Im Rahmen eines Schüler*innenaustauschs habe ich im April 2024 meine erste Reise außerhalb Europas hingelegt (natürlich eine Dienstreise :D): es ging nach China, genauer nach Beijing. Für eine Woche sind eine Kollegin und ich mit 24 Schüler*innen dorthin und konnten das Land unmittelbar erleben. Ich will im Folgenden meine Eindrücke aus einer politisch-gesellschaftlichen Analyseperspektive teilen. Ich teile das Ganze in verschiedene Bereiche auf. All das ist auf Basis einer sehr dünnen Kenntnisbasis, einem siebentätigen Besuch in Beijing und damit notwendig super, super subjektiv. Caveat Emptor.
Sicherheit
Sicherheit war in China ein Dauerthema. Es ist das zentrale Legitimitätsargument der Diktatur für all ihre Maßnahmen. Stets hat man uns versichert, wie sicher alles sei und wie die ganzen Überwachungsmaßnahmen keinesfalls gegen die Bevölkerung gerichtet seien, sondern vielmehr deren Sicherheit dienten. Soweit ich das beurteilen kann, war diese Sicht genuin und entsprach nicht einem aus Furcht nachgeplapperten Narrativ. Es ist auch nicht schwer zu verstehen, wieso: die Bereiche, in denen wir unterwegs waren, waren tatsächlich sehr sicher. Besonders eindrücklich wurde mir dies durch die Perspektive meiner Kollegin und der Schülerinnen, die übereinstimmend erklärten, sich auf den Straßen, in der Metro etc. sehr viel sicherer zu fühlen als in Deutschland.
Erreicht wird dies durch eine geradezu absurde Präsenz von Sicherheitspersonal. Überall sind uniformierte Wachleute. Allein der Zugang zu unserer Gastschule wurde – wie bei allen Schulen, die wir gesehen haben – neben den schweren Toren, Kameras und Gesichtsscannern von mehreren Sicherheitsleuten bewacht. In den Malls und vielen anderen Geschäften sind Sicherheitsleute (die meist auch gleichzeitig Serviceaufgaben wie das Aufhalten von Türen und Informationspunkte übernehmen). Wenn ich es richtig verstanden habe, gehören sie zu einem privaten Sicherheitsdienst, sofern diese Unterscheidung in China überhaupt von Relevant ist. Sie trugen alle dieselben Uniformen.
Aber auch Polizei und Militär sind sehr präsent. An öffentlichen Orten – Malls, Einkaufsstraßen, etc. – finden sich alle hundert Meter große Schirme, unter denen ein Polizist steht. Dieser trägt entweder einen hüfthohen Metallnüppel oder eine hüfthohe Mischung aus Schaufel und Gabel, mit der sich Leute wegschieben lassen. Dazu trifft man immer wieder auf Militär. Ob im Bahnhof oder im Outletstore, ein Soldat in Habachtstellung ist ein gängiger Teil des Straßenbilds.
Dazu kommen ständige Kontrollen. Wohin man auch geht, überall muss man sich ausweisen. Als Ausländer muss der Reisepass vorgezeigt werden und wird registriert; ob im Sommerpalast, bei der Großen Mauer oder im Hotel. Chines*innen geben ihre Passnummer auf einem Keypad ein. Nicht einmal eine SIM-Karte kann man kaufen, ohne dass dieser Kauf direkt mit dem Reisepass verknüpft wird. Bei Ankunft in Beijing mussten wir auf die Polizeiwache und uns dort registrieren lassen, mitsamt ausführlichen Angaben, welche chinesische Person für uns „verantwortlich“ ist. Betritt man einen Bahnhof, muss man an mehreren uniformierten Sicherheitsleuten durch einen Metalldetektor; das Gepäck wird durch einen Scanner geschickt. Es sind dieselben Sicherheitsmaßnahmen wie am Flughafen – für jede einzelne U-Bahnfahrt!
Das Argument mit der Sicherheit ist eines, das die Chines*innen verinnerlicht haben. Immer wieder betonten sie, wie sicher das Land und die Stadt seien und dass die Überwachung keinesfalls gegen uns oder sie gerichtet sei, sondern einzig in unserem Interesse geschehe. Es sei ein großes Missverständnis bis hin zu westlicher Propaganda, dass dies der Machtsicherung diene. Und tatsächlich wirken diese Maßnahmen auch; das Land ist, wie gesagt, sicher. Nur ein Beispiel für die positiven Auswirkungen: ein Schüler vergaß abends im Taxi sein Handy. Das Taxi war bar bezahlt worden, Nummernschild oder Firma unbekannt. Unser Reiseleiter schaffte es, binnen 20 Minuten über die Überwachungsaufnahmen des Hotels und einiges Herumtelefonieren den Wagen ausfindig zu machen. Stolz präsentierte er dieses Ergebnis als Beweis für die positiven Effekte der allgegenwärtigen Kameras. Und das ist auch unabweislich korrekt! Allein, das alles hat natürlich eine Schattenseite. Eine Schülerin erkundigte sich etwa, ob es in China keine Obdachlosen gäbe (denn die sieht man genauso wenig wie Bettelnde). Die Antwort war, dass es die schon gäbe – aber sie werden von den Sicherheitsorganen an die Peripherie gedrückt, in wenige Distrikte an Stellen, an denen sie unsichtbar sind. Und wie es Menschen ergeht, die aus irgendwelchen Gründen in das Visier der Obrigkeit gelangen, will man sich gar nicht ausmalen.
