Extremist*innen schreiben bei Mercedes in Niedersachsen unter Aufsicht von Arschlöchern Matheabitur – Vermischtes 10.05.2023

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann.

Fundstücke

1) MAGA Is Ripping Itself Apart

It is a lesson nearly as old as time itself: Those whose passions are inflamed—and Trump supporters are nothing if not perennially inflamed—are drawn to destruction. “Rage and phrenzy will pull down more in a half an hour, than prudence, deliberation, and foresight can build up in a hundred years,” the 18th-century conservative statesman and philosopher Edmund Burke warned. […] But it goes even beyond this. MAGA world directs its ridicule at those who exercise temperance, who embrace restraint, and who ask themselves what they should do rather than what they can get away with. Those who reject the ethic of Thrasymachus—the cynical Sophist in Plato’s Republic who believes might makes right and injustice is better than justice—are dismissed as weak and delicate. The denizens of MAGA world not only relish discarding guardrails; they scorn those who abide by them. (Peter Wehner, The Atlantic)

An dem Text zeigt sich mal wieder schön, dass die Bezeichnung „konservativ“ für die Republicans längst keinen Sinn mehr macht (genausowenig übrigens wie für die AfD). Konservative wollen per Definition etwas bewahren, nicht eine Revolution. Diese Leute sind Reaktionäre. Inwiefern die „reine Lehre“ in einem mythischen „früher“ wirklich gegolten hat, sei einmal dahingestellt; Nixon war sicherlich nicht unbedingt ein Referenzpunkt für den von Wehner in seinem Artikel gefeierten „restraint„, und Barry Goldwater wusste das eine oder andere über „inflamed passion„. Aber das ist letztlich in jedem Lager so; es gibt immer einen Unterschied zwischen dem verkündeten Ideal und der Realität des politischen Alltags.

Zum eigentlichen Thema: ich bin sehr unsicher, ob MAGA sich wirklich selbst zerstört. Diese Vorhersagen höre ich aus dem konservativen Spektrum schon lange, und sie lagen bislang immer falsch. Wenn meine Erinnerung nicht trügt, gab es solche Vorhersagen historisch bei anderen extremistischen Bewegungen auch. Aber es gibt keine Schmerzgrenze für Radikalisierung, die irgendwie automatisch eingezogen ist und bei der die Revolution dann ihre eigenen Kinder zu fressen beginnt. Ja, die Jakobiner fielen irgendwann, aber der Rote Terror etwa ging durch zig Iterationen und war genauso stabil wie der der DDR oder der Nazis. Nie gab es einen Punkt, an dem die Radikalisierung sich selbst fraß; das Ganze ging weiter, bis es von außen gestoppt wurde.

2) Text von Klimaaktivistin Neubauer in Abi-Prüfung: CDU vermutet Einflussnahme // Jura-Professor hält Neubauer-Prüfung für rechtswidrig

Ein veröffentlichter Gastbeitrag von Klimaaktivistin Luisa Neubauer ist Materialgrundlage für eine Aufgabe in einer Abiturprüfung in Niedersachsen geworden  und sorgt nun für Aufregung. Die CDU vermutet Einflussnahme durch die grüne Kultusministerin. […] Der Gastbeitrag wurde laut Ministerium im Juni vergangenen Jahres von einem Medium veröffentlicht. Bei der Abiturprüfung standen demnach mehrere Aufgaben zur Auswahl für die Schüler – bei einer war der Text von Neubauer Grundlage. Schüler müssen sich für eine Aufgabe entscheiden. Dabei handelte es sich um die schriftliche Prüfung im Fach Politik-Wirtschaft, wie das Kultusministerium in Hannover am Mittwoch mitteilte. Die Prüfung war am Montag. (News4Teachers)

„Prüfungsaufgaben müssen so gestellt werden, dass die Schüler sie weitgehend emotionsfrei und unbefangen bearbeiten können“, erklärt Lindner die Problematik. Genau das sei bei einem Text von Neubauer, Klima-Aktivistin und das deutsche Gesicht der „Fridays for Future“-Bewegung, nicht der Fall. […] „Auch wenn sie es vielleicht anders sehen, könnten Schüler sich nicht getraut haben, den Text auch kritisch zu bewerten“, mahnt Lindner. „Das heißt, der Schüler kann die Aufgaben nicht unvoreingenommen bearbeiten, sondern ist innerlich befangen, er verspürt einen Erwartungsdruck – und kann so möglicherweise nicht seine ganze Leistung abrufen.“ […] Das sei aber gerade bei einer Prüfung wie dem Abitur, die entscheidend für das weitere Leben ist, problematisch. In der Folge können Schüler, die sich durch eine Prüfung unfair behandelt fühlen, gegen die Bewertung klagen. (BILD)

Irgendetwas sagt mir, dass die Befürchtungen der CDU parteipolitisch motiviert sein könnten. In unserem eigenen Abitur hier in Baden-Württemberg war die Deutsch-Erörterungsaufgabe ein Text, der emphatisch gegen das Gendern argumentierte. Irgendwie war das kein Problem. – Das ist ein so unglaublicher Haufen diskursiver Mist. Seit wann um Gottes Willen müssen Abiturmaterialien „emotionsfrei und unbefangen“ bearbeitet werden können? Das war noch nie so. Und ich wüsste nicht, warum Neubauers Text jetzt die Emotionen höher kochen lassen sollte als einer von Alexander Kissler aus der NZZ, der in Bausch und Bogen das Gendern verdammt. Es geht einfach nur um die Durchsetzung der eigenen Linie in der Schule.

Das ist doppelt ärgerlich, weil es gleich drei massive Denkfehler macht.

Da eine ist einer, den Konservative sonst so bei Progressiven bejammern: dass diese safe spaces schaffen wöllten, in denen offene Debatte unter vorgeblichem Schutz der zarten Gemüter nicht möglich, eine Auseinandersetzung mit kontroversen Themen nicht möglich sei. Solange es ums N-Wort geht, darf keinesfalls etwas aus der Schule gehalten werden, aber bei LUISA NEUBAUER ziehen wir die Grenze? Fuck you all. Wenn die Jugendlichen Kissler analysieren können, können sie das auch bei Neubauer. Ansonsten hätten wir Lehrkräfte auch echt versagt, und die ganze Gesellschaft gleich mit.

Der andere ist die Annahme, dass die Schüler*innen derart empfänglich für die geringsten Einflüsse seien, dass sie quasi nur im Abi einen Neubauer-Text lesen müssten, um sofort entweder zu Klimaklebern zu werden oder zumindest emotional tief erschüttert zu sein. Die dahinterstehende Annahme ist der übliche Denkfehler, dass immer ANDERE total empfänglich für alle möglichen Einflüsse seien, während man selbst davon befreit ist – wir hatten im Podcast darüber gesprochen.

Und das dritte ist die doppelte Annahme, dass Klimaschutz einerseits ein „grünes Thema“ sei und die FFF-Bewegung identisch mit der Partei „Die Grünen“ sei, was schlicht nicht korrekt ist, und andererseits, dass hier ein „Druck“ entstünde. Dieses Geraune von Josef Franz Lindner, dass das Besondere an Neubauer sei, dass die Schüler*innen „unter Druck“ stünden, deutet an (natürlich feige ohne es offen zu sagen), dass die Lehrkräfte a) alle FFF-Sympathisant*innen seien und b) deswegen bei der Korrektur auf Linientreue achten würden. Und dazu auch nur: FUCK YOU.

