Die Kurt Beck der CDU


Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihren Verzicht auf die Kanzlerkandidatur und Rücktritt im Sommer angekündigt. Das ist, angesichts des Desasters in Thüringen, nur konsequent. Eine Parteivorsitzende und mögliche Kanzlerin, die ihre Partei nicht unter Kontrolle hat und in der einzelne machtbesessene Egomanen (Merz) und ganze Landesverbände (Thüringen) machen was sie wollen und in der sich eine interne Gruppe gebildet hat, die die Werte der Partei nicht vertritt (Werteunion) – das ist offensichtlich nicht haltbar. Jeder allerdings, der glaubt, mit einem Vorsitzenden Merz würde alles besser, ist, fürchte ich, naiv. Kramp-Karrenbauers Ägide hat deutliche Ähnlichkeiten mit der SPD-Vorsitzendenzeit Kurt Becks, der die Partei zwischen 2006 und 2008 führte. Und das nicht wegen großer Ähnlichkeiten der beiden Personen, sondern wegen großer Ähnlichkeiten der Lage, in der sich ihre Parteien befinden. Die Lage, in der sich die SPD zwischen 2006 und 2009 befand, ist ähnlich mit der Lage, in der sich die CDU seit 2018 befindet. Schauen wir, warum.

Ein Blick zurück

Zur Erinnerung. 2005 gab Franz Müntefering nach der Niederlage in einem kleinen innerparteilichen Machtkampf das „schönste Amt nach dem Papst“ an Matthias Platzeck ab, der damals sehr erfolgreich Brandenburg regierte. Platzeck erlitt 2006 einen Hörsturz, was eine erneute Neubesetzung möglich machte. Die SPD war hier bereits von ihrem Höhenflug bei der Bundestagswahl 2005 kuriert und deutlich abgestürzt.

Der neue Vorsitzende sollte daher ein Aufbruchsignal in die Zukunft geben: die damals von der Parteiführung offiziell als Zielsetzung verfolgte Ampel-Koalition auf der einen Seite (dass Guido Westerwelle diese Avancen permanent zurückwies, wurde ebenso beharrlich ignoriert wie die Tatsache, dass die FDP völlig unvereinbare programmatische Zielsetzungen hatte; ich habe hier darüber geschrieben, wie so ein Bündnis hätte aussehen können) und einen Schröder’schen Appeal an die Kernwählerschichten auf der anderen Seite.

Theoretisch war Kurt Beck dafür eine logische Wahl. Der Mann strahlte die typische SPD-Aufsteigerbiographie aus: Aus ärmlichen Verhältnissen, hochgearbeitet, klassische Werte. Man denke nur an „waschen und rasieren Sie sich, dann finden Sie auch einen Job“. Auf der anderen Seite hatte Beck in Rheinland-Pfalz, der Kanzlerschmiede, aus der auch Helmut Kohl entsprungen war, jahrelang die letzte sozialliberale Koalition Deutschlands angeführt und kürzlich die absolute Mehrheit errungen.

Kramp-Karrenbauer ihrerseits entstammt dem Saarland. Sie kann nicht auf eine ganz so illustre Karriere zurückblicken wie Beck, aber in der Theorie ist auch sie die Richtige für den spezifischen Moment. Sie übernahm im Saarland die erste Jamaika-Koalition, hatte nach deren Auseinanderbrechen wegen der FDP (eine offensichtliche Parallele zu 2017) mit Abgebrühtheit Heiko Maas` Angebot einer Großen Koalition ausgeschlagen, Neuwahlen angesetzt und diese mit großem Erfolg gewonnen, woraufhin sie eine deutlich handzahmere SPD in die Große Koalition führte.

Ihre Biographie stand für eine grundsätzliche Kontinuität der modernisierten CDU, aber gleichzeitig mit etwas klarerer Kante gegenüber den Elementen, die nur eingeschränkt in die CDU zu passen schienen. Was Becks öffentliche Verachtung eines Hartz-IV-Empfängers war, war für Kramp-Karrenbauer ihre ebenso öffentliche Absage an die Rechte von Homosexuellen. Unter AKK war die CDU nach allen demokratischen Seiten bündnisfähig. Jamaika, Schwarz-Gelb (so ein Wunder passieren sollte), Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot, sie konnte alles. Kein Weg war verbaut. Optimale Bedingungen für die Fortsetzung der CDU-Dominanz jenseits von 2021, könnte man meinen.

In beiden Fällen blieb die Realität weit hinter den theoretischen Erwartungen zurück.

Der Vergleich

Kurt Beck tat sich schwer damit, auf die unter Schröder vollzogene Modernisierung der SPD eine Antwort zu finden. Der „Waschen und Rasieren“-Kommentar wurde nicht, wie erhofft, markiges Zeichen einer auf Arbeit und Leistung setzenden Partei, die bei den Facharbeitern und der Mittelschicht reüssieren konnte, sondern zum Symbol der Abgehobenheit und sozialen Kälte. Die unter ihm beschlossene Rentensenkung durch das Erhöhen des Eintrittsalters auf 67 war da wenig hilfreich.

Annegret Kramp-Karrenbauer tat sich schwer damit, auf die unter Angela Merkel vollzogene Modernisierung der CDU eine Antwort zu finden. Zwar fehlte ihr ein Fettnäpfchen, das mit Beck vergleichbar gewesen wäre, aber auch ihr gelang der Spagat nicht, die imaginierte konservative Kernwählerschaft durch identitätspolitische Appelle zufriedenzustellen.

Kurt Beck stürzte über die hessischen Landtagswahlen. Nachdem im Wahlkampf von ihm ein Kooperationsverbot gegenüber der jungen LINKEn ausgegeben worden war, unter dessen Primat sich auch die hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti gestellt hatte, ließ das Ergebnis nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Große Koalition unter Roland Koch oder Minderheitenregierung mit Tolerierung der LINKEn. Kurt Beck gab die Entscheidung frei und schuf damit einen neuen Präzedenzfall für den Umgang in den Ländern. Das Experiment scheiterte. Die SPD erholte sich von dem Debakel nie mehr.

