; konnten auch die Politiker, aber die (nicht alle, aber zu viele) haben es gesehen und weggeschaut.

        • Stefan Sasse 21. September 2024, 13:48

          Bin ich bei dir.
          Ich würde das Bild nur etwas verkomplizieren. Die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zu weiteren Reformen war in der zweiten Hälfte der Nuller Jahre am Ende. Politisch gab es schlicht keine Mehrheiten für weitere Transformationen, im Gegenteil. Und, mit Verlaub: wenn das Böllerverbot an Sylvester oder die Debatte um ein wenig Fleischverzicht der Bevölkerung keinesfalls zugemutet werden dürfen – wie dann die viel drastischeren Dinge, die du im Blick hast? Da werden auch viele Wackersteine im Glashaus geworfen.

          • Erwin Gabriel 21. September 2024, 14:52

            @ Stefan Sasse 21. September 2024, 13:48

            Die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zu weiteren Reformen war in der zweiten Hälfte der Nuller Jahre am Ende.

            Wenn das Kind nur Bonbons essen, aber nie Zähneputzen will, kriegt es schmerzhafte Löcher in den Zähnen. Karies lässt sich durch mangelnde Bereitschaft nicht aufhalten. Auch klar, dass Merkel sich 16 Jahre an der Regierung halten konnte, weil sie Bonbons ohne Zähneputzen versprach.

            Voiele Menschen waren nicht bereit; die haben die aktuelle Situation verdient. Dass viele von denen nun AfD und BSEW wählen, weil von diesen Parteien wieder Bonbons ohne Zähneputzen versprochen werden, füllt die Löcher in den Zähnen nicht.

            Aber wie es so schön heißt: Ein jeder ist zu etwas nutze, und sei es als schlechtes Beispiel. Deutschland ist ein hervorragendes schlechtes Beispiel für das, was passiert, wenn man nichts tut. Jetzt mag es noch gehen, aber warte nochmal zehn Jahre ab. Der Weg ist vorgezeichnet.

            • Stefan Sasse 21. September 2024, 20:34

              Nun, du lässt gerade den anderen Teil meiner Kritik aber aus 😉

              • Erwin Gabriel 22. September 2024, 03:16

                @Stefan Sasse 21. September 2024, 20:34

                Nun, du lässt gerade den anderen Teil meiner Kritik aber aus 🙂

                Ja. Ich hielt ihn nicht für relevant. Ralf und Thorsten haben die Gründe ja schon aufgezeigt. Mag ja sein, dass unsere „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“-Bevölkerung nicht für alles zu haben ist. Aber sich als Regierung nicht zu trauen, die eigene Bevölkerung zu fragen, ist das eigentliche Armutszeugnis.

          • Ralf 21. September 2024, 22:28

            Die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zu weiteren Reformen war in der zweiten Hälfte der Nuller Jahre am Ende.

            Zu welchen weiteren Reformen konkret waren die Deutschen denn nicht bereit? Bürokratieabbau war meiner Meinung nach, z.B., immer populär. Digitalisierung – also dass man viele Behördenangelegenheiten online erledigen kann – war auch immer populär. Steuervereinfachung war ebenfalls immer populär. Für meine amerikanische Steuererklärung – genauer gesagt für meine beiden amerikanischen Steuererklärungen kombiniert – Federal und State – hab ich z.B. 20 Minuten gebraucht. In Österreich brauche ich 5 Minuten. In Deutschland waren es, bis ich in den 2000er Jahren weggezogen bin, mindestens zwei Tage – und ohne Steuersoftware hätte ich es garnicht machen können, weil ich die Fragen in den Formularen nicht verstand. Kann mir nicht vorstellen, dass da eine Mehrheit gegen Vereinfachungen gewesen wäre – deswegen war Merz auch mit seinem zugegebenermaßen dämlichen Bierdeckel so erfolgreich. Auch beim Thema Einwanderung hätte man, glaube ich, die meisten Deutschen von einem Greencard-System für Fachkräfte überzeugen können, wenn die CDU dafür geworben hätte anstatt kurzsichtige “Kinder statt Inder”-Kampagnen zu fahren.

