Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Anmerkung: Sorry für die Funkstille, ich war zwei Wochen in China ohne Zugang zu funktionierendem Internet.
Fundstücke
1) Vom Bundestag in die Lobby: FDP-Mitarbeiter nach der Wahl
Nach dem Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde muss die FDP den Bundestag verlassen – und mit ihr rund 700 Mitarbeitende. Laut BR-Recherchen bemüht sich die Fraktion aktiv um Anschlussbeschäftigungen, vor allem in Wirtschaftsverbänden. Ein interner „Stellenmarkt“ listet über 100 Angebote, teils mit direkten Kontakten zu FDP-nahen Personen. Die Bandbreite reicht von Positionen in der Glücksspielbranche bis hin zu Chefposten in Industrieverbänden. LobbyControl bewertet die Praxis kritisch: Es könne der Eindruck entstehen, parteinahe Tätigkeiten seien eine Eintrittskarte in die Lobbyarbeit. Dies werfe Fragen zur Unabhängigkeit politischer Entscheidungen auf. Auch wenn für Mitarbeiter keine Karenzzeit gelte, bleibe ein Seitenwechsel unmittelbar nach dem Bundestagsaustritt problematisch – besonders wenn Know-how und Kontakte aus der politischen Arbeit genutzt würden. Einige Fraktionen wie SPD oder Grüne distanzierten sich von vergleichbaren Vermittlungslisten. Die FDP änderte nach BR-Anfrage ihre interne Kommunikation. Kritiker sehen dennoch ein systemisches Problem, das über Einzelfälle hinausgeht. , BR)
Ich sehe das wie üblich bei dem Thema etwas freundlicher. Die Leute haben bisher in sehr aufreibenden und nicht sonderlich gut bezahlten Posten (verglichen mit vergleichbaren Stellen in der Privatwirtschaft) für die Demokratie gearbeitet. Es ist absolut fair, dass die eine vernünftige Anschlussverwendung bekommen. Natürlich ist es etwas ironisch, wenn die Partei von Liberalismus und Eigenverantwortung auf die Art die Strippen zieht, aber so what? LobbyControl muss sich hier schon vorwerfen lassen, reichlich einseitig zu argumentieren. Klar ist der direkte Wechsel wegen der Interessenskonflikte nicht unproblematisch, nur: was ist die Alternative? Drei Jahre Bürgergeld? In der Politik ist ein recht spezielles Skillset verlangt, das nicht 1:1 auf irgendwelche andere Stellen übertragbar ist. Das Kontaktenetzwerk ist einer der wenigen Bereiche, in denen das funktioniert; logischerweise ist das besonders wertvoll – zumindest bei Ehemaligen der Parteien, die dichte Kontakte zur Wirtschaft pflegen. Klar ist der Marktwert einer Andrea Nahles nicht so groß wie der eines Christian Lindner. Deswegen war es auch nur folgerichtig, dass erstere bei der Arbeitsagentur unterkommt. Da hat sie ja tatsächlich die Kompetenzen für.
2) Merz’ großer Fehler in der Wirtschaftspolitik
In ihrer Kolumne warnt Ursula Weidenfeld davor, dass die CDU unter Friedrich Merz mit ihren jüngsten wirtschaftspolitischen Plänen zentrale Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft aufgibt. Durch die geplante Neuverschuldung von über einer Billion Euro werde der Staat zum „entscheidenden Spieler“ in der Wirtschaft, mit massiver Einflussnahme auf Märkte, Unternehmen und Investitionen. Der Staat sei dabei nicht nur größter Arbeitgeber, sondern auch bedeutendster Auftraggeber – mit spürbaren Folgen: „In den staatsfernen Bereichen werden die Ressourcen schrumpfen, in den staatsnahen die Preise steigen.“ Weidenfeld kritisiert, dass sich Unternehmen zunehmend am Staat orientieren, anstatt durch Innovation und Wettbewerb zu wachsen. Die CDU entferne sich damit weiter von ihrem eigenen wirtschaftspolitischen Erbe, das einst von Ludwig Erhard geprägt war. Sie warnt vor einer staatlich gelenkten Wirtschaft, die der Industrie klare Vorgaben mache, ähnlich der Politik von Robert Habeck – nur jetzt „von der Kommandobrücke des Kanzleramts“ aus. Ihr Fazit: Die CDU müsse zurück zur sozialen Marktwirtschaft, „bevor es zu spät ist“. (Ursula Weidenfeld, Spiegel)
Weidenfelds großer Fehler hier ist in meinen Augen zu übersehen, dass die deutsche Wirtschaft gerade in einer massiven Unterauslastungskrise steckt. Sprächen wir hier von der zweiten Hälfte der 2010er Jahre, als nahezu Vollbeschäftigung herrschte (wie golden diese Jahre in der Rückschau aussehen!), wäre das Argument wesentlich tragfähiger. Aber aktuell erlebt Deutschland eine Rezession. Das letzte Problem, das wir haben, ist „crowding out„. Natürlich mag das sektoral ganz anders aussehen; der Bausektor etwa dürfte ziemlich heißlaufen und entsprechend auch inflationäre Tendenzen verursachen. Weidenfeld argumentiert vor allem ideologisch; der Bezug zu Ludwig Erhard etwa ist reichlich albern und historisch so tragfähig wie die Versuche mancher Linker und BSW-Anhängenden, Willy Brandt als Kronzeugen ihres Russland-Appeasements zu missbrauchen. Die Realität ist komplexer und schwieriger als einige primitive Leitsätze.
Der Soziologe Aladin El-Mafaalani beschreibt in einem Interview die prekäre Lage von Kindern in Deutschland. Er argumentiert, dass Kinder – rein zahlenmäßig – eine gesellschaftliche Minderheit seien, der zunehmend der politische Schutz fehle. Die alternde Bevölkerung dominiere Diskurse und politische Entscheidungen, während kindliche Lebensrealitäten in den Hintergrund rückten. El-Mafaalani warnt vor einer Kindheit im „Ausnahmezustand“, geprägt von Krisen wie Pandemie, Kriegen und Inflation. Werte wie Pünktlichkeit und Funktionalität seien für viele Jugendliche kaum noch erfahrbar. Zudem bemängelt er eine unzureichende Qualität in Kitas und Schulen, obwohl diese Institutionen immer größere Bedeutung für die kindliche Entwicklung gewännen. Angesichts steigender Erwerbstätigkeit von Eltern müsse das Bildungssystem auch familiäre Funktionen übernehmen – von Ernährung bis zur Persönlichkeitsbildung. Eine Reform sei daher dringend nötig. El-Mafaalani schlägt vor, Rentner verstärkt in Schulen und Kitas einzubinden und einen „Zukunftsrat“ junger Menschen in Parlamente zu integrieren. Kinderrechte sollten explizit ins Grundgesetz aufgenommen werden, um ihnen mehr Sichtbarkeit und Schutz zu geben. (Uma Sostman, Welt)
So sehr ich die Lagekritik sehe – Kinder sind in Deutschland bestenfalls ein Gedanke in den Fußnoten, und das Land ist viel zu familienunfreundlich -, so wenig überzeugt mich der Lösungsvorschlag. Wie geht es zusammen, im einen Atemzug die mangelnde Qualität der Kitas zu kritisieren und im anderen Atemzug das willkürliche Rekrutieren von Rentner*innen als Lösung zu sehen? Genauso wie bei den Diskussionen um das soziale Pflichtjahr scheinen mir diese Debatten vor allem Lösungen in Suche nach einem Problem zu sein: wir haben eine große Menge Rentner*innen, die volkswirtschaftlich gesehen unproduktiv sind, also was können wir mit denen anfangen? Und je nach eigenem Schwerpunkt findet man dann tolle Lösungen. Aber ein Lesekreis in der Kita, den Opa Ernst einmal in der Woche um 9 Uhr macht, ersetzt keine Fachkräfte, denn die sind damit beschäftigt, Opa Ernsts Lesekreis zu organisieren und die Kinder zu beaufsichtigen. Auch ist die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz kein Panacea und dürfte wegen der (nie ausdrücklich genannten, aber sehr impliziten) Beschneidung von Elternrechten ein reales Problem darstellen.
4) Lügenverbot per Gesetz – damit sollte gerade Friedrich Merz vorsichtig sein
Im Artikel wird die geplante Regelung im Koalitionsvertrag zur Bekämpfung von Falschinformationen kritisch beleuchtet. Die Formulierung, die bewusst falsche Tatsachenbehauptungen von der Meinungsfreiheit ausnimmt, wird als problematisch eingeschätzt. Es wird darauf hingewiesen, dass schon heute eindeutige juristische Regeln existieren: Falsche Tatsachenbehauptungen sind nicht vom Grundgesetz geschützt, werden aber auch nicht automatisch verboten. Besonders schwierig werde es, wenn Tatsachenbehauptungen mit Meinungen verwoben sind – hier genieße der Meinungsanteil weiterhin Schutz. Der Autor warnt vor pauschalen Gesetzesformulierungen und verweist auf bestehende Straftatbestände wie Verleumdung, üble Nachrede oder Volksverhetzung. Der Versuch, über eine „staatsferne Medienaufsicht“ neue Verbote einzuführen, wirke überzogen und erinnere an „Schilder wie: Spielen verboten“. Ein Gesetz, das nicht vollziehbar sei, werde als „schlechtes Gesetz“ bezeichnet. Als eigentliche Ursache wird jedoch nicht ein juristisches Defizit gesehen, sondern ein „gesellschaftliches Problem“: Ein zunehmender Verlust von Scham bereite dem hemmungslosen Lügen den Weg. Ein Gesetz könne hier wenig ausrichten, da die Zusammenhänge „zu kompliziert, zu zeitgeistig“ seien. Abschließend wird gefordert, eher durch eigenes Verhalten und „Demut“ vorzuleben, statt fragwürdige Gesetze zu erlassen. (Nikolaus Blome, Spiegel)
Ich halte auch nichts von der Idee, Wahrheit per Gesetz verordnen zu wollen. Es ist typisch deutscher Ausfluss des Hangs, Probleme grundsätzlich durch juristische Festschreibungen lösen zu wollen. Genauso wie die Schuldenbremse nicht in der Lage war, per Gesetz haushalterische Probleme zu lösen, können Lügen und Fake News per Gesetz wegbeordert werden. Wie Blome richtig schreibt, ist es ein gesellschaftliches Problem. Wo Lügen keine Konsequenzen hat, wo Medien in ihren Aufgaben versagen, wird auch kein Gesetz helfen. Blome hat auch mit der Durchsetzbarkeit den richtigen Gedanken. 82 Millionen Deutsche erzählen viel zu viel Unsinn, als dass es gerichtlich nachhaltbar wäre, weswegen es zwangsläufig eine sehr selektive, willkürliche Rechtsausübung wäre. Es gibt Probleme, die sich gesetzlich durchaus lindern lassen. Das hier gehört eher nicht dazu. – Seitenbemerkung: die Überschrift ist merkwürdig. „Gerade“ zu Friedrich Merz steht kaum was im Artikel, und das lässt sich leicht so lesen, als ob Merz ein Lügner sei.
Im Artikel wird kritisch hinterfragt, wie die Medien über den weltweiten Ausbau der Stromkapazitäten berichten. Besonders wird die Darstellung der Internationalen Energieagentur (IEA) problematisiert, die von einer „Renaissance“ der Atomenergie spreche, obwohl die Zahlen eine andere Sprache sprechen. Nach Angaben der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien (IRENA) wuchs die erneuerbare Kapazität 2024 um 585 Gigawatt, während nur 8,2 Gigawatt aus Atomkraft hinzukamen – ein klares Missverhältnis. Der Autor argumentiert, die IEA verschleiere den massiven Ausbau der Erneuerbaren, indem sie Atomenergie und erneuerbare Energien zusammen ausweise. Dabei sei längst ein Kipppunkt erreicht: 2024 entfielen bereits 92,5 Prozent des globalen Kapazitätszuwachses auf erneuerbare Quellen. Besonders stark sei der Zuwachs in China, während Länder des globalen Südens noch hinterherhinkten. Die Rede von einer „Atomrenaissance“ erscheine als mediale Verzerrung. Vielmehr sei von einer historischen „Energierevolution“ zu sprechen, die vor allem von Sonnen- und Windkraft angetrieben werde. Die exponentiell wachsenden Kapazitäten dieser Technologien seien beispiellos. Gefordert wird, dass diese Fakten stärker ins öffentliche Bewusstsein gelangen: „Es wird Zeit, dass diese Realität in die Köpfe einsickert – und in die Redaktionen.“ (Christian Stöcker, Spiegel)
Stöcker hat absolut Recht damit, auf den beispiellosen Anstieg der Erneuerbaren hinzuweisen. Zumindest als Machbarkeitsnarrativ ist das etwas, das dringend hervorgehoben werden sollte. Ich kann mangels Fachkenntnis nicht beurteilen, wie die Lage für den Strommix damit insgesamt ist. Aber es lohnt der Blick über den Tellerrand: ignorieren wir für einen Moment unsere eigenen fossilen Kraftwerke, sondern schauen auf die emerging countries wie das im Artikel genannte Pakistan: wenn noch eine Volkswirtschaft wie die chinesische ihren Aufstieg mit fossiler Energie unterfüttert, haben wir Schicht im Schacht. Ob Indien oder Pakistan, Nigeria oder Brasilien; wenn die Millionen Menschen dieses Erdballs, die sich ebenfalls sicher gerne westlichen Lebensstandards annähern wollen, das nicht mit erneuerbaren Energien tun, sind wir Toast. So oder so.
Resterampe
a) Solche Artikel lassen mich gegenüber Ralfs medienkritischen Thesen skeptisch (taz). Ich finde das viel bedeutender.
b) Noch mehr Free Speech! (Twitter)
c) New York hat gute Erfahrungen mit einem marktwirtschaftlichen Modell zur Verkehrskontrolle gemacht (NPER). Sollten deutsche Großstädte auch machen.
d) Der Ulfenbeinturm ist nur gemietet. (Twitter)
e) Dänemark führt Wehrpflicht für Frauen ein (T-Online).
f) Ich halte diese Argumentation bei den Grünen genauso für falsch wie bei jeder anderen demokratischen Partei. (Spiegel) Müntefering hatte Recht.
g) Why the COVID Reckoning Is So One-Sided (The Atlantic). Ähnlich hier in Deutschland, aber nicht ganz so krass.
i) Einfach nur wow. (Twitter)
j) Gute Frage (Bluesky)
k) CDU deckt Korruption. (FragdenStaat)
l) Interview mit Ricarda Lang (taz).
m) The Day James Bond Movies Died (Roger Ebert).
n) Trump Is Already Undermining the Next Election (The Atlantic).
o) Ein Kanzler muss nicht populär sein, er muss das Land in Ordnung bringen (Welt). Durchaus korrekt, nur kommen einem solche Gedanken natürlich vor allem dann, wenn der unpopuläre Kanzler aus dem eigenen Lager ist. 🙂
p) Migration: Warum Friedrich Merz bei der Einwanderung zu viel verspricht (Spiegel).
q) Zur Abschreckung hergezeigt und vorgeführt (beimwort).
r) Das. (Twitter)
s) Bürger*innenverarsche von der Union (Bluesky). Wie so vieles in dem Wahlkampf. Und alles folgenlos.
t) Über das wirtschaftliche Verhältnis von USA und China. (Chartbook)
u) Meine Güte, ist diese Art von Artikeln immer dumm. (Welt)
v) Radikalisierung bei der Polizei. (Twitter)
Fertiggestellt am 13.04.2025
5) Ferne Länder, Menschen und der Strommix.
Wir sind aktuell in einer Periode, in dem wir als Referenzmodell verblassen und Schwellenländer ihre eigenen Wege suchen. Ich hatte damit lange Probleme, aber dank Trump und AfD bei 25% sehe ich das inzwischen entspannter.
– China scheint 2025 Peak Coal erreicht zu haben (https://www.euronews.com/green/2024/11/27/could-chinas-co2-emissions-peak-by-2025-experts-optimistic-about-the-superpowers-green-tra)
– Brasilien produziert seinen Strom sowieso zu 90% durch die gewaltigen Wasserkraftwerke an dem „Parananá Flußsystem“, das in die „Rio de la Plata“ entwässert, d.h. diese Bucht, an der Buenos Aires und Montevideo liegen.
– In Chile hat nun Wind & Solar nun Kohle zur Stromerzeugung überholt. Daneben gibts seit ewigen Zeiten 1/3 Wasserkraft. Es gibt solare Überkapazitäten. Der Flaschenhals sind nun eindeutig intelligente Netze, weitere Stromtrassen und Fortschritte in der Speicherung von Strom.
Auch in vielen weitere Schwellenländer gibt es offensichtliche Anreize für einen starken Ausbau erneuerbarer Energien. In vielen dieser Länder
a) scheint die Sonne mehr
b) sind die jahreszeitbedingte Tageslänge weniger krass als bei uns.
c) gibt es viele gute Standorte für Windkraft
Die iberische Halbinsel ist die europäische Region, die dem Durchschnitt der Schwellenländer am ähnlichsten ist. Deren Energiewende läuft super: https://www.energy-charts.info/charts/renewable_share/chart.htm?l=de&c=ES&interval=year
Ich frage mich inzwischen, ob ein kontrollierter degrowth West-Europas verbunden mit einer Stärkung der Verteidigungsfähigkeit nicht vielleicht besser wäre, statt immer weiter der Illusion hinterherzulaufen, wir könnten hier wieder Wachstumsmomente wie in den 30 glorieusen Jahren zwischen 1950 und 1980 hinterherzulaufen. Vielleicht tun wir das.
Unsere Wertschöpfung besteht zunehmend darin, dass wir Wertsteigerung betreiben, indem wir Marken traditioneller Unternehmen auf ostasiatische Produkte pappen, gleichzeitig in der wirklichen Wertschöpfung durch Arbeit & Innovation immer abhängiger von Ost-Asien werden und gleichzeitig lechts wie rinks eine sehr große Klappe haben. Da treffen sich aus meiner Sicht nämlich feministische Außenpolitik und maga.
Derweil steigt Schweden wieder massiv in die Kernenergie ein, obwohl die aktuell einen Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung von 80% haben.
https://www.srf.ch/news/international/neue-akws-auf-staatskosten-zurueck-zum-atomstrom-schweden-will-wieder-neue-reaktoren-bauen
Man muss auch bedenken, dass der Energiebedarf von KI wohl sehr hoch sein wird.
Ich habe nun in Le Figaro online (mitte-rechts) erstaunt festgestellt, dass die dem de-growth Apologeten Jean-Marc Jancovici aufmerksam und respektvoll zuhören. Ich bin nicht 100% überzeugt von dem Konzept, aber:
Mir erscheint die erbitterte Debatte in Deutschland zu eng.
https://www.youtube.com/watch?v=M1_Yjqj9xSY
degrowth natürlich nur für die breite masse, weil an das geld der reichen, wie „in den 30 glorieusen Jahren zwischen 1950 und 1980“ will nun wirklich kein ernstzunehmender mensch ran. ;———— )
Eben genau nicht, moin.
https://www.youtube.com/watch?v=Fjb72jZ3SpA
okay, point me to the part, wo die konservative wirtschaftsliberale zeitung sagt, dass reiche am besten mehr gegrowth erfahren werden, als der rest der gesellschaft.
