Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) Eine wirkliche Gefahr für die Verfassung
Der Artikel kritisiert die Ansicht, dass rechtliche und demokratische Strukturen allein ausreichend Schutz gegen antidemokratische Kräfte bieten. Am Beispiel von Viktor Orbáns Ungarn wird gezeigt, wie eine Regierung die Demokratie formal legal, aber gegen ihren Geist untergraben kann, indem sie die Gewaltenteilung, Presse- und Wissenschaftsfreiheit einschränkt. Diese Taktik führt dazu, dass die Regierung zwar demokratisch legitimiert erscheint, jedoch praktisch unangreifbar wird. Der Text argumentiert, dass Deutschland nicht immun gegen solche Entwicklungen ist, da auch hier autoritär-populistische Parteien, wie die AfD, ähnliche Strategien verfolgen könnten. Es wird gewarnt, dass die AfD von anderen autoritären Regierungen lernen und demokratische Institutionen zum eigenen Machterhalt missbrauchen könnte. Die Annahme, dass die Verfassung und das Rechtssystem automatisch Schutz bieten, wird als naiv dargestellt. Konkrete Beispiele aus Thüringen zeigen, wie die AfD bereits Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse nehmen konnte, ohne eine Mehrheit zu haben. Dies unterstreicht die Befürchtung, dass eine AfD-geführte Landesregierung die demokratische Ordnung ernsthaft gefährden könnte. Der Artikel betont, dass die Gefahr nicht allein in offensichtlichen Verfassungsbrüchen liegt, sondern auch in der schleichenden Erosion demokratischer Prinzipien. Die Analyse weist darauf hin, dass eine alleinige Fokussierung auf die rechtliche Dimension die politische und gesellschaftliche Realität ignoriert. Es wird aufgezeigt, dass die Demokratie aktiv verteidigt werden muss, um nicht durch autoritär-populistische Kräfte unterminiert zu werden. (Hannah Katinka Beck, Verfassungsblog)
Zu viele Leute scheinen der Überzeugung zu sein, dass die Demokratie tatsächlich deswegen sicher sei, weil bisher die demokratischen Normen gehalten haben. Diese Normen werden dann gerne, weil sie wenigstens teilweise in sakral überhöhten Verfassungsdokumenten stehen, als mindestens ebenso sicher betrachtet. Das gilt auch, solange die Teilnehmer*innen alle Demokrat*innen sind. Das BVerfG-Urteil zum Haushalt 2023 war auch deswegen ein so schwerer Schlag für die Ampel, weil die Ampel demokratischen Normen verpflichtet ist. Sie versuchten nicht, das Recht auszuhebeln oder das Gericht zu umgehen, sondern akzeptierten das Urteil. Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit, ist es aber nicht. Das System würde ihnen einen ziemlich großen, völlig legalen Spielraum einräumen – nur liegt der außerhalb demokratischer Normen und ist daher für Demokrat*innen undenkbar. Für eine extremistische Bande von Verfassungsfeinden wie die AfD gilt das alles nicht. Ihre potenzielle Beteiligung an Regierungsmacht ist deswegen wesentlich gefährlicher, als manche Apologeten das sehen wollen.
2) „Der Begriff der Arbeit wird gerade von rechts besetzt“ (Interview mit Linus Westheuser)
Das Interview thematisiert die aktuelle verteilungspolitische Debatte in Deutschland, in der die Reallöhne stark gefallen sind, während große Unternehmen hohe Gewinne erzielen. Linus Westheuser, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin, sieht darin ein Zeichen für die gesellschaftliche Demobilisierung des Verteilungskonflikts zwischen Arm und Reich. Er führt dies auf die historische Schwäche von Gewerkschaften und linken Parteien zurück, die nicht mehr in der Lage sind, den Interessengegensatz zwischen Besitzenden und Lohnabhängigen politisch zu mobilisieren. Die Diskussionen um soziale Sicherung werden zunehmend moralisiert und zwischen Lohnabhängigen ausgetragen, wobei diejenigen, die sich abmühen, sich von denen abgrenzen, die es vermeintlich leichter haben. Westheuser kritisiert, dass die politische Linke es versäumt hat, ein überzeugendes Narrativ zu entwickeln, das die Notwendigkeit einer Umverteilung unterstreicht und eine Alternative zur konservativen Rhetorik bietet. Er argumentiert, dass eine gerechte Verteilungspolitik auch die Verhandlungsposition der Arbeitenden stärken würde, indem sie weniger erpressbar macht und zu besseren Arbeitsbedingungen führt. Die derzeitige Debatte konzentriert sich jedoch zu sehr auf den Lohnabstand zwischen Sozialleistungsempfängern und Geringverdienern, was eine einseitige Perspektive darstellt. Westheuser sieht das Potenzial für eine Rückkehr des Verteilungskonflikts in die politische Agenda und betont die Notwendigkeit für linke Parteien, ein eigenes politisches Vokabular und eine Vision für eine gerechtere Gesellschaft zu entwickeln. Er mahnt, dass ohne eine Repolitisierung von Verteilungskonflikten die Existenzberechtigung linker Parteien infrage gestellt wäre. (Robert Pausch, ZEIT)
Wie bereits in einem letzten Vermischten diskutiert, ist es beinahe müßig geworden, über Ungleichheit in Deutschland zu streiten, weil einfach keine Einigkeit besteht, ob das überhaupt passiert. Ich will das einmal mehr ausklammern und stattdessen zu dem wohl unzweifelhaften Befund kommen, dass die SPD (und erst recht nicht die LINKE) den Begriff „Arbeit“ besetzt und die Grünen das weder je taten noch könnten noch wollen; kaum jemand ist von „Arbeiterklasse“ so weit weg wie diese Partei. Eine solche offene Flanke kann nicht unbesetzt bleiben, und wenn die Linke sie nicht nimmt (und die FDP kann das genausowenig wie die Grünen), bleibt nicht mehr viel. Ich stimme Westheuser auch völlig darin zu, dass a) mehr Polarisierung auf Verteilungsgerechtigkeit (was auch immer das konkret bedeutet) von links nötig ist und b) diese Polarisierung an Bedeutung zunehmen wird. Wenn die SPD das nicht macht, wird es die AfD tun.