            • Stefan Sasse 22. September 2024, 08:51

              Ok, klar. Aber nichts davon läuft in die von Erwin diskutierte Richtung von Zumutungen. Dinge, die eben keine Mehrheiten haben.

              • Erwin Gabriel 23. September 2024, 23:30

                @ Stefan Sasse

                Welche Zumutungen meinst Du, die ich meinen könnte?

                Gesunde Infrastruktur, funktionierende Bildung, verständliche Gesetze oder zurechtgestutzte Bürokratie sind für die Bevölkerung keine Zumutungen. Und was die sozialen Wohltaten angeht: Auch da gibt es Standbein und Spielbein. Wäre man bei den letzteren Ausgaben etwas zurückhaltender gewesen, hätte es vermutlich kaum einer gemerkt. Eine Zumutung wird erst dann daraus, wenn Mann eine Wohltat erst genehmigt und dann wieder wegnimmt.

                • Stefan Sasse 24. September 2024, 07:51

                  Vielleicht verwechsle ich gerade deine Äußerungen mit Thorsten oder Stefans, aber ich dachte, es ginge eben auch um die schmerzhaften Reformen beim Zusammenstreichen staatlicher Leistungen. Denn das führt immer zu Verlierer*innen. Ich glaube, niemand hat was gegen gesunde Infrastruktur etc. Die Frage ist ja eher, wie das zu erreichen ist.

          • Thorsten Haupts 21. September 2024, 23:21

            Die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zu weiteren Reformen war in der zweiten Hälfte der Nuller Jahre am Ende …

            Ralf hat ein paar schöne Gegenbeispiele geliefert. Ich ergänze ein paar – und die Liste ist keineswegs abschliessend: Bürokratieabbau war sooo populär, dass ein amtierender Bundespräsident sie mehrfach öffentlich anmahnte. Der Verfall der Infrastruktur war bereits so offensichtlich, dass sich locker eine Mehrheit für Investitionen statt weiteren Ausbau des Sozialstaates gefunden hätte. Das Zurückschneiden des Planungs- und Beteiligungsrechtes hätte ausser ein paar Aktivisten und die Medien niemanden interessiert.

            Das Argument ist mehr als dünn. 80% der staatlichen Entscheidungen werden von einer Mehrheit der Leute (nicht auf twitter) mit einem Achselzucken quittiert, es sei denn, es bürdet denen persönlich Lasten auf.

            Gruss,
            Thorsten Haupts

            • Maniac 24. September 2024, 15:20

              Sorry, Thorsten, aber das ist doch Unsinn. Du bist doch sonst hier der nüchterne Pragmatiker. Ein Bekenntnis der Bevölkerung zu „Bürokratieabbau“ oder „mehr Investitionen, statt Sozialleistungen“ ist doch, mit Verlaub, die heiße Luft nicht wert. Klar, fordert jeder Bürokratieabbau. Kostet ja nichts. Aber diese eine Auflage, die muss nun wirklich erfüllt werden. Klar, fordert jeder Investitionen, gerne auch statt Sozialleistungen. Aber die Kinderbetreuung, die muss nun wirklich auch für Mittelstandsfamilien kostenfrei sein.