Sitten
Wenig überraschend ist China ein fremdes Land mit einer fremden Kultur, weswegen man immer wieder auf Überraschungen stößt. Hier gilt noch mehr als bei den anderen Themen meine Warnung vom Anfang: es ist ein sehr, sehr subjektiver Einblick auf einer extrem schmalen und wenig repräsentativen Basis.
Was mir bezüglich der Sprache aufgefallen ist ist die ständige Verwendung des Adjektivs „wunderschön“. Alles ist immer wunderschön: die Bäume, die Blüten, die Straßen, der Schulcampus, die Mall, die Pekingoper, die Zeichnungen, die Menschen. Letzteres war besonders merkwürdig, weil wir ständig ungefragt verkündet bekamen, dass wir „beautiful“ seien. Bis heute kann ich das nicht richtig einordnen, aber ich bin ziemlich zuversichtlich, dass da eine Bedeutungsverschiebung in der Übersetzung verloren geht; ich kann mir kaum vorstellen, dass in China damit dasselbe gemeint ist, wie wenn man das hierzulande verwenden würde, denn andernfalls wären Achtklässlerinnen, die einem sagen wie „beautiful“ man ein wenig creepy.
Für mich war es ebenfalls schwer auszumachen, wo die Grenze zwischen Übertreibungen aus Höflichkeit und Ernst war. Egal was man tat, es wurde überschwänglich gelobt. Gerade als Schwabe, der Heimat der Litotes, tut man sich damit recht schwer. In Gesprächen über Land und Leute war fiel es mir deswegen nicht leicht, ein Gefühl dafür zu haben, ob man dem jeweiligen Gegenüber gerade auf die Füße tritt. Vermutlich war es für die Chines*innen auch befremdlich, wie kritisch wir im Gespräch über unser eigenes Land und unsere eigene Regierung sind; sicher kann ich mir aber auch da nicht sein.
Eine weitere sprachliche Auffälligkeit war die starke Verwendung von positiven, aber letztlich bedeutungslosen Adjektiven. Egal welchen Aspekt wir erklärt bekamen, ob Pekingoper, Große Mauer, ein Museum oder irgendeine Baustelle, alles war immer irgendwie bedeutsam, kulturell tief, etc., aber diese Bedeutung und der kulturelle Reichtum blieben immer Behauptung ohne Erklärung. Das verlieh den Formulierungen einen hölzernen, propagandistischen Klang, der aber natürlich zu einem guten Teil auch den (oft miesen) Übersetzungen geschuldet sein dürfte.
Das bringt uns zu den Fremdsprachenkenntnissen. Funktional war der Chinabesuch wie eine Reise nach Frankreich: niemand spricht auch nur einen Brocken Englisch. In Beijing war es besonders krass. Schilder und Etiketten sind selten zweisprachig, die Leute verstehen nicht einmal primitivste Vokabeln. Auch in den Schulen und im Lehrkörper sind Englischkenntnisse deutlich unterdurchschnittlich (siehe „Bildung“ weiter unten). Ohne unsere Begleitung wären wir aufgeschmissen gewesen. Die Leute nehmen auch immer an, dass selbst offenkundige Ausländer wie ich Chinesisch sprechen und schreiben können. Ich betrat einmal einen Laden und wollte mich nur umsehen, hatte aber sofort eine Verkäuferin vor mir, die auf mich einredete. Ich versuchte ihr begreiflich zu machen, dass ich sie nicht verstand, woraufhin sie dasselbe noch einmal wiederholte. Im dritten Anlauf zückte sie ihr Handy, tippte das Gesagte ein und zeigte es mir, als ob chinesische Schriftzeichen die Sache klarer machen würde.
Bemerkenswert war die Gastfreundschaft. Unsere Gastgebenden bestanden darauf, uns alles zu bezahlen (zumindest am Anfang, als wir sie besser kennenlernten war es uns manchmal auch erlaubt, eine Rechnung zu übernehmen, wenn wir offensiv genug darauf bestanden; ob sie das als Beleidigung nehmen, kann ich nicht wirklich sagen). Sie opferten sich praktisch völlig für uns: sie standen jederzeit zur Verfügung, begleiteten uns selbst auf Taxifahrten. Auch wenn man Kunde war, wurde man wie ein König behandelt. Demgegenüber stand eine umso krasser auffallende Indifferenz aller anderen; ohne persönlichen Bezug oder direktes Geschäftsverhältnis waren die Leute eher schroff und kurz angebunden und wenig hilfreich.
Normal aber im Alltag natürlich trotzdem auffällig sind kulturelle Unterschiede. So spucken die Menschen in China ständig aus und ziehen das Zeug vorher sehr geräuschvoll in Nase und Rachen zusammen. Gleichzeitig gilt es als unhöflich, sichtbar oder hörbar die Nase in ein Taschentuch zu schneuzen, was bei uns genau ungekehrt wäre. Damit ist emphatisch keine Wertung verbunden; andere Länder, andere Sitten. Dasselbe gilt für’s Essen: da fast alles mit Stäbchen oder einem kleinen, tiefen Löffel (der ohne Schlürfen praktisch nicht nutzbar ist) gegessen wird, beugt man sich immer tief über den eigenen Teller und zieht das Essen, besonders die Nudeln, in den Mund – ein absolutes No-Go im Westen. Der Umgang mit Messer und Gabel ist fast unbekannt, was im Pizza-Hut zu einer witzigen Beobachtung führte, wo einerseits die Pizza wie alle anderen chinesischen Gerichte portionsweise von einem Teller auf einen anderen gepackt wurde (was hier völlig sinnlos war) und andererseits ein Kind am Nebentisch mit der Gabel die Spaghetti auf wie mit Stäbchen zu essen versuchte; das einzige mal, dass wir einen Heimvorteil hatten.
