Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann.
Fundstücke
1) »Kontakte zu Reicheren sind der entscheidende Faktor für den Aufstieg« (Interview mit Raj Chetty)
Chetty: Es gibt Faktoren, die ziemlich eindeutig sind: Erstens haben Kinder aus gemischten Nachbarschaften eine bessere Perspektive als solche aus Gegenden, wo die Armut sehr konzentriert ist. Zweitens schafft offenbar eine Heimat mehr Möglichkeiten, in der die Familienstrukturen stabiler sind. Gute Schulen sind wichtig – und dann, ganz entscheidend: Unsere Forschung hat ergeben, dass Gegenden mit höherem Sozialkapital bessere Aufstiegschancen bieten. […] Und wir haben herausgefunden, dass »ökonomische Vernetzung« der entscheidende Faktor für wirtschaftlichen Aufstieg ist. Das heißt: Ein Kind aus ärmeren Verhältnissen hat viel bessere Chancen an Orten, wo es viele Kontakte zu einkommensstärkeren Schichten gibt. Kontakte zu Reicheren sind der entscheidende Faktor für den Aufstieg. (Nicola Abé, SpiegelOnline)
Das ist natürlich keine rasend neue Erkenntnis. Die soziale Segregation, die klare Trennung von Wohnvierteln nach Einkommen, ist ein lange bekannter Fakt. Ebenso ist schon lange bekannt, dass für die Entwicklung von Jugendlichen nichts so entscheidend ist wie ihre Peers, also ihre Freund*innen, Klassenkamerad*innen und so weiter. Unser Schulsystem sorgt – auch das ist spätestens seit PISA 2000 bekannt – aber massiv für eine Homogenisierung der Zusammensetzung, und nirgendwo verbringen Jugendliche auch nur annähernd so viel Zeit wie in der Schule. Wie man das Problem beseitigt, ist aber nicht ganz klar: das Klientel der Schulen rekrutiert sich eigentlich immer aus den umliegenden Wohngebieten, und die sind nun mal so strukturiert, wie sie strukturiert sind. Versuche, Durchmischung in Schulen zu forcieren, sind bislang nicht eben erfolgreich gewesen; man denke nur an das busing der 1960er Jahre. Aber solange man das nicht mitbedenkt, kann man noch so viele Sonntagsreden über Ungleichheit und den Wert von Bildung halten.
2) America Has Dictated Its Economic Peace Terms to China
It is telling that what seems to be intended as a reasonable and accommodating statement is, in fact, so jarring. China must accept America’s demarcation of the status quo. If it does not respect the boundaries drawn for it by Washington between harmless prosperity and historically consequential technological development, then it should expect to face massive sanctions. One must be grateful to Yellen for stating the point so clearly. But how on earth does Washington expect Beijing to respond? China is not Japan or Germany after 1945. In relation to the United States, if the question of “leadership” is posed, parity is the least that Beijing must aim for. The status quo that Treasury Secretary Yellen takes for granted clearly cannot be legitimate in the long run. As Beijing has said, it aspires to a fundamental reordering of world affairs such that American talk of leadership is retired forever. Nor is China the only major Asian power to share this view. India’s understanding is no different. […] But it is hard to see how her vision, in which the United States arrogates to itself the right to define which trajectory of Chinese economic growth is and is not acceptable, can possibly be a basis for peace. If the United States is still interested in global economic and political order, and it surely should be, it must be open to negotiate peaceful change. Otherwise, it is simply asking for a fight. (Adam Tooze, Foreign Policy)
Die ganze Entwicklung zwischen China und den USA ist echt nicht eben dazu angetan, einen hoffnungsfroh in die Zukunft blicken zu lassen. Tooze spricht im Artikel immer wieder über die „Thukydides-Falle“, also einen Krieg, der deswegen beginnt, weil eine Hegemonialmacht sich durch den Aufstieg einer anderen herausgefordert fühlt. In einem gewissen Ausmaß werden die USA einen chinesischen Machtzuwachs nicht vermeiden können. Hier bleibt nur die Hoffnung, dass die Supermacht bereit ist, den Aufstieg eines Rivalen halbwegs organisiert zuzulassen.
Gleichzeitig scheint mir aber „Eindämmung“ durchaus das Schlagwort der Stunde zu sein. Ein Netz regionaler Allianzen und Versuche, diesen Ausbreitungsversuchen zu begegnen, erscheinen mir durchaus als die richtige Strategie, auch wenn jeder Einhegungsversuch natürlich immer das Risiko einer Eskalation beherbergt. Nur: es gibt nicht wirklich eine bessere Alternative, die ich sehen könnte. Denn ein völlig ungehemmt seinen Einfluss erweiterndes China kann schlicht nicht im Interesse des Westens sein, weder der USA, noch der EU, noch Deutschlands. Und es ist nicht eben so, als wäre die EU ein ernstzunehmender Player in der Region, egal wie oft Großbritannien und Frankreich eine Korvette durch die Straße von Taiwan schippern lassen.
3) Was passiert, wenn dir der Staat einen Job garantiert
Bisher haben alle Menschen, die arbeiten konnten und eine Arbeit angeboten bekamen, auch mitgemacht. Vielleicht nicht trotz, sondern wegen der freiwilligen Teilnahme. Langzeitarbeitslosigkeit gibt es jetzt nicht mehr in Gramatneusiedl, und der Preis dafür ist sogar geringfügig günstiger als das übliche Vorgehen des AMS bei Langzeitarbeitslosen. Dafür sind die Menschen laut der Studien aktiver und sozial vernetzter als zuvor, haben einen strukturierten Tag. Auch im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, einem Ort mit fast identischer Struktur und Eigenschaften, der so weitermachte wie bisher, entwickelten sich viele untersuchte Bereiche besser, vor allem das allgemeine Wohlbefinden […] »Für Ökonomen überraschend ist, wie positiv sich die Arbeit jenseits dessen auswirkt, was das Geld an sich ausmacht«, sagt Maximilian Kasy. Lukas Lehner fügt hinzu: »Die stärksten positiven Auswirkungen hat es bei den sogenannten latenten Funktionen der Arbeit gegeben, also was die Zeitstruktur der Personen angeht, soziale Interaktionen mit Mitmenschen in der Gemeinschaft, ihre Aktivität im Tagesablauf, ihre psychosoziale Stabilität und ihr Wohlbefinden.« Punkte, die sich im Arbeitslosigkeit-Studienklassiker aus den 30er-Jahren in die negative Richtung bewegt hatten. (Benjamin Fuchs, Perspective Daily)
Für mich ist das ähnlich wie mit der Geschichte um Obdachlosigkeit: so wie das beste Mittel dagegen ist, den Leuten Obdach zur Verfügung zu stellen, so hilft es gegen Arbeitslosigkeit, Arbeit bereitzustellen. Die Annahmen über die Schlechtigkeit des Menschen, die gerade von liberal-konservativer und konservativer Seite dazu immer geäußert werden, lassen sich empirisch schlicht nicht halten. Wir hatten diese Diskussion letztes Jahr ja ausführlich, aber die Vorstellung, dass man mit Strafen agieren und die Leute zwingen muss, lässt sich einfach nicht totkriegen.