              Sorry, das sind keine Einschränkungen. Einschränkungen sind das, was in vielen Gegenden schon längst da ist und noch viel stärker auf uns zukommen wird: Wartezeiten, teilweise lange Wartezeiten, bei so unterschiedlichen Dienstleistern wie Handwerkern und Ärzten. Größere Entfernungen zu und begrenztere Kapazitäten bei Krankenhäusern. Einfache Infrastrukturen wie Restaurants oder Cafes, die nur noch einige Tage in der Woche geöffnet haben. Schlechtere Erreichbarkeiten und Verfügbarkeiten von Polizei und Feuerwehr. Längere Wartezeiten bei den Ämtern. Längere Lieferzeiten von Waren und Dienstleistungen im Inland. Nur noch eingeschränkte Liefertermine von Post- und Paketdienstleistern. Weniger Rente. Schlechtere Pflege. Weniger Kinderbetreuung. Häufigere Stundenausfälle in der Schule. Weniger Verbindungen im öffentlichen Nahverkehr. Schlechtere und zuletzt weniger Straßen, überhaupt vor sich hin siechende Infrastruktur.

              Und insofern hat Erwin auch Recht. Die Politik hätte die Menschen schon längst darauf einstellen müssen, dass wir auf einem Komfortniveau angekommen sind, welches aufgrund der Veränderungen in der Welt nicht länger leistbar ist. Stattdessen wurden und werden nur immer neue Leistungsversprechen gemacht, die überhaupt nicht erfüllt werden können. Schon die vorhandenen Leistungen können nicht mehr in der gewohnten Art und Weise erbracht werden. Viele Menschen erkennen das und nehmen die vollmundigen Aussagen vieler Politiker:innen einfach nicht mehr Ernst.

              Mehr Realitätssinn, mehr Ehrlichkeit und mehr Kommunikation dazu, was nicht mehr möglich ist, würde die kognitive Dissonanz zwischen Versprechungen und dem, was wir zunehmend im Alltag sehen und erleben, reduzieren.

              Die Party ist vorbei. Wäre Zeit, das würde mal jemand ehrlich sagen. Da das keine Wählerstimmen bringt, wird es keiner tun.

              Gruß, M.

              • Thorsten Haupts 24. September 2024, 17:30

                Die Politik hätte die Menschen schon längst darauf einstellen müssen, dass wir auf einem Komfortniveau angekommen sind, welches aufgrund der Veränderungen in der Welt nicht länger leistbar ist.

                Fast alles von dem, was SIE als Beispiele genannt haben, hat mit den „Veränderungen in der Welt“ nicht das geringste zu tun, aber netter Versuch. Von den genannten Beispielen sind darüberhinaus praktisch alle – soweit ich sie überhaupt nachvollziehe – die Folge ganz bewusster Entscheidungen und nicht irgendwelcher unbeeinflussbarer Veränderungen.

                Ergo sind sie a) nicht unvermeidbar und b) müssen mitnichten als Komfortverlust kommuniziert werden.

                Stattdessen wurden und werden nur immer neue Leistungsversprechen gemacht, die überhaupt nicht erfüllt werden können.

                Ist so ziemlich das einzige, bei dem ich mitgehe.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • Maniac 25. September 2024, 10:05

                  Ich habe doch gar nicht behauptet, Veränderungen in der Welt seien unbeeinflussbar oder hätten sich unbeeinflusst so ergeben. Warum unterstellst Du mir das? Natürlich sind diese Veränderungen das Resultat praktisch unendlich vieler Entscheidungen. Wovon denn sonst? Die Konsequenz dieser Entscheidungen will nur keiner tragen. Womit wir wieder bei Einschränkungen wären.

                  Gruß, M.

                  • Thorsten Haupts 25. September 2024, 11:12

                    Ihre Ausgangsthese war:

                    Einschränkungen sind das, was in vielen Gegenden schon längst da ist und noch viel stärker auf uns zukommen wird:
                    Und wenn ich die von Ihnen genannten Beispiele durchgehe, dann habe ich echte Schwierigkeiten, den Begriff „Einschränkung“ zu verstehen. Willkürlich herausgegriffen:

                    Größere Entfernungen zu und begrenztere Kapazitäten bei Krankenhäusern.
                    Eine Folge der – notwendigen – Spezialisierung und damit der BESSEREN medizinischen Betreuung.