Nationalismus und Propaganada
Obwohl China formell immer noch ein kommunistisches Land ist, merkt man davon im Alltag nichts. Die typischen Zeichen sozialistischer Diktaturen sind fast nirgendwo sichtbar; Mao-Bilder, Arbeitermützen, Anstecknadeln etc. findet man eigentlich nur in Touristenshops als Ramschware. Der Große Vorsitzende dürfte sich angesichts dieser kapitalistischen Resteverwertung im Grab umdrehen. Stattdessen herrscht eine eher generischer Nationalismus vor: China ist eine großartige Nation, ein Leuchtturm für alle anderen Nationen. Ständig wird die Vorbildwirkung betont und dass man die Geschenke der eigenen (überlegenen) Kultur mit dem Rest der Welt teilen möchte, ohne dass das je über eine Phrase hinausgehen würde.
In allen Bereichen wird die Homogenität der Han-Chinesen betont. Nie wird ein Zweifel daran gelassen, dass China eine einige Nation ist. Die Minderheiten werden zwar hervorgehoben und positiv besetzt, aber stets auf eine Exotisierende Art, die eine Art paternalistischen Rassismus bildet. Immer wieder wurden traditionelle Kleidungen und Gebräuche der Minderheiten als Teil des kulturellen Erbes Chinas dargeboten, aber stets mit einer Art Karl-May-Brille: es sind „noble Wilde“, die an der Peripherie des modernen Chinas durch dessen Großzügigkeit geschützt ihre traditionelle (und touristisch ausgebeutete) Lebensweise pflegen können. Die Uiguren werden dabei völlig ohne Kommentar neben Mongolen und anderen Gruppen genannt.
Das führt auch zu der Frage von Propaganda. Diese ist allgegenwärtig, aber auf eine subtile Art und Weise. Für mich als Historiker war dies der spannendste Teil, weil ich Propaganda nur aus den Geschichtsbüchern, nicht aber aus persönlicher Anschauung kenne. Die Funktionsweise ist subtiler als erwartet, wohl auch, weil die kommunistische Ikonographie und Sprachregelung praktisch vollkommen aus dem Alltag verschwunden ist. Sie funktioniert weniger über Parolen oder platte Lügen als vielmehr über geschickte Auslassungen. Ein Praxisbeispiel: wir haben das Weltraumfahrtmuseum in Beijing besucht. Das vollbringt das Kunststück, China als vorrangige Weltraumnation der Erde darzustellen, indem wahnsinnig selektiv Dinge gezeigt werden. So erfahren wir, dass er erste Satellit Sputnik war und sehen ein maßstabsgetreues Modell, dem dann aktuelle chinesische Satelliten entgegengestellt werden (die auf einem Schaubild die einzigen Satelliten im Orbit sind). Oder man erklärt, dass China gerade ein Teleskop baut, das viel besser als das Hubble-Teleskop sei und übersieht geflissentlich die Existenz des Webb-Teleskops. Und so weiter. Zurückkehrende Austronauten, die winken, ihre Liebe zum Vaterland verkünden und ihren Flug in den Orbit als Dienst an der Menschheit erklären, runden das Bild ab.
Dieses ständige Auftrumpfen steht in einem direkten Kontrast zu einem permanenten Minderwertigkeitskomplex. Irgendwie muss der Abstieg Chinas im 19. und 20. Jahrhundert ja auch erklärt werden. Permanent wird betont, wie friedfertig China ist – so seien etwa die Opiumkriege darauf zurückzuführen, dass China kulturell so viel höher stand als Europa, dass es gar nicht den Gedanken an Krieg hatte und deswegen der imperialistischen Aggression Europas schutzlos ausgesetzt war. Auch heute wolle das Land nichts so sehnlich wie den Weltfrieden. Demgegenüber steht dann das ständige Auftrumpfen; alles ist im Größer und Prächtiger als im Rest der Welt. Diese Mentalität hat für mich starke Vibes des wilhelminischen Kaiserreichs.
Diese Propaganda durch Auslassung hilft auch dabei, das kulturell-historische Selbstbild zu konstruieren. Schließlich muss das System einerseits seine Selbstbehauptung als kommunistisch mit den modernen kapitalistischen Strukturen unter einen Hut bringen und andererseits irgendwie die Desaster des 19. und 20. Jahrhunderts erklären und gleichzeitig einen Bezug zur Geschichte des Kaiserreichs und der „Warring States“ vorher schaffen. Auch hier geschieht wahnsinnig viel über Auslassung: die Mao-Zeit wird weitgehend ignoriert; 1949 ist der Beginn des „neuen China“, und das nächste Ereignis, über das man spricht, ist die Öffnung unter Deng Xiaoping. Das „alte China“ ist politisch gescheitert, wobei die Erklärung hierfür die Schizophrenie des „zu gut für diese Welt“ ist, um sich nicht negativ über das eigene Land äußern zu müssen. Auf diese Art und Weise stellt der Staat eine Kontinuität her, in der man total stolz auf die Kulturgeschichte aus über 3000 Jahren sein und sich als älteste Kulturnation der Welt inszenieren kann, gleichzeitig aber politisch einen doppelten Bruch zu Kaiserzeit und Revolutionswirren hinzulegen und ein merkwürdig undefiniertes „neues China“ zu bejubeln.