Dabei zeigen die Ergebnisse eigentlich viel Überlapp an dieser Stelle, denn dass regelmäßige Erwerbsarbeit viele positive Effekte hat, die sie für sich genommen erstrebenswert machen, ist ein Credo genau dieser Kreise, in dem sie in meinen Augen völlig richtig und viele Linke sehr falsch liegen. In meinen Augen müsste sich doch da eigentlich eine gute Synergie finden lassen. – Ein weiterer Aspekt ist natürlich die Verdrängung von privatwirtschaftlicher Erwerbsarbeit durch solche staatlichen Angebote, da muss man vorsichtig sein, keine Frage. Aber bei dem Klientel der Langzeitarbeitslosen zumindest ist das üblicherweise ein nachrangiges Problem.
4) How Tucker Carlson Helped Turn Americans Against the Military
Halfway through the Trump administration, Americans’ regard for and trust in the military began to nose-dive. The share of respondents who told a Reagan Forum poll they had “a great deal of confidence” in the military plunged from 70% in 2018 to 63% the following year, and 56% in early 2021. (It bottomed out at 45% during the Biden administration’s first winter, and rose in the most recent poll to 48%.) […] But for all his attacks, Carlson was unable to completely undermine Americans’ confidence in their military. The most recent Reagan Forum poll found that 80% of Biden voters and 83% of Trump voters said they still have either “a great deal” or “some” confidence in the U.S. military. That shows that even his audience knows the difference between the performance art of partisanship and the apolitical service to one’s country. (Kevin Baron, Defense One)
Ich finde es immer wieder faszinierend, wie sehr der Aufstieg der Rechtsextremisten in der GOP ewig bestehende Wahrheiten verändert hat. Vor den Primaries 2015 war es unvorstellbar, in der amerikanischen Politik Kritik am Militär zu äußern. So was machten linksradikale Aktivist*innen, vielleicht Michael Moore (aber selbst der nicht wirklich), aber in einer präsidentiellen Primary? Unvorstellbar. Und dann kam Trump und riss das ganze Gebäude ein, als er in South Carolina auf offener Bühne „Bush lied, people lied“ hinausbrüllte – bis dato ein unamerikanisch-linker Slogan. Wie viele Beobachtende damals war ich der Überzeugung, dass das sein Ende sein würde. Tatsächlich hatte es praktisch keinen Effekt, und Stück für Stück folgte der Rest nach.
Allerdings sollte man den Effekt, wie Baron schreibt, nicht überbewerten. Die Rhetorik der Aktivisten, etwa Carlsons, dominierte zwar alle Kanäle. Aber an den zugrundeliegenden Einstellungen änderte sie überraschend wenig. Stattdessen wurde ein neuer Shibboleth geschaffen, der zwar beständig wiederholt wurde, der aber praktisch keine inhaltliche Aufladung hat. Hauptsache, es macht Krach und dient der Selbstvergegenwärtigung.
5) Die Wärmepumpe als Weltanschauung
Sage mir, wie du heizen willst – und ich sage dir, wen du wählst: Technik wird immer öfter zu einer Frage von Identität und Emotion, leider. Wärmepumpe? Hätte jemand vor, sagen wir, einem halben Jahr behauptet: „Die Wärmepumpe wird in Deutschland zum nächsten identitätspolitischen Thema!“ – mein Wetteinsatz dagegen wäre ziemlich hoch gewesen. Mir wären kaum noch weniger geeignete Themen dafür jedenfalls eingefallen. Wärmepumpen sind technische, auf den ersten Blick wenig emotionalisierbare Gegenstände. Und Deutschland gilt als das Land der Tüftler und Bastler. Hier diskutieren wir allenfalls hart über die Frage, welche Heizung besser ist, welche billiger und vielleicht noch, welche gut fürs Klima. Aber niemals wird diese Frage mit einer Weltanschauung verknüpft. […] Zwar haben sich mit Ausnahme der Rechtspopulisten alle Parteien zum Kampf gegen die Klimakrise verpflichtet – durch Parteitagsbeschlüsse, die Verabschiedung des Klimagesetzes oder internationale Verträge. Dennoch gibt es immer noch keinen konstruktiven Streit, über die Frage, wie Deutschland seinen Beitrag leisten kann. Denn bei den konservativ-liberalen Parteien hat anscheinend die Überzeugung gewonnen, dass man bei den Wählenden am meisten punktet, wenn man Angst vor der Veränderung schürt. Das aber ist brandgefährlich. (Petra Pinzler, ZEIT)
Ich frage mich schon ernsthaft, unter welchem Stein Pinzler gelebt hat, dass sie ernsthaft davon überrascht ist, dass ein rein technisches Thema zum Fokalpunkt identitäspolitischer Aufladung wird. Wir haben in der Corona-Pandemie eine identitätspolitische Aufladung von Atemmasken erlebt. JEDES Thema wird identitätspolitisch aufgeladen, wenn es irgendwem in die Agenda passt. Der eigentliche Gegenstand ist dafür vollkommen egal. Hauptsache, man kann kritisieren. Auch die Frage, ob ein Leopard 2 nun eine Offensiv- oder Defensivwaffe ist und ab wie vielen alten Bundeswehrpanzern eine imaginäre Eskalationsschwelle überschritten wird, eigenete sich hervorragend für emotionale Aufladung. Warum sollten da ausgerechnet Wärmepumpen, die den absoluten Nahbereich des Menschen betreffen, eine Ausnahme sein? Wie viel emotionaler als „ich werde gezwungen, mein Haus zu renovieren und zehntausende von Euro auszugeben“ soll es denn werden? Ganz ungeachtet der sachlichen Rechtfertigung der ganzen Thematik.