                    Schlechtere Pflege.
                    Wann war die ausserhalb von Familien jemals „gut“?

                    Weniger Kinderbetreuung.
                    Huh? Die Infrastruktur für flächendeckende, ganztägige Kinderbetreuung existiert überhaupt erst seit dem KiTa-Recht von Ende 2013, also hat sich die Situation seit diesem Absprungpunkt massiv verbessert, weil vorher das Recht auf einen KiTa-Platz gar nicht existierte.

                    Schlechtere und zuletzt weniger Straßen, überhaupt vor sich hin siechende Infrastruktur.
                    Sind eine reine Folge mangelnder Wartung und das kann bei entsprechender politischer Prioritätensetzung morgen abgestellt werden.

                    Wartezeiten, teilweise lange Wartezeiten, bei so unterschiedlichen Dienstleistern wie Handwerkern und Ärzten.
                    Kenne ich jetzt seit 30 Jahren, was also hat sich heute (gestern) so massiv geändert, dass die Politik den Wählern etwas vermitteln müsste?

                    Einfache Infrastrukturen wie Restaurants oder Cafes, die nur noch einige Tage in der Woche geöffnet haben.
                    Eine Folge besserer Arbeitsbedingungen und besserer Bezahlung bzw. in der Corona-Zeit entdeckter Alternativen für die Arbeitnehmer. Dem Verlust steht also ein ebenso offensichtlicher Gewinn gegenüber.

                    Müssen wir nicht endlos ausdiskutieren, ich bestreite nur entschieden Ihre Schlussfolgerung Die Politik hätte die Menschen schon längst darauf einstellen müssen, dass wir auf einem Komfortniveau angekommen sind, welches aufgrund der Veränderungen in der Welt nicht länger leistbar ist. Nope.

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

              • Ralf 25. September 2024, 16:51

                Sicher gibt es viele Veränderungen, die in Zukunft mit Einschränkungen und Wohlstandsverlusten behaftet sein werden. Und klar sind die schwer zu verkaufen. Aber warum hat man die Situation dann noch schlimmer gemacht, als sie zuvor schon war? Rente mit 63, z.B., wo doch jedem klar ist, dass wir bei unserer Demographie in Zukunft eher das Renteneintrittsalter jenseits von 67 verschieben werden müssen?

                Und wenn vieles dem Bürger schwer zu vermitteln ist, warum fängt man dann nicht wenigstens da an, wo eine Mehrheit zustimmt? Weniger Regulierung? Weniger Bürokratie? Nicht jeden Einzelfall gesondert gesetzlich regeln? Gesetze auf Zeit und dann erstmal evaluieren, ob die angestrebten Ziele erreicht wurden? Kompetenzzusammenfassungen? Brauchen wir z.B. wirklich Stadtstaaten?

  • cimourdain 22. September 2024, 00:41

    Ein spannendes Gespräch, dennoch möchte ich zwei „historische“ Anmerkungen machen:
    1) Der Gipfel in Genua war 2001 und G8. Es wurde ein Demonstrant von einem italienischen Polizisten getötet.
    2) Clarkson ist hochnostalgisch, wenn er (Minute21) davon redet, dass in den Jahren zwischen 2001 und 2015 das „Bewusstsein“ weniger plakativ und „realistischer“ war. Wir hatten in der Zeit eine endlose Dauerschleife, in der Talkshowgäste über Kopftücher, gehört Islam zu Deutschland, „Überfremdung“ (sic) und ähnlichen dogwhistle-Bullshit diskutiert haben.