3) Why Movements Fail
Vincent Bevins‘ Buch „If We Burn“ analysiert, warum die globalen Protestbewegungen der Jahre 2010 bis 2020 ihre Ziele größtenteils nicht erreichen konnten. Bevins konzentriert sich dabei nicht auf amerikanische Bewegungen wie die Women’s March oder Black Lives Matter, sondern auf internationale Proteste wie den Arabischen Frühling, die Proteste in Hongkong 2019, die Gezi-Park-Proteste in der Türkei, die Proteste in Brasilien 2013 und die Euromaidan-Proteste in der Ukraine. Trotz der Mobilisierung von Millionen Menschen führten diese Bewegungen nicht zu den erhofften demokratischen Veränderungen, sondern endeten oft in Gegenreaktionen autoritärer Regime. Bevins identifiziert eine Reihe von gemeinsamen Taktiken dieser Bewegungen, darunter die Besetzung zentraler Plätze, Demonstrationen, Konflikte mit der Polizei und die Blockade von Straßen. Diese Aktionsformen basierten auf einem Verständnis von Politik, das Bevins als „Horizontalismus“ bezeichnet. Dieser Ansatz lehnt hierarchische Strukturen ab und setzt auf die gleichberechtigte Teilhabe aller an Entscheidungsprozessen. Der Horizontalismus entstand als Reaktion auf die wahrgenommene autoritäre Natur traditioneller linker Organisationen und suchte nach einer demokratischeren Form des politischen Engagements. Allerdings sieht Bevins in der horizontalen Organisation und den gewählten Taktiken auch Gründe für das Scheitern dieser Bewegungen. Sie waren oft unfähig, ihre Aktionen zu koordinieren und konkrete politische Ziele durch Verhandlungen zu erreichen. Zudem fehlte eine klare Strategie, wie durch die Proteste tatsächlich Veränderungen herbeigeführt werden sollten. Viele Bewegungen verließen sich auf eine teleologische Vorstellung von Geschichte, die davon ausgeht, dass eine natürliche Entwicklung hin zu einer besseren Gesellschaft stattfindet, wenn nur genügend Druck ausgeübt wird. Diese Annahme erwies sich jedoch als trügerisch, da rechtsgerichtete Kräfte die entstandenen politischen Vakuen nutzten, um an die Macht zu kommen. Bevins kritisiert die mangelnde Bereitschaft der Bewegungen, politische Macht zu übernehmen, und die Illusion, dass spontane Massenproteste allein ausreichen, um gesellschaftlichen Wandel zu bewirken. Er schlägt vor, dass zukünftige Bewegungen sowohl eine klare Vision für die Gesellschaft haben als auch bereit sein müssen, Verantwortung zu übernehmen und konkrete politische Ziele zu verfolgen. Abschließend hinterfragt Bevins die Wirksamkeit des Horizontalismus als politische Strategie und betont die Notwendigkeit, sowohl visionär als auch pragmatisch in der Gestaltung politischer Bewegungen zu sein, um echten Wandel zu erreichen. (Samantha Hancox-Li, Liberal Currents)
Ich fand die Besprechung dieses Buchs ungemein spannend und habe es mir auch direkt bestellt. Die Idee des „Horizentalismus“ erklärt eine ganze Menge über Protestbewegungen und ihr weitgehendes Scheitern nach dem „High“ von Massendemonstrationen. Mir gibt es ein Erklärungsmuster für mein langes Beharren auf dem Wert von Organisation: nur dort, wo Organisationen bestehen, kann etwas passieren, und dieses Passieren vollzieht sich nicht ruckartig in einer Revolution, sondern durch das Bohren harter Bretter mit Leidenschaft und Augenmaß. Ich halte das Nicht-Verstehen dieser Tatsache auch für den größten strategischen Fehler der Linken (im weitesten Sinne), denn die Rechte hat schon immer wesentlich besser verstanden, wie wichtig Organisation ist. Deswegen ist sie auch wesentlich erfolgreicher im Erringen und Halten von Regierungsmacht.
4) Parlament als Bühne
Im zweiten Teil des Beitrags wird argumentiert, dass die Voraussetzungen für ein Parteiverbot gegen bestimmte Landesverbände der AfD, wie jene in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, gegeben sind. Es wird aufgezeigt, dass ein Parteiverbotsantrag auch auf Landesverbände beschränkt werden kann und dass die fraglichen Landesverbände aufgrund ihrer Ziele und des Verhaltens ihrer Anhänger die freiheitliche demokratische Grundordnung spürbar gefährden. Dies wird unter anderem mit einem ethnisch-exklusiven Volksbegriff und rassistischen Positionen gegen Ausländer und Menschen mit Migrationshintergrund begründet. Der Beitrag diskutiert zudem die Rolle der Staatsrechtslehre in der Debatte um einen ethnisch-exkludierenden Volksbegriff und kritisiert Auffassungen, die das deutsche Volk im Sinne des „ethnos“ und nicht des „demos“ verstehen, als verfassungswidrig. Es wird hervorgehoben, dass solche Konzepte die Menschenwürde verletzen und mit dem Demokratieprinzip unvereinbar sind. Abschließend wird darauf eingegangen, dass die radikalen Landesverbände der AfD mit hoher Wahrscheinlichkeit die Voraussetzungen für ein Parteiverbot erfüllen, und es wird die Notwendigkeit betont, entschlossen gegen diese Verfassungsfeinde vorzugehen. Der Beitrag kritisiert die zurückhaltende Haltung vieler Staatsrechtler und betont die Verpflichtung zur Verfassungstreue, die eindeutige Maßnahmen gegen die Bedrohung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erfordert. (Annie-Sophie Heinze, Verfassungsblog)
Ich habe bereits vor 2017 davor gewarnt zu glauben, dass – wie damals ständig gesagt wurde – der Einzug der AfD in den Bundestag (und in die Landtage) die demokratische Debatte beleben würde. Die geäußerten Hoffnungen waren stets die für mehr Auseinandersetzung und Debatte, was angesichts der bleiernen Konsenssoße der Merkel-Ära zwar verständlich, aber deswegen nicht weniger falsch war. Die AfD hat kein Interesse an einer Debatte und kein Interesse an konstruktiver Arbeit. Sie hat ein rein destruktives Interesse. Sie will zerstören, blockieren, aufhalten. Sie lebt von Chaos und Problemen. Das war 2015 absehbar, es war 2017 absehbar, es ist heute absehbar. Dass ein so grundlegender Faktor immer noch nicht allen Leuten klar zu sein scheint, die ihr Geld mit professioneller Politikbeobachtung verdienen, ist mir unbegreiflich (siehe auch Fundstück 5). Meine Vermutung ist ja, dass das ein aktives Nicht-Verstehen ist.
5) Das schwarz-grüne Missverständnis
Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender, sorgte mit seiner „#MerzMail 187“ für Diskussionen, indem er Koalitionsoptionen nach der Bundestagswahl erörterte. Während er eine Zusammenarbeit mit der AfD ausschloss, betrachtete er Koalitionen mit SPD, Grünen und FDP. Insbesondere die Erwägung einer Koalition mit den Grünen, die er zuvor als „Hauptgegner“ bezeichnet hatte, löste parteiintern Irritationen aus. Kritik kam vor allem aus den Reihen der Jungen Union und der CSU, die ideologische Differenzen betonten. Merz‘ Brief zeigt jedoch keine Präferenz für eine schwarz-grüne Koalition, sondern stellt lediglich dar, welche Regierungskonstellationen möglich wären. Er nutzt die Erwähnung verschiedener Koalitionen als strategisches Mittel, um in Verhandlungen eine bessere Position zu erlangen. Die Debatte verdeutlicht die Notwendigkeit, alle Optionen zu berücksichtigen, um eine regierungsfähige Mehrheit zu sichern. Dass er missverstanden wurde, zeige seine Kommunikationsfehler. (Stefan Kuzmany, Spiegel)
Ich halte das weder für missglückte Kommunikation noch für ein Missverständnis. Es ist ein Versuchsballon. Denn es ist doch völlig offensichtlich: die CDU braucht entweder die SPD oder die Grünen zum Regieren. Ohne einen der beiden geht es nicht. Die pflichtschuldige Erwähnung der FDP als Wunschoption ist seit 2013 völlig irrelevant. Es wird keine schwarz-gelbe Koalition geben. Merz bleibt Schwarz-Rot, Schwarz-Grün (vielleicht!) und Jamaika. That’s it. Dass da jetzt darüber geredet wird, als habe Merz etwas Bahnbrechendes gesagt, zeigt vor allem, dass die meisten Boebachtenden – gerade die Journalist*innen, die genau dafür eigentlich bezahlt werden – entweder bewusst (schlimm genug) oder unbewusst (schlimmer) elementare Gegebenheiten nicht verstehen und stattdessen Stories erzählen. Wenn dann der FDP-Generalsekretär erklärt, er tendiere zu einer Koalition ohne Grüne, hat das eine unfreiwillige Komik: einerseits, weil die FDP gerade Sorgen hat, die 5%-Hürde zu nehmen, andererseits, weil es keine Koalitionsoption ohne die Grünen gibt (sofern wir nicht in eine Deutschland-Koalition gehen, die aber überhaupt nicht diskutiert wird). Ich halte es ohnehin für wahrscheinlich, dass wir 2025 ein Hessen-Szenario erleben werden, in dem die CDU die SPD und Grünen gegeneinander ausspielt, um am Ende unter Preis mit der SPD zu koalieren.