Resterampe
a) Dianne Feinstein and the Cult of Indispensability. Siehe auch: Why Dianne Feinstein Might Actually Have To Resign.
b) Will Tucker Carlson Become Alex Jones?
c) The Trump-Biden Rematch Is Inevitable.
d) Beitrag in der FT zu den Kommunikationsproblemen der britischen Politik.
e) Röttgen-Interview zur deutschen China-Politik. Außenpolitisch ist eine Röttgen-Baerbock-Regierung irgendwie schon das Nonplusultra.
f) Bernd Ulrich hat ein absolut brutales Porträt Olaf Scholz‘ geschrieben.
g) Weil angesichts der Rezension zu Jonas Schaibles „Demokratie im Feuer“ angezweifelt wurde, dass die Zukunftsszenarien realistisch sein könnten: die SZ hat was zu Wasserknappheit in Deutschland und den resultierenden Verteilungskämpfen.
h) Der Supreme Court ist gerade in einer ganzen Reihe von Korruptionsskandalen um seine rechten Richter gefangen. Accountability: zero. Siehe auch Adam Serwer.
i) Kurzer Greive-Kommentar zur Viessmann-Übernahme.
(g – Wasserknappheit)
die SZ hat was zu Wasserknappheit in Deutschland und den resultierenden Verteilungskämpfen.
Es wird gerade schick, von Wasserknappheit zu sprechen, aber man kann es nicht oft genug sagen: Es gibt keine generelle Wasserknappheit in Deutschland. Ganz im Gegenteil: Wir haben 1-2 Größenordnungen mehr Niederschlag, als wir brauchen. Jeder kann es sich ausrechnen, der durchschnittliche Jahresniederschlag liegt bei 800 mm. Natürlich gibt es regionale und saisonale Probleme, die wir aber in den Griff bekommen können, wenn wir nur wollen.
Israel hat 1/3 unserer Niederschläge und exportiert heute Wasser. Es ist alles eine Frage des richtigen Wassermanagements. Wir fahren heute noch eine Strategie der maximalen Verschwendung.
Ich hoffe echt, dass du Recht hast.
Das hat mit Hoffnung nichts zu tun, rechne Dir die verfügbare Wassermenge einfach aus. Und dann schau Dir in Deiner Stadt mal an, wie dort mit Wasser umgegangen wird. Was passiert z.B. mit dem Wasser aus Kläranlagen? Ich tippe, dass es sofort nach der Bearbeitung in den nächsten Fluß geleitet wird, statt es zur Bewässerung einzusetzen. Gibt es bei euch Landwirtschaft? Dann wette ich, dass alle Felder perfekt entwässer werden und niemals Wasser zum Einsickern stehenbleibt. Gibt es bei euch Zisternen oder Ähnliches, um Regenwasser zu sammeln? Ich vermute: nein.
Es gibt noch viele weitere Stellschrauben. Wir haben nun mal die gesellschaftliche Entscheidung getroffen, das Grundwasser abzusenken. Das kann man auch wieder rückgängig machen.
Schon, aber das kostet ja Zeit und Ressourcen, die beide aktuell nicht investiert werden, oder?
Wie bei fast allen Themen wird die Gesellschaft erst handeln, wenn es ein spürbares Problem gibt. Das kann natürlich noch dauern.
Man darf auch nicht vergessen, dass man nach 3 trockenen Sommern noch nicht von einem Wandel des Niederschlagsmusters sprechen kann. Im Nationalen Klimareport kann man nachlesen, wie wenig messbar der langfristige Wandel bei den Niederschlägen bis jetzt ist. Statistik widerspricht oft episodischem „Wissen“.
Was allerdings definitiv nachweisbar ist, ist die Absenkung der Grundwasserspiegel. Und das ist eben auch ein Problem, das weniger mit dem Klimawandel zu tun hat als mit lokalen und regionalen Faktoren. Es wird aber gern so geframet. Wie so viele Umwelttthemen. Daraus folgt dann oft schlechte Politik.
@ Tim 4. Mai 2023, 09:00
g) Wasserknappheit
Es wird gerade schick, von Wasserknappheit zu sprechen, aber man kann es nicht oft genug sagen: Es gibt keine generelle Wasserknappheit in Deutschland. Ganz im Gegenteil: Wir haben 1-2 Größenordnungen mehr Niederschlag, als wir brauchen.
Ja, aber 🙂
Wir haben auch kein Wohnraum-Problem. Der Wohnraum ist halt nicht dort, wo wir in brauchen.
Die Problematik mit dem Wasser ist da, und sie ist gewaltig.
Hier mal eine Übersicht über die Dürre-Entwicklung der letzten Jahrzehnte vom Helmholtz-Institut.
Aufgrund der steigenden Temperaturen benötigen unsere Pflanzen etwa 15 – 20 % mehr Wasser als vor 20 Jahren. Da warme Luft mehr Wasser speichern kann, ist das Wasser da. Es regnet nur nicht schön gleichmäßig ab. Lange Trockenperioden wechseln sich ab mit Stürmen, die mehr Regen runter hauen, als Mutter Natur verarbeiten kann; der ausgetrocknete Boden kann nicht genug Wasser aufnehmen, so dass es an der Oberfläche abfließt, statt die Grundwasserspeicher wieder aufzufüllen. Hier eine kleine Übersicht zur Entwicklung extremer Klimaereignisse der letzten Jahre.
Dabei ist besonders der Nordosten Deutschlands (Mecklenburg-Vorpommern) von Dürre betroffen. Die dortige Landwirtschaft wird in den kommenden Jahren immer stärkeren Einschränkungen unterliegen.
In den Städten führt die gleiche Situation zu besonderen Herausforderungen. Aufgrund der Landflucht und des Zuzugs in die Städte wird dort immer mehr verdichtet und versiegelt, so dass Wasser, wenn es denn kommt, (derzeit) oft ungenutzt abfließt und Überflutungen auslöst.
Im Moment gehen die Bestrebungen in den Kommunen dahin, Ausgleichsflächen zu schaffen, die bei Starkregen volllaufen können (etwa Spiel- und Sportplätze), unterirdische Zwischen-Wasserspeicher (meist Rigolen) anzulegen, und über stärkere Verdunstung (Bäume, Pflanzen) in den zunehmend heißen Sommern die Temperaturen abzukühlen.
Aber alles noch am Anfang, viel Geld, viel Personal nötig. Und es wird nur in wenigen Kommunen ganzheitlich gedacht: Man verdichtet und saniert den Wohnraum, hüllt Altbauten in Wärmedämmung, aber denkt noch nicht über Dachbegrünungen nach.
Aber ja, es gibt ein Wasserproblem, (noch) nicht unbedingt mit der Menge, sondern mit der Verteilung. Viel von dem, was Du auch weiter unten schreibst, ist durchaus zutreffend, aber die Umsetzung wird trotzdem deutlich länger dauern, als die Natur uns Zeit lässt.
