Die Funktion des Marktes – und die Kosten der Regulierung

An dieser Stelle lesen Sie eine neue Episode der beliebten Rubrik „Wunder der Marktwirtschaft“. Sind Unternehmer tatsächlich nur an Kunden mit dickem Portemonnaie interessiert, denen sie Luxusprodukte verkaufen, die mit Dumpinglöhnen erstellt werden? Warum bauen Immobilienhaie keine Luxusapartments für Bürgergeldempfänger, obwohl Staat Mittellosen jede Hilfe gewährt? Und wie kommt es, dass Zeitarbeitsfirmen mit Vorliebe Ex-Arbeitslose beschäftigten, deren Kunden dicke Boni bezahlen? Bei näherer Betrachtung lassen sich wie in der Physik auch die marktwirtschaftlichen Phänomene leicht ihrer Wunderwirkung entzaubern. Die Auflösung, so viel sei an dieser Stelle vorweggenommen, liegt immer in der Antwort: Marktteilnehmer verhalten sich überraschender Weise wie normale Menschen.

Aus der Sicht eines studierten Ökonomen wirkt die Forderung etwas strange, die Deutschen müssten einfach in der Schule über Marktwirtschaft lernen, damit sie die reale Welt besser verstehen lernen. Kunststück, schließlich hat der Autor mehr Jahre dafür gebraucht als Oberstufenschülern gemeinhin für das Abitur zur Verfügung stehen. Am Anfang war da das Kelly-Bundy-Syndrom *), ein leerer Kopf mit beschränktem Fassungsvermögen wird mit allerhand wirtschaftswissenschaftlichen Theorien in Zeichentrickformat gefüllt. Im Mittelpunkt dieser Ideen stehen kleine Schaubildchen, wo zwei Striche sich wie Degen in Errol-Flynn-Filmen kreuzen. Kurz gesagt, so einfach funktioniert ein Markt: „Anbieter“ produzieren um so mehr, je höher der Preis eines Gutes ist, „Nachfrager“ entwickeln dagegen mit den Preissteigerungen eine Abneigung zum Kauf. Wie im echten Leben braucht es einen Kompromiss, um zusammenzufinden. In der Ökonomie nennt sich der Konsens „Gleichgewichtspreis“, zu dem weder der Anbieter noch der Nachfrager zufrieden ist, sich aber arrangiert.

So viel zu dem, was sich auch in neun Regelsemestern über die Marktwirtschaft lernen lässt. Doch schon in den ersten Semestern erfolgt die moralische Aufladung des ökonomischen Wissens durch sich selbst als klüger einschätzende Studenten. Inhalt: Arbeit und Wohnung seien keine Märkte, weil sie Grundbedürfnisse des Menschen betreffen. Arbeiter seien gezwungen, zu jedem angebotenen Lohn ihre Arbeitskraft anzubieten um überleben zu können. Immobilien könne man grundsätzlich nicht dem Renditehunger der Dagobert Ducks dieser Welt überlassen. Die Frage des Professors blieb unbeantwortet: Warum sind das keine Märkte?

Marktwirtschaft: Produkte und Leistungen für alle

Der erste Grundsatz der Mikroökonomie lautet, Unternehmer produzieren und bieten so lange Güter an, wie der Marktpreis mindestens so hoch ist wie die Kosten oder darüber. Solche mit einer Marge von Null heißen in der Theorie „Grenzanbieter“, sie fallen sofort raus, wenn der Marktpreis sinkt oder die Kosten steigen. Dann hören sie, frei nach Robert Habeck, auf zu produzieren, so viel hat auch der ungelernte Wirtschaftsminister nach zwei Jahren in seinem Amt gelernt. Natürlich macht das für Grenzanbieter keinen Spaß, aber nicht jeder sucht sich seinen Job aus und um Spaß soll es an dieser Stelle auch nicht gehen.

Was wir hier aber lernen ist, dass der perfekte Markt ein solcher Ort ist, wo Unternehmer wenig Rendite erwirtschaften. Daraus folgt der wichtigste Glaubenssatz aller Liberalen: die Marktwirtschaft ist weder für Unternehmer noch Arbeitnehmer da, sondern sie soll die Kunden („Nachfrager“) umfangreich und zu günstigen Preisen mit Waren, Gütern und Dienstleistungen versorgen. Lassen wir es vorerst gut sein mit der Theorie. Es wird offensichtlich, dass es der Politik höchst selten um diesen eigentlichen Sinn der Marktwirtschaft geht. Die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik sehen in Deutschland ihren Hauptdaseinszweck maßgeblich in der Erhöhung der Produktionskosten. Seltsamerweise fühlt sich kein Politiker für die Folgen verantwortlich. Die Formel dafür lautet nämlich: Steigen die Kosten, werden weniger Waren, Güter und Dienstleistungen angeboten.

Märkte bieten eigentlich für jeden Geschmack etwas, den Einkauf bei ALDI ebenso wie den Showroom von Ferrari. Doch Märkte sind trotz der Gemeinsamkeiten der Funktionsweise auf der Meta-Ebene sehr unterschiedlich. Im Billigsegment wird bei geringen Margen Gewinn mit Menge und striktem Kostenmanagement verdient. Eine Schippe mehr oder weniger beim Street Food entscheidet über die Profitabilität. Wer versucht, mit niedrigen Preisen qualifizierten Service anzubieten, gewinnt zwar kurzzeitig Kunden, landet aber unter Garantie in der Insolvenz. Frag‘ nach bei Vapiano.

Hochsolvente Kunden haben ein noch höheres Anspruchsniveau. Wo Preise höchstens tertiärer Natur sind, müssen Unternehmen etwas bieten, was keiner hat, Exklusivität. Die Margen sind maximal attraktiv, aber Kunden schwer zu gewinnen. Amerikanische und chinesische Automobilbauer sind an dieser Aufgabe gescheitert, da sie den hohen Qualitätsvorsprung ihrer deutschen Wettbewerber nicht knacken konnten. Das erledigt nun die Politik für sie. Eine Branche, die sich nur auf das Luxussegment konzentriert, kann nicht vielen Unternehmen Platz bieten.

Der Staat besitzt viele Möglichkeiten, in das Marktgeschehen einzugreifen und er nutzt sie im Westen Europas weidlich. In der Energiepolitik werden die Energiequellen verknappt und Preise subventioniert („verteuert“) mit dem für Ökonomen wenig überraschenden Ergebnis, dass Deutschland die höchsten Energiekosten der Welt hat. Auf der anderen Seite ist der Arztbesuch kostenlos, es sei denn man leidet unter Zahnausfall. Übervolle Wartezimmer werden als Fehlplanung der Ärzte angesehen. Das Transportwesen ist mit Lizenzpflichten zugepflastert, obwohl jeder mit Führerschein (Lizenz) und einer funktionierenden Handy-App heute Menschen von A nach B transportieren kann. Bevor wir eine Debatte über die wenigen sinnvollen und die vielen unsinnigen Auflagen anfangen, setzen wir hier einen Punkt. Formulieren wir lieber einen weiteren Lehrsatz: Der Markt wird mit zu vielen Erwartungen überfrachtet. Jede Maßnahme kann jedoch nur ein Ziel wirksam verfolgen.

Wenden wir uns nach der langen Vorrede den ausgewählten Anwendungsgebieten zu.

Immobilien

Ein Standardvorwurf an den Markt lautet, ohne Eingriffe des Staates würden Unternehmen nur Luxusimmobilien bauen. Diese Meinung speist sich aus Medienberichten über die Neuerrichtung von Häusern und Apartments im Wert von Millionen, die gewöhnliche Menschen sich nur mit einem Lottogewinn leisten können. Auf der anderen Seite stehen unzählige Obdachlose und Bürger mit kleinem Geld, die von Vermietern ausgenommen werden. In einer solchen Welt sind staatliche Eingriffe nichts anderes als gelebte Nächstenliebe.

Das Seltsame an diesem Bild ist, dass man es nur mit einer sehr stark eingefärbten nationalen Brille erkennt. Eine solche Konzentration auf eine besonders zahlungskräftige Klientel unter Vernachlässigung von Millionen potentieller Kunden findet sich sonst in keinem OECD-Land, welches dem Autor bekannt wäre. Selbst in den ärmeren Regionen der EU können sich Bürger eine Immobilie leisten, die in Deutschland nicht einmal einen Konsumentenkredit bekämen. In Spanien haben nicht nur Reiche, sondern auch weniger Reiche, Nicht-Reiche, Weniger-als-Nicht-Reiche und Geht-so-Bürger ein Haus oder zumindest eine eigene Wohnung.

Warum lassen also international tätige Immobilienkonzerne einen Großteil des eigentlichen Marktes links liegen, obwohl dort große Absatzpotentiale liegen? Offensichtlich, weil nüchterne Controller in ihren Kalkulationen zu dem Ergebnis kommen, dass ein Marktpreis von 8-10 Euro fern einer Kostendeckung liegt. Bodenpreise, Auflagen, Lohnkosten bestimmen die Untergrenze, und diese liegt in Ballungsräumen eher im Bereich von 17-18 Euro. Folglich gibt es für Millionen Menschen in Deutschland keinen Markt. Die Idee von Sozialpolitikern ist, dass der Staat weitgehend die Rolle des Anbieters übernimmt und einen sozialpolitisch bestimmten Preis festlegt. Doch damit würde er sich wie so oft völlig verheben.

Ein Rechenspiel: In Deutschland gibt es 43,4 Millionen Wohnungen, die gemäß Vermögensstatistik der Deutschen Bundesbank einen Wert von 6,4 Billionen Euro haben. Der Wert von Grund und Boden ist da nicht eingerechnet, dieser ist mit einem Wert von 4,9 Billionen Euro anzusetzen. Würde der Staat die Hälfte der Wohnungsbauten unterhalten wollen, wofür ein degressiver Wert von einem Viertel, mithin 1,6 Billionen Euro, unterstellt würde, entstehen bei einer 20jährigen Nutzungsdauer jährliche Abschreibungen von 80 Milliarden Euro. Dazu kommen vier- bis sechsmal so hohe Unterhaltskosten, somit weitere 400 Milliarden Euro. Dem gegenüber stehen bei 2 Milliarden Quadratmeter Wohnfläche (Gesamt: 4 Milliarden qm) und einem festgelegten Mietpreis von 8 Euro/qm 192 Milliarden Euro Einnahmen gegenüber.

Nach dieser überschlägigen Kalkulation müsste der Staat den Wohnungsmarkt mit 0,3 Billionen bezuschussen. Zur Erinnerung: die gesamten Steuereinnahmen belaufen sich auf 1,0 Billionen Euro. Der Erwerb von Bodenfläche wurde nicht berücksichtigt. Die Absicht mancher Politiker, den Immobilienbereich weitgehend in staatliche Hand zu überführen, ist ein nicht zu bewältigendes Projekt.

Andererseits: Der Staat ist maßgeblich für die Verteuerung des Bauens und Wohnens verantwortlich. Seine Baulandpolitik begrenzt seit Jahrzehnten die Wohnfläche und sorgt für hohe Erwerbskosten sowie Immobilienspekulationen. Die Auflagen wurden allein in diesem Jahrzehnt mit dem Faktor 6 inflationiert. Es ist nicht so, dass Behörden und Bürokraten die Hebel nicht kennen würden. Kommt der Staat selbst in die Bredouille, kann er leicht über all seine Regeln hinwegsehen, auf deren Einhaltung er bei den Bürgern mit Gefühlskälte dringt.

2014 entschieden sich die Berliner in einem Volksentscheid strikt gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes im Herzen der Hauptstadt und für den Erhalt der Naturlandschaft. Weder solvente Berliner noch institutionelle Bauherren hatten ein Jahrzehnt eine Chance, in bester Lage eine wertvolle Immobilie zu erstellen oder zu erwerben. Doch die Politik der offenen Grenzen, die seit genau so langer Zeit den Zuzug mittelloser Flüchtlinge in millionenfacher Zahl ermöglicht hat, setzt mit dem Zwang des Faktischen auch politische Traumtänzer unter Druck. Schließlich müssen Menschen irgendwo leben und sei es in Wohncontainern. Solche Unterkünfte errichtet die Berliner Kommunalverwaltung seit 2022 auf dem Tempelhofer Feld. Derzeit leben dort, wo sonst niemand wohnen darf, knapp 300 Flüchtlinge auf Steuerzahlerkosten, der weitere Ausbau ist geplant.

Es sind solche Geschichten, die das Blut der Deutschen in Wallung bringen und ein kostenloses Werbeprogramm für die AfD abgeben. Politikverachtung gibt es gratis obendrauf.

Arbeitsmarkt

Mit den Arbeitsmarktreformen der Schröder-Regierung wurde der Bereich der Zeitarbeit kräftig entrümpelt. Aufgrund der Erfahrungen u.a. in den Niederlanden wurde der Branche eine entscheidende Rolle beim Abbau der hohen Langzeitarbeitslosigkeit zugemessen. 2005 waren 53% der hierzulande registrierten Arbeitslosen mehr als 12 Monate ohne Beschäftigung, nach Belgien der mit Abstand höchste Wert in der EU. In absoluten Zahlen waren das 2,7 Millionen Menschen, die als Erwerbsfähige dem Arbeitsmarkt zur Verfügung standen, aber trotzdem jahrelang keine Beschäftigung gefunden hatten. Im letzten Jahr vor der Pandemie, 2019, war diese Zahl auf 1,1 Millionen Langzeitarbeitslose gesunken.

