Die katastrophale Performance Joe Bidens in der Debatte mit Donald Trump hat einige Grunddynamiken sowohl des Wahlkampfs als auch der medialen Berichterstattung darüber offengelegt, die teilweise dramatische Wissenslücken und rein klischeebasierte Meinungsstücke provozieren. Mit Marcel Schütz spreche ich darüber, woher das kommt und was unsere Meinung zu den Geschehnissen ist.
Stefan auf Twitter. Stefan auf Bluesky. Stefans Blog.
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(Musik: Intro aus Accou – Sarabande BWV 1002 (Partita No.1 for violin solo in B-minor), Outro aus Accou – Bourree (I.S. Bach BWV 1002, Violin Partita No 1 in B minor))
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Shownotes:
The Polls Matter More Than Ever Now
Die Washington Monthly hat wiederholt davor gewarnt, sich wegen früher Umfragen zur Wahl zwischen Präsident Joe Biden und Ex-Präsident Donald Trump Sorgen zu machen. Frühere Juni-Umfragen seien notorisch unzuverlässig für den Ausgang im November. Doch die ersten Juli-Umfragen könnten tatsächlich entscheidend sein.
Nach der Debatte am 27. Juni haben Biden und sein Team es geschafft, eine Abwanderung von Unterstützern zu verhindern. Umfragen Ende Juni zeigten kaum Veränderungen, was darauf hinweist, dass die Debatte das Rennen nicht beeinflusst hat. Doch die Biden-Kampagne ist sich bewusst, dass eine längere negative Berichterstattung die kommenden Umfragen negativ beeinflussen könnte. Ein Memo der Biden-Kampagne versuchte, solche Auswirkungen abzufedern, doch das könnte nicht ausreichen.
Biden muss sich verstärkt unskriptierter Kritik stellen, um Bedenken zu zerstreuen. Bislang hat er keine Pressekonferenz oder ähnliches geplant. Da Biden hinter Trump liegt, könnte ein starker Rückgang in den Umfragen seine Kandidatur und Präsidentschaft bedrohen. Sein Team kann nicht davon ausgehen, dass die öffentliche Loyalität bestehen bleibt, wenn Trump seinen Vorsprung ausbaut. Ein Polling-Rückgang würde Top-Demokraten wahrscheinlich dazu bewegen, Biden zum Rücktritt zu drängen.
Selbst ein Status quo in den Umfragen ist nicht beruhigend, da Biden bereits zurückliegt. Er muss die Wähler davon überzeugen, dass er weitere vier Jahre im Amt bleiben kann. Bisherige Probleme wie Inflation und illegale Grenzübertritte haben sich zwar verbessert, aber Bedenken wegen seines Alters bleiben bestehen.
Um die Umfragen zu verbessern, braucht Biden neue Maßnahmen wie Interviews oder Pressekonferenzen, bei denen er überzeugend auftritt. Andernfalls könnten schlechte Umfragen bald kommen und Biden könnte seine Partei nicht davon überzeugen, dass er sie wieder drehen kann. (Bill Sher, Washington Monthly)
The Lie Democrats Are Telling Themselves
Der Artikel diskutiert die Reaktionen auf das schwache Abschneiden von Präsident Joe Biden bei einer kürzlichen Debatte. Trotz des schlechten Auftritts zeigt sich Bidens Team bemüht, den Anschein von Einheit und Unterstützung aufrechtzuerhalten. Der Autor stellt fest, dass sowohl Demokraten als auch Republikaner von älteren Anführern mit einem Egoismusproblem geführt werden und dass beide Parteien dazu neigen, die Realität zu ignorieren und ihre Loyalität über die Wahrheit zu stellen.
Besonders beunruhigend sei die Reaktion vieler prominenter Demokraten, die Bidens schwache Leistung herunterspielen. Beispiele wie Barack Obama und John Fetterman werden genannt, die versuchten, die Situation zu beschönigen, obwohl Bidens Alter und mentale Fitness zunehmend in Frage gestellt werden.
Der Autor vergleicht dies mit der Reaktion der Republikaner auf den 6. Januar 2021, als sie trotz der Gewalt am Kapitol schnell wieder zu ihrer üblichen Rhetorik zurückkehrten. Auch wenn die Umstände unterschiedlich sind, zeigt dies eine ähnliche Tendenz, unangenehme Wahrheiten zu verdrängen.
Einige wenige Demokraten wie Lloyd Doggett und Nancy Pelosi äußerten offen ihre Zweifel an Bidens Eignung, während die Mehrheit der Parteiführung öffentlich zu Biden hält. Die „Calm down, people“-Botschaft dominiert weiterhin, trotz wachsender Zweifel und Druck von verschiedenen Seiten.
Der Artikel kritisiert, dass Biden und sein Team auf Zeit spielen und das Problem verdrängen, anstatt sich der Realität zu stellen. Sollten die Demokraten nicht bald handeln, könnte dies erhebliche Konsequenzen für die bevorstehenden Wahlen haben. (Mark Leibovich, The Atlantic)
The Absurdity of the Dump-Biden Uprising
Der Artikel vergleicht die Situation in der Demokratischen Partei nach Joe Bidens schlechter Debattenleistung mit dem Versuch, Wahlergebnisse durch interne Prozesse zu ändern. Der Autor kritisiert, dass einige Demokraten nun fordern, Biden als Kandidaten zu ersetzen, obwohl er 87 Prozent der Stimmen in den Vorwahlen gewonnen hat. Er argumentiert, dass Bidens bisherige Amtszeit und sein Erfolg bei der Wahl 2020, als er einen amtierenden Präsidenten besiegte, mehr zählen sollten als eine einzelne Debattenleistung.
Der Autor hebt hervor, dass die Demokraten eine historische Chance haben, Stärke zu zeigen, besonders im Vergleich zu den Republikanern, die unter Trump als „Partei der Stärke“ galten. Er warnt davor, dass der Versuch, Biden zu ersetzen, die Partei schwächen und in Unsicherheit und Zweifel stürzen würde. Stattdessen sollten die Demokraten auf Bidens beeindruckende Bilanz setzen und gegen Trumps Chaos und Unsicherheit eine ruhige und selbstbewusste Führung anbieten.
Schließlich empfiehlt der Autor den Demokraten, Bidens Errungenschaften hervorzuheben und entschlossen zu handeln, anstatt sich von einem schlechten Debattenauftritt entmutigen zu lassen. Er betont, dass jetzt der schlechteste Zeitpunkt ist, um nachzugeben, und dass das Land starke Führung braucht, um Trump zu besiegen. (Stuart Stevens, The Atlantic)
Die zentrale Frage lautet nicht „Ist Joe Biden zu alt?“ sondern „Vertraut man den Delegierten der Demokratischen Konvention in Chicago, das gegenwärtige Ticket ohne katastrophale Zerwürfnisse durch ein vermeintlich erfolgversprechenderes zu ersetzen?“ Der Journalist zitiert Ambrose Bierce, der einen Konservativen als jemanden definiert, der an bestehenden Übeln festhält, im Gegensatz zu Liberalen, die sie durch andere ersetzen wollen.
Ein wichtiger Punkt ist, dass Biden 2020 unter anderem deshalb gewann, weil er unter weißen Männern besser abschnitt als Hillary Clinton 2016. Der Autor bemerkt, dass die Demokraten oft alternative Kandidaten vorschlagen, die verschiedene Basisgruppen der Partei ansprechen sollen. Die Demokraten haben jedoch keine einheitliche Basis wie die Republikaner. Sie bestehen aus verschiedenen Gruppen wie städtischen Gebildeten, religiösen Schwarzen im Süden und organisierten Arbeitern im industriellen Mittleren Westen.
Biden habe trotz seiner Schwächen eine koalitionsfähige Führung geboten, die viele leidenschaftliche Demokraten nun ablehnen, da sie keine Koalitionsführung mögen. Der Witz „Demokraten verlieben sich, Republikaner fügen sich“ kehrte sich 2020 um: Republikaner liebten Trump, Demokraten akzeptierten Biden.
Prominente moderate Demokraten wie Roy Cooper, Katie Hobbs und Amy Klobuchar werden nicht erwähnt, weil sie die Aktivistengruppen der Partei nicht so begeistern wie andere Namen. Der Autor betont, dass solche moderaten Figuren wahrscheinlich besser abschneiden würden als das Biden-Harris-Ticket.
Der Autor kritisiert auch, dass die oft genannten Alternativen mehr wegen ihrer TV-Präsenz und Unterstützung durch Aktivistengruppen beachtet werden und nicht wegen ihrer Erfolge in schwierigen Wahlen. Biden sei durch nationale Wahlen getestet, während die Alternativen ungetestet seien.
Wenn die Demokraten hastig den Kandidaten wechseln, könnten sie jemanden wählen, den die meisten Amerikaner nicht kennen, oder schlimmer, jemand, der von Trump definiert wird, unterstützt durch Millionen Dollar Republikaner-Kampagnenmittel.
Ein kluger Herausforderer lenkt die Aufmerksamkeit auf den Amtsinhaber und dessen Schwächen. Trump habe sich bisher diszipliniert gezeigt und nicht abgelenkt, während die Demokraten sich selbst zerfleischen. Wenn die Demokraten Biden absetzen und in einen innerparteilichen Krieg stürzen, würde Trump davon profitieren.
Der Autor rät den Demokraten, auf Bidens beeindruckender Bilanz zu setzen und nicht vor einem schlechten Debattenauftritt zurückzuschrecken. Sie sollten Stärke zeigen und kämpfen, um Trump zu besiegen. (David Frum, The Atlantic)
Warum die Obamas längst im Weißen Haus sitzen
Der republikanische Vizegouverneur von Texas, Dan Patrick, vertritt die Theorie, dass Barack Obama heimlich die Kontrolle im Weißen Haus übernommen habe und Joe Bidens schwache Vorstellung im TV-Duell gegen Donald Trump eine geplante Demontage sei. Diese Verschwörung des „demokratischen Deep State“ ziele darauf ab, Biden durch eine Blamage nach der anderen zu ersetzen, um schließlich Michelle Obama als Kandidatin aufzustellen. Diese Theorie verbreitet Patrick seit Monaten und bleibt dabei: Die Medien würden mitspielen, um Biden zu diskreditieren und Michelle Obama als Retterin zu präsentieren.
Auch innerhalb der Demokratischen Partei macht sich Panik breit, und es werden Namen ins Spiel gebracht, die in der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt sind. Nur Michelle Obama hat das Potenzial, Trump mit deutlichem Vorsprung zu schlagen, wie hypothetische Umfragen zeigen. Allerdings wird diese Möglichkeit wohl ein Traum bleiben, denn Michelle Obama hat mehrfach betont, dass sie keine politischen Ambitionen hat.
Biden löst seit langem keine Begeisterung aus, und seine Strategie, die Wahl als Referendum über die Demokratie in den USA darzustellen, ist seine einzige Option. Die Hoffnung ist, dass die Wähler Biden wählen, um eine zweite Trump-Amtszeit zu verhindern. Doch keiner der bislang gehandelten Namen scheint bessere Chancen zu haben, und die Rufe nach einem neuen Gesicht sind daher vergeblich.
Michelle Obama wäre für viele Demokraten eine ideale Kandidatin, die an eine Zeit erinnert, in der Barack Obama Hoffnungen verkörperte. Doch im Wahlkampf wäre nicht sicher, dass die aktuelle Begeisterung anhielte und die Partei geschlossen hinter ihr stünde. Zudem mobilisiert sie auch den politischen Gegner. Trump äußerte kürzlich, sie stehe „furchtbar“ in den Umfragen da, was zeigt, dass er sich vor ihr fürchtet.
Michelle Obama könnte die ideale Vertreterin für eine Anti-Trump-Bewegung sein, da sie authentisch Werte verkörpert, die Trump fehlen. Sie hat Stil, Herz und Popularität, aber auch kaum politische Erfahrung. Sie will jedoch nicht kandidieren und hat mehrfach betont, dass sie keine Leidenschaft für Politik habe.
Die Sehnsucht nach einer Frau als Präsidentin, die die Politik ablehnt, wirft Fragen über den Zustand des Landes auf. (Carsten Luther, ZEIT)
The White House’s Kamala Harris Blunder
Ron Klain, ehemaliger Stabschef von Präsident Joe Biden, räumte ein, dass das Weiße Haus mehr hätte tun können, um das Profil von Vizepräsidentin Kamala Harris zu stärken. Angesichts von Bidens katastrophalem TV-Duell gegen Donald Trump ist Harris‘ Fähigkeit, die Demokratische Partei zu führen, nun entscheidend. Prominente Demokraten wie James Clyburn und Tim Ryan unterstützen Harris als mögliche Präsidentschaftskandidatin, falls Biden sich zurückzieht. Harris‘ mangelnde Popularität ist teilweise auf schlechte Kommunikation und schwierige Aufgaben zurückzuführen, die ihr zugewiesen wurden. Trotz ihrer Erfolge, insbesondere in der Abtreibungsfrage, wurde sie vom Weißen Haus nicht ausreichend gefördert. Nach Bidens schwacher Debattenleistung hat Harris versucht, die Unterstützung der Spender zu sichern und die Partei zu beruhigen. Es könnte sein, dass Bidens ungewollte Förderung ihrer Vizepräsidentin nun ihre Chance ist, ins Rampenlicht zu treten. (Elaina Plott Calabro, The Atlantic)
The Embarrassing Biden-Harris Rationalizations for Why Nothing Can Change
In den Tagen nach Joe Bidens desaströsem Debattenauftritt ist der Druck auf den 81-jährigen Amtsinhaber, sich zurückzuziehen, gestiegen. Bidens Verteidiger argumentieren, dass das Wahlkampfbudget von 240 Millionen Dollar nur ihm oder maximal Vizepräsidentin Kamala Harris zur Verfügung stünde. Bidens stellvertretender Wahlkampfleiter Rob Flaherty warnte, ein umstrittener Parteitag würde zu „Chaos“ führen, wobei ein neuer Kandidat „mit null Dollar auf dem Konto“ in den Wahlkampf ziehen würde.
Laut der Juraprofessorin Ciara Torres-Spelliscy von der Stetson University könnte das Democratic National Committee (DNC) die Gelder der Biden-Harris-Kampagne erhalten und nach Belieben einem anderen Kandidaten zur Verfügung stellen. Das Gesetz besagt, dass das Wahlkomitee eines Kandidaten unbegrenzt Mittel an ein Parteikomitee überweisen kann. Somit wäre ein neuer Kandidat nicht ohne Mittel, es sei denn, Biden wolle dies so.
Das Argument, dass Wahlkampfgesetze einen neuen Kandidaten benachteiligen würden, sei schwach. Zudem behaupten einige, dass es für andere Demokraten zu spät sei, auf den Wahlzettel zu kommen, was laut dem UCLA-Rechtswissenschaftler Richard Hasen nicht stimme, da der offizielle Nominierungsprozess noch nicht abgeschlossen sei.
Demokraten haben also Optionen. Das New York Times-Mitglied Ezra Klein betonte, dass im Falle einer Gesundheitskrise bei Biden die Demokraten alles tun würden, um einen Sieg von Donald Trump zu verhindern. Die einzige Einschränkung sei der Wille derjenigen im Weißen Haus, Änderungen vorzunehmen. (Jerusalem Demsas, The Atlantic)
- Vortrag von Rudolf Stichweh. Mehr von ihm hier.
- Marcels Arbeit zur Richtlinienkompetenz des Kanzlers.
- Trumps Programm ist offen für alle.
Transkript
00:00:00.74
stefansasse
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von den Bohrleuten. Es ist viel passiert im Land jenseits des großen Teichs und um darüber zu sprechen habe ich mir einen mittlerweile schon vertrauten Gast und Experten bei dem Thema herangeholt, nämlich den Professor Marcel Schütz. Hallo Marcel!
00:00:18.17
Marcel Schutz
Hi.
00:00:19.39
stefansasse
Vielen Dank, dass du es einrichten konntest. Warum reden wir ausgerechnet jetzt einmal mehr über Donald Trump und Joe Biden und den US-Wahlkampf? Es ist ja noch gar nicht die heiße Phase an und für sich, bzw. die fängt gerade erst an, aber der Wahlkampf zieht sich ja noch bis in den frühen November ein.
00:00:34.99
stefansasse
Und der Grund dafür für all jene, die das bisher nicht mitbekommen haben, ist, das erste TV-Duell der beiden Kontrahenten ist vorbei. Und ich glaube, das kann man ohne große Kontroverse so sagen, es war ein Volldesaster für Joe Biden.
00:00:51.05
stefansasse
der auf der Bühne überhaupt keinen guten Eindruck gemacht hat, der teilweise wirkte, als wüsste er nicht wirklich, wo er ist, der Schwierigkeiten hatte, kohärente und prägnante Sätze herauszubringen. Darin unterscheidet es sich jetzt nicht von seinem Herausforderer, aber wie wir gleich sicherlich diskutieren, werden die beiden ziemlich unterschiedlich wahrgenommen. Und das hohe Alter von Joe Biden, der mittlerweile an den 81 dran ist,
00:01:01.05
Marcel Schutz
Vielen Dank.