Klar, Wasser war schon vor 20-25 Jahren global das drängendste Umweltproblem. Und ich hätte gut gefunden, wenn wir schon damals mit den Anpassungen begonnen hätten, über die wir heute diskutieren. Aber Anpassungsforderungen waren damals Ketzerei, fast auf einer Ebene mit Klimaleugnerei. Die Gesellschaft kriegt halt immer das, für was sie sich entscheidet. Auch wenn sie oft überhaupt nicht weiß, um was es geht. 🙂
Die Gesellschaft kriegt halt immer das, für was sie sich entscheidet.
Leider beginnt an der Stelle, an der gesellschaftliche Entscheidungen offenkundig negative Konsequenzen habe, immer die Suche nach den Schuldigen. Weil – schuldig wollen die wirklich Verantwortlichen (WIR) nämlich niemals sein.
Ich frag mich auch immer wieder generell, wieviele Probleme sich schneller loesen liessen, wenn man weniger Zeit und Energie auf die Schuldfrage sondern, nun ja, auf die Problemloesung verwenden wuerde.
Grundsatz Nummer 1 für erfolgreiches Projektmanagement und erfolgreiche militärische Operationen 🙂 .
@ schejtan 4. Mai 2023, 16:34
Ich frag mich auch immer wieder generell, wieviele Probleme sich schneller loesen liessen, wenn man weniger Zeit und Energie auf die Schuldfrage sondern, nun ja, auf die Problemloesung verwenden wuerde.
Ein Stück weit nachvollziehbar. Aber nach dem Problem ist vor dem Problem: Wenn jemand konsequenzlos (meist aus egoistischen Motiven) falsche Entscheidungen treffen kann, macht er das immer wieder. Deswegen halte ich das Thema mit negativen Konsequenzen für teilweise garnicht mal so schlecht.
Die Einschränkung kommt daher, dass allzu oft der falsche die Konsequenzen tragen muss.
@ Tim 4. Mai 2023, 12:58
Klar, Wasser war schon vor 20-25 Jahren global das drängendste Umweltproblem.
Halt nicht so bei uns. Wir hatten immer mehr, als wir brauchen. Deshalb war unsere Kanalisation darauf angelegt, das permanent anrauschende Wasser permanent abzuführen.
Die Gesellschaft kriegt halt immer das, für was sie sich entscheidet. Auch wenn sie oft überhaupt nicht weiß, um was es geht.
Das ist der Punkt, der mich immer wieder aufregt. Man bekommt als Wähler von der Politik nicht gesagt, worum es eigentlich geht (was oft daran liegt, dass sich die Politiker:innen selbst nicht dafür interessieren), und muss dann später mit den Konsequenzen leben.
Würde ich so pauschal aber nicht bei der Politik abladen. Oft genug interessieren sich die Wählenden nicht, und die Medien tragen auch ihren Teil der Mitschuld.
Genau das … ^^
@ Erwin Gabriel
Man bekommt als Wähler von der Politik nicht gesagt, worum es eigentlich geht
Ich würde es fast genau umgekehrt formulieren: Wir sagen der Politik oft nicht, worum es geht. 🙂
@ Tim 5. Mai 2023, 07:52
Ich würde es fast genau umgekehrt formulieren: Wir sagen der Politik oft nicht, worum es geht.
Sehe ich in der Tat komplett anders. Ich habe weder die Zeit, mich zu allem fachkundig zu informieren, noch kann ich – etwa wie bei einem Wahl-O-Mat – einen Set von Policies wählen und dann schauen, wen der Polit-O-Mat als beste Politiker:innen zur Umsetzung auswählt.
Ich kann ausschließlich Parteien und Personen wählen, die sich an ihre Wahlversprechen nicht sonderlich gebunden fühlen. Deren Job ist, sich schlau zu machen und zu entscheiden, wo es langgeht.
Letztendlich läuft es so, aber es kommt zu wenig Gutes dabei raus, weil die Politiker nach Parteipräferenz und nicht nach Notwendigkeit entscheiden. Es hat seinen Grund, dass die Wahlbeteiligung ständig sinkt.
Genau, das meine ich auch.
1) »Kontakte zu Reicheren sind der entscheidende Faktor für den Aufstieg« (Interview mit Raj Chetty)
Aber solange man das nicht mitbedenkt, kann man noch so viele Sonntagsreden über Ungleichheit und den Wert von Bildung halten.
… ach so, und über Migration.
3) Was passiert, wenn dir der Staat einen Job garantiert
Juhu, es gibt den perfekten Menschen!!! Alle wollen arbeiten!
Ein paar Zwischenfragen: Warum gibt es selbst bei „geräumten“ Arbeitsmärkten eine latente Arbeitslosigkeit? Ökonomen gehen nicht nur seit Generationen davon aus, sie messen es auch, dass ein geräumter Arbeitsmarkt bei 3% Arbeitslosigkeit geben ist. Gut, ein kleines Feldexperiment hat uns eines Besseren belehrt.
Warum haben die Menschen in den wichtigsten europäischen Ländern unabhängig von ihrer finanziellen Situation den Wunsch, spätestens mit 60 in den Ruhestand zu gehen? Warum streben wir weniger Arbeit an, wenn die Menschen doch offensichtlich arbeiten wollen?
Und zum Xten Mal: Es geht nicht um Strafen. Es geht allein darum, die arbeitende (und steuerzahlende) Bevölkerung davor zu schützen, von einer bequemen Gruppe ausgenommen zu werden. Arbeitslose leben ja nicht allein von Luft und Liebe.
g) Weil angesichts der Rezension zu Jonas Schaibles „Demokratie im Feuer“ angezweifelt wurde, dass die Zukunftsszenarien realistisch sein könnten: die SZ hat was zu Wasserknappheit in Deutschland und den resultierenden Verteilungskämpfen.
Jonas Schaible hat ein Szenario verwandt, das vom IPCC als sehr unrealistisch eingeordnet wird. Das ist die ganze Geschichte. Wie Du dafür in die Bütt gehst, belegt eigentlich nur, wie befangen Du bist.
i) Kurzer Greive-Kommentar zur Viessmann-Übernahme.
Ich lach‘ mich immer halb tot wenn ich höre, Habeck wäre marktwirtschaftlich. In seinem Haus wird die Klimawende generalstabsmäßig geplant. Das hat nichts mit Markt zu tun.