Manche negativen Phänomene werden direkt geleugnet und als westliche Propaganda abgetan, während andererseits Fake News in Masse verbreitet werden. So existiert Umweltverschmutzung in China etwa effektiv nicht (die gelebte Erfahrung der Luftqualität spricht eine ganz andere Sprache) und auch das Social-Credit-System diene ausschließlich dazu, einige wenige hochrangige Wirtschaftsverbrecher zu bestrafen. Umgekehrt wurden uns Schauergeschichten von Verbrechen an Chines*innen im Westen erzählt, die sich mit einer kurzen Suche widerlegen ließen. So etwa erfuhren wir, dass der Mörder einer vor fünf Jahren verschwundenen chinesischen Studentin in Berlin immer noch frei herumlief, weil es zwar Zeugenaussagen gäbe, aber – leider, leider – keine Kameraüberwachung und unser absurdes Rechtssystem ihn deshalb nicht belangen könnte (Unschuldsvermutung und ähnlicher liberaler Kram). In Wirklichkeit sitzt der Täter seit fünf Jahren wegen Mordes; 15 Jahre Haft.
Eine unbedingt notwendige Anmerkung von jemandem, der vor etwa einem Jahrzehnt beruflich mehrfach für je einige Wochen in China war:
Die sichtbare Totalüberwachung an nahezu allen Orten öffentlichen Lebens ist KEIN Merkmal, das für ganz China gilt, sondern der Paranoia der chinesischen Führung in ihrer Hauptstadt geschuldet. Sprich, diese Erfahrung ist in ihrer geschilderten Form auf Peking begrenzt.
Ähnliches gilt für die Englischkenntnisse der Chinesen: Peking ist NICHT das Geschäftszentrum oder auch nur eine der Geschäftszentren Chinas. In Shanghai oder Shenzen sieht das völlig anders aus – dort können sehr viele Chinesen sich auf Englisch verständigen.
Anekdote persönlichen Erlebens: Ich habe in meinem Hotelzimmer in Taishan mal für ein paar Stunden die grosse chinesische Firewall getestet. Während alle Links zu englischsprachigen Medien auf eine als Serverüberlastung getarnte Sperre liefen, funktionierten alle Links zu deutschsprachigen Medien einwandfrei. Was einen eindeutigen Rückschluss darauf zulässt, welche Fremdsprache in China ein echter Exot sein muss 🙂 .
Gruss,
Thorsten Haupts
In Shanghai war die Lage mit dem Englischen etwas besser, aber nicht viel. Wir waren in einem Drei-Sterne-Hotel, die konnten NICHTS. Am Empfang. Restaurants etc. ähnlich. Meine Grundaussage bleibt: die Englischkenntnisse sind sehr schlecht.
😀
Persönlich kann ich auch eher Thorsten Haupt folgen was ’safety measures‘ & Englischkenntnisse angeht. Allerdings Shanghai und 5 Jahre zurück. Es scheint auch nochmal was ganz anderes zu sein ‚Führung‘ zu haben bzw von Staats wegen betreut zu sein. Ich kannte einige der Leute bereits etwas besser, inkl einer Taiwanesin. Da klingt dann die ein- oder andere Aussage oder Kommentar vermutlich schon nochmal leicht anders 😉
Aber definitiv spannend zu lesen!
Danke. Wie gesagt, ich behaupte keinerlei Allgemeingültigkeit.
Danke für den schrecklichen Bericht. Ich fühlte mich tatsächlich in einen dystopischen Filmplot versetzt. Ein Regime, das dermaßen nervös ist, ist tatsächlich extrem gefährlich.
Die Leute nehmen auch immer an, dass selbst offenkundige Ausländer wie ich Chinesisch sprechen und schreiben können.
Ist das ein Indikator für die chinesische Weltanschauung („Die Welt besteht aus China und dem Rest“) oder mangelnde Bildung? 🙂 Ich habe das auch schon in Italien oder Spanien auf dem Dorf erlebt.
Keine Ahnung, da maße ich mir kein Urteil an.
Dito in Paris in einem Hotel, wenige Minuten vom Bahnhof, wo die Züge aus Deutschland und England ankommen.
Ich finds gar nicht so unsympathisch, dass sich manche dieser Landessprache + Englisch Monokultur widersetzen. Beherrscht man eine romanische Sprache gut kann man sich in den anderen zumindest verständlich machen. Außerdem fördert es die Idee der europäischen Vereinigung und des Weltfriedens, wenn man auch mal andere Medien konsumiert als die des eigenen Landes + Englisch.
Habe mich zu lange auf Deutsch/Englisch/Spanisch beschränkt. Jetzt zusätzlich Französisch und Portugiesisch. Problem ist, dass es mir zu viel Spaß macht, d.h. ich investiere zu viel Zeit. Werde lernen meinen Eifer zu bändigen, aber das Sprachvolumen über die Zeit noch ausweiten. Sichere Kandidaten sind Niederländisch, Italienisch und Katalanisch. Wenn die Lust bleibt, gibts da noch in der Reihenfolge Polnisch, Schwedisch, Moskowisch, Dänisch, etc.