00:01:15.74
stefansasse
war schon den ganzen Wahlkampf durch im Hintergrund ein immer wieder aufplottendes Thema und ist jetzt mit großer Macht zurück auf die Bühne gekommen. Es gibt zahlreiche Demokratinnen und Demokraten, also im Sinne von Parteianhängern, nicht von Leuten, die demokratisch gesinnt sind, nennen wir sie Democrats, das hält leicht auseinander. Es gibt zahlreiche Democrats,
00:01:37.04
stefansasse
die den Rücktritt von beiden fordern oder doch zumindest seinen Verzicht auf die Kandidatur. Beides ist nicht dasselbe. Und viel Kritik, die geäußert wird, sowohl an ihm persönlich als auch an seinem Wahlkampfteam. Und Marcel, wir beide haben ja in den letzten Tagen die Berichterstattung darüber verfolgt.
00:01:56.87
stefansasse
und waren gar nicht so angetan von dem, was wir da gesehen haben. Und gleichzeitig hat dieses ganze Geschehen um die TV-Debatte die anderen Nachrichten fast ein bisschen verdrängt, denn gleichzeitig hat der Oberste Gerichtshof der USA, der Supreme Court, eine ganze Latte von Urteilen herausgelassen. Der ist jetzt quasi in die Sommerpause gegangen, der Gerichtshof, das passiert immer um diese Zeit.
00:02:22.75
stefansasse
Am letzten Juni-Tag sozusagen ist gleichzeitig der letzte, wie sagt man da, der letzte Amtstag des Supreme Court. Bis dahin mussten sie quasi alle Urteile raushauen, die sie vor Ende der Sommerpause raushauen wollten und die kamen dann auch in einer baren Welle. Erst eine Reihe von Kleinkram und dann kamen die großen Klopper. Und beides hat erst einmal an und für sich recht wenig miteinander zu tun.
00:02:48.06
stefansasse
aber eigentlich doch auch relativ viel. Und wir wollen heute darüber sprechen, wie diese beiden Ereignisse zusammenhängen, vorrangig allerdings, was im eigentlichen Wahlkampf gerade passiert und was da in der medialen Rezeption auch so ganz leicht falsch läuft in unseren Augen.
00:03:07.36
Marcel Schutz
Ja, du hast es angesprochen. Wir befinden uns eigentlich in einer Never-Ending-Story, kann man ja schon sagen. Also, Trump und Biden, es ist gekommen. Was will man sagen? Es kam, wie es kommen musste. Die Entwicklung der letzten Monate hat, glaube ich, das kann man sagen, Trump sehr geholfen. Die Abstände zu beiden sind kleiner geworden. Trump ist auch sehr oft konstant in Führung.
00:03:35.45
Marcel Schutz
Aber die letzten Wochen und jetzt die Eigendynamik dieses Duells hat natürlich die Entwicklung, wie man sehen kann, nochmal besonders
00:03:44.17
Marcel Schutz
angezogen oder verschärft. Und du hast es angesprochen, der Oberste Gerichtshof hat entschieden. Und das Urteil, das ja ganz besonders in den letzten Tagen herauslagt, denke ich, ist die Entscheidung über die Frage, welche Immunität der Präsident genießt in seinem Amt. Nun ist es so, dass ganz prinzipiell diese Regelung ja nicht völlig neu ist, auch in anderen Ländern Immunität den Regierenden gewährt wird.
00:04:10.23
Marcel Schutz
Aber die Besonderheit liegt natürlich dann schon darin, wie umfassend die Immunität zugesprochen wird dem Präsidenten. Jetzt könnte man sagen, diese beiden Dinge, Duell und Urteil am obersten Gerichtshof, haben erst einmal vordergründig nicht miteinander direkt etwas zu tun, aber es ist in der ganzen
00:04:23.41
stefansasse
Untertitel im Auftrag des ZDF, 2021
00:04:30.50
Marcel Schutz
Aufladung der Stimmung und vor allen Dingen der Entwicklung der letzten Tage, beiden unter Beschuss von innen, von außen, mediale Wirkungen, die New York Times, die sehr starke Artikel fährt, sehr starke Kommentare setzt, beiden muss jetzt gehen, also nicht mehr nur eine Optionalität, sondern
00:04:50.40
Marcel Schutz
im Prinzip volle Breitzeite, wie man das vielleicht vor einem Jahr aus dem Trump- und Republikanerlager und entsprechenden Medien erwartet hätte, dort immer noch viel energischer, keine Frage, oder unterirdischer. Aber diese Entwicklung der letzten Tage zeigt natürlich, in der Optik scheint der Präsident
00:05:14.17
Marcel Schutz
in seinem Amt gestärkt zu werden, gewichtlicherseits. Und vor allen Dingen denkt man natürlich an Donald Trump. Man kann so weit gehen, dass man sagt, es ist natürlich ein Urteil, dass vor allen Dingen Donald Trumps Ambitionen für die Zukunft und seinen Angelegenheiten der Vergangenheit dahingehend Wirkung entfaltet oder dahingehend
00:05:34.29
Marcel Schutz
auffällt, also eigentlich eine Stärkung, eine Betonung der Machtfülle des Amtes und dieser Person im Falle des Falles. Auf der anderen Seite dann genau entgegengesetzt die Entwicklung mit Joe Biden. Ein Präsident, der schwach dargestellt wird, der die Konstolle zu verlieren scheint.
00:05:55.38
Marcel Schutz
Demenz ist jetzt ein Begriff, der ganz freigiebig ja die Runde macht. Es stellt gar keiner mehr die Frage, ob man diese Diagnose der Demenz eigentlich wirklich feststellen kann. Normalerweise sind wir ja alle sehr sensibilisiert bei solchen Behauptungen. Und dann sagt man, das kann man doch so nicht sagen, wenn man nicht selbst Arzt ist. Aber das ist eigentlich gesetzt. Beiden ist senil, dement, amtsunfähig und das ist schon eine erstaunliche
00:06:23.46
Marcel Schutz
Ich glaube, Prägung dieses Wahlkampfs, die man auch nicht unbedingt so lange vorhersehen konnte. Ich meine, dass es deutlicher würde mit der Schwierigkeit auch seiner Amtsausübung. Und es ist erkennbar, dass er abbaut. Das machen vor allen Dingen die Gegenüberstellung der Duelle von 2020 und 2024 deutlich. Also genau, wenn man die gegenüberstellt, merkt man schon, da sind deutliche Veränderungen.
00:06:48.95
Marcel Schutz
Aber man fragt sich natürlich, das wusste man doch, oder wusste man es vielleicht nicht, und vielleicht ist dieses Duell tatsächlich in seiner Auswirkung, in seiner Wirkung, ist das Duell eigentlich der Hinweis gewesen, wie es wirklich mit ihm steht, wenn er eben über länger Zeit, über Stunden im Prinzip
00:07:11.65
Marcel Schutz
freisprechen muss. Und dann in dieser Konstantation mit Trump, in der auch Trump natürlich fällt schwer zu sagen, dass er der Gewinner des Duells ist. Wir kennen seine Unwahrheiten. Wir wissen, wie er sich präsentiert. Aber unterm Strich ist hängen geblieben. Trump hat das Duell gewonnen.
00:07:30.14
Marcel Schutz
Also, dass Biden vielleicht nicht strahlend aus diesem Duell hervorgehen würde, das dürfte überall recht klar gewesen sein. Die Ansage war ja frühes Duell, um klarzumachen, er ist amtsfähig, er kann regieren. Und damit sehr früh eigentlich in der Wahl deutlich zu machen, das Thema Alter ist jetzt eigentlich abgefrühstückt. Das ist ganz offenkundig genau das Gegenteil. Im Gegenteil ausgegangen. Und bei Trump muss man sagen,
00:07:58.98
Marcel Schutz
ist auch das Gegenteil eingetreten. Es ist nicht der dauerpolternde Trump gewesen. Es ist fast schon ein Trump der kalkulierenden Art aufgetreten. Und für seine Verhältnisse muss man wohl sagen, das hat er hinbekommen. Also unterm Stich würde ich meinen, dieses Duell hat eine zentrale Aussage. Biden hat sehr viel schlechter, vielleicht dramatischer abgeschlossen, absolviert dieses Duell als erwartet.
00:08:28.03
Marcel Schutz
als befürchtet und Trump umgekehrt hat sehr viel besser seine Performance gezeigt. Bei all den typischen Trumpschen Einschränkungen, als man erwartet hatte oder je nach Geschmack auch befürchtet hatte.
00:08:43.49
stefansasse
Absolut. Ich will an der Stelle zwei Kleinigkeiten zuerst aus dem Weg bringen. Das erste ist, was du gerade schon hast anklängen lassen, diese diese Vehemenz, hast du glaube ich auch gesagt, der Berichterstattung über über Bidens Alter jetzt. Ich finde es überraschend, wie unsensibel da vorgegangen wird und zwar nicht im Hinblick auf Joe Biden. Ich meine, der meines Präsidentschaftskandidaten kann keine Sensibilität erwarten, sondern im Hinblick auf alte Menschen generell.
00:09:11.83
stefansasse
Also ich habe das Gefühl, bei jedem anderen Problem, bei jeder anderen Gruppe, würde man da anders vorgehen. Der Economist zum Beispiel hat jetzt aufgemacht mit so einem… Es ist nicht ein Rolato, sondern dieses Gestell, was alte Leute gelegentlich davor sich her schieben. Ich weiß den Namen von dem Ding gerade nicht.
00:09:28.62
stefansasse
Aber sowas ähnliches wie ein Rollator mit dem Präsidentschaftssiegel drauf. Und diese Metaphorik quasi und die Sprache, die da auch immer verwendet wird, mit der quasi alten Menschen letzten Endes der Nutzen und die Fähigkeiten abgesprochen werden, das ist eigentlich echt ganz schön krass, was da gerade abläuft. Und ich weiß, was die Leute sagen wollen. Und ich meine, es ist natürlich für das Präsidentenamt einfach eine andere Geschichte im Gegensatz zu, sollen die noch ihren Führerschein behalten oder sowas.
00:09:34.19
Marcel Schutz
Vielen Dank für’s Zuschauen.
00:09:58.40
stefansasse
Das ist einfach noch eine kategorial völlig andere Debatte. Nur finde ich den Tonfall, also wie gesagt, mir geht es gar nicht um den Inhalt, sondern nur den Tonfall bisweilen geradezu verwirrend voll mit so altersdiskriminierenden Begrifflichkeiten und Sprachfärbungen, was ja dann auch bis hin zu diesen sehr freigiebig geäußerten Alzheimer- und Demenzdiagnosen geht.
00:10:25.97
stefansasse
wo man ja eigentlich wirklich aus den Jahren mit Trump mittlerweile wissen sollte, dass diese Küchentischpsychologie man lassen sollte. Was hat man nicht Trump alles schon für Geistesstörungen attestiert? Einfach mal aus der gemütlichen Entfernung der Beobachtung eines TV-Duells, wo Psychologinnen und Psychologen sich immer in den Kopf geschlagen haben und gesagt haben, lasst doch den Blödsinn bitte. Das machen sie dasselbe bei Joe Biden. Nur in die andere Richtung. Das ist quasi Beobachtung Nummer eins an der Stelle.
00:10:52.28
stefansasse
Und dann die andere Kleinigkeit sozusagen, die denke ich auch unstrittig ist. Du hast erwähnt, dass die New York Times gerade wirklich mit geradezu brachialer Gewalt diesen beiden Muss-zurücktreten-Zug anführt, zumindest eben im liberalen Spektrum, da das Editorial Board, also quasi die Gesamtsumme aller Leute, die da Kolumnen schreiben,
00:11:18.27
stefansasse
hat quasi einen Leitartikel verfasst mit explizit dieser Forderung, dass er zurücktreten soll. Also nicht nur vom Wahlkampf, sondern vom Präsidentenamt zurücktreten soll. Und was mir das zeigt, ist, dass einmal mehr ein kategorialer Unterschied besteht zwischen den eher progressiven Medien und den konservativen Medien. Weil es ist völlig ausgeschlossen, dass wir eine solche Diskussion hätten, wenn es Trump getroffen hätte.
00:11:48.27
stefansasse
Fox News, das Wall Street Journal und so weiter, die würden wie ein Mann hinter Trump stehen. Da würden wir keine Rücktrittsforderungen lesen. Da würden wir keine Kritik hören. Wahrscheinlich würden die einfach das TV-Duell verschweigen und gar nicht drüber sprechen. Und das sehen wir einfach, wie unglaublich gesund im Gegensatz zum rechtsextremen Spektrum das liberale Spektrum ist.
00:12:10.37
stefansasse
in den USA, weil wir haben wirklich von The Atlantic, ich habe massenhaft Sachen in den Show Notes verlinkt, über die New York Times, das Washington Monthly, so Leute wie Kevin Drum und so weiter, und das sind jetzt einfach nur die, die ich regelmäßig lese, die quasi wirklich unisono ihn hart kritisieren, häufig zum Rücktritt auffordern.
00:12:30.90
stefansasse
und diese Debatte aufmachen, wie das auf der anderen Seite nie passiert ist. Wir haben auf der anderen Seite einen Präsidentschaftskandidaten, der einen bewaffneten Putsch zumindest gut geheißen und angefeuert hat.
00:12:46.29
stefansasse
gegen die Regierung. Der permanent lügt, der keinerlei Fachkompetenzen hat, der ebenfalls irgendwelche Aussetzer hat, wo man nicht zuverlässig sagen kann, dass der in irgendeiner Art und Weise geeignet für dieses Amt ist und der gerade mal zwei Jahre jünger ist als Joe Biden. Aber man hört nichts darüber, weil nur eine der beiden Seiten eine ehrliche Debatte führt.
00:13:09.60
stefansasse
Und das sieht man an der Stelle einfach mal wieder. Und nichts von dem sagt, und deswegen muss Joe Biden unbedingt bleiben oder deswegen ist Joe Biden ein gut geeigneter Kandidat oder was auch immer, sondern das ist einfach nur die Feststellung sozusagen von etwas, das ich gebetsmühlenartig seit vielen Jahren wiederhole. Da gibt es keine Symmetrie.
00:13:28.46
stefansasse
Und jetzt möchte ich einfach nochmal festgehalten haben, dass das der Fall ist. Und damit kommen wir zu der eigentlichen Frage. Ich bin immer noch nicht hundertprozentig sicher, inwieweit man diese Debattenperformance tatsächlich werten kann, sozusagen. Also wie viele Rückschlüsse aus der zu ziehen sind. Es sieht definitiv desaströs aus. Ich komme nur immer wieder zu der zweiten Debatte von 2012 zurück.
00:13:54.09
stefansasse
Die war eine Vollkatastrophe für Barack Obama damals. Also das war wirklich eine unterirdische Debatten-Performance. Und er hat sich dadurch ziemlich problemlos erholt. Seine Umfragewerte waren zwei Wochen, solange quasi diese mediale Sau durchs Dorf gejagt wurde, sind die unter Medromnys gerutscht. Das ist das einzige Mal im Wahlkampf, dass unter Medromnys Umfragewerten war. Und am Ende war es kackegal. Und das ist quasi der
00:14:18.85
stefansasse
Punkt zu den TV-Debatten generell und ich rede jetzt gerade von der politischen Ebene, ich lasse mal die, also politisch im Sinne von Politics, ich lasse gerade mal die Sachebene, ob Joe Biden geeignet ist, erstmal noch weg, sondern nur die Frage, wie sehr schadet das seiner Kandidatur und da bin ich wirklich gar nicht so sicher.
00:14:35.32
stefansasse
Denn in den Umfragen, wir haben jetzt wirklich New York Times, Atlantic, Monthly und so weiter, alle fordern den Rücktritt. Die Zeitungen sind voll. Die TV-Sendungen sind voll von Debatten darüber, dass der Mann quasi grotesk ungeeignet ist. Und in den Umfragewerten ist er um atemberaubende 2% eingebrochen.
00:14:52.09
stefansasse
Also da steht quasi diese mediale Aufmerksamkeit und die Drastik der Sprache und die Einschätzung der Wählenden, die passen da gar nicht zusammen. Und das haben wir in den letzten Jahren in zig Analysen
00:15:08.64
stefansasse
immer wieder gehört, dass quasi die mediale Blase mit der realen Stimmung im Land häufig nicht zusammenfällt. Und in diesem Fall läuft es mal in die andere Richtung quasi. Also die Basis von Biden und den Democrats scheint wesentlich stabiler, zumindest just zur Stunde, als dass dieses Trommelfeuer der Medien erwarten ist. Das hat mich schon ein bisschen überrascht, muss ich sagen.
00:15:35.59
Marcel Schutz
Ja, ich denke, was gerade geschieht ist, dass sich unglaublich viel ausschaukelt in kurzer Zeit. Als das Duell vorbei war, meine Wahrnehmung war dort, dass eigentlich ja, die Kritik war sofort da. Es war kein guter Auftritt, es war auch vielleicht ein schlechter Auftritt.
00:15:57.24
Marcel Schutz
Aber man konnte fast den Eindruck gewinnen, je länger die Leute da über schreiben und nachdenken konnten, desto verheerender wurden die Urteile. Das ist natürlich plausibel, denn diese ganzen Journals, die ganzen Newspaper, die du aufgezählt hast, die führen dann Konferenzen durch in der Redaktion. Die holen Kolumnisten hinzu. Die fragen Professoren von den einschlägigen Politfakultäten und so weiter und so fort. Das heißt, man hat es zu tun,
00:16:26.20
Marcel Schutz
schon mit einer, wie soll ich sagen, einer zweiten, einer nachgelagerten Realität dieses Duells. Also wir sehen das Duell und danach hören wir über das Duell, sehen die ganzen Schnipsel, die vielen kleinen Clips, die heute natürlich in Social Media verarztet werden. Darüber bekommt dieses Duell ja vor allen Dingen seine Verbreitung. Nicht darüber, dass die meisten Leute das alles die 90 Minuten durchschauen.