Übrigens auch nichts mit Lernfähigkeit. Eigentlich haben wir in Deutschland Erfahrung damit was passiert, wenn wir eine Branche mit Subventionen zuschütten. Wenn sich eine Branche nicht durch überbordendes Know-how schützen kann, geht sie im Markt ein. Viessmann, und das ist der Irrglaube von Habeck wie seiner Verteidiger, betreibt mit Wärmeheizpumpen keine Hochtechnologie. Das eigentlich Attraktive ist das Vertriebsnetz, die enge Verbindung zum Kunden. Lädt der Bundeswirtschaftsminister nun alle Billiganbieter dieser Welt nach Deutschland ein, kann ein teuer produzierender Hersteller dem nicht lange standhalten. Das ist die Überlegung von Viessmann. Und ja, das genau ist Markt. Der Bundeswirtschaftsminister wünscht die Verdrängung der heimischen Industrie.
An Subventionen ist nichts marktwirtschaftlich.
@ Stefan Pietsch
In seinem Haus wird die Klimawende generalstabsmäßig geplant. Das hat nichts mit Markt zu tun.
Inzwischen hält der Staat fast überall sein Eingreifen für notwendig. Jeder zweite Branche ist mittlerweile systemrelevant. Selbst das Handelsblatt spielt mit, Zitat aus dem Artikel: „aber in Zeiten eines Systemwettbewerbs spielen auch geoökonomische Argumente bei Investitionsentscheidungen eine wichtige Rolle“.
Heizungsbauer als strategische Branche. Demnächst wird man auch Joghurt- und Schnürsenkelanbieter dazu zählen.
@ Stefan P.
1) »Kontakte zu Reicheren sind der entscheidende Faktor für den Aufstieg« (Interview mit Raj Chetty)
[Aber solange man das nicht mitbedenkt, kann man noch so viele Sonntagsreden über Ungleichheit und den Wert von Bildung halten.]
… ach so, und über Migration.
Kein unwichtiger Punkt …
Zustimmung
3) Was passiert, wenn dir der Staat einen Job garantiert
Zustimmung!
Und zum Xten Mal: Es geht nicht um Strafen. Es geht allein darum, die arbeitende (und steuerzahlende) Bevölkerung davor zu schützen, von einer bequemen Gruppe ausgenommen zu werden.
Genau das. Es geht zumindest bei unseren Beiträgen zur Diskussion nicht um die, die nicht können, die sich kaputtgerackert haben, oder die für einen Teilzeit-Job von Rostock nach München umziehen müssten, sondern die, die sich die Disziplin, die Unterordnung unter die Arbeitssituation etc. nicht geben wollen.
Dann geht es also gerade doch im Strafen.
Denn wenn es um einen sparsamen Umgang mit Steuergeld ginge, dann wäre es deutlich billiger, die paar Arbeitsunwilligen einfach machen zu lassen und statt diesen riesigen Repressionsapparat zu erhalten, lieber das Geld in oft nötige medizinische und psychologische Hilfe und sinnvolle Qualifikation zu stecken. (Vermutlich würde dabei eher noch etwas übrig bleiben).
Stattdessen finanzieren wir endlose und sinnlose Kontroll-Termine, Rechtsstreitigkeiten über Sanktionen (die von den ARGEn mehrheitlich verloren werden).
@ Honk 4. Mai 2023, 13:36
Dann geht es also gerade doch im Strafen.
Natürlich nicht.
Wie beim Autofahren: Wir haben Gesetze und Regelungen, die vorschreiben, wie schnell man fahren darf. Wer würde sich daran halten, wenn nicht kontrolliert wird?
Also werden die bestraft, die zu schnell fahren – nicht aus Lust, sie zu bestrafen, sondern um die Gesellschaft vor Rasern zu schützen. Hier wie in vielen anderen Fällen auch wären wohl alle zufrieden, wenn keine Strafen nötig wären.
Denn wenn es um einen sparsamen Umgang mit Steuergeld ginge, dann wäre es deutlich billiger, die paar Arbeitsunwilligen einfach machen zu lassen und statt diesen riesigen Repressionsapparat zu erhalten, lieber das Geld in oft nötige medizinische und psychologische Hilfe und sinnvolle Qualifikation zu stecken.
Mag sogar sein. Da gibt es aber nur kleine Projekte, die ihre Probanden mehr oder weniger gezielt ausgesucht haben; ein entsprechender Groß- und Langzeitversuch in Problemvierteln hat noch nicht stattgefunden.
Aber nun machst Du den und stellst fest, dass es nicht so läuft wie gewünscht. Noch mehr Geld, noch mehr Personal, und irgendwann trickst man sich selbst aus. Aber wenn man angefangen hat, gibt es keinen Weg zurück.
Ich kenne halt ein paar wenige Leute, wo das helfen würde, und ein paar noch weniger, wo Hopfen und Malz verloren ist, wo es nicht an Intelligenz oder Gesundheit scheitert, sondern am Unwillen, sich von irgendwem irgendetwas sagen zu lassen.
Ich habe ja auch grundsätzlich kein Problem damit, solche Versuche durchzuführen und vielleicht auch ein paar Leute wieder zurückzubringen aus ihrem Loch. Ich tu mich nur schwer mit diesen überoptimistischen Verallgemeinerungen.
Stattdessen finanzieren wir endlose und sinnlose Kontroll-Termine, Rechtsstreitigkeiten über Sanktionen (die von den ARGEn mehrheitlich verloren werden).
Auch das hält Leute in Lohn und Brot 🙂
Genau. Wie bei den BaföG-Ämtern und den Wohngeldämtern und den Finanzämtern und …..
Die da arbeiten und prüfen und prüfen zahlen ja Steuern und hängen nicht auf der Straße herum. Wo also ist das Problem?
„….nicht geben wollen.“
Einverstanden. Wie filtert man die heraus? Meine Erfahrungen mit Amtsärzten sind nicht ermutigend.
g) Hat er nicht. Du behauptest nur ein solches.
Hat er. Wenn er ein bestimmtes Szenario für sein Buch benutzt, braucht er ja dafür eine Vorlage. Außer wir müssen Jonas Schaible zu den Romanautoren rechnen. Nun gut, die haben ja inzwischen beim SPIEGEL beste Karriereaussichten. 🙂
Er beschreibt ein Szenario, in dem Wasser knapper wird und rationiert werden muss. Das ist jetzt echt nicht weit hergeholt. Er sagt ja nicht, dass die Leute verdursten werden.
Er beschreibt „rein zufällig“ das Szenario des Repräsentativen Konzentrationspfades RCP 8.5 für Deutschland. „Rein zufällig“ matched das mit seiner natürlich ausgedachten Beschreibung. Aber beides hat nichts miteinander zu tun.