Ab 6:40 in dem Video oben. Jancovici fordert eine Mäßigung der besser gestellten (sobriété) und keine Verarmung (pauvreté).
Der ist seit Jahren groß in Frankreich. Gute Kontakte zu Konzernen, pro Atomkraft. Tritt aber gleichzeitig für „Wachstumsrückname“ (degrowth, décroissance*) ein, kritisiert den freien Handel und schreckt vor planwirtschaftlichen Ideen nicht zurück.
Er hat etwas von einem Guru. Er hat einen viel beachteten Comic herausgebracht, den ich mir heute abend kaufen werde. Wurde übrigens auch auf Deutsch übersetzt: „Welt ohne Ende: Vom Energiewunder zum Klimawandel“.
Sehr weit weg von meinen neoliberalen Wurzeln im Studium, als ich angefangen habe, eigenständig zu denken.
* interessant, dass dieses Wort in Englisch, Französisch und übrigens auch Spanisch sehr gut funktioniert, man aber in Deutsch eine Umschreibung braucht.
okay, hab mir das ganze 3,5 minuten angeschaut und alles was ich mitbekommen habe ist, dass er sobriety als freiwilligen verzicht auf möglichkeiten beschreibt. wird niemals passieren, menschen funktionieren leider nicht so in der masse.
ist das nicht die gleiche schwachsinnige neoliberale scheisse vom „carbon footprint“ und „bewusstem konsum“ etc., die einfach nur eine gaslighting kampagne der wirtschaft war, um die verantwortung zu individualisieren?
dann bringt er die 3 möglichkeiten der zielerfüllung: preis, direkte vorgabe und rahmenbedingungen und sagt basically nur, dass der preis ein schlechtes instrument ist?
seh da jetzt jetzt nichts spektakuläres, alles bekannte sachen und pro-nuklear ist so eine weitere merkwürdige obsession alter weisser männer, die wahrscheinlich hauptsächlich psychologisch zu erklären ist.
und der punkt, wo er eine reduktion des relativen reichtums der oberen 1-10% im vergleich zum rest der menschen fordert war irgendwie gar nicht vorhanden?
@ Lemmy Caution
… statt immer weiter der Illusion hinterherzulaufen, wir könnten hier wieder Wachstumsmomente wie in den 30 glorieusen Jahren zwischen 1950 und 1980 hinterherzulaufen.
Abgesehen davon, dass es immer wieder zumindest in einzelnen Branchen Wachstumsmomente gibt (wenn auch nicht für 30 Jahre am Stück; hatten wir auch zwischen 1950 und 1980 nicht), ist es doch so, dass derjenige verliert, der sich zuerst bewegt. Von Selbstständigen, Kleinst- oder Kleinunternehmen kann Mann außer „Überleben“ nichts verlangen. Bei größeren Unternehmen liegen Strukturen vor, die gefüttert und unterhalten werden müssen. Da kann schon eine vergleichsweise kleine Störung große Wirkung auf Gewinne und Beschäftigungszahlen haben.
Unsere Wertschöpfung besteht zunehmend darin, dass wir Wertsteigerung betreiben, indem wir Marken traditioneller Unternehmen auf ostasiatische Produkte pappen, gleichzeitig in der wirklichen Wertschöpfung durch Arbeit & Innovation immer abhängiger von Ost-Asien werden …
Trump möchte, dass Apple seine iPhones zukünftig in den USA produzieren lässt. Der Apple-CEO hat daraufhin sinngemäß gesagt, dass die Herausforderungen für iPhones bei den Werkzeugen liegen. Wenn er alle Tooling-Experten in den USA zusammenrufe, bekäme er ein Zimmer voll; in China wären es mehrere Fußballfelder (er hat trotzdem auf Trumps Ankündigung, Smartphones etc. von Zöllen auszunehmen, mit der Ankündigung einer 500-Mio.-Investition für eine KI-Farm in Texas reagiert).
… und gleichzeitig lechts wie rinks eine sehr große Klappe haben. Da treffen sich aus meiner Sicht nämlich feministische Außenpolitik und maga.
Ja. Für all das, was wir hier nicht auf die Reihe kriegen, ist das (höflich formuliert) Bestreben, Vorbild für den Rest der Welt sein zu wollen, doch sehr ausgeprägt.
technische Frage: Wie markiert man hier eigentlich kursiven Text?
EG: Bei größeren Unternehmen liegen Strukturen vor, die gefüttert und unterhalten werden müssen. Da kann schon eine vergleichsweise kleine Störung große Wirkung auf Gewinne und Beschäftigungszahlen haben.
LC: Das Problem in der Automobilindustrie liegt eher in China als in den USA. Stellenabbau ist für die auch relativ teuer. Aktuell bekommen da viele Leute Abfindungs-Angebote. Wenn du da einen Posten mit + 100k Gehalt hattest und 25 Jahre Betriebszugehörigkeit, erhälst du > 400 k Abfindung, die natürlich versteuert werden muss.
EG: Experten für Werkzeuge.
LC: Die USA hat keine wirklich keine große Engineering Kultur mehr. In bestimmten Bereichen sicher. Die exportieren etwa nicht wenig komplexe Medizintechnik. In vielen anderen Bereichen haben die aber weder die Leute noch die Ausbildungsstätten. Das haben wir in den 80ern wohl eher trotz Neoliberalisierungs-Hype geschützt.
Daneben hat China diese vielen Leute, die bereit sind, für sehr kleines Geld hart zu arbeiten. Das wird es in dieser Form hier nicht geben.
zu 1)
Mit solchen Einlassungen macht sich Lobbycontrol in der Tat keine Freunde. Lobbycontrol hat wohl eher ein Grundproblem mit jeglicher kommerziell angetriebener Einflussnahme auf Politik.
Man könnte es auch anders formulieren: diese Mitarbeiter sind offenbar so qualifiziert für einen Lobbyistenjob, dass sie für wichtige Positionen infrage kommen, OBWOHL ihre besten Kontakte, FDP Politikier und FDP nahe Beamte, gearde jeden politischen Einfluss auf Bundesbene verloren haben.
Man muss nicht von einem Extrem ins andere verfallen 😉
Ich hoffe, Dir ist die Ironie nicht entgangen.
2) Merz’ großer Fehler in der Wirtschaftspolitik
Sprächen wir hier von der zweiten Hälfte der 2010er Jahre, als nahezu Vollbeschäftigung herrschte (wie golden diese Jahre in der Rückschau aussehen!), …
Ergebnis der Wirtschaftspolitikvon Schröder und Müntefering
Aber aktuell erlebt Deutschland eine Rezession.
Maßgeblich eine Folge der Politikvon Angela Merkel
Weidenfeld argumentiert vor allem ideologisch; …
Sie spricht meiner Wahrnehmung nach trotzdem einen wirklich wichtigen Punkt an. Die Rezession ist weitgehend selbst gemacht; ernsthafte „Störungen“ durch die COVID-Pandemie oder den Ukraine-Krieg betrafen andere Länder auch, die deutlich besser darüber hinwegkamen. Deutschlands großes Problem ist, die Welt „besser“ machen zu wollen, in dem man regelt und verbietet. Auch das machen andere andere Länder auch, aber nicht so exzessiv wie wir. Uns steht ein enormer Strukturwandel ins Haus, den man besser mit weniger als mit mehr Regeln, mit weniger statt mehr Belastungen stemmen kann.
Ist aber mit der SPD nicht wie erforderlich machbar, also wird das meiner vorsichtigen Einschätzung nach erfolglos bleiben.
Der Gaspreis Schock traf diese anderen Länder weitaus weniger.
@ CitizenK 15. April 2025, 11:45
Der Gaspreis Schock traf diese anderen Länder weitaus weniger.
Kein anderes industrialisierte Land hat sich sehenden Auges derart in die Abhängigkeit gebracht. Wie Trump zurecht sagte: Deutschland hat sich militärisch von den USA, wirtschaftlich von Russland anhängig gemacht – wie blöd müsse man sein.
Aber das Problem Gas- bzw. (präziser) Energie-Verfügbarkeit hatte sich durch den Einsatz von Robert Habeck überschaubar schnell erledigt. Die Lieferfähigkeit von Energie ist auch nicht das Problem unserer Wirtschaft. Die Probleme dort haben mehr mit dem Preis zu tun, der durch politisch gewollte, gesetzliche Bestimmungen höher ist als erforderlich / angebracht / als in den Wettbewerbsländern.
Bin ich bei dir.
Ich bin völlig bei dir, was das selbst gemachte angeht, ich denke nur, die zuständigen Faktoren bewerten wir unterschiedlich.
@ Stefan Sasse 15. April 2025, 11:58
Ich bin völlig bei dir, was das selbst gemachte angeht, ich denke nur, die zuständigen Faktoren bewerten wir unterschiedlich.
Wenn nicht es die Folgen von COVID, dem Ukraine-Krieg und der ständig „überbordenden Bürokratie“ sind, was könnte es dann sein? Bin neugierig …
Unterinvestitionen.
Ich dachte, Covid und Ukraine hätten wir als „betrifft alle“ aus der Analyse raus?
@ Stefan Sasse 15. April 2025, 12:46
Unterinvestitionen.
Das sehe ich nicht so.
Kaputte Schulen, kaputte Straßen, eine dysfunktionale Bundeswehr haben wenig direkten Einfluss auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Landes oder der Gesamtheit unserer Unternehmen. Kosten, Regulierungen und Reglementierungen dagegen schon. Dabei ist die absolute Höhe von Kosten nicht allein ausschlaggebend, sondern durchaus auch die relative. Wenn deutsche Unternehmen höhere Löhne, Steuern, Sozialabgaben Stromkosten etc. haben, mehr nicht-produktives Personal für Berichtspflichten brauchen, länger auf behördliche Genehmigungen warten, mehr Auflagen haben oder mehr Aufwand betreiben müssen, diese umzusetzen als die Konkurrenz, wird es schwierig.
Ich dachte, Covid und Ukraine hätten wir als „betrifft alle“ aus der Analyse raus?
Dachte ich auch; wohl Missverständnis meinerseits.
Ich dachte ja anfangs, dass sie keine Ahnung von Makroökonomie haben. Jetzt muss ich feststellen, dass sie nicht mal wissen, was Makroökonomie überhaupt ist.
@ DerDieDas 15. April 2025, 18:24
Ich dachte ja anfangs, dass sie keine Ahnung von Makroökonomie haben. Jetzt muss ich feststellen, dass sie nicht mal wissen, was Makroökonomie überhaupt ist.
Sie haben mich durchschaut. 🙂
Viele Grüße
E.G.
Brauchst Dich nicht angesprochen fühlen – sie ist ja klein geschrieben. Wen er wohl gemeint haben könnte?
Das ist bei Luftpumpen wie ihnen nicht so schwer …
@ DerDieDas
Das ist bei Luftpumpen wie ihnen nicht so schwer …
Normalerweise komme ich gut über die Runden, aber andere Luftpumpen durchschauen mich stets schnell.
Naja, das katastrophale Internet etwa hat schon deutliche Auswirkungen.
@ Stefan Sasse
Naja, das katastrophale Internet etwa hat schon deutliche Auswirkungen.
Ob das Internet „katastrophal“ ist oder nicht, hängt schon sehr vom Standort ab und hat auf die meisten produzierende Unternehmen weniger Auswirkungen als der Strompreis oder die umfangreichen Berichtspflichten, die ja nicht nur explizit Personal erfordern, sondern auch deshalb Zeit- und Geldfresser sind, weil alle mitwirken müssen.
„Ukraine hätten wir als „betrifft alle“ aus der Analyse raus?“
Unterstützung, Waffenlieferungen, Aufnahme und Versorgung (Gesundheit) und Beschulung – alles gleichmäßig verteilt?
Jetzt bin ich verwirrt. Was ist das Thema?
@ CitizenK 15. April 2025, 18:22
Unterstützung, Waffenlieferungen, Aufnahme und Versorgung (Gesundheit) und Beschulung – alles gleichmäßig verteilt?
Da ist die Frage, ob wir von Deutschland insgesamt oder von der deutschen Wirtschaft reden. Für die Situation der deutschen Wirtschaft (dabei ging es in dem Kommentar) hat die Unterstützung der Ukraine nicht sooo viel zu bedeuten. Für Deutschland selbst stimme ich zu: da spielt das eine Rolle.
Es gibt viele mögliche Einflußfaktoren.
Mir war etwa diese faszinierende Tatsache hier nicht klar.
Zwischen 1960 und 2008 stieg der Anteil des Welthandels an der Weltproduktion von 25% auf 60%.
Bis 2020 sank dieser Anteil auf 56%.
https://www.wiwo.de/unternehmen/mittelstand/de-globalisierung-das-deutsche-exportmodell-geraet-unter-druck-/26567300.html
Ich habe irgendwo gehört, dass der Anteil vor Trump weiter auf 50% gefallen ist, kann aber die Zahlen nicht finden.
Für die deutsche Exportwirtschaft ist das natürlich nicht so gut.
Ich sage es nur ungern, aber die Debatten der kommenden Jahre, werden ein Deja Vu der Debatten von Anfang der 2000er sein. Wenn wir keine grundlegenden Änderungen an der Struktur unserer Gesundheits- und Alterssicherungssystems vornehmen, werden in wenigen Jahren die Beiträge zur Sozialversicherung locker auf 50 % Anteil an den Gehältern steigen.
Wenn die Kraft zur Strukturreform fehlt, dann kann das nur kompensiert werden durch längere Arbeitszeiten (sowohl Wochenarbeitszeiten, wie auch Lebensarbeitszeit), wenngleich der Effekt nur dämpfend wäre.
Insofern hoffe ich, dass die im Koalitionsvertrag angesprochenen Kommissionen ein Auftakt sind für echte Reformen. Jedes Jahr, dass wir warten macht das unvermeidliche nur noch teurer.
3)
„El-Mafaalani warnt vor einer Kindheit im „Ausnahmezustand“, geprägt von Krisen wie Pandemie, Kriegen und Inflation.“
Ich bezweifele gar nicht, dass die viele Krisen die es gibt, Auswirkngen auf Kinder und Jugendliche haben, aber ich bin doch immer etwas kritisch, wenn das als so besonders dargestellt wird.
Es ist ja nicht so, dass es in vorherigen Generationen keine Krisen gegeben hätte, bzw. Entwicklungen als solche empfunden wurden. Alleine in die Zeit meiner Kindheit und Jugend als Gen X/Millenial fallen ganz oder teilweise Terror (RAF, IRA, ETA, Islamisten), kalter Krieg, Balkankrieg, Nahostkriege, mehrere Finanzkrisen, rechtsextreme Wellen, AIDS usw.
Auch meine Elterngeneration hatte ähnliches und von dem was vor 1945 an Krieg und Krisen so üblich war wollen wir gar nicht erst anfangen.
Ja, ich mag diese Narrative gar nicht.
Damals gab es auch kein Internet, selbst Live-Schaltungen waren selten. Aufregung macht, was wahrgenommen wird.
Aktuell: Das Unglück der Menschen im Sudan regt hier niemand auf – anders als Gaza.
Also die von mir genannten Beispiele haben in ihrer Zeit wenig Aufregung verursacht?
Steile These.
Das wäre ein Missverständnis. Hab das ja selber erlebt.
Aber das kam damals nicht so ungefiltert und so massiert bei Kindern und Jugendlichen an. Und Kinder und Jugendliche werden heute mehr „behütet“. Wer nimmt heute noch sein Kind auf der Fahrradstange oder dem Gepäckträger mit? Alle Fahrradtouren ohne Helm. Kein Handy, um zu Hause anzurufen, oft nicht mal ein Telefon. Die Eltern verteidigten ihre Sprösslinge nicht vor Lehrern, heute kämpfen die oft gegen die Eltern an.
Das relativiert auch etwas die These, die Jugend spielte in der Gesellschaft keine Rolle mehr. Pandemie und Rente stehen auf einem anderen Blatt.
Ah, verstehe.
„Aber das kam damals nicht so ungefiltert und so massiert bei Kindern und Jugendlichen an. Und Kinder und Jugendliche werden heute mehr „behütet“. “
Was ja in gewisser Weise ein Widerspruch ist. Einerseits überbehütet, andererseits schutzlos ausgeliefert.
Ja, ist es. Aber den zu sehen, kann nicht schaden.
3) „,Deutsche Tugenden‘ wie Pünktlichkeit oder Funktionalität kennen junge Leute so nicht“ (Interview mit Stephan Anpalagan)
Der Soziologe Aladin El-Mafaalani … argumentiert, dass Kinder – rein zahlenmäßig – eine gesellschaftliche Minderheit seien, der zunehmend der politische Schutz fehle.
Wenn ich da an die Grobheiten denke, die mir während meiner „Erziehung“ zuteil wurden, kann ich da nicht ganz folgen.
Die alternde Bevölkerung dominiere Diskurse und politische Entscheidungen, während kindliche Lebensrealitäten in den Hintergrund rückten.
Was mich von meinem kindlichen oder jugendlichem ICH unterscheidet, ist meine Lebenserfahrung und die Tatsache, dass ich für meine Lebensrealität selbst verantwortlich bin. Mit welcher Kompetenz soll ein Kind über sein Leben entscheiden können außer „ich will aber …“ (nicht zur Schule gehen / mehr Süßigkeiten / nicht ins Bett etc.)?
Wenn ich hier ein Problem sehe, dann, dasses zu wenig Kinder bzw. zu viele Einzelkinder gibt, die für ihre Eltern und Großeltern superbesonders sind und auf eine Art gehätschelt werden, die viele dann auch im „richtigen“ Leben erwarten. Schwierig …
El-Mafaalani warnt vor einer Kindheit im „Ausnahmezustand“, geprägt von Krisen wie Pandemie, Kriegen und Inflation.
Grundsätzliche Zustimmung, aber so ist die Welt. Ich wurde 1958 Jahre geboren – mit dem gleichen Abstand zum zweiten Weltkrieg, den wir heute zum „arabischen Frühling“ haben. Da gab es den kalten Krieg, Kuba, die Ermordungen der Kennedys, den Vietnam-Krieg, RAF-Terror, Angst vor der Atombombe, Angst vor der Atomkraft, es gab sauren Regen und Waldsterben, es gab die NPD bzw. die Republikaner in Landtagen.
Mag zynisch klingen, ist aber nicht so gemeint: Irgendwas ist immer. Vielleicht ist der Unterschied zu „früher“, dass diese Dinge mehr breitgetreten werden (@ Ralf: die Medien sind schuld 🙂 ), und dass man sich auf eine bestimmte Art und Weise wichtiger nimmt als früher.
Der größte Unterschied ist glaube ich, dass früher weiter weg ist als heute.
@ Stefan Sasse 15. April 2025, 11:59
Der größte Unterschied ist glaube ich, dass früher weiter weg ist als heute.
Müsste lügen,wenn ich behaupte, dass verstehe, was Du damit meinst.
Mit der zeitlichen Distanz wird man immer milder, scheint es immer besser. Die Gegenwart ist immer scheiße.