3) Mercedes-Benz chief says cutting China ties would be ‘unthinkable’

Cutting ties with China would be “unthinkable for almost all of German industry”, the chief executive of automaker Mercedes-Benz has said, as Europe’s largest economy grapples with its deep reliance on Beijing. […] “The major players in the global economy — Europe, the USA and China — are so closely intertwined that disengaging from China makes no sense,” Källenius told the German newspaper Bild am Sonntag. “It’s about win-win on growth and climate protection, not conflict.” […] Concerns about the threat posed by China to Germany’s critical infrastructure have prompted recent re-evaluations of the role of Chinese telecoms company Huawei in the country’s communications networks. The government is also being forced to re-examine a contentious decision to sell a stake in a Hamburg port terminal to the Chinese shipping conglomerate Cosco. Many of Germany’s largest companies, meanwhile, are not wavering in their commitments to the world’s biggest and most important destination for consumer goods. […] “Of course, we see the political differences and tensions,” he said. “The [coronavirus pandemic] showed how fragile supply chains are. We have to become more resilient here and more independent of individual states in the case of lithium batteries, for example.” He added, however, that “decoupling from China is an illusion, and also not desirable”. (Financial Times)

Natürlich hat Källenius vollkommen Recht. Aber es fordert ja auch niemand ein „cutting of ties“ mit China. Die Idee des „decoupling“ ist ja nicht ein Verzicht auf jegliche wirtschaftliche Betätigung, sondern genau das, wovon Källenius am Ende spricht: Lieferketten resilienter zu gestalten, indem man diversifiziert und auf Globalisierung setzt, indem man mehrere Anbieter kultiviert – gerade für seltene Produkte, die wir nicht selbst herzustellen in der Lage sind. Wie auch bei der Wärmepumpengeschichte ist der wirtschaftspolitische Diskurs auf einem völlig verblödeten Niveau, auf dem hauptsächlich Strohmänner attackiert und dann mit großem Getöse niedergerissen werden. Es ist nur noch ermüdend. Weder wollen die Grünen die deutsche Wirtschaft deindustrialisieren, noch will die FDP das Klima für fossile Profite zerstören. Ein bisschen Good Faith in diesen Debatten wäre echt hilfreich, wie ich auch im Podcast mit Benedikt Becker diskutiert habe.

4) Mathe-Therapeuten: Dyskalkulie ist keine Krankheit und Rechnen für fast jeden erlernbar

Leidet ein Kind an einer Rechenschwäche, bedeutet das aus Sicht der Pädagogen und Therapeuten vor allem: Ihm fehlt ein bestimmter Schritt in der langen Reihe von Erkenntnissen, die die Fähigkeit zum Rechnen und zur Mathematik eben ausmachen. Die Schulen aber scheitern oft dabei, diese Lücken bei ihren Schülern zu füllen. Denn Lehrpläne geben vor, dass im Unterricht ständig neue Themen drankommen müssen, egal ob alle Schüler die Grundlagen dafür haben oder nicht. „Der beste Unterricht wird nicht ausreichen, solange man an dem Grundsatz festhält, dass alle Kinder in einer bestimmten Zeit einen bestimmten Lernfortschritt machen sollen“, sagt Mathematikpädagoge Gaidoschik.  […] Hinzu kommt, dass im Schulsystem mit seinen Zensuren noch oft erwartet wird, dass bei den Tests am Ende eine Art Normalverteilung der Zensuren herauskommt. Eine Arbeit gilt dann als ausreichend schwer, wenn wenige Schüler sehr gute Noten bekommen, die meisten eine Drei oder Vier schreiben und ein paar wenige ein schlechtes Ergebnis erzielen. Doch Letzteres bedeutet häufig, dass bestimmte Inhalte  nicht verstanden wurden – welche das sind, und ob es sich möglicherweise um kumulierte handelt, ermittelt die Schule nicht. Kann diese Lücke danach nicht geschlossen haben, verliert das Kind den Anschluss. Bei Rechenschwäche passiert das bereits im Anfangsunterricht der ersten Klassen. (Clemens Haug, MDR)

Zu der Frage aus dem Titel kann ich wenig sagen – ich weiß auch nicht, wie das bei Legasthenie aussieht, ich bin da echt kein Experte. Aber die zitierten Ausschnitte kommen ohnehin auf zwei viel bedeutendere Probleme zu sprechen. Es ist das Grunddilemma des Mathe- und Sprachenunterrichts: alles baut aufeinander auf, weswegen Versäumnisse kumulativ wirken und Schüler*innen schnell abgehängt werden. Weder Lehrkräftewechsel noch Wiederholungen verändern da noch irgendetwas. Das liegt in der Struktur dieser Bereiche begründet und lässt sich nicht ohne Weiteres umgehen. Deswegen kann der Unterricht im Klassenverband, der wissenschaftlich schon längst als ineffizient belegt ist, hier auch besonders schlecht greifen. Die seit mittlerweile Jahrzehnten geforderte Individualisierung lässt natürlich gleichwohl weiter auf sich warten.

Das zweite Thema ist die Gauss’sche Normalverteilung, die für Klausurenergebnisse gefordert wird. Es ist ein völlig irrwitziger, aber weitgehend unhinterfragt akzeptierter Maßstab, dass die Qualität einer Klausur (und des Unterrichts) darin besteht, dass es wenige gute und wenige schlechte Leistungen gibt und sich alles im Mittelfeld bewegt. Abweichungen davon müssen gerechtfertigt werden, nicht aber diese völlig arbiträr-bescheuerte Festlegung. Noten sind einfach so beknackt und gehören abgeschafft; sie stehen Lernen und Lernerfolg nur im Weg.

5) Maybe Becoming President Takes More Than Just Being a Dick

The success of Donald Trump, an asshole who became president, created a fallacy: Americans want an asshole as their president. This misapprehension greatly appeals, of course, to assholes, especially those in public office, who seem happy to drop their traditional practice of pretending to be nicer than they really are in favor of doubling down on being dicks. In truth, Trump’s appeal is, or was, probably based less on just being an asshole than in getting America’s large share of angry, aging, conservative, mostly white people to feel “this asshole is on my side,” plus occasionally being funny. (Dan Friedman, Mother Jones)

Das ist in der Tat kein irrelevanter Trugschluss, dem diverse Leute gerade aufsitzen. Man sollte ja auch nicht aus Bidens Präsidentschaft die Lehre ziehen, dass die Wählenden unbedingt einen Greis als Präsidenten wollen. Sowohl John F. Kennedy als auch Barack Obama können da als Gegenbeispiel dienen. Das letzte offizielle „Arschloch im Oval Office“, Richard Nixon, war auch nicht eben ohne elektorale Fähigkeiten; Nixon gewann die Wahl 1972 immerhin als einziger Aspirant neben Ronald Reagan mit 49 von 50 Staaten. Aber allzu oft sind solche Wahlen „trotz“ Wahlen, nicht „wegen“ Wahlen. Und wer solche Faktoren durcheinanderbringt, wird dafür bestraft, ganz besonders, wenn er oder sie es einfach nur faked.

Resterampe

a) Einige gute Gedanken zur Politisierung der Pandemie.

b) Why Won’t Powerful Men Learn? Warum scheißt der Bär in den Wald?

c) Academic Ranks Explained Or What On Earth Is an Adjunct? Sieht bei uns ja ähnlich aus, die Lage.

d) Has the Fed affected inflation yet?

e) Überraschend (nicht): kaum Lehrkräfte nehmen das Angebot zu bezahlter Mehrarbeit an.

f) Auch so eine super-nervige Debatte, die völlig überzogen ist, ist die um Jugendoffiziere. Da steckt so viel von dieser Prämisse drin, dass die Jugendlichen hyperbeeinflussbar seien, die ich einfach nur zum Kotzen finde.

g) Und mal wieder was zur Korruption am SCOTUS. Und noch was.

h) Der Verfassungsblog hat was zum französischen Verfassungsrecht anlässlich der Rentenreformen. Spannend, welche institutionellen Unterschiede es da zu uns und den USA gibt.

i) Ich hoffe so, dass Drum Recht hat, was selbstfahrende Autos angeht.

j) In meinem Artikel zur Koeppen-Debatte hatte ich vorhergesagt, dass das Kultusministerium sich für dieses Jahr hart geben und dann das Abiformat auf freiwillige Lektüre umstellen wird, ähnlich dem allgemeinbildenden Gymnasium. Ihr ratet nicht, was das KuMi gerade verkündet hat.

k) Guter Thread zur Selbstreferenzialität deutscher Talkshows.

l) Was Bernd Ulrich sagt.

m) Wer kürzte Staatsausgaben mehr, Republicans oder Democrats?