Annegret Kramp-Karrenbauer stürzte über die thüringischen Landtagswahlen. Nachdem im Wahlkampf von ihr ein Kooperationsverbot gegenüber der LINKEn und der jungen AfD ausgegeben worden war, unter dessen Primat sich auf der thüringische CDU-Chef Mike Mohring gestellt hatte, ließ das Ergebnis nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit oder Tolerierung mit der LINKEn oder Neuwahlen mit ungewissem Ausgang. Morhing entschied sich dann für Variante Nummer drei und intrigierte gemeinsam mit FDP-Chef Kemmerich und AfD-Chef Höcke zur Wahl Kemmerichs und schuf damit einen Präzedenzfall zur Zusammenarbeit mit Faschisten. Das Experiment scheiterte. Ob sich die CDU davon erholen wird, ist derzeit unklar.

Kurt Beck war Vorsitzender einer zutiefst zerrissenen Partei. Teile hatten ihren Frieden mit der Agenda2010 gemacht, diese sogar enthusiastisch unterstützt. Andere Teile lehnten sie als Verrat an den Werten der Partei ab. Ein Kompromiss zwischen diesen beiden Lesarten, wie Beck ihn sich vorgestellt hatte – rhetorisch Arbeiterpartei, praktisch Partei der oberen Mittelschicht – ließ beide Gruppen entfremdet zurück.

Annegret Kramp-Karrenbauer war Vorsitzende einer zutiefst zerrissenen Partei. Teile hatten ihren Frieden mit dem Atomausstieg und der Flüchtlingspolitik gemacht, diese sogar enthusiastisch unterstützt. Andere Teile lehnten sie als Verrat an den Werten der Partei ab. Ein Kompromiss zwischen diesen beiden Lesarten, wie AKK ihn sich vorgestellt hatte – rhetorisch konservativ, praktisch aber liberal – ließ beide Gruppen entfremdet zurück.

Kurt Beck hatte zudem mit einer winzigen innerparteilichen Gruppe zu kämpfen, die Fundamtentalopposition betrieb, sich den Positionen des radikalen Gegners verschrieben hatte und eine unbedingte Zusammenarbeit mit diesem forderte. Politiker wie Ottmar Schreiner und Publizisten wie Albrecht Müller nutzten ihre Zugehörigkeit zur SPD, um mehr mediale Relevanz zu erreichen, als sie es außerhalb der Partei könnten, und forderten permanent die Zusammenarbeit mit und Übernahme der Positionen der LINKEn, während sie die aktuelle Parteiführung und ihr aktuelles Programm permanent delegitimierten.

Annegret Kramp-Karrenbauer hatte zudem mit einer winzigen innerparteilichen Gruppe zu kämpfen, die Fundamtentalopposition betrieb, sich den Positionen des radikalen Gegners verschrieben hatte und eine unbedingte Zusammenarbeit mit diesem forderte. Politiker wie Friedrich Merz und hochrangige Funktionäre wie Hans-Georg Maaßen nutzten ihre Zugehörigkeit zur CDU, um mehr mediale Relevanz zu erreichen, als sie es außerhalb der Partei könnten, und forderten permanent die Zusammenarbeit mit und Übernahme der Positionen der AfD, während sie die aktuelle Parteiführung und ihr aktuelles Programm permanent delegitimierten.

Die Folgen für die SPD

Für die SPD war die Zeit unter Kurt Beck ein Menetekel. Das lag weniger an Kurt Beck selbst. Die Übernahme der Parteiführung durch Müntefering, der Kanzlerkandidatur durch Steinmeier und die Betonung von dessen Zusammenarbeit mit dem recht beliebten Steinbrück zeigen dies deutlich: Abwahl der Großen Koalition und Demütigung mit nur 23% der Stimmen.

Beck agierte zwar glücklos und traf einige Entscheidungen, die wenig zielführend waren. Aber er sah sich einer unmöglichen Aufgabe gegenüber. Eine Versöhnung der Agenda2010-Gegner mit denen, die sie akzeptiert hatten, warum unmöglich. Die Politik der Partei zeigt dies deutlich. Nach dem Debakel von 2009 relativierte die Partei ihre Position, versuchte, einen Kompromiss zu finden. Von der Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeld I bis zum Mindestlohn, von der Grundrente zur Mütterrente, nichts änderte etwas am Problem. Jede dieser Änderungen ließ einen Teil der Partei unbefriedigt und einen anderen vor den Kopf gestoßen zurück.

Das grundsätzliche, unauflösbare Dilemma ist, dass die Modernisierung unter Schröder von einem (großen!) Teil der Partei getragen wird, während ein anderer (kleiner, aber für den Machterhalt entscheidender) Teil ihn ablehnt. Jedes ignorieren des kritischen Teils treibt diesen weiter von der Partei und Wahlergebnissen der 30%+ – und damit dem Volkspartei-Anspruch – weg. Jedes Zugehen auf diesen Teil entfremdet den Teil der Partei, der seine Identität und Karriere darauf aufgebaut hat. Jeder Kompromiss lässt alle unbefriedigt zurück.

Profitiert von dieser Entwicklung hat, auf den ersten Blick vielleicht erstaunlich, weniger die LINKE. Zwar konnte diese im Vergleich zu 2005 ihre baseline von 8% auf etwa 10% hochschieben. Aber angesichts der Verluste ist das nicht viel. Über die Grüne kann man spekulieren, aber ich denke, es ist recht unstrittig zu sagen, dass eine Abschaffung von Hartz-IV in Deutschland nicht wirklich konsensfähig ist. Die großen Gewinner waren stattdessen die Grünen, die sich als neue, liberale Mittelschichtenpartei etablieren konnten und mittlerweile ernsthaftere Anwärter auf die Kanzlerschaft sind als die SPD.