Der Erfolg der Arbeitsmarktreformen gründet maßgeblich auf dieser Relation. Langzeitarbeitslosigkeit ist das Kernproblem im Arbeitsmarkt. Wer länger als ein Jahr ohne Job ist, verliert seine Kernkompetenzen sowie die Fähigkeit, sich in strukturierte Arbeitsabläufe einzufinden. Marktwert und Nachfrage sinken rapide. Unabhängig von der vormaligen Qualifikation ist es für Arbeitsvermittler eine große Herausforderung, solche Menschen wieder dauerhaft in Arbeit zu bekommen. Deswegen lassen es proaktiv agierende Länder nach Möglichkeit nicht so weit kommen. Doch deutsche Sozialpolitiker erzählen lieber die Geschichte, im Herzen Europas gäbe es eine besonders hohe Zahl von Menschen, die nicht wirklich arbeitsfähig seien.

Manpower & Co. leisteten die Hauptarbeit beim Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Zwischen 70 und 90 Prozent der lange Zeit Erwerbslosen fanden über die Zeitarbeit wieder Zugang zum Arbeitsmarkt. Unternehmen mit großer Stammbelegschaft scheuen das Risiko, Langzeitarbeitslose einzustellen, ist ihre Einstellung doch besonders teuer. Die hohen Kosten resultieren aus der hohen Absprungquote. Neulinge müssen eingearbeitet werden, in dieser Zeit sind sie nicht produktiv, verursachen aber hohe Aufwendungen. Andere Mitarbeiter sind in ihrer Arbeit eingeschränkt, Systeme werden angepasst. Zeitarbeitsfirmen fangen diese Risiken ab und stellen Personal nur für die Auslastungsspitzen.

Solche Zeitarbeiter weisen keine hohen Arbeitsproduktivitäten auf, verursachen aber erhebliche Aufwendungen. Dem wird durch niedrige Löhne für die Angestellten Rechnung getragen, die im Gegenzug festangestellt sind – mit Urlaubsanspruch und Krankengeld. Die gering qualifizierten Zeitarbeiter sind jedoch nur ein Teil des Marktes, der seine gewachsene Bedeutung durch die Sonderleistung beim Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit verdankt. Andere EU-Staaten mit geringerer Langzeitarbeitslosigkeit weisen andere Relationen auf.

Das Instrument der Zeitarbeit ist ein Instrument der Erwerbsarbeit unter vielen. Ihr verwandt sind freie Mitarbeiter, auch Freelancer, genannt sowie Werkarbeiter.

Freelancer: Der Bereich von Mitarbeitern ohne Arbeitsvertrag, die aufgrund einer freien Mitarbeit mit einem Unternehmen verbunden sind, wurde unter dem Arbeitsminister Walter Riester umgehend reguliert und bürokratisiert. Aus Sorge vor Scheinselbständigkeit, also der Schaffung prekärer Beschäftigungsverhältnisse ohne Sozialschutz, wurden die Anforderungen extrem hochgesetzt. Einzelpersonen dürfen nur dann als Freelancer arbeiten, wenn sie dauerhaft mehrere Arbeitgeber nachweisen können. Für Unternehmen dagegen ist es arbeitsrechtlich unbedenklich, wenn sie nur von einem Auftraggeber abhängig sind.

Werksleistung: Aufträge mit Gewerken verpflichten den Auftragnehmer zu einer bestimmten Leistung. Die beschäftigten Arbeitnehmer bleiben dabei im Betrieb des beauftragten Unternehmens disziplinarisch eingebunden und werden nach den dort geltenden Bedingungen vergütet – im Unterschied zu Zeitarbeitern.

Die ständigen Eingriffe und engen Regulierungen des Staates beschränken freie Regelungen auf wenige, meist hoch qualifizierte Personenkreise. Geschichte wiederholt sich und Deutschland macht immer wieder die gleichen Fehler. In den Achtzigerjahren geriet der Arbeitsmarkt in einen Zangengriff. Mit großzügigen, weitreichenden Transferzahlungen an Erwerbslose wurde es für immer mehr Deutsche unattraktiv, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Da vor allem geringer Qualifizierte aus dem Arbeitsmarkt ausschieden, stieg statistisch die Produktivität, was die Gewerkschaften zu höheren Lohnforderungen veranlasste. Hohe Löhne mit steigender Arbeitslosigkeit, damals „Sockelarbeitslosigkeit“ genannt, waren die Folge.

Nach dem Mauerfall brauchte die Arbeitsmarktpolitik 15 Jahre, um sich neu zu justieren. Die Mehrheit der deutschen Unternehmen verlagerte Teile der Produktion ins billigere Ausland, während die Politik mit mehr Kündigungsschutz und staatlich bezahlter Scheinbeschäftigung gegenzuhalten versuchte. Am Ende stieg nur die Frustration. Die Arbeitsmarktreformen zwangen weniger Qualifizierte wieder in Beschäftigung mit stagnierenden Sozialtransfers und mehr Druck auf Langzeitarbeitslose. Kanzlerin Angela Merkel erbte ein Jobwunder, ohne in den 16 Jahren ihrer Regierungszeit eine einzige Reform angeschoben zu haben.

Mit der Migrationskrise seit 2014 ziehen Millionen Menschen nach Deutschland, die weitgehend wesentlich schlechter gebildet sind als Einheimische. Als Reaktion wären eine Absenkung der Sozialstandards und der Löhne sowie die Erhöhung des sozialen Drucks auf Erwerbslose angezeigt. Doch die Politik setzt die gegenteiligen Akzente. Für Ökonomen sind die Ergebnisse völlig erwartbar: Während Millionen Neubürger im Bürgergeldbezug hängen, können immer weniger Stellen im Niedriglohnsektor, in der Gastronomie, der Logistik, der Hilfsdienste, nicht mehr besetzt werden. Selbst mit mittlerem Einkommen ist Erwerbsarbeit häufig nicht mehr finanziell attraktiv. Gleichzeitig steigt der Abgabendruck, weil die Politik immer mehr Transferempfänger in Arbeitslosigkeit und Rente mit immer weniger gutverdienenden Beschäftigten finanzieren muss.

Die Spirale des wirtschaftlichen Niedergangs ist erneut angeworfen worden und kein neuer Schröder in Sicht.

 

 

*) Kelly Bundy war die intellektuell etwas limitierte Tochter des rasend erfolglosen Schuhverkäufers Al Bundy in der Sitcom „Eine schrecklich nette Familie“ aus den Achtziger- und Neunzigerjahren.

{ 64 comments… add one }
  • Michael 7. Februar 2024, 09:19

    Ach Gottchen, Kelly Bundy glaubt Makroökonomie zu erklären. Süß.

    • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 09:33

      Ähm, Markroökonomie ist das mit Volkseinkommen (Y) = Konsum (C) + Investitionen (I) und so. Das mit Markttheorien und so ist der Kernbestandteil der Mikroökonomie. Muss man nicht wissen, aber wenn man als Dummy klüger sein will als Kelly Bundy, geht das definitiv in die Hose. Lassen Sie es, man blamiert sich nur selber. 😉

  • Thorsten Haupts 7. Februar 2024, 09:36

    Vielen Dank! Hier stimmt sachlich wirklich alles – und die Polemik gegen Politik ist durch die Politiker redlich verdient.

    Preisfrage: Warum überzeugt eine im Ergebnis antisoziale Politik trotzdem Wähler bzw. stösst sie wenigstens nicht ab? Antwort: Weil in deutschen Qualitätsmedien die von Stefan P aufgeworfenen Fragen als ausschliesslich moralische Probleme behandelt werden und dementsprechend nur moralisch einwandfreie Antworten zulässig sind. Stossen Moral und Realität aufeinander, hat die Realität journalistisch halt Pech gehabt.

    Wir werden uns unsere wahrscheinlich kommende, wieder langjährige, Rezession redlich verdient haben. Hinweis an Apokalyptiker: 2/3 der Gründe für diese Rezession sind hausgemacht und kein Ergebnis exogener Schocks.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • Thorsten Haupts 7. Februar 2024, 11:02

    Die hausgemachte deutsche Wohnungsnot im unteren Preissegment ist wirklich faszinierend:

    1) Seit den ansteigenden Migrationszahlen von +/- 2010 ist der steigende Bedarf für Blinde mit Krückstock absehbar
    2) Gleichzeitig hat die Finanzmarktkrise von 2008 als verdeckte Inflation sehr viel Geld in diesen Bereich gedrängt, das Rendite suchte
    3) Ebenso gleichzeitig haben zunehmend verschärfte Bauvorschriften dafür gesorgt, dass Mietbauten zu ortsüblichen Vergleichsmieten physikalisch völlig unmöglich gebaut werden konnten – gerechnet hat sich nur noch das ehemalige Luxussegment, das heute bei Neubauten zum politisch erzwungenen Standard wird

    Alles das kann ich einem 12jährigen Kind ohne Anstrengung erklären. Gab es darauf irgendeine auch nur ansatzweise wirksame Reaktion der deutschen Politik? Nein 🙁 . Stattdessen eine ausufernde Diskussion darüber, warum Mangelverwaltung (Vergesellschaftung und Mietendeckel) das absolut geeignete Instrument darstellt, das Problem zu lösen. Ich scheue mich, das Wort „Kleinkinderdebatte“ für diese Diskussion zu benutzen. Aus Respekt vor der Einsichtsfähigkeit von Kindern.

    Aber nein, Respektlosigkeit vor Politik hat wirklich absolut keine guten Gründe …

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 11:45

      Stefan behauptet ja seit längerem, die Anforderungen an die Politik seien gravierend gestiegen, weshalb es mehr junger Menschen ohne gültigen Studienabschluss bedürfe. An Robert Habeck wird, auch von Erwin Gabriel übrigens, gelobt, er würde gut zuhören. Der Test auf gutes Zuhören ist jedoch nicht, ob jemand an den richtigen Stellen „Aha“ und „Soso“ sagt. Das Entscheidende ist, ob der Zuhörer das Gesagte authentisch wiedergeben und als Exekutive die im Gespräch ausgemachten Probleme / Schwachstellen in seine Politik einfließen lässt.

      Ich bezweifele da stark, ob jemand wie Habeck ein guter Zuhörer ist. Gegenwärtig macht er ja der Union – Hinweis: er regiert mit der FDP – das Angebot, dass die Regierung (Kanzler ist übrigens ein gewisser Olaf Scholz) die Unternehmenssteuern senken könne. Sein Chef wusste davon nichts. Was hätte ein CEO in einer solchen Situation gemacht: richtig, den Mitarbeiter hochkant gefeuert, und sei es wegen Hochstapelei.

      Habeck will ausgemacht haben, dass die Höhe der deutschen Steuern nicht wettbewerbsfähig seien. Ich frage ich: Wie kommt er darauf? Meines Wissens nach wurden in den letzten Jahren die deutschen Sätze nicht erhöht und in den wichtigsten Ländern wie USA, Frankreich oder China nicht gesenkt. Die Situation hat sich also nicht geändert. Geändert haben sich allein Habecks politische Prioritäten, der eine Zuckerstange sucht, um die ihm von seinen Claqueren eingeflüssteren Subventionen politisch durchsetzen zu können. Denn leider hat ihm das Bundesverfassungsgericht sein Spielzeug kaputt gemacht. Heul!

      Ach so, den Soli, ein wichtiger Teil der Unternehmensteuern, will Habeck nicht abschaffen. Das könnte die Regierung allein, es würde nur 7 Milliarden Euro kosten und wäre einfach. Und das ist das Problem.

      Wie komme ich jetzt zum Wohnungsmarkt? Richtig, die Politik diskutiert seit 10 Jahren, ob durch Mietendeckel und Verstaatlichung das Problem fehlender Wohnungen gelöst werden könnte. From Experience sagt die Wissenschaft: Nein. Ein Kurztrip nach Genf hätte zu dem gleichen Ergebnis geführt, aber wir Deutschen müssen das erstmal eruieren. Es sind dann nicht die Marktergebnisse, die überzeugen, sondern Richtersprüche (die, die alles kaputtmachen). Man beschimpft Immobilienbesitzer, droht Institutionellen mit Enteignung, nennt sie Miethaie, gibt ihnen einen neuen Sack von Auflagen, deren Kosten sie nicht an die Nutzer der Immobilie umlegen dürfen und sagt anschließend: Nun baut mal schön.

      Ein Motivationslehrgang für 12jährige wäre bei solchen Politikern ein geigneter Bildungsweg.

      • Erwin Gabriel 7. Februar 2024, 13:05

        @ Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 11:45

        An Robert Habeck wird, auch von Erwin Gabriel übrigens, gelobt, er würde gut zuhören. Der Test auf gutes Zuhören ist jedoch nicht, ob jemand an den richtigen Stellen „Aha“ und „Soso“ sagt. Das Entscheidende ist, ob der Zuhörer das Gesagte authentisch wiedergeben und als Exekutive die im Gespräch ausgemachten Probleme / Schwachstellen in seine Politik einfließen lässt.

        Habeck ist nicht nur Wirtschaftsminister, sondern auch als wichtiger Vertreter der Grünen abhängig von den Träumern dort. Genauso, wie Christian Lindner nicht nur FDP-Chef, sondern auch der Finanzminister dieser Koalition ist, und deswegen nicht so handeln kann, wie er aufgrund seiner Parteifunktion müsste. Daher habe ich für beide Verständnis.

      • Detlef Schulze 7. Februar 2024, 14:26

        die Unternehmenssteuern senken könne. Sein Chef wusste davon nichts. Was hätte ein CEO in einer solchen Situation gemacht: richtig, den Mitarbeiter hochkant gefeuert, und sei es wegen Hochstapelei.

        Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung. Das bedeutet, dass der Minister auch mit der Opposition verhandeln kann.

        Meinungsverschiedenheiten zwischen Ministern sollten auch zuerst im Kollegium ausgeraeumt werden. Ein Machtwort des Kanzlers sollte eigentlich eher die Ausnahme sein.

        • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 14:40

          Kennen Sie die Wichtigtuer in Ihrem Job, die sich immer in die Belange der anderen reinhängen? Die kann keiner leiden, stimmt’s?

