Bohrleute 50 – Von Peniskanonen, Gefahrenzonen und Moralperformance, mit Ariane Sophie und Christina Dongowski


Die Rammstein-Debatte hat mittlerweile große Kreise gezogen, und so holen wir ein großes Diskussionsteam, um das Thema mal gründlich aufzuschnüren. Um was geht es eigentlich, warum werden Dick-Pics in Talkshows gezeigt und warum sollte uns das alles überhaupt interessieren?

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Shownotes:

Das Video handelt von den Rammstein Afterpartys, bei denen es zu beängstigenden Ereignissen kommt. Die Erzählerin berichtet von ihrer eigenen Erfahrung und erwähnt, dass andere Mädchen schlimmere Erfahrungen gemacht haben. Sie entschließt sich, öffentlich darüber zu sprechen und nutzt ihre Reichweite, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Es wird erwähnt, dass Till Lindemann, der Frontsänger von Rammstein, für die Auswahl der Mädchen verantwortlich ist. Die Band wird für kontroverse Texte und Äußerungen, insbesondere zu Gewalt und sexualisierter Gewalt, kritisiert. Es wird auch ein Gedicht von Till Lindemann erwähnt, das sexualisierte Gewalt verherrlicht. Die Erzählerin berichtet von einem Chatverlauf mit einem Mädchen, das für eine Afterparty eingeladen wurde, und erwähnt, dass die Mädchen einem bestimmten Dresscode folgen müssen. Es wird behauptet, dass Alena Makeba, eine russische Frau, die als Casting Director arbeitet, die Mädchen rekrutiert und dass Drogen und Alkohol im Spiel sind. Die Erzählerin beschreibt, wie sie und andere Mädchen in einem Raum landen, wo sexuelle Aktivitäten stattfinden sollen, und sie beschließt, das Video aufzunehmen, um andere zu warnen.

Das Video mit dem Titel „Die Nachwirkung der Rammstein Problematik“ behandelt das Thema sexuellen Missbrauch und die persönlichen Erfahrungen der Sprecherin. Sie erklärt, dass das Thema sie in den letzten Wochen sehr belastet hat und sie sich aus Gründen ihrer mentalen Gesundheit nach dem Upload des Videos zurückziehen musste. Die Sprecherin bedankt sich für die Unterstützung und Liebe, die ihr entgegengebracht wurde, insbesondere von denjenigen, die das Thema aufgegriffen und ihm eine Plattform gegeben haben. Sie ist jedoch auch überwältigt von der Anzahl der Menschen, die das Video gesehen haben und wie es die Debatte angestoßen hat. Es werden Entwicklungen zu dem Thema erwähnt, darunter die Tatsache, dass Till Lindemann, Mitglied der Band Rammstein, offiziell wegen sexueller Übergriffe angezeigt wurde und Ermittlungen dazu laufen. Die Sprecherin spricht über ihre eigenen Erfahrungen mit sexueller Belästigung und betont die Bedeutung, dass Opfer das Recht haben, sich zu äußern und sich gegen sexuellen Missbrauch zur Wehr zu setzen. Sie ermutigt andere, ebenfalls ihre Stimmen zu erheben und betont, dass sie nicht allein sind. Die Sprecherin spricht über die Schwierigkeit, die eigene Erfahrung anzuerkennen und darüber zu sprechen, aber auch über die Notwendigkeit, sich nicht einschüchtern zu lassen und das eigene Recht auf Schutz und Unterstützung einzufordern. Abschließend sendet die Sprecherin ihre Unterstützung und Ermutigung an alle, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, und betont, dass es wertvoll und wichtig ist, die eigene Stimme zu erheben, unabhängig von der Reaktion anderer.

Der Artikel diskutiert die Kontroverse um Till Lindemann von der Band Rammstein und betont, dass die Vorwürfe gegen ihn bislang keine strafrechtlich relevanten Anklagen umfassen. Der Autor weist darauf hin, dass die Debatte ein Beispiel für eine Gesellschaft ist, die von Prüderie, Puritanismus und Paternalismus geprägt ist. Er argumentiert, dass Erwachsene in der Lage sein sollten, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen zu tragen, einschließlich ihres Sexuallebens. Der Autor betont, dass sexuelle Selbstbestimmung auch das Recht umfasst, eigene Fehler zu machen, solange dies freiwillig geschieht. Er stellt fest, dass Pop- und Rockkultur immer eine Gegenkultur waren, in der sexuelle Freiheit und Exzess eine Rolle spielten. Der Artikel weist darauf hin, dass die Öffentlichkeit sich nicht in private sexuelle Beziehungen einmischen sollte, solange sie einvernehmlich sind. Abschließend argumentiert der Autor, dass die Befreiungsversprechen der Popkultur untrennbar mit selbstbestimmter Sexualität verbunden sind und dass die Gesellschaft die Selbstverantwortung und Entscheidungen erwachsener Menschen respektieren sollte.

