Habeck versucht mit der Prügelstrafe Arbeitslose in Gaza dazu zu bringen, über Merz‘ Rede zu berichten – Vermischtes 24.10.2024

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Breaking a Child’s Will

Der Artikel beleuchtet die Praxis der körperlichen Bestrafung in evangelikalen Haushalten in den USA und beschreibt sie als ein tief verwurzeltes, gewaltbasiertes Erziehungssystem. In vielen Fällen wird körperliche Gewalt als religiös gerechtfertigt dargestellt, wobei Eltern glauben, dass Gehorsam gegenüber Gott auch Gewalt gegenüber ihren Kindern erfordert. Die Geschichten von Überlebenden zeigen, dass diese Bestrafungen häufig systematisch und brutal waren, oft begleitet von religiöser Rechtfertigung und extremer Kontrolle. Die Autor*innen schildern das wiederkehrende Motiv des „Holzlöffels“ als Symbol der Gewalt, das in den Erinnerungen vieler Betroffener präsent bleibt. Bekannte evangelikale Autoren wie James Dobson propagierten in ihren Büchern wie Dare to Discipline eine autoritäre Erziehung, die Gehorsam erzwingen und die individuelle Willensstärke brechen soll. Diese Doktrin hat über Jahrzehnte Einfluss auf evangelikale Gemeinschaften ausgeübt, und viele Erwachsene tragen heute noch psychische und physische Narben von der Misshandlung in ihrer Kindheit. Besonders problematisch ist die Vermischung von Gewalt und Liebe, die den Betroffenen oft lebenslange emotionale und psychologische Schäden zufügt. (Talia Lavin, The Cut)

Ich habe in meinem Grundsatzartikel zu Strafen bereits thematisiert, dass Strafen generell – und Körperstrafen sowieso – in der Erziehung wenig bis nichts verloren habe. Sie haben nur sehr selektiv wirkungsvolle Bereiche. Was hier beschrieben wird, ist aber einem komplett anderen Level. Zum einen sind diese Körperstrafen eine so krasse Verletzung jeglicher universeller Rechte (wir haben das diskutiert), ein solcher Verstoß gegen die Zivilisation, dass einem der Atem stockt. Dazu ist die Strafe auch vollkommen wirkungslos, wie David Roberts bereits 2018 hier geschrieben hat. Es ist aber auch auffällig, wie irrelevant das ist, weil es um Normen geht. Die Rechte des Kindes stehen in direktem Kontrast zu den Rechten der Eltern, die in diesem Fall absolut gesetzt werden. Verbrämt wird das Ganze noch damit, dass man die Opfer zu Mittätern macht, indem man behauptet, dass es in ihrem Interesse geschehe. Gegen solche reaktionären, gewalttätigen Vorstellungen hilft nur Gesetzeskraft. Und die fehlt in den USA völlig. Es ist wirklich ekelhaft, was diese Menschen tun.

2) Facing war in the Middle East and Ukraine, the US looks feeble. But is it just an act?

Der Artikel argumentiert, dass die US-Politik unter der Biden-Administration nicht nur reaktiv auf die globalen Krisen in China, der Ukraine und dem Nahen Osten reagiert, sondern eine revisionistische Strategie verfolgt, die das geopolitische Gleichgewicht bewusst verändern soll. Während die USA unter Trump explizit revisionistisch agierten, insbesondere mit „America First“ und Handelskonflikten mit China, setzt Biden ähnliche Prinzipien fort, indem er Allianzen neu definiert und strategische Interessen durch gezielte Eskalationen vorantreibt. Im Fokus stehen dabei China, wo der Technologiewettbewerb verschärft wird, die Ukraine, wo der Westen Ukraine als Stellvertreter im Krieg gegen Russland nutzt, und der Nahe Osten, wo die USA Israel weitgehend unterstützen, während Hamas und Hisbollah bekämpft werden. Die USA verfolgen eine Politik der Spannungseskalation, die weniger auf eine Rückkehr zum Status quo abzielt, sondern darauf, geopolitische Macht neu zu verteilen, was der Artikel als bewusste Fortsetzung neokonservativer Ambitionen der 1990er Jahre interpretiert. (Adam Tooze, The Guardian)

Es fällt mir schwer, mich auch nur an die Grundargumentation von Tooze zu machen, weil ich so viel „Israelkritik“ dieser Tage so abstoßend finde. Aber grundsätzlich lässt sich das voneinander trennen. Es ist ja – wie Tooze selbst schreibt – problemlos möglich, dass Israel Opfer eines furchtbaren Terroranschlags ist UND dass sowohl Netanyahu als auch die USA die Gelegenheit zur Umsetzung von Politiken nutzen, die durchaus aggressiv und auf system change gerichtet sind. Ich habe keine Ahnung, wie viel da dran ist. Aus meiner Perspektive ohne Insiderinfos klingt Toozes Theorie genauso glaubwürdig wie die offizielle Variante des Reagierens auf Ereignisse. Dass da ein Stellvertreterkrieg stattfindet kann dagegen zumindest für die Hisbollah glaube ich als völlig gesichert angesehen werden, was sich ja auch an den Allianzen in der Region zeigt: wenn etwa Saudi-Arabien Raketen aus Houthi-Gebiet auf Israel abfängt, dann sicher nicht aus Liebe zum zionistischen Projekt. Das Ganze ist ungemein verworren und zersplittert, und das sollte allen, die sich dazu äußern, eine gewisse Demut einimpfen.

3) Political Journalism Is Becoming Increasingly Irrelevant

Der Artikel argumentiert, dass Kamala Harris‘ Wahlkampfstrategie, sich vermehrt auf unkonventionelle Medienplattformen wie Podcasts und Shows zu konzentrieren, eine durchdachte und effektive Taktik ist, um Wähler zu erreichen. Im Gegensatz zu traditionellen Medieninterviews, die oft konfrontativ und auf oberflächliche politische Prozesse fokussiert sind, bietet diese Strategie Harris die Möglichkeit, in entspannteren Formaten ihre Persönlichkeit, Werte und Lebenserfahrungen zu zeigen. Dies könnte insbesondere unentschlossene Wähler ansprechen, die weniger an detaillierten politischen Plänen interessiert sind, sondern mehr Wert auf Charakter und persönliche Geschichten legen. Der Autor argumentiert, dass die traditionelle Medienlandschaft an Einfluss verliert, während Harris durch Plattformen wie „Call Her Daddy“ und Howard Stern eine jüngere, weibliche Zielgruppe anspricht und ihre relatierbaren Familienwerte hervorhebt. Diese „Vibes-Kampagne“ wird als zeitgemäße und intelligente Medienstrategie dargestellt, um Wähler dort abzuholen, wo sie sind, anstatt auf altmodische Medienformate zu setzen. (Michael Cohen, Truths and Cons)

Ich denke, das ist keine grundsätzlich schlechte Entwicklung. Ich habe bereit darüber geschrieben, dass die Medien im Endeffekt kein großes Vertrauen durch Harris verdient haben. Dazu kommt der von Cohen genannte Effekt, dass auch die Qualität kein Argument für einen Zugang über die Medien ist. Wenn das Gerede davon, dass es um Policy gehe und man schön alles darstellen müsse wenigstens stimmte, wäre das ja eine Sache. Aber zahlreiche Medien, allen voran wie so oft die New York Times, hatten wochenlang geklagt, dass Harris keine Interviews gebe und dass ihre Policy-Plattform nicht detailliert genug sei. Als sie dann eines gab und Policy-Vorschläge machte, wurden diese nicht rezipiert und stellenweise sogar beklagt, sie gebe zu detaillierte Vorschläge! Angesichts einer solchen Medienlandschaft macht es tatsächlich mehr Sinn, auf andere Kommunikationswege umzusteigen. Die Republicans machen das ja mittlerweile seit über 30 Jahren.