{ 94 comments… add one }
  • Tim 10. Mai 2023, 09:23

    (4 – Mathe-Pädagogik)

    Ausgerechnet Schulen – also hier wohl vor allem: die Schulbürokraten – erweisen sich als lernunfähig. Es ist so ein Elend. Und zugleich unglaublich tragisch für die betroffenen Schüler. 🙁

  • Tim 10. Mai 2023, 09:34

    (5 – Beeinflussbarkeit)

    Da steckt so viel von dieser Prämisse drin, dass die Jugendlichen hyperbeeinflussbar seien, die ich einfach nur zum Kotzen finde.

    Übrigens ist das auch der Grund, warum wir öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben. Politik (und zunehmend Bundesverfassungsgericht) hielten damals auch Erwachsene für so leicht zu beeinflussen, dass sie alles glauben, was man ihnen via Radio oder Fernsehen erzählt. Nazi-Propaganda und so. Also dürfte man Radio und Fernsehen nicht privaten Anbietern überlassen.

    Das war schon damals Quatsch und ist heute natürlich nur noch bizarr. Aber es ist die Grundlage unseres zugewucherten öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems.

    Zum Kotzen, in der Tat.

    • Stefan Sasse 10. Mai 2023, 12:14

      Das ist so nur teilweise richtig. Das Problem waren ja nicht die privaten Medien im NS; es ging ja darum, dass die ÖR dem direkten staatlichen Zugriff entzogen werden. Und das hat ja sehr gut geklappt.

      Der pädagogische Gedanke steckte mit drin, das ist richtig. Ich mag die Informationsprogramme der ÖR auch, also gerade deren Podcasts sind super. Was halt wesentlich problematischer ist ist a) der kommerzielle Unterhaltungsteil, weil ich nicht sehe warum man mit Gebührengeldern den Privaten Konkurrenz machen muss und b) die ganzen Nachrichtensendungen wie Tagesschau und Co.

      • cimourdain 11. Mai 2023, 08:39

        „es ging ja darum, dass die ÖR dem direkten staatlichen Zugriff entzogen werden.“ würde ich so nicht unterschreiben. Vorbild war ja die BBC und die war in der Kriegs- und frühen Nachkriegszeit sehr stark unter dem direkten Einfluss des britischen Informationsministeriums – so stark, dass George Orwell (selbst in der Zeit BBC-Mitarbeiter) diesen Einfluss als Vorbild für die Arbeit des Wahrheitsministerium in „1984“ nahm.

        • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 10:37

          Das war bei den ÖRR in D aber nie der Fall, und bei der BBC auch nicht lange.

          • cimourdain 11. Mai 2023, 12:02

            Bis 2014 (Urteil BVerfG) war es in D Usus, dass Staatsvertreter die Mehrheit (oder knapp darunter) in den Rundfunkräten hatten. Das nenne ich schon Kontrolle.

            • CitizenK 11. Mai 2023, 13:50

              Die Kontrolleure werden immerhin von demokratischen Institutionen entsandt.
              Was wäre Deine Lösung? Den Grundstoff der demokratischen Willensbildung den Murdochs und Döpfners überlassen?

            • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 18:49

              Ist es aber halt nicht.

              • cimourdain 12. Mai 2023, 09:27

                Mit dem Verfassungsgerichtsurteil ist es viel besser geworden. Vorher war es ziemlich übel:
                https://www.spiegel.de/kultur/tv/einflussnahme-der-parteien-brender-prangert-spitzelsystem-bei-oeffentlich-rechtlichen-an-a-679247.html

                • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 11:20

                  Dass es da Zwänge und Einflussnahme gibt – kein Zweifel! Ich will nur, dass ein Unterschied zu „staatlich kontrolliert“ oder „Staatsmedien“ gewahrt bleibt, davon sind wir weit entfernt.

                  • Tim 12. Mai 2023, 13:40

                    Natürlich ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk staatlich kontrolliert. Da gibt es gar kein Vertun. ARD & ZDF sind genauso staatliche Einrichtungen, wie Krankenkassen, Gerichte, Universitäten oder auch der Bundesrechnungshof staatliche Einrichtungen sind. Alle genannten Institutionen sind gesetzliche Einrichtungen mit gesetzlichem Auftrag und einem hohen Maß an Unabhängigkeit. Du scheinst zu glauben, dass eine staatliche Einrichtung immer auch abhängig von der Politik sein muss. Das ist aber eben nicht der Fall. Der Begriff „Staatsmedien“ trifft darum voll ins Schwarze.

                    Mach zur Abwechslung die Gegenprobe: Würden das Bundesverfassungsgericht und die Ministerpräsidenten den öffentlich-rechtlichen Rundfunk künftig nicht mehr haben wollen, gäbe es ihn auch nicht mehr.

                    Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter sind aber eben keine Regierungsmedien. Diesen begrifflichen Unterschied muss man schon machen.

                    • Tim 12. Mai 2023, 13:46

                      Ich hatte in der Auflistung noch vergessen zu erwähnen: … mit gesetzlicher Finanzierung.

                      Eine weitere und hier ja sehr wichtige Komponente. Wenn Du den Staat hier aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk rausziehst, bleibt nicht viel übrig.

                    • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 17:05

                      Korrekt.

                    • Ralf 12. Mai 2023, 14:06

                      Das ist Wortklauberei. “Staat” ist bei den meisten Bürgern stark negativ konnotiert, weshalb Begriffe wie “Staatsmedien” fast ausschließlich von Staatshassern – also z.B. AfD oder FDP – verwendet werden. Die zwischen den Zeilen mitschwingende Bedeutung von Begriffen ist halt absolut zentral in der Rhetorik, weil sie an den Bauch der Target-Audience appelliert. Man liefert – bei voller Deniability – die argumentative Richtung mit, ohne das hässliche Argument jemals auszusprechen.

                      Das funktioniert übrigens auch auf anderen Feldern. Jeder geht z.B. gerne in einem öffentlichen Waldgebiet spazieren. Aber wer wandert schon freiwillig im Staatswald?

                    • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 17:08

                      Genau, daher auch meine Verwirrung. Wenn Stefan Pietsch hier „Staatsmedien“ gebraucht, meinte er anklagend „regierungsnah“. Aber ich weiß künftig, dass Tim das anders verwendet – bezweifle aber, dass seine Konnotationen weithin geteilt werden.

                    • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 17:05

                      Ah ok. Das ist ok. Nur wird der von den Aktivist*innen gegen den ÖR halt üblicherweise nicht gemacht, deswegen ist er bei mir auch untergegangen.

                    • Tim 12. Mai 2023, 17:13

                      @ Ralf

                      “Staat” ist bei den meisten Bürgern stark negativ konnotiert

                      Hm, das nehme ich nicht so wahr. Ganz im Gegenteil: Die Deutschen lieben ihren Staat doch so sehr, dass sie ihm auch noch den größten Mumpitz durchgehen lassen. Wir hatten das hier hundertfach im Blog.

                      Dass auch Idioten die öffentlich-rechtlichen Medien kritisieren (oft mit idiotischen Argumenten), hat die Debatte allerdings vergiftet und unmöglich gemacht, da stimme ich Dir zu. Dasselbe gilt übrigens für die EU: Auch sie kann man nicht mehr kritisieren, ohne als EU-Gegner zu gelten.