00:16:54.02
Marcel Schutz
sondern dass man diese kleinen Versatzstücke findet. Und wenn man dann geballt eben diese acht oder zehn heftigen Szenen sieht, dann sagt man sich, ja, das ist ja wirklich verheerend, wie dieses Interview auswählt. Und dann liest man dazu die Kommentare oder man guckt auch gar nicht mehr, sondern liest eben in den einschlägigen Kommentaren, was dazu gesagt wird.
00:17:15.83
Marcel Schutz
Man könnte sich ja mal auf das Gedankenexperiment einlassen, was wäre eigentlich geschehen, was würde geschehen, was natürlich gar nicht mehr realistisch ist unter heutigen massenmedialen Bedingungen, was wäre, wenn dieser Verbreitungsgrad und diese Kommentierung, also dieses Nachbetrachten und noch mal und noch mal und noch mal hinzufügen von Meinungen,
00:17:36.85
Marcel Schutz
Wenn das nicht fortgesetzt würde, dann wäre vielleicht nach einer Woche so ein Duell kaum noch ein Thema. Das heißt, das wird verstärkt durch die
00:17:46.99
Marcel Schutz
Nachbetrachtungen durch das Aufschaukeln, auch wenn wir Podcasts führen und momentan, du kannst das sehen, bei jedem Podcast, der veranstaltet wird, das erste verheerend katastrophal. Ich hätte den Fernseher aus dem Fenster schmeißen können. Ich war fassungslos. Dann werden irgendwelche Analysten erwähnt, die den Tränen nahe waren und die Sache bekommt eine ganz eigene Dramaturgie und
00:18:12.89
Marcel Schutz
Diese Wirklichkeit kann natürlich am Ende auch, also diese Form der Nachbetrachtung, der Nachkommentierung wird dann die primäre Wirklichkeit. Und es hat dann eben eine Woche gedauert, bis man jetzt beim Rücktritt angelangt ist. Der war ja auch nicht sofort das, was gefordert wurde. Das ist ganz interessant. Also in den ersten Tagen schienen sich alle etwas bedeckt zu halten.
00:18:36.58
Marcel Schutz
Aber so in den letzten Tagen konnte man sehen, dass immer stärker so ein Spin entsteht. Es geht nicht mehr weiter. Und die Frage ist ja berechtigt, kann man überhaupt noch hinter das zurück, also kann man das noch ungeschehen machen? Natürlich nicht. Egal wie es weitergeht. Es wird wie ein Mühlstein in diesem Wahlkampf ganz sicher um den Hals.
00:19:02.82
Marcel Schutz
gehangen sein. Die Frage ist, ob es dann solche Tage und Wochen gibt. Das finde ich momentan plausibel, dass einige, einige, die sich damit auskennen, mit solchen kommunikativen Eskalationen auf spitzenpolitischer Ebene
00:19:13.08
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuschauen.
00:19:18.86
Marcel Schutz
Da gibt es die Beobachtung, wenn man einige Tage oder wenige Wochen überstanden hat, dann hat man tatsächlich so ein kritisches Zeitfenster überstanden, wo die Dinge sich rasant ändern können. Und als vorgestern die ersten Meldungen durchgingen, er sei schon kurz davor, alles hinzuwerfen und zu sagen, ja, ich kann nicht mehr. Also ich habe das nicht glauben können, ist auch nach wie vor meine
00:19:43.37
Marcel Schutz
Meinung, dass wir momentan erstaunlicherweise sehen, wie viele Leute, die sich eigentlich gut mit der Beschreibung von Politik auskennen, offenbar sehr einfache Vorstellungen haben über den Wechsel eines amtierenden Präsidenten. Die Vorstellung, dass überhaupt beiden gedrängt werden könnte, aus der Partei von Obama und anderen Figuren der Partei,
00:20:10.90
Marcel Schutz
aufzugeben, scheint mir sehr simpel. Ich habe in den letzten Tagen gelesen, gehört von Leuten, die in der Demokratischen Partei seit Jahrzehnten tätig sind, die bei Clinton, Bill Clinton,
00:20:25.42
Marcel Schutz
in der Administration tätig waren und die auch beiden seit Jahrzehnten beobachten. Und der Tenor dort ist eigentlich dieser Präsident. Und du hast es eben schon gesagt, es ist gar keine Bewertung jetzt, ob es sachlich geboten wäre, ob es fachlich sinnvoll wäre, zu gehen und zu sagen, gut, ich übergebe. Das ist gerade nicht das Thema, sondern welche Auswirkungen hat das? Was ist sozusagen der Rahmen, in dem das Ganze geschieht? Die sagen dann,
00:20:48.88
Marcel Schutz
der lässt sich von einem ganz kleinen familiären Kreis, ganz kleinen freundschaftlichen Kreis beeinflussen, aber sicherlich nicht von den Vertretern der Parteien, sicherlich nicht von den Vertretern der großen Redaktionen der Zeitungen des Landes, auch nicht des eigenen Lagers. Und Biden ist ein Typ, der natürlich durch seine Belastungen, Schicksalsschläge, vielen Zurückweisungen und leidvollen Erfahrungen in seinem Leben
00:21:11.12
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuschauen.
00:21:19.31
Marcel Schutz
Resilienz aufgebaut hat. Das ist der Tenor dort. Der hat sich wirklich eine gewisse Hartleibigkeit angebührt. Jetzt mögen manche sagen, das ist altersstur Sinn. Es ist aber auch eine gewisse Beständigkeit im Amt. Und vielleicht ist das ja auch nicht ohne Ironie, dass dieser vermeintlich so schwache Präsident offenbar eine erstaunliche, das heißt erstaunliche, eine natürliche Stärke der Fortführung seines Amtes unter Beweis stellt, ob man das jetzt richtig oder falsch findet. Er ist jedenfalls jemand,
00:21:47.84
Marcel Schutz
der sich von dieser Stimmung, die momentan besteht, kaum wirklich beeinflussen lässt. Und mir scheint es fast so zu sein, dass diese Stimmung oder dieses Beiden-Mussweg auch umso stärker wird. Also, die Leute werden eigentlich brachial darauf hingewiesen, dass alles nichts nützt, dass keine Kampagne etwas nützt, wenn dieser Mann hinter diesem nun einmal wahrscheinlich wichtigsten oder einem der wichtigsten Schreibtische sitzenden Mann
00:22:18.42
Marcel Schutz
wenn der sagt, ich werde dieses Amt fortführen und ich habe die Macht dazu und ihr könnt mich nicht dazu zwingen, das aufzugeben.
00:22:29.22
Marcel Schutz
Gegenteilige Effekte sind ja auch denkbar. Umso stärker Biden jetzt unter Druck gesetzt wird, umso weniger wird er geneigt sein, dem nachzugeben. Weil er es den Leuten auch zeigen will. Das scheint ihn ganz besonders anzutreiben. Nach allem, was man dort hören kann, dieses Bewusstsein dafür, dass man es den anderen auch noch zeigen wird und dass man sich sicherlich nicht so schnell abschreiben lässt.
00:22:54.50
stefansasse
Ja, definitiv. Ich will gleich mal auf den ersten Punkt eingehen, den du gerade angerissen hast, und das ist dieser komplette Unrealismus, den viele Kommentierende da an den Tag legen. Was mich als erstes daran nervt, ist, dass schon überhaupt nicht drüber nachgedacht wird, was dann eigentlich passieren soll.
00:23:12.67
Marcel Schutz
Oh, wie süß.
00:23:12.77
stefansasse
Also diejenigen, die wenigstens ein bisschen Ahnung haben, sprechen dann gerne davon, dass ja dann der DNC quasi auf der großen Convention, die bald ansteht, dass die dann da den Präsidentschaftskandidaten entscheiden. Und das ist de facto seit den 70er Jahren nicht mehr passiert.
00:23:30.08
stefansasse
dass quasi auf den Conventions irgendwelche demokratischen Entscheidungen getroffen werden. Diese Dinger sind reine Krönungsveranstaltungen. Das heißt, die sind da gar nicht dafür ausgerüstet. Das letzte Mal, dass die Democrats versucht haben, in so einer Situation einen Präsidentschaftskandidaten zu kühren, war 1968. Das war ein Volldesaster. Jenseits von Gut und Böse. Und das institutionelle Gedächtnis der Democrats wird das nicht vergessen haben.
00:23:58.38
stefansasse
Also allein das ist schon mal die Frage. Es gibt keinerlei Leute, die als glaubhafte Alternativen bereitstehen würden. Wenn Biden jetzt zurücktreten würde, dann würde Kamala Harris die neue Präsidentin sein. Und Kamala Harris ist nicht eben die Definition der beliebtesten Politikerin der Vereinigten Staaten von Amerika, um es mal ganz milde auszudrücken. Seine Vizepräsidentin ist eine
00:24:27.46
stefansasse
reichlich unbeliebte Figur. Ich meine, Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten sind eigentlich nie so die großen Sympathieträger oder zumindest selten. Aber Kamala Harris hat keine hohen Beliebtheitswerte. Das war schon immer ein Problem. Die ist dazu da, Beidens linke Flanke abzudecken, nicht um ihn zu ersetzen. Das war schon während seiner Amtszeit immer ein Problem, dass quasi diese Altersdiskussion immer drauf rauslief, wenn der Mann stirbt, kommt Kamala Harris dran.
00:24:53.88
stefansasse
Das wäre ein gefundenes Fressen für den Wahlkampf der Republicans. Und der gesamte Wahlkampf bisher läuft auf diesem, wir haben diesen moderaten Joe Biden gegen den rechten Spinner Trump. Wenn man dem rechten Spinner Trump, jetzt der linke Spinnerin Kamala Harris entgegensetzt, eine Woman of Color,
00:25:11.44
stefansasse
Das wird die Kulturkämpfer im rechten Lager so hart mobilisieren, also sehr wahrscheinlich zumindest, das ist keine attraktive Aussicht. Und noch viel schlimmer wäre die Vorstellung, dass diese Präsidentin Kamala Harris dann einen Wahlkampf führen müsste, binnen zwei oder drei Wochen, der dann live vor allen Fernsehkameras innerhalb von vier Tagen auf dieser Convention ausgetragen wird.
00:25:37.06
stefansasse
Ich hab den Artikel gelesen, wo jemand gemeint hat, oh, das ist eigentlich voll die große Chance für die Democrats, weil die dann nur vier Tage haben, um jemanden zu finden, und danach sind sie fertig. Ich dachte mir so, Leute, Leute, Leute, schaut mal bitte in ein Geschichtsbuch und guckt, was 1968 passiert ist. Die Kurzversion davon, da war der DNC, also der Parteitag der Democrats, war in Chicago.
00:25:59.36
stefansasse
eine Hochburg der Democrats und gleichzeitig ein Ort von Unruhen. Wir haben in 1967, 68 hier noch die großen Rassenunruhen. Das sind die Studierendenproteste, die Counterculture, alles kommt da quasi zusammen. Und Chicago wurde damals von diesen klassischen Politikern der Democrat Machine gemacht. Also quasi diese Funktionärselite, diese klassische, da gibt es gar kein deutsches Wort dafür, wie man die einordnen soll.
00:26:29.33
stefansasse
Diese Leute mit Klientelpolitik und Netzwerksfunktionieren und die prallen da auf diese neu nachwachsende radikale Parteijugend. Das ist wie in Deutschland zu der Zeit, wo der SDS auf diese alte Garde der SPD a la Helmut Schmidt prallt. Genau dasselbe passiert damals in Chicago und das eskaliert komplett.
00:26:47.86
stefansasse
Die Polizei von Chicago macht, ähnlich wie die Polizei in Deutschland zu der Zeit, macht Knüppel frei und brügelt diese Demonstrierenden zusammen. Das sind Fernsehbilder. Das sieht aus wie bei Sodom und Gomorra. Das ist für die Democrats eine Vollkatastrophe. Und das Ergebnis des Wahlkampfes ist, dass die Wahl des damaligen Präsidenten, nämlich Lyndon Johnson, der unbedingt seinen Nachfolger etablieren wollte, also seinen Vizepräsidenten Humphrey, wie hieß er? Humphrey. Auf jeden Fall.
00:27:16.07
stefansasse
dass der zwar gewählt wurde, aber so beschädigt danach war, dass er das als Riesenproblem durch den Wahlkampf geschleppt hat. Also das ist einfach keine attraktive Option für die Democrats, aber das scheint kaum jemandem durchzudenken in diesem Szenario. Und erneut, alles ohne das zu werten, aber quasi im Hinblick auch, das heißt nicht, dass Joe Biden nicht gehen sollte, ich sag nur, man muss das bedenken.
00:27:38.64
stefansasse
Und das sehe ich in praktisch keinem von diesen Takes, dass irgendjemand sich Gedanken macht, wer zur Hölle soll dann da danach kommen. Ich sehe schon wieder eine Kandidatur von Bernie Sanders. Und der Mann ist wie alt? 79, 80? Vielleicht wollen sie sogar noch Diane Feinstein auf die Bühne rollen. Ich habe gehört, die ist auch noch verfügbar. Oder doch zumindest ihr wiederbelebter Corpus.
00:28:00.18
Marcel Schutz
Ich habe heute gehört, dass Hillary Clinton neuerdings sogar gesagt worden ist. Dann dachte ich ja, Hillary Clinton jetzt gegen Donald Trump, das ist ja etwas, das haben wir noch nie gesehen. Das wird ja bestimmt ganz spannend. Das Interessante ist bei dem Parteitag damals, diesem völlig Eskalierenden, die Sache ist ja so auseinandergegangen, dass Johnson am Ende, der ja schon gesagt hat, ich verzichte, obwohl er das Recht gehabt hätte, noch mal in den Wahlkampf einzusteigen,
00:28:27.14
Marcel Schutz
der sagte, ich muss wieder antreten. Ich muss es noch mal versuchen. Und das klappte dann nicht mehr, weil der Sicherheitsdienst, Secret Service, ihm gesagt hat, das können wir nicht mehr verantworten. Also diese Kandidaten, die waren festgelegt und dann klappte das nicht mehr. So verzweifelt war die Situation bei den Demokraten. Ich würde gerne noch mal sagen, dieses Thema, das man jetzt auf diesen Punkt kommt, der kann nicht mehr gewinnen.
00:28:56.13
Marcel Schutz
Ich finde das ja auch so neben diesem Problem, dass es keine einfachen Anschlüsse gibt, keine einfachen Alternativen, finde ich, ist das ja etwas, was sich so festgesetzt hat die letzten Tage. Also man geht jetzt davon aus, er kann die Wahl nicht mehr gewinnen und ich finde empirisch spricht dafür ja überhaupt gar nichts.
00:29:14.82
Marcel Schutz
Denn wir wissen, das wird jetzt drauf und runter diskutiert seit Monaten, in den Swing-States wird vielleicht in den Ausmaßen von wenigen 10.000 Wählern die Wahl entschieden. Klar, es kann etwas mehr Abstand sein, es kann weniger, aber der Punkt ist doch, nach wie vor sind die Wahlchancen für beiden alles andere als schlecht. Und jetzt mit der Position anzukommen,
00:29:41.70
Marcel Schutz
Er hat keine Chance mehr zu gewinnen. Mir scheint das ebenso, wie soll man sagen, so extrem. Man geht vom einem ins andere extrem wie vor einem halben Jahr. Die selben Leute, wie das jetzt sagen, sagten vor einem halben Jahr, Trump hat am Ende doch keine Chance. Weil Trump wird die Wähler auf der linken Seite und die Liberalen derartig mobilisieren, anheizen, dass Biden selbst, wenn er seine Schwächen hat, die Leute noch mal dazu bringt, zu sagen, wir wählen Biden, um Trump zu verhindern.
00:30:09.43
Marcel Schutz
Vor einem halben Jahr oder einem Jahr scheint das irgendwie Konsens gewesen zu sein. Unter diesen Einsdrucken, die man jetzt sammelt, weicht man vollkommen von dieser Lesart ab. Auch da, alles ist möglich, keine Garantie für beiden, wahrscheinlich auch weniger wahrscheinlich, weniger wahrscheinlich, wahrscheinlich haben seine Chancen in den letzten Monaten und Wochen zunehmend auch abgenommen. Aber nach wie vor, glaube ich,
00:30:38.97
Marcel Schutz
ist einer dieser Spins, der jetzt durch die Medien geht, dass er wirklich verlieren werde gegen Trump, dass das ausgemacht sei, dass da nichts mehr funktionieren könne. Das ist einfach eine knallharte Überzweigung. Ich würde sagen, sehr viel wahrscheinlicher sind diese 50-50-Konstellationen. Also es hängt am Ende an einem knappen Ausgang. Und ich hab schon vor
00:31:02.53
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuschauen.