Von den Sprachenlern-Apps ist Duolingo bei mir auch sehr beliebt. Effektiver sind aber vermutlich Dinge wie Bussu, Lingopie und v.a. Lingq und italkie. Bei letzterem kann man sich one-to-one Stunden kaufen. Werde ich sicher irgendwann machen, weil man das ab einem bestimmten Level einfach braucht. Es gibt auch viele interessante youtube Kanäle. Duolingo ist mehr so ein Info-Tool für die 3.000 gebräuchlichsten Vokabeln und die Grammatik. Letzteres aber bei mir nur, wenn man die Beispiele auf Regeln mappen kann und da auch nachliest. Zumindest bei mir.
Ich bin da anderer Auffassung, Lemmy. Eine Weltsprache werden wir brauchen – und Englisch ist die absolut einzige, die sich dafür anbietet. Zumindest solange, bis KI-basierte elektronische Übersetzer diese Weltsprache überflüssig machen 🙂 . Nicht jede/r hat Spass am Sprachenlernen oder die Zeit für dieses Hobby.
Vor allem auf einem Niveau, das abstrakte Konzepte diskutierbar macht.
Selbst die Übersetzungen von google translate sind heute schon sehr brauchbar. Da brauchts nicht mal chat gpt. Wenn ich selber längere Texte in Spanisch schreibe, nutze ich das als Basis und feile nur noch nach. Außerdem nutze ich diese Tools zum aktiven Verstehen der Sprache.
Jepp, die Fortschritte sind rasant und beeindruckend. Das braucht nicht mehr lange.
Ja, Google hat aufgeholt, aber DeepL ist immer noch besser. Literarische Texte, Poesie, Ironie, Redensarten – das wird KI wohl niemals können.
Ich wäre mir da sehr unsicher.
Englisch ist lingua franca. Und so eine zu haben ist gut und sinnvoll.
Vor 20 oder 30 Jahren wurden in spanischen, portugiesischen, italienischen und südamerikanischen Schulen eher Französisch als erste Fremdsprache gelernt. Das funktionierte auch.
Es ist viel einfacher in einer Fremdsprache abstrakte Konzepte als sowas wie Landschaften, Wohnungseinrichtungen, Architektur, etc. zu verstehen und zu beschreiben. Die Überbetonung des Englischen gibt einem bestimmten Kulturraum mit einer stark utilitaristisch geprägten Weltsicht ein zu starkes Gewicht.
Aufgrund der afrikanischen Demographie wird es bald mehr Französisch- als Englischsprecher geben.
Vor 20 oder 30 Jahren war die Globalisierung aber auch bei weitem noch nicht so weit. Ich erkenne nicht, wie es ein Vorteil sein kann, mehrere Sprachen beherrschen zu müssen statt einer, um sich verständigen zu können.
Es geht ja nicht um müssen.
Aber man bekommt etwa mit Französisch-Kenntnissen einen ganz anderen Zugang zu diesem Nachbarland und wichtigstem Handelspartner. Französische Kultur/Politsendungen sind für mich interessanter als die sich ständig wiederholenden deutschen Debatten über Staatsverschuldung. Es liefert eine Multiperspektivität auf unsere Zeit und übrigens auch Geschichte.
Ich bin ein sehr starker Anhänger der Europäischen Union. Südamerika würde es deutlich besser gehen, wenn die etwas ähnliches auf ihre Art hätten. Die EU krankt aber daran, dass es zwischen den Völkern der Union viele Vorurteile gibt. Ich habe das an mir selber bezogen auf Frankreich festgestellt.
Außerdem haben sich die europäischen Sprachen viel stärker gegenseitig beeinflußt als das vermutlich vielen bewußt ist. Für einen Sprachinteressierten stützen sie sich gegenseitig. 30% des englischen Wortschatzes stammt aus dem Französischen. Portugiesisch qualifiziert sich aus Sicht des Spanischen nur sehr eingeschränkt als Fremdsprache, so ähnlich sind sich diese beiden Sprachen.
Auf dem übrigens sehr empfehlenswerten Radweg München – Venedig vor ein paar Jahren hatte ich eine kleine Pension ein Stück südlich von Cortina d’Ampezo gebucht. Die Wirtin sprach nur italienisch. Dank meinem Spanisch konnten wir uns aber gut verständigen. Ich hatte vorher keine Ahnung, dass das so gut funktioniert. Respekt Römisches Reich. Für mich war das beeindruckender als alle archäologischen Ausgrabungsstätten der Römischen Zeit, die ich gesehen habe.
Anders als in der Schule kann man das sehr tolerant gegenüber eigenen Fehlern angehen. Wenn ich die Konjugation eines Verbes oder eine Vokabel nicht genau weiß, ist es schon ein Gewinn, wenn ich es ungefähr weiß.
In meiner nun anstehenden Radtour durch die für mich bislang völlig unbekannte Wallonie wird jede Interaktion mit den Locals höchst spannend, obwohl meine aktiven Sprachfähigkeiten deutlich weniger entwickelt sind als Zuhören oder Lesen.
Klar, und das ist ja alles nett. Aber ich kann offen gegenüber einem anderen Land und seiner Kultur sein, ohne seine Sprache zu können, und ich kann die Sprache fließend sprechen und trotzdem Vorurteile aller Art haben. Das ist kein Automatismus. Wenn die französischen Sendungen untertitelt sind, kann ich die auch problemlos anschauen. Und so weiter. Nichts von alledem ist für mich ein Argument dafür, dass Franzosen kein Englisch können. Ob ich ZUSÄTZLICH Französisch lerne ist mir ja unbenommen. Und du kannst ja auf Spanisch mit einer Italienerin parlieren; könnte sie ein bisschen Englisch neben ihrer Muttersprache wäre das trotzdem von Vorteil. Das ist alles additiv!