          Der Bereich Steuern und Finanzen gehört in das Ressort des Bundesfinanzministers. Das war schon immer so. Der Finanzminister entscheidet darüber, wie die notwendigen Ausgaben des Staates finanziert werden, weswegen er beispielsweise auch die Haushaltsnotlage erklären kann. Eine ganz vornehme Aufgabe des Finanzministers ist es, soweit angezeigt, Vorschläge für eine Steuerreform zu erarbeiten und dem Kabinett vorzulegen. Politisch ergibt das natürlich nur insoweit Sinn, so es ein Einvernehmen mit dem Bundeskanzler („Richtlinien der Politik“) gibt und eine Mehrheit im Parlament möglich erscheint, da dieses schließlich der Gesetzgeber ist.

          Der Bundeswirtschaftsminister hat mit all dem so wenig zu tun wie die Familienministerin und die Ministerin für Umweltschutz. Seine Aufgabe ist es allein, die im zugeteilten Mittel für Finanzhilfen an die Wirtschaft zielgerichtet zu verteilen. Dazu zählen Steuern expresis verbis nicht.

          Habeck ist in Unternehmen der Kollege, den niemand leiden kann.

          • Detlef Schulze 7. Februar 2024, 15:26

            Der Bereich Steuern und Finanzen gehört in das Ressort des Bundesfinanzministers.

            Wenn ein Steuergesetz ein Resort tangiert, ist dieses Ministerium natuerlich daran beteiligt. Ist doch voellig klar, dass das Verkehrsministerium sich ueber die KFZ-Steuer Gedanken macht, das Gesundheitsministerium ueber die Tabaksteuer und das Wirtschaftsministerium ueber die Gewerbesteuer. Das ist voellig normal und war schon immer so.

            • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 15:54

              Steuern sind allgemeine Einnahmen. Sie sind nicht zweckgebunden. Steuern auf Einkommen und Unternehmen haben mit dem Wirtschaftsressort nichts zu tun. Ich habe Ihnen mal die Zuständigkeiten des Wirtschaftsministeriums kopiert:

              Wettbewerbs- und Ordnungspolitik
              Regionale Wirtschafts- und Strukturpolitik
              Konjunktur und Wachstum
              Öffentliche Aufträge und Vergabe

              Der erste Punkt ist dabei die Kernkompetenz. Und da kommen Steuern nicht vor. Die Kfz-Steuer ist eine Ländersteuer. Die federführenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern führt traditionell das Bundesfinanzministerium. Zur Erinnerung, es ging um weit mehr, als dass der Wirtschaftsminister sich plötzlich Gedanken über die Steuerhöhe für Unternehmen macht. Er hat im Namen der Bundesregierung der Opposition Verhandlungen für Ausgestaltung und Höhe der Unternehmensteuern angeboten. Er ist ein totaler Aufschneider, denn er hat kein bisschen Prokura für einen solchen Schritt.

              Habeck hätte früher einige Möglichkeiten gehabt. Als Parteichef der Oppositionspartei Die Grünen hätte er konzeptionell Vorschläge in die politische Debatte einbringen können. Als Verhandlungsführer der Grünen hätte er in den Sondierungs- und später Koalitionsgesprächen auf Steuerentlastungen drängen können. Er hätte auch eine entsprechende Zuständigkeit verhandeln können. Das alles hat er nicht getan, ihm waren andere Themen, insbesondere im Klimaschutz, weit wichtiger.

              Heute könnte er im Kabinett und in den turnusgemäßen Gesprächen auf Koalitionsebene eine Initiative starten, dass seine Partei Steuersenkungen unterstützen würde. Dann könnte der Bundeskanzler den Finanzminister bitten, entsprechende Konzepte auszuarbeiten.

              Das alles tut Habeck nicht. Er ist ein Schwätzer, der wie bei seinen Statements zu den Terrorakten der Hamas und der antisemitischen Proteste auf deutschem Boden schöne Reden im Internet hält und am nächsten Tag durch seinen Sprecher erklären lässt, dass seine Reden natürlich ohne Konsequenz auf die Politik der Bundesregierung bleiben sollen.

              • Detlef Schulze 7. Februar 2024, 21:26

                Steuern auf Einkommen und Unternehmen haben mit dem Wirtschaftsressort nichts zu tun.

                Ich habe mal gegoogelt: „Wirtschaftsminister Steuersenkung“

                Mit name={Altmaier, Bruederle, Guttenberg, Glos}

                Jeder dieser Wirtschaftsminister hat Steuersenkung gefordert. Andere Namen habe ich nicht probiert. Es scheint eher eine Standardforderung eines jeden Wirtschaftsministers zu sein.

                • Stefan Pietsch 8. Februar 2024, 00:17

                  Das waren immer Appelle, wie sie auch der Bund der Steuerzahler regelmäßig äußert. Keiner machte konkrete politische Vorschläge.

                  Meine Kritik an Habeck – und da bin ich ja nicht allein – ist wesentlich konkreter und grundsätzlicher. Habeck kann sagen, wir sollten die Steuern senken. Schön. Abgesehen davon, dass der Grüne in der Sache null Glaubwürdigkeit besitzt, kein Problem. Vielleicht nimmt er ja einfach wieder einen Clip auf.

                  Doch Habeck hat etwas anderes getan: Als Teil der Exekutive (Minister = Diener) unterbreitet er der Opposition ein Angebot, wie der Finanzminister zusätzliche Kredite aufnehmen könne, woraus der Finanzminister einen Teil für eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes verwenden könne. Gleichzeitig machte er klar, dass eine Abschaffung des Solis vom Finanzminister nicht durchgeführt werden könne. Hä???

                  Habeck hatte genau zwei ordentliche Möglichkeiten: Den Vorschlag einer Senkung des Körperschaftsteuersatzes im Kabinett diskutieren lassen oder im Koalitionsausschuss, wo er Mitglied ist, die Unterstützung seiner Fraktion für eine solche Maßnahme dem Kollegen Lindner zusichern. Habeck entschied sich für die dritte Möglichkeit.

  • Thorsten Haupts 7. Februar 2024, 12:19

    Sein Chef wusste davon nichts. Was hätte ein CEO in einer solchen Situation gemacht: richtig, den Mitarbeiter hochkant gefeuert, und sei es wegen Hochstapelei.

    Yup, genau genommen hat Habeck nach früher gültigen Politikstandards damit die Koalition aufgekündigt.

    Nun baut mal schön.

    Ein Desaster mit Ankündigung. Wenn sowohl Theorie als auch Praxis eindeutig und einhellig gegen eine „Lösung“ sprechen, ist das mit Sicherheit keine. Aber respektieren soll ich die dafür verantwortlichen Politiker trotzdem? Nein, danke.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 13:12

      Das ist eine Regierung, die sich bei den harten Themen in Symbolik erschöpft, Stefan hat ja eines davon gerade angetriggert. Sage, wir machen eine Abschiebungsoffensive, die so gestaltet ist, dass nach Möglichkeit niemand abgeschoben wird – mit Warnfunktion an die Kandidaten für die Abschiebung. Genial!

      Mit dem Aufschub des Atomausstiegs war es genau das Gleiche: Wir schieben um 3 Monate auf, in der Zeit dürfen aber keine weiteren Brennstäbe abgefackelt werden, das Ganze wird nur gestreckt. Es ändert sich nix und der Bürger merkt nix (hoffentlich).

      • Detlef Schulze 7. Februar 2024, 17:13

        Das ist eine Regierung, die sich bei den harten Themen in Symbolik erschöpft …

        Wenn die Regierung aber was Konkretes macht (Heizungsgesetz) um ein hartes Thema (Klimaschutz) anzugehen sind Sie auch nicht zufrieden.
        Sie sehen, ich mag den Wirtschaftsminister, dass muss ich nicht weiter ausfuehren – da bin ich in der Minderheit, ich weiss.

        Was konkrete Massnahmen angeht, moechte ich auch mal ganz ausdruecklich den Justizminister positiv hervorheben. Ganz grossartiger Mann!

        • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 17:46

          Die Kritik am Heizungsgesetz ist, dass sie eng planerisch die Alternative vorschreibt, während der Staat keine Infrastruktur zur Erfüllung der gesetzgeberischen Anforderungen geschaffen hat. Aus umweltökonomischer Sicht ist zu kritisieren, dass der Minister mit sehr hohem, dreistelligen Milliardenaufwand eine CO2-Einsparung erzielen will, die die Emissionen in Deutschland kaum messbar senken würde. Ebenfalls ist als Ökonom zu kritisieren, dass die Regierung in viel zu kurzer Zeit eine Maßnahme umsetzen will, für die in anderen Rechtsstaaten den Bürgern ein Vielfaches der Zeit eingeräumt wurde. Die Kritik geht an die Grundfesten des Verfassungsstaates, denn das Heizungsgesetz ist ein maßgeblicher Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum.

          Wofür loben Sie den Bundesjustizminister? Dafür, dass er eine Maßnahme verfolgt, die Ihnen politisch zusagt. Das ist übrigens nicht meine Kritik an Habeck. Meine Fundamentalkritik ist, dass er bar wissenschaftlicher Expertise und ohne politische Rücksichtnahmen agiert. Das nennt man ideologisch. Ich sehe Marco Buschmanns Initativen im politischen Raum kritsch-ablehnend. Anders als Habeck hat er jedoch Ahnung von seinem Fach, amateurhafte Fehler unterlaufen ihm nicht. Das ist gutes Regierungshandwerk.

          Zu Beginn der Ampelregierung stand ich Habeck positiv-aufgeschlossen gegenüber. Leider hat er sich in den zwei Jahren oft als dilettanisch und ideologiegetrieben entpuppt. Ich sehe für ihn keine große politische Zukunft. Und ein Politiker mit derart schlechten Zustimmungswerten konnte sich in den letzten 40 Jahren noch nie von dem immensen Vertrauensverlust erholen.

          • Erwin Gabriel 7. Februar 2024, 19:48

            @ Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 17:46

            Die Kritik am Heizungsgesetz ist, dass sie eng planerisch die Alternative vorschreibt, während der Staat keine Infrastruktur zur Erfüllung der gesetzgeberischen Anforderungen geschaffen hat.

            Das ist ein ganz entscheidender Punkt, über den auch nicht hinwegtrösten mag, dass er bei weitem weder der Erste noch der Einzige ist. Mir fallen Dutzende Beispiele aus den Vorgänger-Regierungen ein, die ähnlich liefen.

            Davon ab finde ich den Wirtschaftsminister auch durchaus sympatisch. Er bemüht sich zumindest (ja, ja, ich weiß …), die Anforderungen aus allen Ecken unter einen Hut zu kriegen, was ich bei anderen (angefangen bei Olaf Scholz) nicht entdecken kann.

        • Stefan Sasse 8. Februar 2024, 14:52

          Richtig. Stefan wird die immer kritisieren, egal was sie tun oder nicht tun.

          • Stefan Pietsch 8. Februar 2024, 16:12

            Seltsame Einstellung für jemanden, der sich als progressiv empfindet mit einer doch sehr positiven Einstellung eine Regierung zu bewerten, die unter keinem Aspekt gut abschneidet – schon gar nicht beim in Punkto Zielgenauigkeit der Maßnahmen und qualitative Ausarbeitung der Gesetze. Eine Regierung, die binnen Monate heftige Ohrfeigen vom Verfassungsgericht ob Verletzung demokratischer Prinzipien und haushaltsrechtlicher Grundsätze bekommt, wird von kritischen Bürgern nicht gut bewertet – egal welche Farben sie hat.

            • Stefan Sasse 8. Februar 2024, 16:22

              Das ist ja nicht mein Punkt. Mein Punkt ist, dass du sie scheiße finden willst, egal was sie tun 🙂

              • Stefan Pietsch 8. Februar 2024, 16:37

                Das stimmt eben nicht. Ich war der Ampel aufgeschlossen gegenüber eingestellt, markierte aber schon 2021 die Soll-Bruchstellen. Bei Habeck habe ich mich völlig verschätzt, nach wenigen Monaten mutierte er zum Ideologen, der seine geistige Festgefahrenheit nur durch seine hervorragende Rhetorik kaschieren kann. Erst der Ausstieg aus der Atomkraft, dann das Heizungsgesetz. Im Grunde zeigen beide Maßnahmen, dass es den Grünen kein bisschen ums Klima geht – und daran müsstest doch gerade Du sie messen. Ich tue es.

                In meiner Karriere fand ich zu Beginn auch viele Sachen toll. Dann hat man sie gemacht und danach eine Erfolgsmessung. Wer erfolgreich sein will, muss als erstes ehrlich zu sich selbst sein. Fit it or Skip it!

  • Lemmy Caution 7. Februar 2024, 14:21

    Die „Pietschenomics“ funktioniert so:
    Alle Märkte haben auf Nachfrager- und Anbieterseite viele atomistische Teilnehmer ohne Markteintrittsbarrieren. Es herrscht vollständige Transparenz und alle Güter sind homogen. Die Preiselastizität von Angebot und Nachfrage sind round about 0,5. Alle Marktteilnehmer reagieren unendlich schnell auf Veränderungen.
    Wer dieses offensichtliche Modell in der Realität nicht immer und überall wiederfindet, ist moralisch aufgeladener Langzeitstudent.

    Die logische Schlußfolgerung aus dieser Sichtweise auf Ökonomie kann nur eins bedeuten: Die sofortige Schließung aller Forschungseinrichtungen, die sich mit Ökonomie beschäftigen. Wäre das alles so klar und einfach, bräuchten wir keine Ökonomie als Wissenschaft.

    • Thorsten Haupts 7. Februar 2024, 14:48

      Nee Lemmy.