Da ist was dran. Aber von jemanden der sich professionell mit so was auseinandersetzt (hier der interviewte Soziologe), sollte man doch etwas mehr erwarten können.
Ja, aber Menschen versagen immer wieder.
@ Stefan Sasse
Mit der zeitlichen Distanz wird man immer milder, scheint es immer besser. Die Gegenwart ist immer scheiße.
Ja, und? Heute ist die gute alte Zeit von morgen. War immer so, wird immer so sein.
Mein Punkt war, das es zu jeder Zeit schwierige Momente und Krisen gab, die nicht „normal“ sind. Das betrifft doch nicht nur die Jugend von heute.
Das ist ja auch mein Punkt.
@ Ralf: die Medien sind schuld
Ich fühle mich geehrt.
Nur am Rande: Das vermehrte “Breittreten” und das “Sich-Wichtiger-Nehmen” geschieht heutzutage ganz besonders stark in den sozialen Medien – oft stehen dahinter normale Bürger, die sich im Schwarm wechselseitig in Rage reden. Die Mainstreammedien leisten ihren Beitrag, sind aber – meiner Einschätzung nach – in der Regel deutlich professioneller und sachlicher.
4) Lügenverbot per Gesetz
Ich halte auch nichts von der Idee, Wahrheit per Gesetz verordnen zu wollen. Es ist typisch deutscher Ausfluss des Hangs, Probleme grundsätzlich durch juristische Festschreibungen lösen zu wollen.
Ich stimme beidem zu.
Genauso wie die Schuldenbremse nicht in der Lage war, per Gesetz haushalterische Probleme zu lösen, …
Dazu war die Schuldenbremse nicht da; sie sollte zukünftige haushalterische Probleme vermeiden. Dass sie das nicht geschafft hat, liegt nicht am Konzept „Schuldenbremse“ (dass ich weiterhin für ungemein wichtig halte), sondern daran, dass die Regierungen Merkel (und teilweise die Ampel-Regierung) nicht willens waren, sich zu Lasten von Investitionen bei Konsum-Ausgaben einzuschränken. Geld genug für alle anstehenden Aufgaben war eigentlich da; kein auch nur halbwegs vergleichbares Land hat eine ähnlich positive Einnahmesituation gehabt.
Wie Blome richtig schreibt, ist es ein gesellschaftliches Problem.
…
Zutreffend
Seitenbemerkung: die Überschrift ist merkwürdig. „Gerade“ zu Friedrich Merz steht kaum was im Artikel, und das lässt sich leicht so lesen, als ob Merz ein Lügner sei.
Yepp; da kommt der ehemalige BILD-Mann in Blome durch. 🙂
Journalist*innen schreiben normalerweise die Überschriften nicht, das macht jemand anderes im Zeitungshaus.
@ Stefan Sasse 15. April 2025, 12:01
Journalist*innen schreiben normalerweise die Überschriften nicht, das macht jemand anderes im Zeitungshaus.
Hängt davon ab, welche Überschrift der Autor macht und welche Position er innehat. Falls es so ist, wie Du schreibst – dass Blome einen Artikel verfasst, und imNachgang dreht wer anders eine Überschrift hin, die Merz dumm aussehen lässt, gibt esanscheinend doch diesen vermuteten linksgrünen Einschlag im Verlagshaus. 🙂
Dir fällt schon auf, dass du gerade sagst, dass wenn Blome es wäre das seinen BILD-Hintergrund zeigt und wenn nicht, dass der Spiegel links ist…? Das macht wenig Sinn. 😀 Dazu: wie ich geschrieben habe denke ich eher, dass das ein Versehen war und man schlicht die Doppelbedeutung nicht gesehen hat.
@ Stefan Sasse
Dir fällt schon auf, dass du gerade sagst, dass wenn Blome es wäre das seinen BILD-Hintergrund zeigt und wenn nicht, dass der Spiegel links ist…? Das macht wenig Sinn.
Ist vielleicht beides 🙂
In dem konkreten Fall nimmt die Überschrift den Schlussgedanken des Artikels auf:
„Nach einem Wahlkampf, in dem man es allseits mit den Fakten wirklich nicht so genau nahm, sollte gerade auch Friedrich Merz kein Gesetz in Angriff nehmen, das mindestens auf den ersten Blick die Überschrift »Lügen verboten« tragen könnte.“
Besser wäre, da allgemeiner formuliert: „Gerade Politiker*innen, bei deren Berufswahl taktischer Umgang mit der Wahrheit parteiübergreifend eine Schlüsselqualifikation ist, sollten sich mit solchen Ideen zurückhalten.“
@ cimourdain 15. April 2025, 13:43
Besser wäre, da allgemeiner formuliert: „Gerade Politiker*innen, bei deren Berufswahl taktischer Umgang mit der Wahrheit parteiübergreifend eine Schlüsselqualifikation ist, sollten sich mit solchen Ideen zurückhalten.“
Großartig 🙂
I like
Wie Ariane und ich im letzten Podcast ja gesagt haben: Merz und die CDU haben im Wahlkampf gelogen, dass sich die Bretter bogen.
@ Stefan Sasse
Wie Ariane und ich im letzten Podcast ja gesagt haben: Merz und die CDU haben im Wahlkampf gelogen, dass sich die Bretter bogen.
Und wie ich in meiner Antwort geschrieben habe, hat sich die Sicherheits-Situation bzw. die Wahrnehmung derselben durch den Trump-Auftritt gegen Selensky stark geändert.
Nicht, dass ich gut finde, was man da gerade treibt. Aber das ist wohl Deine politische Präferenz, dass Du zwar halbwegs gut findest, was da gerade passiert, aber weil es vom politischen Gegner kommt, Dich auf die früheren Aussagen konzentrierst, die aus einer deutlich anderen Situation erfolgten. Würde es sich um Robert Habeck handeln, wäre Deine Bewertung eine andere.
Darum geht es mir gar nicht so sehr. Ich finde das Wahlprogramm viel krasser. Das war, Sicherheitslage hin oder her, einfach komplette Fantasie, getoppt nur von dem der FDP. Und es hat keine Sau interessiert. Weil „Wirtschaftskompetenz“.
Friedrich Merz besitzt / besaß Wirtschaftskompetenz genauso wie Carsten Linnemann oder Christian Lindner. Sie verstehen im Prinzip die Abläufe in Unternehmen wie die komplexen Interaktionen von Volkswirtschaften, soweit das überhaupt für Politiker möglich ist. Bei den Linken fällt mir außer dem Grünen Danyal Bayaz niemand ein, über den sich das sagen ließe.
Dabei geht es nicht um staatsfinanzwirtschaftliche Kenntnisse des Haushalts. Das ist keine Wirtschaftskompetenz. Man wird schließlich auch nicht durch den Wocheneinkauf zum Wirtschaftsfachmann.
Die Grünen haben 2021 versprochen, die den Bürgern durch das ETS entzogenen Geldmittel durch ein Klimageld wieder an sie zurückzuzahlen. Dabei ging es um 50 Milliarden Euro innerhalb einer Legislaturperiode. Das Geld aus dem Zertifikatehandel hat der Staat gerne genommen. Von Zurückgeben hielt auch Habeck nichts. Das allein ist die Größenordnung, wo wir im Unionswahlprogramm über ungedeckte Schecks sprechen.
Die Grünen hatten auch eine Kindergrundsicherung durch Zusammenführung von Sozialleistungen versprochen. Doch dazu war die von ihnen gestellte Familienministerin über Jahre nicht fähig, die das Wahlversprechen wie die Koalitionsvereinbarung mit „mehr Leistungen“ übersetzte. Das ist nicht einmal Sozialkompetenz, die einfacher herzustellen ist als Wirtschaftskompetenz.
merz und lindner haben wirtschaftskompetenz?
like… what? woher?
aus dem studium nicht, aus ihren lobbytätigkeiten nicht, aus ihren privilegienpöstchen nicht.
korruption = wirtschaftskompetenz????
oder meinst du mit „wirtschaftskompetenz“ = „stramm auf linie der ideologie“?
da könntest du recht haben, aber du solltest schon bei der wahrheit bleiben, eine sache, die bei dir öfter nicht gegeben ist.
oder meinst du das hier?
https://www.youtube.com/watch?v=w0rL6Ju9H2Q
Das Klimageld hat die FDP blockiert. Und deine These von der Wirtschaftskompetenz teile ich nicht.
Das ist falsch und das könntest Du durchaus wissen.
Gemäß Bundesgesetz fließen die Mittel aus dem europäischen Emissionshandel und der CO2-Bepreisung im nationalen Emissionshandel in den dafür geschaffenen Klima- und Transformationsfonds (KTF). Dabei handelt es sich um ein Sondervermögen des Bundes. Der KTF ist ein Bundesgesetz, dessen Zweck die Förderung der Energiewende, des Klimaschutzes und der Transformation ist. Über die einzelnen Maßnahmen hierfür entscheidet derzeit der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz.
Das Konzept des Emissionshandels sieht seit Jahrzehnten vor, dass der Staat zwar die Finanzmittel aus der Emissionsbepreisung einnimmt, diese aber unverzüglich auf den Cent nach einem festzulegenden Schlüssel zurückverteilt.
Also: Die Mittel für das Klimageld stehen dem Wirtschaftsminister Habeck zur uneingeschränkten Verfügung. Das Konzept ist ebenso klar wie die Koalitionsvereinbarung. Der Bundestag hätte der Rückverteilung nicht einmal zustimmen müssen.
Soweit der Bundeswirtschaftsminister aufrund des faktischen Hindernisses der fehlenden Bankverbindung für alle Bürger zeitweise gehindert ist, das Geld zurückzuverteilen, kann er es auch im Sondervermögen ansparen. Daran ist er nicht gehindert.
Tatsächlich hatte Habeck andere Intensionen, nämlich der umfangreichen Wirtschaftsförderung. Dies fiel ihm mit dem KTF leicht, da es dazu weder einer Verständigung mit dem Koalitionspartner FDP – der dezidiert ein anderes Verständnis von Wirtschaftspolitik hat – noch einer Gesetzesänderung durch den Bundestages bedurfte.
Am Ende war es die Idee der Grünen, nicht die eigentlich eingesammelten Mittel aus dem Emissionshandel für das Klimageld zu verwenden, sondern aus allgemeinen Steuermitteln die Umlage zu schaffen. Richtig, und dazu hätte es des Einverständnisses der FDP, der Zustimmung des Finanzministers Lindner und eines neuen Gesetzes bedurft.
Daraus zu zaubern, die FDP habe das Klimageld blockiert, ist eine ziemlich ideologisch gefärbte Märchenerzählung, die nichts mit der Rechtslage und der theoretischen Grundlage des Emissionshandels zu tun hat.
Wenn eine Regierung die längste Rezession der Nachkriegsgeschichte zu verantworten hat, dann kann sie nicht behaupten, eine wirksame Wirtschaftsförderung getätigt zu haben. Die Fakten sprechen eindeutig dagegen. Wirtschaftskompetenz misst sich am Ergebnis, was Politik erreicht hat. Verantwortlich für die Wirtschaftspolitik der Ampel zeichnete maßgeblich Robert Habeck.
Die Idee, auf eine Wirtschaftskrise mit zusätzlichen Abgabenbelastungen und bürokratischen Hemmnissen (Lieferkettengesetz) zu reagieren sowie weitere Branchenerschwernisse (Verbrennerverbot) zu reagieren, hat sich zumindest im Hinblick auf die Wirtschaftsförderung als nicht zielführend erwiesen. Da zeigte sich eher völlige Wirtschaftsinkompetenz.
g) das kommt davon, wenn man glaubt, rechte wären normale menschen
f) merkst du erst jetzt?
i) siehe g)
j) long term strategy + investitionen für die verbesserung der lebensumstände der normalen menschen vs. korruptes 3rd world shithole mit kapitalistischer staatsideologie zur ausplünderung der normalen menschen zu gunsten der Oligarchen
k) siehe i)
n) das schreit nach rechter expertise: herr thorsti, ihre qualifizierte meinung, bitte!
o) oh, setzt sich da die erkenntnis durch, dass rechte keinerlei prinzipien haben und immer nur das sagen was ihnen nützt? ansonsten siehe k)
p) „Verbesserung“ diese leute sind schamlos
q) der scotus hat 9-0 entschieden, dass abrego garcia zurück in die burgerlande soll, trump sagt nö, el salvadors präsident stellt sich auf kommando doof und der nazi stephen miller erklärt das den medien, die republik ist damit tot. thorsti, qualifizierte meinung dazu?
r) siehe o)
s) siehe r)
t) du glaubst nicht, zu welchen astronomischen mengen copium durchschnittsrechte greifen, um sich das trump regime schönzureden. es gibt 2 Unterarten des gemeinen rechten: maliziös-bösartig-verlogen, weiß genau wie panne seine schrottideologie ist, interessiert ihn aber nicht, da es ihm um die aktive Verschlechterung der welt geht und des dummen, törichten, instinktgesteuerten naivlings, der heute vergessen hat, was gestern gesagt wurde und den ganzen schwachsinn aufrichtig für wahr hält. ansonsten, siehe s)
u) da wächst eine ganz neue lebensrealität heran im rechten sumpf, eine die jenseits von allem ist, was in den letzten 500 jahren normal war. ansonsten siehe siehe s)
v) radikalisierung? du meinst wohl: „polizei neuerdings ehrlicher“, ansonsten siehe s)
apropos, was ist mit israels massaker an den 15 sanitätern?
das war mal eine von den unzähligen abartigkeiten des faschistischen regimes, die für etwas mehr aufmerksamkeit gesorgt hat.
*f) = h)
Das.
Für eine ganze Reihe des bürgerlichen Kommentariats ist der Gedanke unerträglich geworden, mit gemäßigt linken Parteien zu kooperieren. Lieber sehen sie vulgärkonservative bis rechtsextreme Parteien in Verantwortung. Endlich den Linken eines auswischen, arghr! Und links ist alles, was sie selbst nicht sind. Sie sind die wahren Konservativen. Die erleuchteten Neurechten. Die Rechtswoken. Sie sind zu Gefangenen ihres infantil, passiv-aggressiven Tribalismus geworden.
Seit Merkels Grenzöffnung ist jeder, der sich auch nur für eine Begrenzung des Zustroms an Flüchtlingen aussprach, der nach einer möglichen Obergrenze für die Belastbarkeit unserer Gesellschaft fragte, als „rechts“, teilweise sogar als Nazi abgestempelt worden. Die erst 2013 gegründete AfD beherberte damals den konservativen Wirtschaftsflügel der Union und wurde solange als rechtsextrem abgestempelt, bis sie es wurde. Konservative Menschen, die damals weder in der SPD noch in der CDU eine konservative Heimat mehr fanden (ja; beides waren mal konservative Parteien bzw. Parteien mit starken konservativen Flügeln und sind es jetzt nicht mehr) und die zur AfD gingen, wurden als Rechtsextreme abgestempelt; einige sind es geworden, viele sind wieder gegangen und politisch heimatlos.
Nun, nachdem die einzige halbwegs konservative Kraft in der Ampel-Regierung, die FDP, wegen nicht-gefälligem Verhalten von der SPD medial regelrecht an die Wand gestellt wurde, nachdem die Schuldenbremse praktisch gekillt wurde, nachdem die SPD bis auf die Flüchtlings-Thematik die Koaltitionsverhandlungen dominiert hat, geht das Gegreine los, dass die Konservativen nicht mit gemäßigten Linken regieren wollen?
Bleiben wir so höflich und nehmen die SPD und die Grünen (bzw. deren Führung; an der Basis und den Jugendorganisationen sieht es anders aus) als gemäßigt links – wo bitte sind die Konservativen, die nicht mit ihnen regieren wollen? Die CDU kann es offenbar nicht sein (und ist es auch nicht, wenn man den Koalitionsvertrag von den entsprechenden Floskeln befreit). Die AfD auch nicht, denn die ist nicht konservativ, sondern rechtsextrem.
Nach 16 Jahren sozialliberaler Politik unter Merken und 3½ Jahren rot-grüner Ampel-Politk, deren einziger konservativer Aspekt die nun gekillte Schuldenbremse war, ist das Konservative nur noch teilweise in der Bevölkerung, aber nicht mehr in der Politik vertreten. Die Positionen, die von heutigen Linken als konservativ abqualifiziert werden, waren früher sozialliberal bzw. mittig.
Ansonsten sollte doch auch für Dich nachvollziehbar sein, dass in einer alternden Gesellschaft die Neigung zu konservativer Politik zunimmt. Dass die Politik nicht darauf reagiert, zeigt sich am Erstarken der AfD. Das vulgär-konservativ zu nennen zeigt nur, dass man grundsätzlich den Fehler bei anderen sucht, seine Meinung nicht für eine Meinung von vielen, sondern für die Wahrheit hält etc.
DAS ist infantiles Verhalten.
Spahn und Kretzschmer, mindestens.
@ CitizenK 15. April 2025, 11:57
Spahn und Kretzschmer, mindestens.
Falls ich es noch nichtgesagt haben sollte: Die CDU ist weit davon entfernt,meine Partei zu sein.
Kretschmer reagiert auf Druck durch die AfD, und Spahn hat gerade die Meinung, die ihm hilfreich ist. Solche gibt es in allen Parteien, da unterscheidet er sich nicht von Markus Söder, Olaf Scholz, Julia Klöckner & Co.
Ansonsten wird die reale politische Linie der CDU eher von den Resten der Merkel-CDU bestimmt – von Daniel Günther, Hendrik Wüst und anderen, die in dieser Richtung unterwegs sind. Friedrich Merz trommelt zwar (zumindest im Bereich Flüchtlinge) konservativ, aber er marschiert so „moderat“, dass sich die Junge Union beschwert.
„Das vulgär-konservativ zu nennen zeigt nur, dass man grundsätzlich den Fehler bei anderen sucht“
„Die erst 2013 gegründete AfD beherberte damals den konservativen Wirtschaftsflügel der Union und wurde solange als rechtsextrem abgestempelt, bis sie es wurde.“
junge, junge, junge… was für eine ironie, kann man sich als gutmeinender mensch nicht ausdenken. rechte unterbieten und machen sich selbst zur wirtzfigur am laufenden band und sie merken es nicht mal.
remember, kids:
„every accusation is a confession from these people“
ich hab viel mit trumpwählern zu tun, daher kenne ich das. was mir an diesen auch auffällt ist, dass sie sich die realität zurechtbiegen, bis die balken krachen. und falls sie auf fakten treffen, sie komplett ignorieren und einfach neuen schwachsinn erzählen.
pass auf, europa ist den usa ja immer ein paar jährchen hinterher, deutschland noch viel mehr, dass du in einigen jahren nicht komplett abgestürzt bist, das potential für weite teile der rechten ist absolut da.
ich kann dir nur raten, deine hirngespinste mal hirngespinste sein zu lassen. abstand zu nehmen von dem was du für wahr hältst und was dir eingetrichtert wird und dich mal wirklich mit der realität zu beschäftigen.
ansonsten sehe ich auf für dich schwarz. 😉
informier dich mal, wie sehr die afd von anfang an mit nazis durchsetzt war.
und die wahrheit: die medien haben das viel zu lange schöngeredet.
das ist realität. nicht deine komplett verschobene gehirnverkleisterte wahnvorstellung davon.