4) Oweia, das war nix

Der Artikel kritisiert Friedrich Merz‘ Rede auf dem CSU-Parteitag als oberflächlich und wenig inhaltlich substanziell. Obwohl Merz freundlich empfangen wurde und seine Aussagen bei den Delegierten gut ankamen, fehle es ihm an konkreten Vorschlägen, insbesondere in der Wirtschaftspolitik. Merz stellt sich als Kandidat für einen „Kurswechsel“ dar, fordert beispielsweise mehr Kontrolle in der Migration und die Abschaffung des Bürgergeldes, bietet jedoch keine detaillierten Pläne an, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Besonders auffällig sei, dass Merz auf dem Feld der Wirtschaftspolitik, obwohl er hier über Expertise verfüge, nur vage Schlagworte präsentiere, ohne konkrete Lösungen für zentrale Fragen wie Strompreise, Strukturwandel oder den Umgang mit China zu liefern. Der Autor betont, dass Merz, um eine echte Chance auf das Kanzleramt zu haben, seinen Diskurs vertiefen und in den „Kanzlermodus“ wechseln müsse. Andernfalls könnte sich das Bild eines Politikers festigen, der große Reden hält, aber keinen klaren Plan hat. (Veit Medick, Stern)

Ich halte das für eine fundamentale Fehleinschätzung. Erstens ist eine Rede auf dem CSU-Parteitag nicht der Ort, an dem ein CDU-Parteivorsitzender seine Wahlkampfplattform ausformuliert. Und zweitens und viel bedeutender scheint mir hier dieselbe Mirage aufgebaut zu werden, die auch den Journalismus in den USA in eine völlig falsche Richtung treibt. Die Gefahr für Merz ist nicht zu wenig Substanz, sondern zu viel. Er wird keine Wählenden verlieren, weil diese sich brennend für die Details seiner künftigen Wirtschaftspolitik interessieren und stattdessen zu den Grünen wandern, bei denen ich ja zu 90% sicher bin, dass sie dumm genug sind, das alles auszubuchstabieren. Sondern er wird Wählende verlieren, wenn zu viel über seine Policy bekannt ist. Das hat einerseits den Grund, der für alle gilt, dass das alles in den Medien gerne zerlegt wird, die stets behaupten, dass es diese Diskussion brauche, um sich dann auf irgendein Minidetail zu konzentrieren und den Rest zu ignorieren. Andererseits hat es aber auch den Grund, dass Merz‘ Positionen nicht wirklich mehrheitsfähig sind. Er wird Kanzler, wenn er die große Alternative zur Ampel ist und möglichst vage bleibt. Je mehr Menschen ihre Hoffnungen und Wünsche auf ihn projizieren können, umso besser. Jede Klarheit außer „die Ampel ist scheiße“ schadet da. Und die Konservativen waren nie so blöd wie die Linken, das zu vergessen. Die können Wahlkampf.

5) Es gibt gute Gründe für die 1000-Euro-Prämie – und noch bessere dagegen

Der Artikel analysiert die geplante 1000-Euro-Prämie der Ampel-Regierung für Langzeitarbeitslose, die mindestens ein Jahr in einem Job bleiben, und kritisiert sie als oberflächliche Lösung eines tiefer liegenden Problems. Obwohl die Idee auf den ersten Blick sinnvoll erscheint, wird darauf hingewiesen, dass es strukturelle Mängel im Bürgergeldsystem gibt, die nicht durch eine einmalige Prämie behoben werden können. Der Artikel betont, dass viele Langzeitarbeitslose mit psychischen und sozialen Problemen zu kämpfen haben und Unterstützung benötigen, während andere mehr Druck statt Anreize brauchen. Insbesondere die wachsende Gruppe von Nicht-Deutschen, die Bürgergeld bezieht, habe oft Schwierigkeiten mit Qualifikationen und Sprachkenntnissen, was die Integration in den Arbeitsmarkt erschwere. Außerdem wird hervorgehoben, dass ein Großteil der Arbeitslosen, die einen Job finden, nach kurzer Zeit wieder auf Bürgergeld angewiesen ist. Die Prämie anerkennt letztlich das Problem, dass es sich für viele nicht lohnt, aus der Bürgergeld- und Teilzeitarbeit in eine sozialversicherungspflichtige Anstellung zu wechseln. Stattdessen seien tiefgreifende Reformen im System notwendig, um die Anreize zur Arbeit nachhaltig zu verbessern. (Jan Klauth, Welt)

Dieser Sturm im Wasserglas ist mittlerweile auch bereits wieder vorbei, aber ich finde die Debatte grundsätzlich instruktiv. Wie man in diesem lesenswerten Thread von Klaus Seipp sehen kann, ist eine marginal positive Wirkung der Prämie durchaus möglich. Aber darum geht es mir an der Stelle gar nicht. Ich finde den Vorschlag deswegen so bemerkenswert, weil er weitgehend unparteilich ist. Hätte ihn die FDP gemacht, hätte das genauso gepasst wie wenn er von der SPD, der CDU oder wie jetzt von den Grünen gekommen wäre. Die Begründung wäre jeweils eine andere gewesen – quasi das Framing -, aber grundsätzlich ist die Idee überall andockbar. Dasselbe gilt spiegelbildlich für die Reaktion, und das ist der für mich faszinierendste Punkt. Da der Vorschlag von Habeck kommt, wird er natürlich von den Bürgerlichen abgelehnt (wie man ja auch an der überraschend verhaltenen Kritik oben sehen kann). Aber ich bin ziemlich sicher, dass wenn Lindner ihn gemacht hätte eine ähnliche Ablehnung aus dem progressiven Spektrum käme, vermutlich mit irgendwelchen Argumenten von der verletzten Würde der Arbeitslosen. Maßnahmen wie diese sind ein gutes Beispiel für Dinge, die einfach unter dem Radar bleiben sollten. Man sollte es machen, schauen ob es tut (denn das weiß es eh niemand, man kann nur vermuten!) und es gegebenenfalls wieder abschaffen.

Resterampe

a) Spannendes Doppel-Interview in der ZEIT zur Abschreckung. Sauer überzeugt mich mehr.

b) Mal wieder ein Paradebeispiel für die dumme Abschiebepolitik. Dazu auch das.

c) Guter Punkt zum Steelmanning. Ich halte das auch für eine richtig dumme Idee.

d) Guter Thread zu Zöllen und außenpolitischen Interdependenzen. Verstehen wir in Deutschland auch nicht.

e) Da dräut eine Katastrophe. Und es gibt fast nichts, das wir tun können.

f) Korrekt.

g) Schrödingers Cancel Culture.


Fertiggestellt am 14.10.2024

{ 94 comments… add one }
  • derwaechter 24. Oktober 2024, 10:48

    1) Absolut furchtbar und m.E. nicht zu rechtfertigen. Klingt wie aus einer ganz anderen Zeit.

    Bin erst über den Begriff „Überlebende“, gestolpert, der m.E. viel zu inflationär gebraucht wird. Aber hier ist der ja echt nah dran. Wahnisnn!

  • CitizenK 24. Oktober 2024, 11:22

    1) Es gibt diese erschreckenden Berichte von „christlichen“ Einrichtungen aus Irland (Katholische Kirche) aus Kanada und inzwischen auch über die „Kinderverschickung“ in Deutschland. Warum wurde das jahrzehntelang nicht thematisiert? Würde „Kinderrechte ins Grundgesetz“ helfen?

    • Stefan Sasse 24. Oktober 2024, 14:29

      Weil kein Problembewusstsein da war. Und das beantwortet IMHO auch die Frage: wenn du Kinderrechte ins GG schreibst, ist das Problembewusstsein zumindest da. Und dann kann da Rechtsrealität draus werden. Daher: ja, unbedingt!

      • Thorsten Haupts 25. Oktober 2024, 00:11

        Spezifische Kinderrechte im GG sind auch so eine Idee … Kinder sind Menschen und Menschen sind grundgesetzlich vor physischer Gewalt bereits geschützt – wo also ist der Mehrwert ausser einer weiteren Aufblähung unserer Verfassung?

        • Stefan Sasse 25. Oktober 2024, 07:56

          Würde im GG nicht stehen, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, ist auch eher unklar, ob sich das einfach aus Artikel 1 ableiten ließe.

          • cimourdain 25. Oktober 2024, 09:54

            Vielleicht nicht aus Art 1 GG, aber direkt eine Zeile über Art 3 Abs 2 steht, dass ALLE Menschen vor dem Gesetz gleichberechtigt sind. Art 2 liefert eine Erweiterung, dass auch auf faktische Gleichstellung zwischen Mann und Frau verpflichtet.
            Aber obwohl andere Gruppen diese Sonderregelung nicht haben, hat der Gesetzgeber auf Gleichstellung hingearbeitet, zum Beispiel mit dem AGG.

            • Stefan Sasse 25. Oktober 2024, 11:10

              Ja, später dann.

              • cimourdain 25. Oktober 2024, 12:21

                Vorsicht: Die allgemeine Gleichberechtigung, die geschlechtsbezogene Gleichberechtigung und das allgemeine Diskriminierungsverbot (Art 3 Abs 3) ist bereits in der Fassung von 1949, aber der Gleichstellungsauftrag zwischen Mann und Frau ist erst 1994 ins GG gekommen:
                https://lexetius.com/GG/3,2

    • Ralf 24. Oktober 2024, 22:14

      Würde „Kinderrechte ins Grundgesetz“ helfen?

      Steht im Grundgesetz nicht bereits, dass die Würde des Menschen unantastbar ist? Ich bin immer davon ausgegangen, dass Kinder Menschen sind. Und dass jemanden brutal zusammenzuschlagen seine Würde antastet.

  • Lemmy Caution 24. Oktober 2024, 15:03

    Die post-1990 Ordnung ist eh schon gescheitert. Die immer wahrscheinlicher werdende Trump-Präsidentschaft wird das dann halt nur sehr beschleunigen.
    Selbst an-sich demokratische Regierungen wie die brasilianische und indische haben Bedarf an stärkeren Änderungen.
    China will die Dominanz im Ost-Pazifik, um dann die Region zu einer Art Führungsmacht für ganz Eurasien und Afrika zu machen.
    Moskowien will die Schwäche West-Europas ausnutzen, um Änderungen durchzusetzen, die für einen zivilisierten Menschen sowieso nicht nachvollziehbar sind.

