Olaf Scholz investiert 100 Milliarden Euro in geflüchtete finnische Akademiker*innen – Vermischtes 12.12.2023

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Migration crackdowns won’t help Europe’s moderate right

In dem Artikel wird darauf hingewiesen, dass das Zuwanderungsthema von der Mitte-Rechts-Politik als Hauptgrund für den Erfolg der extremen Rechten in Europa fehlinterpretiert wird. Die Forderung nach einer härteren Haltung gegenüber Migration wird als Fehler betrachtet, da sie die eigentlichen Ursachen nicht angeht. Der Autor argumentiert, dass die Erfolge der extremen Rechten auch auf die Aushöhlung öffentlicher Dienstleistungen durch Austeritätspolitik zurückzuführen sind, was bei den Wählern Unzufriedenheit auslöst. Ein Beispiel dafür ist die Niederlande, wo die Freiheitspartei von Geert Wilders die jüngsten Wahlen gewonnen hat. Der Artikel betont, dass neben der Einwanderung auch Kürzungen in öffentlichen Dienstleistungen, wie Gesundheitsversorgung und Bildung, entscheidend zur Unterstützung der extremen Rechten beitragen. Der Autor schlägt vor, dass die Mitte-Rechts-Parteien statt einer Fokussierung auf Migration die strukturellen Probleme, wie wachsende Ungleichheit und unzureichende öffentliche Dienstleistungen, angehen sollten, um das Aufkommen der extremen Rechten langfristig zu bekämpfen. (Catherine de Vries, Financial Times)

Ich lese immer wieder, dass die harte Haltung in der Migrationsfrage den Mitte-Rechts-Parteien nicht hilft, aber ich halte das nur für die halbe Wahrheit. Einerseits scheint die Faktenlage eindeutig zu sein, auch wenn sie gegen den gefühlten Konsens geht; das war ja 1993 und 1999 bereits genau dasselbe. Aber ich halte es zumindest für plausibel, dass die Übernahme rechtsradikaler Diskurse zwar nicht hilft – indem sie Wählende zurückgewinnt, die Rechtsradikale wählen – aber dass sie zumindest eine Art Stopper darstellt für jene, die noch „on the fence“ sind, was das angeht. Es ist daher zumindest theoretisch kein Widerspruch, dass die Mitte-Rechts-Parteien (und oft genug auch die Sozialdemokratie) diese Diskurse und Haltungen übernehmen und die Rechtsradikalen trotzdem stärker werden. Zumindest ist das meine aktuelle Hypothese.

Was auf der anderen Seite aber definitiv völlig unterschätzt wird ist die Kürzungsgeschichte. Das Gefühl, dass nicht genug für alle da ist und dass man sich von Kürzungen betroffen oder bedroht sieht, ist ein viel zu geringgeschätzter Faktor in der Hinwendung zu radikalen Lösungen. Denn obwohl das Parteiprogramm der AfD etwas völlig anderes sagt, vermittelt die Partei den Eindruck, dass sie irgendwie Mittel für „die Deutschen“ entweder erhalten oder sogar ausbauen will, quasi eine Form von ethno-nationalistischem Sozialstaat. Diese Strategie ist typisch für die radiale Rechte und wird etwa in den USA von den Republicans seit den 1980er Jahren erfolgreich gefahren; auch die Tories, die PiS, Fratelli d’Italia oder Fidesz sind da gut drin.

2) Wir müssen 100 Milliarden Euro investieren

Die jüngste Pisa-Studie alarmiert vor einer Bildungskrise in Deutschland. Der renommierte Bildungsforscher Aladin El-Mafaalani betont, dass es nicht nur um schlechtere schulische Leistungen geht, sondern um die Zukunft des Landes. Die Ergebnisse zeigen erschreckende Defizite in Mathematik und Lesekompetenz, und die Situation hat sich in den letzten fünf Jahren deutlich verschlechtert. Besorgniserregend ist auch, dass ein Viertel der Schüler das Mindestniveau nicht erreicht. In einer Ära von Informationsüberflutung und digitalen Herausforderungen sind grundlegende Fertigkeiten nur unzureichend vorhanden. Die Forderung nach einer echten Bildungswende wird laut, da bisherige Programme als unzureichend gelten. Es wird betont, dass eine umfassende Reform, finanzielle Investitionen von mindestens 100 Milliarden Euro und ein bildungspolitischer Gipfel dringend erforderlich sind, um eine Pisa-Katastrophe 2.0 zu verhindern und das Fundament der Gesellschaft zu stärken. (Bob Blume, T-Online)

Die PISA-Studie ist auch ein grüßendes Murmeltier: seit 20 Jahren sind die Ergebnisse im Großen und Ganzen jedes Jahr dieselben und führen zu den beinahe ritualisierten Reaktionen. Dieses Jahr allerdings ist der riesige Absturz natürlich ein besonders auffälliges Thema, das sie wieder einmal in die großen Schlagzeilen bringt. Dabei verstellt der national verengte Blick des Diskurses mehr als üblich das Bild: der Absturz in PISA ist kein deutsches, sondern ein globales Phänomen. Nur einige ostasiatische Länder und Estland, das gerade die Rolle Finnlands aus früheren PISA-Runden übernimmt, sind Ausreißer.

Genauso wie bei Finnland, das vor allem in den 2000er Jahren ständig als Musterbeispiel genannt wurde, ist kaum zu erwarten, dass aus diesem Vergleich irgendwelche Folgen erwarten werden. Denn was diese Länder anders machen ist zum einen eine wesentlich weitgehendere Digitalisierung, zum anderen aber auch komplett andere pädagogische Konzepte mit wesentlich mehr individuellen Schwerpunkten und Förderung. Beides ist im deutschen Schulsystem strukturell nicht angelegt, und solange dieser strukturelle Kern nicht angegangen wird – ich habe darüber geschrieben – wird sich daran auch nichts ändern.

Natürlich braucht es dazu vor allem Geld. Da reichen nicht mal die plakativen 100 Milliarden, denn theoretisch – und das ist rein theoretisch, weil selbst dann nicht machbar, wenn der Dschinn aus Aladdins Wunderlampe das Geld besorgte – müsste man eigentlich das ganze System inklusive der Gebäude einreißen und neu aufbauen, denn das Thema fängt ja schon bei den Gebäuden an: die Klassenzimmer und Schulgebäude erzwingen eine Art Unterricht, von der wir seit Jahrzehnten wissen, dass sie schlecht ist. Aber für die Methoden, mit denen etwa Finnland und Estland reüssieren, haben wir gar nicht den Raum.

Was nicht heißt, dass es nicht massiv Geld bräuchte; man muss sich nur klar machen, dass man damit eine überkommene Struktur saniert. Ohne die Sanierung ist es nur NOCH schlechter. Genauso wie bei der Bundeswehr gibt es mittlerweile so viele Rückstände, dass man die 100 Milliarden locker verbrauchen könnte (vorausgesetzt man hätte die Fachkräfte, die Sanierungen durchzuführen, was eine dubiose Annahme ist, um es milde zu sagen). Die Lage ist verfahren.

3) Finnland schafft es: Bald gibt es keine Obdachlosigkeit mehr!

In Finnland hat die konsequente Anwendung des „Housing First“-Konzepts dazu geführt, dass die Zahl der Obdachlosen kontinuierlich zurückgeht. Das Konzept sieht vor, betroffenen Menschen ohne Vorbedingungen eine Wohnung und Beratung zur Verfügung zu stellen. Der Staat investiert in den Bau, die Renovierung und den Kauf von Wohnungen, die von NGOs bereitgestellt werden. Die Wohnungen werden den Obdachlosen vermietet, die Miete und Betriebskosten müssen jedoch bezahlt werden. Im Vergleich zu traditionellen Notunterkünften ist das „Housing First“-Modell kostengünstiger für den Staat. Die Erfolgsquote ist beeindruckend, da 4 von 5 Betroffenen erfolgreich in ein stabiles Leben mit eigenem Wohnraum zurückkehren. Das Modell hat dazu geführt, dass die Obdachlosigkeit in Finnland seit der Einführung im Jahr 2008 kontinuierlich abnimmt. (Kathrin Glösel, Kontrast)

Wo wir gerade bei Finnland sind: ich habe schon oft darauf hingewiesen, dass der zu oft gewählte Ansatz, arme Menschen für ihre Armut zu bestrafen, einer Lösung immer im Weg steht. Der beste Weg, Obdachlose aus der Obdachlosigkeit zu bekommen, ist Wohnraum zur Verfügung zu stellen, genauso wie man Armen am besten dadurch hilft, dass man ihnen Geld gibt. Alles andere ist Moralismus.

4) Der „Akademisierungswahn“ ist nur ein Mythos – dass die Ausbildung leidet, weil das Studium boomt, stimmt gar nicht

Die Forscher des CHE Centrums für Hochschulentwicklung und der Bertelsmann Stiftung haben in einer aktuellen Analyse weit verbreitete Fehlannahmen zur nachschulischen Bildung in Deutschland aufgedeckt. Es herrscht die Annahme, dass die Rekordzahl an Studierenden die Ursache für den Mangel an Auszubildenden sei. Allerdings zeigt ein Vergleich, dass der demografische Rückgang sowohl die berufliche als auch die akademische Bildung beeinflusst. Die Zahl der neuen Auszubildenden ist ebenso gesunken wie die der Studienanfänger, wobei letztere immer noch kleiner ist als die Gruppe der Auszubildenden. Ein weiteres Missverständnis betrifft die Annahme, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler ein Abitur erwerben. Dies bestätigt sich nicht, da seit etwa zehn Jahren keine wesentliche Zunahme der Studienberechtigtenquote mehr zu verzeichnen ist. Die Forscher betonen, dass Fehlinformationen zu Studium und Ausbildung zu Fehlentscheidungen führen können und viele Jugendliche sich am Ende der schulischen Laufbahn in der Fülle von Informationen verunsichert fühlen. Eine repräsentative Jugendbefragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass 55 Prozent der Jugendlichen sich ausreichend informiert fühlen, aber in der Informationsflut dennoch nicht zurechtkommen. Es wird darauf hingewiesen, dass Falschaussagen wie „Nur Akademikerinnen und Akademiker verdienen richtig gut“ auf eine verunsicherte junge Generation treffen. Es wird betont, wie wichtig es ist, junge Menschen bei der Wahl des passenden Berufs bestmöglich zu unterstützen, um Fehlentscheidungen und Frustration zu vermeiden. Die Studie plädiert für Offenheit und Flexibilität bei der Berufswahl und weist darauf hin, dass der Glaube, sich nach der Schule zwischen Studium und Ausbildung endgültig entscheiden zu müssen, nicht zutrifft. In der nachschulischen Bildung gibt es zunehmend Übergänge in beide Richtungen, und es wird die Notwendigkeit betont, Fakten statt Mythen zu verbreiten. (News4Teachers)

Auch faszinierend, dass ein Thema, das permanent als eine Art „jede*r weiß es“ durch den Diskurs wabert, durch die Zahlen überhaupt nicht bestätigt werden kann. Es gehört zu den vielen „gefühlten Wirklichkeiten“, die Debatten treiben. Deswegen wäre auch mehr datengestützter Journalismus nötig als wir haben. Mir war auch nicht bekannt, dass tatsächlich keine relativ größere Zahl von Akademiker*innen als früher existiert. Woher kommt dann dieses Narrativ, dass die Leute keine Ausbildung mehr machen würden? Ist der Fachkräftemangel nur ein demographisches Problem? Haben sich die Gewichte innerhalb der Ausbildungen verschoben? Was ist da los?