1) Vom Bundestag in die Lobby: FDP-Mitarbeiter nach der Wahl
Nach dem Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde muss die FDP den Bundestag verlassen – und mit ihr rund 700 Mitarbeitende. Laut BR-Recherchen bemüht sich die Fraktion aktiv um Anschlussbeschäftigungen, vor allem in Wirtschaftsverbänden. Ein interner „Stellenmarkt“ listet über 100 Angebote, teils mit direkten Kontakten zu FDP-nahen Personen. Die Bandbreite reicht von Positionen in der Glücksspielbranche bis hin zu Chefposten in Industrieverbänden.
Da möchte man schon genauer wissen, was daran kritikwürdig ist. Was dürfen Ex-Abgeordnete eigentlich nach ihrer Laufbahn im Parlament überhaupt tun?
Andere Gedanke: Wenn Unternehmer und Juristen in den Bundestag einziehen, und ihr Wissen im Parlament und den Ausschüssen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen, müsste dann nicht der Staat Abfindungen und Entschädigungen zahlen?
2) Merz’ großer Fehler in der Wirtschaftspolitik
Weidenfelds großer Fehler hier ist in meinen Augen zu übersehen, dass die deutsche Wirtschaft gerade in einer massiven Unterauslastungskrise steckt
Das ist in der Analyse eindeutig falsch. Obwohl Deutschland im dritten Jahr eine Rezession durchlebt, sind die Produktionskapazitäten weiterhin hoch ausgelastet. auch die Arbeitslosenquote ist weiterhin niedrig. Was wir dagegen sehen ist, dass Unternehmen in großem Stil Kapazitäten ins Ausland verlagern. Unternehmen mit Vollauslastung schreiben häufig Verluste und müssen in die Insolvenz. Das alles sind klare Indizien für große, strukturelle Mängel.
1) Sag ich ja, ich halte das für reichlich realitätsfern.
2) Hm.
@ Stefan Pietsch
1) Vom Bundestag in die Lobby: FDP-Mitarbeiter nach der Wahl
Was dürfen Ex-Abgeordnete eigentlich nach ihrer Laufbahn im Parlament überhaupt tun?
Erfolgreiche Politiker können Kompromisse, Kontakte, Kommunikation. Wenn sie das nicht mehr nutzen sollen, dürfen sie offenbar nichts mehr, was mit Geld verdienen zu tun hat.
2) Merz’ großer Fehler in der Wirtschaftspolitik
Das alles sind klare Indizien für große, strukturelle Mängel.
Genau das. Ist erschreckend, dass so wenig verstanden wird, wie groß diese Mängel sind, und welche Anstrengungen es braucht, um sie erfolgreich zu beseitigen. Das ist mal nicht eben in 10 Jahren erledigt (und unter der derzeitigen Stimmungslage der Wähler überhaupt nicht möglich).
1) Jepp.
@ Stefan Sasse
Ehe ich das vergesse: Wie kommst Du nach China (und wie wieder raus)?
Magst Du mal etwas über Deine Erfahrungen dort schreiben? Mich würde es interessieren, China steht auch auf meiner To-do-Liste.
Viele Grüße
E.G.
Ziemlich easy, geht visafrei aktuell.
Du erinnerst dich an meine beiden Posts nach meinem ersten Besuch im letzten Jahr? Die Beobachtungen halten weiterhin. 🙂 https://www.deliberationdaily.de/2024/04/impressionen-aus-china-sicherheit-sitten-und-propaganda/ und https://www.deliberationdaily.de/2024/04/impressionen-aus-china-politik-bildung-und-digitales/
Ich schick dir ansonsten per Mail noch was!
g) Why the COVID Reckoning Is So One-Sided (The Atlantic).
Ähnlich hier in Deutschland, aber nicht ganz so krass.
Naja, typisches Schubladendenken, als gäbe es nur zwei Posititonen. Und erinnere Dich an den Umgang mit den Leuten, die damals schon sagten, dass bestimmte Sachen nicht richtig sind. Dazu der verschleppte Untersuchungsausschuss. Da ist das, was jetzt läuft, doch ein niedlicher Witz.
Ich hab im April 2020 (!) einen gescheiten Untersuchungsausschuss gefordert. 🙂
@ Stefan Sasse
Ich hab im April 2020 (!) einen gescheiten Untersuchungsausschuss gefordert.
Ja da warst Du SEHR früh bei der Musik
Wenn ich es recht erinnere, galt Deine Zielrichtung der Verbesserung von Abläufen und Vorbereitungen für die nächste Pandemie, nicht dem Versagen von Regierung und Behörden, der Übergriffigkeit des Staates, der Beschränkung von Freiheitsrechten, der Korruption von Politikern.
Beides zu untersuchen wäre wichtig, aber ich kann mir derzeit nicht vorstellen, dass solche Vorhänge ansatzweise konstruktiv ablaufen würden.
Das war damals ja noch nicht absehbar. Aber schau mal bei den Evergreens, da müsste ich das verlinkt haben.
e) Dänemark führt Wehrpflicht für Frauen ein (T-Online).
Finde ich gut.
Ich auch. Wenn Wehrpflicht, dann für alle.
1) Da ich in dieser Angelegenheit eher eine Arbeitgeberposition einnehme, komme ich zu etwas anderen Bewertungspunkten der Angelegenheit:
i) Sind die Abgeordneten nun für die Privatwirtschaft leicht vermittelbar, wie du im zweiten Satz andeutest („nicht sonderlich gut bezahlt“) oder nicht, wie weiter unten angedeutet („recht spezielles Skillset“) ?
ii) Die Diäten (€11.227, steuerpflichtig) sind etwas (€ 1000) unter den Einkommen von Bundesrichtern – eine Tätigkeit mit vergleichbarer Verantwortung aber deutlich höherer formaler Qualifikation. Allerdings kommt dazu noch eine Aufwandspauschale ( €4.725 , steuerfrei).
iii) „Drei Jahre Bürgergeld“ ist keine Alternative. Abgeordnete erhalten für einen Monat / Jahr Parlamentszugehörigkeit Übergangsgeld. Dieses verringert sich um andere Einkünfte des Abgeordneten, also ist es in meinem „Arbeitgeber“-Interesse, wenn diese Abgeordneten nach Ausscheiden schnell wieder in Lohn und Brot kommen.
iv) Dass ausscheidende Mitarbeiter Arbeitskontakte nutzen, lässt sich nicht verhindern, aber ich möchte natürlich wissen, wem das zugutekommt. Deshalb ist eigentlich die FDP-Stellenbörse ein Positivbeispiel der Transparenz. So weiß ich genau, dass mit einer FDP-Stimme womöglich ein (zukünftiger) Glücksspiel-Lobbyist einhergeht. Wahrscheinlich wäre es am besten, wenn alle Parteien ein solches Portal VOR der Wahl einrichten…
zu 1) “FDP/Lobby”
Ich hab kein Problem damit, dass Politiker nach ihrer Tätigkeit im Parlament in die freie Wirtschaft wechseln – ihr wertvolles Kontaktnetz ist ihnen gegönnt – solange sie nicht in Lohn und Brot von Betrieben eintreten, die sie selber in ihrer vorherigen Funktion reguliert haben oder deren Interessen sie in ihrer vorherigen Funktion gefördert haben.
Da geh ich 100% mit.
Wo kann man da sinnvoll die Grenze ziehen ? Nach der reinen Lehre wäre grundsätzlich jeder Abgeordneter bei allen Gesetzentwürfen stimmberechtigt – da sind immer Themen dabei, die die Firma X oder die Branchenvertretung Y betreffen.
Und natürlich wird ein Abgeordneter, dessen Schwerpunkt Gesundheitspolitik (willkürliches Beispiel ohne Hintergedanken) war, der vielleicht auch in einem entsprechenden Ausschuss war, sich hinterher auch in dieser Branche orientieren.
@ cimourdain
Da geh ich 100% mit. 🙂
Eine hundertprozentig immer richtige, saubere Trennlinie kann man – wie so oft im Leben – nicht definieren, aber …
https://en.m.wikipedia.org/wiki/I_know_it_when_I_see_it
i) Per se schwer vermittelbar, aber die bürgerlichen Politiker*innen haben durch die Wirtschaftsbeziehungen wesentlich mehr Raum.
ii) Von der Pauschale muss das Büro finanziert werden, u.a., dazu kommen oft hohe Abgaben an die Fraktion. Überbezahlt sind die für den Job mit Sicherheit nicht.
iii) Sicher. Ich sag ja nichts anderes.
iv) Das setzt eine Planbarkeit voraus, die nicht existiert. Und wie Lobby Control zeigt, hilft diese Transparenz auch bestenfalls bedingt.
ii) Bürokosten werden bis 12.000€ / Jahr erstattet. Fraktionsabgaben sind ein Instrument der versteckten Parteienfinanzierung (woanders wären Leute, die sich so etwas ausdenken, nicht mehr wählbar).
Richtig ist, dass es eine angemessene Vergütung ist, für jemanden, der eigenständig verantwortungsvolle Entscheidungen treffen muss – Apparatschiks sind allerdings damit überbezahlt.
iv) Ob Transparenz „hilft“ oder nicht, ist eine Frage der Grundeinstellung über die Rollen von Bürger und Politiky. Im konkreten Fal hat sie zumindest gewirkt, wie am Ende des Artikels steht: „Die FDP Fraktion änderte nach der Anfrage des BR den Eintrag im Intranet. Nun findet sich dort kein Hinweis mehr auf die „liberale Familie“.“
Da ich ganz grob etwa in der Einkommnsklasse eines Bundestagsabgeordneten verdiene, dazu nur ganz kurz:
Für das Geld wollte ich den Job niemals machen! Da müsste man mich ernsthaft mit vorgehaltener Pistole zu zwingen – Kosten und Nutzen stehen bei politischen Spitzenjobs (Bundestagsabgeordnete gehören dazu) in überhaupt keinem angemessenen Verhältnis.
Ich habe bei aller harten Kritik grossen Respekt vor Leuten, die sich das freiwillig antun.
Gruss,
Thorsten Haupts
Exakt mein Punkt. Ich bin weit von der Gehaltsklasse entfernt, aber das ist doch nur Schmerzensgeld bei dem Job…
Oft verdienen sie ja in der Politik wesentlich weniger als vorher. „Richtige“ (früher sagte man: Vollblut-) Politiker machen das doch nicht des Geldes wegen. Machtstreben, Geltungsbedürfnis oder Idealismus. Was es wohl bei Merz ist?
Das gilt für viele gerade bei den linken Parteien Grüne, LINKE und auch SPD nicht. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen Britta Haßelmann war im bürgerlichen Leben als Sozialarbeiterin beschäftigt. Ricarda Lang hatte zuvor als Studienabbrecherin überhaupt keinen seriösen Beruf ausgeübt. Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken war bis zu ihrem politischen Aufstieg nur von einem Medianeinkommen Lichtjahre entfernt. Usw.
Für einen Großteil der Gewählten bedeutet heute der Parlamentssitz den finanziellen Jackpot.
Um Ihnen eine Idee zu geben: Ein sechsstelliges Gehalt ist fast ausschließlich mit einem abgeschlossenen Studium in einem wirtschaftsrelevanten Bereich erzielbar. Die Bildungsrendite beträgt im Schnitt zwischen 60 und 70 Prozent auf das Lebenseinkommen. Das Medianeinkommen in Deutschland beträgt 52.000 Euro. Nehmen wir das als Basis, so kann ein Akademiker im Schnitt ein Einkommen von 83.000 Euro erzielen. Die Darüberliegenden sind schon eine echte Elite.
Wenn Sie sich die Einkommenspyramide betrachten, kommen Sie zwingend zu dem Schluss, dass solche Einkommen wie die von deutschen Parlamentariern nur sehr wenigen vorbehalten sind. Der typische Abgeordnete hat weder den Bildungshintergrund noch die berufliche Erfahrung, um außerhalb des Politikbetriebs ein sechsstelliges Einkommen zu erzielen.
Keine Ahnung, ist mir aber auch recht egal. Entscheidend ist, was hinten rauskommt.
e) (Ausnahmsweise ohne Hintergedanken, sondern nur als „Interessant, wie es andernorts aussieht“) Hier die Weltkarte zum Thema:
https://en.wikipedia.org/wiki/Women_in_the_military#/media/File:Women_in_military_-_Obligation_2024.svg
Dänemark wird dann zu dunkelgrün wechseln, das Lotterieverfahren zum „Auffüllen“ der Rekruten betrifft nur einen geringen Teil des Jahrgangs.
zu 4) “Lügenverbot”
Ich halte auch nichts von der Idee, Wahrheit per Gesetz verordnen zu wollen.
Wahrheit per Gesetz zu verordnen, ist natürlich Unsinn. Aber ein Schließen von Social Media würde die größten Lügenschleudern vom Netz nehmen und einen Beitrag zur Eliminierung von Fake News leisten, dessen Größe sich kaum überschätzen lässt.
Der Gesetzgeber kann also sehr wohl etwas gegen die Verbreitung toxischer Lügen tun.
3) „,Deutsche Tugenden‘ wie Pünktlichkeit oder Funktionalität kennen junge Leute so nicht“ (Interview mit Stephan Anpalagan)
Im Bildungs- und Erziehungsbereich besteht sowohl ein Mengen – als auch ein Qualitätsproblem. Es gibt viel zu wenig Erzieher für den Bedarf, den nicht zuletzt der Staat mit seiner Gesetzgebung erzeugt hat. Das Mengenproblem lässt sich nicht lösen. Es besteht seit zwei Jahrzehnten und nimmt deutlich zu anstatt ab.
Eigentlich wäre es unter solchen Bedingungen vernünftig, sich auf das Qualitätsprobleme zu konzentrieren und die Kernkompetenz zu stärken. Dazu ist der Staat nicht in der Lage. Er will etwas befriedigen, was er nicht befriedigen kann.
Dazu kann ein ganz aktuelles Beispiel aus der betrieblichen Realität: in einem Kindergarten der Deutschen Bundesbank wird trotz permanenter Personalknappheit seit einiger Zeit in sogenannter Spätdienst angeboten. Kleinstkinder (< 3 Jahre) können dort bis 7:00 Uhr abends zur Aufbewahrung abgegeben werden. Der Service wird nur sehr wenig in Anspruch genommen, fast immer nur von solchen Eltern, die ihr Kind auch früher betreuen konnten. So musste gestern eine Erzieherin bis in den Abend in der Einrichtung bleiben, weil eine studierende Mutter ihr Kind nicht früher abholte. Wohl gemerkt, derzeit sind Semesterferien. Ein typischer Fall von Ressourcenverschwendung.
Manche Leute sind einfach dreist.
Ich habe hier einem internen Kollegen dazu gebracht, dass er während seinen Bürozeiten letztens über 10 Arbeitstage tatsächlich an seinen Aufgaben gearbeitet hat. Danach hat er seine üblichen Fehlzeiten für diesen Monat von 8 auf 10 Tage erhöht, um dann eine Woche Urlaub zu nehmen.
Ich werde versuchen, ihn dazu zu bringen, dass er noch diese exzessiven Fehlzeiten limitiert. Alles mit gutem Zureden. Glücklich ist er mit der Situation nämlich nicht. So schlecht ist der in seinem Job überhaupt nicht.
Und das bei der Bundesbank.
Was denkst Du, was allein zwei Erzieher – eine Fachkraft und eine Hilfskraft – für eine Stunde Betreuung zusätzlich für ein einziges Kind kosten? Das sind die Art von Fragen, die man sich im Rundumsorglos-Land Deutschland nicht stellt. Geld spielt ja keine Rolle und die Leute werden ja bezahlt. Oder nicht? Klar, sie fehlen dann zu anderen Zeiten, aber hay, dann stellen wir noch ein paar entlassene Verkäuferinnen von Karstadt ein. Die zählen dann wieder nicht für den Betreuungsschlüssel, aber gut, es gibt nicht nur Steuer- und Sozialbetrüger.
Ein Land, das sich über solche Fragen keine Gedanken macht, ist entweder ein Zweitweltland – oder auf dem Weg dahin. Warum fällt mir da gerade Deutschland ein?
Ich stimme mit dir überein, dass wir auf jeden Fall mit dem Haushalt aufpassen sollten.
Polit-Debatten über Staatsfinanzen Frankreich 2025 ist wie Argentinien 2017 bis 2023. Das ist der absolut identische Film, den ich da sehe.
Den allermeisten ist völlig klar, dass man von dem hohen Haushaltsdefizit (aktuell 6% BIP) runterkommen muss. Es gibt da nebulöse Pläne, das bis 2030 langsam runterzufahren. Gleichzeitig hat man viel zu hohe Steuern. Also müsste man eigentlich an die Ausgabenseite ran. Frankreich hat 6 Millionen Staatsbedienstete. Deutschland hat nach vergleichbaren OECD Kriterien 5 Millionen bei 15 Mio Einwohnern mehr. Einen wirklichen Plan sehe ich nicht.
Irgendjemand wird irgendwann die Kettensäge ansetzen.
Ich kann das in kleinem auf der Arbeit beobachten. Es gibt immer mehr Leute, die irgendwelche Pläne erstellen. Die würden sich nicht mal trauen, mir was von schneller rudern erzählen.
Die sitzen einfach in einem Vakuum, schreiben Excel Dateien, Arbeitspakete in Form von inhaltslosen Jira Tickets, die ich als Teil der Bearbeitung völlig neu schreibe, weil wir eben eine Dokumentation brauchen und bespassen sich gegenseitig in Meetings. Freundliche Menschen mit guten Umgangsformen.
Behörden haben ein Talent, solche Wasserköpfe krebsartig wuchern zu lassen. Das sind auch nicht Lehrer, die vor einer Horde Pubertierender stehen, Programmierer, die Softwaresysteme am Leben halten und in eine vernünftige Richtung nudgen oder Erzieherinnen. Das ist eine andere Sorte Mensch.
Mich wundert, wie ökonomisch blind Politik, Parteien und Medien durch die Gegend taumeln. Seit Jahrzehnten weiß eigentlich jeder, dass aber der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre die Erwerbsbevölkerung rasant schrumpfen wird. Prognostiker kamen deshalb zu dem wenig überraschenden Ergebnis, dass Deutschland dann seine Spitzenposition unter den führenden Volkswirtschaften verlieren wird.
Der Staat selbst erstellt regelmäßig Prognosen, was dies für die Staatsfinanzen bedeutet. Doch anscheinend liest niemand die eigenen Berichte. Wenn immer weniger Bürger erwerbstätig sind, die Ausgaben aber aufgrund vertraglicher Verpflichtungen expotentiell steigen, dann muss man kein Finanzgenie sein, um daraus berechnen zu können, dass die relative Staatsverschuldung explodieren wird.
Normalerweise entwickeln ökonomisch denkende Menschen Projekte und suchen sich Finanziers für ihre Vorhaben. Die deutsche Politik beschafft sich erst die Mittel und fragt nicht einmal, was sie dann genau damit anstellen will.
Mich treibt diese ökonomische Blindheit und Naivität in die Verzweiflung. Innerlich habe ich mein Land aufgegeben.