Die Folgen für die CDU

Auch für die CDU war die Zeit unter AKK ein Menetekel. Auch hier liegt die Ursache weniger in ihrer Person selbst, obgleich sie sich vermutlich mehr Fehltritte vorwerfen lassen muss als ihr rheinland-pfälzischer Gegenpart. Ich bin aber recht zuversichtlich, dass auch eine Führung durch Merz oder Spahn und eine Kanzlerschaft durch einen der ihren oder sogar Markus Söder wenig an der Gesamtsituation ändern wird.

Denn das Problem der CDU ist dasselbe wie das der SPD. Auch diese Partei besitzt einen großen Teil, der seinen Frieden mit der Modernisierung unter Angela Merkel gemacht hat. Identitäten und Karrieren wurden darauf aufgebaut. Und auch diese Partei besitzt eine kleinere, aber bei weitem nicht irrelevante Gruppe, die diese Modernisierung aus tiefster Seele ablehnt. Und auch hier ist ein echter Kompromiss nicht zu finden, ist jede Halbmaßnahme vor allem dazu angetan, beide Seiten zu vergrätzen, ohne dass die Konzentration auf eine der beiden eine Option wäre.

Die Logik, der sich die CDU gegenübersieht, ist daher dieselbe wie die der SPD. Damned if you do, damned if you don’t. Bei der SPD haben wir den Vorteil, dass wir das Ende dieser Geschichte bereits kennen. Aber es ist nicht unplausibel anzunehmen, dass ein Zugehen auf die Positionen der AfD vor allem dabei hilft, diese Partei als Alternative zu legitimieren.

Wie bei der SPD auch kommt nämlich die massive Kritik an der CDU zu großen Teilen von Personen, die die Partei gar nicht wählen würden. Die Übernahme der Positionen der LINKEn wurden am lautesten von denen gefordert, die ihr Kreuz auch bei derselben machten. Und die Übernahme von Positionen der AfD wird von denen gefordert, deren Werte(union) mit der bundesdeutschen Mehrheitsgesellschaft ebenso wenig übereinstimmt wie mit denen der Partei.

Wie geht’s weiter?

Der Kampf um den Parteivorsitz – für den Merz zwar ein heißer Kandidat, aber kein automatischer Sieger ist – wird auch eine Richtungsentscheidung für die Partei sein. Sollte die CDU für 2021 eine Koalition mit der AfD weiter ausschließen (was relativ wahrscheinlich ist), muss sie zum Machterhalt zwangsläufig offen für Koalitionen zu ihrer Linken sein, entweder mit den Grünen (vielleicht sogar unter einem Kanzler Habeck!), mit Grünen und FDP, oder erneut mit der SPD. Vielleicht wird das Ergebnis 2021 sogar eine Kenia-Koalition im Bund zur Option machen.

Dieses Szenario wäre der SPD-Führung nur allzu vertraut. Obwohl die Partei dann unzweifelhaft Signale zu einer Revision ihres früheren Modernisierungskurses gesetzt hätte, wäre sie durch die Machtarithmetik im Bundestag gezwungen, diese fortzuführen. Die Alternative wäre der Sprung ins Dunkle, eine Koalition mit dem Konkurrenten am ideologischen Rand. Für die SPD ist das mittlerweile keine Option mehr, allein aus arithmetischen Gründen. Als es das noch war, war es ein beständiger Stachel im Fleisch.

Aber umgekehrt wäre eine Koalition mit der AfD im Bund für die CDU ein gewaltiges Risiko. Anders als bei der LINKEn besteht da erstens das Problem, dass die Partei schlicht nicht als demokratisch gesehen werden kann. Zweitens braucht es vermutlich auch die Mithilfe der FDP, die, wie man 2017 gesehen hat, ungern drittes Rad am Wagen sein will. Drittens erfordert dies ein Vor-den-Kopf-stoßen all jener CDU-Politiker, die sich lautstark gegen ein solches Bündnis positioniert und ihre politische Glaubwürdigkeit damit verknüpft haben. Viertens würde es einen Proteststurm in Medien und Bevölkerung losbrechen lassen. Kurz: die Mehrheit der CDU ist für dieses Bündnis aktuell nicht bereit, wie es eine Mehrheit der SPD 2005-2009 nicht für das Bündnis mit der LINKEn war. Wie groß diese Mehrheit ist, ist unklar. Aber DASS es eine Mehrheit ist, daran können wenig Zweifel bestehen.

Die Konservativen (und, in geringerem Umfang, die Liberalen) halten aktuell den Schlüssel zum Schicksal der deutschen Demokratie in der Hand. SPD und Grüne haben jegliche Gefahr von links bislang abgefangen. Nun ist es an ihnen, die Gefahr von rechts zu neutralisieren. Das ist ihre Aufgabe, das ist ihre Verantwortung. An ihr werden sie sich messen lassen müssen. Am Ende der Weimarer Republik erwiesen sich beide als zu schwach, um das Angebot von Rechts, für die Teilhabe an der Macht die Demokratie zu zerstören, auszuschlagen. Hoffen wir, dass dieses Mal charakterstärkere Personen die Entscheidungen treffen werden.

{ 32 comments… add one }
  • Ariane 10. Februar 2020, 12:34

    Hmpf, hätte ich mir den Kommentar im anderen Artikel ja sparen können^^

    Also ich muss sagen, ich fand die Trennung von Parteivorsitz und Kanzlerschaft generell nicht so glücklich. AKK hatte dadurch von Anfang an wenig Autorität, während Merkel wie die Bundespräsidentin wirkte, weil sie sich (sinnigerweise) so enorm zurückgehalten hat in Parteifragen. Das Problem hätte und hat jeder Nachfolger von Merkel, aber so hat man sich das irgendwie unnötig erschwert.