00:31:07.76
Marcel Schutz
Ja, ja, muss man inzwischen gesagt, 21, 20, 21, als ich eigentlich abzeichnete, dass Trump nicht verschwinden würde. Da habe ich gesagt, Biden und Trump sind eigentlich wie Feuer und Wasser. Man weiß am Ende nicht, was von beiden überleben wird, überstehen wird. Das hängt eben davon ab, wer in seiner Kampagne
00:31:30.52
Marcel Schutz
diese Wechselwähler, über die wir sprechen, wir sprechen über einen relativ kleinen Teil der Wähler, einen sehr kleinen Teil der Wähler eigentlich, diese Wechseltäter am Ende Wechselwähler zu sich zieht. Und was die Demokraten natürlich momentan riskieren, ist ja, dass sie gerade durch die Infragestellung, diese sehr starke Infragestellung, oder das demokratische, liberale, linksliberale Lager der USA, durch diese starke Infragestellung des Präsidenten,
00:31:56.18
Marcel Schutz
faktisch die Wahlchancen unterkragen werden. Also er wird demontiert im Versuch, die Macht zu erhalten, könnte man sagen. Sie sagen, wir verlieren mit ihm, wenn wir weitermachen mit ihm. Aber genau dadurch, dass Sie das so stark framen und labeln und in den Mittelpunkt stellen, gibt es natürlich überhaupt ein so starkes
00:32:15.03
Marcel Schutz
Potenzial, dass er tatsächlich die Wahl verliert. Und da scheinen die Demokraten in einer wirklichen Zwickmühle zu sein. Einerseits erkennt man, dass es nicht gut mit ihm weitergeht und dafür kann ja einiges sprechen. Das haben wir jetzt ja mehrfach schon angedeutet. Es ist unabhängig von der Frage,
00:32:31.92
Marcel Schutz
wie lange er das wirklich ausüben kann. Aber auf der anderen Seite gibt es keine leichten Alternativen. Und wenn der Präsident nicht will und wenn man ihn dann bekniet und zwingt und öffentlich bloßstellt, dann wird man sicherlich, ganz sicherlich, früher oder später das Geschäft des Gegners machen. Denn Trump hält sich ja momentan ja fast schon unüblich für seinen ganzen Charakter, für seine Persönlichkeit. Er hält sich einfach bedeckt.
00:32:58.86
Marcel Schutz
Er lässt einfach die andere Seite sich zerlegen, könnte man vielleicht sagen. Er wartet ab. Und wenn das so weitergeht, muss er gar nicht so viel tun. Dann wird die Diskussion sich eben über diesen Parteitag hinweg auch weiterziehen. Ein Punkt vielleicht noch zu der Vizepräsidentin.
00:33:18.34
Marcel Schutz
ohne dass ich dahingehend über konkretes Wissen verfüge, ich bin mir ziemlich sicher, es wird jetzt immer betont, der kann doch nicht noch fünf Jahre, ja? Und da würde man vielleicht sehr zustimmen, wenn man sieht, wie er ohne Teleprompter und wie er ohne Knopf im Ohr spricht und wie er sich aufführt. Da mag etwas sein, dass jemand das nicht noch fünf Jahre machen kann. Aber das scheint gar nicht das Ziel von beiden zu sein. Sondern meines Erachtens spricht sehr viel dafür,
00:33:47.28
Marcel Schutz
dass es darum geht, ein zweites Mal Trump zu schlagen, in einer internationalen Krisensituation, die gegenwärtig besteht, weiterhin das Heft in der Hand zu halten, also als amtierender Präsident nicht sozusagen innerhalb der bestehenden Krisen, mit denen er sich auseinandersetzt, das Feld zu räumen.
00:34:07.23
Marcel Schutz
Dann aber nach einer Wiederwahl in einer zweiten Amtszeit an die Vizepräsidentin zu übergeben, die mit einiger Wahrscheinlichkeit, zumindest sah es bislang so aus, ohnehin durch eigene Wahl gar nicht ins Amt kommen könnte. Das heißt, Staffelübergabe. Nicht erst in fünf Jahren, sondern in zwei, zweieinhalb Jahren. Bis dahin sozusagen den Übergang meistern. Da bin ich mir ziemlich sicher, dass…
00:34:34.90
Marcel Schutz
beiden selbst nicht den Plan verfolgt zum gegenwärtigen Zeitpunkt, weiterhin fünf Jahre in diesem Amt zu stehen, aber eben selbst darüber entscheiden zu können. Das Vordrecht des Präsidenten, ja, auch ein vermeintlich schwacher Präsident, hat starke Vordräte. Und eines gehört eben in die Kategorie, ich entscheide, wann ich selbst gehen möchte. Und wenn man ein solches Szenario sich vor Augen führt,
00:35:01.39
Marcel Schutz
Dann könnte man ja sagen, wenn das so ist, hat der Mann ja einen Plan, der nicht völlig unplausibel ist. Ob man zweieinhalb Jahren noch schafft, ob das schon eine zu lange Zeit ist bei den fortgeschrittenen physischen und mentalen, geistigen Konstellationen, die da stehen, das ist eine andere Frage. Aber ich denke,
00:35:22.69
Marcel Schutz
Es ist nicht möglich für den Präsidenten, zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu sagen, ich werde doch ohnehin in zwei Jahren zurücktreten. Das kann er nicht machen. Das würde untergraben die Aussicht darauf, dass er ein willensstarker Präsident ist. Er muss also eine etwas verrückte Sache. Er muss das Spiel aufziehen. Ich habe den Anspruch, noch einmal euer Präsident zu sein.
00:35:45.35
Marcel Schutz
ohne Einschränkung der Zeit. Das ist für die Partei ein Desaster. Die gehen davon aus, am Ende zieht er durch. Der bleibt wirklich komplett im Amt.
00:35:55.04
Marcel Schutz
Eigentlich will er das gar nicht. Eigentlich ist das Szenario, vielleicht jetzt in die nächste Amtszeit hinüberzukommen. Das aber kann man nicht nach außen tragen und das ist auch nicht der Partei zu vermitteln. Also eine, ich würde sagen, eine merkwürdige, eine unangenehme, eine nicht besonders günstige Konstellation von nach außen zeigen, was man zeigen muss und eigentlich doch einen Plan verfolgen,
00:35:58.25
stefansasse
Vielen Dank.
00:36:20.21
Marcel Schutz
der möglichst lange die eigene Autonomie und die selbstbestimmte Beendigung des Amtes.
00:36:26.97
stefansasse
Ich habe da auch keine tiefen Kenntnisse. Ich bin allerdings sehr skeptisch bei der Theorie. Das läuft ja quasi als Verschwörungstheorie schon seit der Wahl 2020 durch.
00:36:38.18
stefansasse
Hauptsächlich aus rechten Kreisen war es damals noch, dass Biden im Endeffekt nur das Trojanische Pferd ist, das quasi diese radikale Sozialistin Kamala Harris verbirgt. Dass das nur so ein Plot ist, um so eine bokeh Kreuzrittlerin an die Macht zu bringen. Das hat sich jetzt offensichtlich in den letzten vier Jahren nicht bewahrheitet.
00:36:58.17
stefansasse
Und ich bin skeptisch dem gegenüber, weil von allem, was ich über diese Leute weiß, die Präsidenten werden wollen, die sich für so ein Amt bewerben und vor allem diejenigen, die es inne hatten, die sind normalerweise nicht mit einem gigantischen Ausmaß an Zurückhaltung und Bescheidenheit ausgestattet, um es mal so zu sagen, um
00:37:24.56
stefansasse
Das gehört ja quasi zur Jobbeschreibung. Wenn ich sage, ja, Präsident der USA, Anführer der Freien Welt, das ist ein Job, den ich mir zutraue, da muss ich doch an hybris leiden. Also das geht ja gar nicht anders. Das gehört quasi wirklich, das steht ja quasi in der Jobbeschreibung mit drin. Jede Person, die sich für dieses Amt bewirbt, muss quasi ein völlig aufgeblähtes Selbstbewusstsein haben. Anders kann man das doch kognitiv überhaupt nicht überstehen. Das Problem ist, dass solche Personen
00:37:54.08
stefansasse
üblicherweise, selbst wenn sie sich überlegen würden einen solchen Plan, die werden für sich selber immer einen Grund finden, warum man jetzt gerade und just zur Stunde noch nicht auf sie verzichten kann. Das siehst du bei jeder Person, die den geeigneten Moment für einen Rücktritt oder für eine Nicht-Kandidatur verpasst. Ob das Helmut Kohl 1998 war, ob das, ach was weiß ich, es gibt so viele, da können wir wirklich massenhaft Beispiele bringen.
00:38:21.14
stefansasse
Und üblicherweise lassen die die Macht nicht los. Ich glaube, Angela Merkel ist eines der ganz, ganz wenigen Beispiele, wo eine Person wirklich freiwillig gesagt hat, obwohl sie noch mal gut hätte gewinnen können, hätte sie denn wollen. Nee, passt, ich mache es nicht mehr. Aber ich denke Gerhard Schröder, der ist ja auch so ein Festhalter bis zum Schluss.
00:38:40.81
stefansasse
Und deswegen bin ich sehr sehr skeptisch, dass solche Pläne a. existieren und b. wenn sie existieren, dass sie sich so durchsetzen ließen. Vielleicht werde ich eines besseren belehrt, aber ich bleibe gegenüber dieser Theorie, dass das tatsächlich das ist, was Biden antreibt, sehr skeptisch. Ich bin durchaus der Überzeugung, dass er glaubt, dass er das noch machen kann, weil wenn er tatsächlich an dieser Demenz leidet, dann zu den
00:39:06.46
stefansasse
klarsten Nachteilen dieser Krankheit gehört, damit man die Krankheit nicht sieht. Also er wird so oder so der Überzeugung sein, dass das alles gar nicht so schlimm ist und dass er das schon hinkriegt. Und erneut die Hybris, die er zwangsläufig haben muss, um so ein Amt überhaupt anzustreben, wird ihm da auch keinen Gefallen tun. Deswegen glaube ich da ehrlich gesagt nur sehr eingeschränkt.
00:39:26.48
stefansasse
Ich möchte aber noch mal kurz auf die Umfragewerte zurückkommen, weil die den Punkt von dir illustrieren mit diesem, welchen Effekt hat der ganze Kram eigentlich? Weil ich habe vorher gesagt, zwei Prozentpunkte ist runter in den Umfragen. Das Spannende ist, Trump ist nicht zwei Prozentpunkte hoch.
00:39:44.07
stefansasse
Also die Analyse von der letzten Monate sozusagen, dass Trump im Endeffekt, wie man im Englischen immer sagt, ein Ceiling erreicht hat, also wo ist er so eine Grenze seiner Unterstützung, das halte ich weiterhin für komplett zutreffend.
00:39:59.36
stefansasse
Das ist nur, wie du korrekt beschrieben hast, irrelevant, weil sich die Wahl ja nicht an einer Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet. Die hätte Joe Biden just zur Stunde immer noch. Selbst mit den Verlusten hätte der Mann die Mehrheit der Stimmen. Nur die Mehrheit der Stimmen ist im US-Wahlsystem egal. Es geht um die Mehrheit der abgegebenen Stimmen in einigen wenigen ausgewählten Bundesstaaten.
00:40:19.39
stefansasse
Und da reichen diese zwei Prozent Verlust natürlich, um Trump gegebenenfalls einen ziemlich eindeutigen Sieg zu geben. Das haben wir 2016 auch schon gesehen. Und Stichwort 2016, da gab es mehrere Debatten. Alle diese Debatten hat überragend Hillary Clinton gewonnen. Ist sie heute Präsidentin? Nö.
00:40:37.82
stefansasse
Weil diese Debatten üblicherweise keine Rolle spielen. Auch das mag dieses Mal anders sein. Aber die Lektion praktisch sämtlicher Wahlkämpfe zurückgehend bis zum Beginn der Debatten Kennedy gegen Nixon zeigt, dass diese Debatten letzten Endes für das Wahlergebnis beinahe irrelevant sind. Und das gilt selbst für die Kennedy gegen Nixon. Da gibt es ja diesen Mythos,
00:41:00.86
stefansasse
von wegen, dass Kennedy da gewonnen hätte, weil er bei Nixon im Fernsehen geschwitzt hätte. Das ist mittlerweile von HistorikerInnen hinreichend widerlegt. Also das ist einfach nur eine schöne Story. Diese Debatten spielen keine große Rolle. Und wie gesagt kann dieses mal anders sein, einfach weil die Kandidatur Trumps so viele der üblichen Regeln bricht.
00:41:24.60
stefansasse
Aber unter den üblichen Regeln, die sogenannten Fundamentals, wie man da im Englischen immer sagt, die sprechen alle immer noch sehr für Joe Biden. Dieser Alter und dieses Slip-Up, dieser ganze Kram, der arbeitet hart gegen ihn. Aber es gibt Dinge, die hart für ihn arbeiten. Die Inflation ist völlig unter Kontrolle, deutlich besser als in Europa. Die Wirtschaft wächst immer noch. Die Leute sagen in Umfragen übereinstimmend, dass ihre eigene wirtschaftliche Situation gut sei.
00:41:52.16
stefansasse
Und die wirtschaftliche Situation ist der Prädikator Nummer eins für die Wiederwahl oder Wahl eines Präsidenten. Trump hätte 2020 ziemlich sicher die Wiederwahl gewonnen, hätte er nicht die Covid-Krise so katastrophal gemismanagt. Wir müssen uns auch wirklich nochmal in Erinnerungen rufen. Die Wahl 2020 war knapper als die 2016.
00:42:16.72
stefansasse
Und 2016 war schon knapp. 2016 hat sich entschieden an ungefähr 70.000 wählenden Stimmen in einer Wahlbevölkerung von 150 Millionen. Und die Wahl 2020 war, wenn die Erinnerung nicht trügt, irgendwie so um die 56.000, die das entschieden haben. Das sieht dann im Electoral College immer deutlich beeindruckender aus, aber das ist wirklich eine um Haaresbreite. Und wie du völlig korrekt gesagt hast, da ist noch viel, viel Luft, vor allem bis November.
00:42:43.38
stefansasse
Ganz egal was passiert, diese Debattenperformance wird sich nicht bis November halten. Das hat nur dann einen Effekt, wenn weitere Dinge passieren. Ich möchte den Vergleich aufmachen zu Hilary’s E-Mails. Aktuell ist für Joe Biden das Problem dieser Debatte ungefähr dasselbe Problem wie Hilary’s E-Mails für Sie waren zu dem Zeitpunkt.
00:43:03.08
stefansasse
Nur macht ihr im Endeffekt dieselbe Strategie, die Clinton auch gefahren ist. Auf der einen Seite sagen, mehr Kuiper dumm gelaufen, Scheiße passiert. Und auf der anderen Seite versuchen, das auszuhalten. Und das hätte für Clinton ziemlich sicher funktioniert, wenn nicht ständig noch was nachgekommen wäre. Stichwort, die Comey-Enthüllungen, dann der Comey-Brief ganz am Schluss. Und die Frage ist halt, kommt noch was nach? Und wenn Biden es schaffen würde, nichts mehr nachkommen zu lassen,
00:43:30.71
stefansasse
dann ist es, glaube ich, eine sehr realistische Vorstellung, dass Mitte August keine Sau mehr über diese Debatte redet. Die Frage ist halt, passiert das? Das kann aber wieder irgendjemand garantieren, noch irgendjemand vorhersehen. Das ist allein den Zufällen, Irrungen und Wirrungen eines Wahlkampfs unterworfen.
00:43:46.17
Marcel Schutz
Ja, und das ist auch nicht ganz in seiner Hand, denn jetzt ist ja etwas angestoßen worden, bei dem man sagen könnte, gut, beiden seist sich vielleicht zusammen, kriegt es hin, in seinen öffentlichen Auftritten auch seine Performance zu zeigen, seine starken Momente zu haben, die er ja auch hat, aber werden eigentlich die mitziehen, die ihn jetzt schon abgeschrieben haben. Ich komme noch mal auf das Thema,
00:44:12.86
Marcel Schutz
Vielleicht kann man das etwas zuspitzen, wollte. Die größte Gefahr für diesen Präsidenten lauert möglicherweise nicht auf der Seite von Donald Trump, sondern im eigenen Lager. Dass immer wieder jetzt Zweifel aufkommen lässt, große Meinungsbeiträge macht, wo wichtige Leute schreiben und sagen, Leute, das geht doch nicht mehr und guckt euch das mal an, wie die Werte wiederstehen. Es ist ganz interessant,
00:44:39.19
Marcel Schutz
Lange Zeit hieß es immer, also nach diesen reinen Bewertungen des Volkes, danach kann man doch gar nicht gehen, weil im College eine andere Bewertung am Ende zustande kommt. Jetzt fällt auf, wie stark diese Volkswahlwerte in den Mittelpunkt gestellt werden, obwohl man doch weiß, wie groß die Verzerrungen sind. Du hast es eben angesprochen. Die Prognostik über die amerikanischen Präsidentschaftswahlen ist konstant,
00:45:11.28
Marcel Schutz
fehlerbehaftet und unterliegt auch immer wieder neuen Schwankungen und Verzerrungen. Wir haben das ja auch bei der letzten Wahl gesehen, die viel deutlicher sein sollte. Ich meine jetzt die Midterms. Wie war denn die Konstellation dort? Ich fühle mich in diesen Tagen daran erinnert. Wir hatten die Situation, dass Biden praktisch schon abgeschrieben war. Die Red Wave wurde erwartet. Donald Trump wird durchziehen mit seinen Kandidaten und die Demokraten werden krachend unterliegen. Vielleicht verlieren sie beide.