    • Lemmy Caution 24. Oktober 2024, 15:04

      gehört zu 2)

  • DerWoDaSo 24. Oktober 2024, 15:55

    Wirtschaftskompetenz können Fritze Merz nur Menschen zuschreiben, die selbst über keinerlei Wirtschaftsexpertise verfügen. Die glauben das halt, weil das viele behaupten. Bei Miosga hat er sich ja komplett blamiert, aber das ist ja grad komplett egal.

  • Ralf 24. Oktober 2024, 21:58

    zu 3) “Medienlandschaft”

    Angesichts einer solchen Medienlandschaft macht es tatsächlich mehr Sinn, auf andere Kommunikationswege umzusteigen.

    Es hört nicht auf mich zu faszinieren, wie immer argumentiert wird, dass es zu radikal sei, geradezu demokratiefeindlich die Medienlandschaft zu reformieren. Aber zu kapitulieren und sie als hoffnungslosen Fall einfach aufzugeben, das ist moderat und demokratisch.

  • Ralf 24. Oktober 2024, 22:02

    zu 4)

    bei denen ich ja zu 90% sicher bin, dass sie dumm genug sind, das alles auszubuchstabieren

    Dumm ist dem Wähler vor der Wahl zu sagen, was man vorhat? Was hast Du eigentlich für ein Demokratieverständnis?

    • Thorsten Haupts 24. Oktober 2024, 22:40

      Möglicherweise ein ziemlich realistisches? Der Gegenbeweis wäre einfach – ein halbes Dutzend Beispiele, in der die Partei gewann, die dem Wähler vorher ausführlich erklärte, was sie nach der Wahl präzise vorhat?

      • Ralf 24. Oktober 2024, 22:47

        Das ist nicht mein Punkt.

    • Stefan Sasse 25. Oktober 2024, 07:55

      „Der Wähler“ interessiert sich dafür halt nicht.

      • Ralf 25. Oktober 2024, 08:10

        Der Wähler hat sich aber früher für Inhalte interessiert. Er interessiert sich heute nicht mehr, weil ihm die Medien heute aus kommerziellen Gründen Klamauk statt Inhalt bieten und Klamauk ist immer spannender als Inhalt. Hätten wir andere Medien, würde auch das Interesse der Wähler an Inhalten wieder wachsen.

        • CitizenK 25. Oktober 2024, 08:51

          Hätte, hätte…
          Wäre „der Wähler“ so vernünftig, würde er aus dem breiten Angebot von Informationsquellen eben nicht den Klamauk nehmen. Wunschdenken hilft nicht. Man muss die Menschen nehmen, wie sie sind – es gibt keine anderen (Konrad Adenauer).

          • Ralf 25. Oktober 2024, 10:54

            Da bin ich total bei Dir. Du hast völlig recht.

            Man muss Menschen so nehmen, wie sie sind und nicht so, wie man sie gerne hätte. Menschen sind nicht perfekt. Sie sind oft nicht rational. Sie sind nicht pauschal klug und leider auch nicht pauschal gut. Und oft handeln sie nicht nur gegen Gemeinschaftsinteressen sondern sogar gegen ihre eigenen Interessen.

            In allen Bereichen hat man das seit Jahrtausenden verstanden. Gesetze, Regeln, ethische Codes und Strafen sind alle nur notwendig, weil Menschen eben so sind, wie sie sind. Zivilisation ist anders nicht möglich. Hammurabis Gesetzeskodex aus dem alten Babylonien ist über 5000 Jahre alt. Die zehn Gebote sind mindestens 3000 Jahre alt.

            Und Informationen sind Waffen. Das Gefahrenpotential von Information ist seit Jahrtausenden bekannt. Bis Ende der 80er Jahre hat man das gewusst. Dann hat man die Erkenntnis der Kommerzgeilheit geopfert. Die Demokratie ist für den Gegenwert einiger Werbeblöcke verkauft worden.

            Andere Medien sind möglich. Medien, die die Menschen nicht zum Schlimmsten verführen,
            sind nicht nur möglich, sondern jahrzehntelang gelebte Praxis in der Bundesrepublik gewesen. Da wir wissen, da wir täglich sehen, wie Menschen auf Privatmedien reagieren, müssen wir das Elend beenden. Das Experiment mit der Freiheit ist fundamental gescheitert. Eben genau weil Menschen in unserer realen Wirklichkeit nicht in der Lage sind sich im Trommelfeuer von Negative Messaging, Klamauk-TV und Social Media-Hass zu kontrollieren.

            • cimourdain 25. Oktober 2024, 11:21

              Nerviges Rumgenerde: Der Codex Hammurabi ist nur 3.800 Jahre alt.

              • Ralf 25. Oktober 2024, 12:00

                Mein Fehler! 😉

                Danke für die Korrektur.

        • Stefan Sasse 25. Oktober 2024, 08:56

          Ich weiß nicht, ob „er“ das früher hat. Woran machst du das fest?

          • Ralf 25. Oktober 2024, 11:08

            Sehr viel mehr Menschen waren in Parteien und in anderen großen Institutionen, wie etwa Gewerkschaften organisiert. Wer einmal in der Woche zum lokalen Treffen der CDU- oder SPD-Gruppe geht, interessiert sich vermutlich für Inhalte. Bis etwa Mitte der 80er Jahre war die Jugend und Studentenschaft stark politisiert. Meine Generation in den 90ern hingegen war eine reine Spaßgesellschaft: Feiern, Party, Musik. Ich war älter als 30 Jahre, bevor ich das erste Gespräch über Politik im Freundeskreis hatte. Bis dahin war Politik – in Schule, im Studium, im Doktorat – überall ein nicht-existierendes Thema. An Wahlen zum Studentenparlament beteiligte sich fast niemand. Das Asta rannte hinter den Leuten her und bat und bettelte, dass jemand zur Abstimmung kommt. All das – noch zehn Jahre zuvor – völlig unvorstellbar.

            • Stefan Sasse 25. Oktober 2024, 11:12

              Kommt drauf an, was dieses Treffen macht. Wenn das effektiv ein Verein und Stammtisch ist? Aber ja, die Bindung war früher sicherlich höher. Aber daran ändern ja Parteiprogramme nichts, sondern gelebte Demokratie.

              • Ralf 25. Oktober 2024, 14:47

                Henne und Ei.

                Parteizugehörigkeit und Interesse an politischen Themen fördert Begeisterung für Demokratie. Begeisterung für Demokratie fördert Parteizugehörigkeit und Interesse an politischen Themen.

                Dank der Medien sind unsere Demokratie und ihre Repräsentanten mit soviel Schmutz und Dreck beworfen worden, dass wir aus dem obigen Cycle ausgestiegen sind. Stattdessen sind wir jetzt in einem neuen Cycle:

                Verachtung von Demokratie fördert Politikverdrossenheit. Und Politikverdrossenheit fördert Verachtung von Demokratie.

                • Stefan Sasse 25. Oktober 2024, 21:21

                  Du, wir sind uns in der Problembeschreibung gar nicht so uneins, nur nennst du zurecht Henne und Ei: ich denke, die Medien vollziehen nur einen gesellschaftlichen Trend nach.

                  • Ralf 25. Oktober 2024, 21:51

                    Ich copy-paste der Einfachheit halber was ich oben schon an CitizenK geschrieben hatte, der fast wortgleich geantwortet hatte:

                    Meiner Meinung nach verdrehst Du Ursache und Wirkung. Was macht Dich so sicher, dass die Medien den gesellschaftlichen Wandel nur “aufgegriffen”, nicht aktiv bewirkt haben. Weshalb sehen wir diese negativen Trends so dramatisch verstärkt, insbesondere seit den 2010er Jahren, als die ältere Generation und das Segment der wenig Gebildeten das Internet entdeckte.

            • CitizenK 25. Oktober 2024, 16:42

              Das ist mE eine Folge des gesellschaftlichen Wandels – (Individualismus/Egozentrismus von Reagan/Thatcher/Blair/Schröder), die Medien griffen das halt auf.

              • Ralf 25. Oktober 2024, 16:47

                Meiner Meinung nach verdrehst Du Ursache und Wirkung. Was macht Dich so sicher, dass die Medien den gesellschaftlichen Wandel nur “aufgegriffen”, nicht aktiv bewirkt haben. Weshalb sehen wir diese negativen Trends so dramatisch verstärkt, insbesondere seit den 2010er Jahren, als die ältere Generation und das Segment der wenig Gebildeten das Internet entdeckte.

        • Lemmy Caution 25. Oktober 2024, 09:37

          Performative Aspekte spielten immer eine Rolle.
          In den 80ern war Fernsehen stark ideologisch gebunden. Monitor war links und Report aus München konservativ. Ich habe bestimmt öfter Report aus München geschaut, weil ich die bayrische Aussprache mochte. Geändert hat das an meinem Weltbild überhaupt nichts.

          Der Unterschied ist, dass es damals mehr redaktionelle Kontrolle gab. Vermutlich hat man die Verwurzelung vieler Mitbürger in Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit überschätzt und jetzt haben wir den Salat.