    Und ja, natürlich ist es konsequent, das Amt niederzulegen, wenn man erkennbar keinen Einfluss mehr auf die Partei hat und jeder macht, was er will. Aber mein Gott, der Zeitpunkt könnte wohl kaum schlimmer sein.
    Wenn Merkel nicht rhetorisch den Parteivorsitz übernimmt, sitzt die CDU in dieser Krise erstmal komplett ohne Führung oder Leute mit Autorität da und so wirkt AKK doch nur wie ein Skalp, das sich die AfD-Fans um den Hals hängen können. Meine Güte, allein bei dem Gedanken, dass die Rechtsausleger jetzt schon wieder in Triumphgeheul ausbrechen, wird mir ganz schlecht…
    Gerade wo ich das Gefühl hatte, die „Union der Mitte“ hätte gerade Oberwasser.

    Und ja, ich stimme dir unbedingt zu, dass es Parallelen zwischen der SPD unter Kurt Beck und der CDU heute gibt. Nur sehe ich das um einiges dramatischer. Es geht eben nicht um das Wohl und Wehe einer Partei, sondern schon die CDU hält hier schon die Grundausrichtung der gesamten Republik in den Händen.

    Und das liegt an beiden Beteiligten. Die LINKE stand nie so außerhalb des Grundkonsenses wie es die AfD heute tut und das ist schon noch was anderes, ob da ein radikaler Haufen ist, mit dem niemand zusammenarbeiten will oder wirklich eine demokratiefeindliche Partei.

    Und die SPD hats selten genutzt, aber sie hatte immer die Möglichkeit, in die Opposition zu gehen und den Konflikt damit sozusagen aufzuschieben. Ich glaube, die CDU hat das Problem, dass sie wirklich diesen Konflikt schnell und in aller Härte austragen muss. Von ihrem Selbstbild her ist sie sowieso schon die staatsführende Macht im Lande und rechnerisch geht es im Bund und den meisten Ländern auch nicht ohne die Union. Das ist glaube ich momentan wirklich eine Bürde. Nicht dass es in der SPD nicht auch Grabenkämpfe gab und gibt, aber es hatte sozusagen Zeit sich ein bisschen auszuwachsen (und bei den aktuellen Zahlen ist eh schon alles ein bisschen egal) und diese Zeit hat die Union nicht.

    Schwer zu sagen, welche Gruppierung sich am Ende durchsetzen wird, aber ich rechne eigentlich damit, dass der Kampf erheblich schmutziger wird als in der SPD. Und es ist ja ein bisschen gemein, dass man das als Linker nicht schadenfroh verfolgen kann, wie sich CDU oder FDP zerlegen, sondern man eher ernsthaft besorgt draufguckt :/

    • Stefan Sasse 10. Februar 2020, 12:40

      Ja, ich wollte den Alarmismus etwas niedriger halten, meiner eigenen seelischen Verfassung willen. Aber die CDU hält gerade tatsächlich das Schicksal der BRD in Händen.

      • Ariane 10. Februar 2020, 13:19

        Ja, ich fühl mich fast noch geschockter als letzte Woche.
        Und was ist das überhaupt für eine komische Idee? „Ich trete zurück aber übrigens erst in 10 Monaten (da wäre der reguläre Parteitag). Und solange regelt die wichtige Frage ohne Führung“
        So spontan wirkt das wie der perfekte Startschuss für innerparteilichen Bürgerkrieg.

      • Jens Happel 11. Februar 2020, 13:35

        Im Grunde geht es hier um das gleiche wie in dem Artikel von Ariane

        http://www.deliberationdaily.de/2020/02/offensichtlich-uebermannt/

        Ich finde beide Artikel gut, insbesonder dein Hinweis auf die Weimarer Republik. Im Grunde betrachtet ihr aber beide (nur) das Tagesgeschäft der Politik.

        Die wirkliche Ursache ist aber die Erosion der Mitte. Makroskop hat hierzu einen sehr lesenswerten Artikel geschrieben, wie die beiden großen Volksparteien beide dazu beitragen, den Extremen die Wähler zuzutreiben.

        Der original Artikel ist hinter eine paywall. Norbert Häring hat die Kernsätze zusammengefasst.

        https://norberthaering.de/unkategorisiert/wirtschaftsliberalismus-afd/

        https://makroskop.eu/2020/02/wie-hast-dus-mit-dem-kapital/

        Viele Grüße
        Jens

  • Rauschi 10. Februar 2020, 17:27

    Vielleicht kann mal erklärt werden, was genau Modernisierung sein soll.
    Ich weiss schlicht nicht, was damit gemeint ist und warum das für die einen positv ist und die anderen nicht .
    Für mich ist das kein Wert, nach dem sich eine Partei richten sollte, modern ist in ganz vielen Fällen sogar das Gegenteil von besser oder auch nur gut.

    • Stefan Sasse 10. Februar 2020, 18:23

      Das Parteiprogramm mit dem jeweils herrschenden Zeitgeist, dem Mainstream, auf Linie bringen. Parteien die das nicht tun, gehen unter.

      • Rauschi 10. Februar 2020, 19:24

        Nun ja, dafür ist aber Modernisierung das falsche Wort.

        Anpassungen an die Werte und Vorstellungen der Mehrheit der Bürger, wobei das ja eigentlich normal sein sollte, da die Vorstellungen eben dieser Mehrheit sowieso im Parlament abgebildet werden sollten. (Ja, mit dem notwendigen Minderheitenschutz).

        In wie weit hat die SPD das gemacht, dachte etwa die Mehrheit, wie sollten dringend bis 70 arbeiten und die Rente auf ein Niveau unter 50% senken? Oder das die Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau abgesenkt werden sollten? Oder die Verteidigungsausgaben auf 2% des BIP steigen sollten?