00:45:38.51
Marcel Schutz
Beide Teile, beide Häuser der Wahl. Wie ist es ausgegangen? Ziemlich gut für jemanden, der die Zwischenwahlen überstehen muss. Wie bei allen anderen Präsidenten gibt es Abstrafungen, ganz klar. Aber in der Summe hat Biden vor allen Dingen gemessen daran, was man erwartet hatte. Die Demokraten haben ziemlich gut diese Wahl überstanden.
00:46:01.97
Marcel Schutz
Was war im Anschluss der Fall? Er ist der richtige Mann. Er hat es doch geschafft. Am Ende besinnen sich die Leute und kommen doch zu beiden, der für Vernunft steht. Ähnliche Geschichte. Es ist eine große Rede Anfang dieses Jahres im Frühjahr. Man hat ihn gelobt dafür. Er hat eine große Ansprache an die Nation gehalten. Es war lebhaft. Er hat Applaus bekommen. Standing Ovation. Alles war gut.
00:46:28.01
Marcel Schutz
Und jetzt sind wir wieder an einem Punkt, wo man sagen könnte, ein halbes Jahr später, totales Fiasco. Ich denke, bei beiden gibt es ja auch in seiner Biografie, vielleicht eine Parallele, immer dieses Auf und Ab. Er hat unglaublich viele Zurückweisungen und auch Niederlagen erfahren. Gleichzeitig hat er einen sehr langen Lauf im amerikanischen politischen System, wo er sich durchgekämpft hat, wo er in die Ämter gekommen ist, wo er es geschafft hat, auch sich zu halten.
00:46:56.14
Marcel Schutz
Und ähnlich ist das offenbar in der Beobachtung, in der Beschreibung dieses Präsidenten. Es ist ein permanentes Auf und Ab und es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn jetzt die erste oder zweite Aktion ist, wo man sagt, oh, da war aber von ihm doch was zu hören und ohne Teleprompter und er hat die Leute beeindruckt. Sehr schnell würden die ersten Zweifel aufkommen,
00:47:20.25
Marcel Schutz
sind wir vielleicht ein bisschen zu weit gegangen. Ich habe heute Morgen schon gehört, es gibt schon so erste Podcasts auch in den USA, da wird jetzt die Frage gestellt, hat er denn nicht doch noch Assets? Ist es nicht doch so, dass er gute Punkte hat, die du eben angesprochen hast? Und schon merkt man, das ist auch typisch für solche massenidealen, kommunikativen Exzesse, wenn man es so formulieren will. Ist auch ganz typisch, dass früher oder später natürlich im Wettbewerb der Meinung einige dann kommen und sagen,
00:47:47.12
Marcel Schutz
Wir müssen das jetzt ein bisschen kippen. Wir müssen das ein bisschen ausgleichen. Alle sind darauf aus, dass er stürzt. Wir werden schon die ersten Wetten darauf abgeschlossen, wie das ja in den USA so ist. Am Ende wird es so ein richtiger Absteibe-Wettkampf. Und dann kommen ein paar Player und sagen, hm, wir werden uns das mal genauer angucken. So sicher ist das doch gar nicht. Also ich will sagen, es kann immer noch in die andere Richtung kippen. Es sind eben noch mehrere Monate hin am Ende zur Wahl.
00:48:17.00
Marcel Schutz
ganz organisatorisch gesprochen, worüber man sich sicher einig werden kann, ist die Phase jetzt der nächsten Wochen bis zu diesem Parteitag, das wird für ihn wahrscheinlich die anspruchsvollste Phase. Ich kann mir gut vorstellen, dass es jetzt einige Tage, wenige Wochen ein Zeitfenster gibt, in dem der Druck und die Bedrängnis
00:48:21.01
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuhören!
00:48:40.86
Marcel Schutz
in irgendeiner Weise doch darüber nachzudenken, aufzugeben, noch mal steigt und zunehmt. Aber so wie ich das sehe, wird dieser Präsident am Ende diese Zeit überstehen.
00:48:54.02
Marcel Schutz
und im nächsten Monat der Kandidat werden. Und dann kann man immer weiter diskutieren, aber das bringt nichts mehr. Die Demokraten werden an einen Punkt kommen müssen, wo sie merken, wir haben jetzt immer noch einen Monat diskutiert, ob er der richtige war. Jetzt ist er der Kandidat. Ab jetzt, Leute, müsst ihr euch zusammenreißen, sonst geht es übel aus. Und das wird vielleicht für die Demokratische Partei, für das Lager, für das Establishment auf der linksliberalen Seite
00:49:17.21
Marcel Schutz
wird das vielleicht die größte Herausforderung, dass Sie wissen, wir haben jetzt eine gewisse Zeit, wo wir stenkern können, wo wir jetzt Druck machen können. Und wenn das alles nichts bringt, dann wird der Punkt kommen, wo wir sagen,
00:49:28.18
Marcel Schutz
Aber was wäre denn die Alternative, wenn wir ihn jetzt runterschreiben? Warum sollten denn die Spender abziehen? Die sind ja nicht bei ihm geblieben und bleiben nicht bei ihm, weil sie beiden so sehr mögen, sondern weil sie Trump verhindern wollen. Und dieser Schalter, der wird im Eigeninteresse der Demokratischen Partei, denke ich, aus Parteiorganisationslogik heraus, wird irgendwann der Punkt kommen in den nächsten Tagen und Wochen, wo man sich sagen wird, wir haben es versucht,
00:49:54.51
Marcel Schutz
Er will nicht. Das ist sein Recht. Wir können dagegen nichts tun. Jetzt müssen wir mit beiden die Wahl gewinnen.
00:50:02.31
stefansasse
Ja, ganz schlicht, diese Dynamik, die sehe ich absolut. Und es ist völlig unklar, was sich da davon durchsetzen wird. Im Prinzip hoffen alle möglichen Parteien, also im Sinne von Fraktionen in diesem Kampf oder Interessengruppen, auf eine bestimmte Dynamik, die sich einstellen kann oder eben auch nicht. Also Biden hofft offensichtlich da drauf, dass es einfach aussitzen kann.
00:50:27.69
stefansasse
Und andere Leute gehen eher davon aus, dass es sich mehr oder weniger verschlimmern wird und dass auf diese Art und Weise der Druck dann zu groß wird. Was von den beiden passieren wird, ist völlig unklar.
00:50:41.01
stefansasse
Und ich möchte das wirklich betonen, das kann niemand vorhersehen. Einfach weil die Margins zu klein sind für diese gesamte Geschichte. Und es gibt zwar nicht viele Beispiele, aber es gibt Beispiele, dass Leute sich von sowas erholen. Und zwar auch im Dienst, die es quasi ganz bewusst in ein Comeback-Narrativ verwandeln. Bill Clinton ist ein sehr berühmtes Beispiel. Der hat für sich dann das Narrativ des Comeback-Kids geprägt in den 90ern, als er eine Weile sehr schlechte Umfragewerte hatte in den Vorwahlen.
00:51:10.91
stefansasse
und hat es dann wieder umgedreht damit. Und genau das Gleiche könnte auch bei beiden passieren. Denn wie du gerade schon korrekt gesagt hast, was wir hier haben, sind massenmediale Dynamiken. Das hat begonnen mit vergleichsweise vorsichtigen Kritiken, weil sich alle Leute nicht klar waren und dann haben sie sich immer mehr aus der Deckung gewagt, die Stärke in der Zahl sozusagen. Und dann hat man dieses übliche sich gegenseitig übertrumpfen.
00:51:38.03
stefansasse
der eine fordert dann, dass er als Kandidat möglicherweise hinterfragt werden muss, dann fordert der nächste, dass er nicht mehr antreten soll, dann fordert einer ja nie Rücktritt, muss es schon mindestens sein, und irgendwann wird dann das Verbrennen auf dem Scheiterhofen dann gefordert zu gefühlt. Und wie du schon beschreibst, und irgendwann kommt der Moment, wo die ersten Leute so sagen,
00:51:56.12
stefansasse
Ah, jetzt haben wir quasi einen neuen Konsens und was kann ich jetzt tun? Ich Freidenker und objektiver und total intellektuell cleverer Mensch. Ich kann da jetzt gegenhalten. Und dann dreht sich das ganze Video in die andere Richtung. Das ist der mediale Schweinezyklus. Der passiert immer. Hochschreiben, runterschreiben, hochschreiben, runterschreiben. Ja.
00:52:13.86
Marcel Schutz
Ich glaube, ein ganz wichtiger Punkt in dem Kontext ist, es ist zu spät. Ich glaube, das ist allen vor Augen. Der ganz starke Faktor hier ist Zeit. Die Zeit ist einfach sehr ungünstig, denn man hat keine Zeit mehr. Die ganze Organisation ist jetzt gebaut, wie sie gebaut ist. Und hätte man einen so starken Leidensdruck am Ende in Ergebnisse führen wollen, dass es auf einen Wechsel hinausläuft,
00:52:44.26
Marcel Schutz
dann wäre ein sehr kleiner Kreis im stillen, fast will ich sagen, klammheimlich dafür zuständig gewesen.
00:52:51.99
Marcel Schutz
Und sicherlich nicht in diesem Jahr, vielleicht auch noch vor dem letzten Jahr. Die Frage ist ja, die wir uns noch mal stellen können, warum ist Biden weiterhin der Präsident, der jetzt in die nächste Amtszeit gehen will? Und ich denke, es gibt natürlich schon Punkte, wo man annehmen kann, dass seine damalige Planung war, tatsächlich eine Amtszeit zu machen und ohnehin die Erwartung der Partei. Er war immer ein Übergangskandidat. Es war immer klar, dass er
00:53:20.76
Marcel Schutz
gegen Trump aus sehr pragmatischen Gründen angesetzt würde. Er sollte als starker Vertreter des alten klassischen Vorzeigeamerika diesem Präsidenten mit seinen Affären gegenübergestellt werden. Nicht weil alle auf einmal Biden verehrten, sondern er war eine Figur der Respektabilität.
00:53:26.27
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuschauen.
00:53:41.77
Marcel Schutz
Dann ist allerdings eingetreten, dass Donald Trump das Feld nicht geräumt hat. Was man meines Erachtens sehr früh sehen konnte. Wir haben darüber schon mal diskutiert. Immer wieder hieß es, es ist vorbei und jetzt ist er tot und so. Wir sehen einfach, gerade mit dem Urteil gestärkt der letzten Tage,
00:53:59.19
Marcel Schutz
welche Veränderungen zu seinem Vorteil Trump hingelegt hat. Der Fantomast der Politik, könnte man sagen. Trump ist einfach nicht zu entfernen. Er bleibt auf dem Platz. Er ist irgendwie wie eine Katze, die wie viele Leben hat. Er ist da. Und das hat ganz sicherlich dazu beigetragen, dass für beiden
00:54:23.37
Marcel Schutz
wenn ich so sagen darf, das Narrativ aufgekommen ist. Ich muss es ja noch mal versuchen. Ich muss ja noch mal versuchen. Und das ist nicht unplausibel. Es ist vielleicht ein Stück weit hybris, du hast den Begriff eben angesprochen, den braucht man nicht zum Amt. Es ist ein Stück weit hybris, wenn man sagt, Leute, nur ich kann ihnen das Siegen am Ende. Aber ist es auch ganz falsch? Klar, wir sehen jetzt, wie einige alternative Kandidaten in den Werten zulegen. Aber über lange Zeit in dieser aktuellen Legislatur war für alle klar,
00:54:53.90
Marcel Schutz
in diesem Lager, dass Joe Biden der Typ ist, der Trump noch einmal besiegen könnte. Und dann kam noch etwas hinzu. Meines Erachtens wird dieser Faktor zu Unrecht kaum erwähnt. Wir haben einen Kriegsausbruch im Januar, im Februar, Entschuldigung, 22 gesehen, der nun eine unglaubliche globale
00:55:15.09
Marcel Schutz
Verwicklung und Aktivität an politischen Abstimmungen und Maßnahmen nach sich gezogen hat. Wenn ein amerikanischer Präsident amtierend in eine derartige internationale Konfliktsituation eigentlich den Ausmaßen des Kalten Kriegs entsprechen, wenn nicht sogar darüber hinausgehend,
00:55:35.54
Marcel Schutz
in so einer Konstellation sich befindet. Wie unwahrscheinlich ist es bitteschön, dass dieser amtierende Präsident in diesem, ich will sagen, schwebenden Prozess das Feld träumt. Also das eine ist, dass man nicht von der Macht loslassen kann, das mag sein. Ich möchte aber auch noch mal sagen, Helmut Kohl war zum damaligen Zeitpunkt noch ein relativ fitter Mann und viele andere auch. Die Kalkulation mit Übergabe an Harris,
00:56:00.81
Marcel Schutz
denke ich eher von einer Zwangslage her bei einem weiteren körperlichen Verfall, der irgendwann ihm selbst ganz sicher nicht mehr verborgen sein wird. Und dann kann man ja tatsächlich darüber nachdenken, dass man, wenn der Präsident absolut nicht will, ihn tatsächlich von seinem Amt entbindet. Das wäre ein Eskalationsszenario. Aber der Punkt ist hier, es hat Faktoren gegeben, die diese Präsidentschaft erhalten haben. Und eine Sache noch,
00:56:30.48
Marcel Schutz
die Medien. Ich meine, was kaum noch jemand erwähnt in diesen Tagen, Woodrow Wilson beispielsweise, Franklin Roosevelt, das waren Präsidenten, die regelrecht abgeschottet wurden. Es wurde kaschiert und verdeckt. Es sind Maßnahmen vonstatten gegangen, um ihren Verfall, um ihre Krankheit, um ihre Behinderung zu kaschieren. Alles das war möglich in einer Zeit,
00:56:53.78
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuschauen!
00:56:56.19
Marcel Schutz
in der dieses Amt nicht im Ansatz diesen massenmedialen Dauerbeobachtungen ausgeliefert war. Dass wir so sprechen über Biden, wie wir über ihn sprechen, hängt natürlich damit zusammen, dass er sich in einer Lage befindet, wenn man einmal Anzeichen der Schwäche hat, wenn man einmal zeigt, dass nicht mehr
00:57:15.66
Marcel Schutz
Das nicht mehr funktioniert. Man kommt aus dieser Sache nicht mehr raus. Historisch gesehen ist das aber gar nichts so ungewöhnliches, dass die amerikanischen Präsidenten, wie auch andere Staatschefs natürlich erhebliche körperliche Einstellung hatten. In viel früheren Jahren Wilson und Roosevelt sind neunmal 70 geworden.
00:57:33.64
Marcel Schutz
Aber heute ist das gar nicht mehr denkbar. Und wenn wir heute sehen, dass jemand tatsächlich über 80 sich in so einem Verfallsprozess befindet, ich denke, für viele Menschen ist das natürlich wie eine Figur aus der Geschichte. Man sagt, das kann doch nicht wahr sein. Das ist ja gar nicht vorstellbar, dass der weiter regiert.
00:57:53.57
Marcel Schutz
Aber es bleibt dabei. Wenn man diese Entwicklung kommen sieht und nichts dagegen tun kann, dann muss man eben warten, bis eine Konstellation kommt, in der man eine Alternative hat. Und die schien bisher nicht gegeben zu sein.
00:58:12.30
stefansasse
Ich muss sagen, ich finde das gar nicht so unvorstellbar, ehrlich gesagt. Nehmen wir einfach mal an, er gewinnt die Wiederwahl.
00:58:20.32
stefansasse
Und wir haben dann in einem Jahr oder so was oder in zweien einen stärkeren körperlichen Verfall. Wir können einfach mal das Szenario Ronald Reagan nehmen. Der hatte die zweite Wiederwahl gewonnen, ebenfalls als sich erste Anzeichen gezeitigt haben eines deutlichen Verfalls, der dann in seiner zweiten Amtszeit deutlich schlimmer wurde. Das wurde allerdings ebenfalls verdeckt und wurde verschleiert und stattdessen ging ganz viel Entscheidungskompetenz auf sein Beratungsteam.
00:58:49.74
stefansasse
und die Leute, die ihn umgeben über. Es gab auch hier keine Idee eines Rücktritts zugunsten von George Bush, was durchaus ja möglich gewesen wäre. Ich bin unsicher, wie weit er hinter den Kulissen eingebunden worden ist und wie viel das restliche nicht gewählte Team war. Aber, Entschuldigung.
00:59:07.91
stefansasse
Zumindest im letzten Jahr von Ronald Reagans Präsidentschaft, also 1987, 1988, war der Mann im Endeffekt kaum mehr zurechnungsfähig und wurde schon größtenteils quasi von seiner Umgebung gesteuert. Und das war jetzt nicht unbedingt zu Amerikas Schaden.
00:59:26.21
stefansasse
Weil eben die Leute um ihn herum kompetente und verantwortungsvolle Leute waren. Da haben wir einmal mehr bei Donald Trump das viel größere Problem, bei dem er sich mit Spindeln umgibt. Aber Joe Bidens Beratungsteam und alles, was man von ihm gesehen hat in den letzten vier Jahren,
00:59:42.33
stefansasse
Da deutet ja nichts darauf hin, dass es eine Katastrophe wäre, wenn der Mann sich abends zum Schlafen hinlegt und dann sein Chief of Staff niedrigschwellige Entscheidungen trifft grundsätzlich. Das ist keine ideale Situation oder so. Ich versuche nur darauf hinzudeuten, dass es gleichzeitig auch gar kein Automatismus sein muss.