5) Still und starr ruht die Kanzlerpartei

Die Situation in der Regierungskoalition scheint weiterhin unsicher, und der Druck steigt mit dem Parteitag der Kanzler-SPD. Olaf Scholz hat möglicherweise die Gelegenheit, Führung zu zeigen, sowohl innerhalb der Partei als auch nach außen. Allerdings deutet der Artikel darauf hin, dass Scholz und die SPD möglicherweise nicht entschieden genug handeln, um die aktuelle Krise zu bewältigen. Es wird darauf hingewiesen, dass Scholz in seinen zwei Jahren als Kanzler eine ruhige und einvernehmlich stillgelegte Kanzlerpartei geschaffen hat. Obwohl es Leitanträge zu Steuerreformen und anderen Themen gibt, scheint es, als ob diese eher auf die Vorbereitung für den nächsten Wahlkampf abzielen als auf konkrete Maßnahmen in der aktuellen Koalition. Der Artikel fordert Scholz auf, konkretes Handeln zu zeigen, ähnlich wie es Gerhard Schröder in der Vergangenheit getan hat. Es wird darauf hingewiesen, dass Scholz angesichts des aktuellen Haushaltsdefizits diejenigen in die Pflicht nehmen könnte, die große Vermögen angehäuft haben. Es wird auch betont, dass die SPD möglicherweise von ihrer traditionellen Klientel abgekommen ist und eine kühle und empathielose Partei geworden ist. Der Autor plädiert für eine Rückbesinnung auf die klassische Klientel der SPD und einen Neubeginn, um den demoskopischen Niedergang zu stoppen. Es wird argumentiert, dass die SPD eine echte Sozi-Story braucht, die von der Parteiführung bisher nicht geliefert wurde. Schließlich wird auf Scholz‘ bisherige Kanzlerschaft als „ein Schluckauf der Geschichte“ hingewiesen und darauf, dass es jetzt nicht nur politisches Make-up, sondern einen echten Neubeginn braucht, um die Partei wieder auf Kurs zu bringen. (Sebastian Fischer, Spiegel)

Nun sind Aufrufe an die SPD, sich endlich auf den sozialdemokratischen Markenkern zu besinnen, ungefähr genauso innovativ wie Aufrufe an die CDU, sich auf ihren konservativen Markenkern zurückzuorientieren. Ich überlasse es Sozialdemokrat*innen zu entscheiden, für wie sozialdemokratisch sie ihre Partei halten; ich will stattdessen vor allem Fischers Punkt mit dem „Schluckauf der Geschichte“ hinweisen. Scholz‘ Kanzlerschaft ist ja tatsächlich eher ein Betriebsunfall der spezifischen Umstände des Jahres 2021, und es sieht gerade nicht eben so aus, als könnte die Partei auch nur ansatzweise eine Chance haben, diese nach 2025 aufrechtzuerhalten. Auch, dass die Kanzlerriege vor allem vor sich hinverwaltet, ist keine bahnbrechend neue Erkenntnis. Aber das Land wollte Merkel 2.0, und Merkel 2.0 hat es bekommen.

Resterampe

a) Adam Tooze hat was zur Ökonomie der napoleonischen Ära.

b) Kritik zu Israels Kriegsführung aus strategischer Sicht in der NZZ.

c) Ron DeSantis doesn’t own a Bible. An und für sich bedeutungslos, aber zeigt mal wieder schön, wie viel von den „Christian values“ zu halten ist.

d) Tübingens Oberbürgermeister kandidiert für Freie Wähler Vereinigung. Da wächst zusammen, was zusammengehört.

e) Joschka Fischer fordert neue Atomwaffen in Europa. Scheint gerade ein Trend.

f) Ein leider wahrer Artikel zur Schuldenbremse und Bildung.

g) Der Spiegel war schon immer so. Trotzdem wäre etwas weniger Bad Faith der Kritik zuträglich.

h) Beitrag eines Historikers zur Regierungsbeteiligung der NSDAP in Thüringen ab 1929. Quasi aus aktuellem Anlass.

i) Gute Entscheidung.

j) Ein ordentlicher Verriss ist immer wieder eine Freude.

k) Sehr gutes Essay zur Klimakrise.

l) Republicans clear things up: No aid for Ukraine

m) Noch was zum Schuldenthema.

n) Ich bin gespannt auf die Erklärung, warum das keine Cancel Culture ist. (Bluesky)

o) Immer wieder eine gute Erinnerung, und die Formulierung ließ mich lachend unter dem Tisch liegen. Ist glaub ich was für Thorsten. (Bluesky)

{ 185 comments… add one }
  • derwaechter 12. Dezember 2023, 07:45

    2)
    In Norwegen habe ich gelesen, dass die Motivation der Schüler im Pisa-Test gut zu antworten gering und über die Jahre stark gesunken sei.
    Das Testergebnis ist für den einzelnen Schüler (also seine Noten) schließlich völlig irrelevant.

    https://www.aftenposten.no/meninger/leder/i/4opJqg/det-er-ikke-noe-rart-elevene-faar-daarlig-resultat-paa-pisa-proeven
    Google translate:
    „Viele haben sowohl die Pandemie als auch die Digitalisierung als Erklärung für die schlechten Ergebnisse angeführt. Eine mögliche Erklärung ist aber auch die Anstrengung der Schüler, richtig zu antworten.

    Ganz klar ist, dass die Motivation abnimmt. Auf die Frage, ob sie beim Pisa-Test gut abgeschnitten haben, sagen immer weniger Menschen, dass sie „voll und ganz zustimmen“ oder „zustimmen“.

    Auf die Frage „Es hat mir sehr viel bedeutet, im Pisa-Test gut abzuschneiden“ antworteten 2009 43 Prozent mit „Zustimmen“ oder „Voller Zustimmung“. Es gab also schon damals wenige. In der diesjährigen Umfrage ist der Anteil auf lediglich 29 Prozent gesunken.

    Wenn nur 55 Prozent antworten, dass sie die Aufgaben ohne Aufgeben bearbeitet haben, auch wenn einige davon schwierig waren, ist es kein Wunder, dass das Ergebnis schlecht ausfällt.“

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 09:30

      Spannend! Ich kann immer nur meine eigene Erfahrung vom ersten PISA-Test 2000 anbringen; wir waren null motiviert seinerzeit.

      • derwaechter 12. Dezember 2023, 12:02

        Glaube ich sofort. Und wenn die Zahl der Unmotivierten wirklich so stark gestiegen ist wie die norwegische Umfrage vermuten lässt, würde alleine das bereits eine deutliche Verschlechterung der Ergebnisse erklären.

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:41

          Ich höre das Argument in letzter Zeit öfter, aber es fehlt natürlich jede Datenbasis. Ich sehe im letzten Jahrzehnt aus meiner Erfahrung keine große Motivationsänderung. Aber das ist natürlich nicht repräsentativ.

          • derwaechter 12. Dezember 2023, 16:09

            Ich habe auch keine vergleichbare Erhebung für Deutschland gefunden.
            Dass das „natürlich“ ist, würde ich so nicht stehen lassen. Warum keinen Fragebogen anfügen der in ein paar kurzen Fragen die Motivation abfragt?
            Genau das hat man hier ja gemacht, und kann damit deutlich zeigen, dass die angegebene Motivation seit 2009 deutlich gesunken ist.

      • Ariane 12. Dezember 2023, 13:16

        Und wenn dann noch die Matheaufgaben mit „die Schönheit der Periodenzahlen“ oder sowas eingeführt werden, wäre ich auch als Erwachsene gleich mal raus^^

        • sol1 12. Dezember 2023, 23:03

          Hier 23 Beispielaufgaben:

          https://www.spiegel.de/panorama/bildung/pisa-aufgaben-mathematik-koennen-sie-besser-rechnen-als-ein-15-jaehriger-a-8d71d5ec-c112-42f9-b7e7-dd34453c0b9c

          Ich hatte die volle Punktzahl. Allerdings war schon in der Schule Mathe mein bestes Fach, und ich mußte vor allem aufpassen, nicht durch die Formulierungen in die Irre geleitet zu werden.

          • Ariane 13. Dezember 2023, 01:20

            (-5)^43 + (-1)^43 + (5)^43
            Was ist der Wert des obigen Ausdrucks?

            Alter! Wo sind denn hier die Deutschaufgaben bitte^^

            • cimourdain 13. Dezember 2023, 07:02

              -1
              elegant das Verständnis für Potenzen abgefragt

          • cimourdain 13. Dezember 2023, 08:52

            Vorsicht, das ist aus einer (wahrscheinlich nationalen) Vorstudie. Wenn man an die Quelle geht,
            https://www.oecd.org/pisa/test/
            fallen ein paar Dinge auf:
            1) Es sind keine „Rechenaufgaben“ wie die monierte Schönheit der Potenzen. Die gefragten Kompetenzen haben „Realitätsbezug“
            2) Alles Multiple-Choice Fragen, „Rechenweg“ ist nicht gefragt
            3) Präzises Aufgabenlesen ist nötig, kann unter Zeitdruck eine Rolle spielen.
            4) Umgang mit digitalen Werkzeugen (wie zum Beispiel einem implementierten Kalkulationstool) wird vorausgesetzt.

          • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 09:19

            Bei mir sind da nirgends Aufgaben.

          • derwaechter 13. Dezember 2023, 09:32

            Mathe war nicht mein bestes Fach und ich hatte zwei Fehler. Bezeichnenderweise, weil ich unaufmerksam gelesen hatte. Ich vermute, dass ich unter Prüfungsbedingungen besser abgeschnitten hätte. Aber da es um nichts ging, habe ich mich in der Kaffepause durchgeklickt.
            Also ähnlich motiviert wie die echten Teilnehmer 🙂

            • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 10:23

              Jo, 2 Fehler hatte ich auch, war dafür in 15 Minuten durch 🙂 .

          • cimourdain 13. Dezember 2023, 12:00

            Mich irritiert vielmehr als die Potenzen Frage 8:
            „Ein 1,65 großes 15-jähriges Mädchen war zumindest einmal in ihrem Leben halb so groß wie momentan.“
            Diese geht von zwei stillen Grundannahmen aus um den Zwischenwertsatz nutzen zu können:
            Die Geburtsgröße ist kleiner als 82,5 cm. Gilt nicht, wenn das Mädchen ein Gorilla oder Pferd ist.
            Die Wachstumskurve ist stetig. Gilt nicht, wenn das Mädchen z.B. durch eine Operation (Beinprothese) einen Wachstumssprung gemacht hat.

            • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 13:19

              Ja, fiel mir auch auf – da werden Lebensweltkenntnisse als Axiome vorausgesetzt, die nicht jede/r 15jährige hat (ich hätte sie in dem Alter nicht gehabt). Ich halte die Aufgabe für tatsächlich falsch gestellt, weil sie keine Mathekenntnisse/Logikverständnis, sondern Allgemeinbildung voraussetzt.

      • cimourdain 12. Dezember 2023, 14:27

        Oh Nein! Das kann man sich bei einem 15-jährigen Schüler gar nicht vorstellen. Welch Sittenverfall!
        Interessanter ist aber die andere Seite: Haben damals die Lehrer entgegen gearbeitet oder verstärkt ? Wie wurde der Test „verkauft“ ? Als Pflichtübung oder unter Wettbewerbsdenken?

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:56

          Im Jahr 2000? Wurde uns gesagt dass er anonym ist und nichts zählt, und wer fertig ist kann nach Hause gehen. Guess what happened.

  • Tim 12. Dezember 2023, 09:10

    (3 – Obdachlosigkeit)

    genauso wie man Armen am besten dadurch hilft, dass man ihnen Geld gibt.

    Das stimmt so nicht. Bekannt ist der Zusammenhang lediglich für ganz arme Gesellschaften in der Dritten Welt: Gib das Geld auf keinen Fall dem Staat oder der GIZ – zahle es direkt an die Familien aus. Dann kannst Du mit kleinen Beträgen viel bewirken.

    Den empirisch solidesten Gegenbeweis für reiche Gesellschaften hat jahrzehntelang Deutschland erbracht. Die (fast) bedingungslose Arbeitslosenunterstützung brachte immer mehr Menschen dauerhaft in Armut.

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 09:31

      Halte ich so nicht für haltbar.

      • Tim 12. Dezember 2023, 09:53

        Wenn ich mich recht erinnere, lehnst Du sogar den Begriff „Sockelarbeitslosigkeit“ ab. 🙂

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 10:35

          Tu ich? Kann mich nicht erinnern. In welchem Kontext lehnte ich das ab?

          • Tim 12. Dezember 2023, 10:44

            Die Diskussion hatten wir schon öfter, Kontext war vermutlich derselbe wie hier. Ich hab die Situation in den 80ern und 90ern noch sehr gut in Erinnerung. Mit jeder Krise wurden mehr Langzeitarbeitslose geschaffen. Das hat tatsächlich erst Schröder beendet.

            Übrigens hieß das Tool wahrscheinlich eher „Arbeitslosenhilfe“ statt „Arbeitslosenunterstützung“, ich weiß es nicht mehr genau.

            • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 11:15

              Ist ja Hupe wie es heißt. Ich nehme dich mal beim Wort, ich muss da weiter recherchieren. Mir fehlen die Detailkenntnisse, um dir sinnvoll was erwidern zu können.

              • Tim 12. Dezember 2023, 12:08

                Nicht ganz Hupe. 🙂 Es gab zwei Programme. Das eine sprang direkt nach Beginn der Arbeitslosigkeit ein und war befristet, das andere folgt anschließend und war unbefristet, aber auch niedriger. Ich meine hier das zweite.

                • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 14:01

                  @ Tim 12. Dezember 2023, 12:08

                  Nicht ganz Hupe. Es gab zwei Programme. Das eine sprang direkt nach Beginn der Arbeitslosigkeit ein und war befristet, das andere folgt anschließend und war unbefristet, aber auch niedriger. Ich meine hier das zweite.

                  Ja. Es gab Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. Das erste war eine Art reduzierte Lohnfortzahlung, das zweite lag tiefer, wurde später mit der Sozialhilfe zusammengelegt und heißt im Volksmund nun „Hartz IV“.

                • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:41

                  Ah ok.

    • Thorsten Haupts 12. Dezember 2023, 12:32

      Die (fast) bedingungslose Arbeitslosenunterstützung brachte immer mehr Menschen dauerhaft in Armut.

      Exakt. Sie wurde für 2 (?) Jahre gezahlt, war zwar etwas niedriger, als das vorherige Arbeitslosengeld, aber immer noch deutlich höher, als die damalige Sozialhilfe. Hat – einer der wichtigsten Gründe für die Einführung von Hartz IV – viele von Einstiegsjobs abgehalten, weil Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis standen.

      Ich werte jahrzehntelange Erfahrung um Grössenordnungen höher, als irgendwelche Studien. Been there, done that und hat nicht funktioniert.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:45

        Mal rein verständnismäßig: war das Bürgergeld nicht auch ein FDP-Projekt?

  • Tim 12. Dezember 2023, 09:16

    (4 – Berufsausbildung / Studium)

    Woher kommt dann dieses Narrativ, dass die Leute keine Ausbildung mehr machen würden?

    Ganz einfach: weil die Betriebe viel mehr Azubis brauchen als dort anfangen. Das gilt z.B. für fast alle Handwerksberufe. Nachfrage übersteigt Angebot. Bei so mancher Regenbogendisziplin an den Unis ist das nicht der Fall. 🙂

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 09:31

      Ja schon, aber wenn die Akademiker*innenraten nicht zunehmen, ist das doch demographisch oder?

      • Tim 12. Dezember 2023, 10:00

        Die Akademikerrate hat hat über Jahrzehnte zugenommen, das ist doch völlig unstrittig. Vielleicht misst die Studie dieser Experten ein zu kleines Zeitfenster, vielleicht ist der Trend wirklich zu Ende.

        Spannend wäre aber zu sehen, welchen Anteil MINT-Fächer heute haben. Wenn er unter 50 % liegt, haben wir ein Problem.

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 10:36

          Über die Jahrzehnte, ja. Aber sie ist eben seit längerem stabil. Und der Fachkräftemangel ist ein SEHR aktuelles Problem. Das kann also nicht sein.

          • Tim 12. Dezember 2023, 11:09

            Kann schon sein. Im Unterschied zum Lehrstellen-Arbeitsmarkt ist das Studium ja kein Markt, es wird massiv vom Staat subventioniert. Müssten Studenten für ihre Ausbildung zahlen, würde sich das ändern – und damit wahrscheinlich sowohl auch die Studierendenzahlen als auch die gewählten Fächer.

            Die Studierendenzahlen waren schon immer deutlich höher, als sie es in einem fairen Wettbewerb mit der Berufsausbildung wären, und das wird natürlich auch heute noch so sein.

            • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 11:16

              Was halt letztlich heißt: nur Kinder reicher Eltern studieren.

              • Tim 12. Dezember 2023, 12:10

                Alles eine Frage der Umsetzung. Und sooo weit weg von Deiner Beschreibung ist das heutige System ja auch nicht.

                • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:41

                  So wie Studiengebühren zwischen 2006 und 2011 erhoben wurden war es jedenfalls nix.

                  • Tim 12. Dezember 2023, 19:28

                    Definitiv. Idiotischer sind in Deutschland eigentlich nur die Rezept-Zuzahlungen für Krankenkassen-Mitglieder.

                    • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 09:16

                      Oh, warum? Also nicht dass ich ein Fan wäre, nur aus Interesse.

                    • Tim 13. Dezember 2023, 11:47

                      Oh, warum?

                      Irrsinniger bürokratischer Aufwand. In vielerlei Hinsicht besser wäre ein jährlicher Selbstbehalt, sagen wir mal ganz zahm 250 Euro. Am besten ein Selbstbehalt auf alle medizinischen Kosten, nicht nur Rezepte.

                      Wenn man nach einer low-hanging fruit zur Effizienzsteigerung im deutschen Gesundheitssystem sucht – hier ist sie.

                      Ist in Deutschland aber völlig unmöglich, sozialer Kahlschlag und so.

                    • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 13:24

                      Verbinden Sie das mit einer Kostenmitteilung nach jedem Arztbesuch. Vielen ist gar nicht bewusst, was ihr Besuch beim Arzt bei Bagatellbeeinträchtigungen so kostet, wird ja von der Krankenkasse bezahlt.

                    • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 15:16

                      Und was ändert das? Ich krieg die Rechnungen und bezahl sie auch alle, aber ich reiche das ja dann und kriege es gezahlt. Abgesehen von mehr Bürokratie und Papierkrieg – ich sehe den Nutzen nicht.

                    • Tim 13. Dezember 2023, 14:27

                      Kostenmitteilung nach jedem Arztbesuch.

                      Wäre sofort dafür. Leider in Deutschland ebenso unmöglich. Es könnte die Menschen ja irritieren.

          • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 14:06

            @ Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 10:36

            Und der Fachkräftemangel ist ein SEHR aktuelles Problem. Das kann also nicht sein.

            NEIN. Das ist ein lang andauernder Prozess, das geht auch seit Jahrzehnten, ständig steigend. Inzwischen brüllen alle vor Schmerz, wo man vor zehn, zwanzig Jahren nur verhalten gestöhnt hat.

            Als einer von sieben Elektriker-Azubis musste ich gegen 50 andere antreten, von denen keiner dumm war. Heute suchst Du drei jahre und bist über jeden froh, der seinen Namen fehlerfrei schreiben kann und den Zahlrnraum bis 100 beherrscht.

        • cimourdain 12. Dezember 2023, 11:28

          Der Anstieg der Akademikerquote ist langjährig deutlich : 1975 7 % 1995 16% 2018 22%

          Wir haben ein Problem: MINT hat nur ca 37 % der Studienanfänger (mit Medizin 44). https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3246/umfrage/anzahl-der-studenten-nach-faechergruppen/

          • Thorsten Haupts 12. Dezember 2023, 12:36

            Exakt das. Wir bilden hochpreisig in Bereichen aus, wo das Angebot weit höher ist, als die Nachfrage und das schon seit vielen Jahren. Die Schwemme an Nachwuchsakademikern aus geisteswissenschaftlichen Studiengängen erklärt übrigens auch ganz gut die gleichlaufende Schwemme an Jammern darüber, wie schlecht doch Gegenwart und Zukunftsaussichten junger Leute sind.

          • derwaechter 12. Dezember 2023, 13:59

            „nur“ ist relativ. Deutschland ist in Europa Spitzenreiter was den Anteil der MINT Fächer angeht.
            https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/BildungKultur/MINTFaecher.html

            • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:56

              Ich sag es ja, mich überzeugt das Argument gar nicht.

            • Tim 12. Dezember 2023, 15:03

              Wer sich heute noch mit Europa vergleicht, hat verloren.

              • derwaechter 12. Dezember 2023, 16:19

                So viel Ahnungslosigkeit kombiniert mit so viel Meinung tut echt weh.