    • Lemmy Caution 23. September 2024, 19:20

      Kam diese Diskussion über Kopftücher, Islam-in-Deutschland, Überfremdung je zu einem Ende?
      Viele Leute haben nach wie vor Probleme mit Kopftüchern. Mir wurde das irgendwann egal. Erst sah ich, dass es da Leute aus der türkisch-arabischen Welt keinen Unterschied machen, d.h. es gibt gemischte Gruppen mit und ohne Kopftuch. Außerdem wirkten die mit Kopftuch im Gespräch nicht so, als würden die Handgranaten werfen. Mache jetzt super-günstige Babbel-Französisch Kurse. Da gibts Lehrkräfte und Schüler mit Kopftuch. Gestern etwa eine Rechtsanwältin aus Ankara. Das sind für mich hinreichend normale Leute. Ich urteile ja auch keine Venezolanerin ab, nur weil die mit 300 Euro im Monat Fingernägeln durch unsere Welt tigert.
      Ich finde allerdings schon, dass bestimmte Moschee-Communities geheimdienstlich überwacht werden sollten. Auch gegen das Hereintragen des Israel-Palästina Konflikts nach Deutschland würde ich mit aller Härte vorgehen. Ahmad Mansour ist für mich ein Held.
      Der Anteil der Muslime in Deutschland beträgt round about 7%. Deren Glaubensverständnis ist höchst divers. In eher chilenischen Polit-Podcasts/Sendungen wird das manchmal unter Lachen so dargestellt, dass die in 20 Jahren in Ländern wie Deutschland in der Mehrheit sind. Die Rechten dort verbreiten für mich wilde Vorstellungen über den Islam als grundsätzlich nicht fähig zur Modernität. Beides triggert mich.
      Ich sehe die inzwischen recht hohe Zahl nicht als Bedrohung an. Wenn aber viele Deutsche da Ängste entwickeln, sollte der Zuzug von Moslems beschränkt werden, d.h. ein höherer Anteil an Hindus, Christen oder sonstige. Das würde für einen Aufschrei sorgen, aber ich fände eine solche Maßnahme legitim. Nach WK I wollten die Vorarlberger mehrheitlich in die Schweiz übernommen werden. Die Schweiz lehnte ab, weil die Befürchtungen, dass noch mehr deutsche Katholiken das Wesen der Schweiz verändern würden. Ich bin also nicht per se gegen solche konservativen Reaktionen.

      • Erwin Gabriel 24. September 2024, 08:02

        @ Lemmy Caution 23. September 2024, 19:20

        Viele Leute haben nach wie vor Probleme mit Kopftüchern. Mir wurde das irgendwann egal. Erst sah ich, dass es da Leute aus der türkisch-arabischen Welt keinen Unterschied machen, d.h. es gibt gemischte Gruppen mit und ohne Kopftuch. Außerdem wirkten die mit Kopftuch im Gespräch nicht so, als würden die Handgranaten werfen.

        Obwohl ich Deinen Punkt durchaus verstehe, bin ich mit sehr gemischten Gefühlen unterwegs. Egal, wie viele das Kopftuch bei Frauen „nur“ als schmückendes Beiwerk zu ihrer Kultur verstehen (so wie sich hier vielleicht jemand ein Kreuz nur zur Zier um den Hals hängt), ist es doch Teil eines Kulturkampfes, der etwa im Iran oder Afghanistan mit blutiger Heftigkeit geführt wird; Ähnliches gilt für bestimmte Formen männlicher Haartracht. Und während ich teilweise SEHR säkuläre Muslime kennengelernt habe, geht anderen einer ab, wenn ihre Minarette höher als die danebenstehende christliche Kirche gebaut wurde.

        Meine Befürchtung ist dabei ein Stück weit, mit dem Tolerieren der „sanften“ Themen die ideologisch härteren zu fördern. Und so sehr ich mich für religiöse Toleranz begeistern kann, stößt mich Religion selbst genauso wie die religiöse Indoktrination von Kindern durch Eltern und Priester / Imame etc. immer wieder heftig ab. Das gilt besonders für die drei Führerkult- monotheistischen Religionen, die immer wieder zu Rassismus und Ausgrenzung anderer genutzt werden.