01:00:00.42
stefansasse
dass der dann tatsächlich zurücktritt, sondern dass quasi so eine Art sanfter Entmachtung durchaus auch ein vorstellbares Szenario ist. Demokratie theoretisch unglaublich problematisch, aber gar nicht so unplausibel.
01:00:13.39
Marcel Schutz
Ja, stimmt ja voll zu. Aber genau das zeigt ja, dass wir zwei Ebenen haben. Das eine ist das, was die Administration schafft. Auch bei Trump in seiner ersten Amtszeit haben wir auch schon darüber diskutiert. Gab es viele Leute, die es gut hinbekommen haben, diese Administration irgendwie zu leiten und zu lenken, oft gegen den Willen.
01:00:33.40
Marcel Schutz
des Präsidenten. Oder sagen wir so, in einer Art und Weise, dass der Präsident nicht alle seine Vorstellungen umgesetzt sehen konnte. Und vielleicht das noch nicht mal richtig gemerkt hat, weil das eben Insiderwissen ist. Diese Verwaltungen, diese amerikanischen Regierungsadministrationen funktionieren bestens eingespielt, sind eingeölt. Dort sitzen Leute, die wissen, wie man die Regierung führt, international auch. Und wie man den Präsidenten, was will man sagen, präpariert, vorbereitet, organisiert.
01:01:03.15
Marcel Schutz
Aber auf der medialen Ebene ist genau das sehr schwer zu verkaufen, dass der Mann wirklich jetzt früher ins Bett gehen muss, zwar heute ja die Schlagzeile, es wird fast witzig, wenn man das liest, Biden will jetzt früher zum Bett gehen. Aber ich denke mir dann auch viele Menschen würden sich erstmal sagen, das ist ja auch gar keine so schlechte Idee, der muss ja auch nicht bis tief in die Nacht irgendwo rum sitzen.
01:01:19.19
Marcel Schutz
Dann kommen natürlich die Kritiker und sagen, um was, wenn er nachts um drei Uhr aufstehen muss, weil es wirklich ernst ist, ist er dann beieinander im Kopf. Dann könnte man entgegenhalten, na ja, dann gibt es aber noch den Vizepräsidenten, dann gibt es noch ein Kabinett, dann gibt es noch einen, der für das Militär zuständig ist. Also es gibt auch da eine gewisse Arbeitsteilung. Man kann, denke ich, das Argument nicht ganz ausräumen, dass, du sagst auch, Demokratie theoretisch, auch juristisch die Sache irgendwann heikel wird.
01:01:44.74
Marcel Schutz
Aber es ist eben in einer Welt, in der Bilder alles sagen, Bilder zählen, wird es gar nicht so leicht zu plausibilisieren, dass jemand Einschränkungen hat und dennoch ein gewisses Amt noch ausübt. Vielleicht ist das ja auch irgendwo
01:02:02.58
Marcel Schutz
eine Erfahrung, die für viele Menschen greifbar ist. Also wer von uns ist fähig, den Zeitpunkt zu finden, dass er wirklich sagt, im eigenen Leben, jetzt muss ich aber hier auch ein Stück weit zurücktreten. In den meisten Fällen werden die Ausmaße, wird die Relevanz nicht erheblich sein, dass man sagt, da kann ja nicht viel passieren, wenn er da mal Mist baut oder so. Aber es ist etwas, was für viele Menschen irgendwo ja durchaus
01:02:27.36
Marcel Schutz
greifbar ist, die Erfahrung, dass du an einen Punkt kommst, wo es nicht mehr wunderbar funktioniert, irgendwann im gehobenen Alter, hoffentlich dauert es noch eine Weile.
01:02:38.44
Marcel Schutz
Aber hört man dann einfach auf oder sagt man, man kann einen Kompromiss finden? Ich glaube, unter diesen massenmedialen, auch vor allen Dingen sozialmedialen Realitäten wird das ganz, ganz schwer. Und stell dir Racken vor, in einer Zeit, in der es Twitter schon gegeben hätte. Ich bin nicht sicher, ob es alles so funktioniert hätte.
01:02:58.70
Marcel Schutz
Heute gibt es viele, viele Momente, die mit aufgezeichnet werden, Situationen, in der der Präsident eigentlich nicht gefilmt werden sollte. Das konnte man in der Vergangenheit natürlich sehr viel besser steuern. Aber so ist es nun mal. Wir haben darüber gesprochen.
01:03:15.61
Marcel Schutz
diese mediale Betrachtung wird am Ende die Realität, die zählt, denke ich. Das wird so sein. Und auch wenn er jetzt die Kurve bekommt, was ich glaube, also ich gehe gegenwärtig davon aus, dass der Präsident bei seinem Entschluss bleiben wird und sich durchsetzen wird. Aber dieses Thema wird ihn natürlich bis zur Wahl und erst recht nach einer Wiederwahl darüber hinaus nicht mehr loslassen. Vielleicht einen Punkt noch in dem Kontext. Schäuble hat mal gesagt,
01:03:45.67
Marcel Schutz
Der wusste es natürlich, Politik ist listig. Wenn Biden, auf unseren Fall hier gemünzt, wenn Biden wiedergewählt wird, wenn er nicht wiedergewählt wird, dann wird man sagen, hätten wir doch gut einen anderen genommen, ich habe es euch doch gesagt.
01:04:00.76
Marcel Schutz
Wenn ein anderer Kandidat statt Biden genommen wird und er verliert, wird man sagen, hätten wir doch nur Biden behalten, er hätte gegen Trump gewinnen können. Und wenn Biden gewinnt, wird man sagen, er ist der Held, er hat es doch gepackt. Wie gut, dass wir keine Diskussion weitergeführt haben, ob er ausgewechselt wird oder nicht.
01:04:17.95
stefansasse
Genau, das wird alles retrospektiv verhandelt. Da wollte ich auch noch das vorher noch erwähnen, bei diesen ganzen Perspektiven von wegen irgendwelche Democrats sollen denen machten. Wer möchte denn diesen Durchstoß durchführen? Weil es nehmen wir einfach mal an zu einer Gretchen Ritmer,
01:04:33.03
Marcel Schutz
Wie ist das organisatorisch möglich? Ich habe gelesen, der Präsident muss, wie kann man ihn ersetzen? Auswechseln, schon diese Wörter, also die Technik. Die Frage ist, wie soll das möglich sein?
01:04:45.11
stefansasse
Richtig, das ist komplett unrealistisch, aber selbst wenn wir für einen Moment annehmen, irgendjemand von denen schafft das. So eine Gretchen Whitmer stellt sich hin, baut eine Koalition auf, der DNC erklärt mit 1800 Delegierten oder sowas, wir verlangen quasi den Rücktritt, Biden tritt zurück, sie wird nominiert und dann verliert sie gegen Trump.
01:05:10.90
stefansasse
Wer möchte denn das auf sich nehmen? Diese gigantische Gefahr. Ich glaube, da ist mit einer der Gründe, warum aus dem Spektrum der Democrats auch keine ernstzunehmende Challenge kommt. Wir hören ständig von irgendwelchen mid- und low-level Typen, die alle aber auch nicht namentlich genannt werden.
01:05:32.19
stefansasse
Das sind alles Hintergrundgespräche. Niemand wagt sich wirklich aus der Deckung. Alles, was Rang und Namen hat, stellt sich hinter beiden. Obama hat sich hinter ihnen gestellt beispielsweise.
01:05:43.25
stefansasse
Oder die meisten Leute halten einfach die Klappe und schauen, wie sich der Wind drehen wird. Die Einzigen, die sich in so einer Situation aus der Deckung wagen, sind die, die eh nichts mehr zu verlieren haben. Aber die sind ja gleichzeitig auch die unrealistesten, die diese Macht übernehmen könnten. Also von daher, das ist alles reine Spekulation, das ist alles ein Sorkin-Script. Also das könnte eine Episode West Wing abgeben, aber das ist nicht Realität.
01:05:52.50
Marcel Schutz
Vielen Dank für’s Zuschauen.
01:06:06.65
stefansasse
Und deswegen sehe ich das genauso wie du. Der wird versuchen, das jetzt auszuhalten. Der wird seine Kandidatur voll durchbringen. Und ich gehe davon aus, dass die Democrats da mitmachen werden, einfach aus Mangel an Alternativen. Das ist zu kurzfristig.
01:06:22.31
stefansasse
Jeder Versuch, das jetzt noch umzuwerfen, ist ein Desaster, das nur darauf wartet zu passieren. Und jeder, der daran beteiligt ist, kann seine Karriere goodbye küssen. Wenn die jetzt einfach die loyalen Parteisoldaten spielen, das ganze Spiel mitmachen und dann verliert Biden, was weiß ich, mit 80.000, 90.000 Stimmen gegen Trump, dann kann jeder von denen morgens noch in den Spiegel schauen und kann weitermachen.
01:06:45.32
stefansasse
Wenn die einen solchen Coup mitmachen, das ganze Chaos dazu managen und versuchen, das aller Wahrscheinlichkeit nach nicht schaffen und dann verlieren, deren Karrieren sind beendet und sie werden von all ihrem Umfeld immer verantwortlich gemacht werden, dass sie es quasi verkackt haben, allein aus dieser rein menschlichen Situation heraus, glaube ich nicht.
01:07:05.90
stefansasse
dass es da einen breiten Aufstand geben wird. Einfach weil es viel zu unrealistisch ist, dass da irgendwas rauskommt. Aber all diese Faktoren werden überhaupt nicht bedacht. Stattdessen kriegen wir irgendwelche Fantasieversionen. In der Zeit haben sie sich jetzt nicht entblödet, Michelle Obama schon wieder aufs Tablett zu bringen. Das war 2016 eine bekloppte Diskussion, das war 2020 eine bekloppte Diskussion.
01:07:25.59
stefansasse
Und es ist 2024 erst recht eine beglaubte Diskussion. Wenn du mit solchen Fantasiekandidatinnen wie Michelle Obama arbeiten musst, das sagt mir doch schon alles, was ich wissen muss.
01:07:38.40
Marcel Schutz
Ich glaube, nach dieser Geschichte hier, wenn das jetzt so verläuft, wie wir es erwarten, ja, also der Parteitag kommt, die Nominierung kommt, was vielleicht mal eine, ich finde, eindrucksvolle Bilanz sein könnte, dass so ein ungemein komplexes, riesiges, politisches Präsidentschaftssystem und der gesamte mediale Apparat, der dahinter hängt, also der da überschreibt und diskutiert und Pläne entwickelt und Strategien,
01:08:08.39
Marcel Schutz
dass diese ganze riesige Komplexität am Ende, dieser ganze Apparat, diese Aufwendungen, diese Energien, die da hineinschließen, das alles irgendwie jetzt zu ändern und zu wechseln, fast schon brachial am Ende scheitert an der Frage, ob dieser Mann in diesem Amt will oder nicht will.
01:08:29.17
Marcel Schutz
Also, dass man tatsächlich sehen kann, wie einfach es in gewisser Weise wieder ist. Wie einfach am Ende sich die Dinge entscheiden. Und ich glaube, die gegenwärtige Frustration und dieses gegen eine Wand Laufen vieler Publizisten, die sich bestimmt auch mit ehrlichen Motiven, das will ich sagen, mit ehrlichen Motiven in den USA da bemühen,
01:08:52.38
Marcel Schutz
einen guten Kurs hinzubekommen, zu sagen, Mensch, das muss doch möglich sein, dass wir hier einen Präsidenten haben, der fit ist und das Land vernünftig führt. Wir können doch jetzt nicht so weitermachen. Das mögen ja auch redliche Motive sein. Aber am Ende ist es auch vielleicht ein Missverständnis, dass Person und Amt nicht einfach verschmolzen sind, dass man nicht sagen kann, komm, Joe, jetzt sei doch mal einsichtig. Ich habe oft in der letzten Zeit darüber nachgedacht, dass man
01:09:21.99
Marcel Schutz
Natürlich bei einem solchen exponierten exekutiven Amt wie dem des amerikanischen Präsidenten, der sogenannte mächtigste Mann der Welt. Wir kennen alle diese Aufladung. Dieses Amt, das so viel Strahlkraft hat, das so viel Ausstellung hat, dass man am Ende dazu neigt, relativ stark über die Person zu gehen und gewissermaßen auf kumpelhafte Art und Weise
01:09:47.12
Marcel Schutz
menschlichen Einfluss gelten, aber es bleibt immer noch ein Amt, das mit einer Autorität verbunden ist, das auch mit einem Recht der Distanzierung gegenüber Angriffen verbunden ist, das mit dem Recht verbunden ist, sich nichts sagen zu lassen, was man sich nicht sagen will.
01:10:06.42
Marcel Schutz
Das muss man einfach auch mal anerkennen. Das ist sehr interessant, finde ich, wie man einerseits immer betont, der amerikanische Präsident als sozusagen das mächtigste Amt der Welt, aber in Tagen wie diesen scheint ein bisschen die Lösung zu sein. Kann man den nicht einfach bequatschen, dass er endlich aufhört? Also es wirkt so unglaublich trivial an der Stelle.
01:10:28.69
Marcel Schutz
Und ich vermute, dass das ein Missverständnis ist, zu sehr zu meinen, dass man hier den guten alten Joe von nebenan einfach ein bisschen bequatschen müsste. Dafür ist dieser Mann auch durch sein Amt
01:10:45.18
Marcel Schutz
in seinem Habitus, in seiner ganzen Person geformt und geprägt worden. Und vielleicht ist das auch ein Stück weit die Hybris, die du angesprochen hast. Wer ein solches Amt übernimmt, erfährt eine gewisse Überformung auch durch das Amt.
01:11:00.35
Marcel Schutz
Und das immunisiert gegenüber Zugriffen, die auf reine Überzeugungskunst oder Rationalität setzen nach dem Motto, das musst du doch einsehen und jetzt lass mal los und lass mal die Jüngeren ran und Michelle Obama würde doch gegen dich viel besser dastehen. Das sind Konstruktionen, die letztendlich scheitern müssen, die nicht sozusagen den Kern einer solchen Autorität ausmachen. Die Macht dieses Amtes besteht darin,
01:11:29.22
Marcel Schutz
sich von solchen persönlichen Zugriffen fernzuhalten bzw. sie abzuwehren.
01:11:36.66
stefansasse
Stimme ich dir völlig zu. Ich werde noch eine weitere Dimension reinbringen, weil was überüber wir noch gar nicht geredet haben in dem Zusammenhang ist die Polarisierung. Der Kevin Drum hat in einem Artikel eine sehr interessante Frage gestellt. Er hatte jetzt in den letzten Tagen auch vehement dafür argumentiert, dass Biden zurücktreten sollte. Und er hat in einem seiner Blogbeiträge, hat er gefragt,
01:11:56.80
stefansasse
Wie würde ich reagieren, wenn der Gegner von Joe Biden nicht Donald Trump wäre, sondern mit Romney? Weil er hat dann auch gesagt, ich hoffe oder bilde mir ein, dass ich quasi aus Verantwortungsgefühl quasi mit Romney wählen würde. Ich habe keine Ahnung, ob ich es tatsächlich machen würde, aber das wäre zumindest das, was wir immer behauptet haben, wie man reagieren sollte.
01:12:21.97
stefansasse
Und die Geschichte ist, diese Frage müssen sich die Democrats aber überhaupt nicht stellen. Also völlig egal sozusagen, wie man zu dieser ganzen Affäre Biden steht, die Wahl von Donald Trump ist völlig ausgeschlossen. Das heißt, diese Debatte läuft quasi nur eine Hälfte davon. Nämlich die Hälfte können wir Joe Biden durch irgendeinen anderen Democrat ersetzen.
01:12:47.58
stefansasse
Die Vorstellung, dass wir quasi sagen, ja fuck it, wenn du weitermachst, dann wählen wir deinen Gegner, das ist kein realistisches Bedrohungsszenario. Und das weiß Joe Biden natürlich. Das ist quasi das erste Mal, dass diese Polarisierung den Democrats hilft. Oder zumindest einem Democrat statt den Republicans. Bisher haben hauptsächlich die davon profitiert, weil sie es eben geschafft haben einen kriminellen Putschisten, Protofaschisten und Serien-Lügner.
01:13:15.01
stefansasse
ins Amt zu hieven und dort zu halten, einfach nur, weil er aus republikanischer Sicht immer besser ist als die Alternative. Und dasselbe gilt jetzt natürlich auch hier, weil ein seniler Joe Biden ist immer noch besser als ein Faschist. Und zwar unter anderem wegen der Argumentation, die ich vorher schon gebracht habe. Im schlimmsten Fall hast du immer noch Kamala Harris. Im schlimmsten Fall hast du immer noch ein kompetentes Team um den rum. Das kannst du dir quasi beliebig schönreden.
01:13:42.07
stefansasse
Aber auf gar keinen Fall wirst du die Gegenpartei wählen. Das sieht man ja erneut an diesen Umfragen. Ansonsten wäre Donald Trump um die zwei Prozent die beiden verloren hat hochgegangen. Das ist er aber nicht. Stattdessen geben die Leute an, dass sie jetzt RFK wählen oder Jill Stein. Was im Endeffekt nur eine andere Art zu sagen ist, ich gebe jetzt hier gerade mein Unwillen zum Ausdruck. Das ist ja gar nicht so wahrscheinlich, dass die das dann tatsächlich tun.
01:13:52.50
Marcel Schutz
Das war’s für heute.