Der Text behandelt die Schwierigkeiten von Rammstein-Fans aufgrund der Vorwürfe sexueller Ausbeutung junger Frauen durch die Band. Es wird betont, dass viele Fans mentale Verrenkungen unternehmen müssen, um ihre Liebe zur Band zu rechtfertigen. Es wird darauf hingewiesen, dass Rammstein nicht die einzige Band ist, die trotz Vorwürfen von Chauvinismus und Misogynie von ihren Fans verteidigt wird. Die „Cancel Culture“ wird als dringend notwendig bezeichnet, um solche Verhaltensweisen zu bekämpfen. Es wird argumentiert, dass die Rockmusikindustrie männlich geprägt ist und Frauen oft als Objekte und Groupies dargestellt werden. Fans identifizieren sich mit den Musikern und verteidigen sie oft vehement. Es wird betont, dass Rockmusik oft eine infantile Rebellion verkörpert und eine kritische Haltung gegenüber den herrschenden Verhältnissen selten ist. Die Autor*innen argumentieren, dass Fans in einer autoritären Revolte agieren und sich gegen Kritik von außen verteidigen. Die Abgrenzung gegenüber dem Mainstream und das Gatekeeping innerhalb der Szene werden ebenfalls diskutiert.

Der Rammstein-Frontmann Till Lindemann wird mit Vorwürfen sexueller Übergriffe konfrontiert, bei denen es möglicherweise nicht immer um einvernehmlichen Sex ging. Ein Tweet einer Nordirin namens Shelby Lynn, die behauptet, vor einem Rammstein-Konzert in Vilnius unter Drogen gesetzt worden zu sein, bringt den Me-Too-Skandal ins Rollen. Weitere mutmaßliche Opfer melden sich mit ähnlichen Vorwürfen zu Wort, und die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt nun. Till Lindemann bestreitet die Anschuldigungen. Der ehemalige Musikmanager Thomas M. Stein verteidigt Lindemann in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ auf unkonventionelle Weise. Er argumentiert, dass Lindemann aufgrund seiner energiegeladenen Bühnenperformance mit 60 Jahren nicht die Kraft haben könne, jemanden sexuell zu beglücken. Stein warnt vor einer Vorverurteilung und betont, dass er keinesfalls die Taten eines Peinigers verharmlosen möchte, aber es sei gefährlich, jemanden ohne Beweise anzuklagen. Buchautor und Journalist Tobias Haberl unterstützt diese Sichtweise und betont die Bedeutung der Unschuldsvermutung. Die Diskussion dreht sich auch um sexuelle Übergriffe im Alltag, wobei Frauen betonen, dass sie häufig mit unerwünschten sexuellen Annäherungen konfrontiert sind. Die Studie des sächsischen Justizministeriums zeigt hohe Zahlen von sexuellen Übergriffen, denen Frauen ausgesetzt sind. Die Debatte endet mit dem Appell, Gewaltprävention und eine respektvolle Erziehung als gesellschaftliche Aufgabe anzuerkennen.

In der letzten Ausgabe von „Hart aber fair“ wurde der Fall Till Lindemann diskutiert, jedoch geriet die Sendung zum Niveauabfall und einem einzigen großen Schwanzbild. Die Redaktion wollte die gesellschaftlichen Implikationen des Falls beleuchten, aber die Diskussion drehte sich stattdessen um ein explizites Bild eines männlichen Genitals. Die Talkteilnehmer, ein Musikmanager und ein Journalist, machten drollige Kommentare dazu. Die Sendung vernachlässigte weitgehend die Opferperspektive und führte zu einer diffusen Diskussion über Männlichkeit und Sexismus. Die Journalistin Stefanie Lohaus brachte belastbare Zahlen in die Diskussion, wurde aber kaum gehört. Die Unternehmerin und CDU-Politikerin Lisa Schäfer versuchte, die Debatte auf Migranten zu lenken, anstatt den deutschen Musiker zu diskutieren. Moderator Louis Klamroth wirkte hilflos und griff kaum ein. Die Sendung verpasste es, den Sexismus in der Musikindustrie kritisch zu hinterfragen. Die Diskussion trug eher zur Rückwerfung der Sexismusdebatte bei, anstatt sie voranzutreiben.