      Bei der Wohnungsbaupolitik geht es nicht um perfekte Märkte, nicht einmal um annähernd perfekte. Sondern um ein mit absoluter Sicherheit vorhersehbares (existentielles) Problem, um das sich schlicht mehr als 10 Jahre lang niemand wirklich gekümmert hat. Zur Zeitarbeit und Arbeitnehmerüberlassung könnte ich einen ganzen Artikel verfassen, lasse es aber lieber – ich schätze meinen niedrigen Blutdruck.

      Beides keine Themen von „Pietschenomics“. Sondern von einer bizarr anmutenden Mischung aus Unkenntnis, Moralismus und Vernachlässigung in der Politik.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

    • Michael 7. Februar 2024, 15:12

      Seine «Analyse» hat ja auch nichts mit der Realität zu tun. Er hat einfach die Grundsätze der Neoklassik aus der Einleitung eines Lehrbuchs (Mankiw „Grundzüge der Volkswirtschaftslehre»?) abgeschrieben und mit seinenVorurteilen angereicht … fertig sind die «Pietschenomics“.

      • Thorsten Haupts 7. Februar 2024, 15:52

        Dieser Vorwurf gegen den aktiven Finanzvorstand eines grösseren Mittelständlers entbehrt wirklich nicht der Komik. Sie fangen wirklich an, mich zu amüsieren – bitte weiter so.

      • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 15:59

        Haben wir geklärt, dass die Markt- und Preistheorien zur Mikroökonomie und nicht, wie von Ihnen behauptet, zur Makroökonomie gehört? Dann können wir weitermachen. Könnten Sie ein bisschen ausführen, wo der Artikel nicht realitätsnah ist, obwohl ich mich doch genau um Beispiele aus der Praxis bemüht habe?

        • Lemmy Caution 7. Februar 2024, 22:20

          Erst skizzierst Du mit kühnen Strich einen kleinen Teil des Bildes 1 von 5 der Basics der Markt und Preistheorie (man beachte dieses Inhaltsverzeichnis https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-08502-8#toc)
          und gehst dann munter zu einem rant über ein paar aggregierte Daten der Volkswirtschaft und Wirtschaftspolitik im allgemeinen über.

          Stefan, tu agis comme un artiste, pas comme un scientifique.

          • Stefan Pietsch 8. Februar 2024, 00:08

            Sag‘ mal, Lemmy, was soll das? Das behauptet irgendein – ich bin versucht I…. zu schreiben – ich hätte irgendetwas abgeschrieben, und Du springst drauf? Ich habe in laienhafter Sprache zwei, drei Grundzüge der Preistheorie skizziert. Damit beginnt übrigens das VWL-Studium. That’s it. Welche aggrgierten Daten meinst Du? Im Artikel oder später? Ich weiß wirklich nicht, wovon Du schreibst.

            P.S.: Ich kann kein Wort Französisch.

            • Lemmy Caution 8. Februar 2024, 22:14

              Ich hab den Kommentar einfach irgendwo eingehängt. Der Kommentar auf den ich geantwortet habe, fand ich jetzt auch nicht so prall. Wir kopieren alle von irgendwo. Ohne die Mönche im Mittelalter, die die alten antiken Texte immer weiter kopiert haben, hätte wohl weder Renaissance noch Auflärung stattfinden können.
              Aber ich denke inzwischen, dass das Gewicht der Ökonomie im Allgemeinen und der Neoklassik im Speziellen durch zu starke Vereinfachung gewisser selbsterklärter Apologeten in der öffentlichen Wahrnehmung Schaden genommen hat. Die Diskurse Liberalismus vs Strukturalismus hatten in ihrer Zeit viel mehr Tiefe. Ist mir jetzt gerade auch verstärkt bei der Lektüre des Buchs von Edwards über die Chicago Boys aufgefallen, der ja einiges über die Diskurse rund um Milton Friedman der damaligen Zeit vermittelt.
              In der Zeit des von Mauerfall, großer Erfolge marktwirtschaftlicher und exportorientierter Elemente in Ostasien sowie der Lateinamerikanischen Verschuldungskrise hat sich dann auf liberaler Seite ein starker Triumphalismus breit gemacht, der dann zu den fatalen Simplifizierungen geführt hat.
              Du erklärst ein zentrales Modell der Markt- und Preistheorie zur alleinigen Basis jedes „vernünftigen“ Ökonomischen Denkens. Aber es ist halt nur ein Modell von vielen, wie aus dem verlinkten Inhaltsverzeichnis klar ersichtlich ist.
              Meine Einstellung zum Wirtschaftsliberalismus ist in den letzten 15 Jahren sicher kritischer geworden, ich will das Kind aber nicht mit dem Bad ausschütten. Ich denke, dass es vielen so geht.
              Französisch ist Weltsprache und die Sprache unseres wichtigsten Handelspartners. Der kurze Satz läßt sich ja in google übersetzen. Ich verstehe aktuell überhaupt, wie ich es 55 Jahre ohne Französisch auf diesem Planeten ausgehalten habe.

              • Stefan Pietsch 9. Februar 2024, 11:36

                Schon gut Lemmy. 🙂 Bis zum nächsten High Five!

                Du erklärst ein zentrales Modell der Markt- und Preistheorie zur alleinigen Basis jedes „vernünftigen“ Ökonomischen Denkens.

                Eben nicht. Die Mikroökonomie befasst sich mit dem individuellen Verhalten der Wirtschaftssubjekte, was der Unterschied zur Makroökonomie ist, die beschreibt, wie alles zusammenwirkt. Markt- und Preistheorien sind zum einen vielfältig, zum anderen nur ein Teil der Mikroökonomie. Es ergibt jedoch nur Irrsinn, das Verhalten von Immobilienentwicklern und Arbeitsmärkten auf die Metaebene von Konsum (C) und Investition (I) sowie der Geldpolitik zu schieben. Was soll da der Leser verstehen?

                Weißt Du, warum ich so gerne Menschen führe? Weil sie individuell sind. Sie haben Stärken und Schwächen, Launen und Motive. Sie sind keine Roboter oder Computer. Es kommt im Umgang mit ihnen immer etwas anderes heraus und die Aufgabe von mir als Führungskraft ist, sie möglichst gut im Team zusammenzusetzen. Manche betrachten das von der Metaebene. Kein Mitarbeiter findet so ein Verhalten von Vorgesetzten prickelnd.

                Lemmy, Du kannst mir schon zutrauen, irgendeinen Text über Google übersetzen zu lassen. Aber ich dachte, Du machst den Spruch um mich anzusprechen. Das setzt jedoch voraus, dass ich die Sprache verstehe und es nicht erst googeln muss.

  • Detlef Schulze 7. Februar 2024, 14:42

    Ich verstehe die Rechnung zu den Immobilien nicht. Sie scheinen davon auszugehen, dass die Wohnungen zu Markpreisen gekauft werden und dann unter Marktpreise vermietet werden. Das fordert doch niemand. Es geht darum, dass mit oeffentlichen Geldern Grundstuecke erworben werden um Mietskasernen zu bauen. Die sind billiger. Da braucht man schonmal keinen Stararchitekten, sondern da wird ein Haus entworfen, dass dann im ganzen Land gebaut wird.

    Und wie kommen Sie auf vier- bis sechsmal so hohe Unterhaltskosten? Sind das Kosten fuer Sanierung und Instandhaltung? Oder etwa fuer Muell, Strassenreinigung, Hausmeister, usw? Letzteres wird ja sowieso auf die Mieter umgelegt. Die 8Euro/m^2 ist ja Kaltmiete. Und Sanierung und Instandhaltung kostet doch nicht so viel. Das wuerde ja bedeuten, dass ich mir alle 5 Jahre einen Neubau hinstelle. Wo ist mein Denkfehler?

    Wer versucht, mit niedrigen Preisen qualifizierten Service anzubieten, gewinnt zwar kurzzeitig Kunden, landet aber unter Garantie in der Insolvenz. Frag‘ nach bei Vapiano.

    Da war ich im falschen Vapiano. Ich musste mir mein Essen selbst zusammenstellen und habe etwas mehr bezahlt, als beim normalen Italiener. Fuer das, was die Vapiano-Koeche gemacht haben, Zutaten nach Wunsch des Kunden zusammenmixen, braucht man keinen ausgebildeten Koch.

    • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 15:32

      Die zugrundeliegende Annahme ist, dass der Staat den Bestand an Wohnungsimmobilien in der Verwaltung übernimmt. Das ist die günstigste aller Annahmen. Nicht berücksichtigt werden dabei Einmalkosten wie für den Erwerb von Grundstücken. Das ist natürlich theoretisch. In der Realität wären bei Enteignungen Marktpreise für Wohnungen als auch Grund und Boden zu zahlen. Alternativ wären neue Wohnungen zu bauen, hier ist der Staat jedoch aufgrund der Marktgegebenheiten außerordentlich gehändicapt. Die Ressourcen sind außerordentlich limitiert, seit Jahren gehen die frisch auf den Markt drängenden Bauingenieure zu den großen Immobilienentwicklern und nicht zum Staat. Würde er diese Leistungen einkaufen und private Nachfrager verdrängen wollen, müsste er wesentlich höhere Preise zahlen.

      Zugrundegelegt wurden wie gezeigt die Nettowerte des Bestandes an Wohnungsimmobilien in Deutschland. Da der Staat nicht für eine exklusive Klientel Wohnungen bauen wird, wurde eine degressive Verteilung unterstellt. Aber: In dem heutigen Bestand sind im wesentlichen weniger werthaltige Immobilien in millionenfacher Zahl eingeschlossen – die Bruchbuden im Ruhrgebiet ebenso wie die Bauten im Osten. Eine zu starke degressiver Verteilung wäre da nicht realitätsnah.

      Zu den Kosten eines Immobilienunternehmens geben die Jahresabschlüsse der großen Konzerne einen Einblick. Der Staat wäre am ehesten mit diesen vergleichbar und nicht mit dem kleinen Immobilienbesitzer, der seine Anlagen als Alterseinkommen hält. Die Aufwendungen für Abschreibungen sind da nur ein kleiner Teil der Gesamtkosten.

      Auch für Mietskasernen müssen die Bauvorschriften eingehalten werden. Der Punkt ist doch: Viele Immobilienunternehmen würden gerne günstige Wohnungen anbieten. Sie können es nicht aufgrund der Umstände, die auch für den Staat gelten. Es sei denn, er setzt seine eigenen Regeln außer Kraft und baut Wohnungen, in denen keiner leben will. Wenn das das ist, was Sie unterstellen würden, dann kann die Rechnung günstiger ausfallen, ja.

      Vapiano ist 2020 (?) in Insolvenz gegangen. Die Kette hatte ein umfangreiches, abwechslungsreiches Portfolio an Gerichten, die in besten City-Lagen vor dem Kunden zubereitet wurden. Das Konzept war nicht tragfähig. Heute sind viele Prozesse automatisiert, der Kunde übernimmt selbst den gesamten Bestellprozess und muss für jede Kleinigkeit sehr viel zahlen. Die Gerichte sind heute teurer als beim Italiener.

    • Thorsten Haupts 7. Februar 2024, 15:54

      Fuer das, was die Vapiano-Koeche gemacht haben, Zutaten nach Wunsch des Kunden zusammenmixen, braucht man keinen ausgebildeten Koch.

      Nein, nur deutlich – deutlich – mehr Personal, als in einer üblichen Grossküche. Und dafür war der Preisaufschlag gegenüber den Schnellimbissen eben nicht hoch genug.

    • Erwin Gabriel 7. Februar 2024, 20:58

      @ Detlef Schulze 7. Februar 2024, 14:42

      Sie scheinen davon auszugehen, dass die Wohnungen zu Markpreisen gekauft werden und dann unter Marktpreise vermietet werden. Das fordert doch niemand.

      Letztendlich ist das die Kosequenz, die sich aus dem Handeln des Staates ableiten lässt. Ich hatte das hier an mehreren anderen Stellen schon detailliert ausgeführt.

      Wenn man als Vermieter eine WOhnung, ein Haus oder einen Wohnblock etwa vom technischen Stand von 1975 vermietet, ohne es vorher energetisch zu sanieren, muss man einen Teil der Heizungskosten der Mieter übernehmen.
      Teilsanierung ist schwierig: Nur alle Fenstter und alle Türen neu geht nicht,; ab einer gewissen prozentualen Veränderung muss man alles machen, im obigen Beispiel etwa die Außenhülle gleich mit. Will man das Dach abdichten, bekommt man mit Pech auch noch Solar aufs Auge gedrückt. Fördertöpfe sind leer, und die Vorgaben so streng, dass man netto mit Förderung genau so weit kommt wie ohne.
      Ist so ein vermietetes Haus dann mal für 60.000 bis 120.000 Euro saniert, darf der Vermieter die Kosten nicht 1:1 auf den Mieter umlegen; mehr als 2 Euro pro qm geht nicht – es sei denn, dass die Miete eine gewisse Höhe überschreitet, dann dürfen es 3 Euro pro qm sein; also probieren die Vermieter, die Miete entsprechend hochzudrücken.
      Wir haben ein altes Haus, Baujahr 1968, zwei Wohnungen á 66 qm. Eine Sanierung bedeutet für uns 80.000 Euro; Miete inkl. Nebenkosten gingen für die Mieter um 50 % hoch, während meine rau Fund ich (beide 66 Jahre alt) zwanzig Jahre an einem Kredit knabbern. Sanieren wir nicht, dürfen wir 80 % der Heizkosten unserer Mieter zahlen.

      Ist das Haus dann saniert und die Hülle dicht, droht Schimmel. Ab einer gewissen Schimmelbildung sind 25 % Mietminderung drin. Die Verursacherfrage zu stellen ist müßig, da im Streitfall die Gerichte dem „armen“ Mieter gegen den „reichen“ Grundbesitzer zur Seite stehen.