Ich denke, dass die Englisch-Kenntnisse in Frankreich zunehmen. Außerdem gibt es auch eine Menge Deutsche, die sich nicht in Englisch verständigen können. Habe ich auch beruflich festgestellt. Das waren Gutverdiener und nicht nur Leute mit einem DDR-Schulhintergrund. Oder versuch mal beispielsweise in Donaueschingen auf Englisch einen Imbiß in einer Metzgerei zu kaufen. In Berlin Mitte sprechen dagegen inzwischen viele Kellner kein Deutsch aber immer Englisch. Meine Schwester hat wegen neuer Eigentumswohnung viel mit Handwerkern zu tun. Da können fast alle weder Deutsch noch Englisch, sondern nur Tschechisch oder Polnisch. Weil sie diese Leute respektvoll behandelt, wird bei ihr alles viel schneller fertig als bei einigen der Nachbarn. 😉 Das sind dann auch die Dauer-Motzer in der Whatsup Gruppe, von denen viele selbst Migranten sind, nur halt Gutverdiener mit Englisch- und in der Regel auch sicheren Deutsch-Kenntnissen.
Fasznierend: Hier ist eine Gesellschaft, die Englischkenntnisse misst. Müßte man sich genauer die Erhebungsmethoden anschauen, aber Deutschland schneidet hier sehr gut ab.
Frankreich, Spanien und Italien erwartungsgemäß vergleichsweise schlecht. Schweiz überrascht mich da etwas. Deutlich hinter Polen.
https://www.ef.de/epi/
Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass das Internet zu einem Aufholprozess der romanischen Welt im Englischen führen wird. Die Englischkenntnisse zweier chilenischer 19-jähriger, die mich besucht haben, schockierten mich positiv als sie hier mit nicht-spanisch-sprachfähigen Leuten Englisch redeten. Aussprache, Wortschatz, Grammatik. Alles vermutlich besser als ich in dem Alter.
Die sind in der Provinz aufgewachsen und haben eine zwar überdurchschnittliche Schule mit 1000 Euro Schulgebühren im Jahr besucht, aber echt nicht eine dieser lateinamerikanischen Elite-Schulen. Der Grund war der starke Konsum englischen Internetcontents, zunächst vor allem als Gamer, was ja altersgemäß extrem weit verbreitet ist.
Sicher, aber das widerspricht ja nicht meinem Punkt dass Englischkenntnisse grundsätzlich ein Plus sind. 🙂
Austausch mit China ist ja nicht gerade Standard. Wer hat das initiiert?
Und wie war das für die Schüler? Bin gespannt auf die weiteren Berichte.
Allgemeine Frage: Diese irre Überwachungs kostet doch ein Heidengeld. Ist die Wirtschaft dort so produktiv, dass die das wegstecken? Die DDR ist wohl mit daran gescheitert.
Ich hab das organisiert, aber der ursprüngliche Kontakt kam von der chinesischen Seite in Antwort auf meine Gesuche nach einer Partnerschule.
Super spannend! Ich muss halt aufpassen ein bisschen wegen Datenschutz etc.
Hab ich mich auch gefragt, aber aktuell wächst die Wirtschaft ja. Ich würde mich eher nach Opportunitätskosten fragen.
Diese irre Überwachungs kostet doch ein Heidengeld.
Nein, obwohl man Zahlen aus China besser nur mit der Kneifzange anfasst. In 2020 gab China etwa 1,4 Billionen Yuan (umgerechnet ca. 210 Milliarden Dollar) für öffentliche Sicherheit aus, bei einem Bruttoinlandsprodukt von ca. 14,7 Billionen Dollar, also etwa 1,6%. Vergleichswert Deutschland: ebenso etwa 1,6%. Unter dem Vorbehalt, dass die chinesischen Zahlen zumindest einen entfernten Bezug zur Realität haben.
Ich denke mal, deren Personalkosten sind viel niedriger. Das macht ja auch die Militärausgaben so schwer vergleichbar.
Super spannend!
Bestimmt, solange man sich darüber im klaren ist, dass die eigene Funktion und die der Schüler darin besteht, Propagandamaterial und – ziel zu sein.
Anekdote aus meiner Zeit im Bundesvorstand des RCDS: Wie jedes Jahr kam auch 1988 die sowjetische Botschaft mit dem Wunsch nach einem Studentenaustausch auf uns zu. Die Gespräche waren – ebenfalls wie gewohnt – in dem Moment abrupt zu Ende, in dem wir auf Einzelbesuchen bestanden und Gruppen ablehnten. Das war den Sowjets zu heikel 🙂 .
Gruss,
Thorsten Haupts
Wir hatten ja Einzelbesuche…?
Einzelbesuche wie in „Jeder Schüler bei einer eigenen Gastfamilie“?
Yes
Ein wirklich interessanter Einblick in das aktuelle China.
Regierungs-Propaganda wird uns noch für einige Zeit begleiten und es ist brand-gefährlich. Zumindest beginnen einige Leute in Deutschland aufzuwachen. Problem von China ist, dass die aus einer sehr starken Stellung heraus regierungspropagieren.