                      Ist für mich aber kein Grund, zutreffende Begriffe nicht mehr zu verwenden.

                    • Stefan Sasse 13. Mai 2023, 11:05

                      Die Leute lieben nicht den Staat, sie lieben staatliche Leistungen. Das ist ein Unterschied. Denk an den legendären Spruch aus den USA: „Get the government’s hands off my Medicare!“

                    • Tim 12. Mai 2023, 17:17

                      @ Stefan Sasse

                      Wenn Stefan Pietsch hier „Staatsmedien“ gebraucht, meinte er anklagend „regierungsnah“

                      Ah, jetzt verstehe ich euren Einwurf besser, hatte das nicht auf dem Schirm. 🙂 Bin mir ziemlich sicher, dass ich bei dem Thema nah an Stefan Pietschs Meinung bin und werde aufpassen, wenn es hier mal wieder auftaucht.

                    • Tim 13. Mai 2023, 13:55

                      @ Stefan Sasse

                      Die Leute lieben nicht den Staat, sie lieben staatliche Leistungen.

                      Ralf hat oben den Vorwurf der Wortklauberei ins Spiel gebracht. Denke, die Trophäe geht an Dich. 🙂

                    • Stefan Sasse 14. Mai 2023, 09:56

                      Ne, das ist ein zentraler Unterschied. Der Staat als solcher ist super unbeliebt. Was die Leute mögen, sind die Programme und Leistungen. Wenn ich eine „Staatsgesundheitsversicherung“ verkaufen würde, fänden die Leute das blöd. Die GKV mögen sie. Würde ich Staatsschulen haben, fänden die Leute das eher blöd, während „öffentliche Schulen“ in Ordnung sind. Und so weiter.

  • Ralf 10. Mai 2023, 09:39

    Es ist ein völlig irrwitziger, aber weitgehend unhinterfragt akzeptierter Maßstab, dass die Qualität einer Klausur (und des Unterrichts) darin besteht, dass es wenige gute und wenige schlechte Leistungen gibt und sich alles im Mittelfeld bewegt.

    Hmmm … ist das “Mittelfeld” nicht genauso definiert, dass die große Mehrheit darunter fällt, während “gut” und “schlecht” als “besser als das Mittelfeld” bzw. “schlechter als das Mittelfeld” definiert sind? Also mich wundert die Erwartung eine Gauss’sche Verteilung zu sehen überhaupt nicht …

    • Stefan Sasse 10. Mai 2023, 12:15

      Nein. Wenn ich eine Klausur designe, weiß ich ja vorher nicht, wie gut die gelöst wird. Wenn 50% der Klasse eine sehr gute Note haben, habe ich ja keine Normalverteilung. Das Mittelfeld ist ja nicht definiert als „der Bereich zwischen schlechtesten und besten“, also auf einer fluiden Skala. Dann klar, hättest du Recht. Aber wir haben ja fixe Noten. Und die Idee, dass das Produkt meines Unterrichts eine Normalverteilung BEI DIESEN NOTEN sein sollte, ist irrsinnig.

      • Ralf 10. Mai 2023, 13:21

        Wenn Du in der 5. Klasse eine Mathematik-Klausur schreiben lässt und die einzige Aufgabe ist “4+5”, werden (hoffentlich) alle Schüler das richtige Ergebnisse errechnen und eine eins bekommen. Das liegt dann aber eben daran, dass die Aufgabe nicht ausreichend fordernd war. Wenn hingegen die einzige Aufgabe “Integral eines Polynoms mit komplexen Zahlen als Koeffizienten” ist, werden wohl alle durchfallen. Aber das liegt dann daran, dass die Klausur viel zu schwer war.

        Wenn Du eine angemessene Klausur stellst, würdest Du ungefähr eine Normalverteilung erwarten. Zumindest wenn die Klasse nicht super klein ist.

        • Stefan Sasse 10. Mai 2023, 15:08

          Die Annahme ist aber völlig unbegründet. Warum um Gottes Willen sollte in jeder Klasse eine Normalverteilung sein?!

          • schejtan 10. Mai 2023, 16:00

            Anekdote: Mein Vater hatte mal in der gleichen Stufe zwei Englisch GKs. Im einen war der Notenschnitt ungefaehr eine Note besser als im anderen.

            • Stefan Sasse 10. Mai 2023, 16:31

              Eben. Und das ist häufig so. Es gibt einfach Klassen/Kurse, in denen die Leute besser/schlechter sind. Die auf Normalverteilung zu drängen ist bescheuert. Aber genau das passiert! In guten Kursen muss man eine viel größere Leistung für eine gute Note bringen als in schlechten.

              Was mich zu meinem Lieblingsthema bringt: Noten gehören weg. Objetivitätssimulation.

              • Ariane 10. Mai 2023, 16:34

                Genau deswegen bekomme ich übrigens immer die Krise, wenn jemand vorschlägt Lehrer (oder Beamte. Hö?) sollten nach Leistung bezahlt werden. Da hat man nämlich nur das Kriterium Noten oder meinetwegen angenommene Anträge und das ist einfach Quatsch.

                • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 10:30

                  Exakt. Lehrkräfte nach Leistung bezahlen ist eine tolle Idee, die sofort krachend scheitert wenn man versucht, da Kriterien zu entwickeln.

                • Erwin Gabriel 11. Mai 2023, 10:47

                  @ Ariane 10. Mai 2023, 16:34
                  Genau deswegen bekomme ich übrigens immer die Krise, wenn jemand vorschlägt Lehrer (oder Beamte. Hö?) sollten nach Leistung bezahlt werden. Da hat man nämlich nur das Kriterium Noten oder meinetwegen angenommene Anträge und das ist einfach Quatsch.

                  Also gibt es kein Kriterium der Leistungsbewertung. Da kriege ich dann die Krise 🙂

                  • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 18:38

                    Sag mir wie du es misst.

                    • Ralf 12. Mai 2023, 14:18

                      Es gibt keinen objektiven Test für Leistung. Aber:

                      “I know it when I see it”
                      (Potter Stewart; Jacobellis v. Ohio)

                    • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 17:09

                      Auf der Basis kannst halt keine Tarife schreiben.

                  • Ariane 11. Mai 2023, 23:11

                    Es gibt kein objektives, zählbares Kriterium der Leistungsbewertung. Lehrer, die Klausuren so einfach machen, dass alle ne 1 schreiben sehen auf dem Papier super aus, aber nachher hat er nur gefragt, was 1+1 ist.
                    Oder jemand, der viele Anträge ablehnt oder annimmt, eben auch nicht zwingend super Arbeit leistet.

                    Gut ist in solchen Bereichen, wer sich Zeit nimmt und möglichst faire Beurteilungen trifft. Nur auf dem Papier siehts immer scheiße aus und wenn man die Bezahlung davon abhängig machen würde, würden diese Leute dann weniger bekommen und das ist nicht Sinn der Sache.

              • CitizenK 10. Mai 2023, 17:58

                Weg mit der Objektivitäts-Illusion – nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Länder mit besseren Schulsystemen haben auch Noten.

                • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 10:33

                  Schon richtig. Noten weg ist ja auch ein hehres Ideal; ich arbeite da ja eher mit inkrementellen Forderungen wie der Öffnung der Prüfungsordnung.

                  • CitizenK 11. Mai 2023, 13:42

                    Ist in Deinem Forderungskatalog auch die Einsicht in die bewertete Prüfung enthalten? Bisher total intransparent und demokratisch fragwürdig. Würde aber gewaltig Arbeit machen – und Ärger.