Resterampe
a) Die deutsche Gesellschaft muss eine neue Wehrhaftigkeit auch wirklich wollen.
b) Der letzte Gallier. Hoffen wir mal das Beste.
c) Vater-in-waiting. Nachdem wir letzthin Buschmann loben konnten, muss man hier nun den Zeigefinger mahnend schwenken.
d) Urteil zugunsten von Lehrerin: Arbeitsgericht stoppt Extra-Stunde.
Fertiggestellt am 08.02.2024
d) Ich bin sehr gespannt wie sich das entwickeln wird. In meinen Augen wird die weitere Unterstützung der Ukraine (die ich absolut befürworte) real zu Wohlstandseinbußen in Deutschland führen.
Zunächst einmal werden ohnehin schon knappe Bundesmittel, die man für Infrastruktur / Bildung / Klimawandel vorgesehen hat in den Verteidigungsetat umgeleitet werden.
Da Steuererhöhungen die Regierung so nicht will, wird der Spardruck an anderer Stelle stärker werden. Ich bin sehr gespannt, welche Partikularinteressen sich dort durchsetzen werden. Meine Prognose: Wir werden ein Szenario Hartz VI, 2.0 erleben, denn die Sozialkassen sind der größte Topf, insofern wird man da ansetzen, denn dort gibt es am meissten zu holen .
Zusätzlich werden eine wie auch immer geartete Wiedereinführung einer Dienstpflicht erleben (ggf. Vorbild Schweden), sprich wir werden temporär Firmen Arbeitskräfte entziehen (was angesichts des Fachkräftemangels eine noch größere Herausforderung, aber auch Chance sein kann). Es wird auch ein Umdenken in den Firmen erfordern. Das Thema „Reserve“ wird wieder eine größere Rollen spielen (nicht nur im militärischen Sinne, sondern auch im Zivilschutz). Insofern werden Arbeitsgeber hier offener mit dem Thema umgehen müssen, wenn sie bspw. Mitarbeitende für Übungen abstellen (erneut temporärer Entzug von Arbeitskräften für den Arbeitsmarkt).
In Summe bedeutet das aber, dass das BMVG in den kommenden Jahren DAS Ministerium sein wird. Insofern ist es enorm wichtig, die Ministerialspitze gut zu besetzen und die strukturellen Defizite, die dazu führen, dass Gelder sehr ineffektiv eingesetzt werden, rasch zu beseitigen. Effektivität – das müssen sich alle Ministerien auf die Fahnen schreiben um die anstehende Herausforderungen zu meistern.
Viele Grüße
Ja, bleibt spannend. Ich bring am 5.3. im Vermischten nochmal was zu dem Thema.
Zunächst einmal werden ohnehin schon knappe Bundesmittel, die man für Infrastruktur / Bildung / Klimawandel vorgesehen hat in den Verteidigungsetat umgeleitet werden.
Es könnte tatsächlich eine Chance sein. Zurückschneiden des aufgeblähten Staatsapparates, Fokussierung auf wichtige Budgets, schlanke leistungsfähige Verwaltung, Deregulierung in vielen überbürokratisierten Bereichen.
Aber ich glaube nicht daran. Deutschland ist nicht reformierbar.
Das wird nicht passieren, weil daran niemand Interesse hat, auch die FDP nicht.
In der Tat, hat sie oft genug bewiesen.
Zu 4) … und kritisiert Auffassungen, die das deutsche Volk im Sinne des „ethnos“ und nicht des „demos“ verstehen, als verfassungswidrig.
Damit wäre also das bis immerhin 1999 geltende Staatsbürgerschaftsrecht Deutschlands seit Beginn verfassungswidrig gewesen? Schwierig …
Im zweiten Teil des Beitrags wird argumentiert, dass die Voraussetzungen für ein Parteiverbot gegen bestimmte Landesverbände der AfD, wie jene in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, gegeben sind.
Schön. Ich bin inzwischen für wirklich dringend einfach mal machen. Danach wäre dann wenigstens höchstrichterlich und für Deutschland abschliessend geklärt, ob die entsprechenden Landesverbände tatsächlich aktive Verfassungsfeinde sind. Für unsere parlamentarische Demokratie ist wenig schädlicher als die praktische Behandlung der AfD als Verfassungsfeind z.B. in Parlamenten oder im ÖRR bei gleichzeitiger Verweigerung der gerichtlichen Klärung, ob diese Behandlung gerechtfertigt ist.
Gruss,
Thorsten Haupts
Zu 4) … und kritisiert Auffassungen, die das deutsche Volk im Sinne des „ethnos“ und nicht des „demos“ verstehen, als verfassungswidrig.
Damit wäre also das bis immerhin 1999 geltende Staatsbürgerschaftsrecht Deutschlands seit Beginn verfassungswidrig gewesen? Schwierig …
Die Passage findet sich gar nicht im eigentlichen Artikel btw, vielleicht ist hier was durcheinander geraten, ich meine die kam aus dem BverfG-Urteil zur Parteienfinanzierung?
Egal, ich schreib da auch noch mal was zu, aber das Abstimmungsprinzip wie das gesamte Staatsbürgerschaftsrecht haben keinen Verfassungsrang und das ist auch nicht deckungsgleich mit einem „ethnisch-exkludierenden Volksbegriff „. Da geht es mehr um sowas wie beim Potsdam-Treffen, man kann deutsche Staatsbürger nicht ungleich danach behandeln, ob ihre Eltern/Großeltern biodeutsch oder zb türkisch sind. Wieso und seit wann man diese Staatsbürgerschaft hat, ist dem Grundgesetz schnuppe.
… das gesamte Staatsbürgerschaftsrecht haben keinen Verfassungsrang
Aber es sollte nicht gegen die Verfassung verstossen, was der von mir zitierten Passage nach das bis 1999 geltenden Staatsbürgerschaftsrecht getan hätte?
… und das ist auch nicht deckungsgleich mit einem „ethnisch-exkludierenden Volksbegriff“ …
Aber so dicht dran, dass man den Unterschied lange erklären müsste.
Ich verteidige das nicht, mir ist die ethnische Zusammensetzung Deutschlands weitgehend wurscht und Vertreibungswünsche gegen deutsche Staatsbürger haben nur wahnsinnige A*löcher. Man sollte es nur im Hinterkopf haben, wenn man verstehen will, warum noch so viele, vorwiegend ältere, Deutsche am ethnischen definierten Volksverständnis festhalten.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich gestehe, ich weiß nicht genau, wieso wir nochmal an diesem Punkt sind. Das Abstammungsprinzip ist nicht aufgehoben, es verstößt nicht gegen die Verfassung und interessiert das GG auch überhaupt nicht.
Deutscher im Sinne des GG ist wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.
Dazu gibt es zwei Zusätze, einer bezieht sich sogar noch auf die deutsche Volkszugehörigkeit, weil es die Situation der Vertriebenen nach dem 2. WK regelt und der 2. Zusatz hebt die Ausbürgerungen aus der Hitlerzeit wieder auf.
Und genau so etwas ist mit dem „ethnisch-exkludierendem Volksbegriff“ gemeint. Es ist verfassungswidrig zu sagen, ein deutscher, jüdischer Staatsangehöriger gehört nicht zum deutschen Volk und hat deswegen weniger Rechte.
Das ist eigentlich überhaupt nicht kompliziert, denn sehr viele wichtige Verfassungsparagraphen handeln davon, dass alle Bürger dem Staat gegenüber dieselben Rechte haben.