          Ich habe heute noch in meinem Twitter einige pro Putin Schwurbler, weil die für mich einen Sinn für Rhytmus haben. Als Chávez noch lebte hatte ich mir viele seiner 3 bis 6 stündigen „Alo Presidente“ Fernseh-Shows angeschaut, obwohl ich sehr detailliert darüber informiert war, wie diese manipulative Sendung funktionierte. Es hat mich gut unterhalten, aber es hatte nie eine Chance, mich zu überzeugen. Ich höre heute noch gerne Evo Morales zu, obwohl ich seine dunklen Seiten gut kenne und ich ihn – bei vorhandenen historischen Verdiensten – für ein Problem für das aktuelle Bolivien halte. In Argentinien gibts einige rechts von mir stehenden Kommentatoren, denen ich gerne zuhöre.
          In den ersten 20 Monaten des Krieges konnte ich einige chilenische Kommentatoren, die ich eigentlich mochte, zu dem Thema „Moskowien überfällt Ukraine“ nicht mehr hören, weil die da geäußerten Meinungen so weit von mir weg waren. Bei all denen hat im Verlauf des Krieges zumindest ein gewisses Umdenken stattgefunden und ich meine eine immer bessere Ahnung zu bekommen, warum die damals zu ihren Schlüssen kamen. Ein ganz persönlicher Prozeß der „critical whiteness“, aber natürlich deutlich weniger plakativ, als das oft propagiert wird.
          Im Rahmen meines Erlernens der französischen Sprache schaue ich mir manchmal Kanäle der extremen Französischen Rechten wie TV Libertes an. Das hat nie eine Chance, mich zu überzeugen, aber ich finds aktuell interessant.

          Meine Meinung zur Politik Israels hat sich in den letzten Wochen verändert. Dazu finde ich hier viele Kommentatoren manipuliert, aber ich kann keinen meine Meinung aufzwingen.

          • Ralf 25. Oktober 2024, 10:58

            Die Funktion von Medien ist zu informieren, nicht Meinungen zu formen. In den 70er/80er-Jahren lasen Tagesschausprecher mit eiserner Miene Nachrichten vom Blatt ab. “Die Sowjetunion ist in Afghanistan einmarschiert”. “In Indonesien ist ein Vulkan ausgebrochen”. “Die Queen of England ist zu einem Besuch in Uganda”. Sind das gute oder schlechte Nachrichten? Die Meinungen mussten sich die Bürger selber bilden.

            • Stefan Sasse 25. Oktober 2024, 11:11

              Ich halte da nicht viel von, ehrlich gesagt. Informiertheitssimulation.

            • CitizenK 25. Oktober 2024, 13:40

              Du glaubst wirklich an diesen Unterschied?
              Auswahl, Kontext, Framing – und schon wird aus einer Information eine Meinung.

              • Ralf 25. Oktober 2024, 14:40

                Ich verstehe Dein Argument nicht ganz. Dasselbe gilt für Stefans ähnlichen Kommentar über Deinem.

                Informiert werden kann grundsätzlich nur jemand, der informiert werden will. Deshalb gibt es kein Wunder- oder Allheilmittel, das alle Probleme in Bezug auf Information löst. Ist das Dein Punkt? Falls ja, ist es eine Binse.

                Aber jemand, der informiert werden will und der Informationen (1) mit Kontext, (2) fakten-basiert, (3) in nicht-reißerischer Form, (4) ohne polarisierende Meinungsanleitung und (5) allgemein verständlich serviert bekommt, ist anschließend mit höherer Wahrscheinlichkeit gut informiert als jemand, der die kommerzgeilen Privatmedien konsumiert oder News aus Social Media bezieht.

                Das ist natürlich auch eine Binse.

                Aber deshalb wundern mich eure Probleme mit dieser scheinbar offensichtlichen Einsicht.

                • Lemmy Caution 25. Oktober 2024, 16:05

                  Ich selbst funktioniere als Konsument aber so, dass ich oft Quellen mit einem gewissen Meinungs-spin gerne konsumiere. Man muss das natürlich richtig einordnen. Das ist bei vielen Leuten das Problem.

                  Ich kann das nur anhand eines Beispiels erläutern.
                  Ich besuchte letztens die Buchpräsentation von Tobias Lamberts Venezuela Buch in der Rosa Luxemburg Stiftung Nähe Berlin Alexanderplatz. Ich erwähnte in der abschliessenden Diskussion das Buch Rory Carrols von 2013. Ein anwesender Referatsleiter der Stiftung nickte heftig zustimmend. Das machte mich glücklich. Wir Bekloppten, die uns in Mitteleuropa für den Chavismus interessiert haben, nahmen die Argumente der anderen Seite wahr.

                  Leute, die für sich in Anspruch nehmen, sich objektiv zu informieren, gefährden die Demokratie, und nicht diejenigen, die auf allen Seiten und auch manchmal im Dreck suchen.

                  Dafür brauch es natürlich einen souveränen Umgang mit Quellenkritik.
                  Rory Carroll ist natürlich kein Dreck, falls der Eindruck entstanden ist. Er stellte den Chavismus aus unterschiedlichen Perspektiven dar, aber er hatte natürlich eine Meinung. Tobias Lamberts Buch ist das Ergebnis einer Enttäuschung, aber durchtränkt von Meinungen, denen ich oft nicht zustimmen kann. Objektivität läßt sich aber sowieso nicht erreichen. Ich werde die 224 Seiten ohne Fußnoten und Literaturanhang wohl bis Ende lesen. Dreck ist das auch nicht, wobei diese Formulierungen da in Fußnote 1 auch Seite 9…grrr… 😉

                  • Lemmy Caution 25. Oktober 2024, 16:21

                    Viele glaubten in den 20-0er Jahren, dass das die Möglichkeiten des Internets gut für die Demokratie wäre. Wenn jeder seine Anschauung publizieren kann. Ist doch gut. Die Millionen von Jahren Evolution werden den Menschen doch mit hinreichend Urteilsvermögen ausgestattet haben… und jetzt ist die Demokratie durch Dauerhetze und oft eben nicht leicht erkennbare Manipulation so gefährdet wie seit den 1930ern nicht.

                  • Ralf 25. Oktober 2024, 16:22

                    Wenn ich von “Medien” spreche, meine ich Leitmedien. Also bis etwa 2000 das Fernsehen alleine und ab dann Fernsehen und Internet. Für Leitmedien sollten besondere Regeln gelten, wegen des besonderen Publikums. Dass Meinungsartikel in Zeitungen erscheinen (so sie denn als Meinungsartikel ausgewiesen sind), dass Bücher und Buchpräsentationen kontroverse und polarisierende Inhalte verbreiten, ist kein nennenswertes Problem.

                    • Lemmy Caution 25. Oktober 2024, 16:59

                      Die Leitmedien hatten sicher eine de-radikalisierende Wirkung, ja.
                      Aber die Propaganda kommt ja oft sehr sachlich daher. Sorgen machen mir nicht die marktschreierischen Privatmedien, sondern heute z.B. ein längerer Artikel auf der Webseite der Friedrich-Ebert Stiftung zu dem BRICs-Treffen.

                    • Ralf 25. Oktober 2024, 17:34

                      Das ist erstens ein anderes Thema. Und zweitens können eine Handvoll durchgeknallter Eliten nicht die Demokratie zerstören ohne die aktive Hilfe der Wähler, von denen die erdrückende Mehrheit nicht weiß, wer oder was die Friedrich-Ebert-Stiftung ist.

                • CitizenK 25. Oktober 2024, 16:51

                  „Leitmedien“ ist es überholter Begriff. Schon Twens gucken kein TV mehr und Zeitungen lesen sie schon gar nicht. Willst Du sie dazu verpflichten?

                  Wie viele verschiedene Bücher/ Zeitungen/Zeitschriften/Dokus/Filme muss ich konsumieren, um ein wirklich umfassendes Bild zu haben? Der Tag hat 24 Stunden, und Geld kostet das auch. Für mich sind schon die Tageszeitungen (Leitmedien?) , die gern abonniert hätte, finanziell nicht drin. Deshalb wechsele ich alle paar Monate, mehr geht nicht.

                  • Ralf 25. Oktober 2024, 17:31

                    “Willst Du sie dazu verpflichten?”

                    Twens konsumieren das, was da ist. Ich habe nicht die Absicht irgendjemanden zu irgendetwas zu verpflichten.

                    ”Wie viele verschiedene Bücher/ Zeitungen/Zeitschriften/Dokus/Filme muss ich konsumieren, um ein wirklich umfassendes Bild zu haben?”

                    Keine Ahnung wieso Du das nicht weißt. Du warst doch in den 80er Jahren bereits auf der Welt. Du müsstest die Antwort auf Deine Frage doch kennen.

                    Ich hab als Schüler übrigens auch nicht viel Geld gehabt. Ich bin damals ständig in die Stadtbücherei gefahren. Eine Stunde hin. Und eine Stunde zurück.

                    Und sorry – Bücher sind nun wirklich kein Luxus.

                • Stefan Sasse 25. Oktober 2024, 21:20

                  Diese Nachrichten gibt es doch zu Genüge?