          • Ralf 10. Mai 2023, 18:55

            Die Annahme ist aber völlig unbegründet. Warum um Gottes Willen sollte in jeder Klasse eine Normalverteilung sein?!

            Meine persönliche Erfahrung in jeder Arbeitsgruppe, in der ich beruflich tätig war, aber auch in jeder Schulklasse, in der ich gesessen habe, ist die, dass niemals alle Superstars sind und niemals alle Totalversager. In jeder Gruppe sind die meisten Durchschnitt. Das heißt, sie leisten ausreichend viel, wie nötig ist, um den Job zu behalten (bzw. in der Schule versetzt zu werden). Aber eben auch nicht viel mehr, was erforderlich wäre, um sich von der Allgemeinheit abzuheben. Neben diesem Durchschnitt, an den man die Erwartungen und Ziele im Beruf – wie in der Schule – normalerweise anpasst und der etwa 80% der Kandidaten umfasst, gibt es in der Regel 10%, die above and beyond gehen, enthusiastisch sind und mit Begeisterung und aus Interesse Herausragendes leisten. Und am anderen Ende des Spektrums gibt es 10% Faulenzer, die in der Arbeitswelt in der Regel mitgezogen werden, weil das Kündigungsrecht keine einfache Trennung erlaubt. In der Schule gibt es kein Kündigungsrecht und diese Klientel wird dann folglich oft nicht versetzt. Ohne Frage ist die konkrete Zusammensetzung (10-80-10) in jedem Team bzw. in jeder Klasse leicht unterschiedlich. Möglicherweise findet man irgendwo 15-75-20. Aber bei einer ausreichend hohen Zahl an Mitarbeitern/Schülern ergibt sich immer mehr oder weniger eine Normalverteilung. Folglich ist es wenig überraschend, wenn Deine Klausurnoten ebenfalls normalverteilt sind. Es sei denn, wie gesagt, die Klausuraufgabe ist schlecht gestellt (also signifikant überfordernd oder signifikant unterfordernd).

            • Ralf 10. Mai 2023, 19:41

              Ok, ein Verhältnis 15-75-20 (= 110%) findet man wohl eher nicht. Offensichtlich gehöre ich beim Rechnen in die Gruppe der 10% Totalversager … 😉

            • schejtan 10. Mai 2023, 21:06

              Grundsaetzlich hast du durchaus recht, nur ist die durchschnittliche Klassengroesse von 20-30, oder in Oberstufenkurse auch mal 10-20, keine ausreichend grosse Anzahl.

              • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 10:35

                Klar, im Bundesland oder bundesweit erwarte ich das auch! Aber halt nicht in einzelnen Klassen, das ist ja genau der Punkt.

                • schejtan 11. Mai 2023, 11:17

                  Zumindest sollte es sich annaehern. Ich wuerd schon noch eine Verzerrung zu den „guten“ Noten hin erwarten. Ganz einfach, um mal bisschen klugzuscheissen, wil du schon eher ne Poissonverteilung und keine Gaussverteilung erwarten solltest, die bei gleichem Durchschnitt zu niedrigeren Werten (also besseren Noten) verzerrt ist. Und weil die Note 6 ja schon noch ne Sonderstellung hat und nicht wirklich das aequivalent zur 1 ist; das ist ja eher die 5.

                  • cimourdain 11. Mai 2023, 16:56

                    Poissonverteilung gefällt mir als Modell wegen der Grundannahme: Es gibt sehr viele Möglichkeiten einen Fehler zu machen, aber die Wahrscheinlichkeit für jeden einzelnen ist gering (der Schüler hat gelernt).

                  • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 18:41

                    Hm. In besagtem Deutschkurs habe ich tatsächlich mehr 6er als 1er 😀

                    • schejtan 11. Mai 2023, 19:02

                      Ne gute Freundin hat jahrelang an nem Berufskolleg in Essen unterrichtet…rat mal wie die Notenverteilung da aussah.

            • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 10:34

              Ich hab aktuell eine Klasse in Geschichte, die extrem leistungsstark ist. Da hab ich Durchschnitte in Klausuren von 1,X. Und ich hab eine Klasse in Deutsch, die sehr leistungsschwach ist, da hab ich Durchschnitte von 4,X. Das ist keine Normalverteilung, nicht ansatzweise. Ich habe in beiden Klausuren, in denen das Mittelfeld praktisch nicht existiert.

              • Ralf 12. Mai 2023, 00:00

                Wenn Du zwei Kurse mit Noten-Durchschnitten (!) von 1,X und 4,X hast, dann sind bei Dir aus meiner Sicht wahrscheinlich die Erwartungen an die Schüler realitätsfremd.

                Dabei bezweifele ich nicht, dass es bessere Klassen und schlechtere Klassen gibt. Genauso wie ich in der Arbeitswelt in fähigeren und in weniger fähigen Teams gearbeitet habe. Aber innerhalb der Klassen bzw. Teams gibt es in der Regel eine (annähernde) Normalverteilung – auf dem jeweiligen Niveau halt. Und mit der Qualität wachsen die Ansprüche. Wenn ich ein überdurchschnittlich kompetentes Team aus tatkräftigen Visionären habe, stecke ich höhere Ziele, als wenn ich von mediokren Mitläufern umgeben bin.

                Und manchmal gibt es sogar mehrere parallele (Normal-)Verteilungen innerhalb derselben inhomogenen Gruppe. Meine Gymnasialklasse setzte sich z.B. zur Hälfte aus Kids aus einem sehr reichen Stadtviertel und zur anderen Hälfte aus Kids aus einem sozialen Problemviertel zusammen. Die 10+ reichen Kids verteilten sich auf einem Spektrum so, dass – mit Schulnoten gemessen – die meisten so um die 10 (2-) Punkte standen. Einige wenige schafften 13 (1-) oder 14 (1) Punkte. Einige wenige schafften nur 7 (3-) oder 6 (4+) Punkte. Also im wesentlichen eine angenäherte Normalverteilung. Die 10+ ärmeren Kids hatten ihren Peak vielleicht bei 8 (3) Punkten. Nur einige wenige waren deutlich besser. Dafür schafften einige wenige die Versetzung nicht. Also auch hier eine angenäherte Normalverteilung. Und zusammengenommen überlappten sich die beiden Verteilungen, so dass in Summe auch für die gesamte Klasse eine angenäherte Normalverteilung herauskam.

                • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 09:03

                  Das sind ja auch Extremfälle, die ich beschrieben habe. Ich wollte damit nur illustrieren, dass die Erwartung einer Normalverteilung halt nicht immer zutrifft.

        • cimourdain 11. Mai 2023, 14:40

          Normalverteilung bei der Leistung: Gilt nur, wenn die einzelnen Aufgaben in ihrer Beantwortung voneinander stochastisch unabhängig sind. Dann bekommst du eine Normalverteilung (genau genommen Binomialverteilung, da Schüler diskret sind).
          Aber da gilt „alles baut aufeinander auf, weswegen Versäumnisse kumulativ wirken und Schüler*innen schnell abgehängt werden.“ sollte es eine Verteilung mit „fat tails“ geben. Ein höherer Anteil als erwartet an denen, die abgehängt wurden und deshalb keine Aufgabenstellung hinbekommen und ein höherer Anteil an denen, die „den Bogen raus“ haben und deshalb mit allen Aufgaben zurecht kommen.

          • Ralf 12. Mai 2023, 00:11

            Ja, ist richtig. Ich verwende den Begriff “Normalverteilung” in diesem Kontext nicht streng entsprechend der mathematischen Definition, sondern als lockere Beschreibung einer Verteilung, die eben annähernd glockenförmig aussieht (-> nur ein einziger breiter Peak, der die Mehrheit der Gruppenmitglieder umfasst und schmale, einigermaßen symmetrische Schultern links und rechts, die Outlier deutlich jenseits des Peakmaximum repräsentieren und die nur wenige Individuen enthalten).