So muss ich mir heute anscheinend SPIEGEL-Journalisten vorstellen. Du kommst aus der Nummer nicht raus. Entweder Jonas Schaible hat das Szenario des Repräsentativen Konzentrationspfades RCP 8.5 verwandt oder er hat gedichtet. Welche Version ist Dir lieber?
Wenn er sich wirklich auf RCP 8.5. stützt, wäre das nicht unüblich aber leider auch nicht unproblematisch.
Ich habe mich mit dem Buch nicht beschäftigt, daher weiß ich das nicht.
Die Kritik an RCP 8.5 hingegen verfolge ich schon länger. Ganz schön hier beschrieben https://www.linkedin.com/pulse/rcp85-bollox-how-much-longer-michael-liebreich?utm_source=share&utm_medium=guest_mobile_web&utm_campaign=copy
@Stefan
Es wäre hilfreich gewesen, Du hättest dargelegt, auf welche wissenschaftliche Expertise sich die Darstellung stützt. Und da ja ein engerer Kontakt zu Jonas Schaible besteht, wäre hier auch Aufklärung leicht zu erreichen. Wenn keine wissenschaftliche Studie, dann handelt es sich um eine belletristische Darstellung.
3) Bezueglich des Argumentes „Arbeit ist an sich erstrebenswert“: Was mich daran stoert ist, dass es immer gebracht wird um zu erklaeren, warum Niedrigloehner ja eigentlich gar nicht mehr Geld benoetigen und ein Mindestlohn doof ist. Geht es um die Bezahlung von Spitzenverdienern und zum Beispiel deren Besteuerung, spielt das auf einmal keine Rolle mehr.
Zum Punkt Verdraengung privater Arbeitsplaztze: Ein Freund der beim Amt arbeitet, sagt immer, dass schwierigste daran, Langarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen ist, dass sie eben nicht an einen strukturierten Tagesablauf gewoehnt sind. Den muessen sie halt erst mal wieder lernen, was eben auch heisst, dass der Arbeitgeber ein wenig Geduld zeigen muss und nicht erwarten kann, dass sie von heute auf morgen jeden Tag absolut puenktlich und top motiviert erscheinen. Da frage ich mich dann schon, ob genuegend private Arbeitgeber diese Geduld mitbringen oder ob ein Umweg ueber staatliche Angebote nicht der bessere Weg ist.
@ schejtan
Da frage ich mich dann schon, ob genuegend private Arbeitgeber diese Geduld mitbringen oder ob ein Umweg ueber staatliche Angebote nicht der bessere Weg ist.
Wenn man solche Angebote tatsächlich als befristete Wiedereingliederungsmaßnahmen sieht, könnten sie tatsächlich sinnvoll sein. Wenn sie aber als dritter Arbeitsmarkt etabliert werden, der seine Kosten tatsächlich nur zu den genannten 5 % reinholen kann, droht massive Verschwendung.
Ich glaub, abgesehen von Leuten, ein einfach nur die Arbeitslosigkeitsstatistik aufhuebschen wollen, wird es sehr schwierig jemanden zu finden, der das tatsaechlich als langfristige Loesung will.
@ schejtan 4. Mai 2023, 12:24
Ich glaub, abgesehen von Leuten, ein einfach nur die Arbeitslosigkeitsstatistik aufhuebschen wollen, wird es sehr schwierig jemanden zu finden, der das tatsaechlich als langfristige Loesung will.
Zustimmung
Sooo schwierig nun auch wieder nicht. In Deutschland lief die alte Arbeitslosenhilfe jahrzehntelang aus dem Ruder, bis Hartz IV kam. Bürokratische Apparate tendieren zur Verschwendung.
Sind das nicht die Leute, denen es hauptsaechlich um die Arbeitslosenstatistik geht?
@ Tim 4. Mai 2023, 13:00
Sooo schwierig nun auch wieder nicht. In Deutschland lief die alte Arbeitslosenhilfe jahrzehntelang aus dem Ruder, bis Hartz IV kam. Bürokratische Apparate tendieren zur Verschwendung.
Ja
@ schejtan 4. Mai 2023, 13:47
Sind das nicht die Leute, denen es hauptsaechlich um die Arbeitslosenstatistik geht?
🙂
Wichtiger Punkt – in unserem Trägerverein, dass ein Jugend-Gäste und Begegnungshaus in Köln trägt, ermöglichen wir immer wieder jungen Menschen mit gebrochenen Biographien einen Wiedereinstig in den Arbeitsmarkt. Die Menschen sollen wieder regelmßige Arbeit erlernen und man weiss, dass diese häufig längere Anlaufzeiten haben und es Rückschläge gibt.
Die Stellen sind projektfinanziert und daher endlich. Obgleich wir uns immer wieder bemühen, die Menschen vor dort aus zu einem „echten“ Arbeitgeber zu vermitteln stoßen wir auf wenig Unterstützung seitens der Arbeitsagentur, aber auch bei vielen Arbeitgebern sind solche Menschen nicht gut gelitten, weil sie den Makel tragen, in einer Födermaßnahme gearbeitet zu haben.
Zum Glück haben wir ein gutes Netzwerk und können an engagierte Unternehmer / Unternehmen diese Menschen häufig vermitteln, aber leider gelingt das nicht immer und da würde ich mir mehr Unterstützung seitens der Arbeitsagentur wünschen, damit zarte Pflänzchen nicht sofort wieder verdorren.
Ich bin überzeugt davon, dass es einen Arbeitsmarkt gibt, der privaten Unternehmen keine Konkurrenz macht, weil die öffentliche Hand unter normalen Bedingungen diese Aufgaben nie vergeben würde, da das Geld dafür fehlt. Diese Jobs sollten aber Sprungbretter in den regulären Arbeitsmarkt sein und nicht Sammelbecken für Abgehängte. Hier braucht es mehr lokale Bündnisse und Partnerschaften zwischen sozialen Trägern, Kommunen und Unternehemen.
Zustimmung.
3) Das Argument würde ich nie bringen. Und es wird ja fairerweise auch nur in dem Kontext gebraucht, als dass schlechte Bezahlung BESSER ALS ARBEITSLOSIGKEIT sei, nicht, dass sie irrelevant sei.
Korrekt.
Ich kann mich schon daran erinnern, dass es auch im Zusammenhang mit dem Mindestlohn, der angemessenen Hoehe von Arbeitslosenunterstuetzung oder Forderungen von Menschen am unteren Ende der Einkommensskala nach Lohnerhoehungen gebracht wurde. Geht es dagegen um hoehere Steuern fuer Spitzenverdiener, ist es total wichtig, dass die so viel Geld wie nur moeglich bekommen. Ich schliesse mal daraus, dass deren Arbeit sinnlos ist 😉
lol
@ schejtan 4. Mai 2023, 16:29
Du erkennst den Unterschied zwischen „ich hab’s verdient, und nun will es mir jemand wegnehmen“ und „ich hab es nicht verdient, aber einer, der es verdient hat, soll’s bezahlen“?