In dem Interview mit Markus Theunert, einem Vertreter der progressiven Männerbewegung, wird deutlich, dass sich das Männerbild in der Gesellschaft nicht automatisch ändert, wenn die ältere Generation verschwindet. Studien haben gezeigt, dass überholte Rollenvorstellungen weitergegeben werden. Obwohl es auch viele junge Männer gibt, die gendersensibel sind, existieren gleichzeitig noch immer antifeministische und misogyn eingestellte Männer sowie Männer, die sich passiv verhalten oder sich offen gegen jegliche Männlichkeitsreflexion stellen. Es gibt also eine Polarisierung bei der Frage nach Männlichkeit. Die Gesellschaft stellt nun zusätzliche Anforderungen an Männer, wie emotionale Kompetenz und eine aktive Vaterrolle, neben den traditionellen Vorstellungen von Stärke und Durchsetzungskraft. Diese konträren Anforderungen können zu Ohnmacht, Überforderung und Stress führen, was für einige Männer zu Frauenhass als Bewältigungsmechanismus führt. Dieunert betont, dass eine fundamentale Männlichkeits- und Patriarchatskritik notwendig ist, um gerechte Geschlechterverhältnisse zu erreichen. Es wird auch betont, dass gendersensible Männer und Organisationen, die für ein progressives Männerbild eintreten, noch immer unterrepräsentiert sind. Um einen Wandel zu erreichen, sind geschlechterreflektierte Jungenarbeit, Väterbildung und Männerberatung notwendig. Es wird die Notwendigkeit betont, auf einem feministischen Fundament Räume für Männer zu schaffen, in denen sie ihre Emanzipation vorantreiben können.

Der Text thematisiert die systematische Verachtung und Gewalt gegen Frauen. Der Autor berichtet von den Erfahrungen seiner Tochter, die ständig Belästigungen und Übergriffen ausgesetzt ist. Er kritisiert die Reaktion der Männer, die die Problematik oft herunterspielen und als übertrieben oder männerfeindlich abtun. Der Autor betont, dass diese Gewalt kein Naturphänomen ist, sondern ein Verbrechen, das hauptsächlich von Männern begangen wird und oft von anderen Männern gedeckt wird. Er kritisiert die Normalisierung und Verharmlosung dieser Gewalt sowie die Tatsache, dass Frauen in einer Welt leben, in der über ihre Körper verfügt wird. Er fordert ein Umdenken und ein Ende der Passivität, um die gesellschaftliche Veränderung zu bewirken. Der Text schließt mit der Aufforderung, nicht länger so zu tun, als wären diese Vorfälle Einzelfälle und die Forderung nach sofortigem Handeln.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, äußerte Bedenken hinsichtlich der geplanten Konzerte der Band Rammstein im Berliner Olympiastadion aufgrund von Vorwürfen gegen den Sänger Till Lindemann. Er bezeichnete es als fragwürdig, ob die Konzerte stattfinden sollten. Klein betonte, dass antisemitische Diskriminierung, Frauenverachtung und Rassismus oft Hand in Hand gehen würden und man sowohl betroffenen Frauen als auch jüdischen Menschen ernst nehmen solle. Er warnte davor, dass die Grenzen des Sagbaren und Machbaren nicht weiter verschoben werden dürften, auch nicht im Namen der Kunstfreiheit. Mehrere Frauen hatten schwere Vorwürfe gegen Till Lindemann erhoben, darunter gezielte Rekrutierung junger Frauen für sexuelle Begegnungen. Die Band hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Klein kritisierte auch ein Musikvideo von Rammstein, in dem Mitglieder der Band in einer Inszenierung als Häftlinge eines nationalsozialistischen Konzentrationslagers auftraten. Aftershowpartys in Berlin wurden bereits abgesagt.

Der Text thematisiert den Mythos des Genies in der Kunst und kritisiert die Klischees und Stereotypen, die in Interviews und Porträts von Künstlern häufig reproduziert werden. Der Fokus liegt auf dem Maler Neo Rauch und verschiedenen Berichten über ihn. Es wird auf die Verwendung von Bildern wie dem Boxsack, Hemingway und Wodka hingewiesen, die den Genie-Mythos bedienen. Auch die Inszenierung des Künstlers als Außenseiter und die Selbstbeweihräucherung werden kritisiert. Es wird darauf hingewiesen, dass Rauch trotz seiner politischen Aussagen den Status des Künstlers als Sonderling und die Autonomie der Kunst betont, aber dennoch politisiert. Der Artikel hinterfragt die Klischees und Stereotypen, die im Zusammenhang mit dem Genie-Mythos verwendet werden, und argumentiert, dass sie den eigentlichen Zielen der modernen Kunst widersprechen, insbesondere der Vermeidung von Kitsch.

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{ 47 comments… add one }
  • Lemmy Caution 25. Juni 2023, 14:50

    Lindemann hat das Groupie Phänomen in einem sehr hohen Ausmaß für seine sehr persönliche Instrumentalisierung von Macht perfektioniert. Spielten KO-Tropfen und so eine Person wie Alena Makeeva in den wilden Zeiten von Rod Stewart eine Rolle? Es hat sich ja auch herausgestellt, dass diese Parties kein Rammstein sondern ein Lindemann-Ding waren.
    Die sehr jungen Frauen oder Mädchen auf den „Parties“ waren Suchende, die wir alle in einem gewissen Sinne in diesem Alter alle waren. Die Gesellschaft hat gegenüber denen eine Schutz-Verpflichtung.