Echt heterodoxes Argument, aber folgendes Szenario: Deutschland fährt weiter einen ausgeglichenen Haushalt und die Staatsschulden der beiden Euroländer Frankreich und Italien lassen sich in 5 Jahren nicht mehr refinanzieren. Wenn Deutschland dann 50% Schulden/BIP Stand hat, müssen wir vermutlich stärker einspringen als wenn wir auf 75% sind.
In der Rüstungsfrage bin ich klar für erstmal Neuverschuldung.
@ Lemmy Caution
Wenn Deutschland dann 50% Schulden/BIP Stand hat, müssen wir vermutlich stärker einspringen als wenn wir auf 75% sind.
Das Berlin-Gambit: je schlechter es denen geht, um so mehr kriegen sie.
Aber ich denke, dass das (von den Südländern gewünschte) Ergebnis sein wird, dass die Sozialhilfe und die Staatsschulden von der EU (also nach Schlüssel) bezahlt werden, während man selbst unabhängig über die Ausgaben entscheidet.
Das sind aber Spekulationen. In Französischen Medien habe ich noch nie jemand gesehen, der erwartet, dass die Deutschen das zahlen.
Mich beunruhigt die hohe Staatsverschuldung in bestimmten Euroländern ja auch.
Aber es gibt da Details. Spanien ist vom peak im Jahr 2021 (124%) auf 104% runter. Das Land hat aktuell ein gutes Wirtschaftswachstum.
In Frankreich ist sowas wie Agenda 2010 einfach schwer durchzusetzen. Finden sich immer genug, die das Land abzufackeln, wenn jemand damit kommt.
Problem in all diesen Ländern sind die starken internen Transfers. Abwertende Überzeugungen gegen „Südländer“ sind in Nord-Italien, Baskenland oder Katalonien noch stärker verbreitet als in Nord-Europa.
@ Lemmy Caution
Das sind aber Spekulationen.
Durchaus, aber basierend auf Reden und Vorschlägen von Macron.
In Frankreich ist sowas wie Agenda 2010 einfach schwer durchzusetzen. Finden sich immer genug, die das Land abzufackeln, wenn jemand damit kommt.
Ja, leider wahr. Ein Bekannter von mir, wohnhaft in Paris (wir haben uns beim Motorradfahren in Italien kennengelernt), sagte mir mal: Frankreich wäre ein schönes Land, wenn es die Franzosen nicht gäbe.
Was für Vorschläge und Reden von Macron ?
Wir leben in einer Umbruchsphase und es wird vieles an den alten Gewißheiten zerstört werden, aber wenn ich eins gerne erhalten sehen würde, dann ist es die EU in Form einer Verbundenheit mit Frankreich.
Die Alternative wäre ein Nord-Europäischer Block mit Skandinavien, Polen, Tschechien Benelux und dem Baltikum. Das reicht aber nicht aus. Ich war auch mal ziemlich anti-Französisch, aber seitdem ich mich ernsthaft in die Sprache einarbeite, sehe ich da überhaupt keinen Grund mehr.
Wie die ihr Haushaltsdilemma lösen wollen, sehe ich aktuell aber wie gesagt auch überhaupt nicht. Die haben viele unserer Probleme wie die Überregulierung oder Probleme mit der Integration von Muslimen on steroids. Auch davon kann man übrigens auch lernen. Bezüglich Energieversorgung und Militär sind die besser aufgestellt.
Wann hat Deutschland zuletzt einen ausgeglichenen Haushalt ohne Schuldenaufnahme vorgewiesen? Ich glaube das war 2019. Die bisherige Verschuldungsregel des Grundgesetzes war wie ihr Name schon sagte, eine Bremse, kein Stopp.
Deutschland, das einzige Flächenland der Eurozone mit Triple-A-Status, haftet mit seiner Bonität für die Schulden der anderen Mitgliedsländer der Gemeinschaft. Nur weil Deutschland so gut gerankt ist, sind die Zinsspreads von Italien vergleichsweise moderat. Verschuldet sich Deutschland wesentlich, steigen die Zinsausgaben für alle.
Finanzwissenschaftler gehen davon aus, dass Deutschlands Verschuldung in den nächsten 20-25 Jahren auf 100-150 Prozent des BIP steigen wird. So steht es in den Berichten der Bundesregierung. Das ist weit weg von Deinen 75 Prozent.
Die Aufrüstung des Bundeswehr hat alles, was eine dringliche Investition auszeichnet, für die Fremdmittel aufgenommen werden: Aufgrund der Bedrohungslage durch Russland ist die Notwendigkeit von Investitionen unmittelbar, führt deswegen zu schnellen „Erträgen“ (Sicherheit), während die Tilgung gestreckt werden kann.
Das gilt für keine Straße, für keinen Bahnausbau in Deutschland. Solche Investitionen haben haben Planungsvorlauf von mehr als einem, häufig zwei Jahrzehnten. D.h. konkret, wenn es heute für den Autobahnausbau oder eine neue Trasse das Geld fehlt, dann hat der Staat diese ohne die Planung der Finanzmittel erstellt. Einem solchen Planer sollte niemand Geld geben.
Eine Studie hat gerade enthüllt, zur welcher Verschwendung es führt, wenn der Staat mit Geld um sich werfen kann. So sind die Investitionen der Bahn von 2018-2023 massiv gestiegen. Gleichzeitig nahm die Investitionsmenge nicht zu und die Qualität wurde nicht verbessert.
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus255941970/Bahn-Dramatischer-Anstieg-der-oeffentlichen-Mittel-bei-unveraenderter-Bauleistung.html?icid=search.product.onsitesearch
„Das Ergebnis ist niederschmetternd“, sagt der Bahnexperte Felix Berschin im Gespräch mit WELT. „Das Bau-Volumen ist nicht gestiegen, sondern es sind nur die Preise explodiert“, bilanziert Berschin, Vorstand der Wissenschaftsvereinigung MehrBahn. (..)
Sie zeigen für Oberleitungen – gemessen in Einheiten von jeweils 100 Metern –, dass im Jahr 2018 genau 247 solcher 100-Meter-Einheiten instand gesetzt oder erneuert wurden. Zum Preis von 203 Millionen Euro. Im Jahr 2023 waren es nur 124 Einheiten. Zum Preis von 401 Millionen Euro. Das ergibt eine Preissteigerung pro Einheit um das Vierfache.
Ein anderes Beispiel ist die Leit- und Sicherungstechnik, wozu in der Regel die herkömmlichen Signale gehören, mittlerweile zum Teil auch Installationen für die digitale Zugbeeinflussung. Gemessen wird diese Technik in Stelleinheiten, den Einzelbestandteilen der jeweiligen Anlagen. 2018 verbaute die DB 3771 solcher Stelleinheiten und gab dafür 620 Millionen Euro aus. 2023 waren es 2505 Einheiten – zu Gesamtkosten von 1,04 Milliarden Euro. Umgerechnet in Stückkostenpreise ergibt sich hier eine Steigerung um das Zweieinhalbfache.
Was die Verfechter einer Ausweitung der Staatsverschuldung zugunsten von „Investitionen“ nicht wahrhaben wollen, ist, dass der Staat durch solche Impulse meist nur die Inflation anheizt.
5) Die übersehene Revolution
Man muss kein Experte sein, um die grundsätzlichen Vor- und Nachteile von Energieträgern zu verstehen. Und man muss auch kein Experte sein, um den grundsätzlichen Bedarf einer entwickelten Volkswirtschaft abschätzen zu können. Und sei es, dass man sich die eigene Lebensgewohnheiten zum Maßstab nimmt.
Regenerative Energien sind sehr unzuverlässig in der Bereitstellung ihrer Energie. In den Sommermonaten liefern Solarpanel große Energiemengen, im Winter gar nicht. Deutschland ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und als solche haben Unternehmen und Haushalte ein hohen Bedarf an zuverlässig bereitstehende Energie. Dieser Bedarf kann nicht durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Jedes Land, das substantiell auf Regenerative, setzt, braucht ein zweites belastbares System. Genau deshalb ist Deutschland längst ein abschreckendes Beispiel in der Welt geworden, wie man eine Energiewende nicht aufzieht.
Deutschland hat die höchsten Energiepreise der Welt, die so genannte Energiewende hat bis heute ihre witzige Summen verschlungen und trotzdem wird Strom massenweise aus Kohle – und Gaskraftwerken gewonnen.
Bevor wir uns Gedanken über die Weltenrettung machen, sollten uns Gedanken über eine vernünftige Energiepolitik in Deutschland zu machen.
Wie immer ohne jede Ahnung einfach Quatsch erzählen: Die Bedeutung der Kohle für die inländische Stromerzeugung nahm 2024 weiter ab: Mit 97,2 Milliarden Kilowattstunden wurden 16,0 % weniger Strom aus Kohle ins Netz eingespeist als im Vorjahr. Der Anteil des Kohlestroms an der gesamten inländischen Stromproduktion des Jahres 2024 sank auf 22,5 % und erreichte damit einen neuen Tiefststand für ein Gesamtjahr. (Quelle destatis)
Der aktuelle Strompreis für Neukunden liegt laut Verivox aktuell übrigens bei 27,00 Cent/kWh bei einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh (Stand: 14.04.25).
Ursula Weidenfeld ist auch so eine ideologisch komplett verwirrte „Wirtschaftsjournalismus“. Aber wie man eine ganze Karriere im Journalismus mit Märchenerzählen bestreiten, beweist ja nicht nur sie,
Die größte Witzseite Deutschlands gönnt sich bekanntlich die FAZ/FAS, nur dass sie sich aus unerfindlichen Gründen dazu entschieden haben, die Seiten mit „WIRTSCHAFT“ zu überschreiben.
Fern jeder Realität erzählt sich da eine handvoll „WirtschaftsjournalistInnen“ jeden Tag gegenseitig dieselben Märchen und verstehen die Welt nicht mehr, weil niemand außer der FDP sie noch für irgendwie relevant hält. Nicht mal der mehr als peinliche Auftritt von Julia Löhr wird daran etwas ändern.
c) New York hat gute Erfahrungen mit einem marktwirtschaftlichen Modell zur Verkehrskontrolle gemacht (NPER). Sollten deutsche Großstädte auch machen
Also das Gegenteil der dümmlichen Verkehrspolitik, die in Frankfurt, Düsseldorf und Berlin unter grüner Anleitung betrieben wird. Sehe ich auch so.
h) Wenn diese Kolumne von Frank Schäffler repräsentativ für das Denken der FDP ist, dann ist die Partei tot (Welt).
Schäffler hat doch Recht, unabhängig davon wie man zu der FDP im Allgemeinen und den Themen im Besonderen steht. Nicht ist für (Wahl-) Erfolge so schädlich wie Zerstrittenheit in der Strategie und Umsetzung. Im Bundestag sind wie 2013-2017 nur staatsorientierte, etatistische Parteien vertreten. Damals war das nicht gut.
Sieht man sich die sozioökonomische Struktur der Gesellschaft mit ihren Parteipräferenzen an, dann hat die FDP ein Potential von 15 Prozent. Merz schaffte überhaupt nur die 28 Prozent, weil er die Sympathisanten, also leistungsorientierte Wähler, über seine Absichten – oder seine politische Unfähigkeit – täuschte.
o) Ein Kanzler muss nicht populär sein, er muss das Land in Ordnung bringen (Welt). Durchaus korrekt, nur kommen einem solche Gedanken natürlich vor allem dann, wenn der unpopuläre Kanzler aus dem eigenen Lager ist.
Irgendwie fehlt dem Kommentar der Kontext. Bei der Bundestagswahl standen nur unpopuläre Kandidaten zur Auswahl, Merz war der am wenigsten Unpopuläre. Die Aufzählung ist auch nicht gelungen, Schmidt und Schröder waren durchaus sehr populäre Amtsinhaber.
v) Radikalisierung bei der Polizei. (Twitter)
So lange wir so über Polizisten herziehen, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass die Sicherheitslage mies ist.
c) In Berlin regieren die Grünen? Ich staune.
v) So einfach kann man es sich natürlich machen.
c) Warum betreibst Du ein politisches Blog, wenn Du keine Ahnung von Politik hast? 🙂
Die Grünen regierten bis vor kurzem Berlin über ein Jahrzehnt mit und prägten dabei im Konzert mit den Gleichgesinnten Koalitionspartnern von der SPD und der Linkspartei maßgeblich die Verkehrspolitik. Viele der Entscheidungen lassen sich selbst bei eindeutigen politischen Willen nicht in einem Zeitraum von 24 Monaten zurückdrehen.
Hinzu kommt, dass in Berlin, einer der größten Metropolen Europas, die Verkehrspolitik maßgeblich nicht (nur) von der Stadtregierung, sondern den Bezirken gemacht wird. Und der gesamte Innenbereich Berlins wird von den Grünen dominiert, was politisch interessierte Bürger bei der letzten Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vor Augen geführt bekamen.
Wie gesagt, kann man als Politik-Junkie wissen. Meine Frau ist keiner und weiß das natürlich nicht.
Zurück zur Anfangsfrage: Warum betreibst Du eigentlich ein politisches Blog, statt, sagen wir, über die Schönheit Pekings zu schreiben? 😉
Das wär auch politisch. Und (noch) spannender.
Zur Schlussfrage ein Vorschlag zur Güte: Stefan schreibt weiterhin über alles, was ihn interessiert, reichert aber seine Artikel mit Bildern von der „Klassenfahrt“ an, wie Sie es auch schon gemacht haben:
https://www.deliberationdaily.de/2024/12/neue-maerchen-von-robert-h/
Das Ganze war ja eindeutig als Witz gemeint, denn natürlich versteht Stefan einiges von Politik. Sonst würden ihm ja auch nicht so viele interessiert folgen.
Peking ist übel hässlich.
Das sind nach meinem Eindruck und Erzählungen noch weiter herumgekommener Kollegen viele chinesische Städte. Einer der Gründe dafür – nach ihrem Sieg haben die Kommunisten Chinas mit Ausnahme der verbotenen Stadt praktisch alle alte Bausubstanz bewusst beseitigt. Wegen Bourgeoisie oder so.
Eigentlich sind die meisten außereuropäischen Städte eher hässlich. Die schönste südamerikanische Großstadt, die ich gesehen habe, ist Buenos Aires. Da beschweren sich europäische Touristen dann, dass die „zu europäisch“ sei. Die begeistern dort ländliche Gegenden mit möglichst vielen Indigenen und Lamas (Titicaca See).
Die Argentinier halten sich ja auch für Europäer, die nur aus einem historischen Zufall in Südamerika geboren wurden.
ein bisschen anders eher. Früher vermutlich.
Argentinien war lange Zeit das bei weitem entwickelste Land des Subkontinents. In vielerlei Hinsicht: Autobahnen, Städte, Qualität des Schulsystems, Breite der Mittelschicht.
https://www.youtube.com/watch?v=YhTrmYzp4gE
Mir hat mal eine Argentinierin erzählt, wie sie 1972 als junge politisierte Linke Chile besucht hat. Die war schockiert wie unterentwickelt das in der Hauptstadt aussah.
Mir haben Chilenen 10 Jahre erzählt wie eingebildet die Argentinier waren.
Ich war danach 2x in Buenos Aires, 1x mit einer Chilenin. Mehr down-to-earth Freundlichkeit geht nicht. P. war auch begeistert.
Naxh meiner begrenzten historischen Kenntnis waren Argentinien wie Chile vor dem ersten Weltkrieg wirtschaftlich bereits weiter, als weite Teile Südeuropas?
Argentinien gehörte 1895 bis 1910 zu den 3 reichsten Ländern. Aber es gab halt auch viel Armut. Die führende Wirtschaftsmacht England hatte nur sehr wenig eigene Landwirtschaft und importierte massiv Fleisch aus Argentinien und Uruguay. Die USA als Aufsteiger hatte eine starke eigene Landwirtschaft. Das verschlechterte die Terms of Trade aus Sicht Argentiniens und Uruguays.
Chile erlebte 1870 bis 1918 einen Wirtschaftsboom dank des Salpeters, dass in der Atacama Wüste massenhaft vorkam. Man verwendete das als Dünger und auch für Granaten. Ende des WK I gelang einem deutschen Wissenschaftler die synthetische Herstellung von Salpeter. Damit setzte in Chile ein brutaler wirtschaftlicher Niedergang ein.
Populistische Politiker kamen in Argentinien und Uruguay schon in den 1910ern ans Ruder, in Chile 10 Jahre später. Milei bezieht sich in seinen historischen Rants mehr auf Irrigoyen und die UCR-Partei und weniger auf Peron, aber ich halte das für massiv übertrieben. In Uruguay regierte José Batlle y Ordóñez, der mit größter Vehemenz einen Sozialstaat aus dem Boden stampfte. In Chile waren die konkurrierenden Carlos Ibanez und Arturo Alessandri Politiker eines neuen Typs, aber eher rhetorisch Sozialpolitiker.
Ab den 1940ern kam die ISI dazu (Import Substituierende Industrialisierung). American Quarterly hat dazu bezogen auf die Trump Regierung einen völlig lesenswerten Artikel: https://americasquarterly.org/article/failed-protectionism-what-latin-america-can-teach-us/
Montevideo ist auch nicht gerade hässlich.
Ende des Jahres sind wir unter anderem im ecudorianischen Quito, das sehr schön sein soll.
Eigentlich sind die meisten außereuropäischen Städte eher hässlich.
Ja. Das zeigt übrigens exemplarisch, was wir der langen Epoche in Europa verdanken, in der es viele Städte gab. Deren dominierende Schicht der wohlhabende Händler war, der sich seinerseits ästhetisch am Adel orientierte. Und nicht zu vergessen dem Stein als wichtigstem Baumaterial (statt von Holz oder Lehm wie vielfach anderswo auf der Erde).
Gruss,
Thorsten Haupts
Und halt keine Epoche, in der das Alte bedenkenlos weggeholzt wurde.
https://de.wikipedia.org/wiki/Umgestaltung_von_Paris_w%C3%A4hrend_des_Zweiten_Kaiserreichs
gibt schon beispiele dafür :>
Nein.
Vor Hausmann waren da enge Gassen und verfallende Häuser. Hausmann schuf schöne Wohnungen für Reiche an breiten Boulevards. Die Armen mussten in die äußeren Arrondissements oder die hässliche Banlieu umziehen. Die vielen Hausmann-Boulevards sind schon monoton, aber schön.
Heute sind aus vielen Wohnungen der Hausmann Gebäude entkernte Großraum-Büros geworden. Sieht man von aussen nicht.
Zwischenzeitlich verfiehl ein großer Teil der Gebäude des 19. Jhdts wieder, weil es von ca 1900 bis in die 1950er eine krasse Mietpreisbremse gab.