        Muss an mir vorbei gegangen sein.
        Also, was konkret ist bei SPD und CDU damit gemeint? Bei der CDU fällt mir nur die Ehe für alle ein, bei der SPD eigentlich gar nichts.

        • Ralf 10. Februar 2020, 20:22

          Bei der CDU gab es noch die Abschaffung der Wehrpflicht und den Ausstieg aus der Atomenergie (ich weiß, kein CDU-Traum, aber dennoch unter Angela Merkel durchgeführt).

          Bei der SPD hingegen beschränkt sich die “Modernisierung” unter Schröder auf die Verarmung des kleinen Mannes. Der nachfolgenden Generation kann man vielleicht noch den Mindestlohn anrechnen.

        • Stefan Sasse 10. Februar 2020, 20:57

          Ich übernehme den Begriff hier hauptsächlich, weil er sich im Diskurs durchgesetzt hat. Die Kritik ist grundsätzlich richtig.

  • cimourdain 10. Februar 2020, 18:20

    Ich sehe mehr Parallelen zu Rudolf Scharping: Nachfolger eines sehr zentristischen Vorsitzenden, zerrieben zwischen zwei auseinanderdriftenden Richtungen hinter denen sich persönliche Machtkämpfe stehen, etwas unglückliche Auftritte, die zu ‚kann es nicht hochgeschrieben werden, sogar das Verteidigungsministerium passt.
    Die andere historische Parallele ist, dass die Nachfolger (Erhard, Schäuble) langjähriger ‚Ersatzkönig‘ Kanzler ( Adenauer, Kohl ) es sich immer schwer getan haben, die Schatten des Vorgängers abzuarbeiten.

  • Ralf 10. Februar 2020, 19:26

    Ich gestehe Dir gerne zu, dass es Parallelen zwischen Kurt Beck und Annegret Kramp-Karrenbauer gibt. Aber ich befürchte, Du führst Deine Analogie zu weit.

    Kurt Beck hat sich mit dem „Rasieren“-Statement keinen Gefallen getan, aber es wäre verrückt zu behaupten, er sei deshalb gestürzt worden. Beck war im Grunde genommen ein bodenständiger, solider SPD-Chef mit viel Erfahrung. Beck ist aufgrund seiner eigenen Leistungen in sein Amt als Parteiführer gekommen, Resultat einer absoluten Mehrheit bei der rheinland-pfälzischen Landtagswahl im März 2006. Sein Ziel war letztendlich den linken und den rechten Flügel der Sozialdemokraten wieder zusammenzuführen und der Partei auch nach links hin Regierungsoptionen zu eröffnen. Dafür ist er brutal von der rechts-zentristischen Clique um Müntefering weggeputscht worden. Beck musste nicht gehen, weil er etwas falsch gemacht hatte, sondern weil die alten Schröderianer Angst hatten die Macht zu verlieren. In der Konsequenz verloren die Sozialdemokraten jede realistische Perspektive im Bund zu regieren und stürzten bundesweit ab. Ein Schock, von dem sie sich nie erholt haben.

    Bei Annegret Kramp-Karrenbauer sieht das alles ein bisschen anders aus. AKK wurde 2018 nicht Bundesvorsitzende der CDU, weil an ihr kein Weg vorbeiführte, sondern weil Angela Merkel sie auf den Weg zu dieser Position gesetzt hatte. Ihr gegenüber standen zwei schwache Gegner. Ein alter, abgehalfterter Aussteiger mit Blackrock-Skandalvergangenheit und fehlendem Bezug zum kleinen Mann. Und ein junger, noch weitgehend unprofilierter Aufsteiger, dessen Zeit möglicherweise irgendwann mal kommen wird, aber eben noch nicht im Jahr 2018, wo ihn außerhalb des Bundestags keiner kannte. In diesem Duell setzte sich Kramp-Karrenbauer nur hauchdünn vor ihre Gegner. Und ließ anschließend auch wirklich nicht ein einziges Fettnäpfchen auf ihrem weiteren Weg in die Zukunft aus. Dass die Frau Anfang 2020 offensichtlich keinerlei Autorität mehr hatte in ihrer eigenen Partei, hat sie ihrer eigenen Inkompetenz zu verdanken. Im Leben bekommt man meist mehr als eine Chance. Wer dreimal die Latte reißt und dann auch noch Chance Nummer vier, fünf und sechs versemmelt, wird halt irgendwann nicht mehr ernst genommen. Anders als Beck wurde Kramp-Karrenbauer nicht Opfer eines organisierten Putsches, sondern Opfer ihrer selbstgeschaffenen Bedeutungslosigkeit.

    • Stefan Sasse 10. Februar 2020, 20:59

      Ich behaupte keinesfalls, das Rasieren-Statement hätte IRGENDWAS mit dem Sturz Becks zu tun. Ich nutze es nur um zu illustrieren, dass dieser Versuch, rhetorisch Kante zu zeigen nicht taugt. Und das ist auch für die CDU relevant.

      Jein, wie ich gezeigt habe konnte AKK schon auf ein ordentliches Resümmee aus dem Saarland verweisen. Mehr als die meisten ihrer männlichen Kollegen.

  • R.A. 10. Februar 2020, 21:28

    Hmm. Schöne Darstellung – aber ich das Gefühl, eigentlich liegt die Gemeinsamkeit nur darin, daß die beiden ehemals großen Volksparteien ihre Flügel nicht mehr zusammenhalten können und sich zerlegen. Und daß es eher Zufall ist, welche Personen oder Ereignisse jeweils der Anlaß für den nächsten Zerlegungsschritt sind.

    Gerade bei der Union frage ich mich inzwischen, ob es nicht eine historische Ausnahme war, daß zwei so unterschiedliche Gruppen wie die Herz-Jesu-Sozis in Zentrumsnachfolge und die National-Konservativen es so lange in einer Partei miteinander ausgehalten haben. In vielen anderen Ländern sind das ganz natürlich zwei verschiedene Parteien.