                Laut dem unten verlinkten Artikel vom WEF erreicht kein Land die oben als Katastrophengrenze genannten 50%. Es kommt überhaupt nur eins über 40%.
                Deutschland liegt auch im globalen Vergleich ganz vorne mit dabei.

                Ist schon beeindruckend, wie die Verfechter der „harten“ Fächer so gar kein Verhältnis zu harten Fakten haben.

                https://www.weforum.org/agenda/2023/03/which-countries-students-are-getting-most-involved-in-stem/

                • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 16:31

                  +1.

                • Tim 12. Dezember 2023, 16:45

                  Hinter dem Link befinden sich bloß die nackten Länderzahlen. In einigen Ländern (insbesondere Deutschland wegen des kostenlosen Zugangs) studieren aber besonders viele internationale Studenten MINT-Fächer, was die Zahlen stark verfälscht und natürlich relativ wenig aussagt.

                  Vor einiger Zeit habe ich eine Studie gelesen, nach der solchermaßen bereinigt inzwischen sogar Großbritannien vor Deutschland liegt.

                  • derwaechter 12. Dezember 2023, 18:16

                    GB hat deutlich mehr internationale Studenten als Deutschland. Diese Bereinigung müsste schon extrem sein.

            • cimourdain 12. Dezember 2023, 18:31

              Aufpassen auf die Grundgesamtheit. Deutschland hat wenig Studenten, weil viele deutsche Ausbildungsberufe in anderen Ländern Studienfächer sind. Du müsstest also die Quote für MINT-Abschlüssen mit dem Anteil der Studenten multiplizieren um aus dieser Statistik ein vergleichbares Ergebnis zu erhalten.

              • derwaechter 12. Dezember 2023, 19:29

                Habe nicht ganz das gleiche gefunden, aber MINT Abschlüsse per Anzahl junger Menschen. Auch da ist Deutschland in Europa vorne dabei.

                STEM university graduates in relation to the number of young people

                A more meaningful comparison of the significance of STEM subjects in different European countries can be obtained if STEM graduates are considered alongside the total number of 20 to 29-year-olds. The indicator for the EU-27 as a whole is 17.4 STEM graduates per thousand young people. Among the highest-ranking countries, that is those with an indicator of over 20 per thousand, we find Ireland, Finland, Germany, Denmark and Poland. While those that lag furthest behind, with an indicator of fewer than 13 per thousand, are Slovakia, Hungary, Latvia, Malta, Cyprus and Luxembourg, ranked from highest to lowest.“

                • cimourdain 13. Dezember 2023, 07:10

                  Danke, good news (für Deutschland zumindest)

                  • Tim 13. Dezember 2023, 11:53

                    Kurz zur Erinnerung: Deutschland lebt im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern von industriellem Export. Wir brauchen viel mehr MINT-Absolventen und müssen da Weltspitze sein.

                    Diese strategische Anspruchslosigkeit der deutschen Gesellschaft ist die größte Gefahr von allen.

                    • Erwin Gabriel 13. Dezember 2023, 14:31

                      @ Tim 13. Dezember 2023, 11:53

                      Kurz zur Erinnerung: Deutschland lebt im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern von industriellem Export. Wir brauchen viel mehr MINT-Absolventen und müssen da Weltspitze sein.

                      Zutreffend. Wird im Rahmen von „gefühlter Wirklichkeit“ immer wieder gerne übersehen 🙂

                      Diese strategische Anspruchslosigkeit der deutschen Gesellschaft ist die größte Gefahr von allen.

                      Ja. Dieses „wir sind doch schon gut, was wollt Ihr noch von uns“. Wir sind, verglichen mit Ländern und Gesellschaften, die nach vorne streben, bestenfalls nur noch Durchschnitt …

                    • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 15:13

                      Darüber können wir ja gerne diskutieren, aber deine Behauptungen waren halt wirklich Lichtjahre von der Realität entfernt in dem Fall.

                    • Tim 13. Dezember 2023, 15:45

                      aber deine Behauptungen waren halt wirklich Lichtjahre von der Realität entfernt

                      Dass wir min. 50 % MINT brauchen? Wer das bestreitet, lebt in einer anderen Realität.

                      Leider ist das genau der Eindruck, den ich von der Mehrheit in unserem Land habe.

                    • Stefan Sasse 14. Dezember 2023, 08:19

                      Ich weiß nicht, ob wir das brauchen. Keine Ahnung. Ich wäre vorsichtig bei so absoluten Zahlen.

                    • derwaechter 13. Dezember 2023, 18:49

                      Deutschland braucht also mindestens (!) eine MINT-Quote die rund 10% über den weltweit höchsten Länderquoten liegt?

                      In der „Realität“ in der man sowas (wiederholt) behaupteten kann ohne vor Scham im Boden zu versinken möchte ich auch gerne mal leben.

                    • Stefan Pietsch 13. Dezember 2023, 21:30

                      Wenn etwas seltsam klingt, sollten gebildete Menschen dem auf den Grund gehen.

                      Die Zahl der Studenten in den MINT-Fächern sinkt seit Jahren, zuletzt gravierend. 307.000 haben sich 2021 weniger eingeschrieben. Neben der geringeren Anzahl an Studenten überhaupt schlägt auch zu Buche, dass sich weniger junge Menschen aus anderen Ländern in Deutschland immatrikulieren lassen. Der hier so oft zitierte hohe Wert resultiert aus relativ niedrigen Studentenzahlen in den Nullerjahren bei hohem MINT-Anteil.
                      https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/01/PD23_N004_213.html

                      Dass Deutschland überhaupt statistisch so gut dasteht, hat mit den Männern zu tun. Obwohl Frauen einen Geschlechtervorteil von 10 Prozent haben, ist ihr Anteil mit 35 Prozent immer noch sehr gering. Im EU-Mittel sind es 38 Prozent. Es lebt sich für eine Volkswirtschaft wie die deutsche gefährlich, wenn die Zahl der Studenten sinkt, Frauen einen hohen Anteil haben, diese sich aber eher für soziale Studiengänge entscheiden.
                      https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/BildungKultur/MINT_Tabelle.html

                      Aber für solche Details ist in der Kantine keine Zeit.

                    • Erwin Gabriel 13. Dezember 2023, 21:46

                      @ derwaechter 13. Dezember 2023, 18:49

                      … sowas (wiederholt) behaupteten kann ohne vor Scham im Boden zu versinken …

                      Unnötig

                    • derwaechter 13. Dezember 2023, 22:46

                      „@ derwaechter 13. Dezember 2023, 18:49

                      … sowas (wiederholt) behaupteten kann ohne vor Scham im Boden zu versinken …

                      Unnötig“

                      M.E. ist wiederholtes Herumschwurbeln mit Fantasiezahlen und dabei anderen Realitsverlust zu unterstellen unnötig.

              • Dennis 12. Dezember 2023, 20:13

                Wenn man all die Besonderheiten und Spezialitäten, unterschiedliche Ausgangsgrundlagen und all so was rund um den Erdball reinpackte wäre am Ende des Tages das schlichte Ranking erledigt. Ähnlich wir bei Pisa. Auf den Unterhaltungsfaktor Ranking kommt es aber an. Den braucht’s für die politischen Erzählungen.

    • Kning4711 12. Dezember 2023, 10:57

      Es gibt noch eine weitere Ursache – junge Menschen, deren schulische Leistungen und sozialen Kompetenzen so schlecht sind, dass Sie am Arbeitsmarkt keine Chance haben.

      So ist der Anteil der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss in den letzten 10 Jahren stabil geblieben, aber der Anteil der Jungen Menschen ohne berufliche Ausbildung (ob Ausbildung oder Studium ) ist wiederum um 3 Prozentpunkte gewachsen.

      Unser Bildungssystem produziert zunehmend junge Menschen, die am Arbeitsmarkt nicht vermittelbar sind, bzw. in ungelernte und damit prekäre Beschäftigung müssen. Hierzu gehört auch der Fakt, dass der Anteil unter jungen Menschen mit Migrationshintergrund 3x so hoch ist, wie bei Menschen ohne Migrationshintergrund und Jungs deutlich häufiger betroffen sind, als Mädchen.

      Ich empfehle in diesem Zusammenhang folgende Studie der BErtelsmann-Stiftung:
      https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/jugendliche-ohne-hauptschulabschluss-1

  • Detlef Schulze 12. Dezember 2023, 09:25

    2) Mir ist nicht ganz klar, worin die „Katastrophe“ beim PISA-Ergebnis besteht.

    War es der Rueckgang an erreichten Punkten im Vergleich zu den letzten Tests? Das war ja ein globales Phenomaen, kann viele Ursachen haben, aber offensichtlich keine, die durch deutsche Bildungspolitik oder Investitionen behoben werden koennen.

    Oder besteht die Katastrophe im Abfall beim Laenderranking? Deutschland ist in Mathe, Naturwissenschaften und Lesen ueberall ueber dem OECD-Mittel. Es gibt in all den Bereichen so 3-4 Laender, die besonders gut und 3- 4 Laender, die besonders schlecht sind. Alle anderen Laender, inklusive Deutschland, sind sehr nahe zusammen. Ein Abfall von nur sehr wenigen Punkten im Vergleich zum letzten Test fuehrt in diesem Bereich zu sehr grossen Veraenderungen beim Ranking.

  • CitizenK 12. Dezember 2023, 10:28

    2) In Finnland bauen sie die Wände gerade wieder ein und schaffen Klassenzimmer:
    https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/finnland-was-ist-fuer-den-pisa-absturz-verantwortlich/?utm_source=+CleverReach+GmbH+%26+Co.+KG&utm_medium=email&utm_campaign=Newsletter+KW+50%2F2023&utm_content=Mailing_14963766
    Auch über ein Handy-Verbot wird nachgedacht. Wegen Konzentrationsfähigkeit. Wie in Neuseeland. Stoff zum Nachdenken.

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 10:36

      Danke!

      • derwaechter 12. Dezember 2023, 12:15

        Der Satz aus meinem Zitat oben: „die Digitalisierung als Erklärung für die schlechten Ergebnisse angeführt.“, bezieht sich auf flächendeckend iPads in Schulen. Ist hier nahezu überall Standard und wird von einigen als Teil des Problems gesehen.

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:44

          Nicht von mir. Es ist die Frage, was man damit macht. Digitale Infrastruktur ist eine notwendige, nicht eine hinreichende Bedingung. „Digitalisierung“ umschreibt ja viel, viel mehr als nur die Infrastruktur. Das ist einer der Kardinalfehler der Debatte. Wer einfach nur den aktuellen Unterricht in den digitalen Raum transportieren will, ändert nichts zum Positiven. Oder wenig.

        • CitizenK 12. Dezember 2023, 14:49

          Es gibt eine Studie bei Studenten darüber (Quelle nicht zur Hand), die Mitschriften in Vorlesungen auf Laptops/Tablets mit solchen mit Stift auf Papier vergleicht. Letzteres scheint signifikant nachhaltiger. Unser Junior schwört trotzdem auf sein iPad, weil besser organisierbar.
          Bei Schülern bin ich sehr skeptisch, wenn nur mit Tablets gearbeitet wird.

          • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:57

            Ich kenn die Studien, ja. Ich denke, dein Junior hat einen Punkt. Das Problem ist wie so oft, dass wir die digitalen Mittel nicht vernünftig nutzen und trainieren. Die Potenziale bleiben brach.

            • Lemmy Caution 12. Dezember 2023, 23:57

              Ich habe vor Jahren eingeführt, dass ich beim Programmieren ein Heft verwende, dass ich mit einem Kuli vollschreibe. Ist hilfreich in komplexen Projekten. Fürs Lernen brauchts einen guten Mix. Meine nach wie vor schlechte Handschrift hat sich in den letzten 10 Jahren etwas verbessert. Eine gewisse Entdigitalisierung fand irgendwie statt, obwohl ich schnell 10 Finger tippen kann und IT-Interfaces auch effektiv bedienen kann.

              Nachdem ich in 33 Tagen den Duolingo Kurs Spanisch voll durchgespielt habe – d.h. mit komplett-Vergoldung – versuche ich mich jetzt an Französisch. Diesen romanischen Dialekt 😉 kann ich noch nicht und es wird – falls ich durchhalte – 2,5 bis 3 Monate dauern. Polnisch erschien mir als aktuell zu hart, obwohl ich schon irgendwie Lust hätte. Hab dann vielleicht ein gutes Französisch A2 Level, aber damit wäre ich zufrieden. Werde das Ergänzen mit Hörübungen auf LinQ, dem Kauf von sowas wie Le Monde in Bahnhofskiosken und irgendwann Bücher mit einem vereinfachten Wortschatz für Schüler. Vielleicht mache ich mir sogar Din-a-8 Vokabelkarten. Hab ich heute im Rewe entdeckt. Ich benutze bereits Bücher (Grammatik-Übungsbuch, Wortschatz). Ich schreib mir Notizen in ein Heft.
              Für Spanisch-Duolingo habe ich rein Handy/Laptop -benutzt, weil ich mit der Sprache viel Erfahrung habe.

              Für den B2 bis C2 Kurs Spanisch auf Busuu denke ich über ein System mit Karteikarten zu meinen ewigen Schwächen nach. Es gibt selbst in dieser logisch aufgebauten Sprache in Wortwahl, Verben+Präpositionen, Subjunctivo, den 2 einfachen Vergangenheitsformen und Füllwörtern schlicht und einfach ein paar harte Nüße. Auf busuu lieferten übrigens von Muttersprachlern korrigierte Freitext-Übungen extremst hilfreiche Informationen zu meinen Schwächen.

              Für Kurse auf IT-Lern Plattformen schreibe ich auch Notizen in ein Heft. Für inzwischen seltene Zertifikat-Prüfungen arbeite ich mit Karteikarten.

              • CitizenK 13. Dezember 2023, 09:05

                „Eine gewisse Entdigitalisierung…“

                …. bei einem IT-Profi, überraschend für einen Digital Naive.

                Estland hat durch die Digitalisierung 2 % des BSP eingespart (lt. Botschafterin Linntam) und hat relativ weit mehr Startups als D. IT ist Pflichtfach. Ob die auch in Hefte schreiben?

                Apropos Sprachenlernen: Hast Du eine Erklärung dafür, warum Französisch vielen Menschen so schwer fällt?

                • Lemmy Caution 13. Dezember 2023, 11:47

                  Lernen ist ein kreativer Prozess. Handschriftlichkeit hilft ungemein, komplexe Zusammenhänge zu explorieren und zu verinnerlichen.
                  Ich habe mich dazu vor ca. 8 Jahren dazu gezwungen, weil ich feststellte, dass praktisch alle guten Programmierer so vorgehen.
                  Ich benutze natürlich e-learning Plattformen, blogs, open source Quellcode, hab Akzeptanzgrenzen für schlechte Jira-Bedienung von Kollegen, aber der eigentliche Lernprozess hat viele klassische Elemente.
                  Ich investiere Zeit in Dokumentation und das wird irgendwann von den Kunden honoriert. Viele Kollegen haben aus verschiedenen Gründen absolut null Interesse ihre Erkenntnisse schriftlich darzulegen, was immense Kosten verursacht. Das gehört für mich auch eher in einen klassischen Bereich.

                  Startups sind nicht alles.
                  Viel der tatsächlichen Verbesserungsschritte finden eine Ebene drüber und drunter statt:
                  in Konzernen und großen Unternemen (Microsoft, Jetbrains, VMWare, Red Hat, etc.)
                  Auf der anderen Seite gibts noch interessante open source Projekte von Leuten aus Academia… oder ein finnischer Exiliant im US-Provinz. Vorher lebte der in einem Prärie-Staat. Legende: https://twitter.com/cowtowncoder

                  FRANZÖSISCH
                  – Buchstaben matchen nicht mit der Aussprache.
                  un -> ähnlich wie ‚ö‘
                  une -> ün
                  Buchstaben oder ganze Silben werden selbst im „Standardfranzösisch“ sehr ot verschluckt.
                  Die dritte Plural Endung wie in „boivent“ krieg ich zum Beispiel beim Hören oft nicht mit.
                  Es gibt erstaunlich viele doppelte Konsonanten.
                  Es existiert eine gewaltige Vielfalt an Akzentzeichen.
                  Sonderlocken wie diesen „le homme mange DES pommes“ stuff und die rätselhafte Verneinung kann ich bisher akzeptieren.

                  In Spanisch matcht die Schreibweise mit der Aussprache, es gibt praktisch keine doppelten Konsonanten und genau 1 Akzentzeichen. ‚ñ‘ werte ich als eigenen Buchstaben.

                  Spanisch ist auch deshalb in Deutschland an Französisch als beliebteste Drittsprache vorbeigezogen, weil viele Leute Spanisch als einfacher zu lernen wahrnehmen. Hab mich jetzt aber für Französisch und damit gegen Italienisch eben wegen der stärkeren Herausforderung entsciheden. Portugiesisch verstehe ich eh ein wenig.

                  • Erwin Gabriel 13. Dezember 2023, 21:49

                    @ Lemmy Caution 13. Dezember 2023, 11:47

                    Handschriftlichkeit hilft ungemein, komplexe Zusammenhänge zu explorieren und zu verinnerlichen.

                    So etwas von richtig !!!

                  • CitizenK 14. Dezember 2023, 14:28

                    Merci beaucoup. Viel Erfolg und hoffentlich auch Freude dabei. Bereichert einen Frankreich-Urlaub ungemein.

                    Aber auch wenn man nicht der Typ dafür ist: „The Benefits of Failing in French“.
                    https://www.nytimes.com/2014/07/16/opinion/16alexander.html

                • destello 13. Dezember 2023, 17:09

                  Französisch (wenn ich davon ausgehe, dass derjenige kein Vorwissen einer romanischen Sprache hat):
                  – neues Vokabular
                  – Subjonctiv
                  – sehr schwierige Aussprache
                  – schwer zu verstehen aufgrund nicht gesprochener Buchstaben und das Zusammenziehen von Wörtern
                  – schon die Grundstruktur ist komplex (Negation, Frage)

                  • Thorsten Haupts 14. Dezember 2023, 10:04

                    Ja. Französisch ist eine Intellektuellen-, Englisch eine Bauernsprache.

                    • Stefan Sasse 14. Dezember 2023, 10:50

                      Aha…

                    • Thorsten Haupts 14. Dezember 2023, 13:38

                      Deswegen kann ich ja auch nur Englisch.

                • Ariane 14. Dezember 2023, 10:09

                  „Eine gewisse Entdigitalisierung…“

                  Wir haben bei uns auch schon rumgewitzelt, dass wir alle wieder einen Schreibknubbel haben 😉
                  Ich kritzel auch immer alles mit Anmerkungen voll, übertrage das Zettelchaos aber irgendwann in eine übersichtliche Word-Datei.

                  Französisch:
                  ich fand Französisch grammatikalisch übrigens immer einfacher als Englisch^^
                  Aber das gesprochene weicht extrem vom Geschriebenen ab und das Alltagsfranzösisch dann auch nochmal.

  • cimourdain 12. Dezember 2023, 11:41

    2) Mehrere Auffälligkeiten / Korrekturen zu den PISA-Ergebnissen:
    i) Die OECD stellt klar, dass der globale Trend zu schlechteren Ergebnissen bereits 2018 vor Corona angefangen hat. Die Pandemie war nur ein Brandbeschleuniger.
    ii) Estland ist auch von dem Ergebnisabsturz betroffen. Durchschnittlich fielen die Ergebnisse um 15 Punkte, in Estland um 13. Sie haben nur auf einem höheren Niveau gestartet.
    iii) Selbst aus dem kurzen Tagesschau Artikel kann jeder für sich lesen, was ihm gefällt: Du siehst in Digitalisierung und individueller Förderung als wichtigste Rezepte, ich lange (bis zur 9.Klasse) Koedukation und starke vorschulische Bildung ab 2 Jahren.
    iv) Andere Interpretationen sind auch denkbar: Rechte können auf die geringe Migrantenzahl in Estland hinweisen und der Postillon liefert dieses Rezept: https://www.der-postillon.com/2023/12/estnisch.html

    3) Alles Richtig. Der Pferdefuß dabei ist, dass der Wohnraum vorhanden sein muss. Von 2006 bis 2022 ist die Zahl der Sozialwohnungen von 2,1 Millionen auf unter 1,1 Millionen gesunken. Siehe dazu auch Kommentar zu f) .

    4). Es hängt aber immer davon ab, welche Branchen betrachtet werden. Im kaufmännischen Bereich ist es nicht unüblich, dass Abiturienten erst eine Berufsausbildung machen und dann ein Studium darauf satteln.

    c) Frag mal Friedrich Merz von der C-DU (Sein Kollege Söder hat wenigstens ein Kreuz)

    e) Die Grünen waren schon immer für Atomwaffen, so wie Ozeanien schon immer mit Eurasien im Krieg ist.

    f) Auf die Frage, warum 100 Milliarden für das Militär mobilisierbar sind, aber nicht für Bildung, hat Erich Kästner lange vor der deutschen Remilitarisierung gegeben: http://www.deanita.de/frieden1.htm

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 11:47

      2i) Ja.
      ii) Korrekt.
      iii) Nö, da bin ich bei dir. Ich hab da gar keine Gewichtung. Das Problem ist zu umfassend/systemisch.
      iv) Ja.

      3) Ich habe hier immer wieder auf den fehlenden sozialen Wohnungsbau hingewiesen.

      4) Guter Punkt.

      e) Nein…?