Verloren gingen Anfang der 70er die riesigen Markthallen am rechten Seine Ufer, wo heute dieses unsägliche Forum Les Halles Einkaufszenter steht.
plattgemacht ist plattgemacht.
und nivelierte deutsche großstädte sind auch plattgemacht.
großes feuer von london auch.
vielleicht liegt es einfach wirklich nicht am überragenden europäischen weitblick und dem respekt vor der vergangenheit oder whatever bullshit man spewen will, sondern einfach, wie immer: privilegien, die das erlauben.
mythologisierte privilegien – der blog :>
Was redest du für einen Quatsch?!
quatsch?!
thorsti… thorsti… thorsti…
vergisst du da nicht etwas?
wem genau verdanken wir es, dass gewisse leute ihre geltungssucht architektonisch, entsprechend der aktuellen mode, ausdrücken konnten?
und könnte das damit zu tun haben, dass es in anderen teilen der welt manchmal nicht mehr ganz so schön aussieht?
:>
Kein Zweifel. Es ist halt Wohnturm um Wohnturm.
4)
i) Dort, wo konkreter(!) Schaden entsteht sind „Lügen“ bereits sanktioniert: Ehrdelikte, Volksverhetzung, unlauterer Wettbewerb etc…
ii) In diesen Bereichen wird die falsche Sachaussage schärfer beurteilt als eine Meinungsäußerung (z.B. Verleumdung)
iii) In den letzten Jahren gibt es eine deutliche Tendenz innerhalb der Politik, missliebige Meinungsäußerungen juristisch zu belangen.
iv) Deshalb vermute ich, hier geht es um etwas sehr grundsätzliches: Eine scheibchenweise Rückabwicklung des Lüth-Urteils.
zu iii)
Kannst Du “missliebige Meinungsäußerung” definieren? Ich möchte verstehen, in welchen Fällen Du die angeblich übergriffige juristische Verfolgung beklagst.
Definitionen: „missliebig“: Jemandem (hier Politiker) gefällt etwas nicht, was eine andere Person tut. „Meinungsäußerung“ Jemand verbreitet seine/ihre Ansicht in Wort oder Bild in einem privaten, öffentlichen oder semi-öffentlichen Kontext.
„angeblich übergriffig“ habe ich hier (bisher) nicht beklagt, nur die Sachtendenz ohne Wertung festgestellt. Da wir in diesem Zusammenhang deutlich unterschiedliche Wertmaßstäbe anlegen (Übungsaufgabe: ist das eine Sachaussage oder eine Meinung?) , ist eine Differenzierung zwischen „gerechtfertigter“ und „übergriffiger“ Verfolgung nicht zielführend.
Du definierst “missliebig” als missliebig und “Meinungsäußerung” als Meinungsäußerung. Das ist zwar sachlich nicht falsch, hilft aber der Debatte nicht.
Deshalb geb ich Dir mal ein Beispiel: Die juristische Verfolgung des Internettrolls, der Robert Habeck einen Schwachkopf genannt hat. Ist das eine “missliebige Meinungsäußerung”? Oder ein “Ehrdelikt” (, welches Du oben ebenfalls nicht definiert hast)?
Mal abgesehen davon, dass ich es politisch unklug fand diesen eher bagatellenhaften Fall zu verfolgen – liegt hier offensichtlich nichtsdestotrotz eine Beleidigung vor. Du schreibst, dass die Gesellschaft früher mehr ausgehalten hat. Dass man mehr sagen durfte. Wenn ich als Kind in den 80ern mit meinen Eltern am Tisch beim Abendbrot saß und meinen Vater einen “Schwachkopf” genannt hab, hab ich fett eine gescheuert bekommen. Und das völlig zurecht. “So eine Sprache sprechen wir nicht an unserem Tisch”, hätten meine Eltern gesagt. Aus welchem Grund erlauben wir asoziale Sprache im Internet? Wer sich über Habeck kritisch äußern will, kann das doch auch anständig tun. Und je lauter der Lautsprecher, desto stärker sollte man doch angehalten sein sich am Riemen zu reißen. Ein derber Witz am Stammtisch mit drei engen Freunden, ok. Aber bei der Bürgerversammlung vor zweihundert Leuten? Und dann im Internet mit hunderttausenden Lesern?
Unsere Empfindlichkeit hat sich eigentlich nicht verändert. Aber das Internet hat uns Anstand und Moral genommen und den Asozialsten unter uns ein Megaphon in die Hand gedrückt.
In der Schwachkopf-Sache wurden die Ermittlungen eingestellt. Angeblich wurde im Übrigen „im öffentlichen Interesse“ von Amts wegen ermittelt. Dies ist auch gegen den Willen des „Beleidigten“ möglich. Im vorliegenden Fall hat der Habeck aber schon Anzeige erstattet, aber angeblich erst nach dem Start der Ermittlungen. mittlerweile erging wohl Strafbefehl wegen Volksverhetzung und Nazi-Symbolen im Internet, also anderer Sachen, jenseits vom Habeck.
Der armselige Rentner und Wutbürger wird inzwischen offenbar von der AfD „betreut“, namentlich auch anwaltlich. Dementsprechend kommt es wohl zur Hauptverhandlung (nach Widerspruch gegen den Strafbefehl), also zum großen AfD-Kino.
Ansonsten geht das Internet mit all seinen Facetten nicht mehr wech; es ist also ganz egal, was man darüber denkt. „Meine“ Studienräte haben seinerzeit (so Ende 60er) sich noch heftig über all das Schädliche am Fernsehgucken ereifert. Letzteres war damals noch relativ frisch mit drei ÖR-Programmen und ist trotz der Kulturkritik auch nicht mehr verschwunden.
Aber immerhin benutzen die armseligen Wutbürger heutzutage im Netz ja i.d.R. offenbar keine wirksamen Versteck-Technologien wie der Putin^. Die dürften also das geringste Problem sein.
Wenn Sie gar keine Definitionen wollen, warum fragen Sie diese an ? Und von der ursprünglichen Frage nach Tatsachenbehauptung versus Meinung kommen wir immer weiter weg. Sei es drum…
Das Beispiel Ihres Vaters macht an zwei Punkten deutlich, wie sich die „Wertedifferenzen auswirken.
Bemerkung1: Ich kenne Ihren Vater nicht und verwende ihn nur als „Symbolfigur“ für weitere Analogien.)
Bemerkung2: Die Tatsache, dass die heutige Gesellschaft Ihrem Vater genauso deutlich gemacht hätte „So ein Verhalten (Schlagen der Kinder) wollen wir nicht in unserem Land.“ führt nun endgültig zu weit.
Der erste Punkt ist das Autoritätsverhältnis. Wenn nicht sein Sohn, sondern ein Nachbar Ihren Vater als „Schwachkopf“ tituliert hätte, wäre dieser wohl ungestraft ‚durchgekommen‘. Nun ist das Verhältnis zwischen Staatsvertreter und Bürger im liberalen Staat nicht autoritär (Vater/Sohn) sondern auf Augenhöhe.
Der zweite Punkt ist die Verhältnismäßigkeit: Würde – um das Beispiel weiterzuspinnen – Ihr Vater seinen „Schwachkopf“ – plärrenden Nachbarn anzeigen, käme dabei wegen Geringfügigkeit nichts heraus. Bei einer schwerwiegenden Verleumdung wie im „Kinderschändung“ Beispiel von Thorsten Haupts weiter unten, sähe die Sache anders aus. International gesehen ist Deutschland jedenfalls, was Sanktionieren von Beleidigungen betrifft, in der oberen Gruppe.
Was die Verwendung von Beleidigungen im breiten öffentlichen Rahmen betrifft, so irren Sie – da war die Politik deutlich robuster, sei es Strauss‘ „Ratten und Schmeißfliegen“, sei es Fischers „Arschloch“, sei es die „Nazi“-Inflation der APO.
Und wo wir bei der Vergangenheit sind, hier ein Lösungsvorschlag: Vor fast 50 Jahren hatte die Klasse 1b einer Grundschule das rhetorische Konzept des „Gummispiegels“ entwickelt, der alles was an Beleidigungen auf jemanden geworfen wird, an diesen zurückprallt.
Mir ist unklar, woraus Du schließt, dass ich keine Definitionen will. Eben weil ich Definitionen will, hab ich Dir ein konkretes Beispiel genannt, da ich nicht weiß, ob dies von Dir als legitime Meinungsäußerung oder als eine zu sanktionierende Beleidigung gesehen wird. Ich vermute, Deine Beobachtung, dass unsere Gesellschaft hypersensibel geworden ist – eine Beobachtung, die ich bestreite – beruht auf einer exzessiven Auslegung dessen, was eine legitime Meinungsäußerung ist.
Zum Schwachkopf:
Nein – auch der Nachbar wäre nicht einfach davongekommen, wenn er meinen Vater “Schwachkopf” genannt hätte. Unsere Gesellschaft goutiert solches Verhalten nicht. Jemanden im Nachbarschaftsverhältnis “Schwachkopf” zu nennen, geschieht normalerweise an dem Punkt, an dem die Beziehung zum Bewohner nebenan terminal zerrüttet ist. Nach Wochen, Monaten oder Jahren Zank und Streit. Es ist der Punkt, an dem man den Kontakt abbricht. In keinster Weise empfinden Bürger es als legitim, normal oder empfehlenswert Mitmenschen als “Schwachkopf” zu bezeichnen – am allerwenigsten, wenn sie selbst betroffen sind. Eine Beleidigung hat vielleicht keine juristischen Konsequenzen. Aber sie hat schwere gesellschaftliche Konsequenzen.
Ähnlich sieht es z.B. im Beruf aus. Wenn ich einen Kollegen “Schwachkopf” nenne – egal ob das Opfer mein Chef, mein Untergebener oder ein Peer ist – finde ich mich eine Stunde später im Büro von HR wieder. Zurecht. Dort wird man mir erklären, dass man von mir erwartet, dass ich mich entschuldige und dass im Betrieb solche Sprache nicht toleriert wird. Wenn ich mich uneinsichtig zeige und weiter Kollegen beleidige, bin ich meinen Job los.
Der einzige Ort, wo man wirklich sanktionsfrei drauflos beleidigen und hetzen darf, ist das Internet. Im Internet spielt fast garnichts eine Rolle. Und das ist irre. Denn im Internet lesen Hunderte, Tausende, Zehntausende, möglicherweise Hunderttausende mit. Der angerichtete Schaden – die Erniedrigung und zerstörte Reputation – ist damit unendlich viel größer, als bei einem Nachbarschaftsstreit zwischen zwei Leuten, von dem sonst niemand etwas mitbekommt.
Wir haben im StGB § 186, also „Üble Nachrede“.
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__186.html
In den USA gibt es ein „deffamation“ Gesetz.
https://codes.findlaw.com/us/title-28-judiciary-and-judicial-procedure/28-usc-sect-4101/
Die Richter waren in Deutschland angehalten, es mit dem § 186 im Internet nicht so eng zu sehen, um die Amateure vor den Pros zu schützen. Die Pros wissen, wann die Grenze von einer Meinungsäußerung zur Tatsachenbehauptung überschritten wird.
Angesichts von dem was in den letzten Jahren gegen Amtsträger so abging, war das aus meiner Sicht ein Fehler.
Ja
Da ist doch einiges schräg in Ihren Vergleichen.
Beginnen wir mit dem arbeitsrechtlichen Aspekt: Allein einen Kollegen als „Schwachkopf“ zu bezeichnen, reicht in den seltensten Fällen für eine Kündigung aus. Auch kann der Arbeitgeber keine Entschuldigung erzwingen. Vor allem kann er sie nicht zur Bedingung für das Unterlassen weiterer Maßnahmen machen, die ihm gar nicht zur Verfügung stehen.
Formal rechtfertigt eine solche Beschimpfung eine Abmahnung, die bei weiterem Fehlverhalten zu einer Kündigung führen kann. In der Konsequenz ist aber eine Abmahnung arbeitsrechtlich (fast) gar nichts.
Das vergleichen Sie mit einer Hausdurchsuchung, Gerichtsverfahren und erheblicher Geldstrafe. Darin zeigt sich eine völlige Verzerrung der Verhältnisse.
Der viel weiterreichende Aspekt ist der der Missachtung der verfassungsrechtlichen Abwehrrechte. Es zeigt ein ausgeprägtes Untertanendenken. Der erste Teil des Grundgesetzes wurde explizit als Abwehr und Schutz des Bürgers vor dem Staat geschrieben. Das Recht zur freien Meinungsäußerung ist sehr weit gefasst und Vertreter des Staates, die Macht über den Bürger (nicht umgekehrt!) ausüben, müssen sich an Meinungsäußerungen wesentlich mehr gefallen lassen als die Bürger unter- und gegeneinander. Das geht bis hin zu Beleidigungen, ja! Kanzler und Minister sind hier nicht als Individuen zu sehen, sondern höchste Repräsentanten des Staates. Dafür nehmen sie ja für sich selbst weitergehende Rechte in Anspruch. Sie sind immer im Dienst (also eben kein Individuum), weswegen sie die Institutionen des Staates zu jeder Stunde des Tages nutzen dürfen.
Rechte, die der Bürger bezahlt. Umgekehrt gefragt: Hätte ein Gericht eine Hausdurchsuchung wegen eines öffentlichen Tweets genehmigt, wenn der Betroffene nicht ein Minister, sondern ein Unternehmer im Ort gewesen wäre? Mit Sicherheit nicht.
Und wie wäre es gewesen, wenn ein Unternehmer einen Mitarbeiter als Schwachkopf tituliert hätte? So wie bei jedem anderen Bürger auch: Der Beleidigte hätte Beweis führen müssen, woraufhin eine Geldstrafe verhängt worden wäre. Geringfügig.
In der Causa Habeck/Schwachkopf war nichts geringfügig. Wer hier Recht sieht, hat ein Staatsverständnis, das nicht mit den Absichten des Grundgesetzes übereinstimmt.
Dazu noch ein aktueller Fall, wo ich auf Ihre wie Stefans Position gespannt wäre: Das schwarz-grün regierte Land Nordrhein-Westfalen hat aufgrund zahlreicher gewalttätiger Übergriffe auf Lehrer einen Leitfaden herausgegeben, der Vertretern des Staates dringend empfiehlt, bei Gewaltäußerungen den Rückzug anzutreten („Entfernen Sie sich aus dem Gesichtsfeld“). Gleichzeitig soll auf weiterreichende Disziplinarmaßnahmen wie Schulverweise nach Möglichkeit verzichtet werden und der angegriffene Lehrer soll deeskalierend wirken.
Vielleicht hätte Habeck auch deeskalierend wirken sollen.
Formal rechtfertigt eine solche Beschimpfung eine Abmahnung, die bei weiterem Fehlverhalten zu einer Kündigung führen kann.
Exakt das hatte ich oben geschrieben … 😉
Nordrhein-Westfalen hat aufgrund zahlreicher gewalttätiger Übergriffe auf Lehrer einen Leitfaden herausgegeben, der Vertretern des Staates dringend empfiehlt, bei Gewaltäußerungen den Rückzug anzutreten („Entfernen Sie sich aus dem Gesichtsfeld“). Gleichzeitig soll auf weiterreichende Disziplinarmaßnahmen wie Schulverweise nach Möglichkeit verzichtet werden und der angegriffene Lehrer soll deeskalierend wirken.
Unmittelbar in einer akuten Bedrohungssituation ist es richtig deeskalierend zu wirken. Wenn jemand mit einem Messer vor mir steht, versuche ich auch zu beruhigen und nicht den Helden zu spielen. Nach Ende der akuten Bedrohungslage müssen bei Gewalt oder Gewaltandrohung aber spürbare Sanktionen folgen – Sanktionen, die auch von Mitschülern gesehen werden. Die Erfahrung muss für jeden Schüler sein, dass Gewalt nicht toleriert, nicht hingenommen wird.
Ob der Schulverweis dafür die richtige Antwort ist, weiß ich nicht. Der Schüler verschwindet dadurch ja nicht. Er ist dann an einer anderen Schule. Und wenn sein Gewaltverhalten chronisch ist, dann wird er dort erneut gewalttätig. Woraufhin man ihn wieder auf eine andere Schule abschieben muss. Oder man schließt ihn völlig aus dem Schulbetrieb aus. Dann bedroht er statt Lehrer in der Schule, Passanten auf der Straße, wird zum Dauerfall für die Justiz, und wird mit Sicherheit zum Dauerfall für das Arbeitsamt.
Letztlich muss man im Einzelfall abwägen. Gewalttätige Jugendliche sind ein extrem komplexes Problem, das man nicht mit ein paar markigen Worten in einem Online-Blog lösen kann. Ein guter Freund von mir ist Lehrer an einer Sonderschule. Dort passieren Fälle, bei denen sich mir die Haare sträuben. Es ist frappierend, was dort noch “toleriert” wird – wieviel Chancen manchen Kindern gegeben werden. Es gibt aber auch immer wieder Erfolge, wo Kinder, die alle als kategorisch unintegrierbar betrachtet haben und die bereits als Teenager eine Spur der Gewalt und Verwüstung hinter sich gezogen haben, am Ende ihren Hauptschulabschluss schaffen und mit gemäßigter Persönlichkeit ins Berufsleben eintreten. Ich überlasse deshalb Entscheidungen über die angemessensten Sanktionen lieber den Fachleuten als meinem Bauchgefühl. Aber eine Sonderschule, die den psychisch angeschlagenen und oft in dysfunktionalen Familien traumatisierten Bodensatz der Jugendlichen aufnimmt, ist sicher ein anderer Fall als eine reguläre Schule, wo klare Regeln durchsetzbarer sind und man damit rechnen darf, dass sich die Schüler anpassen.
Exakt das hatte ich oben geschrieben …
Na, Sie waren wesentlich softer, wenn der sich entschuldigt und verspricht, zukünftig lieb zu sein, dann kann man darüber hinwegsehen. Wenn nicht, dann gibt es die Kündigung. Okay, Sie kennen meine Sprache. 😉 Das ist nicht so. „Schwachkopf“ allein ist noch kein Kündigungsgrund, egal ob mit oder ohne Entschuldigung. Eine Kündigung, so das BAG, ist immer das letzte, äußerste Mittel. Schwachkopf ist da zu schwach, insbesondere wenn man das zu einem Controller sagt, der sich um ein paar Millionen verrechnet hat. Oder einen in der Führung, der meint, wenn kein Geld mehr zum Produzieren da sei, dann sei das noch keine Insolvenz. In solchen Fällen kann man durchaus ungestraft von „Schwachkopf“ sprechen.
Zurück zu Habeck: Es kommt ganz wesentlich darauf an, welches Bild wir von unserem „liberal“ angelegten Staat haben. Habeck als Vertreter des Staates, hat, wie auch Staatsanwälte, die sich im amerikanischen Fernsehen über jene lustig machen, die sie bezahlen, die geballte Macht des Staates hinter sich. Im Zweifel muss er nicht einmal für seinen Rechtsstreit und die Folgen finanziell geradestehen. Der einfache Bürger muss das und bekommt es im Zweifel auch nicht ersetzt, sollte er gewinnen.
Wer ist da schützenswerter? Die Väter des Grundgesetzes haben diese Frage ganz klar beantwortet.
Sie sind genauso wie ich in den Siebziger- und Achtzigerjahren erzogen worden. Von den Eltern hätte es ein Paar hinter die Löffel gegeben, hätte man nur gegen den Lehrer gemuckt. Wenn heute Schüler echte Bedrohungen ausstoßen oder gar handgreiflich oder mit Messern auf Lehrer zugehen, dann ist es längst nicht mehr mit mahnenden Worten getan.