    • Stefan Pietsch 25. Juni 2023, 15:05

      Verstehe ich nicht. Ausgerechnet jene, die jungen Menschen am liebsten schon mit 16, besser noch 14 das Wahlrecht einräumen wollen, die inzwischen schon Anfang Zwanzigjährige zu Volksvertretern befördern und ihnen die Freiheit über Drogenkonsum einräumen wollen, meinen, sie vor den erotischen und sexuellen Herausforderungen des Lebens schützen zu müssen. Drogenfreigabe und freie Geschlechtswahl für heute Minderjährige und Schutz vor den Verführungen von Rockkonzerten, das passt nicht zusammen.

      • Stefan Sasse 26. Juni 2023, 09:35

        Du willst es einfach nicht verstehen, oder?

        • Stefan Pietsch 26. Juni 2023, 12:50

          Ich denke der Satz gilt für Euch:

          1. Soweit es um Vergehen des Strafgesetzbuches geht, kein Dissens. Aber das stellt nicht das Internet fest.
          2. Ariane hat klargestellt, dass es nicht um Strafverschärfung geht. Kein Dissens.
          3. Es gilt die Unschuldsvermutung und Anzeigenerstatter müssen kritisch befragt werden. Hier liegt offensichtlich der Dissens. Ist das so?
          4. Junge Menschen haben eine Eigenverantwortung, ob sie eine Einladung zum Sex annehmen (soweit keine strafbare Handlung vorliegt). Offensichtlich ebenfalls Dissens.

          Falls die Feststellung von Dissens nicht stimmt, bitte ich um Klarstellung. Vor allem, worum es Euch überhaupt geht, dass Ihr hier einen Beef macht.

          • Ariane 26. Juni 2023, 16:01

            Es stehen aber strafrechtlich relevante Vorwürfe im Raum. Ist ja vollkommen ok, wenn du dich dazu nicht äußern willst.

            Aber dann lass es doch bitte dabei und bring nicht plötzlich junge Menschen mit ihrer Eigenverantwortung ins Spiel.
            Nur weil noch kein Urteil im Raum steht, reden wir immer noch von Vorwürfen, die k.o.-Tropfen mit anschließender Gewalterfahrung beinhalten, da kannst du nicht einfach die Fakten verdrehen und die ganze Angelegenheit zu einer zwanglosen und freundlichen Einladung zum Sex herbeifantasieren. Niemand hier hat etwas gegen einvernehmlichen Sex.

            • Stefan Pietsch 26. Juni 2023, 17:21

              Es stehen aber strafrechtlich relevante Vorwürfe im Raum.

              Das ist so bei einem strafrechtlichen Verfahren. Das ist eine Tautologie. Aber wir stehen am Anfang des Verfahrens, nicht mittendrin und nicht am Ende. Würde ich eine Anzeige gegen Dich aufgeben, würde damit ebenfalls ein strafrechtliches Verfahren in Gang gesetzt. Damit ist aber noch gar nichts gesagt.

              Folglich ist es zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich und dem rechtsstaatlichen Erfordernis nicht dienlich, wie wild zu spekulieren. Genau dagegen argumentiere ich. Ich wundere mich, wie sehr verfestigt manche schon eine Meinung haben. Wie Thorsten richtig schrieb, es wurden Vorwürfe gegen Rammstein erhoben, aber wie wild wird über die Partyszene von Rockkonzerten debattiert, also strafrechtlich oder moralischer Art.

              Da ich keine Position habe, kann ich schwerlich etwas verdrehen. Ich kann mich allerdings noch an die Debatten im Fall Gina-Lisa Lohfink und Depp/Heard erinnern. Während die Vorwürfe in beiden Fällen gerichtsfest zurückgewiesen wurden, war auch hier die Meinung nicht klar, ob die beiden Frauen nicht tatsächlich Opfer seien und der Rechtsstaat nur ungerecht. Weder Du noch Stefan bezogen trotz Urteile in beiden Threads Position, während Ihr im Fall Lindemann sehr klar und früh zu einer Meinung kommt.

              Sind Frauen auch dann Opfer, wenn sie der Täuschung überführt werden und Männer Täter, auch wenn sie nicht beweiskräftig überführt werden können?

              Wie gesagt, ich weiß nicht, was passiert ist und ob es ein System für kriminelles Handeln gab. Erstaunlicherweise scheint Ihr aber schneller als die polizeilichen Ermittlungen zu sein.

              • Ariane 26. Juni 2023, 17:53

                Da ich keine Position habe, kann ich schwerlich etwas verdrehen.

                4. Junge Menschen haben eine Eigenverantwortung, ob sie eine Einladung zum Sex annehmen (soweit keine strafbare Handlung vorliegt). Offensichtlich ebenfalls Dissens.

                Ich weiß nicht, wo ihr hier einen Dissens seht. Du wirst weder von Stefan oder mir irgendein Argument gegen einvernehmlichen Sex finden. Weil das gar nicht das Thema ist.