                  • Ralf 25. Oktober 2024, 21:47

                    Nach diesen Nachrichten muss man intensiv suchen. Aber ja – man findet manches. Wenn man sehr motiviert ist. Der Durchschnittsbürger ist aber nicht sehr motiviert. Der eher wenig Gebildete ist auch nicht sehr motiviert. Trotzdem ist Informationsbedürfnis da. Die Tagesschau ist früher weit über soziale Klassengrenzen hinweg angeschaut worden.

                    Und heute wird zur Stillung des Informationsbedürfnisses fast überall nur noch Klamauk, Negative Messaging oder an Emotionen appellierender Content, der Angst und Hass schürt angeboten – weil dieser Content Klicks und Einschaltquoten maximiert und Kunden bis in den Werbeblock hinein am Ball hält.

                    • Stefan Sasse 26. Oktober 2024, 07:56

                      Was hat sich denn an der Tagesschau so massiv geändert?

                    • Ralf 26. Oktober 2024, 11:28

                      Auch die Tagesschau hat sich verändert, präsentiert sich meinungsstärker als früher und Meinungen sind selten als Meinungen gekennzeichnet (z.B. ausdrückliche Kennzeichnung eines “Kommentars”). Aber ja, Du hast Recht. Bei der Tagesschau hat es keine fundamentalen tektonischen Verschiebungen gegeben. Die bedeutendste ist indirekt: Die Zuschauer bleiben weg. Millionen Menschen holen sich ihre komplette Information aus Social Media. Nicht die Tagesschau ist das Problem. Das toxische Geflecht aus “Alternativen”, das wie ein pathologischer Pilz um sie herum gewachsen ist und Menschen verführt, belügt und radikalisiert, ist das Problem.

                    • Stefan Sasse 26. Oktober 2024, 19:51

                      Ich krieg auch bei Spiegel und Co tonnenweise Nachrichten. Ein Großteil von dem material dort sind Kopien von dpa und Konsorten. Ohne jede Wertung, einfach nur die Nachricht. Ich sehe deine Bestandsaufnahme einfach nicht diesbezüglich.

                    • Thorsten Haupts 26. Oktober 2024, 12:39

                      Man kann halbwegs gebildete, selbständig lebende, Erwachsene nicht radikalisieren. Sie radikalisieren sich selbst, weil sie das so wollen.

                    • Stefan Sasse 26. Oktober 2024, 19:51

                      Das halte ich für eine gewagte These, gelinde gesagt.

                    • Ralf 26. Oktober 2024, 13:13

                      Man kann halbwegs gebildete, selbständig lebende, Erwachsene nicht radikalisieren.

                      Du argumentierst wie jemand, der im strömenden Regen steht und der, während ihm der eisige Wind das kalte Nass ins Gesicht peitscht erklärt, dass die Sonne scheint.

                      Ist verständlich. Die Realität zu verleugnen hilft uns manchmal uns besser zu fühlen. Aber Realitätsverleugnung ist selten langfristig ein gutes Rezept. Probleme gehen nicht weg, nur weil man ideologisch seinen Kopf im Sand verbuddelt.

                    • Ralf 26. Oktober 2024, 20:11

                      Ich krieg auch bei Spiegel und Co tonnenweise Nachrichten. Ein Großteil von dem material dort sind Kopien von dpa und Konsorten. Ohne jede Wertung, einfach nur die Nachricht. Ich sehe deine Bestandsaufnahme einfach nicht diesbezüglich.

                      Klar kriegst Du bei Spiegel und Co tonnenweise Nachrichten. Das ist bei einem Nachrichtenmagazin ja auch nicht anders zu erwarten. Aber sind die Nachrichten vertrauenswürdig? Ich nenn Dir z.B. mal die monatelange Kampagne in den deutschen und auch in den internationalen Medien zum “Haley versus Trump”-Horserace im Kontext der republikanischen Primaries. Wenn man Spiegel und Co gelesen hat, konnte man nur den Eindruck gewinnen, dass da ein hochspannendes Rennen um die republikanische Partei stattfand, das auf Messers Schneide stand. Dieser Eindruck wurde nicht passiv und indirekt vermittelt, sondern aktiv geschürt. Selbstverständlich war das in den Medien gezeichnete Bild des Rennens bis zur Karikatur verzerrt und grob falsch. Allerdings wussten das nur Leser, die sich sehr gut mit amerikanischer Politik auskennen oder die Nischenberichterstattung wie FiveThirtyEight konsumieren. Und das ist nur ein kleines Beispiel. Ähnliche andere Beispiele gibt es jeden Tag. Nimm meinetwegen die Markus Lanz-Sendungen, die ich einigermaßen regelmäßig schaue. Sitzt dort ein FDP-Vertreter zu Gast, wird stets der Eindruck erweckt, die Ampel scheitere ausschließlich an den Totalversagern der FDP, während Grüne und SPD versuchen den Laden zu retten. Ist ein Vertreter der Grünen oder der SPD zu Gast ist es genau andersrum. Immer geht es nur darum, den Gast anzugreifen, mit Schmutz zu bewerfen, die Partei des Gastes als die Schlechteste, die es jemals gegeben hat herabzuwürdigen – egal ob Regierung oder Opposition. Es können aber – rein logisch – nicht alle Parteien gleichzeitig die schlechteste Partei sein. Und mit einer objektiven Bestandsaufnahme oder einer realitätsorientierten Einordnung der Leistung der Parteien hat all das sowieso nichts zu tun. Und so weiter …

                    • Stefan Sasse 27. Oktober 2024, 08:04

                      Du wirfst Dinge durcheinander. Markus Lanz sind keine Nachrichten, sondern Entertaintment.

                      Was das andere Problem angeht: völlig richtig, aber die Auswahl der Nachrichten war schon immer das Problem. Das kannst du ja gar nicht vermeiden.

                    • Ralf 27. Oktober 2024, 09:12

                      Was das andere Problem angeht: völlig richtig, aber die Auswahl der Nachrichten war schon immer das Problem. Das kannst du ja gar nicht vermeiden.

                      Wieso kann man das nicht vermeiden? Du tust so, als sei das gottgegeben. Als sei das etwas, dem wir völlig ausgeliefert sind.

                      Tatsächlich handelt es sich schlicht um journalistische Unredlichkeit. Die Realität wird wissentlich und willentlich verbogen, verzerrt und verleugnet. Der Konsument wird de facto belogen.

                      Dass es absichtlich geschieht, zeigt sich darin, dass die Verzerrung immer nur hin in die Richtung geschieht ein Ereignis spannender, packender, emotionaler zu machen. Nie geschieht es in die andere Richtung. Deutet das nicht auf ein kommerzinduziertes Problem hin, bei dem der Kunde mit glitzernden Lügen am Ball gehalten werden soll, damit er nicht vor der Werbepause abschaltet? Dass das Phänomen nicht gottgegeben ist, zeigt sich übrigens auch daran, dass es früher – ohne die private Medien-Wettbewerbslandschaft – zumindest in den Leitmedien des Fernsehens nicht oder nur deutlich weniger intensiv auftrat. Es geht also auch anders.

                      Zu Markus Lanz: Klar ist das Unterhaltung. Aber es ist auch Debatte der Nachrichten. Die Sendung gibt vor den News durch Gespräche mit Entscheidern und Betroffenen Kontext zu geben. Der Moderator gibt vor den besprochenen Themen auf den Grund zu gehen. Ich bezweifele arg, dass in der Redaktion Deine Einordnung, das sei alles pures Entertainment – so wie Wetten Dass oder Dalli Dalli – geteilt wird.

                    • Stefan Sasse 27. Oktober 2024, 10:02

                      Es gibt keine objektive Realität. Wenn du dich entscheidest, etwa irgendwelche Boulevard-Nachrichten zugunsten von Nachrichten aus den Entwicklungen Ecuadors auszublenden – ist das Produkt dann „Realität“? Wenn du Ecuador nicht berichtest, dafür aber die Entwicklungen bei der hessischen SPD, ist das „Realität“? Nachrichten und ihre Auswahl verzerren IMMER. Das ist völlig unvermeidbar. Das passiert insofern „wissentlich“, als dass eine Selektion stattfinden muss, durch irgendwen. Aber eine Selektion MUSS stattfinden. Und was du für besonders relevant hältst, mögen andere bereits als Verzerrung und Leugnung sehen.

                      Natürlich teilen die die Einschätzung nicht, aber Nachrichten sind es halt auch nicht. Sorry, du waberst hier gerade so wachsweich durch die Definitionen, das ist ein ständiges Verschieben von Torpfosten. Worum geht es dir nun? Reine Nachrichten, also das Informieren über ein Ereignis? Das kann Lanz niemals sein. Alles, was irgendwie das Weltgeschehen diskutiert? Fein, Lanz ist drin, aber halt auch alle Meinungsbeiträge, deren Menge du vorher bejammert hast. Was ist es nun?

                    • Ralf 27. Oktober 2024, 10:59

                      Es gibt keine objektive Realität. […] Nachrichten und ihre Auswahl verzerren IMMER.