Ich glaube, wir reden hier einfach aneinander vorbei?
Ein Staatsbürgerschaftsrecht, das primär auf Blut/Abstammung aufgebaut ist, unterstützt (ob gewollt oder nicht) die Vorstellung, man könne/müsse ein Staatsvolk ethnisch („rein“) definieren. Und das tat das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht bis 1999. Mehr wollte ich eigentlich gar nicht rüberbringen.
Gruss,
Thorsten Haupts
Genau, und es ist super, dass das 1999 endlich reformiert wurde.
Zu 3)
Ach was? Es musste tatsächlich dargelegt werden, warum eine „Bewegung“, deren Bewegungspraxis sich in Demonstrationen und Öffentlichkeitsarbeit erschöpft, politisch wenig bis nichts bewegen wird und kann?
1) Eine wirkliche Gefahr für die Verfassung
Die Demokratie lässt sich nicht gegen die Mehrheit der Wähler verteidigen.
Das BVerfG-Urteil zum Haushalt 2023 war auch deswegen ein so schwerer Schlag für die Ampel, weil die Ampel demokratischen Normen verpflichtet ist. Sie versuchten nicht, das Recht auszuhebeln oder das Gericht zu umgehen, sondern akzeptierten das Urteil.
Nun, nach diesen Kriterien muss man bei einigen Sozialdemokraten und Grünen bis hin zum Wirtschaftsminister Zweifel an deren rechtstaatlicher Gesinnung haben, schließlich kritisierten Abgeordnete und Parteispitzen das Urteil heftigst bis hin zur kaum verbrämten Richterschelte. Da zeigten sich schon große Schwierigkeiten, das Urteil zu akzeptieren. Seit diesem Novembertag kommt kaum ein politisches Statement von Grünen und SPD ohne die alternativlose Forderung nach „Anpassung“ der Schuldenbremse aus. Irgendwie verstehe ich unter Rechtsfrieden etwas anderes.
Verfechter der Verfassungsnorm werden seit dem Urteil zum Teil übelst und unflätigst beschimpft, obwohl sie eine große Mehrheit der Bevölkerung hinter sich wissen. Erst gestern sah der Juso-Vorsitzende Türmer Union und FDP mit ihrem Festhalten an der Schuldenbremse auf einer ökonomischen Geisterfahrt.
Es ist bisher sehr unwahrscheinlich, dass die AfD wie Orban in Deutschland eine Mehrheit und dazu noch eine verfassungsändernde Mehrheit erreichen könnte. Das ist an der Stelle schon ein Äpfel-Birnen-Vergleich. Weder in Ungarn noch in Polen gelang die Beschädigung des Rechtstaates aus der Perspektive einer 35-Prozent-Partei. Hier sind wir an dem Punkt der Überzeichnung.
Wie sich die AfD verhalten würde, erhielte sie auch nur ein Zipfel der Macht, darüber lässt sich derzeit vor allem spekulieren. Das ist keine Verharmlosung. Aber die Linkspartei wollte die meiste Zeit ihrer Nach-Wende-Geschichte auch die Einschränkung des Rechtstaates. Sie ist damit nicht weit gekommen.
2) „Der Begriff der Arbeit wird gerade von rechts besetzt“ (Interview mit Linus Westheuser)
Das ist so ein „Kalter-Krieger“-Kommentar. Die Macht der Arbeitnehmer ist heute so groß wie noch nie. Fakt ist auch, dass heute so wenig (junge) Menschen wie nie zuvor selbst Unternehmer sein und Führungsverantwortung für andere übernehmen wollen. Diese Jobs scheinen definitiv nicht mehr attraktiv.
Die derzeitige Debatte konzentriert sich jedoch zu sehr auf den Lohnabstand zwischen Sozialleistungsempfängern und Geringverdienern, was eine einseitige Perspektive darstellt.
Wenn Bürger selbst mit einem guten durchschnittlichem Gehalt von 3.000 – 5.000 Euro nicht mehr Einkommen verfügbar haben als Sozialleistungsempfänger, dann ragt der Sozialstaat mit seinem Alternativeinkommen bis weit in die Mitte der Lohnskala rein. Das ist das zentrale Thema des Sozialstaates, der dafür geschaffen wurde, jenen zu helfen, die sich nicht selbst helfen können.
Die Verteilungskonflikte finden heute zwischen anderen sozialen Gruppen statt. Genau darin zeigt sich der Erfolg der AfD und zukünftig möglicherweise des Bündnisses Sahra Wagenknecht.
5) Das schwarz-grüne Missverständnis
Friedrich Merz will keine Koalition mit den Grünen, zumal das Klima zwischen den Protagonisten ohnehin völlig vergiftet ist. Die nächste Regierung wird wesentliche Schritte hin zu einem neuen europäischen Konsens unternehmen (müssen) und die illegale Zuwanderung zurückdrängen. Die Wirtschaftspolitik wird neu justiert mit einem neuen Anlauf zu einer umfangreichen Steuerreform. Die Klimaschutz- und Energiepolitik wird auf den Prüfstand der Effizienz gestellt werden. Die Agenda der neuen Bundesregierung ist mit den Vorstellungen der Grünen nicht zu machen. Vor allem deshalb gelten derzeit Bündnisse mit den Grünen als toxisch.
Sicher hat die FDP wichtigere Probleme als die Frage, wie sie in einer neuen Bundesregierung wirken kann. Nur eins ist auch festzustellen: In der jetzigen Ampel wird sie sich nicht mehr von ihrem Umfragetief erholen können. Bei der Aufstellung des Haushalts 2025 kommt der Sargnagel drauf.
Merz kann viel wollen, für Schwarz-Gelb wird’s nicht langen.
„Friedrich Merz will keine Koalition mit den Grünen, “
Er vielleicht nicht, aber die CDU hat sich schon immer als sehr flexibel erwiesen wenn es darum ging, an die Macht zu kommen.
„Sicher hat die FDP wichtigere Probleme als die Frage, wie sie in einer neuen Bundesregierung wirken kann. Nur eins ist auch festzustellen: In der jetzigen Ampel wird sie sich nicht mehr von ihrem Umfragetief erholen können. Bei der Aufstellung des Haushalts 2025 kommt der Sargnagel drauf.“
Mal abwarten was bis zur nächsten Bundestagswahl passiert. Danach sind wir alle schlauer und bis dahin ist alles nur Geraune.
Ja und ja. Ich denke aber, 2025 wird ein Hessen-Szenario. Merz wird die Grünen als Prügel nutzen, um Konzessionen aus der SPD zu kriegen.
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird 2025 keine Regierung gegen die Union gebildet werden können. Die Grünen hätten nicht einmal die Rolle der Königsmacher. Die Konservativen entscheiden also, wer mit ihnen regieren darf, der Zwang zur politischen und programmatischen Flexibilität ist da in weit geringerem Umfang notwendig. 2013 und 2017 wollte Merkel mit der SPD regieren, während die es nicht wollte. Das war eine andere Situation.
Wie man aus dem Konrad-Adenauer-Haus hört, schreckt Merz gerade nach den Erfahrungen der Ampel or einer Dreierkonstellation zurück. Weder Jamaika noch eine Deutschland-Koalition werden danach favorisiert. D.h., die Grünen kämen unter mehreren gleichzeitig eintreffenden Bedingungen:
– Schwarz-rot erhält keine parlamentarische Mehrheit;
– die Grünen stellen die größere Fraktion;
– die Grünen werden deutlich moderater und die Abneigungen in den bürgerlichen Milieus nehmen wieder ab.