                • Stefan Pietsch 26. Juni 2023, 18:23

                  Derzeit ist der Sachverhalt so: Bei Rammstein wurden nach Konzerten routinemäßig After-Concert-Veranstaltungen durchgeführt. In Folge solcher Partys kommt es nach Auskunft Beteiligter (ich kann da nicht mitreden) seit Jahrzehnten zu einvernehmlichem Sex. An der Einvernehmlichkeit ändert auch der Drogenpegel der Beteiligten nichts grundsätzlich. Immerhin wird der Einfluss von Drogen in unserem Strafrecht strafmildernd berücksichtigt, selbst wenn sich jemand vorsätzlich in den Zustand völliger Hemmungslosigkeit begibt.

                  Um diese Eigenverantwortlichkeit geht es alleine. Wer sich so besäuft, dass er später nicht weiß, mit wem er rumgemacht hat, hat es schwer, Ansprüche geltend zu machen.

                  Nun steht von einer Reihe von Anzeigenerstatterinnen der Verdacht im Raum, dass es sich nicht um einvernehmlichen Sex gehandelt habe, sondern die Frauen gezielt gefügig gemacht worden sein sollen. Das ist eine andere Qualität und Gegenstand von strafrechtlichen Ermittlungen.

                  Doch was ist „gezielt“? Wenn zwei Menschen ein Rendezvous haben und die Frau sagt, sie tanzt nach zwei Gläsern Champagner auf dem Tisch, macht man sie gefügig, in dem man ihr zum dritten Glas zuredet. Doch ist das strafbar?

                  Die Fragen sind nicht so trivial als dass sie in einem Blog abgehandelt werden könnten. In dem Beispiel hat die Frau vorab die Konsequenzen für sich selbst aufgezeigt, dann aber dagegen gehandelt. Das ist, mit Verlaub, Eigenverantwortung.

                  Da ich nicht dabei war, erlaube ich mir kein Urteil über die Vorgänge. Aber schon dieser kleine Ausschnitt legt nahe, dass zwischen Eigenwahrnehmung und objektivem Sachverhalt durchaus ein weiteres Feld liegen kann.

            • Thorsten Haupts 26. Juni 2023, 17:21

              So, Ariane, wird ja auch ein Schuh draus. Die strafrechtlich konkreten Vorwürfe sind ernst und – sollten sie sich bewahrheiten – sollten den Täter für den Rest seines Lebens hinter Gitter bringen. Die Staatsanwaltschaft in Vilnius hat hier allerdings die Ermittlungen mangels hinreichenden Tatverdachtes inzwischen eingestellt.

              Die öffentliche Debatte, leider auch von denen, die sich auf der Seite der mutmasslichen Opfer verorten, konzentriert sich aber gerade auf den nicht strafrechtlich relevanten Teil (Party, junge Frauen, Alkohol etc.). Gegen diesen Teil der Debatte richtet sich meine und soweit ich es erkennen kann, auch cimourdains oder Stefan Pietsch Kritik.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Ariane 26. Juni 2023, 17:50

                Deswegen hab ich das Durcheinander angesprochen. Ich für meinen Teil habe überhaupt nichts dagegen, dass junge Mädchen auf Parties gehen, Alkohol trinken und Sex haben. (Außer wir wechseln auf die totale Meta-Ebene und kommen nochmal zu den drölfzig Sicherheitsregeln, die für Frauen gelten)

                Es stehen aber nun mal andere Vorwürfe im Raum und entweder reden wir über die oder eben nicht. Aber doch bitte nicht darüber, ob nun einvernehmlicher Sex problematisch ist. Nein, ist er nicht.

    • Thorsten Haupts 25. Juni 2023, 17:15

      Wenn wir so etwas lesen, haben meine Frau und ich gemeinsam eine Krise! Zur Freiheit eines Erwachsenen gehört das Fehlermachen und wer sucht, kann auch etwas Falsches finden. Jungen Leuten das zu „ersparen“ ist übelster Paternalismus und führt zu „Erwachsenen“, die mit 40 noch Kinder sind. Nein, die Gesellschaft hat keine Verpflichtung, nicht einmal ein Recht, den Jungen Sex, Drugs und Rock´n Roll zu nehmen!

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Lemmy Caution 25. Juni 2023, 21:48

        Mal abgesehen davon, dass ich die Glorifizierung von Sex, Drugs und Rock’n Roll für eine Propaganda der Musikindustrie halte.
        Das von Keyla Shyx und weiteren geschilderte setup war darauf ausgerichtet, den freien Willen zu brechen. Im Verhältnis von Stars populärer Musik und deren jugendlichen Fans gab es eine Menge Übergriffe, die übrigens auch einige Male juristisch verfolgt wurden. Die Perfidität des System Lindemanns besteht vor allem auch in der Durchorganisiertheit. Das gehört gründlich untersucht.
        Da kann ich euch beiden nicht folgen.