    Und da sind da so einige Punkte:
    “ Eine Parteivorsitzende und mögliche Kanzlerin, die ihre Partei nicht unter Kontrolle hat“
    Auch wenn das sehr verbreitet ist: Ich halte es für eine merkwürdige und eigentlich undemokratische Vorstellung, daß ein Bundesvorsitzender mit Weisungsbefugnis Kontrolle über die Landesgliederungen haben sollte. Das Parteiengesetz sieht den umgekehrten Weg vor.
    Und da Mohring nicht gegen Parteitagsbeschlüsse verstoßen hat, gab es überhaupt keine Handhabe.

    „Sie übernahm im Saarland die erste Jamaika-Koalition, hatte nach deren Auseinanderbrechen wegen der FDP …“
    Das ist eine merkwürdige Sichtweise. Man kann neutral feststellen, daß die Gemeinsamkeiten zwischen CDU und FDP offenbar nicht mehr für eine Fortsetzung der Koalition reichten. Aber auseinandergebrochen wurde sie von AKK – und das in einer bemerkenswert unfairen und hinterlistigen Vorgehensweise. Und da das in der FDP noch sehr präsent ist wäre AKK wohl auch nicht in der Lage gewesen, auf Bundesebene eine neue Koalition zu schließen. War für eine CDU-Vorsitzende schon ein heftiger strategischer Nachteil ist.
    „Kein Weg war verbaut. “ paßt daher gar nicht.

    „Morhing entschied sich dann für Variante Nummer drei und intrigierte gemeinsam mit FDP-Chef Kemmerich und AfD-Chef Höcke zur Wahl Kemmerichs …“ Das ist eine Unterstellung ohne jede Belege und auch völlig unwahrscheinlich.
    Intrige hieße Absprache. Und bei einer Absprache hätte Kemmerich nicht so völlig überrascht und unvorbereitet agiert.

    „Profitiert von dieser Entwicklung hat, auf den ersten Blick vielleicht erstaunlich, weniger die LINKE.“
    Wie sollte sie auch? Schließlich hat sich die SPD beständig auf sie zubewegt und ihre Positionen übernommen. Das hat zwar rechte SPD-Wähler abgeschreckt, aber für linke SPD-Wähler gab es doch immer weniger Grund zu wechseln.

    „forderten permanent die Zusammenarbeit mit und Übernahme der Positionen der AfD“
    Forderungen nach Zusammenarbeit habe ich nicht mitbekommen. Bei Maaßen könnte ich es mir vorstellen, bei Merz nicht.
    Aber eine Übernahme von Positionen der AfD haben m.W. beide nie gefordert. Sondern sie haben die Rückkehr zu alten Positionen der Union gefordert – die halt inzwischen von der Union aufgegeben und von der AfD übernommen wurden.

    „Aber umgekehrt wäre eine Koalition mit der AfD im Bund für die CDU ein gewaltiges Risiko.“
    Natürlich nicht als erste Maßnahme. Sondern wie bei Grünen und Linken wäre der Weg von der Abgrenzung zur Kooperation ein langjähriger Prozeß. Ein Prozeß der unten beginnt und erst nach jahrelanger Praxis für den Bund denkbar ist. Und der noch Vorstufen vor der Koalition hat.

    Grundsätzlich gibt es ja zwei Methoden, auf neue Parteien vom Rand zu reagieren: Abgrenzung oder Einbindung.
    Alte Parteien setzen zuerst immer auf die Abgrenzung mit dem Ziel, die neue Partei wieder aus der Szene zu drängen. Ist ja wegen Besitzstandswahrung auch logisch.
    Aber: So eine Abgrenzung kann nur funktionieren, wenn man die Wähler zurückholt, also ihnen auch inhaltlich entgegenkommt.

    Die Union hat das sehr erfolgreich damals bei den Republikanern vorexerziert. Einerseits knallharte Abgrenzung, andererseits Zurücklocken der Wähler. Und nach einigen Jahren waren die Reps erledigt.

    Die SPD hat sowohl bei Grünen wie auch bei Linken zuerst auf Abgrenzung gesetzt – konnte und wollte aber inhaltlich nicht auf deren Wähler zugehen. Und dann blieb irgendwann nur der umgekehrte Weg der Einbindung. Was dann auch Grüne und Linke verändert hat: Zu Zeiten der Abgrenzung haben natürlich in Randparteien die Scharfmacher das Sagen und verwenden das „Wir Neue gegen das System der Altparteien“-Narrativ. Aber bei Übernahme von Verantwortung kommen dann die Gemäßigten (und vor allem die Karrieristen) zum Zuge und die Partei rückt immer mehr in die Mitte.

    Die Union hat ebenfalls auf Abgrenzung gesetzt, ist aber gleichzeitig nach links gerückt. Hat also noch zusätzlich Wähler verprellt anstatt welche von der AfD zurückzuholen. Und deswegen wird diese Strategie scheitern und die Union wird irgendwann auf Einbindung umschwenken müssen. Man kann nicht ein Viertel der Wähler dauerhaft ausgrenzen und gleichzeitig ihre Anliegen ignorieren.

    „SPD und Grüne haben jegliche Gefahr von links bislang abgefangen.“
    Aber nun wirklich nicht.
    SPD und Grüne arbeiten mit ziemlich jeder linken oder linksextremen Gruppierung zusammen und finanzieren noch die obskurste Linksaußen-Gruppe. „Gefahr von links“ abgefangen war das letzte Mal Schmidt gegen die RAF und die zeitweisen Abgrenzungsversuche gegenüber der Linken.
    Inzwischen wird da nichts mehr abgefangen, sondern man bindet ein oder läßt sich wie in Thüringen selber einbinden.
    Und genau das wird die Union eben auch machen.