Genau letzten Punkt scheinen grüngeneigte Konservative in den letzten Monaten Parteivertretern der Grünen deutlich gemacht zu haben. Einerseits häuften sich zuletzt moderate Töne gegenüber der CDU, andererseits nimmt bei bürgerlichen Wählern das Kopfschütteln über die Grünen angesichts der Blockade gegenüber der Zahlkarte zu. Die Grünen zetteln völlig unnötig einen neuen ideologischen Kampf an.
Da ich nahe an den Liberalen bin und die Denke liberaler Wähler verstehe, kann ich Ihnen versichern: in der derzeitigen Konstellation ist es nahezu ausgeschlossen, dass die FDP wieder deutlich Gewicht gewinnen wird. Eine geringe Chance dafür bestände nur, wenn die Liberalen in den nächsten Monaten die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung mit wohlwollender Zurückhaltung ihrer Partner prägen könnte.
Wir sind uns sicher einig: Das wird nicht passieren und so steht der Showdown in der zweiten Jahreshälfte an.
Ich sehe die Grünen 2025 nur an der Regierung, wenn es für Schwarz-Rot nicht reicht. Und selbst dann hängt es davon ab, ob die FDP in den BT kommt und sie und die SPD willens für eine Deutschlandkoalition sind.
3) Hab Bevins neues Buch schon länger, aber nicht gelesen. Einen der wenigen Linken mit einer irgendwie sicher antiimperialistischen Perspektive, die in mir nicht sofort negative Gefühle wie Ekel und Haß aufkommen lassen. Hat als Journalist v.a. in Brasilien aber auch Indonesien gearbeitet.
Bevins ist sehr aktiv auf youtube und twitter/x @Vinncent
Das vorherige Buch ist auch sehr lesenswert (und bekannt). The Jakarta Method.
Man muss halt nur wissen, dass er eine bestimmte Sichtweise hat und man viele Dinge auch anders sehen kann.
Ich les es gerade. Rezension folgt.
2) Sehr spannendes Interview, obwohl mich der Ungleichheits-Aspekt da jetzt gar nicht so interessiert, sondern mehr das hier:
Die Debatte wird fast ausschließlich innerhalb der Koordinaten geführt, die das Mitte-Rechts-Lager setzt.
Das ist ja ein klassisches SPD-Problem, den Mitte-Rechts-Narrativen hinterherzuhecheln und das Kunststück zu vollbringen, beide Seiten abzustoßen und dann quasi mit sozialer Kälte die soziale Hängematte zu propagieren.
Das kann über Verteilungsgerechtigkeit führen, müsste aber vielleicht gar nicht. Die Idee aus dem Wahlkampf mit Respekt für Lebensleistung war ja durchaus gut, wurde aber nie so richtig mit konkreten Forderungen verbunden. Auch die Frage wie gute Arbeit heute aussehen könnte, überlässt man ja Mitte-Rechts, weil der SPD das progressive Element fehlt und dann erzählen Lindner und Linnemann eben, dass nur 5-Tage-Vollzeit gefälligst am Arbeitsplatz gehen und alles andere ist Käse. Da sind ja selbst die Gewerkschaften schon ein ganzes Stück weiter.
3) Ich freu mich schon auf die Rezension!
Irgendwo in den Show-Notes zum Bauernprotest-Podcast war da auch ein Vergleich der Protestformen – auf Deutschland bezogen – bei.
Dieser Ansatz lehnt hierarchische Strukturen ab und setzt auf die gleichberechtigte Teilhabe aller an Entscheidungsprozessen
Das Problem gibts ja auch bei der letzten Generation oder damals hier bei dem 99%-Protestcamp-Ding nach der Finanzkrise (dessen Namen ich nicht mehr weiß und vermutlich am wenigsten nachhaltigster Protest ever). Die hatten oft nicht mal Ansprechpartner für die Presse. Und über ne Art Trollaktion kommt man dann auch nicht hinaus.
Allerdings weiß ich auch nicht, ob das heutzutage noch so einfach wäre. Der Bauernverband hatte ja politisch ziemlich durchschlagenden Erfolg, ist die letzten Wochen aber schwer damit beschäftigt, sich von den radikalisierten Überresten mit Trecker abzugrenzen und den Schaden da zu begrenzen, wenn Grünen-Veranstaltungen in Biberach verunmöglicht werden oder Zitat „Bauern gemeinsam mit Impfgegnern und Russlandfreunden den NDR blockieren, weil ihnen die Berichterstattung nicht gefällt“
Einem mächtigen und etablierten Verband wie den Bauern tut das nicht soviel, aber bei neuen Organisationen könnte sich das selbst mit mehr Strategie vielleicht auch schnell zerlegen.
4) Meiner Meinung nach ist das ein (gewolltes) Ignorieren des schnöden Demokratiehandwerks. Das knallt eben nicht rein und ist komplexer als ne Clickbait-Schlagzeile. Möglicherweise auch ein Problem des „inhaltlich stellen“, denn dann müsst man sich schon etwas mehr damit beschäftigen, was in Parlamenten so passiert.
Hab da neulich in unserem Käseblatt so eine – wohl recht typische – Passage gelesen: https://www.kreiszeitung.de/lokales/verden/achim-ort44553/reissleine-jetzt-ziehen-die-achimer-spd-ortsvereinsvorsitzende-petra-geisler-nimmt-stellung-zu-afd-interview-92828894.html
Die SPD-Fraktionsvorsitzende kritisiert die Arbeit der AfD auch auf lokaler Ebene: Zu Achimer Themen äußere sich die Partei nur über Anträge, die meist aus zwei Sätzen bestünden, kaum bis keine weitere Begründung enthielten, deren Themen ganz offensichtlich nicht recherchiert worden seien und nicht mündlich ausführlicher begründet werden. „In letzter Zeit werden die Anträge meist vor der Abstimmung in der Sitzung zurückgezogen, sodass einer Stellungnahme anderer dazu die Grundlage entzogen wird.
5) Koalitions/Wahlkampfgeraune macht halt Spaß und bringt Klicks.^^
(sofern wir nicht in eine Deutschland-Koalition gehen, die aber überhaupt nicht diskutiert wird).
Wozu auch, um Himmels willen? Selbst wenn die FDP auf magische Weise ins nächste Parlament kommt, wird sie für eine GroKo wohl kaum als Mehrheitsbeschaffferin nötig sein. Sie könnte ein bisschen Unruhe verbreiten, um von Schwarz-Rot ignoriert und als Gurkentruppe bezeichnet zu werden. Das scheint mir für niemanden lohnenswert.
Problematischer sehe ich die Tatsache, dass wir eher auf die GroKo als natürliches Regierungsbündnis zusteuern, (die Sehnsucht danach scheint mir allerorten offenkundig – selbst bei uns im Podcast klang das schon an). Damit wird normales Durchwurschteln wieder möglich/professioneller, aber mehr als Elend und Stillstand verwalten sehe ich da nicht.
5) JA!
@ Ariane 22. Februar 2024, 17:58
2) „Der Begriff der Arbeit wird gerade von rechts besetzt“ (Interview mit Linus Westheuser)
… obwohl mich der Ungleichheits-Aspekt da jetzt gar nicht so interessiert, …
🙂
Das ist ja ein klassisches SPD-Problem, den Mitte-Rechts-Narrativen hinterherzuhecheln und das Kunststück zu vollbringen, beide Seiten abzustoßen und dann quasi mit sozialer Kälte die soziale Hängematte zu propagieren.
Die klassischen Mitte-Rechts-Narrative waren auch mal die Narrative der SPD. Die Unterschiede in früheren Jahrzehnten zwischen SPD und CDU waren aus meiner Wahrnehmung nach an der Einstellung zu Unternehmen feststellbar, nicht unbedingt an deutlich unterschiedlichen Einstellungen zu Arbeitnehmern. Auch die waren damals von der Grundstimmung her eher konservativ, progressiv waren Unis oder Studenten. Denen war die SPD bei weitem nicht wie links vorgekommen.