Es sind praktisch ausschließlich Migrantenkinder. In ihrem Herkunftsland hätten sie sich das nicht getraut. Das heißt, sie erkennen die deutschen Autoritäten nicht an. Glauben Sie wirklich, den Respekt vor unseren staatlichen Autoritäten (sic!) – Polizei, Richter, Lehrer – bekommen Sie rein mit ein paar leichten Erziehungsmaßnahmen?
Würde so jemand den eigenen Vorgesetzten bedrohen, stände die fristlose Kündigung. Würde er das bei der eigenen Frau machen, käme es zur Härtefallscheidung. Würde er es gegenüber fremden Frau machen, stände eine Gefängnisstrafe.
Aber im Schulbereich reicht gutes Zureden?
Ich habe von spürbaren Sanktionen, nicht von gutem Zureden gesprochen.
Das kann ein Jahr verpflichtende Sozialarbeit am Wochenende sein. Das kann – bei entsprechendem Alter – der Führerscheinentzug für ein Jahr sein. Ich finde, das sollte – wenn umsetzbar – auch die Sperrung des Smartphones oder der Ausschluss aus dem Internet für ein Jahr sein können.
Und ja – es kann auch der Schulverweis sein. Ob das eine zielführende Option ist, können Fachkräfte aber besser entscheiden als ich und dafür bedarf es der Kenntnis des individuellen Falls.
Es gibt Leute, bei denen reicht ein Schuss vor dem Bug. Es gibt Leute, bei denen muss es schmerzen. Es gibt Leute, die sind unverbesserlich. Das muss immer eine Einzelfallentscheidung sein.
Wir reden hier von Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen, die außerhalb von Kriegsgebieten völlig unüblich für Heranwachsende sind. Mit anderen Worten: Mit Billigung oder sogar Unterstützung der Eltern ist enorm viel aus dem Ruder gelaufen.
Da ist es nicht mit ein paar Korrekturen getan. Im ersten Sanktionspaket können wir uns sicher noch einigen. Aber wer erzieht, wer leitet, wer führt, muss in der Lage sein, seine Sanktionsmöglichkeiten zu eskalieren. Was, wenn jemand trotz zugegeben harter Sanktionierung nicht in die Spur kommt? Der wehrhafte Staat muss auch bis zum Äußersten eskalieren können. Das bedeutet konkret, wenn die Eltern solcher Kinder nur geduldet sind – also keinen legalen Aufenthaltsstatus haben – wird das kriminelle, gewalttätige Verhalten auch dies beeinflussen müssen. Bis hin zum Verlust der Duldung.
Ich glaube, an dieser Stelle laufen wir in der Bewertung auseinander. Und haben einen Streitpunkt. 😉
Bei Familien, die in Deutschland lediglich geduldet sind und deren Kinder Intensivtäter sind oder sich in terroristischen Gefährderkreisen bewegen, bin ich da bei Ihnen.
Allerdings sind das Extremfälle. Die typischeren “Normalfälle” bedürfen der individuellen Betrachtung. Ich hab als Kind auch viel Unsinn gemacht, auf den ich heute nicht stolz bin. Letztlich muss man im Einzelfall abwägen, wo normales jugendliches Gehabe, das einmal deutlich über die Stränge geschlagen hat, aufhört und wo gefährliches kriminelles Verhalten – möglicherweise irgendwann sogar chronisches Verhalten – anfängt. Die Fachleute in den Schulen haben damit mehr Erfahrung als ich.
@Ralf
Okay, da sind wir zu dicht beieinander, als dass sich der Streit noch lohnt. Ganz klar, es geht nicht um etwas über die Strenge schlagen, was in einem bestimmten Alter normal ist, sondern schwere Gewalttaten und kriminelle Akte bei Kindern und Teenagern. Es gibt Punkte, da wird ein Schuss vor den Bug keine Verhaltensänderung bewirken.
Wie gesagt, da gibt es Verhaltensweisen, die würden in den Herkunftsländern niemals geduldet. Nicht von den Eltern und nicht von der Gemeinschaft. Dann sind Menschen nicht integrierbar.
Andere Schulen müssen einen verwiesenen Schüler nicht zwingend aufnehmen.
Könnten Sie den konkreten Leitfaden nennen oder verlinken, auf den Sie sich beziehen?
Kein Problem, nur hätten Sie das schneller gekonnt als hier den Kommentar abzusetzen:
https://www.welt.de/politik/deutschland/article255937078/Vermeiden-Sie-Eskalation-NRW-Ministerium-veroeffentlicht-Leitfaden-zu-Gewalt-an-Schulen-und-raet-Lehrern-zur-Flucht.html#:~:text=Das%20Bildungsministerium%20in%20NRW%20hat%20einen%20neuen%20Leitfaden,angegriffen%20werden.%20Einleitend%20wird%20das%20grunds%C3%A4tzliche%20Problem%20deutlich.
https://www.schulministerium.nrw/system/files/media/document/file/leitfaden_sicher_handeln_bei_gewalt.pdf
@ cimourdain
Verglichen mit dem, was sich Willy Brandt und Herbert Wehner, Franz-Josef Strauß und auch noch Helmut Kohl folgenlos anhören durften, ist „Schwachkopf“ eine Schmeichelei.
i) Ehrdelikte und konkreter Schaden…? Das ist schon spannend.
Schon. Wenn man Dir z.B. Kinderschändung unterstellt, kann das erheblichen Schaden nach sich ziehen. Die meisten Menschen sind in einem Ausmass gerüchteanfällig, das ich mit 25 nie geglaubt hätte.
Ich dachte das läuft unter Verleumdung. Diese Ehrdelikte habe ich mehr mit Beleidigungen. Das übliche „du Arschloch“ oder so was.
Zur Systematik im deutschen Strafrecht: Alles drei sind Ehrdelikte: Beleidigung ist eine ehrverletzende Meinungsäußerung (X ist ein Schwachkopf), üble Nachrede ist eine falsche Tatsachenbehauptung (X hinterzieht Steuern), Verleumdung ist eine falsche Tatsachenbehauptung wider besseren Wissens (X hat mich vergewaltigt).
Danke!
Doch, doch. Verleumdung ist auch ein Ehrdelikt, wie Beleidigung. Man muss sich die Ehre ja dualistisch denken. Es gibt das Innere (Selbstachtung/Würde), das ist der Arschloch-Fall, und es leuchtet doch eigentlich ein, dass auch hier bei Verletzung ein Schaden entsteht, und das Äußere (gesellschaftliche Reputation/Leumund, wovon sich ja etymologisch „Verleumdung“ ableitet), da ist dann eine dritte Partei involviert (die Leut halt, wer auch immer), bei der ggf. angeschwärzt/ verächtlich gemacht wird. Tateinheit ist da wohl auch denkbar^.
Was bedeutet heutzutage noch „Ehre“? Offenbar hängt es an der Begrifflichkeit – und der Absicht zu kränken/schädigen.
All das, was allein hier im Blog über Angela Merkel gesagt wurde , hätte mit anderen Worten (bei gleichem Inhalt) für viele Klagen gereicht.
Ihr Kommentar: „Wenn ich da immer gleich eingeschnappt wäre, könnte ich keine drei Tage Bundeskanzlerin sein.“
Für mich ist das entscheidende Kriterium die Reichweite. Wenn ich mit Dir in einer Kneipe sitze und ich im mich im Vieraugengespräch beleidigend über Angela Merkel äußere, ist der Schaden für die ehemalige Bundeskanzlerin marginal. Sprache in diesem eingeschränkten Kontext zu regulieren oder zu limitieren, ist weder praktisch möglich noch wünschenswert.
Fundamental anders ist das im Internet. Da werden Beleidigungen gegebenenfalls von Hunderttausenden gelesen, kommentiert, amplifiziert und in Shitstorms in immer heftigere Exzesse getrieben. Zumindest muss ich davon ausgehen. So wie ich als betrunkener Barbesucher nicht in mein Auto steigen darf – auch wenn die reale Wahrscheinlichkeit, dass ich jemanden verletzen werde, vermutlich sehr klein ist. Das Risiko für schweren Schaden ist einfach zu groß. Nicht tolerierbar. Und ja – im Internet vor Hunderttausenden gedemütigt und erniedrigt zu werden, stellt schweren Schaden dar. Zur Erinnerung: Kinder haben sich nach Mobbing im Internet umgebracht. Ärzte, die in der Coronazeit helfen wollten, haben sich nach Mobbing im Internet umgebracht. Presse und Journalisten werden angegriffen. All das während sich Politiker und Bürgermeister teilweise nur noch unter Polizeischutz aus dem Haus trauen können und sich wegen der Angriffe und Anfeindungen reihenweise aus dem Politikbetrieb zurückziehen.
https://x.com/DavidGriscom/status/1912254871857668364
für jeden, den der degenerierte zustand der demokratischen partei interessiert.
Muss man da unbedingt ein Portal verlinken, das einem demokratiefeindlichen Faschisten gehört, der aktiv daran arbeitet unsere Freiheit zu zerstören?
screenshots kann man hier ja glaube ich nicht posten 🙁
und trump, musk, die oligarchen sind nunmal der preis, den wir alle zahlen müssen für die rechnung, die die neoliberalen trottel uns beschert haben, weil sie endlos an einem schrottsystem festgehalten haben.
[Menschenfeindliche Sprache wird nicht geduldet. – Der Betreiber]
@ Ralph
@ Stefan Pietsch
Familien wegen Delinquenz von Kindern ausweisen? Ernsthaft?
Es gibt viele Beispiele verzweifelter Eltern, die sich bei Beratungsstellen melden, weil sie keinen Einfluss auf ihr Kind mehr haben. Sippenhaft kann es in einem Rechtsstaat nicht geben.
Auch das Kriterium „Reichweite“ überzeugt mich nur bedingt. Verächtlichmachung durch gekonnte Umschreibung oder Vergleiche (auch in in sogenannten Kabarettsendungen oder Talkshows) kann schlimmer sein als das plumpe „Dummkopf“. Bestraft soll also nur werden, wer den elaborierten Code nicht beherrscht?
Deshalb finde ich Merkels Gelassenheit zielführender.
Schön alles in einen Topf und kräftig umrühren. Schon sind alle Unterschiede getilgt.
Es ging um eine, zugegeben gar nicht so kleine Gruppe von Migranten, die kein legales Aufenthaltsrecht besitzen, sondern aus humanitären Gründen geduldet sind. Sie haben keine Perspektive Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Doch Humanität ist wie Solidarität keine Einbahnstraße!
Eltern haften für ihre Kinder! Wer Kinder hat, übernimmt zusätzliche Verantwortung. In Deutschland kann man diese Verantwortung sogar abgeben. Aber wer seine Kinder nicht erzieht oder so erzieht, dass sie keine Mitglieder einer Gesellschaft durch Anpassung werden können, laden der Gemeinschaft eine hohe Bürde auf: Schwere Schäden durch Gewaltdelikte (Mord, Vergewaltigung, Raub, Diebstahl), finanzielle Schäden, Transferleistungen. Sie könnten längst diese massiven Schäden sehen, ziehen es aber weiterhin vor wegzuschauen. Sie sehen hier, aber nur hier, das Elend von Illegalen, aber nicht die Nöte der Gemeinschaft.
Wir müssen nicht jeden dulden.
„Eltern haften für ihre Kinder!“
Nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzen. Wenn es sich im Einzelfall (Rechtsstaat!) herausstellt, dann ja.
Also kein automatischer Familiennachzug für die eigenen Kinder? Wer keine Verantwortung für das Handeln übernehmen kann, kann daraus auch keine Vorteile ziehen. So handhaben es die meisten mir bekannten demokratischen Rechtstaaten.
Sie müssen sich schon entscheiden, welchen Tod Sie sterben wollen. Einen Tod müssen Sie immer sterben, Sie können manchmal nur wählen welchen. Ihre Argumentation führt zu dem, was ich in den vorherigen Sätzen skizziert habe. Doch ich vermute, auch das wollen Sie nicht akzeptieren. Richtig vermutet?
@ CitizenK
Es gibt viele Beispiele verzweifelter Eltern, die sich bei Beratungsstellen melden, weil sie keinen Einfluss auf ihr Kind mehr haben.
Ich bezweifele, dass es da so viele Fälle verzweifelter Eltern gibt – also verglichen mit dem Prozentsatz der Eltern, die einen destruktiven Einfluss auf ihre Kinder ausüben, indem sie entweder nichts tun oder ihre Kinder aktiv oder passiv in ihrem Tun bestärken. Die sozialen Probleme der Eltern – Alkoholsucht, Drogensucht, psychische Hürden, Traumata – sind nicht selten die zugrundeliegende Ursache für die Handlungen der Kinder.
Zu “Sippenhaft”: Das ist ein schwieriges Thema. Ich selbst komme für mich mehr und mehr zum Schluss, dass in unserer Gesellschaft nicht alle dieselben Rechte und Pflichten haben sollten. Ich habe lange mit mir gehadert, bis ich mir das eingestehen konnte. Der deutsche Staat hat die Aufgabe die Rechte und Interessen der deutschen Staatsbürger zu schützen und gibt diesen breite und manchmal ausufernde Möglichkeiten dazu (Recht auf Revision vor Gericht, solide Unterstützung bei Arbeitslosigkeit, Recht auf freie Wahl des Wohnorts etc., um nur mal einige zu nennen). EU-Verträge verpflichten uns EU-Ausländer wie Deutsche zu behandeln. Ich bin vehementer Anhänger der EU und unterstütze das voll. Ausländische EU-Bürger sollen und müssen aus meiner Sicht dieselben Rechte und Pflichten genießen wie deutsche Staatsbürger und wenn sie in Deutschland leben, ist es die Pflicht des deutschen Staates ihre Interessen in vollem Umfang zu schützen, so wie wir die Interessen der eigenen Staatsbürger schützen. Dann kommen Nicht-EU-Ausländer, die einen legalen Aufenthaltstitel in Deutschland haben: Menschen, die wir oft selber aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation angeworben haben. Aus meiner Sicht sollte der Staat auch hier Großzügigkeit zeigen. Wer legal mit türkischem, US-amerikanischem oder australischem Pass nach Deutschland eingereist ist, sollte ebenfalls die volle Palette an Rechten und Pflichten genießen.
Illegale Migranten sind aber ein völlig anderes Thema. Der deutsche Staat hat diese Menschen nicht hierhin gebeten und hat folglich keine moralische Verantwortung für sie. Diese Menschen haben unserer Gesellschaft meist nichts zu geben, produzieren aber horrende Kosten. Ich bin dennoch – und da liegt vermutlich ein Unterschied zu Herrn Pietsch – grundsätzlich offen für die Option eines “Spurwechsels”. Migranten, die aktiv zeigen, dass sie sich assimilieren wollen, dass sie ein Teil unserer Gesellschaft werden wollen, dass sie einen Beruf lernen wollen, den wir brauchen, sind aus meiner Sicht herzlich willkommen – und sollten Kandidaten für einen legalen Aufenthaltstitel mit allen Rechten und Pflichten sein. Aber das sind leider nur sehr wenige, die in diese Kategorie fallen. Zumindest ist das mein Eindruck. Der Rest macht hier in erster Linie Probleme. Im besten Fall indem sie lediglich ein Loch in unsere Sozialkassen reißen. Im schlimmsten Fall indem sie zu einem kriminellen oder terroristischen Faktor werden. Ich halte es für legitim, wenn insbesondere in diesem letzteren Fall unsere Gesellschaft in Abwägung unserer eigenen Interessen gegen die Interessen der Störenfriede zum Entschluss kommt, dass diese gehen müssen. Und da Kinder schlecht ohne Begleitung und ohne verantwortliche Person im Zielland abgeschoben werden können, müssen die Eltern dann halt mitgehen. Was ist denn die Alternative?
Sogar Geduldete durften in der Vergangenheit ihre Kinder im Rahmen der Familienzusammenführung nachholen. Gegen diese Form der Sippenhaft hat CitizenK keine Einwände. Aber man kann ein Problemfeld nicht immer nur in eine Richtung betrachten.
So weit wir politisch auseinanderstehen und ich manche Ihrer Positionen verfassungsrechtlich für fragwürdig halte, so respektiere ich doch zwei Dinge sehr:
– In Bezug auf Russland haben Sie Ihre frühere russlandfreundliche Position völlig revidiert.
– Bei der Migration haben Sie aufgrund der Entwicklung der letzten 10 Jahre eine Kehrtwende vollzogen.
Solche Veränderungen der eigenen politischen Positionen, die ja in Konflikt mit Wertüberzeugungen stehen, fallen jedem außerordentlich schwer. Es zeugt von politischer Reife, dies vollziehen zu können.
Vor rund vier Jahren fragte ich CitizenK, ob nicht das sozialdemokratisch regierte Dänemark Vorbild für Deutschland sein könne. Seine Antwort damals war, dass er hoffe, eine solche Kursänderung nicht vollziehen zu müssen. Leider unterließ ich es zu fragen, was denn passieren müsse, damit er seine Position revidiert.
Eine Regierung später sind sämtliche migrationspolitischen Daten signifikant schlechter geworden: Der Anteil von Migranten begangenen schweren Gewaltdelikte steigt auf immer neue Höhen, angsteinflößende Gewalttaten wie Gruppenvergewaltigungen und Messerstechereien sind geradezu explodiert, die Transferausgaben für Flüchtllinge setzen die sozialen Sicherungssysteme und Kommunen unter Stress, die Beschäftigung insbesondere in höher qualifizierten Bereichen bleibt Welten hinter dem Anteil Einheimischer zurück. Und nicht zuletzt hat die AfD ihre Stimmen mehr als verdoppeln können und gefährden die Stabilität des demokratischen Systems.
Trotzdem ist keine Anpassung der politischen Positionierung bei politisch Interessierten wie Stefan und CitizenK auszumachen.
Ich bin tatsächlich gegen das Prinzip des Spurwechsels, weil es geradezu zum Missbrauch einlädt. Wer einwandert, sollte wissen, was er ist: politisch verfolgt oder Anbieter qualifizierter Fähigkeiten. Das Konzept des Spurwechsels ermöglicht dem Gros jener, die in keine der beiden Gruppen fallen, durch geschicktes Lavieren dennoch einen dauerhaften Aufenthaltsstatus zu erhalten.
Kein Prinzip ohne Ausnahme: Es kann nicht klug sein, Menschen auszuweisen, die nicht nur gut integriert (Sprachkenntnisse, Wertübernahme) sind, sondern auch einen überdurchschnittlichen Beitrag zum Pro-Kopf-Einkommen leisten. Doch umso härter und konsequenter muss ein Staat bei der Ausweisung nicht Berechtigter agieren. Genau daran mangelt es.
Verächtlichmachung durch gekonnte Umschreibung oder Vergleiche (auch in in sogenannten Kabarettsendungen oder Talkshows) kann schlimmer sein als das plumpe „Dummkopf“. Bestraft soll also nur werden, wer den elaborierten Code nicht beherrscht?
Ja.