                      Eine objektive Realität gibt es schon. Wir leben ja schließlich in einer realen Wirklichkeit. Aber ja – die Realität ist immer extrem komplex. In jedes kleinste Detail des Puzzles steckt irgendein Professor irgendwo auf der Welt 30 Jahres seines Forschungswirkens – um am Ende, auch nach drei Jahrzehnten harter Arbeit, nur an der Oberfläche gekratzt zu haben.

                      Für unser alltägliches Leben, für das Funktionieren unserer Zivilisation ist allerdings nur ein verschwindend geringer Teil all dieses Wissens relevant. Niemand erhebt deshalb den Anspruch Nachrichten müssten allumfassend vollständig sein.

                      Aber Deine Argumentation erinnert mich an die der Wissenschaftskritiker in der Coronakrise, als aus dem offensichtlichen Fakt, dass es in der Wissenschaft immer Ungewissheiten gibt, dass immer Fragen bleiben, dass immer die Möglichkeit besteht falsch zu liegen, die Schlussfolgerung gezogen wurde, man könne dann halt nichts wissen. Alle Meinungen – solche, die durch jahrzehntelange Forschung gedeckt sind sowie jene, die von Couchpotatoes auf der Basis von YouTube-Videos aus der Luft gegriffen wurden – seien deshalb alle als gleichberechtigt anzusehen. Als sei Wissen ein binärer Zustand: Entweder ich weiß alles mit 100% Sicherheit oder ich weiß überhaupt nichts.

                      Deine analoge Argumentation lautet: Entweder eine objektive Realität ist in Nachrichten allumfassend in ihrer vollen Komplexität abbildbar oder die Nachrichtenberichterstattung unterliegt den Zwängen von subjektiver Auswahl und Vereinfachung. Und wenn sie den Zwängen von subjektiver Auswahl und Vereinfachung unterliegt, dann ist egal, was ausgewählt, was wie vereinfacht wird. Dann stehen alle diese subjektiven Entscheidungen, wie ausgewählt und vereinfacht wird, gleichberechtigt nebeneinander. Fox News ist also dasselbe wie FiveThirtyEight. Breitbart ist dasselbe CNN.

                      In der Wirklichkeit stehen diese Kanäle keineswegs gleichberechtigt nebeneinander. Ja – Auswahl muss geschehen und Komplexität muss vereinfacht werden, um verständlich zu sein. Ein Journalist, der publiziert um zu informieren, trifft in dieser Hinsicht aber völlig andere Entscheidungen als ein Journalist, der im Wettbewerbsfeld versucht ein Geschäft zu machen. Und sprechen wir es aus: Er trifft BESSERE Entscheidungen. Er macht BESSERE, sachdienlichere Kompromisse.

                      Medien sind essentiell in unserem System. Die Vierte Gewalt – auch wenn Du diesen Begriff nicht magst – ist zentral für das Funktionieren unserer Gesellschaften. Information wird von Tagesschau bis Markus Lanz aufbereitet, die beide Player im selben großen Spiel sind. An beide muss man denselben journalistischen Anspruch stellen: Der Konsument sollte nach der Sendung BESSER informiert sein.

                      An diesem Anspruch scheitern heutzutage sogar die Öffentlich-Rechtlichen, weil sie zum Wettbewerb gegen eine kommerzgetriebene Privatindustrie gezwungen wurden. Aber während die Öffentlich-Rechtlichen noch so irgendwie mit Ach und Krach versuchen zumindest ein bisschen echte Information zu verbreiten, ist insbesondere das Internet in eine komplette Scheinrealität abgedriftet – und in den USA gilt das mit Sendern wie Fox News auch schon für das Fernsehen.

                      Und für unsere Gesellschaften ist das toxisch. Denn die Menschen holen sich ihre Informationen, da wo sie sie finden. Nicht da, wo Du aus Deiner eigenen subjektiven Sicht definierst, ob die Quelle überhaupt formal eine Nachrichtenquelle ist.

                    • Stefan Sasse 27. Oktober 2024, 12:01

                      Ich sage das überhaupt nicht. Breitbart und FOX News haben eine klare Agenda. CNN macht Nachrichten. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Nur bilden eben Nachrichten nicht „die Realität“ ab, weil so etwas nicht existiert. Meine Realität unterscheidet sich massiv von der eines Niedriglöhners. Ich mache mir gerade Gedanken zum Auslaufen der Wärmepumpenförderung. Für mich sind das sehr wichtige Nachrichten. Was interessiert das jemand, der von Mindestlohn lebt?

                    • Ralf 27. Oktober 2024, 12:17

                      Meine Realität unterscheidet sich massiv von der eines Niedriglöhners.

                      Nein – Der Niedriglöhner lebt gemeinsam mit Dir in derselben Welt. Folglich kann Deine Realität nicht eine andere sein, als die des Niedriglöhners. Realität verschwindet nicht, weil man sich nicht für sie interessiert. Und der Niedriglöhner ist auch von Deiner Entscheidung bezüglich Wärmepumpen betroffen – z.B. als Opfer des Klimawandels, als Entlassener eines Kohlekraftwerks, als Angestellter eines Wärmepumpenherstellers oder als Möbelverkäufer, der einem Angestellten eines Wärmepumpenherstellers ein Sofa verkaufen kann (oder es einem unter Geldmangel leidenden Arbeitslosen aus der ehemaligen Kohleindustrie eben nicht mehr verkaufen kann). Ob dem Niedriglöhner das bewusst ist, ist für Existenz der gemeinsamen Realität irrelevant. Du fliegst schließlich auch nicht von der Erdoberfläche weg, nur weil Du noch nie von der Gravitation gehört hast.

                      Auf mein wichtigstes Argument bist Du allerdings garnicht eingegangen. Nämlich dass nicht jede Selektion von Nachrichten, dass nicht jede Vereinfachung von Nachrichten gleichwertig ist. Und dass in einem kommerzgetriebenen Wettbewerb andere, SCHLECHTE Kompromisse gemacht werden, die höheren Profit zum Preis von Desinformation erkaufen. Mit toxischen Folgen für unsere Gesellschaften.

                    • Stefan Sasse 27. Oktober 2024, 21:46

                      Sorry, aber das ist für mich einfach so nicht stichhaltig.

                      Das ist sicherlich grundsätzlich wahr.

                    • Lemmy Caution 27. Oktober 2024, 21:53

                      Es ist offensichtlich, dass die ganze Realität einfach zu komplex ist, als das man sie vollständig erfassen könnte.
                      Sich für Entwicklungen in Ecuador zu informieren ist sowas wie sich für geschichtliche Themen interessieren, nur auf einer anderen Ebene.
                      Wir können den Zerfall Roms in der Spätantike analysieren, um etwas für unsere Gegenwart zu lernen.
                      Wir können den Konflikt der aktuellen ecuadrianischen Regierung mit der Drogenmafia analysieren, um etwas für unsere Gegenwart zu lernen.
                      Es ist natürlich offensichtlich, dass man Ereignisse im Rom um das Jahr 400 und solche in Ecuador im Jahr 2024 nicht 1-zu-1 auf unsere Realität übertragen kann.

                    • Ralf 27. Oktober 2024, 22:24

                      Sorry, aber das ist für mich einfach so nicht stichhaltig.

                      Was genau ist daran denn nicht stichhaltig? Ich besitze z.B. kein Haus und interessiere mich trotzdem für das Wärmepumpenthema. Du hast Dich in Deinem Blog unter anderem auch mal zur Mütterrente geäußert. Du bist aber gar keine Mutter. Du hast darüber hinaus Meinungen zum US-Wahlkampf. Dabei bist Du überhaupt kein Amerikaner. Scheinbar sind für uns nicht nur diejenigen Informationen relevant, die unmittelbar und direkt mit unserem eigenen Leben zu tun haben?

                      Dasselbe gilt doch auch für den Niedriglöhner. Was Du, glaub ich, meinst ist, dass sich manche Geringgebildete einfach garnicht für Politik interessieren. Ok – das ist sicher richtig. Aber das kann ja nicht der Maßstab für das Informationsbedürfnis unserer gesamten Gesellschaft sein. Und diejenigen Niedriglöhner, die sich für Politik interessieren, interessieren sich doch genauso wie Du und ich für Wärmepumpe, Mütterrente und US-Wahlkampf – auch wenn sie davon selber genauso wenig betroffen sind wie Du und ich.

                • Thorsten Haupts 25. Oktober 2024, 21:59

                  Aber jemand, der informiert werden will und der Informationen (1) mit Kontext, (2) fakten-basiert, (3) in nicht-reißerischer Form, (4) ohne polarisierende Meinungsanleitung und (5) allgemein verständlich serviert bekommt, ist anschließend mit höherer Wahrscheinlichkeit gut informiert …

                  Völlig korrekt. Kann besagter Mensch, der ja gut informiert weden WILL, heute schon haben. Jederzeit.

                  Und ich handel das hier mit ab: Bis etwa Mitte der 80er Jahre war die Jugend und Studentenschaft stark politisiert.

                  Nein, war sie ausweislich der Beteiligung an Studentenparlamentswahlen nicht. Umgekhrt wird ein Schuh draus – die damals angeblich so neutralen Medien waren post 68ff für eine Reihe von Jahren an den wenigen politisch aktiven Studenten interessiert, so diese links waren.