01:14:07.98
stefansasse
Und auch diese Umfragen, in denen jetzt plötzlich eben so jemand wie Gretchen Whitmer in den Umfragen Joe Biden anführt, das ist ja völlige Fantasie. Die meisten Leute wissen ja gar nicht, wer das ist. Also wäre die dann die reale Kandidatin, dann würden ihre Umfragewerte auch sofort absinken. Das sieht man jede Wahl aufs Neue. Hillary Clinton hatte Beliebtheitswerte von über 70 Prozent, bis sie Kandidatin wurde. Also das sind immer die Dinge, die ständig vergessen werden in diesen Betrachtungen.
01:14:38.30
Marcel Schutz
Ich glaube, was man sehen muss, ist, dass Trump, er hat sein Potenzial bei den Wechselwählern, das ist das Potenzial, das er ausschöpfen kann. Und das kann genügen, genauso wie es bei beiden genügen kann. Was man bei ihm sehen muss, ich hab das vor einigen Tagen mal so genannt, er ist dabei, eine gewisse Präsidentialität wieder aufzubauen. Und dazu mag man jetzt sagen,
01:14:43.08
stefansasse
Untertitel im Auftrag des ZDF, 2021
01:15:03.20
Marcel Schutz
Wie kann man das behaupten? Dieser Mann ist doch einfach nur schrecklich. Aber ich würde sagen, wir müssen natürlich immer bei unseren Bewertungen unsere Augen führen. Das sind Perspektiven, die inneramerikanisch ganz anders teilweise aussehen. Schon die Tatsache, dass er in diesem Duell oft fast so mitleidig zur Seite geschaut hat nach dem Motto, was sagt denn da der alte Mann? Und ich habe es nicht verstanden, was er wollte. Ich glaube, er hat es selbst nicht verstanden. Trump baut in gewisser Weise eine Präsidentialität auf.
01:15:33.61
Marcel Schutz
die er, wie ich finde, in der Vergangenheit gar nicht erreicht hat. Und das liegt auch daran, weil er in einer enormen, das müssen wir noch hier hinzufügen, er hat eine enorme Professionalisierung seiner Organisation, ideologisch, in den Kapazitäten auch. Es heißt immer, er steht finanziell etwas schlechter da als die beiden Kampagnen und so, aber lassen wir das mal außen vor. Der ideologische Kern ist maßgeblich, der Apparat, der Background.
01:15:59.77
Marcel Schutz
Und das bedeutet natürlich, dass der Trump-Kandidat des Jahres 2024 auf jeden Fall stärker sein wird als der des Jahres 2020. Das muss man wohl sagen. Und Biden ist auf jeden Fall 24 schwächer als 20. Das sind wahrscheinlich die Ausgangsbedingungen. Und die Frage ist, wer hat am Ende, ist ein bisschen wie im Klick, wer hält 15 Minuten länger durch oder wie das heißt, wer hat am Ende die
01:16:28.46
Marcel Schutz
einige tausend Stimmen mehr, um im Elektorensystem tatsächlich auf die Zahl zu kommen, die notwendig ist, um die meisten Wahlmänner zu vereinen. Und das sind eben zwei, drei, vier Staaten, in denen das erforderlich wird. Ich will noch einen Gedanken hineinbringen zu der Überlegung,
01:16:47.93
Marcel Schutz
Trump, Biden, diese Konstellation Feuer und Wasser. Ich hatte es heute schon angesprochen. Es ist auch, wenn man so sagen will, spieltheoretisch interessant. Beide Kandidaten sind im Prinzip schwache Kandidaten oder defizitierte Kandidaten. Aber, und das scheint mir schwer in Köpfe auch hineinzugehen, gerade weil
01:17:05.90
Marcel Schutz
beide Seiten schwache Kandidaten haben, sind diese Kandidaten so aufeinander angewiesen in dieser Konstellation? Also keine Seite muss davon ausgehen, dass die andere Seite eine überragende Siegesschance hat, sondern eine ziemlich ähnliche Konstellation. Es ist nicht der Wunschkandidat. Man hat keine großen Potenziale, die Wählerschaft auszubauen. Man polarisiert die Gegenseite. Double-Hater ist, glaube ich, so ein Begriff, der dort besteht. Die Leute wollen eigentlich beide nicht.
01:17:36.39
Marcel Schutz
Und im Hintergrund, das ist glaube ich zentral für diesen Gedanken, dass man so eine Art
01:17:43.05
Marcel Schutz
Gleichmäßigkeit der Schwäche hat. Im Hintergrund hat man aber relativ starke Apparate. Du hast es angesprochen bei beiden. Es gibt eben nicht nur beiden. Und auch in der nächsten Amtszeit von beiden wird es nicht diesen einen Präsidenten geben, der einfach nur dadurch die Gegend stolpert. Sondern erst recht wird man darauf achten, dass die Administration Einfluss nimmt auf diesen Mann. Einfluss darauf nimmt, wo er und wie er spricht und wie er selbst symbolisch immerhin Einfluss nimmt.
01:18:11.14
Marcel Schutz
auf das Weltgeschehen im Zweifelsfall. Und bei Trump wird es ähnlich sein. Trump wird kein Präsident sein, der dem Apparat diktiert, wie er sich jetzt nach Tageslaune die Welt vorstellt, sondern er hat auch, glaube ich, begriffen, das ist ein Teil der Professionalisierung von Trump, ja, der Professionalisierung von Trump, er hat begriffen,
01:18:28.17
Marcel Schutz
dass er diesen starken Apparat, diese Steuerung auch benötigt, diese Ideologie, die Foundation, die da im Hintergrund diese Papiere schreibt für 25, wie der Staat umgebaut wird, wie man sicherstellt, dass das Alte Amerika wieder zum Zuge kommt und alle diese Ideen, die da bestehen. Also wir haben zwei relativ schwache Kandidaten, schwache Präsidenten möglicherweise, an und für sich betrachtet, aber starke Figuren und starke Organisationen und Einflussnahmen im Hintergrund. Und das ist aus meiner Sicht eine Konstellation, die deshalb bis heute so bestehen bleibt,
01:18:58.68
Marcel Schutz
Weil man eigentlich für beide Seiten, für beide Seiten hast du ähnliche Chancen und Risiken, die du ausmachen kannst. Und das ist eigentlich eine Konstellation, die beiden Seiten bis zum Schluss, bis zur Wahlnacht gute Siegesschancen in Aussicht stellt.
01:19:17.74
stefansasse
Ja, ich will wirklich nochmal dir voll zustimmen und den Punkt betonen, diese Professionalisierung, weil mir das ganz viele Leute völlig zu übersehen scheinen. Die gehen davon aus, dass eine Trump-Präsidentschaft ab 2025 genauso aussehen würde, wie die ab 2017.
01:19:33.56
stefansasse
Und das halte ich für eine ganz, ganz schwerwiegende Fehleinschätzung. Alles, was wir sehen von diesem Project 25, von den ganzen Thinktanks im Hintergrund, von den Personallisten, die die haben, das hatten die 2016 alles überhaupt nicht, weil die ja gar nicht damit gerechnet haben, dass sie gewinnen könnten.
01:19:51.44
stefansasse
Das war ja ein totaler Flug 2016. Das war das unwahrscheinlichere Ergebnis. Das haben die Leute auch vergessen. Die Schätzung von Nate Silver damals, dieses 2 zu 1, das war ja realistisch. Was die Leute damals nicht verstanden haben und was sie bis heute vergessen haben, ist, dass 2 zu 1 halt nicht 100 Prozent ist, sondern nur 2 zu 1. Kann dumm laufen und in dem Fall lief es dumm. Und dieses Mal haben wir ein 50-50.
01:20:17.98
stefansasse
Das bedeutet, die Chancen sind ziemlich ordentlich und diese Leute bereiten sich jetzt seit mehreren Jahren darauf vor. Das lassen die nicht noch mal zu. Die haben den kompletten Parteiapparat. Alles, was von der alten republikanischen Partei übrig war, ist tot. Komplett. Das existiert nicht mehr. Es wird nicht noch mal passieren, dass irgendwelche Leute da in Regierungsverantwortung kommen, weil deren Schnauzbar Trump gefallen hat, als er mit ihnen gesprochen hat, wie das bei John Bolton der Fall war.
01:20:45.14
stefansasse
Oder dass er den Namen mochte, wie bei diesem, wie hieß der Mann, Mad Dog oder sowas, der Spitzname.
01:20:53.66
Marcel Schutz
Aber bei dem Schnauzbaden, müssen wir hinzufügen, eigentlich mochte er keine Schnauzbade, denn sein Vater, er erinnerte ihn immer an seinen Vater und den Schnauzbad des Vaters mochte er schon nicht. Aber bei Trump ist halt alles nach Tageslaune.
01:21:06.39
stefansasse
Genau das. Also der Punkt ist einfach, das wird nicht nochmal passieren. Da wird das nächste Mal hochprofessionelle Ideologen in Machtpositionen hieven. Da kriegen wir dann nicht mehr einen, ich mache jetzt einfach mal den plakativen Vergleich, da kriegen wir nicht mehr den Hermann Göring, sondern wir kriegen den Reinhard Heydrich in die Machtposition.
01:21:26.63
stefansasse
Leute, die zwar mindestens genauso gefährlich sind, aber halt nicht so albern in der Umgebung rumlaufen. Die quasi die Substanz sind und denen der Stil relativ egal ist. Und das führt uns, glaube ich, und dann vielleicht auch zum Abschluss in so einem Art Rundtrip wieder zurück zum Supreme Court. Weil genau dort können wir das sehen. Das werden dann so Leute sein wie Daniel Gorsuch.
01:21:52.63
stefansasse
oder wie sie alle heißen, die da jetzt in den letzten Jahren an die Macht gekommen sind. Wo sich ganz, ganz viele eher im liberalen oder im gemäßig konservativen Spektrum eingeredet haben, dass die ja eigentlich gar nicht so schlimm sind. Und dann hast du da jetzt plötzlich Leute sitzen, die quasi offizielle Regierungs-, offizielle Gerichtsurteile raushauen, auf denen im Endeffekt steht, dass das Gesetz je nach Partei, die das Amt innehat, auszulegen ist.
01:22:19.58
stefansasse
Das machen die ja mittlerweile offiziell. J.D. Vance, einer der heißen Kandidaten für die Vizepräsidentschaft, der hat quasi den leisten Teil offen ausgesprochen, indem er sagt, dass diese ganzen Rechte, die der Supreme Court als bestätigt hat, gelten natürlich nicht für Biden, sondern nur für Trump. Und ich habe keinen Zweifel, dass der Supreme Court das bestätigt.
01:22:37.36
stefansasse
Also diese ganzen Urteile, was du vorher angesprochen hast, diese Stärkung des Präsidentenamtes, die gilt nur für republikanische Präsidenten. Und das machen sich die Leute, glaube ich, überhaupt noch nicht klar, was da an Professionalisierung in dem Lager passiert ist.
01:22:55.72
stefansasse
Und wie groß diese Gefahr ist. Und wenn die beiden Kampagne es quasi schafft, das begreiflich zu machen, dann wird die Frage der Senilität eine zwar nervige sein, aber dann hält man sich ja quasi die Nase zu und wählt trotzdem. Und ich denke, das ist der Effekt, auf den Joe Biden baut. Und es ist nicht komplett unrealistisch, dass es passiert.
01:23:17.76
Marcel Schutz
Interessant ist auf jeden Fall auch in dem Zusammenhang, dass dieses Urteil jetzt solche Abstrahlung oder Folgewirkung auf alle Verfahren Donald Trumps ausübt. Man weiß noch nicht genau, ob dadurch alle Verfahren fallen, aber das Potenzial ist erstens da. Es geht ja vor allen Dingen um das Thema, dass Beweise nicht aus der Amtszeit übernommen werden dürfen.
01:23:43.57
Marcel Schutz
Und das führt dazu, dass eigentlich ein schon völlig abgeschlossenes Verfahren, abgeschlossen geglaubtes Verfahren vor einem Monat, wo jetzt eigentlich nächste Woche das Urteil erfolgen sollte, das wird jetzt verschoben, weil man die Beweise angreift. Der Sachverhalt liegt vor der Ernstzeit, aber man greift die Beweise an oder
01:23:44.84
stefansasse
Vielen Dank für’s Zuschauen.
01:24:05.79
Marcel Schutz
behauptet, die Beweise sind nicht zulässig, weil sie wiederum aus der Amtszeit genommen wurden. Das ist eine Konstellation. Vor einem Monat hatte das niemand auf dem Schirm. Man ging fest davon aus, das kriegt er nicht mehr aus der Welt. Jetzt ist er wirklich verurteilt. Jetzt bekommt er echt eine Strafe aufgebunden.
01:24:21.94
Marcel Schutz
Bis zum Duell konnte man Trump als verurteilten Straftäter darstellen. Wenn es gut für ihn läuft, dann wird er am Ende als jemand aus der Sache rausgehen, der überhaupt gar nicht verurteilt ist. Obwohl man schon dachte, er ist verurteilt. Das kann ja alles wieder kassiert werden. Also ich will sagen,
01:24:37.98
Marcel Schutz
die Wirkungen auf dieses Thema der Verfahren, die ganze Legislatur ist jetzt dadurch geprägt gewesen, dass man sagte, es kann doch nicht sein, dass ein verurteilter Straftäter wieder Präsident wird oder jemand, der so viele Verfahren am Hals hat. Ja, so ganz nebenbei am Ende im Wahlkampf selbst kommen wir an einen Punkt, wo man feststellt, diese ganzen Verfahren könnten mehr oder weniger aus der Welt gebäumt werden. Und das ist natürlich wieder so eine
01:25:03.51
Marcel Schutz
Völlig verrückte Trump-Konstellation. Ich meine, er ist ja nicht der Architekt dahinter. Trump ist ja nicht das Hirn, das das alles organisiert. Aber Trump hat eine gewisse Machtökologie oder eine strukturelle Kraft und Bindung bis eben in den obersten Gerichtshof mit seinen Besetzungen, die er durchgeführt hat,
01:25:26.97
Marcel Schutz
die ihn tatsächlich privilegiert, auch in diesem Wahlkampf ganz sicher. Also davon muss man auch ausgehen, dass das Urteil nicht schadet. Wobei, Biden hat eigentlich vorgestern versucht, diesen Spin aufzumachen. Ich weiß gar nicht, ob seine Partei das verstanden hat oder die sind da nicht darauf aufgesprungen. Biden hat eigentlich gesagt, ja, guckt mal, Judikative fällt eigentlich aus. Das ist nicht sein Wording, aber das war eigentlich der Tenor.
01:25:50.18
Marcel Schutz
Ihr müsst mich wieder wählen, damit ich dafür sorge, dass nicht dieser Mann ins Amt kommt, der garantiert Maßnahmen ergreifen wird, für die er später nicht bestraft werden kann. Kann ja sein, dass Trump am Ende die Maßnahmen, dass das denn noch kassiert wird, aber er muss halt keine Strafen mehr fürchten, also kann er es versuchen.
01:26:05.88
Marcel Schutz
Und ich glaube, da würde man jetzt mal, wenn man darüber nachdenkt, wenn ich jetzt zur Parteistrategie wäre, dann würde ich sagen, Mensch, das könnte die Lösung sein. Wir müssen die Linksliberalen jetzt wachbütteln und müssen sagen, guckt mal, was auf dem Spiel steht. Es geht gar nicht mehr um Joe. Es geht darum, dass überhaupt ein Demokrat gewinnen muss, weil wenn Trump kommt,
01:26:26.94
Marcel Schutz
dann wird er es auch ausnutzen. Und man kann davon ausgehen, dass auf die eine oder andere Weise sicherlich Trump Gebrauch machen wird von seinen Rechten. Er war immer davon überzeugt, dass der Präsident viel mehr tun müsste. Das hat er schon am Anfang gesagt. Das hat er den Leuten die ersten Wochen auf dem Golfplatz erzählt. Er hat gesagt, wie ich bin der Präsident, ich kann ja gar nichts machen. Denn ein amerikanischer Präsident lernt eben sehr schnell. Wenn er gegen alle schießt, wird er auch keine Freunde haben. Dann kommt er nicht weit.
01:26:51.17
Marcel Schutz
Und das hat er registriert. Und Biden, so dachte ich, versucht, diese Story aufzumachen, aber die sind gar nicht darauf angesprochen. Und das ist natürlich ein Problem. Eigentlich hat der Präsident eine Idee, wie er es hinbekommt. Aber wenn die Partei sagt, Joe, wir wollen immer darüber sprechen, dass du amtsunfähig bist, dann kann er natürlich auch nichts mehr weisen. Also ich meine, es liegt jetzt einerseits an ihm, ob er die Wahl gewinnt, ein Stück weit, aber auch an seiner Partei. Und wenn die ihn desagruiert, dann kann auch der jüngste und tollste
01:27:20.14
Marcel Schutz
Gouverneur von Kalifornien und wie auch immer, niemand kann das hinbekommen, wenn die Partei sagt, wir unterstützen dich nicht. Wir haben auch vergangene Erfahrungen mit Präsidenten, die nicht mehr ihre zweite Wiederwahl geschafft haben, weil die Partei mit Zweifeln angefangen hat. Und wenn man mit Zweifeln anfängt, dann ist eine gute Chance dafür gegeben, nicht die Wiederwahl.