      Also Neubau. Hier fehlt es in der Regel dort an Grundstücken, wo Wohnungen benötigt werden – also in Städten (große Ausnahme ist Berlin; hier gibt es Grundstücke, die nicht genutzt werden, und Tempelhof ist nur eines davon). Die Städte, die über Grundstücke verfügen, verkaufen diese in der Regel meistbietend. Sie haben kein Geld fürs selbst bauen, weil ihre Kassen durch die hohen Sozial- und Flüchtlingshilfen leer sind.

      EIn weiterer Aspekt: Wer ein größeres Wohnprojekt genehmigt haben möchte, wird gezwungen, einen Teil der Wohnungen für einen bestimmten Zeitraum (im Mittel 25 Jahre) als Sozialwohnung zu vermieten. Das lässt cih, wenn überhaupt, nur über Mischkalkulation hinkriegen; die anderen Wohnungen werden dadurch teurer. Ist die Befristung abgelaufen, darf der Wohnungsbesitzer die Sozialwohnung in eine normale Wohnung umbauen; da er nach der Zeit in der Regel eh renovieren muss, wird schick gemacht und anschließend teuer vergeben.

      Wer neu baut, muss sich an alle aktuell geltenden Vorschriften halten. Diese verteuern das Bauen erheblich, weil sehr viele Aspekte berücksichtigt werden müssen. Gute Wärmedämmung (kriegt man, wenn man als Isolator mehr Luft in den Stein gibt), gute Schalldämmung (kriegt man, wenn man statt Luft wieder mehr Material in den Stein packt), anspruchsvolle Technik der Wärmerückgewinnung / Zwangsbelüftung mit Wärmetauscher, Solar auf dem Dach, Stromheizung, nicht zu vergessen Barrierefreiheit.

      Dann landet man bei dem von Stefan Pietsch genannten Wert (den ich eher zu niedrig als zu hoch angesetzt sehe).

      Eine weitere Situation, auf die Unternehmer stoßen, die ein teures Grundstück erwerben wollen, um darauf selbst in einfacher Ausstattung teuer zu bauen: Die Banken. Die sind durch den Gesetzgeber gezwungen, ihre Kredite abzuzsichern. Das hat zur Folge, dass sie Kredite für ein Bauprojekt nur dann gewährend, wenn die Rendite groß genug ist, um das Projekt sicher zu tragen. Sie schreiben also eine hohe Miete vor, bevor sie Geld vergeben.

      Hier greifen verschiedene Situationen und Gesetze ineinander, die erst einmal ichts miteinander zu tun haben, aber sich beeinflussen. Der Staat ignoriert die Situation. Und deshalb läuft die nach außen sichtbare Forderung wirklich darauf hinaus, dass man für teuer Geld Wohnungen baut und günstig vermietet. Wer Billig-Wohnungen billig vermiete, ist ein Schwein, weil die Wohnungen in schlechterem Zustand sind. Wer teure Wohnungen baut und vermietet, ist auch ein Schwein, weil er nicht billig vermietet.

      Es läuft in der Tat darauf hinaus, dass die Öffentlichkeit zu meinen scheint, dass Reiche Leute dahingehend etwas Sinnvolles mit ihrem Geld tun sollen, etwa, ihnen eine schicke, billige Wohnung zu spendieren; Minister wie Hubertus Heil hauen in die gleiche Kerbe.

      Es geht darum, dass mit oeffentlichen Geldern Grundstuecke erworben werden um Mietskasernen zu bauen. Die sind billiger.

      Das Geld wäre grundsätzlich da, ist aber schon für Sozialleistungen und Flüchtlingshilfen vergeben Und wenn es genung zusätzliches Geld gäbe würden die Kommunen den gleichen Beschränkungen wie Privatleute unterliegen, verschärft um die Faktoren „Handarbeit statt Digitalisierung“ oder Personal-/Fachkräftemangel.

      Ist halt wirklich eine verfahrene Situation, wo jede Seite in eine andere Richtung zieht. Deshalb wird auch die nächsten 20 Jahre nichts vorangehen.

      • Detlef Schulze 8. Februar 2024, 09:28

        @Erwin Gabriel

        Danke für die ausführliche Antwort.

        Sie haben sicher in vielem Recht. Auch ich denke, dass es Quatsch ist die Vermieter an den Nebenkosten von unsanierten Immobilien zu beteiligen. Sowas kann der Markt wahrscheinlich selber besser regeln, nach dem Motto. Wer nicht saniert kann dann auch weniger Kaltmiete verlangen, weil die Nebenkosten ja bereits sehr hoch sind.

        Dass man Sanierungskosten nicht beliebig auf die Mieter umlegen kann, finde ich aber richtig. Sie sprechen ja von max. 2 Euro/m^2, also 132 Euro für eine 66m^2 Wohnung. Das ist schon recht ordentlich für die Mieter. Dass Sie dadurch wahrscheinlich keinen Kredit bei der Bank für eine Sanierung bekommen, wegen ihres fortgeschrittenen Alters ist sicher ärgerlich für Sie. Allerdings brauchen auch die Immobilienbesitzer nicht zu erwarten, dass bei den Mietern (in der Summe) überhaupt das Geld vorhanden ist um die Sanierung über die Miete mitzutragen. Jetzt argumentieren Sie wahrscheinlich, dass genau hier jetzt der freie Markt ein optimales Gleichgewicht herstellt, so dass (im Mittel) sowohl Mieter als auch Vermieter die Sanierung bezahlen, anteilig, je nach eigenen finanziellen Möglichkeiten. Das mag funktionieren, aber ob Sie dann tatsächlich mehr die Miete erhöhen können als 2 Euro/m^2, ist erstmal fraglich. Aus Sicht der Mieter ist das aber aber schlecht, die müssen nämlich erstmal die Wohnung wechseln. Der Mieter hat ja bei der Mietpreisfindung auf dem Markt auch immer das Problem, dass ihm Aufwand und Mehrkosten entstehen, wenn er die Wohnung wechselt. Wenn er also schon in der Wohnung wohnt, verschlechtert sich sein Verhandlungsposition.

        Was die Baukosten für Neubauten angeht, interessiert mich, wie hoch die zusätzlichen Kosten überhaupt sind, die durch energetische Vorschriften entstehen. Ich will mich hier nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen, aber ich glaube, dass sich das Neubeuten sich um vielleicht 5% verteuern. Im Vergleich zu gestiegenen Bodenpreisen, die Kosten für Handwerker und Baumaterialien ist das nicht so der Preistreiber. Ein Haus zu sanieren ist natürlich viel teurer, da fallen ja sehr viele Arbeiten an, die beim Neubau sowieso gemacht werden müssen, unabhängig von energetischen Vorschriften (Gerüst mieten, Dach abdecken und Neudecken, Wand verputzen ….). Je groesser das Haus, desto weniger fällt das auch ins Gewicht. Wenn man einen Stock höher baut, ändert sich ja die Dachfläche nicht. Hinzukommt, dass ein gut isoliertes Haus eine kleinere Wärmepumpe braucht, was die Baukosten wieder senkt. Bei kleinen Häusern (Einfamilien- oder Reihenhauesern) kann man sich eine Zentralheizung evtl. ganz sparen und nur mit lokalen IR-Heizungen heizen, die Kosten nur ein Bruchteil.

        Zu Letzt; das mit dem Schimmel ist ein Märchen. Das Gegenteil ist der Fall. Ich wohne selber in einem unsanierten Haus aus den späten 60er Jahren und wir bekommen im Winter nasse Wände, weil die Waende von außen schlecht (gar nicht) isoliert sind und sie auch von innen so kalt werd, dass Wasser kondensiert. Der einzige Grund, warum Schimmel nach einer Sanierung entstehen kann ist, wenn man es selber macht, ohne sich vorher zu informieren.

        • Stefan Pietsch 8. Februar 2024, 10:25

          Die Frage ist immer, wer die Kosten einer Maßnahme zu tragen hat. Liberale sagen: Der Nutzer. Linke sagen: kommt darauf an, wer das vermutet größere Portemonnaie hat (Schwanzvergleich).

          Linke befürworten das Verursacherprinzip so lange, wie sie meinen, dass dadurch Schwächere geschützt werden. Wir hatten hierzu die Diskussion über negative externe Effekte. Die Meinung der linken Kommentatoren war rigider als die der Konservativ-Liberalen: Sämtliche nur denkbaren Kosten sind dem Verursacher (Unternehmen) aufzuerlegen. Wer dem nicht folgt, macht Lobbypolitik.

          Warum die Vorrede? Sie schlagen in die gleiche Richtung. Wer ist Verursacher und Nutznießer von Sanierungsmaßnahmen? Der Mieter. Folglich hat er die Kosten hierfür vollumfänglich zu tragen. Wer ein Auto least oder kurzzeitig mietet, muss schließlich auch die gesamten Kosten inklusive Wertverlust tragen. Sie führen jedoch ein sachwidriges Argument ein: Kann sich der Mieter die Wohnung noch leisten? Tja, wenn er sie sich nicht leisten kann, muss er sich eine suchen, die er sich leisten kann. Das ist eigentlich ziemlich einfach. Free Riding steht einem selbstbestimmten Leben entgegen.

          • Detlef Schulze 9. Februar 2024, 12:05

            Wer ist Verursacher und Nutznießer von Sanierungsmaßnahmen? Der Mieter. Folglich hat er die Kosten hierfür vollumfänglich zu tragen.

            Der Mieter profitiert von der Sanierung ueber verringerte Heizkosten. Deshalb darf ja die Miete um 2-3Euro/m^2 erhoeht werden. Das ist wahrscheinlich mehr, als die Heizkosteneinsparung.

            Ansonsten erhoeht ja der Vermieter den Wert seiner Immobilie, sowohl bei Neuvermietung, als auch bei Verkauf. Er profitiert also schon selbst ebenfalls.

            • Stefan Pietsch 9. Februar 2024, 12:44

              Das ist schön moralisch argumentiert, aber weder marktwirtschaftlich noch vertragsrechtlich.

              Nehmen wir einen Leasingvertrag. Zur leichteren Vorstellung den für einen PKW. Der Leasingnehmer ist für sämtliche anfallende Kosten verantwortlich, inklusive Benzin, Steuern, Inspektion und TÜV. Unterlassene Leistungen gegen zu seinen Lasten. Soweit während der Vertragslaufzeit eine gesetzliche Änderung ein Update erforderlich macht, rüstet der Leasinggeber („Vermieter“) nach, legt die anfallenden Kosten allerdings anteilig zur Vertragszeit um. Der Leasingnehmer („Mieter“) muss nicht die gesamten Nachrüstkosten tragen, wenn der Leasinggegenstand nur einen Teil der wirtschaftlichen Restlaufzeit von ihm genutzt wird.

              Mietverträge sind meist Dauerschuldverhältnisse. Wenn der Mieter nicht die gesamten Nachrüstkosten über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Immobilie tragen soll – wer soll sie dann tragen? Der Vermieter? Warum? Er hat doch nicht das Geringste davon, er nutzt die Immobilie nicht, sondern hat sie mit sämtlichen Nutzungsrechten an der Mieter abgetreten.

              Der Vermieter profitiert nur, wenn der Mieter vor der üblichen Nutzung auszieht. Deswegen werden die Kosten ja über einen längeren Zeitraum umgelegt und nicht über ein Jahr. Wenn der Mieter jedoch die Wohnung weitere 10 Jahre nutzt, wird er zwingend die Gesamtkosten tragen müssen.

              • Detlef Schulze 9. Februar 2024, 15:22

                @Pietsch

                Der Mieter trägt auf lange Sicht auch dann die Sanierungskosten, wenn die Miete nur um 2 Euro/m^2 angehoben wird. Im Fall von 80 kEuro Sanierungskosten in 25 Jahren, wahrscheinlich auch früher, weil ja zusätzliche Mieterhöhung in regelmäßigen Abständen erlaubt ist.

                Wenn der Eigentuermer an verleastes Auto modifiziert, so dass der Wert steigt (sagen wir 12kEuro), kann er dann gerne auch die Leasingrate erhöhen. Allerdings nicht um 1kEuro pro Monat (dann hätte er das Geld in einem Jahr wieder drin). Die Leasingrate wird dann so erhöht, dass das Geld wieder drin ist, wenn das Auto abgeschrieben ist, bzw., den Großteil seines Wertes verloren hat. Bei einer Lebensdauer von 10 Jahren sind das dann 100 Euro pro Monat. (Ich weiß, dass die Zahlen nicht realistisch sind.)

                Die Sanierung eines Hauses verliert natuerlich wesentlich langsamer an (Mehr-)Wert, als ein Auto. Also sind da 20 Jahre Abschreibung ganz realistisch.

                • Stefan Pietsch 9. Februar 2024, 15:39

                  Nein, tut er nicht. Würde ein Unternehmen so agieren wie Sie es beschreiben, wäre es bald insolvent.

                  Betriebswirtschaftliche wie handelsrechtliche Grundsätze verlangen, dass bei einer Nachrüstung die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ermittelt und für die Abschreibungen zugrundegelegt wird. Ein Computer kann zwar 10 Jahre funktionsfähig sein, aber kann dann höchstens noch als Oldtimer-Gerät und nicht gemäß seinem ursprünglichen Zweck betriebswirtschaftlich genutzt werden. Deswegen werden Computer üblicherweise auf 3 Jahre abgeschrieben. Die Anschaffung einer Erweiterung im Wert von 1.800 Euro, die nach 1 1/2 Jahren erfolgt, wird deswegen auf die Restnutzungsdauer, mithin 18 Monate linear abgeschrieben. Das sind 100 Euro zusätzliche Abschreibung.

                  Würde der wirtschaftlich arbeitende Mensch vorgehen wie Sie es skizzieren, würden die Abschreibungen meist noch laufen, wenn das Gerät längst weiterverkauft oder verschrottet ist. Ich will Sie nicht zu sehr mit Details langweilen. Aber: Ein Erwerber würde in unserem Fall für einen 5 Jahre alten Computer nicht den Restwert der Erweiterung vergüten, sondern höchstens noch einen symbolischen Wert. D.h. aber nichts anderes als das der bisherige Eigentümer mit dem Weiterverkauf einen zusätzlichen Verlust realisiert.