Das ist ja noch ein anderer Aspekt. Hier geht es mir nur ums Argument „Arbeit hat einen Wert an sich, daher ist die Bezahlung nicht so wichtig“, das mir schon einen Tacken zu selektiv benutzt wird.
Das sehe ich nicht. Gerade ich als Vorhut von Konservativen und Liberalen betone immer die Wichtigkeit des Lohnes für die Motivation im unteren Einkommensbereich. Die Besteuerung wirkt hier verheerend auf die Erwerbsbereitschaft. Es sind ja gerade Linke, die das bestreiten.
Je höher das Gehalt, desto mehr ist es Status und Schmerzensgeld. Und das ist wortwörtlich zu nehmen. Was ich immer wieder zwischen Top-Management und Eigentümern erlebe, würde Amnesty International auf den Plan rufen und verstößt häufig gegen die Genfer Menschenrechtskonvention.
Die Besteuerung ist im Niedriglohnsektor völlig vernachlässigbar. Wenn du den Leuten helfen willst: a) Sozialversicherungsbeiträge runter, aber das ist aus diversen Gründen problematisch und b) Löhne rauf.
Völlige Zustimmung. Ich hab ja letzthin schon geschrieben, dass das eine völlig toxische Arbeitswelt da oben an der Spitze ist. Unnötigerweise, in meinen Augen.
Erstens: Mit Besteuerung sind auch die Sozialbeiträge gemeint. Die liegen bei 20%. Der Eingangssteuersatz beträgt übrigens 14%. Vernachlässigbar ist das nicht. Und dann kommt noch die Transferentzugsrate dazu, auf wieviel Sozialtransfer muss ein Geringverdiener verzichten, wenn er arbeitet?
Klar, der Arbeitgeber kann natürlich immer ausgleichen, was der Staat verbaselt. Super in Bereichen, wo die Margen ohnehin mager sind.
Words have meaning. Steuern und Abgaben sind nicht das gleiche. Du wirfst das aus Gründen politischer Rhetorik zusammen, aber es ist schlicht falsch.
„Löhne rauf“
Hier kannst Du Dich auf Clemens Fuest berufen, der das ganz marktwirtschaftlich begründet. Als eine Stellschraube gegen den Arbeitskräftemangel (neben der Zuwanderung). Wobei er zugibt, dass das im öffentlichen Sektor ja nicht ohne Politik geht.
Überhaupt ist es nicht so einfach mit der reinen Lehre. Sogar die FDP will ja jetzt Subventionen, um die Arzneimittelherstellung wieder zurück nach Europa zu holen.
(Bezug: WDR-Podcast Politikum 04.05.23)
Klar. Subventionen hat nie jemand was pauschal dagegen, es geht immer nur um die Frage für was.
3) Was passiert, wenn dir der Staat einen Job garantiert
Oh Mann, diese unterkomplexe Darstellung der Situation, diese Schwarzweiß-Malerei – ob durch Benjamin Fuchs oder mehr noch durch Dich – ist so anstrengend.
Fängt an mit der Definition von „Job“. Unsereiner versteht darunter, dass man einen Job, der aus irgendwelchen Gründen getan werden muss, halbwegs selbstständig erledigen kann, dass man Leistung schuldet und dafür entlohnt wird.
Dazu gehört nicht, dass man im Rahmen eines Sozial- oder Forschungsprojekts, das von vielen Menschen drumherum betreut werden muss, Tätigkeiten gegen Bezahlung ausübt. Das ist eine Form von Therapie. Mag sein, dass das den Menschen hilft, ein kleines Stück weit produktiv ist, vielleicht etwas weniger kostet im Vergleich dazu, die Betreuten als Sozialfälle zu halten. Mag gerne sein, dass man etwas Sinnvolles tut und sich dabei besser fühlt (mit allen positiven Folgen für die Krankenkasse). Mag also sein, dass das für einige bis viele Menschen eine gute Option sein kann.
Aber solche Lösung ist nicht unbedingt das, was ich unter Arbeit oder einem Job verstehen würde.
Die Annahmen über die Schlechtigkeit des Menschen, die gerade von liberal-konservativer und konservativer Seite dazu immer geäußert werden, lassen sich empirisch schlicht nicht halten.
Wir reden nicht von der Schlechtigkeit des Menschen, sondern eher von der Bequemlichkeit einiger. Wir sagen nie, dass alle Menschen faul sind, sondern dass aus dem Pool der Arbeitsfähigen (der ja aus Arbeitenden und Arbeitslosen besteht, und aus letzterer Gruppe meinen wir die Langzeit-Arbeitslosen) einige nicht bereit sind, sich zu Lasten ihrer Bequemlichkeit selbst zu versorgen. Wir wissen, dass andere nicht fähig sind, bei weiteren ist es vielleicht nicht zumutbar, aber weder leugnen wir die, noch meinen wir die.
Das solltest Du, wenn Du Dich hier öfter im Forum bewegst, schon mal mitbekommen haben.
Dass alle Langzeit-Arbeitslosen ausschließlich aufgrund der schlechten Welt und noch schlechteren Umständen in ihre Situation gekommen und dort verblieben sind, lässt sich übrigens empirisch auch nicht halten.
Verärgerte Grüße
E.G.
PS: Ich bin ein Konservativer. Wenn meine Meinung mit Deiner Vorstellung von konservativ nicht übereinstimmen sollte, liegt das nicht an mir, sondern an Deiner vergurkten Einstellung.
Zu 1)
Mag stimmen. Irgendeine Chance, das in ein von einer Mehrheit akzeptiertes, politisches, Aktionsprogramm zu giessen? nein? Dann ist das eine praktisch irrelevante Erkenntnis. Nebenanmerkung zur Studie selbst: Möglicherweise hat die Studie gar nicht den Zusammenhang zwischen „reichen“ und „armen“ Menschen gemessen, sondern den zwischen Menschen mit Zielen und dazu passenden Tagesstrukturen und denen ohne. Der ökonomische Erfolg ist nämlich ein Ergebnis von Zielen und der eigenen Unterordnung unter solche Ziele aka Selbstdisziplin.
Zu 3)
Ach, dann deklinieren wir doch einfach mal durch, was das konkret und praktisch bedeutet:
Zur Zeit müsste also der Staat
-2,6 Millionen Arbeitsplätze –
– regional und vom Anforderungsprofil passend
bereitstellen und finanzieren.