01:27:44.07
Marcel Schutz
zu meistern, weil die Leute das Gefühl haben, der ist abgeschrieben, der wird es nicht mehr und der ist schwach und die Partei glaubt selbst nicht an ihm. Also das ist wirklich eine Lage für die Demokraten, die problematisch ist. Eigentlich kriegen Sie da gerade ein Urteil, mit dem Sie ziemlich gut, ich spreche jetzt alleine aus Demokraten Perspektive, wenn ich in dieser Partei mich jetzt sehen würde, das wäre eigentlich eine Story, um von beiden abzulenken. Was tun Sie? Wir wollen nicht darüber reden. Wir wollen über Joe’s Amtsunfähigkeit sprechen.
01:28:13.28
stefansasse
Ja, man verliert nie Geld, wenn man darauf wettet, dass Linke sich selber in den Fuß schießen. Ich glaube, das ist echt. Ob man in Deutschland die Grünen oder die SPD anschaut und von der Linkspartei gar nicht jetzt zu sprechen, die Democrats in den USA, das ist völlig egal. Das klingt irgendwie immerhin nicht, das beeindruckt mich immer wieder.
01:28:30.69
Marcel Schutz
Man sagt den Demokraten, ich hab das häufiger gehört von so US-Analysen in der Politik, man sagt tatsächlich, dass die Demokraten sehr viel mehr als die Republikaner dieses Himmelhochjauchzen zu Tode betrübt haben. Eben noch euphorisch, oh toll, wir werden die Wahl gewinnen. Und schon im nächsten Moment, alles geht unter, Donald Trump kommt wieder ins Amt. Das ist interessant, dass man irgendwie sieht, ich meine, Trump und seine Magerbewegung ist ja dem gegenüber
01:29:00.84
Marcel Schutz
mega konstant, gleichmäßig, gechillt, entspannt. Ich meine, die sind überhaupt nicht entspannt, die sind akto. Aber es bleibt alles gleichmäßig. Du kannst das sehen. Auch die Republikanische Partei, auch das Establishment der Republikaner. Für die ist jetzt seit einem halben Jahr klar, dass sie jetzt nicht mehr gegen Trump schießen. Die werden ja ein Teufel tun. Also Trump hat jetzt tatsächlich bewiesen, dass er es wirklich wieder kann.
01:29:23.67
Marcel Schutz
Und was geschieht bei den Demokraten? Du hast einen Auf und einen Ab. Das habe ich mehrfach gehört von Leuten, die sich da gut mit auszukennen scheinen, dass sie sagen, bei den Demokraten musst du immer Angst haben, dass sie von jetzt auf gleich die Nerven verlieren und damit sich selbst beschädigen.
01:29:38.69
stefansasse
Wie gesagt, das sind nicht nur die Democrats. Das ist ein allgemeines linkes Phänomen. Ich habe vor 14 Jahren einen Artikel darüber geschrieben. Ich habe den genannt zwischen Triumph und Verrat. Das weiß ich immer noch. Deswegen schwanken die immer zwischen diesen Extremen. Da gibt es auch einen ganz, ganz großartigen Artikel von Jonathan Jade dazu, glaube ich auch. 2010, 2011 hat er das geschrieben.
01:29:57.89
stefansasse
wo er darüber gesprochen hat, dass die Liberals, also quasi die amerikanischen Progressiven, immer die quasi zurückschauen auf irgendwann früher damals als noch echte Politik gemacht wurde quasi und jedes Mal wenn man zurück geht, stellt man fest, dass sie damals genau das gleiche gesagt haben. Also es gibt diese mythische Vergangenheit nicht.
01:30:18.24
stefansasse
Aber dieses Auf und Ab, wie gesagt, man kennt es aus allen linken Parteien. Es ist einfach eine Eigenschaft dieser politischen Richtung, während die Konservativen und Rechten, wie du schon sagst, deutlich konstanter sind oder zumindest loyaler gegenüber ihren Kandidaten. Und mir scheinen auch die Democrats und wie gesagt alle anderen progressiven Parteien,
01:30:37.02
stefansasse
Die machen einerseits dieses öffentliche Zweifeln an den eigenen Leuten, was wir jetzt auch sehen können, das entspringt einem Bedürfnis intellektueller Ehrlichkeit, glaube ich, das ihre Gegner einfach nicht teilen. Das sind wir wieder bei dieser Asymmetrie.
01:30:52.38
stefansasse
Die wollen gesehen werden als ehrliche Personen sozusagen. Und dazu gehört, dass man die eigene Seite kritisiert, wenn die eigene Seite Scheiße baut. Und das ist ein Impuls, den hat die Gegenseite nicht. Die existiert einfach nicht. Das sieht man in Deutschland, da wird die CDU einen Teufel tun und den Spahn für seine Maskendeals kritisieren. Das sieht man in den USA, wo die Republicans kein Wort über Trump sagen werden.
01:31:20.100
stefansasse
Und es zieht sich auch in die Presse entsprechend rein. Also in Fox News oder sowas. Never ever würden die so reagieren wie die New York Times oder The Atlantic oder sowas. Oder wie hier in Deutschland. Die Taz wird, die da teilweise deutlich kritischer mit ihren eigenen Freunden quasi ins Gericht geht. Also in News würde niemals, würden die eine ähnliche Kritik formen.
01:31:46.24
stefansasse
Und es ist einfach eine grundlegende Asymmetrie, die den Linken immer und immer wieder im Weg steht. Es ist gleichzeitig natürlich auch eine positive Eigenschaft, auf die sie grundsätzlich stolz sein können, aber es steht ihnen halt massiv im Weg. Und das sieht man an der Stelle, glaube ich, wieder gut.
01:32:00.11
Marcel Schutz
Ja, man merkt es ja auch, wie stark sich jetzt also in den USA sehr viel mehr als bei uns noch üblich, dass jetzt alle möglichen Professoren von den führenden Fakultäten ihre Beiträge schreiben und gewissermaßen sagen, ich muss sprechen, ich muss mir die Seele. Also das ist, das hast du eben, glaube ich, selbstverständlich bestieben, dieses Bedürfnis nach intellektueller Ehrlichkeit und natürlich auch eine, wir machen das ja auch gerne in diesem Kontext, dass man sagt, lass mal überreden und die ganzen Defizite diskutieren und so.
01:32:25.47
Marcel Schutz
bei Trump und in der Magerbewegung, vielleicht nicht mal in dem Establishment der republikanischen Partei, aber in der Magerbewegung ist natürlich der Clou, dass man nicht so viel diskutiert. Dass man einfach Dinge nicht zerredet. Und wenn du darüber sprichst, dann im kleinen Kreis, aber gebe deinem Feind sozusagen kein Futter. Und das kannst du in einer liberalen, intellektuell offenen, freisinnigen,
01:32:52.50
Marcel Schutz
Milieu-Struktur weniger durchhält und willst es auch nicht, weil man sagt, nee, ich will ja nicht nur hier Machtpolitik machen, es ist halt auch so ein unterschiedlicher Umgang mit Politik. Am Ende könnte man ja sagen, etwas hart gesagt,
01:33:06.30
Marcel Schutz
Politik lebt ein Stück weit eben auch davon, dass man eine Show abzieht. Aber wenn du den Anspruch hast, wir müssen über alles reden, alle Fehler müssen auf den Tisch und so, das ist ein Ideal, das wir alle haben. Das ist unser Bedürfnis, dass wir in einer Demokratie leben, in der alles super transparent auf den Tisch gelegt wird, mega deliberativ. Am Ende des Tages aber, wenn es um die Macht geht, erst recht um die Macht, über die wir heute Abend hier sprechen, ist nicht irgendein Amt.
01:33:32.04
Marcel Schutz
Dann kann man sich leicht vorstellen, dass solche fast schon primitiven archaischen Formen des Machterhalts und Machtaufbaus, Stichwort populistische Bewegungen, wirksamer sind. Ob sie gefährlich sind, da ist keine Frage. Natürlich ist das irgendwo auch zersetzend. Aber wenn es darauf ankommt, und ich denke das vielleicht als einen Gedanken noch,
01:33:54.10
Marcel Schutz
Wenn du dann dieses Duell anschaust und siehst Trump in seiner Vitalität oder zumindest in seiner vermeintlichen Vitalität und siehst Biden in seiner Schwäche, dann erregst du zumindest bei den berichtigten Wechselwäldern am Ende möglicherweise das Empfinden, dass man sagt, der Typ ist eigentlich gefährlicher, aber wir leben in einer Zeit, wo man auch jemanden
01:34:17.89
Marcel Schutz
jemand benötigt, der durchgreift. Und da kann ich mir schon vorstellen, dass diese Machtausstrahlung, diese Kraft, die immer noch Trump gegeben ist, durchaus einige motiviert zu sagen, ich muss diesen Mann am Ende dann doch wählen, weil der andere ist für mich nicht wählbar. Und das natürlich gegenüber
01:34:34.90
Marcel Schutz
allem, was man sich so vorstellt, vor vier Jahren eine Umkehr der Verhältnisse. Vor vier Jahren haben dann Leute gesagt, ich muss jetzt Biden wählen, um Trump zu verhindern. Und man kann in diesen Wahlanalysen sehen, dass teilweise die Leute, die Biden gewählt haben, nicht alle, aber in bestimmten Milieus wechseln zu Trump, weil sie sagen, Trump ist aber ein stärkerer Kandidat. Und jetzt haben wir einen Krieg und wir haben die Inflation, die wir vielleicht gar nicht so haben, darauf hingewiesen. Also am Ende alles auch eine Frage, ist der Typ fähig, dieses Amt auszuüben?
01:35:05.13
stefansasse
Es kommt ganz, ganz stark auf das Framing an und da komme ich wieder zu dem Punkt von meinem Anfang zurück. Es ist schlichtweg nicht absehbar, wie sich das entwickelt. Es ist relativ klar ersichtlich, was die Democrats versuchen wollen, also was quasi die Erfolgsstrategie ist, wenn sie klappt. Aber ob die klappt, haben sie letzten Endes kaum in der Hand.
01:35:25.37
stefansasse
Sie können es versuchen und ich gehe davon aus, sie werden es versuchen. Ob sie es schaffen werden, wird sich weisen. Und das ist vielleicht auch hier als Schlusswort zu sagen, es hängt wirklich wahnsinnig viel an diesen Zufällen, an diesen Wirrungen, weil es sollte für uns alle wirklich klar sein, dass wenn Donald Trump diese Wahl gewinnt, das ist nicht nur für die USA massiv schlecht, das ist auch für uns massiv schlecht.
01:35:51.56
stefansasse
Und das quasi an einer einzelnen Person dermaßen viel hängt, das ist insgesamt doch einfach wirklich kein gutes Zeichen. Deswegen, ich meine, das Schicksal Deutschlands entscheidet sich nicht daran, ob Olaf Scholz oder Friedrich Merz Bundeskanzler ist. Das eine wird für ein minimal besseres oder minimal schlechteres Ergebnis sorgen und wir können jetzt darüber streiten, welches welches ist.
01:36:13.78
stefansasse
Aber letzten Endes ist relativ klar, die Republik bleibt bestehen. Und das ist in den USA einfach nicht mehr der Fall. Und das ist ein Problem. Und da wird dann jeder, jedes Slip-Up, alles wird existenziell und lebensbedrohlich, politisch lebensbedrohlich. Und das ist eine sehr ungute Situation. Und wir müssen einfach hoffen, dass es sich zum Guten wendet und augenzuendurch, denke ich.
01:36:40.48
Marcel Schutz
Ja, ich denke vielleicht noch eine Sache. Ich glaube nicht so sehr, dass die USA insgesamt auf dem Spiel stehen. Vielleicht ist das nicht so sehr die Frage, sondern was man sehen kann, ist, dass natürlich über die institutionellen Veränderungen, die ja jetzt offenkundig sind, es gibt jetzt tatsächlich Maßnahmen einer Instanz wie dem Supreme Court. Man sieht, hier wird institutionell etwas ermöglicht, wo man vielmehr stittweise und sogar unter Einhaltung
01:37:07.12
Marcel Schutz
aller rechtlichen Gegebenheiten solche Restriktionen einführen kann, also dass es autoritärer wird, dass der Stil angezogen wird, dass das berühmte gesellschaftliche Klima sich verschärft, dass die Polarisierung fortgesetzt in den USA
01:37:23.75
Marcel Schutz
Das sind natürlich solche schleichenden Prozesse, die du über institutionelle Berechtigungen, die man dafür erhält, sei es von Richtern, sei es aus Wahlen, also dass man sagt, ich bin gewählt worden, ich habe die Autorität, Wahlen sind wichtig in den USA, der Präsident bekommt dadurch einfach auch symbolische Macht, dass man so schleichend sieht, wie institutionell Verhärtungen und Verschärfungen eingeführt werden und damit vielleicht den freiheitlichen Charakter einstecken,
01:37:53.39
Marcel Schutz
Rudolf Stichwe, Kollege, bedeutender Soziologe, hat vor zwei Wochen in den Show Notes, kann man es vielleicht verlinken, dazu einen Vortrag gehalten. Also Freiheit, freiheitliche Orientierung und autoritäre Orientierung in den USA. Alles, was wir jetzt momentan beobachten, hat letztendlich auch historische Vorläufe. Das würde weit über das hinausgehen, was wir heute Abend diskutieren können. Aber es lohnt wirklich, sich mit dieser
01:38:18.64
Marcel Schutz
auch geschichtlichen Perspektiven der USA auseinanderzusetzen. Wie sehr eben nicht nur das freiheitliche Motiv, sondern auch eine gewisse autoritäre Prägung die USA durchzieht. Und momentan, glaube ich, kann man wunderbar beobachten, wie beides sich regelrecht in einem Wettbewerb befindet. Und man weiß nicht genau, was mehr zunimmt. Also die USA werden nicht verschwinden, als die USA, die wir kennen. Aber man kann sich autoritärere Formen der Ausprägung von Freiheit vorstellen. Oder eben
01:38:49.40
Marcel Schutz
Freiheit in einer Dimension, die weniger auf autoritäre, vielmehr auf partizipative und diverse gesellschaftliche Prozesse setzt. Das ist, glaube ich, unklar. Also da weiß man nicht, was sich die nächsten Jahre durchsetzen wird. Und das macht es vielleicht auch so riskant.
01:39:07.46
Marcel Schutz
für Menschen, die sagen, ich möchte eigentlich im Land leben, wo ich nicht damit rechnen muss, dass der Präsident wieder zu nächsten autoritären Maßnahmen greift, um bestimmte Gruppen, die ihm nicht lieb sind, zu unterdrücken und am Ende auch noch vom Supreme Court bescheinigt zu bekommen. Das alles richtig gewesen ist, weil es ja offiziell im Rahmen seines Amtes geschehen ist.
01:39:27.55
stefansasse
Ja, da bin ich bei dir und ich denke, das ist auch ein gutes Schlusswort. Marcel, ich danke dir sehr für dieses anregende Gespräch und ich denke, wir werden noch vor der Wahl vermutlich wieder in diesem Gremium zusammenkommen.
01:39:38.23
Marcel Schutz
Danke.
Wieder sehr interessante Aspekte, aber mit Verlaub, auch ein wenig wie ein Sportereignis. Ich frage mich, wie das international wirkt. Die Leitmacht des „Westens“ in einem solchen Gerangel bei der Auswahl ihrer Führungsleute. Zwei Greise. Was hatten wir uns über die Gerontokratie der Sowjetunion erhoben: Bei uns werden im freien Wettstreit die Besten erkoren!
Wie wirkt das global im Wettstreit zwischen der liberalen Demokratie und den autoritären/diktatorischen Regimes? Putin wird hämisch grinsen und andere mit ihm. Die anderen Mutterländer der Demokratie geben auch kein strahlendes Bild ab.
Ein ganzes Stück das Übliche. Analytiker sollten merken, dass es Trump-Fans nicht interessiert, ob ihr Idol lügt. Sie erwarten es. Trump lügt in praktisch jedem Satz. Das ist eingepreist. Trump ist Trump, deswegen hat er seine Anhänger. Doch Biden ist eben nicht mehr Biden, er liefert nicht (mehr), was man als Bürger und Wähler erwartet. Und das ist das eigentliche Problem.
Und noch mehr: Biden liefert mit seiner Performance der Vermutung Vorschub, dass nicht er regiert, sondern gesichtslose Leute. Denn wie passt das zusammen, ein Präsident, der kaum noch einer Rede von mehr als 2 Minuten folgen kann, der sich kaum noch verständlich artikuliert und gleichzeitig eine konsequente, solide und seriöse Außen- und Wirtschaftspolitik machen kann?
Meine Mutter ist in Bidens Alter. Sie ist so topfit wie ich keinen anderen Menschen in dem Alter kenne – geistig und körperlich. Und damit mehr als wir von Biden erleben. Der Unterschied: Sie ist nicht Präsidentin der Vereinigten Staaten und nicht dem Stress und den Anforderungen eines solchen Amtes ausgesetzt. Biden fehlt offensichtlich die realistische Einschätzung seines Könnens, seiner verbleibenden Fähigkeiten und Verständnis für seine Situation wie seiner Außenwirkung.
Offenheit und Kritikfähigkeit ist immer der Schlüssel zum Erfolg. Das Gegenteil der Weg in den Untergang. Biden hat eine große Verantwortung für das weitere Schicksal der freien, demokratischen Welt. Er scheint dieser nicht gerecht werden zu wollen.