Aber weder die CDU noch die SPD waren Fans der sozialen Hängematte in dem Sinne, dass man dort möglichst bequem liegt und Schnittchen gereicht bekommt. Die SPD hat sich von dieser Einstellung deutlich wegbewegt.
Das kann über Verteilungsgerechtigkeit führen, …
gibt es nicht
Die Idee aus dem Wahlkampf mit Respekt für Lebensleistung …
Was versteht man darunter? Wer 30, 35 Jahre im Bergwerk oder auf Baustellen gekeult hat, wer als Bauer bei Wind und Wetter aufs Feld muss oder als Lkw-Fahrer tagelang auf Achse ist und kaum Wochenenden kennt, hat in der Regel beeindruckende Leistungen erbracht, denen Respekt gebührt.
Doch Pförtner, oder einfacher Buchhalter? Ich sehe es nicht als mit besonderem Respekt zu betrachtende Lebensleistung an, 40 Jahre nicht gefeuert worden zu sein; das sind ganz normale Jobs.
Wiederum: Wer mit viel persönlichem Aufwand eine Firma gründet, etwas bewegt, Arbeitsplätze schafft, fällt trotz aller erbrachter Leistungen für sich und andere nicht unter diesen Respekt, denn er ist Unternehmer.
Ich tue mich daher mit diesem Begriff schwer.
Naja, Lebensleistung ist ja ziemlich klar „was du über den Verlauf deines Lebens geleistet hast“. Wenn du mit 67 zurückschaust: was hast du vollbracht? Und das ist für die Identität eine super wichtige Angelegenheit.
@ Stefan Sasse 26. Februar 2024, 11:27
Naja, Lebensleistung ist ja ziemlich klar „was du über den Verlauf deines Lebens geleistet hast“.
Keine Einwände, natürlich nicht. War aber nicht mein Punkt. Der war „Respekt für …“. Und „Respekt“ (im Sinne besonderer ! Wertschätzung) kann ich nicht im gleichen Maße für jeden Lebensentwurf aufbringen. Die von der SPD angeführte bzw. von Ariane zitierte Betrachtung verteilt „Respekt“ auf jeden Arbeitnehmer, aber etwa nicht auf Selbstständige und Unternehmer, ist mithin also eher eine Begründung für Umverteilung als wirklicher Respekt.
Soll heißen, der Slogan der SPD war eben nur ein Slogan, kein Inhalt.
Ne, die vibes krieg ich da nicht. Das ist klassische SPD-Botschaft: Respekt für die Malocher. Du schuftest am band, im Bergwerk oder bei der Müllabfuhr, und für dieses Lebenswerk sollst respektiert werden. – Dass die SPD nicht die Partei der Selbstständigen und Unternehmer*innen ist, geschenkt. Ich suche jetzt auch nicht bei der FDP nach einer Politik für die Malocher.
@ Stefan Sasse 26. Februar 2024, 13:45
„Ne, die vibes krieg ich da nicht. “
Ich halt schon. Du kriegst ähnliche Vibes bei „Auslänger raus“, und würdest dort auch nicht nur die als gemeint akzeptieren, die nicht arbeiten, von der Sozialhilfe leben, kein Deutsch können etc.
Das ist klassische SPD-Botschaft: Respekt für die Malocher. Du schuftest am Band, im Bergwerk oder bei der Müllabfuhr, und für dieses Lebenswerk sollst respektiert werden.
Olaf Scholz und „klassische SPD-Botschaft kriege ich nicht unter den gleichen Hut.
Die Botschaft lautet halt auch dann „Respekt“, wenn nicht „malocht“ wurde. Man kann sich da ja nach Belieben mitmeinen.
Fair!
Nun, er hat damit den Wahlkampf gewonnen.
„aber etwa nicht auf Selbstständige und Unternehmer“
Die haben ihre eigene Interessenvertretungen. Die SPD sieht sich immer noch als Interessenvertreter vor allem der Arbeitnehmer. Deren Lage hat sich – nichts zuletzt durch sozialdemokratische Politik – deutlich verbessert. Ein Problem für die SPD ist, dass sie sich für Gruppen einsetzt, die sie nicht wählen.
Yep, my point exactly.
@ CitizenK 26. Februar 2024, 15:19
Die SPD sieht sich immer noch als Interessenvertreter vor allem der Arbeitnehmer.
Ist sie aber nicht mehr. Die Wähler verstehen das besser als die SPD selbst.
1)
Ich Spende mal Teilnehmer*innen, Demokrat*innen, Verfassungsfeind*innen und Apologet*innen als Begleitung für deine „Demokrat*innen“.
Eine Quote von 1 zu 4 ist m.W. ein deutlicher Rückschritt in deinen, eh schon nicht sonderlich beeindruckenden, Bemühungen. Im selben Absatz einmal Demokraten und einmal Demokrat*innen zu schreiben, setzt dem ganzen noch die Krone auf.
Sie sind aber gemein. Stefan bemüht sich doch 🙂 .
Was muss man bieten, um diese Dauerdiskussion zu beenden eigentlich? 🙂
Am besten nicht gendern. Als zweite Wahl konsequent gendern.
Ich kann aber auch einfach aufgeben.
Nein, mach bitte weiter.
@ Stefan Sasse 23. Februar 2024, 12:38
Nein, mach bitte weiter.
Du kommst mir ein Stück weit wie jemand vor, der sich ständig mit dem Hammer auf den Daumen haut, weil das Gefühl so schön ist, wenn der Schmerz nachlässt. Weiß noch nicht, ob Respekt fürs Durchhalten oder Mitgefühl für den armen Daumen überwiegt. 🙂
Viele Grüße
E.G.
Ich auch nicht 😀
@ derwaechter 23. Februar 2024, 09:42
Am besten nicht gendern.
Ich schließe mich an.
Hab keine Lust, der besseren Lesbarkeit wegen per Suchen und Ersetzen die ganzen Sternchen zu entfernen und die Männer mitzudenken (oder mir ein Makro zu basteln, dass das automatisiert) 🙂
Sonst endet man noch bei „Bürger*innenmeister*in“ (alternativ „Bürger*innenmeisternde*r“) oder „Fahrer*inkabine“.
Stefan tut mir da mit seinem Idealismus durchaus leid – „go gender (or tdie trying)“ stelle ich mir hammerhart vor.
Danke 😉
„Bürgermeister*innen“, by the way. Doppelt gendern funktioniert IMHO nicht. „Fahrendenkabine“ löst das Problem ggf., „Steuerungskabine“ auch, oder „Fahrtenkabine“.
@ Stefan Sasse 26. Februar 2024, 13:48
„Bürgermeister*innen“, by the way. Doppelt gendern funktioniert IMHO nicht.
Kein Argument; gibt genug, die glauben, dsas auch einfach gendern nicht funktioniert. Also wenn schon, denn schon 🙂
Na, das ist wie beim Hauptmann der Bundeswehr: ist auch eine Frau Hauptmann, keine Frau Hauptfrau.
@ Stefan Sasse 26. Februar 2024, 18:28
Na, das ist wie beim Hauptmann der Bundeswehr: ist auch eine Frau Hauptmann, keine Frau Hauptfrau.
Kommt auch noch, wart’s ab.
Nope.
Es ist har nicht meine Absicht gemein zu sein.
Einerseits ist es das natürlich, weil mein wiederkehrendes herum hacken auf den Thema den eigentlich tollen Inhalt deiner Arbeit hier ignoriert.
Anderseits entspricht genau das meinen Leseerlebnissen hier. Ich bleibe ständig daran hängen und werde vom eigentlichem Thema abgelenkt.