                  So ist es auch bei der Immobilie. Dazu sind Sanierungskosten per definitione Erhaltungsaufwendungen. Sie sind nur darauf gerichtet, einem Gegenstand seine bisherige Funktion zu erhalten. In solchen Fällen wird jedoch nicht abgeschrieben, sondern der Aufwand direkt im Wirtschaftsjahr realisiert – sagt der Steuergesetzgeber, der sonst nicht so großzügig ist. Handelt es sich um eine Funktionserweiterung, beispielsweise die Wohnung bekommt einen Balkon spendiert, muss die übliche Nutzungsdauer geschätzt werden. Tipp: Ich rate Ihnen dringend ab, einen Balkon zu nutzen, der 25 alt ist und nicht generalüberholt. 😉

                  Der Mietzins ist die Vergütung für die Bereitstellung des in der Immobilie gebundenen Kapitals, im Zusammenhang mit der Kapitalbereitstellung verbundene Kosten sowie eine Risikoprämie. Der Mietzins gilt dabei der Erhaltung des Kapitals. Eine Erhöhung des eingesetzten Kapitals z.B. durch eine aufwertende Modernisierung erhöht zwangsläufig den Mietzins.

                  • Detlef Schulze 9. Februar 2024, 16:36

                    Was schätzen Sie, nach welcher Zeit hat sich eine Investition in einem Betrieb rentiert, also wann hat die erhöhte Produktivität die Investitionskosten wieder eingebracht? Das ist sicher von Fall zu Fall sehr unterschiedlich, aber mal konkret angenommen, eine Fertigungsstrasse könnte so verändert werden, dass 10% mehr Produkte in der selben Zeit produziert werden könnten. Wieviel waere ein Unternehmen bereit zu investieren, um das zu erreichen? Die Gelder für eine Jahresproduktion, so dass es sich nach 10 Jahren rentiert, vielleicht wenige oder mehr ..?

                    Ich frage aus reiner Neugier.

                    • Stefan Pietsch 9. Februar 2024, 19:45

                      Auf Ihre Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Die Antragsteller einer Investition müssen heute der Konzernleitung bzw. Eigentümer einen Business Case vorlegen, um eine Genehmigung bekommen zu können. Zentraler Bestandteil des Business Case ist neben der Machbarkeitsstudie die Wirtschaftlichkeitsberechnung. Dessen Kernelement ist wiederum die Kalkulation des Return on Investment (ROI). Der ROI legt den Zeitpunkt der Amortisation fest, als wie lange dauert es, bis die Investitionsausgaben zurückgeflossen sind.

                      Je niedriger der ROI, desto größer die Chance der Realisierung. Ein ROI von mehr als 5 Jahren ist prinzipiell problematisch, da die Risiken expotentiell auf der Zeitschiene wachsen.

                      Zu Ihrem Beispiel: Eine Investition mit einem ROI von 10 Jahren lässt sich wirtschaftlich nicht abbilden. Bedenken Sie: in einer Dekade legt Apple 5 völlig neuartige iPhones auf, deren realisierbarer Kaufpreis bereits nach 2 Monaten ab Verkaufsstart anfängt zu fallen. 10 Jahre sind der Zyklus von 2 Modellüberarbeitungen in der Automobilindustrie. Mit Sicherheit lässt sich die Jahresproduktion wesentlich günstiger steigern, beispielsweise durch Anmietung von weiteren Kapazitäten. Das ist eine ziemlich günstige Methode, Maschinen lassen sich oft innerhalb weniger Manntage umrüsten.

                    • Detlef Schulze 9. Februar 2024, 21:14

                      @Pietsch

                      Ok, danke für die Ausführung!

                    • Thorsten Haupts 9. Februar 2024, 21:18

                      Ein ROI von mehr als 5 Jahren ist prinzipiell problematisch, da die Risiken expotentiell auf der Zeitschiene wachsen.

                      Ob es Ihnen bewusst ist oder nicht – bei einer Laufzeit von 60 Jahren ist DAS der Hauptgrund, warum die Kernkraft weltweit kein echtes Revival hatte. Nicht die „Grünen“ bzw. Äquivalente. Unter reinen Risikogesichtspunkten bekommt die Kernkraft so viele Minuspunkte, dass alle anderen Energiearten attraktiver aussehen.

                      Es ist, das fairerweise dazugesagt, in Deutschland allerdings überhaupt kein benutztes Argument. Hier ist der Widerstand gegen Kernkraft weitgehend ideologisch, nicht rational.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

            • Erwin Gabriel 9. Februar 2024, 15:36

              @ Detlef Schulze 9. Februar 2024, 12:05

              Ansonsten erhoeht ja der Vermieter den Wert seiner Immobilie, sowohl bei Neuvermietung, als auch bei Verkauf. Er profitiert also schon selbst ebenfalls.

              Das höre ich oft von Leuten, die kein Haus besitzen bzw. vermieten. Bei der Neuvermietung profitiere ich nur, wenn ich die Miete über die 2 Euro/ qm hinaus erhöhe. Ich muss aber in einem vorgegebenen Rahmen bleiben (Vergleichsmiete) und den Nachmieter über die Vormiete informieren.

              Das schöne ist: Wenn ich die Miete über das erlaubte hinaus erhöhe, kann der Vermieter unterschreiben und mich anschließend zwingen, die Miete zu reduzieren und „zu viel“ bezahlte Miete zurückzuerstatten.

              Beim Verkauf ist es sicherlich so, dass ich theoretisch einen höheren Preis erzielen kann. Bei unserem Haus würden die mindestens 80.000 Euro Kosten sich in einen Mehrpreis bis bestenfalls 30.000 Euro niederschlagen. Sie bekommen nie heraus, was sie hereinstecken.

              Und das gilt nur für den Verkaufsfall. Falls nicht, hatte ich vorher ein Haus statt Geld und habe nun ein Haus mit deutlich weniger Geld bzw. deutlich mehr Schulden.

              Ist wie mit Aktien: Ob die im Wert steigen oder sinken, kann ihnen egal sein, solange sie nicht verkaufen wollen.

        • Erwin Gabriel 9. Februar 2024, 13:13

          Detlef Schulze 8. Februar 2024, 09:28

          Wer nicht saniert, kann dann auch weniger Kaltmiete verlangen, weil die Nebenkosten ja bereits sehr hoch sind.

          Ja. Die erzielbare Miete ist spürbar niedriger. Dennoch werde ich als Vermieter per Gesetz an den Heizkosten der Mieter beteiligt.

          Dass man Sanierungskosten nicht beliebig auf die Mieter umlegen kann, finde ich aber richtig.

          Kann ich irgendwie nachvollziehen. Aber das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Vermieter teils erhebliche Kosten zu stemmen hat, damit der Mieter besser bzw. billiger wohnt. Das mag ich nicht nachvollziehen.

          So, wie die Politik ihre Gesetze und Vorschriften auf die Großindustrie abstellt und dabei gerne vergisst, wie unendlich viele Mittelständler es gibt, die mitbelastet werden, ist es auch hier. Die Politik sitzt in Berlin, wo große Wohnungsbaukonzerne dominieren, und versucht, diese zu Wohlverhalten zu bewegen. Dabei ruiniert oder schädigt sie viele kleine Häuschenbesitzer, die mit einer unfassbaren Vorschriftenflut und sehr aggressivem Mietrecht konfrontiert sind.

          Aus Sicht der Mieter ist das aber schlecht, die müssen nämlich erstmal die Wohnung wechseln.

          Ja. Entweder übernehme ich zu Gunsten des Mieters die Kosten, oder ich zwinge sie in die Wohnungssuche. Ich kann es mir das aussuchen.

          Was die Baukosten für Neubauten angeht, interessiert mich, wie hoch die zusätzlichen Kosten überhaupt sind, die durch energetische Vorschriften entstehen.

          Es sind nicht nur energetische Vorschriften. Klar geht es um Wärmedämmung, aber auch um Wärmerückgewinnung. Die im Haus gehaltene warme Luft soll ihre Energie wieder in den Kreislauf geben. Dafür gibt es gut funktionierende, aber nicht ganz billige Systeme zur Zwangsentlüftung und zum Wärmetausch. Das geht bis in Details, dass sehr gut wärmegedämmte Fenster mit Dreifachverglasung so schwer werden, dass die Halterungen schneller ausleihern, oder um die Dicke und das Material, mit dem freilaufende oder in der Wand verlegte Rohre ummantelt und gedämmt werden müssen.

          Es geht um die Außenhülle, die dicht gemacht werden muss. Mit günstigen Styropor-ähnlichen Lösungen klebte man sich bis vor kurzem krebserzeugenden Sondermüll und Brandbeschleuniger auf die Wand, neuerdings geht der Trend zu nicht brennbaren mineralischen Materialien, die zwischen 30 und 100 % teurer sind (je dünner bei gleicher Dämmwirkung, desto teurer). Hier spielt dann die Verarbeitung eine Rolle, will man die hässlichen Flecken und den Algenbewuchs verhindern (oder Spechte 🙂 ).

          Es geht um Schalldämmung (z.B. damit man die Nachbarn nicht hört); hier stehen die mechanischen Anforderungen an die Baustoffe den Anforderungen der Wärmedämmung diametral entgegen. Auch hier gilt: Je dünner, desto teurer; die Baugenehmigung richtet sich nach den äußeren Abmessungen des Hauses, die möglichen Mieteinnahmen an den inneren Abmessungen.

          Es geht grundsätzlich um die Auswahl von Baustoffen, die sich später beim Abbruch wieder nutzen lassen, und um Prüfungen dazu – Steine, Mörtel, Fliesen, Kleber, Fliesen. Es geht darum, dass bestimmte Methoden zur Wärmeerzeugung teilweise verboten, teilweise vorgeschrieben sind. Es geht darum, dass das Dach gewisse Auflagen erhält und Solar für viele Projekte vorgeschrieben ist. Oder dass man bei gewerblichen Gebäuden Ausgleichsflächen schaffen muss, die man sinnvollerweise nicht mit Gras, sondern Bäumen bestückt (oder auu Grünflächen auf Dächern unter dem Solar ausweicht, wo sich dann beides schwerer warten lässt).

          Ich will mich hier nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen, aber ich glaube, dass sich das Neubeuten sich um vielleicht 5% verteuern.

          Das brachte mich zum Lächeln 🙂

          Rechnen Sie seit etwa 2010 je nach Anspruch des Auftraggebers und lokalen Vorgaben der Kommune mit 30 bis 50 %.

          … Gerüstbau … Aufstocken … etc.

          Passte oben nicht so rein, aber auch die Vorschriften beispielsweise für den Einsatz von Gerüsten haben sich sehr verändert.

          Aufstocken ist teuer und aufwendig, da ich das alte Dach wegschmeißen und nach aktuellen Vorgaben neu machen muss. Bauschutt wiederum ist eine Sache für sich, da immer mehr Kommunen ihre Deponien schließen („wasch mich, aber mach mich nicht nass“) und teure, zeitaufwendige und umweltunfreundliche Entsorgungswege erzwingen. Materialien aus Abbruch, sollten sie wiederverwertbar sein, werden nicht wiederverwendet, da der Gesetzgeber diese als „Abfall“ deklariert und Prüfverfahren vorschreibt, die Preise teilweise bis auf das Doppelte von neuen Baustoffen anheben – der fast doppelte Baustoffpreis, damit jemand sein Haus aus Abfall bauen darf. Die meisten Firmen, die sich an die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft machten, ziehen sich aus dem Geschäft zurück und schreiben ihre Investitionen ab.

          Bei einem Bauprojekt im Norden ergab sich der Zufall, dass im gleichen Ort zur gleichen Zeit ein Deich saniert werden musste. Hier gab es Bauaushub, dort Bedarf an Material. Aber die Deichbauer durften den billigen Aushub nicht verwenden. Denn der Neubau entstand auf einer ehemaligen Weide, auf der Schafe gehalten worden waren. Da die auch ihre Köddel verteilten und gelegentlich Wasser ließen, galt der Boden als kontaminiert, musste kilometerweit auf eine Deponie gebracht und teuer entsorgt werden, während die Deichbauer für viel Geld guten Boden kaufen mussten. Der wird begrünt, und nun raten Sie, Wie man das Deichgras kurz hält?

          Der einzige Grund, warum Schimmel nach einer Sanierung entstehen kann ist, wenn man es selber macht, ohne sich vorher zu informieren.

          Das mag der einzige Grund sein, den Sie kennen oder wahrhaben wollen.

          Unser 1968er Altbau hat noch keine Außenhülle. Auch hier ist in den Wohnungen im Winter eine Ecke kühl. Der Vormieter hatte regelmäßig gelüftet, regulär geheizt und sein Sofa 10 cm von der Wand abgezogen. Wir hatten nie Probleme oder Beschwerden über Schimmel.

          Die Nachmieterin hat, als die Gaspreise anzogen, das Heizen und Lüften fast eingestellt; 30 Prozent weniger Gas-Kosten trotz Preisanstieg, Temperaturen von 17° bis 19° Celsius (per Datenlogger in allen Zimmern erfasst. Das Ergebnis war katastrophal. Hätten wir die alten, zugigen Fenster dringelassen, wären ihre Heizkosten doppelt so hoch, aber der Schimmel weg.

          Ihre Sicht ist da etwas schlicht und einseitig. Selbst wenn ich nachweisen kann, dass der Schimmel zu 90 % vom Verhalten des Mieters abgeleitet werden kann (ich weiß, dass es auch Fälle wie Ihren gibt), muss ich die 25 % Mietkürzung schlucken.