        • Stefan Pietsch 26. Juni 2023, 08:17

          Lemmy, das bezweifelt doch keiner. Nur schreibst auch Du, als handele es sich bereits um feststehende Tatsachen.

          Ich habe mir früh angewöhnt, meine Meinung bei solchen Strafsachen erst im Verlaufe eines Prozesses oder nach dem Urteil zu bilden. Kannst Du Dich noch an den Wormser Missbrauchsprozess erinnern, wo es um massenweisen Kindesmissbrauch ging. Eindeutige Fälle, so dachte ich damals auch. Stimmte alles nicht, aber Menschen waren ruiniert. Ein bisschen Zurückhaltung wäre den Eiferern schon anzuraten, denn hier geht es immerhin um Existenzen.

          • Thorsten Haupts 26. Juni 2023, 14:50

            An den Wormser Fall erinnere ich mich auch noch. Den habe ich schon vor den polizeilichen/gerichtlichen Feststellungen für völlig abwegig gehalten. Eine ganze Nachbarschaft soll zu Dutzenden (ihre) Kinder missbraucht haben, über Jahre, aber niemand verplauderte sich oder ging zur Polizei? Sowas glauben nur Leute, die in Fantasyromanen leben.

            Abgesehen davon schliesse ich mich an. Ob Lindemanns System „perfide“ war, werden wir sehen. Die öffentliche Debatte stürzt sich auch eher nicht auf die beiden singulären, strafrechtlich relevanten, Vorwürfe, sondern auf „Alter Mann/Junge Frauen/Alkohol und Drogen“ und konstruiert daraus einen verwerflichen Machtmissbrauch. Nach DEN Ausführungen darf eine Frau wie Madonna niemals einen Lover haben, der deutlich weniger bekannt und vermögend ist, als sie – und 30 Jahre (?) jünger.

            Über den Teil der Debatte rege ich mich inzwischen sogar etwas auf. Das ist ein scharfer, direkter Angriff auf die Agenda und Selbständigkeit junger (bisher nur) Frauen, auf die Freiheit von Erwachsenen und auf das Recht, Fehler zu machen. Und das dabei konstruierte, moralisch angeblich verwerfliche, „Machtgefälle“ ist in Anlage und Konsequenzen einfach verrückt. Danach kann es per Definition keine zwei Menschen mehr geben, die sich halbwegs auf Augenhöhe begegnen, was nach Abschaffung der Adelsprivilegien Quark ist.

            Erhebliche Teile der linksliberalen Öffentlichkeit möchten erkennbar Freiheit der Erwachsenen durch ein Ordnungssystem ersetzen, in dem sie das Sagen haben. Selbstverständlich nur zum Schutz von „Opfern“, automatisch allen Frauen also. Sexismus, Paternalismus und Überheblichkeit in Reinkultur.

            Gruss,
            Thorsten Haupts

        • Ariane 26. Juni 2023, 16:40

          Die Perfidität des System Lindemanns besteht vor allem auch in der Durchorganisiertheit. Das gehört gründlich untersucht.

          Jep, das ist tatsächlich auffällig und deswegen gehen viele „Vorwürfe und Annahmen“ in Bezug auf die Frauen auch so fehl. Da wusste niemand mehr, worauf er sich einlässt, sondern wurde – professionalisiert – darüber getäuscht, was eigentlich geplant ist.

      • Stefan Sasse 26. Juni 2023, 09:37

        DAS WILL AUCH KEINER

        • Thorsten Haupts 26. Juni 2023, 16:56

          In vielen auch hier verlinkten Artikeln ist von „branchenweitem systematischem Machtmissbrauch“ die Rede, der beendet werden muss.

          Nun konstruieren die bisher veröffentlichten zwei strafrechtlich relevanten Vorwürfe noch kein System. Von weiteren strafrechtlich relevanten Vorwürfen gegen andere Bands und Stars ist mir nichts bekannt.

          In den auch hier verlinkten und gelobten medialen Stellungnahmen geht es deshalb immer um das „System“, junge Frauen gezielt anzusprechen, sie zu Parties einzuladen und ihnen Alkohol und Drogen anzubieten.

          Dem logisch folgend kann es also nur darum gehen, zu unterbinden, dass junge Frauen von Stars oder Bands zu Parties eingeladen werden, auf denen Drogen und Alkohol angeboten werden?

          Wenn ich damit falsch liege – her mit der Widerlegung. Würde mich freuen.

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • Stefan Sasse 26. Juni 2023, 19:10

            Nein, es geht um das System, sie einzuschüchtern, bewusst in überfordernde Positionen zu bringen und dann auszunutzen.

            • Thorsten Haupts 26. Juni 2023, 20:12

              Oha. Also einschüchtern, überfordern und dann „ausnutzen“. Kurze, einfache Frage: Könntest Du diese von Dir ja sehr eindeutig beschriebene Situation in einen Gesetzestext packen, der das Herbeiführen solcher Situationen gerichts- und grundgesetzfest generell unter Strafe stellt?