Perspektivisch zeitlich unbegrenzt – niemand weiss, wann und ob jemand in einem solchen Programm privatwirtschaftlich wieder einen ihm passenden Platz findet.
Perspektivisch weit oberhalb des gesetzlichen Mindestlohnes – oder glaubt jemand tatsächlich, ausgerechnet der Staat können dem entgegenstehenden öffentlichen Druck standhalten?
Und jederzeit bereit, diese regional und zum Qualitätsprofil der Arbeitslosen passenden Arbeitsplätze je nach Konjunkturlage weiter aufzustocken – oder glaubt irgendjemand ernsthaft, Leute würden einen staatlich garantierten freiwillig gegen einen privatwirtschaftlichen Arbeitsplatz tauschen?
Das ist als Programm so irrsinning, dass ich mich schlicht weigere, darüber auch nur zu diskutieren. Und ich würde den Staat, der ein derartiges Programm auflegt, selbst im hohen Alter sofort verlassen, denn die Verantwortlichen dieses Staates sind offenbar verrückt geworden.
Zu g)
Tim hat schon alles Notwendige dazu gesagt.
Zu i)
Was mich an solchen Beiträgen inzwischen wirklich richtig ärgert, ist die bewusste und vorsätzliche Ausblendung der politischen Rahmenbedingungen in einer Mediendemokratie. Ist ja schön, festzustellen, wir MÜSSTEN diese oder jene Debatte führen (Ich z.B. muss nur sterben und auf Toilette). Interessant wären solchen Beiträge erst dann, wenn sie herausarbeiten würden, welche Anreize und Sanktionen man bräuchte, welche ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen, welche Gesellschafts- und Weltlage, damit genügend politisch relevante Leute ein Interesse daran haben, die Debatte zu führen, von der ein Autor meint, sie müsste unbedingt geführt werden. Bis dahin sind das automatisch l’art pour l’art Beiträge mit einem Erkenntniswert von zero.
Gruss,
Thorsten Haupts
1) Sag ich ja in meinem Kommentar auch. Aber: das geschieht automatisch, sofern wir im Rahmen der Klimakrise eine Siedelungsverdichtung bekommen, oder?
i) Ja, sicher richtig.
Zu 1)
Nein. Du wirst eine räumliche Klassentrennung nur gewaltsam verhindern können. Und die Verdichtung wird nicht – jedenfalls nicht in den nächsten 50 Jahren – soweit gehen, dass die Mischung sich automatisch herstellt.
Ich finde die Argumente für eine wesentlich stärkere soziale Durchmischung durchaus überzeugend. Allerdings nur für die „unten“. Was mir bisher fehlt, ist auch nur ein einziges überzeugendes Argument, warum die „oben“ das wollen sollten.
Gruss,
Thorsten Haupts
Das ist sicher richtig.
3) Jobgarantie
Alles wenig überraschend, auch nochmal als Ergänzung zu Kning, dem ich da voll zustimme. Vor meiner Umschulung hab ich das ja auch ne Weile gemacht, weil absehbar war, dass sich die Bürokratie hinziehen kann.
Und ich fands super. Das war so ein Ding mit Haushaltsauflösungen oder Leute spenden ihr aussortiertes Zeugs und das wurde aufbereitet und für kleines Geld weiterverscherbelt. Also auch ne schöne Sache, womit Privatunternehmen jetzt kein Geld machen können und mit Sinn – voll nachhaltig und sozial und so^^
Da konnten auch sehr unterschiedliche Menschen rein, normale Arbeitslose, Flüchtlinge hatten wir einige (die haben direkt nebenbei Deutschkurse gemacht), Langzeitarbeitslose, bei denen schon klar war, da geht sonst nicht mehr viel, weil sie Ü50 mit unterschiedlichen Gebrechen sind usw.
Für mich wars super auch als Erprobung, weil ich davor ja Home-Office gemacht hab und dann schon mal mit normalen Arbeitszeiten, Pendeln, zig unterschiedliche Leute usw wieder hatte, nach/bei Corona sowieso gut. Und da gabs auch immer Zusatz-Sachen zur Unterstützung, Bewerbungstraining, EDV-Training und Gabelstaplerschein und Ansprechpersonen für den Bürokratiekram.
Für mich wars freiwillig, aber gilt dassselbe, was ich auch bei Arbeitslosigkeit generell gesagt hab: Wer einfach nur faul ist, weiß schon, wie er sich da rauswinden kann. Die bekommt man mit Strafen nicht.
Und im Gegensatz zu Kning fände ich das auch nicht weniger gut, wenn man dann nicht für den richtigen Arbeitsmarkt bereit wäre, sondern als Dauerlösung. Wie gesagt, da gabs etliche, wo eh schon klar war, dass nichts mehr geht, weil zu spät oder für die Flüchtlinge zb zu früh, die waren ja noch unter der Flüchtlingsbürokratie begraben und hatten zT noch keine richtige Wohnung, Arbeitserlaubnis etc (das dauert ja Jahre, bis die überhaupt auf den normalen Arbeitsmarkt dürfen) und für diese Leute war es schade, weil das eben befristet ist, allerlängstens geht das ein Jahr und dann „muss“ man da raus. Damit verpuffen viele positive Effekte dann leider auch wieder.
5)
Pah, Wärmepumpen, Masken alles pillepalle. Für den aufrechten Deutschen hängt das Wohl und Wehe der Republik natürlich am Cola-Deckel! Muss man wissen!
https://twitter.com/HGMaassen/status/1653269041299980291
Pah, Wärmepumpen, Masken alles pillepalle. Für den aufrechten Deutschen hängt das Wohl und Wehe der Republik natürlich am Cola-Deckel!
Und ich hatte so sehr gehofft, das sei Satire …
5) Ich schlage als naechstes vor, sich ueber die Ziehen und Druecken Befehle auf Tueren aufzuregen.
Jetzt lassen sich die Deutschen von den linksgrünversifften moralisierenden Grünen schon vorschreiben, in welche Richtung Türen aufgehen! Echte Rebellen lassen sich das nicht sagen, freies Gehen für freie Bürger!
Wir sollten im Springer-Verlag eine Drehtür nur für Ulf Poschard und Anna Schneider einbauen, und auf den Türen steht dann „Drücken“. Die kommen nie wieder raus.
3) Sehe ich auch so.
5) lol, identity politics is fun.
Zu 5)
In der wichtigsten Tugend moderner Zivilisationen – Ignorieren – sind viele Leute offenbar nicht besonders gut …