Ja, ich weiß auch nicht, was das gerade ist. Hab’s korrigiert. – Ich kann dir nicht genau begründen warum, aber die „Feinde“ sehe ich irgendwie als neutralen Begriff.
Ich würde „gerade“ bezweifeln. Das hat doch nie richtig funktioniert.
Ich finde auch, dass Feindin, ähnlich wie Gästin, komisch klingt.
Aber es gibt die weibliche Form nunmal (gerade extra noch mal beim Duden geschaut).
Wenn du irgendwann tatsächlich konsequent genderst, aber einige wenige Begriffe aus diffusem persönlichem Sprachgefühl nicht, wie soll ein normaler Leser das denn verstehen?
Ich weiß, dass die weibliche Form existiert. Ariane etwa wäre meine Feindin. Aber mir scheint das eher auf Individuen zuzutreffen. Ich glaube die Verwirrung kommt daher, dass das Wort sowohl Individuen beschreibt (in welchem Fall gegendert werden muss) als auch als „der Feind“ verwendet wird. Also der Unterschied von „Russland ist unser Feind“ zu „Dort leben unsere Feind*innen“. Verstehst, was ich meine? Ich hatte „Demokraten“ im selben Modus verwendet, aber ich denke, da geht es nicht.
Ich verstehe was du meinst, sehe aber nicht wie das hier relevant sein soll.
Bei „Bande von Verfassungsfeinden wie die AfD“ bezeichnet das Feinde doch Individuen, nämlich die Mitglieder der Bande.
Korrekt.
Diese Diskussion zeigt auch woher der Vorwurf kommt, es handle sich um ein Distinktionsmerkmal oder Soziolekt einer akademisch gebildeten progressiven Oberschicht.
Du als Lehrer hast große Schwierigkeiten mit der Umsetzung. Und bei den hier beschriebenen Feinheiten steigen doch die meisten Muttersprachler und so gut wie alle nicht-Muttersprachler aus.
Jo. Meine Arbeitshypothese ist, dass das eine Frage der Gewöhnung ist. Ich habe immer argumentiert, dass es sich von alleine entweder durchsetzt oder halt nicht praktikabel ist.
4) Wenn man mal von Kosmetik absieht ( Der Verweis auf Ordnungsrufe und „Respektlosigkeit“ haben mich an die Grünen der 80er Jahre erinnert), dann ist der zentrale Vorwurf, dass die AfD des Instrument „kleine Anfrage“ destruktiv nutzt. Hier ist (zumindest bis 2020) eine Liste, anhand derer man sich ein Bild machen kann:
https://kleineanfragen.de/bundestag/fraktion/afd
Mal davon abgesehen, dass es peinlich ist, dass ich so etwas weder beim Bundestag, noch den „normalen“ Medien finde, sondern bei einem kleinen Blogger, finde ich jetzt zwar eine „rechts“ müffelnde Schlagseite, aber nicht die im Artikel beschriebene Flut von Trollanfragen.
Und das bringt uns auf das Problem aus 1) zurück. Entscheidende für eine Demokratie ist, dass es eine Opposition auch effizient ‚opponieren‘ kann, darf und es auch tut – auch und gerade, wenn es den Regierenden (gleich ob Scholz oder Orban) unangenehm ist.
5) Ernsthaft: Das Parteienspektrum wird gerade durcheinandergewirbelt und hier werden schon mal Ausschließspiele für nach der Wahl 2025 diskutiert. Möglich, dass es aufgrund der Mehrheitskonstellation -wenn niemand auf die „randständigen“ Parteien zugreift – als einzige rechnerische Möglichkeit Schwarz-Rot-Grün überbleibt. Wenn du dir die Bundesländer ansiehst, dann ist jede denkbare Konstellation irgendwo vertreten – auch (Gruß an Herrn Pietsch) in fünf Ländern Regierungsbildung aus Schwarz und Grün (zwei davon noch mit Rot).
a) Im letzten Vermischten habe ich plädiert, dringend mit „Nazi“vorwürfen zurückzuhalten – aber manche machen einem das nicht leicht.
c) Es hilft, sich bei „Wunschzetteln“ anzusehen, was für vergleichbare Instrumente es im deutschen Arbeitsrecht gibt, wie sie organisiert und vor allem finanziert werden. Da gibt es:
i) Den Sonderurlaub im Trauerfall. Dieser ist kurz (max 2-3 Tage) und reicht nicht zur umfassenden Organisation der geänderten Lebenssituation aus. Die Last trägt der individuelle Arbeitgeber. 10 Tage Sonderurlaub sind in dieser Konstellation nicht denkbar.
ii) Den Mutterschutz/ Mutterschaftsgeld. Dieser ist sehr umfassend (mehrere Wochen und teilweise Beschäftigungsverbote); finanziert wird er rein arbeitgeberseitig über solidarische Umlage (U2). Darüber einen Vaterurlaub zu finanzieren erhöht die Arbeitskosten leicht (geschätzt ca. 0,1%)
iii) Die Vätermonate im Bundeselterngeld. Das ist eine staatliche Transferzahlung. Von der Systematik her deckt es tatsächlich die Anforderungen eines Vaterurlaubs ab, hat aber den Nachteil, dass der Betroffene Einbußen beim Einkommen hat.
Nachtrag und „Genderspiel“ Aufgrund der geplanten Änderung des Familienrechts ist es in diesem Zusammenhang auch legitim, von einem „Vater*innenurlaub“ zu sprechen.
4) Ich nehm das mal so von dir, danke für die Recherche. Ich hab zu wenig Detailwissen.
5) Ja, das ist durchaus möglich, aber ich gehe eher davon aus, dass im BT CDU-SPD, CDU-SPD-FDP, CDU-Grüne und CDU-Grüne-FDP ernsthafte Chancen haben werden. Hängt viel davon ab ob LINKE, BSW und FDP den Einzug schaffen. Diese Splitterparteien immer 😉
a) Ja.
c) i) Wie oft passiert das denn?
ii) Danke!
iii) Ja.
Wie wäre es mit „Elternurlaub“, um diese Trennung endlich aufzuheben?
ci) Relativ selten – aus einem schlechten Grund (wenige Arbeitnehmer kennen die Regelung) und einem guten Grund (bei dem Thema hängt viel von gegenseitiger Rücksicht ab und Missbrauch schafft böses Blut)
https://www.haufe.de/personal/haufe-personal-office-platin/bezahlter-sonderurlaub_idesk_PI42323_HI15564445.html
„Elternurlaub“ Dann ist der Witz weg. Wenn gendern überhaupt einen Zweck hat, dann doch, auf „Nichtstandardrollen“ hinzuweisen. Und die Buschmann-Initiative geht genau in die Richtung, dass die (soziale) Vater(!)rolle von einer Frau in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung komplett gleichgestellt wird.
Falsch ausgedrückt. Mein Wunsch wäre, dass beide Partner sich das fair teilen und dass es diese Sonderdinger gar nicht braucht. Aber das ist eher die idealistische Zukunftshoffnung.
Cimourdian schreibt von „gleichgeschlechtlichen Beziehungen“.
Verstehe ich richtig, dass es dieses unfaire Teilen da auch gibt? Also ganz ohne Männer im Spiel?
Ich glaube ich hab den Faden verloren, sorry. Disregard my comments.
Es ist schlicht nicht möglich. Die reine körperliche Belastung der Mutter durch Schwangerschaft und Geburt ist etwas, das sich nicht fair teilen lässt. Deswegen gibt es auch spezielle Schutzgesetze für werdende Mütter.
Andere Elternaufgaben können geteilt werden und der Staat möchte das ermutigen. Deswegen gibt es Bonuszeiten beim Elterngeld, wenn beide Partner die Elternzeit nehmen.