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Stefan Sasse 26. Juni 2023, 21:04

                Ich sag es noch einmal in ganz einfachen Worten. Stell dir vor, dass ich auch langsam spreche. Es geht uns nicht um strafrechtliche Verfahren. Das ist Sache der Behörden und der Justiz.

                • Stefan Pietsch 26. Juni 2023, 21:57

                  Ja Stefan. Leider erfahren wir nicht, worum es Euch in dieser langen Diskussion geht. Sagt doch mal, warum Ihr die strafrechtlichen Ermittlungen nicht abwarten könnt. Was treibt Euch?

                • Thorsten Haupts 27. Juni 2023, 00:41

                  Das hatte ich befürchtet. Du kannst oder willst also nicht allgemeingültig formulieren, worin „einschüchtern, überfordern und dann ausnutzen“ besteht. Denn genau das implizierte meine Frage nach einem entsprechenden Gesetzestext.

                  Mit anderen Worten – Du wie andere finden etwas Bestimmtes scheisse, leiten daraus gewaltige aber leider äusserst unpräzise moralische Forderungen nach gesellschaftlichen Folgen ab. Okay. Dabei kann ich Dir nicht folgen.

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

                  • Stefan Sasse 27. Juni 2023, 09:26

                    Es wird dich überraschen, aber ich bin kein Jurist. Deswegen übersteigt das völlig meine Kompetenzen, und ich würde mir nie anmaßen, das machen zu können.

                    • Thorsten Haupts 30. Juni 2023, 21:52

                      Eine Moral oder einen Grundsatz allgemeingültig zu formulieren sollte auch für Nichtjuristen drin sein? Also – wie soll allgemeingültig „einschüchtern, überfordern und dann ausnutzen“ verhindert werden?

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 26. Juni 2023, 09:35

      Yes!

  • derwaechter 25. Juni 2023, 23:38

    Viele gute Sachen drin. Danke! Aber jetzt zur Kritik 🙂

    Ich verstehe nicht, was ihr daran findet euch Idioten bzw idiotische Beiträge rauszupicken und dann fröhlich gegenseitig zuzustimmen, wie idiotisch die sind. Mir fehlt da der Mehrwert.

    Was mich wieder genervt hat ist, wie auch schon bei der Feuilleton-Episode vor einiger Zeit, dass ihr diese Idiotien dann pauschal beim Feuilleton verbucht, aber kaum über ihn redet.

    Denn wenn ich das richtig im Kopf habe arbeitet ihr euch doch hauptsächlich an Talkshows wie hart aber fair und Lanz oder Podcasts von Blome und Augstein ab. Ist das überhaupt Feuilleton? Und ist das repräsentativ?

    Das meiste an kritischen und guten Themen und Fragestellungen die ihr auch diskutiert habt, habe ich so oder so ähnlich in Qualitätsmedien und da logischerweise Feuilleton/Pokulturteil bereits mitbekommen. Und noch mehr.

    Wer euch zuhört könnte denken, der deutsche Feuilleton bestehe aus alten, grenzdebilen weißen Männern die Vergewaltigung gutheißen.

    Schau doch mal was der FAZ Feuilleton alles zum Fall schreibt: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/thema/rammstein

    Das deckt sich so gar nicht mit euren Behauptungen.

    Beispiel:

    Johanna Dürrholz kommentiert
    „Im Fall Till Lindemann heißt es allenthalben, es gelte die Unschuldsvermutung. Gleichzeitig werden die Frauen, die aussagen, als Lügnerinnen diffamiert. Das Grundprinzip unseres Strafrechts gilt für sie aber genauso.“

    https://m.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/fall-till-lindemann-die-unschuldsvermutung-gilt-auch-fuer-opfer-18958357.html

    Anna Vollmer kommentiert insgesamt sehr lesenswert „Rammstein ist kein Einzelfall“
    https://archive.ph/J6l4E

    „Wir sollten endlich begreifen, dass das Fehlverhalten von Rockstars keine schrille Ausnahme ist, sondern die Spitze eines Eisbergs.“

    „Tatsächlich folgt die Beziehung von Groupie und Sänger einer anderen Logik als die eines Turntrainers und seiner Schützlinge. Gemeinsam ist ihnen aber, dass ein Machtgefälle ausgenutzt wird.“

    „Doch ganz abgesehen davon, was nach den Konzerten genau geschah, nimmt die Debatte um die Vorwürfe teils bizarre Züge an. Ob die Frauen denn nicht wussten, worauf sie sich einließen? Damit gibt man ihnen, obwohl das explizit natürlich nicht gesagt wird, einen Teil der Schuld an dem, was dort mutmaßlich passiert ist.