  • Stefan Pietsch 12. Dezember 2023, 12:11

    1) Migration crackdowns won’t help Europe’s moderate right

    In einer aktuellen Umfrage äußert sich eine sehr große Mehrheit gegen die Aufhebung der Schuldenbremse, nur 20 Prozent sind für Steuererhöhungen für Besserverdiener, aber eine relative Mehrheit für Ausgabenkürzungen, auch im Sozialen. Dass da eine „Angst“ vor Sozialkürzungen besteht, ist nicht festzustellen.

    2) Wir müssen 100 Milliarden Euro investieren

    Dabei verstellt der national verengte Blick des Diskurses mehr als üblich das Bild: der Absturz in PISA ist kein deutsches, sondern ein globales Phänomen.

    Ja, schön sich selbst betäuben. Das ähnelt dem Verhalten des Vorstandes, der bei der bilanziellen Überschuldung noch davon redet, bald Investoren zu bekommen. Oder Thomas Tuchel am Wochenende, der nach der 1:5-Klatsche in Frankfurt hervorhob, dass seine Mannschaft bei den „Expected Goals“ viel besser war.

    Niemand ist so abgestürzt wie Deutschland, obwohl wir bei diesen Tests nie besonders gut lagen. Doch nun sind die Ergebnisse noch schlechter als 2000. Vielleicht sollte man auch mal reinschauen, was da deutschen Schülern (nicht mehr) bescheinigt wird.

    – 25 Prozent der 15-Jährigen lesen nur schwach; sie können weder die Hauptaussage eines mittellangen Textes erfassen, noch nach bestimmten Kriterien entsprechende Informationen aus dem Text herausfiltern.

    – Besonders mangelhaft sind die Leistungen der Schüler in Mathematik: 30 Prozent der 15-Jährigen gelten als leistungsschwach und vermögen es nicht einmal zu erkennen, wie eine einfache Situation mathematisch dargestellt werden kann. Es ist ihnen etwa nicht möglich, die Gesamtlänge zweier alternativer Routen zu vergleichen oder Preise in eine andere Währung umzurechnen.
    https://www.welt.de/politik/deutschland/plus248878828/Pisa-Studie-Schueler-in-Deutschland-schlechter-denn-je.html?icid=search.product.onsitesearch

    Deutsche Schüler sind in Summe höchstens Durchschnitt, bei Mathe darunter. Preisfrage: Wie soll ein Land mit durchschnittlichem bis unterdurchschnittlichem Bildungsstand eine führende Industrienation bleiben? Augen zu machen und einfach beten.

    3) Finnland schafft es: Bald gibt es keine Obdachlosigkeit mehr!

    Prima. Jetzt bräuchte es nur noch die Wohnungen dazu. Ideen?

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:43

      1) Ich glaube, es geht auch weniger um Sozialkürzungen. Das ist in meinen Augen auch der große Fehler der Linken, besonders aber der SPD und in etwas geringerem Umfang den Grünen. Niemand stellt sich gerne als Sozialleistungsempfänger*in vor. Es ist ja die Furcht vor dem Abstieg in diese Sphären, die Leute motiviert.

      3) Sozialer Wohnungsbau natürlich.

      • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 18:41

        @ Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:43

        3) Sozialer Wohnungsbau natürlich.

        Das lustige an Deiner Antwort ist das Wörtchen „natürlich“.

        Der Wohnungsmarkt ist komplett zusammengebrochen. Das liegt an einem Mix aus (für den Wohnungsbau) zu hohen Zinsen, was die Mieten in unrealistische Höhen treibt, und (für den Wohnungsbau) zu strengen ökologischen Vorschriften, was die Mieten ebenfalls bzw. noch weiter in unrealistische Höhen treibt. Die Folge sind unendlich viele teilfertige, aber abgebrochene Bauvorhaben. Verstärkt wird diese Situation durch Fachkräftemangel, Lieferschwierigkeiten bei einigen Baustoffen, drastisch Gestiegene preise bei anderen Baustoffen, deutlich höhere Anforderungen an Planungs- und Bauprozesse (wo man früher ein Gebäude gebaut hat, entwirft man heute ein digitales Konzept, dass vom ölologischen Fußabdruck der Lieferfahrzeuge bis zur Sortenreinheit der Baustoffe zwecks Abriss in 50 oder 100 Jahren reicht).

        Die Zinsen scheinen sich nicht zu entspannen, Ukraine-Krieg und Lieferschwierigkeiten bestehen weiter, es gibt zu wenige Grundstücke in den Städten, Bauen im Bestand (gerade im benötigten Ausmaß) ist sehr langwierig und aufwendig.

        Vor zwei Tagen kam die Nachricht, dass Brüssel eine weitere Verschärfung der Bauvorschriften mit noch höheren Schranken auf den Weg gebracht hat. Viele Umwelt-Aktivisten sind damit nicht einverstanden, weil man versäumt hat, Hausbesitzern einen Renovierungszwang aufzuerlegen.

        Sozialmieten werden vom Staat mit 6 – 7 Euro/qm eingestuft, die durch Baupreise erforderlichen Mieten müssten je nach Lage zwischen 17 bis 25 Euro/qm liegen (mit den neuen Grüßen aus Brüssel wird es in Richtung 30 Euro/qm gehen). Das entscheiden letztendlich die Banken, die (vom Gesetzgeber gezwungen) prüfen müssen, ob Investitionsprojekte Erfolgsaussichten haben.

        Um auf dieses „natürlich“ zurückzukommen: Wollen Staat und Kommunen neuen sozialen Wohnraum schaffen und zur Verfügung stellen, müssen sie mit einem Aufwand bauen, den sich Otto Normalverbraucher bei weitem nicht leisten kann. Sozialhilfeempfänger würden in Wohnungen wohnen, die sich nur Besserverdienende mit Mühe und Not leisten können.

        Aber auch, wenn die vielen klammen Kommunen Grundstücke kaufen und freigeben, sich selbst an alle ökologischen Vorschriften halten (und zur Abwechslung mal nicht die billigsten Schindluder-Schwarzarbeit-Companies beauftragen), und wirklich pro qm Sozialwohnung 25 bis 30 Euro auf den Tisch legen, wird es Jahrzehnte brauchen, um den bereits heute herrschenden Bedarf zu decken.

        Da ist die einfachere oder „natürlichere“ Lösung zu warten, bis alle Boomer unter der Erde liegen – das könnte helfen 🙂

        Ansonsten: „Natürlich“ nicht.

        PS: Hatte ich Dir überhaupt schon gesagt, dass pro Monat die Einwohner einer Stadt wie Augsburg, Gütersloh oder Wolfsburg einwandern?

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 18:45

          Kein Widerspruch zu den aktuellen Problemen. Wie auf so vielen Feldern ist das etwas, das seit Jahrzehnten falsch läuft. Die Lage am Wohnungsmarkt war ja schon gespannt, bevor die Flüchtlingswellen begannen.

          Btw, ich finde das Wort „einwandern“ nach wie vor problematisch. „Einwanderung“ ist für mich geregelte, legale Migration.

          • Erwin Gabriel 13. Dezember 2023, 14:33

            @ Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 18:45

            Btw, ich finde das Wort „einwandern“ nach wie vor problematisch. „Einwanderung“ ist für mich geregelte, legale Migration.

            Oh, da habe ich in der Tat eine andere Definition: „Gekommen, um zu bleiben“ – unabhängig von gesetzlichen Grundlagen, weil man die hier in Deutschland schon passend machen kann.

  • Thorsten Haupts 12. Dezember 2023, 12:38

    Zu 1)
    Wenn wir noch darüber diskutieren müssen, ob jährlich >300.000 junge Männer (das wird die Zahl für 2023), vornehmlich aus dem Nahen Osten und Nordafrika, plus Familiennachzüge uns dauerhaft überlasten, hat jemand den Schuss wirklich noch immer nicht gehört.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:47

      Es geht ja nicht darum, ob das belastet oder nicht (natürlich tut es das), sondern ob eine ausländerfeindliche Rhetorik gegen Gewinne der AfD hilft.

      • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 18:00

        @ Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:47

        Es geht ja nicht darum, ob das belastet oder nicht (natürlich tut es das), sondern ob eine ausländerfeindliche Rhetorik gegen Gewinne der AfD hilft.

        Rhethorik allein hilft nicht. Zuwanderung begrenzen hilft.

      • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 09:51

        Die Rhetorik ist die vermutlich unvermeidbare politisch-mediale Vorbereitung effektiver Eindämmungsmassnahmen. Hilft (kurzfristig) natürlich nicht, sondern schadet eher. Ist aber unverzichtbar, um irgendwann die notwendigen politischen Mehrheiten für Massnahmen zu mobilisieren. Wenn Politik rational auf erkennbare Herausforderungen reagieren würde, wäre die Rhetorik überflüssig, nur ist das erwiesenermassen nicht der Fall, case closed.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Erwin Gabriel 13. Dezember 2023, 21:52

          @ Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 09:51

          Wenn Politik rational auf erkennbare Herausforderungen reagieren würde, wäre die Rhetorik überflüssig, nur ist das erwiesenermassen nicht der Fall, case closed.

          Zustimmung!

  • sol1 12. Dezember 2023, 13:17

    b) Vor dem Framing des Hamas-Terrors als Fortsetzung des Holocaust hatten Historiker schon vor drei Wochen gewarnt:

    https://www.spiegel.de/geschichte/israel-gaza-krieg-historiker-wenden-sich-gegen-vergleiche-von-hamas-mit-nazis-a-edd3b15d-9273-44b5-90f5-f98be7d06a8c

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:49

      Ich hab im Vermischten nächste Woche was dazu, die Nazi-Vergleiche sind gerade inflationär, das nervt mich übel.

      • Thorsten Haupts 12. Dezember 2023, 15:36

        Leuchtet mir nicht völlig ein. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Hamas am 07.10. die gesamte israelische Bevölkerung ausgelöscht hätte – nach Raub, Folter und Vergewaltigung – wenn Hamas dazu die Möglichkeit gehabt hätte. Überhaupt keinen Zweifel!

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 15:52

          Ich auch nicht, aber sie hatte die Möglicheiten nicht.

          • derwaechter 12. Dezember 2023, 16:22

            Gut, wenn die Messlatte so hoch liegt, dann ist natürlich jeder Nazivergleich falsch.

            • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 16:32

              Ok, wir können problemlos Hamas reinnehmen. Kein Ding. Wo ich in den letzten Tagen Nazivergleiche gehört habe:
              – das neue CDU-Grundsatzprogramm
              – Äußerungen von Friedrich Merz
              – die Präsidentin von Harvard

              • derwaechter 12. Dezember 2023, 19:32

                Ach so, du meinst Nazivergleiche allgemein. Ich dachte spezifisch auf Hamas bezogen.

          • sol1 12. Dezember 2023, 22:52

            Eben.

            Wenn Hitler nicht in Deutschland, sondern in Liechtenstein die Macht ergriffen hätte, hätte es wohl ebenfalls von der Ausrottung der Juden geträumt – aber den Plan hätte er dann nicht umsetzen können.

            • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 09:38

              Trotzdem hätte der Nazi-Vergleich dann gepasst.

  • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 13:54

    1) Migration crackdowns won’t help Europe’s moderate right

    Ich bin nicht grundsätzlich gegen Einwanderung; die brauchen wir. Ich bin nur gegen die halbwegs ungehemmte Einwanderung in unsere Sozialsysteme, weil ich verstehe, was uns das kosten wird – gesellschaftlich und finanziell. Ob das „rechts“ oder „konservativ“ genannt wird, ist mir schnuppe. Der Rest wurde hier, denke ich, schon oft genug durchdekliniert.

    Was auf der anderen Seite aber definitiv völlig unterschätzt wird ist die Kürzungsgeschichte. Das Gefühl, dass nicht genug für alle da ist und dass man sich von Kürzungen betroffen oder bedroht sieht, ist ein viel zu geringgeschätzter Faktor in der Hinwendung zu radikalen Lösungen.

    Die von Dir genannte „Kürzungsgeschichte“ kann ich ein gutes Stück weit nachvollziehen. Je besser es uns geht, desto größer scheinen die Ängste zu werden, dass es wieder schlechter werden kann. Und wenn nur oft genug davon geredet wird, fühlt man sich auch so, ob wahr oder nicht.

    Vielleicht rührt aus dieser Angst, zu kurz zu kommen, auch die ständige Haltung der Allgemeinheit her, „den Reichen“ ans Leder zu wollen – lieber die ich als ich, wenn Du so magst. Aus meiner Wahrnehmung in jedem Fall ein belastbarer Punkt.

    Zur AfD: Die will nicht dem Einzelnen mehr zukommen lassen, sondern Deutschland stärken („Make Germany great again“), und da sind nicht alle Maßnahmen falsch, die man da vorhat. Aber ja, Populisten schüren die schlechten Gefühle, also nicht nur Hass, sondern auch Neid (selbst wenn sie nicht die Einzigen sind).

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:52

      Ich auch. Ich glaube, niemand ist da dafür. Wir sind mal wieder bei der mangelnden Trennschärfe von „Einwanderung“, „Flüchtlinge“ und „Asyl“. Ich teile deine Kritik an der Naivität vieler Linker, die das Endresultat einer menschenrechtskonformen Asyl- und Flüchtlingspolitik nicht sehen zu wollen scheinen, aber das ist was anderes als für unbegrenzte dauerhafte Migration zu sein. Aber letztlich ist das irrelevant, das geht hoffnungslos durcheinander.

      Ich denke, du hast da einen wichtigen Punkt. Wir haben ja schon öfter diskutiert, dass die meisten Leute ihre eigenen Verhältnisse auch völlig falsch einschätzen; die entsprechende Furcht gab es schon immer.

      AfD: Völlige Zustimmung.

      • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 09:40

        … aber das ist was anderes als für unbegrenzte dauerhafte Migration zu sein.

        Im Ergebnis eben nicht – und das ist das einzige, was zählt.

        • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 10:26

          Trotzdem sollte man die Position nicht verzerren. Im Ergebnis führen Kürzungen im Sozialhaushalt auch zu mehr Armut, aber die Aussage „die FDP will Menschen arm machen“ ist trotzdem falsch. Genauso ist es hier. Man sollte da ehrlich genug formulieren.

          • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 13:27

            Wenn eine Politik völlig unvermeidbar und vorhersehbar auf ein Ergebnis zuläuft, dann darf ich intelligenten und gebildeten Menschen zuschreiben, dass das Ergebnis gewollt ist.

          • Erwin Gabriel 13. Dezember 2023, 14:51

            @ Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 10:26

            Im Ergebnis führen Kürzungen im Sozialhaushalt auch zu mehr Armut, aber die Aussage „die FDP will Menschen arm machen“ ist trotzdem falsch.

            Die ist in jedem Falle falsch. Zum einen liegt zwischen „arm machen“ und „ärmer machen“ ein Riesen-Unterschied (Forderungen nach Steuererhöhungen sollen auch nicht reiche wohlhabende Menschen „arm“ machen, sondern nur „etwas weniger reich wohlhabend").

            Dann ist die teilweise recht wilkürliche, unbenötigte Austeilung von Geschenken an Menschen, die diese nicht wirklich brauchen, nichts, was man als sein Eigentum betrachten sollte. Solche Ausschüttungen bringen den Betroffenen vielleicht einen höheren lebensstandard, machen sie aber bei Entfall nicht "arm"

            • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 15:19

              Trifft hier ja auch zu. Wie gesagt, etwas weniger Unterstellungen und neutralere Formulierungen wären gut.

              • Erwin Gabriel 13. Dezember 2023, 21:54

                „reich</s>

                Kannst Du bitte den fehlenden Winkel nachtragen?

                Viele Grüße
                E.G.

                • Erwin Gabriel 14. Dezember 2023, 18:26

                  merci 🙂

  • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 13:54

    2) Wir müssen 100 Milliarden Euro investieren

    Natürlich braucht es dazu vor allem Geld. Da reichen nicht mal die plakativen 100 Milliarden, denn theoretisch – und das ist rein theoretisch, weil selbst dann nicht machbar, wenn der Dschinn aus Aladdins Wunderlampe das Geld besorgte – müsste man eigentlich das ganze System inklusive der Gebäude einreißen und neu aufbauen, …

    Das System so zu ändern, dass Geld Wirksamkeit entfalten kann, ist in der Tat das Hauptproblem. Ohne Systemänderung schmeißt man einmal mehr nur Geld zum Fenster raus.

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:53

      Jein. Wie bei der Bundeswehr gibt es einige Dinge, die schlicht Geld (und Fachkraftkapazitäten…) erfordern, etwa WLAN und Geräte. DAS kannst einfach mit Geld machen. Aber wie schon oft gesagt, notwendig, nicht hinreichend. Für alles andere bin ich völlig bei dir.

      • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 18:04

        @ Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:53

        Wie bei der Bundeswehr gibt es einige Dinge, die schlicht Geld (und Fachkraftkapazitäten…) erfordern, etwa WLAN und Geräte. DAS kannst einfach mit Geld machen. Aber wie schon oft gesagt, notwendig, nicht hinreichend. Für alles andere bin ich völlig bei dir.

        Wenn WLAN das/ein Problem ist, ist uns nicht mehr zu helfen.

  • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 13:55

    3) Finnland schafft es: Bald gibt es keine Obdachlosigkeit mehr!

    Der beste Weg, Obdachlose aus der Obdachlosigkeit zu bekommen, ist Wohnraum zur Verfügung zu stellen, …

    Keine Einwände. Nur: Was macht man, wenn schon nicht genug bezahlbarer Wohnraum für die Nicht-Obdachlosen zur Verfügung steht? Ob Flüchtlinge, Arbeitslose, Obdachlose, Geringverdiener – bei Wohnraum herrscht ein brutaler Verdrängungswettbewerb; reicht nicht ansatzweise für alle.

    … genauso wie man Armen am besten dadurch hilft, dass man ihnen Geld gibt.

    Ist eine andere Kategorie. Zum großen Teil tut man das ja schon, auf einen wirklich hohen Niveau. Aber die Hilfe wird nicht umso größer, je mehr Geld man gibt.

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:54

      Genau, siehe Antwort an Stefan: Sozialer Wohnungsbau.

      Richtig. Aber eine ganze Weile ist das das relevante.

      • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 18:05

        @ Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:54

        Genau, siehe Antwort an Stefan: Sozialer Wohnungsbau.

        Dann antworte ich dort.

  • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 13:57

    4) Der „Akademisierungswahn“ ist nur ein Mythos – dass die Ausbildung leidet, weil das Studium boomt, stimmt gar nicht

    Da habe ich geächzt beim Lesen. Anfang der 70er Jahre gab es über 600 anerkannte Ausbildungsberufe, heute sind es noch um die 320. Ein Teil der Berufe mag sich ja erledigt haben, aber es müssten noch mehr nachgekommen sein, oder?
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/156901/umfrage/ausbildungsberufe-in-deutschland/

    Dem stehen deutlich über 20.000 Bachelor- und Master-Studiengänge gegenüber (über 1.300 Studiengänge allein für die Bereiche Kunst und Musik).
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1140364/umfrage/studiengaenge-nach-hochschul-und-studiengangart/

    Wenn diese Zahlen eines zeigen, dann, dass man genau das getan hat, was hier geleugnet wird: Man hat einen „Akademierungswahn“ entfacht.

    Mit solchen Untersuchungen so lange zu warten, …
    Dies bestätigt sich nicht, da seit etwa zehn Jahren keine wesentliche Zunahme der Studienberechtigtenquote mehr zu verzeichnen ist.

    … bis, bedingt durch die geburtenschwachen Jahrgänge, der Nachwuchs für beides nicht reicht, ist albern.

    Auch faszinierend, dass ein Thema, das permanent als eine Art „jede*r weiß es“ durch den Diskurs wabert, durch die Zahlen überhaupt nicht bestätigt werden kann. .

    Dann schau Dir halt die Zahlen mal etwas genauer an; vielleicht nicht nur für die letzte Woche, sondern seit den 70er Jahren.

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:55

      Ich glaube, niemand bezweifelt die Bildungsexpansion. Aber das ist ein Ding der 70er bis 90er, vielleicht 2000er. Es erklärt NICHT den aktuellen Fachkräftemangel.

      • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 18:11

        @ Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:55

        Ich glaube, niemand bezweifelt die Bildungsexpansion. Aber das ist ein Ding der 70er bis 90er, vielleicht 2000er. Es erklärt NICHT den aktuellen Fachkräftemangel.

        Als ob der nur einen Grund hätte 🙂

        Die Ursache, die derzeit alles überstrahlt, ist der Geburtenrückgang. Wäre der von 20 Jahren weniger hoch ausgefallen, hätten wir kaum andere Probleme. Denn „Fachkräftemangel“ ist ein flächendeckendes Problem von Unternehmen, Behörden und Branchen, und damit der ganzen Gesellschaft. Doch wie sich jemand ausbildet, hat ausschließlich mit ganz persönlichen Neigungen zu tun. Niemand geht ohne entsprechende persönliche Neigung in eine Ausbildung „für die Gesellschaft“.

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 18:42

          Ja genau, das ist ja mein Punkt: Demographie.

          • Erwin Gabriel 13. Dezember 2023, 21:57

            @ Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 18:42

            Ja genau, das ist ja mein Punkt: Demographie.

            Es gibt nicht nur einen Grund, sondern mehrere. Demographie wird entscheidender, aber ohne Demographie hätten wir ähnliche Probleme.

            • Stefan Sasse 14. Dezember 2023, 08:23

              Kein Widerspruch, ich hatte das ja nur angemerkt, dass es mir wichtig zu sein scheint – und merkwürdig unterdiskutiert.

  • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 13:57

    d) Tübingens Oberbürgermeister kandidiert für Freie Wähler Vereinigung. Da wächst zusammen, was zusammengehört.
    Albern …

    f) Ein leider wahrer Artikel zur Schuldenbremse und Bildung.
    Ja. Leider wahr.

    m) Noch was zum Schuldenthema.
    Mit Bezug auf f): Man hat halt das Geld für andere Sachen rausgehauen. Wer das ständig ignoriert, ist entweder ahnungslos oder böswillig.

    n), o)
    Komme ich nicht ran.

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 14:55

      d) Wieso? Der passt doch super zu den Freien Wählern.

      • Erwin Gabriel 12. Dezember 2023, 18:13

        d) Tübingens Oberbürgermeister kandidiert für Freie Wähler Vereinigung. Da wächst zusammen, was zusammengehört.

        Wieso? Der passt doch super zu den Freien Wählern.

        Ja. Albern deswegen, weil man in dem Artikel dennoch zuallererst aufs Geld argumentiert hat.

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 18:43

          Ja, deswegen geht er für die in den Kreistag. Da kommt er als parteiloser OB sonst ja nicht rein, und er will Kohle für Tübingen, wenn ich das richtig verstanden habe. Macht doch Sinn, nein?

          • Dennis 12. Dezember 2023, 21:21

            Klar. Da muss man nicht lange interpretatorisch rumdoktern, weil der Palmer das höchstselbst gesagt hat.

            Zitat SWR:
            „Über seine Motivation sagte Palmer: „Es geht ums Geld.“ Für das kommende Jahr seien 60 Millionen Euro an Kreisumlage geplant. Im Kreistag könne er die Höhe der Kreisumlage mitbestimmen – und damit vielleicht die Summe, die in seine Stadt für Projekte zurückfließe. Es sei also sinnvoll, wenn der Oberbürgermeister im Kreistag sitze, sagte er bei einer Pressekonferenz am Montagmorgen im Tübinger Landratsamt.“

            • sol1 12. Dezember 2023, 23:12

              Im Grunde heißt das, daß er alle politischen Ambitionen beerdigt, die über die kommunale Ebene hinausgehen.

              • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 09:20

                Hatte er je andere?

                • sol1 13. Dezember 2023, 11:22

                  Artikel von 2012 anläßlich der Abwahl aus dem Parteirat der Grünen:

                  /// Dem Realo und Befürworter schwarz-grüner Gedankenspiele wurde eine glänzende Zukunft bescheinigt, etwa als nächster Bundesverkehrsminister, vielleicht als Nachfolger von Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Aus seinem Job in Tübingen, wo er seit 2006 im Rathaus sitzt, sei er herausgewachsen, meinen manche Grüne. „Der ist brilliant“, sagt ein Landesvorsitzender. „Aber er stößt auch immer alle vor den Kopf.“ ///

                  https://www.sueddeutsche.de/politik/gruenen-politiker-boris-palmer-sturz-eines-gruenen-helden-1.1526372

                  • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 11:48

                    Hm. Aber ist das nicht das übliche Mediengeraune?

                    • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 14:02

                      Ja. Das hochjazzen mediensichtbarer Kommunalpolitiker hat Tradition, aber nie praktische Folgen. Offenbar sind entweder Skill- oder Mindset der Kommunalpolitiker NICHT einfach kompatibel mit Landes- oder Bundespolitik. Kommunalpolitik war meiner Erinnerung nach bisher nie einer der erfolgreichen Transportwege für den Aufstieg eines Ministerpräsidenten oder Bundespolitikers.

                    • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 15:17

                      Wüsste auch kein Beispiel.

                    • derwaechter 13. Dezember 2023, 19:42

                      Einfachere kommunalpolitische Ämter als Einstieg und sind doch sehr üblich.

                      Was höhere bzw. langfristige Ämter angeht würde ich dezent auf Adenauer verweisen 🙂

                    • Stefan Sasse 14. Dezember 2023, 08:21

                      Wenn du bis Weimar zurückgehen musst um Beispiele zu finden ist das nicht wirklich überzeugend 😀 Und bitte nicht Willy Brandt; Berlin ist ja schon eher ein Bundesland. Oder Schmidt und Scholz mit Hamburg. Großstädte sind ja generell eine eigene Kategorie, die mit Kommunalpolitik à la Tübingen wenig zu tun hat, oder?

                    • Dennis 13. Dezember 2023, 20:14

                      Adenauer (Köln) Willy Brandt (Berlin)
                      Hans-Jochen Vogel (München) Karl Schiller (Hamburg und Berlin, jeweils Senator für Wirtschaft, danach Bundestag etc. )

                      Okay, ist alles veraltet; aber früher war halt alles besser^^. Aus neuerer Zeit hätte ich da noch den Lafontaine, Oskar. Langjährig OB von Saarbrücken, dann Land, dann Bund – heute als Rentner auf den NachDenkSeiten, nun ja.

                      Helmut Schmidt war mal „zwischendurch“ Senator in Hamburg. Sturmflut und so. Dadurch wurde der draußen im Lande bekannt und beliebt. Vorher als „einfacher“ Bundespolitiker weitgehend unbekannt.

                      Ein ähnlicher Hamburger Interims-Fall ist ja der Scholz, Olaf. Dessen Strumflut heißen Cum-ex, Elbtower und Olympia in Hamburg. Aber zwischendurch giltet an dieser Stelle wahrscheinlich eh nicht.

                    • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 20:26

                      Hamburg und Berlin gelten als Länder und nicht als Kommune.

                    • sol1 13. Dezember 2023, 21:28

                      Ohne bundespolitische Ambitionen hätte er sich ja nicht zuvor in den Parteirat wählen lassen.

                      Von 2001 bis 2007 war er Landtagsabgeordneter, zuvor wissenschaftlicher Mitarbeiter der grünen Bundestagsfraktion. Als er mit bereits 34 Jahren zum Oberbürgermeister von Tübingen gewählt wurde, hätte wohl niemand vorhergesagt, daß er das 17 Jahre später immer noch sein würde – erst recht nicht nach seinen eindrucksvollen Auftritten bei der Stuttgart-21-Schlichtung.

                    • Stefan Sasse 14. Dezember 2023, 08:21

                      Ok, Point taken. Dafür kenne ich mich in BaWü-Innenpolitik zu wenig aus.

            • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 09:17

              Eben. Also ich weiß nicht, was das Problem ist. Für die Grünen kann er ja kaum in den Kreistag.

      • cimourdain 12. Dezember 2023, 18:35

        Lies den Artikel genau Er ist der “ Freie Wähler Vereinigung“ beigetreten, die mit der „Freie Wähler“ nicht zusammenhängt, sondern ein Zusammenschluß parteiunabhängiger Lokalpolitiker ohne Parteiambitionen ist (also das, was die Freien Wähler (Partei) waren bevor sie zur Partei avancierten).

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2023, 18:43

          Ich dachte, das ist effektiv dasselbe.

        • Dennis 12. Dezember 2023, 22:03

          Nee. der „Vereinigung“ grad nitt, wenn ich das richtig sehe. Die versteht sich als Partei-Untergliederung und folgt der Aiwanger-Linie.

          Im Ländle gibt’s dazu die aiwangeranische „Freie Wähler Landesvereinigung Baden-Württemberg“. Das inkludiert auch den Aufritt als Partei, schließlich haben die an der Landtagswahl 2021 teilgenommen und hatten mit 3 % einen Achtungserfolg zu verzeichnen.

          Die Dissidenten (in der Parteifrage) sind im „Landesverband Freie Wähler Baden-Württemberg e.V.“, dieser wiederum ist aus dem parteiaffinen Bundesverband ausgetreten. Man beachte das Durcheinander mit „Vereinigung“ und „Verband“ ^.

          Und richtig: Aus der Website der Freien im Kreis Tübingen geht hervor, dass die offenbar dem dissidenten „Landesverband“ angehören; also ganz frei, respektive parteifrei.

          Ach für uns Politikjunkies ist die Szene etwas komplex und rätselhaft^.

          • cimourdain 13. Dezember 2023, 07:09

            Volksfront von Judäa – Spalter.

  • sol1 12. Dezember 2023, 23:50

    c) Ron DeSantis ist ja auch Katholik, warum soll er also eine Bibel im Haus haben?

    Zu den „Christian values“ verweise ich auf den aktuellen Skandal um Christian Ziegler, GOP-Vorsitzender in Florida.

    Übrigens sind die US-Amerikaner, die am meisten über Religion wissen, Juden, Atheisten und Agnostiker:

    https://www.pewresearch.org/religion/2019/07/23/what-americans-know-about-religion/

    • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 09:20

      Seit wann haben Katholiken keine Bibeln?

      • sol1 13. Dezember 2023, 11:29

        Die Frage muß eher lauten, seit wann sie welche haben:

        „Im Zuge der religiösen Bewegungen des 12. und 13. Jahrhunderts begannen sich jedoch auch Laien für die Bibel zu interessieren, und erstmals wurden Ansprüche laut, sie selbst auszulegen. Die Kirche wies dies vehement zurück. 1199 untersagte Innozenz III. die Bibellektüre bei privaten Zusammenkünften, und auf der 1229 in Toulouse unter der Leitung Gregors IX. tagenden Synode wurde den Laien der Besitz des Alten und Neuen Testaments mit Ausnahme des Psalters und des Breviers (des Stundenbuchs) untersagt. 1234 erklärten die spanischen Bischöfe auf der Synode von Tarragona jeden zum Ketzer, der eine romanische Übersetzung der Heiligen Schrift besaß und diese nicht innerhalb von acht Tagen nach der Bekanntmachung des Dekrets zur Verbrennung ablieferte.“

        https://www.zeit.de/zeit-geschichte/2014/03/bibel-uebersetzung-verbot

      • cimourdain 13. Dezember 2023, 13:57

        Das erinnert mich an den bösen Spruch zur Kirchensteuer: „Christen haben die Bibel – Nichtchristen den Konz.“

  • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 10:11

    Zu o)
    Ohne Bluesky-Account leider nicht kommentierbar 🙂 .

    • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 10:26

      Ich kann dir gerne einen Invite-Code geben.

      • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 14:29

        Bitte. Dann kann ich wenigstens Deine Links in Grund und Boden verdammen 🙂 .

  • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 11:07

    Zu f) Finde ich lustig, dass Du den Artikel lobst. Er argumentiert genau entlang meiner Linie, dass die Schuldenbremse exzessive Schulden und diesen folgend EXZESSIVE ZINSBELASTUNG verhindert und genau keine Verhinderung von Investitionen ist.

    Wir zahlen jetzt übrigens bereits 40 Milliarden Euro/Jahr als Zinsen für Schulden. Das sind 40 Milliarden Euro, die wir für nichts anderes ausgeben können …

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 13. Dezember 2023, 11:44

      Wieso loben? Ich hab ihn nur verlinkt.

      • Thorsten Haupts 13. Dezember 2023, 15:49

        Ah. Stefans Rulebook: „Ein leider wahrer Artikel“ ist kein Lob. So, so …

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