        Eine klare, für alle Fälle geltende Meinung habe ich da nicht. Hängt immer von der Person ab, mit der ich spreche

        • Stefan Sasse 24. September 2024, 09:21

          Ja, ich kann das völlig nachvollziehen. Da laufen echt verschiedene Sachen gegeneinander: Religionsfreiheit, das Bedürfnis nach einer Integration, gleichzeitig aber auch die von dir beschriebenen Dimensionen.

  • Lemmy Caution 23. September 2024, 10:40

    Sehr gute Interviewführung, weil man Alexander Clarkson einfach reden lassen kann. Seine sehr empirischen und auf die Details der Umsetzung fokussierte Perspektive ist hochspannend. Habe sehr viel Dinge interessante Dinge gelernt.

    • Stefan Sasse 23. September 2024, 16:57

      Ja, das ist echt Wahnsinn. Da muss ich recht wenig machen 🙂 Danke für das Lob! Ich hab ihn sehr gerne im Podcast.

      • Lemmy Caution 23. September 2024, 19:54

        Ich mag Sozialwissenschaftler, die sich für die Details der Umsetzung interessieren. Du brauchst die großen Ideen, wenn es um einen deutlichen Kurswechsel geht. Aber welche Mehrheit will den wirklich?
        Die deutsch-Chilenin Jeanette von Wolffersdorff macht in ökonomischen Debatten in Chile irgendwie ähnliche Einwürfe.
        Für mich ist das Sozialwissenschaften für Erwachsene. Sternenkriege zwischen neoclassics/austrian/keynesian/socialist/marxian und so weiter nehme ich schon länger nicht mehr ernst. Wir kommen damit nicht wirklich weiter, das Ende der Geschichte ist offensichtlich nicht erreicht und ich respektiere Wissenschaft.

  • Carl 25. September 2024, 09:25

    wow. slow clap. es ist wirklich erstaunlich wie deutsche in der lage sind sich verbal von neo-nazis, rassisten, faschisten und massenmördern zu distanzieren und einen satz später ALLE ihre narrative zu wiederholen und zu versuchen das in ein neo-liberalistisches gewand zu stecken..

    und dass ihr dann ernsthaft denkt, keine deutschen rassisten, faschisten und massenmörder zu sein. die ideologischen, kulturellen nachfahren adolf hitlers.

    ihr tut so als ob ihr keine rassisten seid, seid es aber generell und vom kern her.

    ihr seid offiztiell nicht in der lage rational, objektiv fakten zu erkennen und euch von euren faschistischen, massenmörderischen, christlich.fundamentalistisch-extremistischen gedankengut und ideologie zu trennen.

    für euch sind kopftücher, migranten und andere menschen eine gefahr, exakt so wie unter adolf hitler.

    ihr beghet weiter genozide. ihr diskriminiert weiter menschen.

    ihr seid die tiere in deutschland, die verschwinden müssen.

    mir bleibt nichts anderes übrig als zu sagen: danke. danke dass ihr zeigt, dass wirklich jeder einzelne deutsche, egal wie links oder rechts er sich gibt, ein faschist, ein massenmörder, der direkte nachkomme und nachfahre adolf hitlers ist. ein menschenfeind. egal wieviele bücher er ließt, egal wie gebildet er ist.

    ein deutscher war, ist und bleibt für immer: ein faschist und menschenfeind. ein nationalsozialist.

    ihr seid das, was die ganze welt hasst.

    schon wieder. immernoch. und für alle ewigkeiten.

    • Stefan Sasse 25. September 2024, 15:41

      Was hast du geraucht, und wo kann man es herkriegen?

    • Thorsten Haupts 25. September 2024, 16:16

      Du liebes Bisschen. Eine Generalbeschimpfung dieser Art habe ich seit meinen Uni-Zeiten nicht mehr erlebt – da kommen nostalgische Gefühle auf :-).

Leave a Comment

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.