    • Stefan Sasse 10. Februar 2020, 22:05

      Hmm. Schöne Darstellung – aber ich das Gefühl, eigentlich liegt die Gemeinsamkeit nur darin, daß die beiden ehemals großen Volksparteien ihre Flügel nicht mehr zusammenhalten können und sich zerlegen. Und daß es eher Zufall ist, welche Personen oder Ereignisse jeweils der Anlaß für den nächsten Zerlegungsschritt sind.

      Zustimmung.

      Gerade bei der Union frage ich mich inzwischen, ob es nicht eine historische Ausnahme war, daß zwei so unterschiedliche Gruppen wie die Herz-Jesu-Sozis in Zentrumsnachfolge und die National-Konservativen es so lange in einer Partei miteinander ausgehalten haben. In vielen anderen Ländern sind das ganz natürlich zwei verschiedene Parteien.

      Mit so was rechne ich auch.

      Auch wenn das sehr verbreitet ist: Ich halte es für eine merkwürdige und eigentlich undemokratische Vorstellung, daß ein Bundesvorsitzender mit Weisungsbefugnis Kontrolle über die Landesgliederungen haben sollte. Das Parteiengesetz sieht den umgekehrten Weg vor.
      Und da Mohring nicht gegen Parteitagsbeschlüsse verstoßen hat, gab es überhaupt keine Handhabe.

      Wie du schon sagst, sehr verbreitet. Das ist halt Verfassungsrealität seit Gründung der BRD.

      Das ist eine merkwürdige Sichtweise. Man kann neutral feststellen, daß die Gemeinsamkeiten zwischen CDU und FDP offenbar nicht mehr für eine Fortsetzung der Koalition reichten. Aber auseinandergebrochen wurde sie von AKK – und das in einer bemerkenswert unfairen und hinterlistigen Vorgehensweise. Und da das in der FDP noch sehr präsent ist wäre AKK wohl auch nicht in der Lage gewesen, auf Bundesebene eine neue Koalition zu schließen. War für eine CDU-Vorsitzende schon ein heftiger strategischer Nachteil ist.
      „Kein Weg war verbaut. “ paßt daher gar nicht.

      Zugegeben, die Formulierung ist etwas unglücklich, das wollte ich gar nicht insinuieren. Aber deinem Diktum gemäß sollte die Bundes-FDP ja völlig unabhängig von der Rheinland-Pfalz-FDP Entscheidungen treffen 😉

      Das ist eine Unterstellung ohne jede Belege und auch völlig unwahrscheinlich.
      Intrige hieße Absprache. Und bei einer Absprache hätte Kemmerich nicht so völlig überrascht und unvorbereitet agiert.

      Sorry, aber die letzten Tage sind so viele Belege ans Licht gekommen, die FDP-PR ist nicht mehr haltbar.

      Wie sollte sie auch? Schließlich hat sich die SPD beständig auf sie zubewegt und ihre Positionen übernommen. Das hat zwar rechte SPD-Wähler abgeschreckt, aber für linke SPD-Wähler gab es doch immer weniger Grund zu wechseln.

      Interessante Sichtweise.

      Forderungen nach Zusammenarbeit habe ich nicht mitbekommen. Bei Maaßen könnte ich es mir vorstellen, bei Merz nicht.
      Aber eine Übernahme von Positionen der AfD haben m.W. beide nie gefordert. Sondern sie haben die Rückkehr zu alten Positionen der Union gefordert – die halt inzwischen von der Union aufgegeben und von der AfD übernommen wurden.

      Das ist doch Semantik.

      SPD und Grüne arbeiten mit ziemlich jeder linken oder linksextremen Gruppierung zusammen und finanzieren noch die obskurste Linksaußen-Gruppe. „Gefahr von links“ abgefangen war das letzte Mal Schmidt gegen die RAF und die zeitweisen Abgrenzungsversuche gegenüber der Linken.
      Inzwischen wird da nichts mehr abgefangen, sondern man bindet ein oder läßt sich wie in Thüringen selber einbinden.
      Und genau das wird die Union eben auch machen.

      Bitte was? Mit welchen linksextremen Gruppierungen, die die Republik gefährden, arbeiten die denn zusammen?!

      • R.A. 11. Februar 2020, 10:12

        „Aber deinem Diktum gemäß sollte die Bundes-FDP ja völlig unabhängig von der Rheinland-Pfalz-FDP Entscheidungen treffen “
        Abgesehen davon daß es ums Saarland geht ;-):
        Es ist ja nicht so, daß die Saarland-FDP da anderen FDPlern etwas verbieten würde. Sondern daß FDP-weit davon ausgegangen wird, daß mit einer Lügnerin wie AKK keine seriöse Zusammenarbeit möglich ist.

        „Sorry, aber die letzten Tage sind so viele Belege ans Licht gekommen, die FDP-PR ist nicht mehr haltbar.“
        Welche Belege? Der uralte und längst bekannte Höckebrief unter ganz anderen Rahmenbedingungen? Irgendwelche anonymen „Quellen“ die aus CDU- oder FDP-Umfeld kommen sollen?
        Das ist doch ziemlicher Mumpitz. Klar ist, daß diese Variante bekannt war – aber eben als völlig unwahrscheinlich nicht weiter bedacht wurde. Deswegen die völlig chaotische Reaktion.

        „Interessante Sichtweise.“
        Willst Du damit sagen, daß in Deiner Sicht die SPD nach Schröder NICHT nach links gerückt ist?

        „Das ist doch Semantik.“
        Nein. Wenn eine Position vor zehn Jahren noch CDU-Position war, dann ist sie eindeutig innerhalb des demokratisch zulässigen Spektrums. Und sie zu vertreten ist legitim, auch wenn die CDU sie inzwischen aufgegeben hat. Man kann doch CDUler nicht zu AfD-lern erklären, nur weil sie an ihrer Position festhalten.