          Zurück zum Wohnungsbau: Ein Hauptproblem aus meiner subjektiven Wahrnehmung ist, dass beispielsweise der Wohnungsbau mehrere Aspekte berührt. Die werden in getrennten Schublanden behandelt, anstatt als zusammenhängendes Problem angegangen und gelöst zu werden. Wer Umweltvorgaben verschärft, fühlt sich als Weltverbesserer, selbst wenn viele Menschen keine oder nur überteuerte Wohnungen finden. Wer Flüchtlinge aufnimmt, hält sich für einen Menschenfreund, ohne tiefer auf die Flüchtlingssituation eingehen zu wollen, fühlt derjenige sich nicht dafür verantwortlich, den Leuten Wohnraum zu schaffen (Container-Dörfer außen vor). Der Wirtschaftsminister und die Bauministerin haben weder Geld noch können sie die strengeren Umweltanforderungen lockern, die von der EU vorgeben werden.

          Und solange als einfachste Sündenböcke die Vermieter herhalten, kann auch jeder treiben, was er will. Alle schmeißen sich in die Brust und zeigen auf andere, aber der Wohnungsbau ist so tot, dass selbst viele halbfertige Projekte eingestellt werden, und einige große Projektentwicklungsunternehmen Konkurs anmelden mussten.

          PS: Könnte mir vorstellen, dass Thorsten zum Thema Energiewende ähnliche Stories auf Lager hat.

          • Thorsten Haupts 9. Februar 2024, 14:27

            Ich schätze meinen Blutdruck, also fange ich gar nicht erst an. Zum Thema Bauen – soweit ich das aus den Erzählungen meiner Bauingenieurkollegen in den letzten 15 Jahren mitbekomme, ist die Kombination aus verschärften Auflagen kostentechnisch ein einziges Desaster. Beim Bauen im Bestand – wie das Aufstocken von Gebäuden etc – kommen dann noch kommunale Regularien und Nachbarschaftsbeteiligung erschwerend obendrauf.

            In der Bau/Projektentwicklungsbranche scheint es seit knapp 3 Jahren so, dass immer weniger überhaupt noch bauen wollen. Kosten (Frust eingerechnet) und Nutzen (Mieterträge) stehen einfach in keinem sinnvollen Verhältnis mehr. Und das ist weitgehend hausgemacht, also politisch beeinflussbar. Wenn die Regierung wollte. Also wirklich wollte, Sonntagsreden zählen nicht.

            Schwerpunktthemen sind ja bei jedem anders. Bei mir haben Wohungs-, Energie-, Migrations- und Sicherheitspolitik erstmals in meinem Leben dazu geführt, dass ich Politik seit ein paar Jahren ziemlich verachte

            Gruss,
            Thorsten Haupts

          • Detlef Schulze 9. Februar 2024, 19:02

            Klingt alles glaubwürdig, was Sie schreiben.

            Weil Sie über meine 5% lächeln, möchte ich die kurz erklären: Von ihren Sanierungskosten von 80kEuro schätze ich, dass weniger als 25kEuro anfallen würde, bei einem Neubau. Der Rest fällt beim Neubau nicht an (Dachabdecken, Aussenputz entfernen, Wand säubern, Schuttentsorgung) oder muss sowieso gemacht werden (Verputzen, Dach neu decken, Gerüst auf- und abbauen … ). Ich kenne ja ihr Haus nicht, aber mit 2 Wohnungen a 66m^2, kostet ein entsprechender Neubau heute sicher über 350kEuro. Mir kamen die 5% auch recht wenig vor. Aber wie gesagt, ich glaube ihren Zahlen.

            Zum Schimmel noch kurz. Mit undichten Fenstern bin ich aufgewachsen, vor 35 Jahren. Seitdem habe ich keines mehr gesehen. Klar verringert das die Luftfeuchte. Ich gehe aber davon aus, dass sowas kaum noch existiert, und mit „Sanieren“ nicht gemeint ist Fenster abzudichten. In unserem Haus gibt es noch ein Einfach-Fenster (ich schätze noch Original aus den 60er) und selbst das ist dicht.

            • Erwin Gabriel 11. Februar 2024, 13:31

              @ Detlef Schulze 9. Februar 2024, 19:02

              Weil Sie über meine 5% lächeln, möchte ich die kurz erklären: Von ihren Sanierungskosten von 80kEuro schätze ich, dass weniger als 25kEuro anfallen würde, bei einem Neubau.

              Nein, ie Anforderungen an einen Neubau sind spürbar höher. Das energetische Niveau eines Neubaus kriegen Sie bei einem Haus aus den 60ern am einfachsten hin, indem sie abreißen und neu bauen.

              An einem Detail erklärt: In den 60er Jahren hat man einschalig gebaut: 30-cm-starke feste Ziegel, die mit fingerdicken Mörtelschichten aufeinandergemauert wurden. Moderne Ziegelsteine sich 43 cm tief und haben Hohlkammern, die mit Isolierung (Glaswolle, Holzspäne etc.) gefüllt sind. Die Mörtel- oder Klebeschicht ist ein, maximal zwei mm stark.
              Um die gleiche Wärmedämmung beim Altbau zu erreichen, brauche ich eine Isolierschicht von 30 cm, die nicht unterbrochen sein darf. Mit der schon vorhandenen Wandstärke bekomme ich „Schießscharten“. Wäre vielleicht schöner (wg. größerer Fensterbank für Blumenpötte), die Fenster nach aussen zu setzen, aber dann sitzen sie in der Dämmung und nicht mehr in der Wand.
              u.s.w. …
              Kein einfaches Thema.

              viel Grüße
              E.G.

              Die Betrachtung bei der Altbausanierung läuft über die Betrachtung von Heizung, Fenstern etc. Die Betrachtung von Neubauten erfolgt als Ganzes.

              Man kann wundervoll sparsame Häuser bauen, aber eben nicht für kleines Geld.

  • Detlef Schulze 7. Februar 2024, 16:17

    In der Energiepolitik werden die Energiequellen verknappt und Preise subventioniert („verteuert“) mit dem für Ökonomen wenig überraschenden Ergebnis, dass Deutschland die höchsten Energiekosten der Welt hat.

    Ganz egal ob Deutschland wirklich die hoechsten Energiekosten der Welt hat, die jetzige Regierung macht einen ziemlich guten Job, das zu aendern:

    Strompreise (9.12.2021): 34 cent/kWh
    Strompreise (heute): 25.9 cent/kWh

    Gaspreise (9.12.2021): 11 cent/kWh
    Gaspreise (heute): 7.1 cent/kWh

    • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 17:36

      2023 lag der Strompreis für Haushaltskunden in Deutschland bei 47 Cent. In Polen waren es knapp 18 Cent, in Frankreich 23 Cent. Auch beim Industriestrompreis liegt Deutschland an der Spitze.

      Generell ist die Strompreisentwicklung Anfang 2024 in ganz Europa rückläufig. Wenn Sie also einen aktuellen Wert nehmen, sehen Sie den europäischen Trend. Das ist keine besondere Leistung des deutschen Wirtschaftsministers.

    • Thorsten Haupts 7. Februar 2024, 20:48

      Geben Sie mir bitte die Kontaktdaten der Firma mit diesen Konditionen? Ich wechsle dann morgen. Falls Sie, was ich annehme, das nicht können, war das wohl eher eine Fehlinformation.

      • Detlef Schulze 7. Februar 2024, 21:13

        Guter Punkt! Billigen Strom bekommen Sie im Osten

        In anderen Staedten ist er teurer.

        Ich hatte die Mittelwerte hier gesehen, weiss aber nicht genau ob das nur Standardstrom oder ob da auch Heizstrom mit dabei ist, der etwas billiger ist. Auch gibt es ja jetzt flexible Tarife, die nochmal wesentlich guenstiger sind. Bei Tibber kostet der Strom heute zwischen 22 cent und 32 cent/kWh.

        • Thorsten Haupts 7. Februar 2024, 23:07

          Danke. Ich hatte das letzte Mal vor 6 Monaten gecheckt und bin tatsächlich überrascht. Ändert nichts daran, dass SP für 2023 Recht hat. Darüberhinaus ändern sich die Zahlen, wenn man nur nach den Grossen im Markt blickt – ich habe überhaupt keine Lust, von einem der nicht wenigen Konkurse überoptimistischer Anbieter erwischt zu werden. Trotzdem Bemerkenswert.

          Gruss,
          Thorsten Haupts

  • Kning47111 7. Februar 2024, 17:48

    Vielen Dank für die umfassende Darstellung.

    Bei den Immobilien bin ich anderer Meinung aus mehreren Gründen – es fängt mit der Abschreibungsdauer an: Eine Immobilie ist nicht nach 20 Jahren komplett verbraucht Sanierungsbedürftig. Die Abschreibung unterstellt ja, einen kompletten Wertverlust. Das Gegenteil ist ja der Fall, da alleine schon der Grund- und Boden der Immobilie (zumindest in Köln) jährlich an Wert gewinnt.
    Ich bin selber Eigentümer und Bewohner einer Immobilie aus dem Jahre 1939 – natürlich wurden über die Jahre Renovierungen vorgenommen, diese liegen aber bei weitem unter dem (inflationsbereinigten) Errichtungspreis des Objekts.

    Das Problem besteht im übrigen nicht erst seit der Flüchtlingskrise 2015 – eine bereits angespannte Marktlage wurde dann nochmal zusätzlich verschärft.

    Das Problem das private Investoren haben sind die Renditeerwartungen – man spricht von einer soliden Rendite, wenn diese zwischen 3,5 und 6,5 % des eingesetzten Kapitals liegt. Hinzu kommen hohe Finanzierungs- und Baukosten, bei gleichzeitiger Verknappung verfügbarer Grundstücke, innerhalb der Ballungszentren. Im Falle einer sehr großen Knappheit, kommt die Marktwirtschaft an ihre Grenzen, wenn es darum geht sozialen Ausgleich zu schaffen. Und beim Wohnen geht es letztlich um eine Grundversorgung, wie sauberes Wasser, oder saubere Luft. Insofern kann man schon die Frage stellen, wie sehr ich dieses Grundbedürfnis unter Renditezwänge stellen möchte.

    Auf der anderen Seite gibt es auch kein Grundrecht auf Wohnen in der Innenstadt – die Alternative auf das Umland zu ziehen, ist aber auch nur mäßig attraktiv, da die unterstützende Infrastruktur, die einen Transfer zwischen Wohn- und Arbeitsort erlaubt, vielerorts in erbärmlichen Zustand ist. Mietpreisdeckel und Enteignungen sind aber, wie schon von ihnen ausgeführt aber auch keine Lösungen.

    Was hingegen helfen könnte: Konsequente Ahndung von Mietwucherern – Finanzierungsförderung von Sozialwohnungen, deutliche Entschlackung des Baurechts mit dem Ziel der Wohnraumverdichtung (z.B. Aufstockung auf bestehende Häuser erleichtern) und baukostentreibende Bürokratie und Regelungen abschaffen. Wir haben in vielen Innenstädten Leerstände bei Büros, die deutlich einfacher in Wohnraum umwandelbar sein müssen. Wenn wir doch künftig klimaneutral Energie erzeugen, dann muss Energieffizienz nicht zwangsläufig höchste Prio haben. Beim Brandschutz glaube ich, haben sich auch in der Tradition bester deutscher Vorsicht auch die Bedenkenträger durchgesetzt, so dass man auch hier zu wirtschaftlicheren Entscheidungen kommen kann. Ob das reicht, dass private Investoren wieder mehr bauen muss sich zeigen. Letztlich wird die öffentliche Hand nicht drum herum kommen auch wieder baulich stärker aktiv zu werden. Zusätzlich sind die Kommunen gefragt, kein Bauland mehr leichtfertig aus der Hand zu geben, dieses schneller auszuweisen und sich mit anderen Kommunen in Sachen Wohnraumentwicklung und Infrastruktur besser abzustimmen, hier regiert noch viel zu oft Kleinstaaterei.

    Die Wohnraumfrage wird zunehmend zur sozialen Frage dieses Jahrzehnts – diese Frage umfassend und rasch zu beantworten wäre essentiell für die Politik, wenn diese nicht den sozialen Zusammenhalt sprengen will.

    • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 19:03

      Ich mag Ihren Kommentar, weil ich ihm kein bisschen zustimme. 🙂

      Die Berechnung war eine Spielerei, keine auf 50 Milliarden Euro genaue Berechnung. Dafür fehlen einfach die detaillierten Daten in der Öffentlichkeit. Das Rechenspiel diente allein der Darstellung, aus eine staatliche Bewirtschaftung des Wohnungssektors eine extrem kostspielige Angelegenheit ist. Eine seriöse Studie kann ich nicht liefern. Ich mache solche Kalkulationen, während ich den Artikel verfasse. Ich gehe nicht mit einem vorgefassten Ergebnis ran, sondern spiele wirklich. Allerdings bin ich da kein Idiot. Es ist mein Job abschätzen zu können, ob etwas überhaupt finanziell machbar sein könnte.

      Der Gesetzgeber sieht im Steuerrecht längere Abschreibungsdauern vor. Nach IFRS und US-GAAP wäre jedoch ein Zeitraum von 40-50 Jahren nicht angemessen. Abschreibungen bezeichnen die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Die beschreibt nicht, wann ein Vermögenswert auf den Schrotthaufen kann, sondern wie lange man ihn bei normaler Instandhaltung in seiner ursprünglichen Qualität nutzen kann. Die Boards der Standards verpflichten berichtende Unternehmen, die Abschreibung mit der Finanzierung zu koppeln. Doch Immobilien werden im gewerblichen Bereich (von dem reden wir hier!) selten für 40-50 Jahre finanziert.