Genau, von denen rede ich auch nicht. Dafür gibt’s ja Mutterschutz, ganz spezifisch. Aber Erziehungszeiten?
Es ist har nicht meine Absicht gemein zu sein.
Einerseits ist es das natürlich, weil mein wiederkehrendes herum hacken auf den Thema den eigentlich tollen Inhalt deiner Arbeit hier ignoriert.
Anderseits entspricht genau das meinen Leseerlebnissen hier. Ich bleibe ständig daran hängen und werde vom eigentlichem Thema abgelenkt.
2) „Der Begriff der Arbeit wird gerade von rechts besetzt“ (Interview mit Linus Westheuser)
… dass … mehr Polarisierung auf Verteilungsgerechtigkeit …
In diesem Begriff liegt das ganze Elend der Debatte. Zum einen ist Gerechtigkeit nur eine subjektive Wahrnehmung und keine an objektiven, prüfbaren Fakten meßbare Eigenschaft. Dann ist in der Beschränkung auf „Verteilung“ von Geld (= Ergebnis von erbrachter Arbeit) statt auf die Erbringung von Arbeitsleistung ein Versprechen leistungsloser Einkünfte enthalten.
Im Gegensatz zu Dir sehe ich nicht, dass die SPD dieses Thema nicht besetzt; Hubertus Heil tut seit Jahren nichts anderes, als an der Umsetzung seiner Vorstellungen (oder an der Umsetzung der Vorstellungen der SPD) zum Thema zu arbeiten.
Dass die SPD immer stärker nicht mehr als Partei der Arbeitenden, sondern als Partei der Nicht-Arbeitenden gesehen wird, hat seine Gründe.
Das ist ja effektiv mein Argument: die SPD konzentriert sich auf Sozialstaat (Bürgergeld, Rente etc) aber nicht auf Arbeit.
@ Stefan Sasse 26. Februar 2024, 11:25
Das ist ja effektiv mein Argument: die SPD konzentriert sich auf Sozialstaat (Bürgergeld, Rente etc) aber nicht auf Arbeit.
Sorry – dann hatte ich Dich missverstanden.
Das sehe ich dann ähnlich.
„ein Versprechen leistungsloser Einkünfte“
Damit sind bestimmt die Leute gemeint, die man früher „Couponschneider“ genannt hat?
@ CitizenK 26. Februar 2024, 19:46
[„ein Versprechen leistungsloser Einkünfte“]
Damit sind bestimmt die Leute gemeint, die man früher „Couponschneider“ genannt hat?
Weiß nicht, was Du meinst. Ich meine Menschen, die vom Staat Geld kriegen, ohne dafür zu arbeiten.
4) Parlament als Bühne
Die geäußerten Hoffnungen waren stets die für mehr Auseinandersetzung und Debatte, was angesichts der bleiernen Konsenssoße der Merkel-Ära zwar verständlich, aber deswegen nicht weniger falsch war. Die AfD hat kein Interesse an einer Debatte und kein Interesse an konstruktiver Arbeit.
Vielleicht erkennst Du die Debatten nicht, weil Dir die AfD nicht liegt. Aber Du solltest in der Lage sein, die Reaktionen der anderen Parteien und die Ergebnisse der Debatte zu erkennen.
Ja, aber wir sind uns doch hoffentlich darin einig, dass die AfD selbst kein konstruktiver Teil davon ist, oder?
@ Stefan Sasse 26. Februar 2024, 11:26
Ja, aber wir sind uns doch hoffentlich darin einig, dass die AfD selbst kein konstruktiver Teil davon ist, oder?
Das ist genau der Punkt, den ich deutlich machen wollte:
Wenn Du unter „konstruktiv“ verstehst, dass man in aktiver Zusammenarbeit einen mehrheitsfähigen Kompromiss, eine gemeinsame Lösung anstrebt, um etwas „besser“ zu machen, ist die AfD nicht kostruktiv.
Wenn Du unter „konstruktiv“ verstehst, durch eigenes Handeln andere dazu zu bringen, Dinge „besser“ zu machen, ist die AfD konstruktiv. Sie gibt Strömungen und Meinungen in der Bevölkerung eine Stimme, die andere Parteien nicht aufnehmen, sie treibt Themen etc., und sie erzielt Ergebnisse.
Ist die Frage, wie man „konstruktiv“ interpretiert. Steht „aufbauend“ im Fokus, ist die AfD konstruktiv. Steht „gemeinsam“ (im Sinne von „zusammen mit anderen“) im Vordergrund, ist sie es nicht.
Die AfD ist disruptiv, da bin ich völlig bei dir. Ich würde argumentieren, die Jury ist noch uneins, ob diese Disruption am Ende nun zu besseren Ergebnissen führte oder nicht. Dafür ist es auch noch zu früh. Es kann in beide Richtungen gehen. Würdest du da mitgehen?
@ Stefan Sasse 26. Februar 2024, 13:46
Die AfD ist disruptiv, da bin ich völlig bei dir.
… was sich in meinen Augen nicht immer mit „konstruktiv“ beisst; für mich zählt eher die richtige Richtung als das gemeinschaftlich vereinbarte falsche Abbiegen.
Ich würde argumentieren, die Jury ist noch uneins, ob diese Disruption am Ende nun zu besseren Ergebnissen führte oder nicht.
Da „besser“ im Auge des Betrachters liegt (und deswegen von mir in Anführungszeichen gesetzt wurde), ist das eine eigentlich sinnlose Diskussion. Wäre ich die Jury, freut mich z.B. die (konstruktive) Entwicklung, die ungebremste Zuwanderung einzuschränken; das (disruptive) Ziel, hier arbeitende Menschen wieder aus dem Land zu jagen, weil Hautfarbe, Religion, Muttersprache etc. nicht genehm sind, lehne ich ab.
Insofern gehe ich mit.
„Disruptiv“ ist wertneutral. Man kann konstruktiv disruptiv sein („schöpferische Zerstörung“), oder halt destruktiv.
Ich meinte „besser“ im Sinne auf die Qualität des demokratischen Diskurses.
@ Stefan Sasse 26. Februar 2024, 18:30
„Disruptiv“ ist wertneutral. Man kann konstruktiv disruptiv sein („schöpferische Zerstörung“), oder halt destruktiv.
Zustimmung.
Ich meinte „besser“ im Sinne auf die Qualität des demokratischen Diskurses.
Sieh an. Ich meinte „besser“ im Sinne von „Besser für die Gesellschaft“. Mißverständnis aufgeklärt.
Ja, was „besser für die Gesellschaft“ ist, ist ja ein politischer Streit, da haben wir bekanntlich teils unterschiedliche Ansichten 😉 Mir ging’s um die Argumentation, dass die demokratische Debatte gewinnt, wenn die AfD im Parlament ist. Weil das vor 2017 viel behauptet wurde (und auch danach immer wieder).
Yup, gute Zusammenfassung. Darüber hinaus ist es einfach Wunschdenken, in einer Demokratie dauerhaft die Debatte über etwas verweigern zu können, was viele Menschen umtreibt. Wenn die anderen Parteien die Debatte nicht selber führen wollen, überlässt man das halt jemandem wie der AfD. Es sei denn, man ist Ralf – dann nimmt man an, die Debatte dadurch unterbinden zu können, dass man sie bewusst aus den Medien raushält 🙂 .
Der von mir sehr geschätzte Slavoj Zizek spitzt das sogar noch weiter zu.
Ohne klarere Grenzen gegen Migration können wir Demokratie in West-Europa nicht aufrecht erhalten, weil es dafür halt so klare und vehemente Mehrheiten gibt.
https://www.youtube.com/watch?v=0il7xfXrc8w Minute 43:45