                  Die Gesellschaft, die Sie beschreiben, hat nie existiert.

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

                  • Ralf 25. Oktober 2024, 22:28

                    Kann besagter Mensch, der ja gut informiert weden WILL, heute schon haben.

                    Auf den Punkt bin ich gerade gegenüber Stefan eingegangen. Bitte da nachlesen.

                    Nein, war sie ausweislich der Beteiligung an Studentenparlamentswahlen nicht.

                    Dass Jugend und Studentenschaft in den etwa 15 Jahren ab 1968 nicht hoch politisiert waren und dass diese Politisierung nur ein aufgebauschtes Medienphänomen war, hast Du exklusiv. Herzlichen Glückwunsch! Alleinstellungsmerkmale sind ja wertvoll.

                    • Thorsten Haupts 25. Oktober 2024, 23:20

                      Auf den Punkt bin ich gerade gegenüber Stefan eingegangen.

                      Okay. Sie haben da das Bild von zutiefst unreifen, leicht verführbaren und unverantwortlichen Menschen ausgegraben, dass ich aus den vergangenen Jahrtausenden als Herrschaftspropaganda von weltlichen und religiösen Herrscherhäusern kenne. Akzeptiere ich 🙂 . Und plädiere konsequent für die Abschaffung der Demokratie – die ist wie ihre Schwester Marktwirtschaft auf mündige, halbwegs rationale und selbstverantwortliche Bürger angewiesen. Existieren die nicht in ausreichender Zahl, ist der Feudalismus das klar überlegene Gesellschaftsmodell.

                      …hast Du exklusiv. Herzlichen Glückwunsch!

                      Ich sass – anders als Sie – im Bundesvorstand des Rings Christlich Demokratischer Studenten. Und habe da – anders als Sie – unter anderem die Beteiligung an Studentenparlamentswahlen ausgewertet.

                      Jetzt dürfen Sie wieder 🙂 .

                    • Ralf 25. Oktober 2024, 23:33

                      Und plädiere konsequent für die Abschaffung der Demokratie

                      Gratulation! Damit hast Du Dir gleich schon das zweite Alleinstellungsmerkmal gesichert. In jedem Falle bist du unverwechselbar.

                    • derwaechter 26. Oktober 2024, 11:29

                      Ich frage mich, ob die Beteiligung an „richtigen“ Wahlen nicht etwas aussagekräftiger als die bei Studentparlamenten ist.
                      Und die war glaube ich in den 70gern so hoch wie nie. In der ganzen Bevölkerung.

                      Persönlich kann ich auch sagen, dass ich an so ziemlich allen Wahlen zu denen ich berechtigt war (sowohl im als auch aus dem Ausland). teilgenommen habe.
                      Ich kann mich allerdings nicht mal erinnern, ob ich an der Uni überhaupt mitgewählt habe.

                      Außerdem war auch die Wahlbeteiligung zu Studentenparlamenten früher wohl höher. Laut Wikipedia geht sie seit den 1960gern kontinuierlich zurück und liegt heute teilweise nur noch im knapp zweistelligen Bereich.

                    • Stefan Sasse 26. Oktober 2024, 19:51

                      Ich hab teilgenommen, aber nicht eben vollen Herzens.

          • CitizenK 25. Oktober 2024, 12:43

            Aber erklären könntest Du sie.

        • Thorsten Haupts 25. Oktober 2024, 21:54

          Der Wähler hat sich aber früher für Inhalte interessiert.

          Den Beleg für diese steile These hätte ich ja zu gerne mal gesehen. Na?

          • Ralf 25. Oktober 2024, 22:22

            Ist oben bereits an Stefan beantwortet worden.

            • Thorsten Haupts 26. Oktober 2024, 16:36

              Ja. Zusammenfassung: Angeblich haben die Leute ein (neutrales) Informationsbedürfnis, aber für sie ist angeblich der Aufwand zu hoch, an diese Informationen zu kommen. Im Zeitalter des überall und für jeden verfügbaren Internets. Beweis? Ralfs Behauptung. Mhhhh …

              • Ralf 26. Oktober 2024, 17:00

                Beweis ist, dass es selbst für mich sehr schwierig ist – und extrem zeitraubend – neutrale, vertrauenswürdige Nachrichten zu bekommen. Mir gelingt das durch das Lesen internationaler Presse – deutsche, britische und amerikanische und manchmal noch darüber hinaus. Es gelingt mir durch den Konsum primärer Information (z.B. den Parteitag der US-Demokraten selbst anschauen statt Berichte darüber zu lesen. Es gelingt mir durch das Konsumieren von Beiträgen in ideologisch unterschiedlichen Medien zum selben Thema (Migration ist z.B. drastisch unterschiedlich porträtiert in der taz als bei Markus Lanz). Es gelingt mir durch das vertiefte Lesen von Büchern, über Themen, die mich besonders interessieren.

                Der Durchschnittsbürger hat keine Zeit für diese Details. Der Durchschnittsbürger hat 15 Minuten Zeit zu opfern. Dann rufen die Kinder. Dann ist da die Arbeit. Dann ist da die Partnerin. Dann ist da das Hobby.

                Deshalb ist es essentiell für unser System, dass diese wertvollen 15 Minuten, die ein Durchschnittsbürger opfern kann, mit qualitativ hochwertigen, vertrauenswürdigen Nachrichten gefüllt werden.

                Stattdessen werden den Bürgern Klamauk, Emotionen, Übertreibungen, verzerrende Vereinfachungen, Pauschalisierungen garniert mit Whataboutismen, Negative Messaging und der Jagd nach Gotcha-Antworten serviert.

                • Thorsten Haupts 28. Oktober 2024, 11:07

                  Na ja. Wir werden uns da kaum noch einig. Sie haben ein erheblich zu rosiges Bild der Vergangenheit und darüber hinaus ist der Bürger mit Ihren 15 Minuten Zeit immer noch mit „heute“ und „tagesschau“ hinreichend bedient, so er/sie tatsächlich das entsprechende Interesse haben.

  • cimourdain 25. Oktober 2024, 08:49

    5) Ein Aspekt bei der Sache ist, der jüngere Trend in der Politik, allgemeine Fehlentwicklungen durch punktuelle „Zuckerln“ abzumildern, die kurzfristig gut aussehen, aber keine längere Wirkung haben: steuerfreie Coronaprämie, Heizkostenzuschuss, Inflationsausgleich, … oder was eine konkrete Parallele wäre, die Kaufprämie für E-Autos.

  • cimourdain 25. Oktober 2024, 08:53

    g) Eher Schrödingers Risikokommunikation: Polizei sagt, das Risiko ist gering und sie hätte alles unter Kontrolle. Stell dir vor, du würdest das vor einem Schulausflug das den Eltern kommunizieren. Ich trau mich wetten, dass es dann Eltern gibt, die das folgendermaßen interpretieren: „Es ist gefährlich! Wenn Herr Sasse nicht jeden Moment aufpasst, wird mein Kind von einem Bären gefressen!“

  • cimourdain 25. Oktober 2024, 09:44

    zu 1)

    i) Wir hatten vor ca. 10 Jahren die christlich-fundamentalistische Gruppe „Zwölf Stämme“, die die Prügelstrafe massiv einsetzten. Da hat der Staat mit seinen Mitteln klar und hart reagiert: Sorgerechtsentzug, Inobhutnahme, mehrere erfolgreiche Strafverfahren.

    ii) Aber generell ist doch die Zahl derer, die Kinder aus einer Ideologie heraus schlagen, verschwindend gering gegenüber denen, wo das aus Hilflosigkeit und Überforderung heraus passiert.

    iii) z.T. „Kinderrechte ins Grundgesetz“ Bitte vergiss nicht, dass die Kinderrechte schon im Grundgesetz sind – als Menschenrechte. Hier: Kinder haben unveräußerliche Würde und damit auch Recht auf körperliche Unversehrtheit.

    iv) Und dazu kommt noch: Sollten diese hineingeschrieben werden, erwächst daraus auch eine (einklagbare) Verpflichtung. Wenn jetzt der Kinderschutzbund diese auch anmahnt, landet das beim Verfassungsgericht. Und dann habe ich eine ziemlich genaue Vorstellung, welcher Politblogger sich aufregt, dass dieses als „Ersatzgesetzgeber“ fungiert.

    v) Deutschland hat, wie fast (Antiamerikanismus) alle Staaten die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert. Es hat auch – anders als die meisten außereuropäischen Staaten (Anti-Welt-ismus) – das real gesetzlich umgesetzt.

    vi) Das betrifft nicht nur das Strafrecht sondern auch den § 1631 Absatz 2 BGB, der Kindern einen Rechtsanspruch auf gewaltfreie Erziehung gibt. Man kann argumentieren, dass das wichtiger ist als ein Grundgesetzartikel, der unmittelbar nur den Staat verpflichtet.