Zu China habe ich schon einmal auf dieses jung-und-naiv Interview aufmerksam gemacht. Jemand hier hat sich tatsächlich die Mühe gemacht das anzuhören und fand es gut. Ich weiß leider nicht mehr wer: https://www.youtube.com/watch?v=w_dP0I-MEps
Sehr sensibilisiert zum Thema Regierungspropaganda sind vor allem auch alle Osteuropa-Experten wie z.B. Franziska Davies oder die hochsympathischen Rußland-Watcher -> haben einen wöchentlichen Podcast und auch einen Kanal auf youtube.
Das absolut abgezockteste in Sachen Kosten-Nutzen-Rechnungen von Narrativen ist der kostenpflichtige Analyse Report von Caracas Chronicles zu Venezuela. Die haben alles gesehen.
Danke!
„Das führt auch zu der Frage von Propaganda. Diese ist allgegenwärtig, aber auf eine subtile Art und Weise. Für mich als Historiker war dies der spannendste Teil, weil ich Propaganda nur aus den Geschichtsbüchern, nicht aber aus persönlicher Anschauung kenne.“
der war gut 🙂
„so seien etwa die Opiumkriege darauf zurückzuführen, dass China kulturell so viel höher stand als Europa, dass es gar nicht den Gedanken an Krieg hatte und deswegen der imperialistischen Aggression Europas schutzlos ausgesetzt war.“
ich bin zwar nicht besonders geschichtsversiert, aber ich dachte, dass die opiumkriege von uk gestartet wurden, um ihr außenhandelsdefizit auszugleichen. das wäre für mich ein indikator für einen höheren kulturellen stand chinas. 😉
anyway, ist gutter oil real oder nur das produkt westlicher propaganda?
Was war gut?
Vom UK gestartet ja, aber die Beweggründe waren verowrrener. Gutter Oil?
dass du propaganda noch nie live erlebt hättest, der war gut.
wenn lapsus, dann funny, aber trotzdem vielleicht vielsagend.
wenn ernstgemeint, dann zweifle ich wirklich.
was gab es da noch für beweggründe? und was war der eigentliche motivator?
willst du nicht wissen, nicht googlen, tu es nicht, keine aufnahmen anschauen 🙂
Querdenker-checker?
Natürlich sind Politik und Medien immer zu einem gewissen Grad manipulativ. Die massive Propaganda autoritärer Regime ist aber etwas ganz anderes.
Als bestimmte Kreise in Deutschland 2008 bis 2013 versuchten die Bolibananische Robulotion Venezuelas als ganz dollen emanzipatorischen Prozess zu verschecken, hatte ich sehr frühzeitig die Gelegenheit, das sehr genau zu beobachten. Einige Personen glaubten die Wahrheit hinter der Propaganda der westlichen Medien zu erkennen. Das Problem war nur, dass sie sich bereitwillig selbst zum Opfer einer wirklich massiven und perversen Propaganda machten.
In der Zwischenzeit hat Venezuela mehr Wirtschaftskraft eingebüßt als das Römische Reich in seinem Zusammenbruch oder Europa während Pest-Epidemien, nämlich zwischenzeitlich 70%.
Die UNHCR zählt 8,5 Millionen venezolanische Flüchtlinge auf eine Bevölkerung von 30 Mio 2010. Ich habe in der Zeit zwei dieser Menschen im realen Leben kennengelernt.
Neben den Opfern der Regierungspropaganda vermute ich bei dem einen oder anderem auch bezahlte Mittäterschaft.
Schuldig im Sinne der Anklage, ich hab in meiner linken Phase den Venezuela-Bullshit auch geglaubt.
„gutter oil“ ist zum einen Teil eines Systemproblems. Es gab in den letzten Jahren mehrere Lebensmittelskandale in China; Ich vermute, dass das einem Fehlanreizsystem geschuldet ist. Kontrollen finden erst statt, wenn es Beschwerden gibt.
Interessanter ist es, das unter dem Aspekt verschiedener Propagandasysteme zu betrachten, gerade wenn du von der Prämisse ausgehst, dass jeder auf die eine oder andere Weise Propaganda macht, die den eigenen Interessen dient:
– die chinesischen Medien berichten deutlich über die Skandale und stellen sie als Erfolg des Beamtenapparats dar.
– „offizielle“ westliche Medien sind bei Lebensmittelskandalen relativ zurückhaltend. Es geht da zu viel Handel hin und zurück, es kann auch auf die eigenen Händler zurückfallen.
– Anders sieht es bei Clickbait aus. Da wird gerne auf Urban Legends und Gruselbilder zurückgegriffen, gerade wenn es mit Vorurteilen (an der Grenze zum Rassismus) unterfüttert wird. Erinnere dich an den „Hype“ um angebliche/reale Fledermaussuppe in 2020.
Ja, aber es gibt ja nen Unterschied zwischen staatlicher Propaganda und Clickbait.
Genau darum geht es mir: Es gibt verschiedene Akteure, die unterschiedliche Motive haben und unterschiedliche (auch unterschiedlich gravierende) Methoden einsetzen. Das muss man sich imho immer wieder vor Augen führen, sonst fällt man sehr leicht in die von Lemmy beschriebene Falle „Weil ich die eine Propaganda erkannt habe, hat die andere Seite recht“.