      Büroräume und Hotels müssen nach spätestens 10 Jahren grundsaniert und modernisiert werden. Sie unterliegen einer starken Abnutzung. Staatlich finanzierte Wohnungen, die an eine problematische Klientel vermietet werden, unterliegen einer sehr schnellen Abnutzung. Erwin Gabriel hat dazu vor kurzem eine sehr anschauliche Schildung gegeben. Öffentliche Toiletten im prekären Raum, wie ich dies vor kurzem am Beispiel Frankfurt beschrieb, sind oft innerhalb weniger Wochen völlig zerstört. Lange Rede: Eine Abschreibungsdauer von 20 Jahren hielt ich unter den Umständen für seriös. Nehmen Sie als Ausgleich, dass die ähnlich hohen Kosten für Boden überhaupt nicht eingegangen sind.

      Ich bin selber Eigentümer und Bewohner einer Immobilie

      Eben. Menschen gehen sorgsamer mit ihrem Eigentum um als mit dem von anderen. Sehen Sie in jedem Bereich.

      Das Problem das private Investoren haben sind die Renditeerwartungen – man spricht von einer soliden Rendite, wenn diese zwischen 3,5 und 6,5 % des eingesetzten Kapitals liegt.

      Wieso ist das ein Problem? Sehen Sie, der grundsätzliche Fehler bzw. Missverständnis der Marktwirtschaft manifestiert sich in dem Punkt. Die meisten Deutschen meinen, Privat muss teurer sein, schließlich müsse ein Unternehmen ja nicht nur die Kosten, sondern auch noch einen Gewinn erwirtschaften. Das ist nicht so.

      Pi mal Daumen arbeiten ein Drittel der Unternehmen in Deutschland in der Verlustzone. Ein wesentlicher Teil der Marktteilnehmer erwirtschaftet also keine Rendite. Die Rendite ist kein Aufschlag auf Kosten, die für alle gleich sind, sondern, wie der Name schon sagt, das, was zwischen Verkaufspreis und Kosten übrig bleibt. Und das kann eben auch negativ sein.

      Was die meisten ebenfalls nicht begreifen, obwohl sie es jeden Tag erleben: Die meisten Unternehmen arbeiten in polypolistischen Märkten, es gibt viele Anbieter. Unter solchen Bedingungen sind Unternehmer „Preisnehmer“, sie können es sich gar nicht leisten zu sagen, ich verlange einen Preis von 100, wenn die anderen für 80 anbieten. Die Kostenstruktur jedes Unternehmens ist individuell, sie unterscheidet sich von den Mitbewerbern selbst in sehr gleichgerichteten, homogenen Märkten. Deswegen sind auch in keiner Branche die Renditen der Unternehmen identisch. Das wäre aber der Fall, würden Unternehmen Gewinn einfach als Aufschlag zu ihren Kosten nehmen.

      Der Weg zu hoher Profitabilität ist, Marktnischen zu schaffen, für die man einen Preis für Exklusivität verlangen kann, bei gleichzeitiger Kostenkontrolle. Den meisten gelingt das nicht, weswegen eben auch die meisten Unternehmen im Grenzbereich arbeiten, mit EBITDA-Margen zwischen 0,5 und 3,0 Prozent. Der Staat ist nicht dafür bekannt, Effizienzreserven zu erkennen, Kostenkontrolle zu wahren und Mehrwerte zu schaffen. In der Privatwirtschaft gibt es sogar Branchen dafür. Ich arbeite z.B. am liebsten für Private Equity-Unternehmen. Die sind nüchtern mit wenig Emotionalität und durchforsten Unternehmen analytisch nach Produktivitäts- und Effizienzreserven. Genau so wird Verschwendung bekämpft.

      Im Falle einer sehr großen Knappheit, kommt die Marktwirtschaft an ihre Grenzen, wenn es darum geht sozialen Ausgleich zu schaffen.

      Das ist nicht die Aufgabe des Marktes, sondern des Staates. Dafür erhebt er Steuern.

      Und beim Wohnen geht es letztlich um eine Grundversorgung

      Wie wollen Sie das regeln, wenn nicht über den Preis? Der Staat kann es offensichtlich nicht. Er konnte es weder im Sozialismus, wo die Menschen Wohnungen nach langer Wartezeit, Wohlverhalten und politischer Opportunität zugewiesen bekommen. Die meisten Sozialwohnungen sind fehlbelegt. Die Mieter zahlen lieber eine Fehlbelegungsabgabe als Aufschlag als in eine nicht subventionierte Wohnung umzuziehen. Gerade Sozialpolitiker verteidigen dieses, im Kern asoziale Verhalten. Dabei ist es ganz offensichtlich rational. Der Staat ist aber selbst bei den eigenen Wohnungen unfähig, das nach seinen definierten Kriterien zu regeln. Das ist nicht anders als in der sozialistischen Planwirtschaft der DDR.

      Was hingegen helfen könnte: Konsequente Ahndung von Mietwucherern

      Deutschland hat im westeuropäischen Vergleich immer noch vergleichsweise niedrige Mieten. Das Gros des Marktes ist in der Hand nicht institutioneller Immobilienbesitzer. Allein die Fakten sprechen dafür, dass Mietwucher ein absolutes Randphänomen ist, während die Politik es zu einer Massenveranstaltung macht – und sich wundert, dass potentielle Investoren sich nicht noch als Mietwucherer beschimpfen lassen wollen.

      … baukostentreibende Bürokratie und Regelungen abschaffen.

      Das ist eine Forderung aus dem Katalog „Wünsch Dir was!“. Ich habe im Artikel die Fakten genannt, heute gelten rund 3.700 Bauvorschriften, eine Zunahme gegenüber vor 20 Jahren um den Faktor 5-6. Als ich das vor einiger Zeit hier diskutiert habe, verteidigte CitizenK den Anstieg mit dem schlagenden Argument, wir wollten ja nicht in zusammenbrechenden Hütten leben. Klar, ich weiß noch, welche Bruchbuden 1999 hochgezogen wurden. *Ironie-off* Auch Habeck betätigt sich ja dieser Tage als verbaler Bürokratiebekämpfer, um nachts im Ministerium die Vorschriften zu vermehren.

      Wir haben in vielen Innenstädten Leerstände bei Büros, die deutlich einfacher in Wohnraum umwandelbar sein müssen.

      Der Markt regelt das. Kennen Sie einen einzigen gewerblichen Immobilienbesitzer, der für seine Immobilie keine Einnahmen möchte?

  • CitizenK 7. Februar 2024, 18:04

    Wohnungsmarkt: Wenn das alle so ist: Wieso kommt die Kommunale Wohnungsgesellschaft der Stadt Heidelberg auf ein positives Jahresergebnis – bei einer durchschnittlichen Kaltmiete von 7 Euro/qm? Die Miete für gut ausgestattete Neubauten liegt mit 10 €/qm rund 30 % unter dem Ortsdurchschnitt.

    • Stefan Pietsch 7. Februar 2024, 19:05

      …weil sie ihre Mieter nicht ausbeutet und keine Rendite erwirtschaften muss. *Ironie-off*

    • Stefan Pietsch 8. Februar 2024, 01:15

      Glauben Sie das ernsthaft? Was geht in Ihrem Kopf vor, so etwas kritiklos anzunehmen? Sind Sie tatsächlich der Überzeugung, private Immobilienbesitzer würden weitgehend ihre Mieter so über den Tisch ziehen?

      Zugegeben, die Informationen sind für Laien nicht zu durchschauen. Ich zeige Ihnen, wie ein Profi vorgeht:
      2013 brachte die Stadt Heidelberg Grundstücke der abgezogenen US Army auf dem Gebiet Mark Twain Village, die sie weitgehend kostenlos erhalten hatte, in die neugegründete MTV Bauen und Wohnen GmbH & Co. KG ein und bewertete sie dort mit dem Marktpreis von 40 Millionen Euro. So wurde das Eigenkapital geschöpft. Die ebenfalls stadteigene GGH erhielt einen 45prozentigen Anteil. Die MTV entwickelt das Gebiet und erwirtschaftete dem Geschäft gemäß sehr schwankende Ergebnisse.

      Der Geschäftszweck der GGH ist die Bewirtschaftung von Mietwohnungen. Auf ihrer Internetseite wirbt die kommunale Gesellschaft nur plakativ mit ihren niedrigen Mieten, vergleicht dabei jedoch nur ihre Durchschnittswerte mit dem Durchschnitt des Marktes. Versteckt findet sich jedoch die Information, dass die GGH einen wesentlichen Teil Altbauten hält, deren Mieten deutlich unter jenen von Neubauten liegen. Wenn das Portfolio stärker Altbauten gewichtet als der Gesamtmarkt, erklärt das einen Teil des Budenzaubers.

      Die GGH erwirtschaftete 2022 einen Gewinn von 10 Millionen Euro. Zwei Sachen fallen auf: Die Hälfte des Ertrages entsteht gar nicht operativ. Die Hälfte kommt als Beteiligungsertrag von der MTV aus dem Verkauf einstmals kostenlos erworbener Grundstücke. Auch zahlt die GGH mit so 1,1 Prozent einen sehr niedrigen Zinssatz auf Bankdarlehen. Die großen Wettbewerber Vovonia oder Adler Immobilien liegen eher bei 1,5 – 2,0 Prozent. Würde man die 7,1 Millionen Euro Zinsaufwendungen anteilig erhöhen, entständen Zusatzkosten von 3-5 Millionen Euro.

      Und: Die GGH weist jährlich Betreuungsserträge aus, 2022 i.H.v. 6,3 Millionen Euro, denen keine direkten Kosten gegenüberstehen. Auch indirekten Personalaufwendungen können dem Umsatz kaum zugewiesen werden. 23 technische Mitarbeiter dürften mit dem eigentlichen Geschäft weitgehend ausgelastet sein. Ob solche Erträge marktkonform sind, lässt sich nicht bewerten. Sie müssen aber bei der Bewertung der Profitabilität des Geschäfts aus Vermietungen unberücksichtigt bleiben, denn sie betreffen die Betreuung der Liegenschaften anderer Gesellschaften.

      Werden die Latenten Zinsaufwendungen, die Beteiligungserträge und die Betreuungserträge jedoch aus der Rechnung genommen, ist das eigentliche Geschäft der GGH hoch defizitär.

    • Stefan Pietsch 8. Februar 2024, 18:46

      Ein „Danke“ wäre nett gewesen…

      • CitizenK 9. Februar 2024, 09:20

        Sorry, eben erst gesehen. (Wordpress-eMail funktionierte nicht).
        Danke dafür. Werde mir das nochmal genauer anschauen.

        Das mit den Altbeständen war mir natürlich bewusst. Ein Hinweis, dass auch andere Städte ihre Altbestände hätten halten sollen anstatt sie zu verkaufen.

        Die niedrigere Zinsbelastung ist kein Argument gegen kommunal Wohnungsgesellschaften. Sinn der Veranstaltung ist die Bereitstellung von Wohnungen, nicht die Begünstigung von privaten Unternehmen.

        • Stefan Pietsch 9. Februar 2024, 10:06

          Ihre Frage war, wie es die GGH schafft, Mieten deutlich unter Markt zu bieten.

          1. Das tut sie nur teilweise, sie arbeitet mit einer Mischfinanzierung. Die Gewerbemieten in Mark Twain Village liegen um 18€, das ist gutes Großstadtniveau. Höhere Bestände ihres Portfolios sind mietgünstiger Altbau, wodurch der ausgewiesene Durchschnittspreis gedrückt wird.

          2. Die GGH erhält leistungslose Einnahmen, denen keine operativen Aufwendungen gegenüberstehen und indirekte Aufwendungen sich kaum zuordnen lassen.

          3. Zinsen sind ein wesentlicher Kostenbestandteil der Immobilienfinanzierung. Staatliche Einrichtungen erhalten hier oft Vorzugskonditionen, entweder über die staatseigenen Banken wie Sparkassen oder durch einen Zinsrabatt wegen der staatlichen Haftung. Dies nicht zu berücksichtigen würde bedeuten, Ungleiches zu vergleichen. Im Fall einer Schieflage treten Bund, Land oder Kommune mit Eigenkapitalzuschüssen in die Haftung, also mit Steuerzahlergeld, das auch von Wettbewerbern kommt. Der Staat könnte hier für eine Gleichbehandlung sorgen und auch privaten Wohnungsunternehmen die umfängliche staatliche Haftung anbieten. Gläubiger nehmen das gerne.

          • CitizenK 9. Februar 2024, 14:27

            a“uch privaten Wohnungsunternehmen die umfängliche staatliche Haftung anbieten.“

            Dann aber auch keine Rechtfertigung mehr für höhere Gewinne wg. Risiko.

            • Stefan Pietsch 9. Februar 2024, 15:20

              Sie gehen schon wieder auf etwas, das kein bisschen Gegenstand der Debatte war – die Sie immerhin begonnen haben. Sie wollten wissen, wie es eine staatseigene Gesellschaft schafft, günstigen Wohnraum anzubieten und dies scheinbar profitabel betreiben kann. Um nichts anderes geht es.

              Wie gezeigt bedarf es durchaus des Supports durch den Steuerzahler. Mit anderen Worten: Wer heute Wohnraum zu günstigen Quadratmeterpreisen möchte, muss den vom Staat verursachten hohen Mietpreis durch staatliche Subventionen herunterregulieren. Das sage ich übrigens seit vielen Jahren und war auch hier keine Überraschung.

              Nur, wer das so liest, sollte selbst den Irrwitz erkennen, den wir auf immer mehr Feldern (Stichwort: Strompreise) sehen: Erst verteuert der Staat mit seinen Auflagen und Abgaben ein Gut so, dass es sich nur noch wenige leisten können, um dann mit Subventionen und Zuschüssen zu kommen. Warum nicht gleich auf (zu) hohe Auflagen und Abgaben verzichten und dafür hinterher weniger nachsteuern?

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