            • schejtan 12. Mai 2023, 11:16

              Auch wenn du eine perfekte Normalverteilung annehmen kannst, heisst das ja nicht, dass du bei jeder konkreten Stichprobe auch eine bekommst. Da kriegst du ja auch erstmal wieder eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, wie die konkrete Verteilung aussieht. Die ist auch wieder eine Normalverteilung und bei der hohen Anzahl an Klassen und Klausuren wirst du da auch schon einige grosse Ausreisser bei den konkreten Stichproben haben.

              • Ralf 12. Mai 2023, 12:02

                Das ist richtig. Aber wenn wir eine Klassengröße von etwa 25 Schülern annehmen, ist die Wahrscheinlichkeit für eine homogene Gruppe aus 25 Superstars oder 25 Totalversagern statistisch extrem unwahrscheinlich. Was Du hingegen realistischerweise beobachten magst ist, dass Du manchmal 0 und manchmal 3 überragende Schüler haat. Und manchmal sind 0 und manchmal 6 Schüler versetzungsgefährdet. Aber die erdrückende Mehrheit wird fast immer irgendwo um das Mittelmaß herumpendeln. Und das macht ja auch Sinn. Mittelmaß reicht aus, um das Schulziel (= Versetzung bzw. Abschluss) zu erreichen. Wer nicht aus persönlichen Gründen oder aus besonderem Interesse getrieben ist, hat schlicht keinen Grund über das Mittelmaß hinaus zu leisten. Also zumindest sagt mir das meine Lebenserfahrung …

                • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 12:21

                  Grundsätzlich: ja. Ich hab in letzter Zeit öfter erlebt, dass Klassen praktisch keine 3er haben. Aber dafür war eine meiner letzten Klausuren fast nur 3er, ohne viele gute oder schlechte Ausreißer. Gibt solches und solches.

  • Ariane 10. Mai 2023, 16:14

    2:
    Dieses Geraune von Josef Franz Lindner, dass das Besondere an Neubauer sei, dass die Schüler*innen „unter Druck“ stünden, deutet an (natürlich feige ohne es offen zu sagen), dass die Lehrkräfte a) alle FFF-Sympathisant*innen seien und b) deswegen bei der Korrektur auf Linientreue achten würden. Und dazu auch nur: FUCK YOU.

    Oh ja, was für ein gequirlter Mix. DAS ist bescheuert und wer hier Probleme hat „emotionsfrei und unbefangen“ an die Sache ranzugehen, sind ja wohl definitiv Medien und PolitikerInnen, die (hatten wir ja auch im Podcast) sich nicht vorstellen können, dass das mind. 80% der Menschen oder hier Abiturienten schlichtweg egal ist oder sie zumindest nicht auf Kommando bei bestimmten Reizworten Schnappatmung bekommen.

    Linken ist das ja auch nicht fremd, aber aktuell sinds echt viele konservative Empörungswellen unterwegs, dass ich mir da mal mehr Emotionsfreiheit und Versachlichung wünschen würde (am besten in dem die die Klausur mal übungsmäßig mitschreiben)^^
    Gerade weil man an dem Zeitpunkt nichts anderes macht, als sich kritisch mit jedem Text und Thema auseinanderzusetzen, da muss man ja eher aufpassen, keine Erörterung zu einem Kuchenrezept zu schreiben.

    • Stefan Sasse 10. Mai 2023, 16:32

      Jepp. Und nein, Empörung ist Linken mit Sicherheit nicht fremd, die sind ja auch gerne dauererregt. ^^ Nur redet halt grade keiner über ihre Themen. Ich erinnere mich noch gut an die 2000er-Jahre. Diese Dauerempörung und -erregung ist halt auch ein Zeichen, dass man im aktuellen Diskurs die Minderheit ist.

  • Ariane 10. Mai 2023, 16:24

    1) MAGA
    irgendwann neulich ist mir schon der Gedanke gekommen, dass ich den Spruch die Revolution frisst ihre eigenen Kinder für ziemlich gefährlich halte. Bisschen wie das Kölsche „ist ja immer gutgegangen“
    Ja, bis irgendwann nicht mehr. Das sind ja keine Naturgesetze.

    Logischerweise ist eine Revolution irgendwann durch, aber die Zeiträume können ja enorm lang sein. Selbst das römische Imperium war irgendwann durch und ich glaub das ist bis heute das langlebigste System überhaupt. Und der Schaden, der auf dem Weg angerichtet wird, ist und kann enorm sein, dass einfach abwarten nicht so wirklich die beste Lösung ist.

    Und: es ist eine Milchmädchenrechnung. Selbst wenn man bei Radikalisierung die Massen verliert, wird das durch Engagement wieder wettgemacht, egal ob GOP, AfD oder Letzte Generation. Da machen 10 Leute dann genausoviel Krach wie 100 oder 1.000 und in unserer heutigen Aufmerksamkeitsökonomie reicht das.

    • Ralf 10. Mai 2023, 19:37

      Bisschen wie das Kölsche „ist ja immer gutgegangen“

      Es schmerzt mich physisch, das in Übersetzung zu lesen …

      Et hätt noch emmer joot jejange

      • Ariane 10. Mai 2023, 20:47

        Danke! Hab mich nicht getraut, das in Dialekt zu machen, so schön er auch ist 🙂

      • Lemmy Caution 10. Mai 2023, 22:09

        Wobei diese Sprache bald ausgestorben ist. Als Kind hatte ich Nachbarn, die im Köln Ehrenfeld der 50er aufgewachsen sind. Wenn die ein bisschen Alkohol drin hatten, haben die als Showeinlage untereinander Kölsch geredet. Das war schon speziell. Mitreden war für niemanden eine Option, weil jedes zweite Wort verbessert wurde.
        Im Fußballverein sprachen viele meiner Generation noch ein halbwegs glaubwürdiges Kölsch quasi als Zweitsprache. Im Gymnasium vielleicht 5% verwässert als Zweitsprache.

        • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 10:36

          Die Dialekte schleifen sich seit Jahrzehnten ab; ich finde das eine positive Entwicklung. 🙂

          • Lemmy Caution 11. Mai 2023, 17:13

            Aber in Schwaben echt weniger, oder?

            • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 18:52

              Doch, klar. Ich meine, ich komme auch aus dem Großraum Stuttgart, da ist das natürlich auch weniger als auf der Alb. Die großen Seuchen der Menschheit: Cholera, Lepra, Vondralbra.

              • CitizenK 11. Mai 2023, 19:21

                Spannend, dass es diese Binnen-Binnen-Ressentiments immer noch gibt.
                Der neu gegründete Dachverband für Dialekte in BW erhält vom Land zunächst 78000 Euro. Auch an den Schulen soll es wieder Raum für Dialekte geben. Dialekte sind wichtig, „damit man weiß, wo man herkommt“ (Staatssekretär Baumann).

                • Ralf 12. Mai 2023, 00:35

                  Hmmm … Also ich kann weder Stefans Freude darüber nachvollziehen, dass Dialekte verschwinden, noch sehe ich einen Sinn darin, Dialekte zu “retten”, indem man sie in der Schule unterrichtet.