    • Stefan Sasse 25. Oktober 2024, 11:10

      1)i) Sehr gut.
      ii) Richtig, zumindest hierzulande.
      iii) Ja, der Punkt kam ja schon.
      iv) 😀
      v) Good point. Überzeugt mich gegen GG-Integration.
      vi) Unbedingt!

  • sol1 25. Oktober 2024, 10:31

    1) So wird auch das Fundament für eine faschistische Mentalität gelegt:

    https://www.nytimes.com/2024/10/24/us/politics/tucker-carlson-trump-spanking.html

  • Lemmy Caution 28. Oktober 2024, 10:46

    Was macht eigentlich Milei?
    Aktuell siegt er politisch. Letzte Umfragen geben ihm wieder 52% Zustimmung. Er konnte mit Unterstützung von Abgeordneten der Radikalen und der Peronisten in verarmten nördlichen Regionen (Catamarca, Tucuman, Misiones) gegen Universitäten und Opposition die Inflations-Anpassungen der Zahlungen an Universitäten verhindern.
    Das alles obwohl Armut unter ihm von 40% auf 50% gestiegen ist. Extreme Armut liegt auf 18%. Viele dieser Leute hungern.
    Preisauftrieb für handelbare Güter liegt jetzt wohl ziemlich genau auf der monatlichen Peso-Abwertung von 2%. Das ist ein Meilenstein. Vielleicht ist jetzt für wirtschaftliche Produktion und Armut ground zero erreicht. Eine Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen wird es aber frühestens im Südsommer (Nordwinter) 2025/26 geben.

    So ein makroökonomisches Stabilisierungsprogramm ist kein Ritt in die neoliberale Morgenröte, wie das manche hardcore liberale in Deutschland darstellen. Es ist nach wie vor ergebnisoffen. Scheitern wird nach meiner Sichtweise aber bedeuten: Nach dem Schockprogramm ist vor dem neuen Schockprogramm. Das Kirchner-System fuhr 2023 gegen die Wand. Es gibt kein zurück nach da.
    Eigentlich hätte nach den beiden Schockprogrammen Chiles in der Diktatur 1976 bis 79 und 1981 bis 1985 den jungen Eltern mit hungernden Kindern ein Denkmal gesetzt werden sollen und nicht der zweiten Welle der Chicago Boys unter Hernán Büchi. So würde es in Argentninien bei Erfolg auch sein.

    • cimourdain 28. Oktober 2024, 14:48

      Mal was konkretes: Hast du Infos bzw. eine pro-staatliche Sichtweise zu dieser Geschichte:
      https://www.npla.de/thema/repression-widerstand/indigener-protest-gegen-zwangsraeumungen-und-gewalt/

      • Lemmy Caution 28. Oktober 2024, 18:13

        Die Rückkehr der argentinischen Volkswirtschaft in ruhige Gewässer nach dem starken Niedergang seit 2012 halte ich für relevanter als die Probleme von ein paar Hundert Mapuche Besetzern irgendwo im menschenleeren argentinischen Bundesstaat Chubut. Man müßte da sehr ins Detail gehen. Dieses Lied verstehe ich in alle Richtungen verstehen: https://www.youtube.com/watch?v=PCZuYK3Rjig .
        Ein gewisser Ausbau des sehr dünnen argentinischen Bergbaus macht sicher Sinn, aber es ist leider wahrscheinlich, dass Lizenzen für zu viele Jahre zu zu niedrigen Preisen verkauft werden (gibt riesige Diskussion zu mining royalties, die in Deutschland vermutlich unbekannt ist).
        Bezüglich des Kriminalisierungsvorwurfs würde es mich zum Beispiel nicht wundern, wenn es auf dem Gelände diese mapuche-typischen Marihuana-Gewächshäuser gäbe.
        Dieser Konflikt begann ja unter der Vorgänger-Regierung. Das ganze Marketing erscheint mir auf europäische Aktivisten ausgerichtet.
        Ich bin für den Schutz der Mapuche, aber nicht zu jedem Preis.
        Zu dem Verhalten vieler Mapuche Vertreter in der ersten Verfassungsgebenden Versammlung Chiles in den Jahren 2021/22 empfehle ich Renato Garin, El fracaso: Cómo se incendió la Convención von 2022 als wichtigen Text.

      • Lemmy Caution 29. Oktober 2024, 07:43

        Ich habe noch mal geschaut. Sucht man nach „Lof Pailako“ in google, finden sich eigentlich nur Einträge von linken Aktivistengruppen aus Europa und Nordamerika.
        Ein interessanter Einstiegspunkt, um sich sachlich über den Konflikt zu informieren, ist die regionale Tageszeitung. https://www.elchubut.com.ar/ ist eine Option. In der ihrer Suche kann man dann nach „Lof Pailako“ suchen.

        • cimourdain 29. Oktober 2024, 12:50

          Danke, dafür habe ich gefragt

          • Lemmy Caution 30. Oktober 2024, 18:28

            Chubut ist etwa so groß wie Deutschland und hat nur rund 350.000 Einwohner. Das ist Atlantikküste mit Seelöwen + patagonische Anden. Ich habe einige Leute aus der etwas nördlicheren Provinz Neuquén kennengelernt. Die sind ähnlich wie die Leute in der chilenischen Provinz Ñuble. Das ganze hat einen gewissen Montana Vibe. Ein Bekannter von dort ist letzte Woche bei einer Jagd auf dem Pferd an einem Herzinfarkt gestorben. Politisch unterstützen die mehrheitlich ganz sicher keine Besetzungen durch Mapuche Gruppen. Für den Durchschnittsargentinier in Buenos Aires, Rosario, Cordoba oder Mendoza ist das sehr weit draussen. In Chile sind die radikalen Mapuche selbst mehrheitlich sehr unbeliebt. Es gibt Umfragen unter chilenischen Mapuche, dass 70% nicht die Forderungen der Radikalen Gruppen unterstützen. Die Mapuche Gebiete (Südliche Region del Bio Bio, Araucania und nördliche Region Los Rios) wählen seit Jahren sehr weit rechts.
            In Chile insgesamt sind die radikalen Mapuche außer unter links-politisierten Studenten unbeliebt.

  • Thorsten Haupts 28. Oktober 2024, 19:04

    Zu der Diskussion um Koalitionsverhandlungen mit dem BSW aus einem anderen Strang vor kurzem:

    https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-10/thueringen-sondierungsgespraeche-abgeschlossen-cdu-bsw-spd

    Ich stelle selbstkritisch fest, dass ich Wagenknechts Herrschaft über ihre Partei offenbar weit überschätzt habe 🙂 . Und dass die CDU Thüringen – anders als die SPD in Brandenburg – nicht zu Kreuze gekrochen kam.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • Lemmy Caution 30. Oktober 2024, 23:33

    Mir wird die militärische Seite immer wichtiger. Ich will nicht irgendwann in einem deutschen Venezuela mit Oligarchen und so aufwachen. https://www.riffreporter.de/de/international/venezuela-migration-wirtschaft-gesellschaft
    Militärisch bin ich natürlich voller Bewunderung für Israel. Nur bitte ohne unsere Unterstützung. Brauchen die die überhaupt?
    https://steadyhq.com/de/u-m/posts/71425e9e-39fe-4e90-984f-495242a05247
    Könnte sich eine nächste CDU-geführte Regierung bitte in eine ähnliche Richtung bewegen? Zurück zu den Classics der Außenpolitik.

    • CitizenK 31. Oktober 2024, 07:33

      „eine nächste CDU-geführte Regierung…“

      Dringender als die waffentechnische Aufrüstung in mittlerer Zukunft scheint mir der Umgang mit „Moskowiens“ Fünfter Kolonne zu sein. Hier herrscht ein gravierendes Ungleichgewicht. Während die sich hier frei bewegen können (BW-Standorte mit Drohnen ausspionieren und/oder sabotieren), sogar Fürsprecher sogar in unseren Parteien und Parlamenten haben, ist die Gegenseite ziemlich dicht.
      P.S. Namenswitze sind ja eigentlich bäh, aber „Sarah Putinknecht“ hat was. Nur dies eine Mal.

      • Stefan Sasse 31. Oktober 2024, 09:18

        😀

      • Lemmy Caution 31. Oktober 2024, 11:52

        Ist das wirklich zu Ende gedacht?
        Sollen wir de Masi in ein Gefängnis sperren? Ein Arbeitslager, in dem Munition für die Ukraine gefertigt wird? Mit Dagdalen als Besatzung eines LKWs, der im Donbas Munition zur ersten Linie der ukrainischen Geschütze fährt?
        Das geht in einem Rechtsstaat einfach nicht.

        Richtigstellung: Ich bewundere den Angriff der Israelis auf die Luftverteidigung des Irans, in keiner Weise die Angriffe auf Menschen im Südlibanon. Der verlinkte Text von steadyHq ist sehr lang, aber absolut lesenswert. In Deutschland können sicherlich auch moderne und sehr effektive Waffen gebaut werden. Es gäbe dafür demokratische Mehrheiten.

        • CitizenK 1. November 2024, 12:32

          @ Lemmy
          Meinst Du: „Das ist kein Problem“ oder „Das ist zwar ein Problem, aber da kann man nichts machen“?

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