Kabarett ist eine Kunstform und ein Nischenprodukt. Wie oft ist es denn in der Vergangenheit vorgekommen, dass eine Show von Richling, Rether oder Pispers zu Morddrohungen oder Angriffen gegen die Verulkten geführt hat? Wie viele Bürgermeister sind aus Angst wegen Nuhr, Schmickler oder Priol zurückgetreten?
Es ist die Flut der Asozialen im Internet, die die gesellschaftliche Debatte vergiftet, nicht die kleine Handvoll erfolgreicher Kabarettisten.
Die ehemalige Kanzlerin wird öffentlich beschuldigt für fast alle Probleme, die wir gegenwärtig haben. Wenn es nicht Bösartigkeit war (und das meinen nicht mal ihre schärfsten Kritiker), dann bleibt nur: Unfähigkeit, also auch eine Form von Dummheit. Sie einen „Dummkopf“ zu nennen, wäre justiabel. Es liegt also im Begriff. Wo ist die Grenze zwischen Kritik und Beleidigung?
Wer sich selbst kennt und mit sich im Reinen ist, an dem prallen platte Beleidigungen ab. Üble Nachrede oder gar Verleumdung sind etwas anderes. Drohungen, gar mit Mord (Deine Beispiele) noch einmal etwas völlig anderes.
Das Internet, auch das zum Mitmachen (siehe wir hier) geht nicht mehr weg. Ein Anfang wäre, wenn die seriösen Medien (auf die Du ja hoffst) nicht jeden Pups im Netz sofort verstärken würden.
@ CitizenK 19. April 2025, 16:05
Die ehemalige Kanzlerin wird öffentlich beschuldigt für fast alle Probleme, die wir gegenwärtig haben.
Von der Flüchtlingszuwanderung abgesehen „nur“ dafür, sie durch 16 lange Jahre Ignorieren und Unterlassung schlimmer gemacht zu haben.
Wenn es nicht Bösartigkeit war (und das meinen nicht mal ihre schärfsten Kritiker), …
Zustimmung!
… dann bleibt nur: Unfähigkeit, …
Ich denke da eher in die Richtung „Bequemlichkeit“.Schröder hat seinen Job aufgrund der Agenda 2010 verloren – warum sollte Merkel das sehenden Auges nachmachen? Bequemer war es, sich auf etwas weniger Bedeutendes zu konzentrieren und Probleme wie Bürokratie, Rente oder Zuwanderung zu ignorieren.
Ich will auch immer wieder betonen: das war Vox Populi! Die Wählendenschaft WOLLTE das so.
Nö. Das ist eine Legende.
Schwarz-Gelb bekam 2009 mit der klaren Forderung nach Verlängerung der Laufzeiten für Atommeiler eine Mehrheit. Auch in Umfragen äußerte sich eine Mehrheit aufgeschlossen. Obwohl die Agenda deutliche Widerstände bei den üblichen Maulhelden erzeugte, erzielte Schröder ein gutes Wahlergebnis und das neoliberale Wahlprogramm der Union 36 Prozent. Es gibt ja die Ansicht, hätte Schröder 2005 nicht „die Nerven verloren“, wäre er wiedergewählt worden.
Weder die Euro-Rettungspolitik noch die Migrationspolitik Merkels hatten je eine substanzielle Mehrheit über den Augenblick hinaus. Doch genau für den Augenblick („Auf Sicht fahren!“) regierte Merkel.
Der Atomausstieg war 2011 massiver Konsens. Die Flüchtlingspolitik 2015 genoss 2015 auch breite Zustimmung. Selbst die BILD jubelte „Refugees Welcome“! Dass sich die Stimmung drehte, ist unbestritten, aber das ist natürlich die Crux der Politik, dass sie solche Wechsel nur bedingt mitziehen kann.
Ich schrieb von Momentaufnahmen. Diese sind nicht fundiert, sondern von einschneidenden Ereignissen geprägt. So war 1990 auch eine Mehrheit dafür, die Steuern zur Finanzierung der Deutschen Einheit zu erhöhen. Davor und danach gab es keine Mehrheiten.
So war es auch mit dem Atomausstieg. Seit den Neunzigerjahren hatte die Ablehnung der Kernkraft immer mehr abgenommen. Ich kann mich an eine Umfrage aus dem Jahr 2009 erinnern, wo eine relative Mehrheit – so 50:38 (nagel mich nicht fest) für eine Verlängerung der Laufzeiten war. Das änderte sich in Folge von Fukushima radikal – sogar bei Leuten wie mir, sogar in Japan. Genau deshalb erinnerten Grüne danach auch immer wieder daran, dass durch die Havarie des Atomkraftwerkes tausende ihr Leben verloren hätten (eine Lüge, für die man grüne Spitzenpolitiker zur strafrechtlichen Rechenschaft ziehen müssen – frei nach Ralf).
In den Jahren nach pegelte sich das wieder ein, bis dann 2022 die Zustimmung zur Atomkraft einen Peak erreichte.
Genau das gleiche Bild bei der Migration: Die Zustimmung zur Politik der offenen Grenzen hatte exakt im September – November 2015 eine Mehrheit. Spätestens nach der Kölner Silvesternacht 2015/2016 drehte die Meinung völlig. Übrigens äußerte Merkel im Juli 2015 durchaus die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung – 6 Wochen vor ihrer radikalen Kehrtwende:
https://www.youtube.com/watch?v=fYmjCLo2QfQ
Klar, hinterher weiß man dann immer, dass sich eine Stimmung wieder ändert. Aber im Moment doch nicht. Vielleicht sind die Leute in drei Jahren auch wieder gegen die harte Abschiebungspolitik. Who knows?
Ich hoffe so argumentierst (und verhältst) Du Dich nicht zuhause. Du solltest wissen, was die Werte und Grundlinien Deiner Frau sind.
Die Ereignisse Fukushima und Budapest waren Extremfälle. Da hat das Pendel ausgeschlagen, aber es ist normal, dass es sich bald wieder auf das Gewohnte einpendelt.
Es ist eine Missachtung des Souveräns, solche Ereignisse für die eigene Minderheitenpolitik auszunutzen. Kein anderes Land hat so nach Fukushima gehandelt.
Übrigens: Welche harte Abschiebungspolitik? Hatten wir bis 2015 eine „harte Abschiebungspolitik“? Haben Länder wie die USA, Australien, GB, Frankreich, Spanien eine harte Abschiebungspolitik?
Weil nur wenige die langfristigen Konsequenzen aufgezeigt haben? Hätten sie es dann auch gewollt?
Politische Führung auch in der Demokratie heißt nicht, immer Vox Populi (Umfragen= Vox Rindvieh?) zu folgen.
Merkel war halt gern Kanzlerin, da hat Erwin schon nen Punkt.
Bezweifle ich keine Sekunde! Ich will nur, dass der Souverän hier nicht so leicht aus der Verantwortung entlassen wird.
Verantwortung vor …. der Geschichte?
Letztlich ja.
Wo ist die Grenze zwischen Kritik und Beleidigung?
“Merkel hat uns durch ihre Gaspolitik mit Putin in eine inakzeptable Abhängigkeit von Russland geführt” (legitime Kritik)
“Merkel hat zwar die Grenzen geöffnet, dann aber viel zu wenig für die Integration der Migranten getan” (legitime Kritik)
“Merkel hätte viel stärkere Anstrengungen zur Bewältigung des Klimawandels unternehmen müssen und sie hätte in unsere Infrastruktur investieren müssen” (legitime Kritik)
“Merkel ist ein Dummkopf” (Beleidigung)
Ist das wirklich so schwer zu unterscheiden?
Ich wurde in den achtzigern politisch sozialisiert. Mir wäre wirklich neu, dass „X ist ein Dummkopf“ damals als gerichtlich sanktionsfähige Beleidigung gegenüber einem Politiker gegolten hätte.
Wenn Anklage erhoben wurde, klar. Nur hast du ohne Internet halt kaum eine Möglichkeit, das mitzukriegen. Die Zeitungen hätten das ja nicht gedruckt. Und solange du keine Flyer verteilst…
Politiker in der genannten Zeit haben auf Anzeigen verzichtet, auch wenn sie es mitbekommen haben.
Um das mit einem Beispiel zu illustrieren: Als der deutsche Kanzler Anfang der neunziger mit faulen Eiern beworfen wurde – wir sind uns hoffentlich darüber einig, dass das schwerer wiegt, als ein verbales „Dummkopf“ – wurde er von den deutschen Qualitätsmedien heftig dafür kritisiert, dass er auf den Eierwerfer losging.
Ich glaube, Habeck wäre auch anders kritisiert worden, wenn er versucht hätte, den Typen zu hauen, der ihn Dummkopf nannte. Ansonsten klar: geht gar nicht, irgendwas auf Politiker*innen zu werfen.
In den letzten 30 Jahren hat sich die Anzahl jener, die meinen in Deutschland alles sagen zu dürfen, auf 40 Prozent halbiert. Das sind kaum zufällige Zahlen.
Wenn selbst der Economist Vance zustimmt, dass in Deutschland etwas mit der Freiheit der Rede im Argen liegt, sollten vielleicht einige Fundis den Kopf aus ihrem Schneckenhaus stecken.
Ich wäre an deiner Stelle vorsichtig, solche Umfragen heranzuziehen. Die deutliche Mehrheit der Deutschen ist auch der Überzeugung, dass die Ungleichheit massiv zunimmt und dass man da dringend was machen muss. Da bist du gar nicht so begeistert, aus dem Schneckenhaus rauszukommen.
Ich arbeite international, ich unterhalte mich mit Menschen, die nicht nur den deutschen Blick haben. Eins habe ich mit Sicherheit nicht: Eine deutsche Brille auf.
Das mag alles in Teilen gelten. Aber von 80 auf 40 ist nicht etwas, dass man mit „die Leute haben falsche Ansichten“ abtun kann. Zumal es durchaus Beispiele wie Habeck und Faeser gibt, die dieser Ansicht durchaus Futter geben.
Du kritisierst, dass Klimakriminelle, die hunderte Bürger nötigen, manchmal zu geringen Bewährungsstrafen von 3 Monaten verurteilt werden, findest aber Sympathie für die Verurteilung eines Bürgers zu sieben Monaten, der einen sehr Mächtigen „Schwachkopf“ nennt.
Also ist es in Deinem Wertesystem mehr als doppelt so schlimm, einer öffentlichen Person ein einziges (!) verunglimpfendes Wort entgegenzuschleudern als hunderte Bürger für Stunden eines Grundrechts zu berauben. Ich finde das eine elementare Werteverschiebung im öffentlichen Diskurs.
Wo siehst du hier Sympathie? Ich erkläre nur, dass der Vergleich nicht taugt.
Das Strafrecht ist ein sehr fein austariertes System allgemeiner Gerechtigkeitsempfindungen, was seit längerem unter Beschuss linker „Reformer“ steht. So erinnere ich nur an die Reform des Sexualstrafrechts.
Du hast immer Gefängnisstrafen für Klimakriminelle als „völlig überzogen“ verurteilt. Was ich bisher von Dir zu Habeck gelesen habe – zu Faeser gar nichts, zu Klimakriminellen aber sehr viel – vermittelt diesen Eindruck. Und viel Sympathie für Ralfs Position, die ja genau darauf hinausläuft, solche öffentlichen Äußerungen noch härter zu bestrafen.
Genau, das ändert sich ständig. Das steht auch nicht „unter Beschuss“, sondern es gibt halt Leute, die Mehrheiten zu Änderungen suchen. Wie dein Lager mit seinem Verschärfungswahn übrigens auch 😉
Nein, genau das ändert sich nicht dauernd. Und genau aus den angeführten Argumenten habe ich in meinem gesamten politischen Leben nie für Verschärfungen argumentiert. Selbst bei der Hochstufung von illegalen Autorennen zu versuchtem Mord basiert das auf dem geltenden Rechtsrahmen.
Die Behinderung anderer Bürger an der freien Fortbewegung ist eine Nötigung, die mit bis zu 3 Jahren bestraft werden kann. Drei Monate sind da am untersten Rand des Rechtsrahmens. Da kann man nicht von „überzogen“ sprechen.
Es geht nicht darum, ob eine Äußerung juristisch sanktionsfähig ist, sondern ob wir als Gesellschaft toxische Sprache in einem brandgefährlichen Medium wie dem Internet tolerieren wollen. Mal als Analogie: Wenn Du beim Bäcker um 10 Brötchen bittest und der Verkäufer nennt Dich in Gegenwart des Geschäftsbesitzers einen Dummkopf, dann ist das vermutlich ebenfalls nicht juristisch sanktionsfähig. Aber der Verkäufer hat nach der Episode mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Job mehr. Begründung: Es ist geschäftsschädigend und damit nicht im Interesse des Besitzers, wenn Kunden beleidigt werden. Egal im übrigen, ob der Verkäufer mit seiner Beleidigung möglicherweise einen Punkt hat.
Ich könne den Verkäufer problemlos anzeigen. Ehrdelikte und so.
Das Verfahren würde schnell wegen Nichtigkeit eingestellt und Du müsstest mit dem Schaden der Beleidigung leben.
Beim Bäcker ist dieser Schaden zugegebenermaßen auch effektiv relativ gering. Außer Dir und dem Verkäufer kriegt Deine öffentliche Erniedrigung niemand mit.
Im Internet hingegen erfolgt Deine Demütigung vor einem Publikum von Zehntausenden oder gar Hunderttausenden. Und es ist sehr gut möglich, dass selbst ein kleiner Schneeball durch die Mechanismen von Verbreitung, Verstärkung und Kommentierung zu einer Lawine wird – die Algorithmen fördern das sogar aktiv – an deren Ende Dein Ruf, Deine Familie, Deine Möglichkeit Arbeit zu finden irreversibel zerstört sind.
Von den Tätern wird anschließend niemand schuld sein wollen. Man wird ja wohl nochmal was sagen dürfen …
Wer sich selbst kennt und mit sich im Reinen ist, an dem prallen platte Beleidigungen ab.
Du erhebst Deine eigene Schmerzschwelle zur Allgemeingültigkeit. Was erzählst Du Kindern, die im Internet mit platten Beleidigungen gemobbt werden? Und es gibt oft auch erhebliche Kollateralschäden. Erst gestern hörte ich einen Podcast mit Melinda Gates, die über die zur Covid-Zeit im Internet verbreiteten Gerüchte sprach, ihr Mann volle mittels des Vakzins die Bevölkerung chippen? Bill Gates soll sich nicht so anstellen, sagst Du? Der sei doch ein großer CEO? Der könne das doch alles professionell an sich abprallen lassen?
Was sagst Du dazu, dass auf diese Gerüchte im Internet folgend Freunde der Kinder ihren Kontakt mit der Familie abbrachen? Dass die Kinder ihre Freunde verloren, wegen dieser Lügen im Netz?
Zu Gates: Das ist eine schwerwiegende Verleumdung. Dagegen kommst Du mit dem Beleidigungs-Begriff ohnehin nicht an. Das ist viel schlimmer.
Merkel hat offenbar eine ähnliche „Schmerzschwelle“.
Und Wehner und/vs. Strauss war auch ohne Internet weitbekannt. Ist „total unfähig“ (über Kohl) eine Beleidigung oder eine Feststellung.
Meine Einstellung: Tiefer hängen.
„Total unfähig“ schliesst notwendig „Dummkopf“ mit ein und ist also schwerwiegender als „Dummkopf“. Ab in den Knast 🙂 .
Zu Gates: Das ist eine schwerwiegende Verleumdung. Dagegen kommst Du mit dem Beleidigungs-Begriff ohnehin nicht an. Das ist viel schlimmer.
Wenn das so schwerwiegend ist, wie Du sagst, wie kommt es, dass es keinerlei strafrechtliche Verfolgung der unzähligen Bürger gegeben hat, die das im Internet behauptet und weiter verbreitet haben?
Und Wehner und/vs. Strauss war auch ohne Internet weitbekannt. Ist „total unfähig“ (über Kohl) eine Beleidigung oder eine Feststellung.
Wehner’s und Strauss’ Verhalten war nicht vorbildlich, aber der verursachte gesellschaftliche Schaden war begrenzt, weil es kein Internet gab, diese Angriffe zu amplifizieren, zu kommentieren, zu intensivieren und in einen wütenden Shitstorm zu verwandeln. Die meisten Menschen interessieren sich nicht für Politik und haben nie erfahren, was Wehner oder Strauss gesagt haben. Und im Kontrast zum Internet, verschwand damals auch die bösartigste Beleidigung schnell vom Radar, weil alte News von neuen News verdrängt wurden. Nur im Internet ist Geschehenes von vor 20 Jahren noch genauso aktuell und brisant wie am Tag der Erscheinung.
Zu “total unfähig”:
“Kohl hat Reformen verschlafen, gerade im Osten Versprechungen gemacht, die er nicht halten konnte und die Wiedervereinigung durch politische Fehlleistungen so schlecht organisiert, dass sie in Massenarmut und Massenarbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern resultierte. Als Fazit muss man schließen, dass er im Amt total unfähig war” (legitime Kritik)
“Kohl ist total unfähig” (Beleidigung)
Wehner und Strauss wurden wahnsinnig heftig angegriffen, nur waren diese Attacken politischer Natur: Wehner wurde ständig vorgeworfen, Kommunist zu sein, und Strauss, dass er quasi einen Schritt vor Hitler steht. Das ist halt eine andere Kategorie, als jemand „Dummkopf“ zu nennen. Ansonsten siehe mein anderer Kommentar zum Thema.
Das bestreitet niemand.
Öffentliche Konflikte konnte sich die Gesellschaft damals leisten, weil die Zahl der Grenzüberschreiter, die in der Tat publikumswirksam Grenzen überschreiten konnten, gering war. Bei drei Fernsehprogrammen ist der Fokus notwendigerweise auf eine Handvoll Parteiführer, Eliten und Superstars gerichtet. Außerdem versanken auch heftige Konflikte schnell im Vergessen, weil neuere News ihren Platz in der Aufmerksamkeit der Menschen einnahmen.
All das gilt nicht mehr. Eigentlich schon seit der Einführung des Privatfernsehens. Definitiv seit dem Aufkommen des Internets. In unserem jetzigen konkreten Medienumfeld können wir uns heftige öffentliche Konflikte nicht mehr leisten. So weitermachen wird unweigerlich in die gesellschaftliche Hyperpolarisierung und in den Faschismus führen. Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir in spätestens 10 Jahren da sein, wo die USA jetzt sind.
Was man da auf twitter abgeht ist eine parallele Realität.
Ein Beispiel: Hab den handle vergessen, aber es gibt da eine junge amerikanische Softwareentwicklerin, die zu ihrem Freund nach Kassel ziehen will. Natürlich kommentiert da direkt so ein maga und warnt sie vor den Gefahren der Stadt, schließlich laufen in europäischen Städten bekanntlich mobs von jungen muslimischen Männern mordend und vergewaltigend durch die Straßen.
Es gibt hier eine Statistik: https://de.numbeo.com/kriminalit%C3%A4t/rankings
Unter den 50 gefährlichsten Städten gibt es ca 10 US-Amerikanische. Die erste europäische Stadt ist auf Platz 41 Marseille. Die erste deutsche Stadt ist Bremen auf Platz 163. Kassel findet man nicht in der Statistik mit 380 Einträgen überhaupt nicht.