        „Mit welchen linksextremen Gruppierungen, die die Republik gefährden, arbeiten die denn zusammen?!“
        Mit linksextremen Gruppierungen arbeiten sie reichlich zusammen.
        Die Zusatzbedingung „die Republik gefährden“ habe ich nicht behauptet. Niemand gefährdet derzeit die Republik, weder von links noch von rechts.
        Deswegen verstehe ich ja Deine Ausgangsbehauptung nicht, SPD und Linke hätten gegen irgendeine Gefahr von links verteidigt.

        • Stefan Sasse 11. Februar 2020, 15:38

          Rheinland-Pfalz, Saarland, wo liegt der Unterschied? 😛

          Klar ist die SPD nach links gerückt, das schreibe ich gefühlt mindestens einmal pro Woche. Mir geht es eher um den Effekt auf die Wähler.

          Ob das „alte Positionen der CDU sind, die von der AfD übernommen wurden“ oder „Positionen der AfD“ sind, ist Semantik. Fakt ist, dass die CDU sie nicht mehr vertritt. Die SPD vertritt auch nicht mehr den Sozialismus. Das ist schon relevant.

          Welche linksextremen Gruppierungen denn…?

    • sol1 10. Februar 2020, 23:40

      /// „Sie übernahm im Saarland die erste Jamaika-Koalition, hatte nach deren Auseinanderbrechen wegen der FDP …“
      Das ist eine merkwürdige Sichtweise. Man kann neutral feststellen, daß die Gemeinsamkeiten zwischen CDU und FDP offenbar nicht mehr für eine Fortsetzung der Koalition reichten. Aber auseinandergebrochen wurde sie von AKK – und das in einer bemerkenswert unfairen und hinterlistigen Vorgehensweise. ///

      *lol*

      Das Scheitern der Jamaika-Koalition im Saarland war alleine die Schuld der FDP.

      Der gelbe Sauhaufen ist dann ja auch bei der Neuwahl von 2012 von 9,2 % auf 1,2 % abgestürzt.

      • Stefan Sasse 11. Februar 2020, 07:02

        (Ehrlich gesagt bin ich wenig in saarländischer Politik bewandert, ich hab das auf Wikipedia gecheckt)

  • sol1 11. Februar 2020, 00:20

    Auch immer beliebt in solchen Krisensituationen ist der Blick ins Ausland auf der Suche nach vermeintlichen Patentrezepten.

    Hier etwa werden Sebastian Kurz und Boris Johnson als Vorbilder ins Spiel gebracht:

    https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-02/andreas-roedder-cdu-neuwahlen-bund-konservativismus-forscher/komplettansicht

  • CitizenK 11. Februar 2020, 11:48

    @ Stefan Sasse

    „Becks öffentliche Verachtung eines Hartz-IV-Empfängers“

    Verachtung? Ist doch eine banale Tatsache, dass man ungepflegt und durch Rumhängen an der Trinkhalle keinen Job kriegt. Warum wurde ihm das von links bis rechts um die Ohren gehauen – und wirkt bis heute nach?

    Überhaupt markiert der Umgang mit Beck durch die damalige Partei-„Elite“ den Anfang vom Niedergang der Partei. Das Schmierenstück am Schielowsee, einfädelt durch Steinmaier, Müntefering & Co. hat viel von der Identifikation bei den Mitgliedern zerstört, die gerade für die SPD essentiell ist. Schade, dass Beck quasi durch den Hintereingang ging und die Typen nicht offen zur Rede gestellt hat.

    Nachdem die von Dir bereits totgesagte Partei nun doch wieder sehr gebraucht wird, wollte ich das festhalten. Übrigens: Anerkennung für die fundierte Blitz-Analyse zum AKK-Rücktritt.

    • Stefan Sasse 11. Februar 2020, 15:42

      Ich stimme dir völlig zu was den Umgang mit Beck angeht. Sein Kommentar war trotzdem völlig daneben und sprach von Verachtung. 2008 war in Deutschland alles, aber keine Vollbeschäftigung. Der Kommentar mit dem „waschen und rasieren und du hast nen Job“ war ein Schlag ins Gesicht aller Arbeitsloser, die trotz aufreibender Suche eben nichts fanden. Es war verachtend. Und es drückte den damals herrschenden Zeitgeist aus, die Mentalität der SPD, die ihr auch nachhaltig das Genick brach.

      • Stefan Pietsch 11. Februar 2020, 15:54

        Nur war das eine Äußerung, erkennbar nur auf die eine Person bezogen in einer emotional aufgeheizten Situation, nachdem der Mann Kurt Beck angerempelt und angepöbelt hatte. Beck war ein spontan reagierender Politiker, der seine Emotionen nicht verdecken konnte wie manch anderer.

        Die Äußerung entsprach auch damals dem Empfinden der Mehrheit, jedenfalls sagten das die Leute in Umfragen.

        • Stefan Sasse 11. Februar 2020, 18:14

          Das Problem ist, dass die Mehrheit nicht SPD wählt. Wenn CDU- oder FDP-Wähler einem SPD-Parteichef zustimmen, ist das eher kontraproduktiv. Dieselbe Argumentation fährst du ja auch mit Merkel. Der stimmt auch eine deutliche Mehrheit der Republik zu…

          • Stefan Pietsch 12. Februar 2020, 10:04

            Die Mehrheit der SPD-Wähler denkt selten deutlich anders als die Mehrheit der Gesellschaft. Parteianhänger unterscheiden sich in ihren Einstellungen punktuell (Grüne betonen Umweltthemen, Liberale Steuern und finanzielle Solidität, Konservative Sicherheit), aber nicht generell. Die Einstellungen zu Sozialhilfeempfängern sind (bis auf LINKE) in allen Schichten sehr ähnlich.

            • Stefan Sasse 13. Februar 2020, 06:38

              Dafür hat die SPD bemerkenswert einseitig Haue für die Agenda-Politik bekommen…

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