                  Dialekte sind halt ein Stück Kultur. Sie sind identitätsstiftend. Bands wie Brings oder BAP oder die Bläck Fööss leisten z.B. einen großen Beitrag dazu Köln ein Alleinstellungsmerkmal zu geben und in der Masse der deutschen Städte erkennbar zu machen. Dasselbe galt früher für kölsche Schauspieler wie Willy Millowitsch. Dass diese lokale Identität ausgelöscht wird, weil europäische Großstädte eben zu riesigen, internationalen Schmelztiegeln werden, deren Bevölkerungsstruktur durch Einwanderung, nicht mehr durch Abstammung geprägt ist, leuchtet ein und ist wohl unvermeidbar. Aber das ist doch kein Anlass zum Feiern …

                  Auf der anderen Seite lohnt der Aufwand zum Erhalt der lokalen Kultur nicht. Die Einwanderer haben logischerweise daran kein Interesse. Ich wohne selber im Ausland und habe auch kein Interesse, den lokalen Dialekt zu erlernen. Also alles kein Vorwurf. Nur eine Feststellung. Aber in der Schule gibt es echt Wichtigeres, als ein Nostalgiefach für die zunehmend kleiner werdende Minderheit der ortsansässig Verwurzelten zu schaffen. Da fallen mir spontan Dutzende andere Fächer ein, die einfach wesentlich bedeutender wären für die konkrete Zukunft junger Menschen …

                • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 09:00

                  Ja, das ist die übliche Identitätspolitik der Landespolitiker*innen, aber da brauchst nicht viel drauf geben.

  • Ariane 10. Mai 2023, 16:33

    f) Jugendoffiziere
    Genau das passiere bei den Besuchen aber, kritisieren Friedensaktivisten. «Natürlich haben die Besuche der Jugendoffiziere auch einen Werbecharakter – einfach indem sie dort mit Uniform auftreten»

    Na dann kommen sie hoffentlich nicht in Flecktarn, sondern gefälligst in der Marine-Ausgehuniform 😛
    Grundsätzlich hab ich da nichts gegen (ist in Deutschland ja auch nicht gerade unnötig), obwohl ich zb nicht zwingend erklären könnte, warum es für die Bundeswehr eine Extrawurst geben sollte. Je nach Zielsetzung könnte man dann durchaus statt Friedensinitiativen eher noch Polizei, Altenpflege oder Behördenarbeit mit ins Boot holen, bei denen es auch um Dienst am Gemeinwesen oder meinetwegen bestimmte Politikfelder geht, für die man mehr Verständnis haben möchte. Sehe jedenfalls nicht, was da mehr oder weniger für sprechen würde und Vorurteile gegen Beamte in einer Behörde oder die Polizei gibts sicherlich nicht zwingend weniger als gegenüber der Bundeswehr.

    • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 10:29

      Die kommen in der Ausgehuniform. ^^

      Meinst du mit der Extrawurst, warum die kommen dürfen? Weil die Jugendoffizier*innen politische Bildungsarbeit leisten. Das ist dasselbe wie die Polizist*innen, die in Grundschulen Verkehrserziehung machen.

      • Ariane 11. Mai 2023, 23:05

        Ah ok, dann machts mehr Sinn. Im Artikel ging das wild durcheinander mit Werbung für Arbeit am Gemeinwesen, Verständnis für die Bundeswehr und Vorurteilsabbau etc. Und da kämen natürlich noch etliche andere Branchen in Fragen, die sich genauso eignen würden.

        • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 09:01

          Klar. Die können das ja auch anbieten. Die Jugendoffizier*innen kommen ja nicht von alleine, die muss ich als Lehrkraft ja aktiv einladen.

    • Erwin Gbariel 11. Mai 2023, 10:52

      @ Ariane 10. Mai 2023, 16:33

      Da bin ich dann wieder bei dem freiwilligen Jahr:

      Dann gibt es in der Aula / Sporthalle einen Informationstag, an dem Polizei, Technisches Hilfswerk, Pflegedienste, Bundeswehr etc. ihre Stände aufbauen und informieren. Möge die Bessere gewinnen 🙂

      • Ariane 11. Mai 2023, 23:14

        Dann gibt es in der Aula / Sporthalle einen Informationstag, an dem Polizei, Technisches Hilfswerk, Pflegedienste, Bundeswehr etc. ihre Stände aufbauen und informieren. Möge die Bessere gewinnen

        Jep, fände ich vielleicht sogar besser. Ich hab nichts generell gegen die Bundeswehr an Schulen, aber wenns da wirklich um politische Bildungsarbeit geht, wirds ja schon wieder schwierig, weil die Soldaten die Sicherheitspolitik nicht bestimmen, sondern nur umsetzen. Und es auch nicht wie im Verkehr was ist, wo man Kindern nur mal eben paar Regeln erklärt. Aber vielleicht hat Stefan ja irgendwann mal Lust, genauer zu beschreiben, was da abläuft.

        • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 09:02

          Ich hab ja diesen Standardvortrag (die nudeln immer denselben runter) mittlerweile mehrfach gesehen. Der ist echt völlig harmlos.

    • cimourdain 11. Mai 2023, 12:13

      „Je nach Zielsetzung könnte man dann durchaus statt Friedensinitiativen eher noch [ einladen, bei denen es um ] meinetwegen bestimmte Politikfelder geht, für die man mehr Verständnis haben möchte.“
      Das ist eine ausbaufähige Idee: ein Toleranztag an dem für jeden ein Feindbild eingeladen wird: Ein schneidiger Jungoffizier, eine Klimaaktivistin, ein Investmentbanker, eine Dragqueen, ein Impfarzt etc…

      • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 18:50

        Früher wurde es öfter gemacht, dass gleichzeitig ein Jugendoffizier und ein Friedensaktivist da sind, die dann quasi gegeneinander argumentieren. Aber das funktioniert nicht; der Erkenntnisgewinn geht gegen null. Aber so als Angebote – warum nicht? Nur: finde mal für jede Schule so ein diverses Roster, das am selben Tag Zeit hat. Logistisch geht das praktisch nicht.

  • Mathias 10. Mai 2023, 17:21

    i) Das dürfte tatsächlich das stärkste Argument für selbstfahrende Autos sein, dass sie im Gegensatz zu menschlichen Autofahrer:innen zumindest versuchen, sich an Verkehrsregeln zu halten.

    • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 10:31

      i) Es gibt sehr viele gute Argumente für selbstfahrende Autos, aber ja, das ist eines. Ich kann es kaum erwarten, bis die Dinger endlich serienreif sind.

      • CitizenK 11. Mai 2023, 13:44

        … mancher Hacker sicher auch 😉

  • CitizenK 10. Mai 2023, 17:36

    i) Ein Kommentar unter dem Artikel: „The point is that they are a stupid way to expend engineering resources on as long as we do not have an electric grid designed for climate change or a host of other things that must be invented to survive the next few decades“
    Hat der nicht auch recht?

    • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 10:32

      Ja. Aber da wird als Gesellschaft nicht auf Autos verzichten werden, ohne dass ein richtig krasser Druck von außen kommt, sind sie the next thing. Eine Menge Sachen sind „stupid way“, aber sie sind besser als der Status Quo.

  • schejtan 10. Mai 2023, 17:55

    i) Hab schon haeufiger die Einschaetzung gelesen, dass selbstfahrende Autos jez schon ziemlich gut funktionieren wuerden, wenn da nur die doofen menschlischen Autofahrer nicht waeren.

    • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 10:32

      Meinem beschränkten Verständnis nach funktionieren die zu 95% oder so, aber diese fehlenden 5% sind halt der Kicker. Bei Autos willst du 99,viel%.

      • schejtan 11. Mai 2023, 11:10

        Jupp, das lese ich auch haeufiger so. Und diese 5% sind zu grossem Teil wohl anderen Verkehrsteilnehmern, ungenuegender Kartographierung und Aenderungen wie Baustellen geschuldet. In abgeschotteten, wohl strukturierten Strassen funktionieren die daher super. In europaeischen Grossstaedten mit ihren, sagen wir mal, eher kreativen Strassenverlaeufen und hohem Fussgaengeraufkommen, sollte man sie vielleicht noch nicht einsetzen. Und man sollte durchaus auch die Moeglichkeit in Betracht ziehen, dass diese 5% zu ueberkommen noch einiges dauert.

        • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 18:40

          Ich dachte, Großstädte funktionieren besser als das Land. Aber so oder so egal, weil ja das Zeug wirklich super super sicher sein muss.

          • Ariane 11. Mai 2023, 23:22

            Das Problem ist auch oft die Art der Fehler, insgesamt weniger aber ein Mensch verwechselt zb nicht nen LKW mit einer Wolke.

            Und mit unserer kaputten Infrastruktur passt das vermutlich auch nicht so gut zusammen. Wir sind mal eine Weile mit nem Fokus rumgefahren, der die bis dahin höchste Autonomiestufe hatte und der hat die ganze Zeit gejammert, dass er die Spuren nicht erkennen kann, weil zb die Farbe verblichen war oder gebaut wurde und schon kann er nicht mehr alleine fahren.

  • Lemmy Caution 10. Mai 2023, 21:53

    zu 3) mag mir wieder als Arroganz angekreidet werden, aber ich finde nicht, dass die deutsche Automobilindustrie über Außenpolitik zu bestimmen hat.
    Digitalisierung und E-Autos haben die „verschlafen“.
    Über 40% ihres Umsatzes machen sie in einer kommunistischen Diktatur.
    Kallenius möchte sowieso am liebsten nur noch Luxusautos mit extrem hohen Gewinnmargen produzieren. Macht eine solche Strategie resilienter?
    Besonders realistisch find ich die eben gerade nicht.

  • cimourdain 11. Mai 2023, 11:54

    1) Siehst du MAGA eher als Bewegung oder Ideologie ?
    Wenn es eine Bewegung ist, wird es sich verändern, so wie es selbst weitgehend eine „Mutation“ der Tea-Party-Bewegung ist.
    Wenn man es als eine Ideologie betrachtet, dann kannst du überlegen, was die toxischen Bestandteile sind. In meinen Augen vor allem diese drei: „Regeln gelten nicht für uns“ (siehe 5), „Owning the libs“ und Exceptionalismus.

    2) Da es so leicht ist, hier in Doppelstandards zu verfallen (Kissler ok, Neubauer nicht und umgekehrt), sollten wir lieber nach allgemeinen Regeln suchen, was akzeptabel ist. Hier meine Überlegungen:
    i) Es sollte genügend Auswahlmöglichkeiten geben, dass sowohl Lehrer als auch Schüler einen Aufgabentext ohne weitere Begründung vermeiden können.
    ii) Aktualität ist ok, Tagespolitik (z.B. schwarzer oder grüner Filz) nicht. Unumstrittene Themen kann es nicht geben, nicht mal die Gestalt der Erde.
    iii) ad hominem Texte, warum Baerbock, Precht oder Karl der Viertelvonzwölfte super / inakzeptabel ist, gehen gar nicht.
    iv) Texte von aktiven Politikern oder Lobbyisten sind fragwürdig, weil das immer auch Eigenwerbung ist. Hier befindet sich Neubauer in einer Grauzone, die tatsächlich kritisch diskutiert werden kann.

    3) „Aber es fordert ja auch niemand ein „cutting of ties“ mit China.“ ist Realitätsverleugnung auf dem „keine Mauer bauen“ Niveau. ASML exportiert auf Druck des US-Handelsministeriums nicht mehr nach China. O2 hat den Wartungsvertrag mit ZTE auch nicht zufällig beendet und die EU diskutiert Chinasanktionen mit der Universalbegründung „Ukrainekrieg“

    4) i) Albrecht Beutelspacher hat in einem Interview einen weiteren Grund für „Mathe is broken“ gegeben: „Dass das Schulfach so unbeliebt ist, liegt daran, dass die Mathematik eine sehr klare Unterscheidung macht zwischen richtig und falsch. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes, bei vielen anderen Fragestellungen wären wir ja dankbar, wenn das so eindeutig wäre. Wenn in der Mathematik etwas nicht ganz richtig ist, ist es eben schon falsch. Das hat etwas Unbarmherziges und führt leicht zu einer Machtasymmetrie: Der Lehrer wirkt wie der Herr über richtig und falsch. Schüler können sich dann mitunter gedemütigt vorkommen.“
    ii) Noten wären sinnvoll, wenn sie nicht als Bewertung der Person gelesen würden, sondern um das Kenntnisniveau widerzuspiegeln – etwa wie die Sprachniveau-Skala.

    f) ähnlich wie in 2) ist hier sinnvoll, statt Identitätsaufregung zu betreiben, die verschiedenen Seiten zu betrachten:
    i) Jugendliche sind leichter beeinflussbar, deswegen gibt es für sie besondere Schutzregeln.
    ii) Natürlich macht die Bundeswehr gezielt Werbung, die an Jugendliche gerichtet ist (Youtube-Soaps). Auch ein Auftritt an Schulen wird unter diesem Aspekt geplant werden.
    iii) Eine Uniform gibt erstmal einen Aufmerksamkeitsvorschub (wie auch meinetwegen ein kostümierter Cosplayer); Dies mit mehr Autorität gleichzusetzen, ist nicht zwingend. [persönlicher Giftpfeil: Außer natürlich bei gewissen Lehrern, die automatisch Rüstunglobbyisten für ‚Sicherheitsexperten‘ halten und die den 8.Mai dazu nützen, über linke Pazifisten zu schimpfen]

    • Stefan Sasse 11. Mai 2023, 18:47

      1) Das ist keine Ideologie, dafür fehlt jede innere Kohärenz. „Regeln gelten nicht für uns“ ist keine Ideologie, das ist einfach nur ein modus operandi.

      2) i) Bisher gibt es keinerlei Auswahl. Ich habe aber für BaWü eine Aufstellung aller Themen seit 2011 gemacht, und bei den Essays überwiegen konservative und neutrale Themenstellungen zumindest die progressiven (wenngleich auch nicht viel).
      ii) Ja, aber so wie ich das verstanden habe war der Artikel ja auch nicht tagespolitisch. Solche Themen gibt es ja schon alleine deswegen nicht, weil tagespolitische Kenntnisse nicht vorausgesetzt werden können. Der Stein des Anstoßes war ja hier die Autorin selbst.
      iii) Kommen auch nicht – gleicher Grund wie ii). Du kannst ja nicht voraussetzen, dass die Schüler*innen die Leute kennen. Ich glaube nicht, dass IRGENDJEMAND in meinen Oberstufenklassen weiß, wer Precht ist.
      iv) Sehe ich genauso.

      3) Was diskutiert wird – und langsam auch umgesetzt – ist decoupling. Das unterstütze ich auch 100%. Aber „cutting of ties“ ist nirgendwo auf der Agenda.

      4i) Ich kenne das Argument, aber ich halte wenig von. Schließlich beschweren sich die Leute ständig über die angebliche Willkür in Deutsch mit angeblich fehlendem Richtig und Falsch.
      ii) Sie wären vor allem sinnvoll, würden sie messen, was sie zu messen vorgeben. Das tun sie aber nicht. Die werden von den SuS nicht als Bewertung der Person gelesen, meiner Erfahrung nach. Aber auch nicht in der Funktion, die sie laut der Theorie haben.

      f) Ich hatte jetzt schon so oft Jugendoffiziere bei mir im Unterricht. Meine anekdotische Erfahrung: die überzeugen niemand, Soldat*in zu werden, jingoistische Einstellungen zu entwickeln oder sorgen für irgendwelche Autoritätshörigkeit.

  • CitizenK 11. Mai 2023, 20:23
    • Stefan Sasse 12. Mai 2023, 09:01

      Ah ok. Ich kenn es nur in BaWü, da kannst im September Einblick nehmen (Prüfung ist im Juli). Die Dinger werden nur fünf Jahre archiviert und danach vernichtet, deswegen geht das Zehn-Jahre-Szenario gar nicht.

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