Ja, das ist korrekt.
hey, um completely honest zu sein, habe ich das wort ganz bewusst gewählt, um zu schauen wie so reagiert wird.
damit habe ich nicht die totalitäre propaganda mit subtileren formen gleichsetzen wollen, aber der fakt bleibt, es ist beides propaganda. da du ja sehr belesen bist, weißt du auch, dass der hauptinitiator moderner propaganda auch für die werbung etc. tätig war.
wenn stefan einfach „totalitäre“ vor propaganda eingefügt hätte, hätte ich es so geschluckt.
und jetzt kleine quizfrage, was sagt es über euch aus, dass ihr einen leichten ausflip habt und denkt ich wäre ein querdenker und sonstiges, nur weil ich den punkt eingebracht habe?
ich mein, man könnte denken, dass der einsatz des begriffes „querdenker“ auch gewissen propagandabemühungen zu schulden ist. so wie der begriff „linksgrünversifft“ etc., nur eben für leute mit anderem anspruch.
„Weil ich die eine Propaganda erkannt habe, hat die andere Seite recht“, das ist eben deinen, zum großen teil berechtigten vorurteilen zu schulden, dass du direkt sowas annimmst. (siehe querdenkervorwurf)
aber spiegel das mal, ist das nicht genau der gleiche psychologische mechanismus wie instantly zu glauben, im westen gäbe es keine ‚richtige‘ propaganda? und ist diese reaktion am ende nicht einfach nur einer viel subtileren propaganda zu schulden?
Zum Sprachthema ein paar Überlegungen und Fragen meinerseits:
1) Sprachliche Verwandtschaft: Ähnlich wie die Ähnlichkeiten im romanischen Sprachgebiet, die LC oben beschrieben hat, sind auch deutsch-niederländisch-englisch-etc. ähnlich genug, mit gutem Willen Basisverständnis zu erzielen, während chinesisch mit englisch praktisch keine Gemeinsamkeiten hat. Hier wäre vielleicht die Frage interessant, wie verbreitet Japanisch- oder Koreanisch- Kenntnisse dort sind.
2) Gesellschaft: Natürlich ist die Abschottung vom (englischsprachigen) Internet eine Katastrophe für das Sprachverständnis. Auch bei uns ist die Sprachkenntnis zwischen ‚vor Internet‘ und ’nach Internet‘ drastisch angestiegen.
3) Ersatztechnologien: Ein wenig ist die Sprachapp-Frage so wie die die Taschenrechner-Frage vor 40 Jahren. Ist die Kulturtechnik (sprache bzw Rechnen) für sich so wichtig, dass sie trotz Hilfsmitteln geübt werden sollte?
4) Ideologie: Wie stark ist die Anerkennung einer sprachlichen Hegemonie mit einem politischen Hegemonialanspruch (LC hat die Langzeitwirkung von Latein erwähnt) verbunden? Wie sieht es mit den anderen fünf Weltsprachen (zu denen Mandarin gehört) aus ?
4a) Eine Bemerkung zum Begriff „Lingua franca“ (Sprache der Franken) selbst. Dieser bezeichnete eben keine Hegemonialsprache, sondern eine interkulturelle Pidgin-Handelssprache in gesamten Mittelmeerraum.
5) Wie sieht es eigentlich mit den Deutsch-Kenntnissen in China aus? Für die Goethe-Institute war China lange das Paradeland.
1) Meine Annahme wäre: praktisch nicht.
2) Good point!
3) Aktuell gibt es wegen der Qualität noch keine Alternative. Aber in 10 Jahren spätestens wird das eine hochrelevante Frage sein. Ich behaupte einfach mal, dass wenigstens die zweite Fremdsprachee als Abivoraussetzung unter massiven Legitimitätsdruck kommen wird.
4) Da besteht eine definitive Verbindung. Aber China unternimmt nichts, um Mandarin zu verbreiten. Das ist keine Weltsprache wie Englisch. Es wird von vielen gesprochen, aber halt nur in in einem SEHR umgrenzten geographischen Gebiet. Niemand lernt Mandarin, um außerhalb Chinas kommunizieren zu können.
a) Richtig, aber heuzutage meint es etwas völlig anderes.
5) Es gibt Leute, die in Deutschland Deutsch studiert haben (mit zwei von denen hatte ich viel Kontakt), aber ein Breitenphänomen ist das sicher nicht.
zu 4) „Aber China unternimmt nichts, um Mandarin zu verbreiten.“
Und da frage ich mich immer, warum nicht? Gehen sie davon aus, dass sie irgendwann so eine Macht haben, dass die ganze Welt Chinesisch lernt, ohne dass sie da Druck ausübern müssen? Oder sehen sie es als nicht wichtig an, die gleiche Sprache zu sprechen um Geschäfte zu machen? Oder ist es für sie OK, dass Englisch die Weltsprache bleibt?
Nach einigen Gesprächen mit der Unternehmensführung eines grossen chinesischen Energieversorgers schien mir, die Chinesen hätten das Thema einfach achselzuckend abgehakt. Mit ihrem komplexen Schriftzeichensystem sahen sie einfach a) keine Chance, Englisch abzulösen und b) waren sie pragmatisch genug, einfach zu akzeptieren, dass Englisch bereits etabliert war.
Anekdotisch, aber für mich überzeugend.
Denke auch die Schriftzeichen und die aussprachebasierte Natur sind eine extreme Hürde.
Keine Ahnung. Vielleicht auch noch nicht genug Weltmachtanspruch oder so. Die Angelsachsen haben ja auch keine bewusste Kampagne betrieben; das war ja einerseits das Kolonialreich und andererseits die kulturelle Dominanz in Popkultur und Internet.
Zu 5) siehe meine Anekdote aus 2014 🙂 .