    Rechnet eine junge Frau, die das Konzert ihres bewunderten Lieblingsstars besucht, damit, von ihm so behandelt zu werden, wie es Lindemann nach Aussagen einiger Frauen getan hat? Sollte sie damit rechnen müssen? Was wäre das für eine Ausgangslage – für die Frau und auch für den Mann –, wenn jedes Treffen unter einer solchen Prämisse stünde? Wer kann eine so verfasste Welt wollen?“

    Gibt sogar einen reflektierten Podcast: https://m.faz.net/podcasts/f-a-z-podcast-fuer-deutschland/bueck-dich-rammstein-und-die-sexvorwuerfe-18943365.html

    Warum nicht den rezipieren und Blome und Augstein links liegen lassen?

    Unter anderem kommt Feuilleton-Herausgeber Jürgen Kaube zu Wort, der eine Grenzüberschreitung im sadistischen Porno Lindemanns sieht, die über die Texte oder das Gedicht hinausgehen. Das fand ich einen sehr interessanten Gedanken.

    Das Video habt ihr auch gar nicht thematisiert. Warum nicht?

    • Stefan Sasse 26. Juni 2023, 09:39

      Berechtigte Kritik, und danke für den Lob-Teil. Irgendwann muss man natürlich auch Schluss machen; das ding ist ja schon 90 Minuten lang. Da können wir nicht alle Sachen besprechen.

      • derwaechter 26. Juni 2023, 11:41

        Stimmt. Aber ihr benutzt ja einen grossen Teil des Podcasts euch an offensichtlichen ***** abzuarbeiten und (meine Hauptkritik) das alles dem Feuilleton der alten weissen Mämmer zuzuschreiben.

        Ich mein, ihr ignoriert doch dabei z.B. die beiden Frauen(!), die in den von mir verlinkten Kommentaren wirklich sinnvolles zum Fall Rammstein im Feuilleton der FAZ schreiben.
        Anstatt zum x-ten mal den üblichen Verdächtigen noch mehr unverdiente Reichweite zu geben, könntet ihr doch mal so was teilen und diskutieren.

        Und das Video ist m.E. schon wirklich wichtig. Klar, Rammsteins grotesk sexuelle Gewalt verherrlichende Texte und das Gedicht sind furchtbar genug und hätten für Öffentlichkeit und Opfer Warnung sein können oder sogar müssen. Aber diese Video ist noch mal eine neue Qualität. Das beschreibt der Feuilleton Chef eigentlich auch ganz gut, wenn auch etwas feuilletonig gestelzt 🙂

        Dass der Sänger danach noch ungestört weiter machen konnte wie bisher ist Wahnsinn.

        Ich kannte das meiste vorher nicht. Aber Fans und Kritiker schon.

        Deshalb ist “ ich fand die schon immer scheisse“ auch gar nicht so dumm. Es ging ja nicht primär um deren Musik, sondern die Grenzüberschreitungen. Wer Bück Dich, Weißes Fleisch oder Ich tu dir weh schon immer scheisse fand, kann das ruhig kundtun. Wer so was gut fand, sollte sich eher Fragen stellen.

        Und zu guter Letzt ist auch dein Michael Jackson Vergleich schief. Werk und (mutmaßliche) Taten sind bei ihm getrennt, bei Ramstein anscheinend nicht.

    • Ariane 26. Juni 2023, 15:43

      Danke fürs Hören und Kommentieren erstmal 🙂 Und ja, wir hätten locker wieder 3 Stunden und mehr drausmachen können, daher konnten wir einiges nur anreißen.

      Denn wenn ich das richtig im Kopf habe arbeitet ihr euch doch hauptsächlich an Talkshows wie hart aber fair und Lanz oder Podcasts von Blome und Augstein ab. Ist das überhaupt Feuilleton? Und ist das repräsentativ?

      Mir gings hier vorrangig um ein Missverständnis, das wir auch mehrmals (und hier schon wieder) im Blog hatten, aber ich wollte ein öffentlicheres und einsehbareres Beispiel. Und Augstein & Blome passte da gut, weil ich am Ende immer noch nicht wusste, ob sie über Konzerteinladungen reden oder über die eigentlichen Vorwürfe.

      Und das hatten wir hier auch mehrmals. Reden wir über gewollten Groupiesex, der vielleicht nicht so doll war?
      Dann gebe ich zb Thorsten total recht, kann man abbuchen unter Lebenserfahrung.
      Dummerweise hat niemand Lindemann den Vorwurf gemacht, dass er Sex hat oder schlecht im Bett ist.

      Oder reden wir über die tatsächlichen Vorwürfe, die im Raum stehen, nämlich heimliche Gabe von k.o.-Tropfen mit anschließender Gewalt (körperlicher oder sexueller).
      Und dann sind Sachen, die hier im Blog gesagt werden oder eben – unpersönlicher – von Augstein & Blome – gelinde gesagt – arg verharmlosend.

      Und mein Punkt war, dass dieses Durcheinander jegliche Auseinandersetzung verhindert, weil gar nicht mehr klar ist, worüber geredet wird.

      Und natürlich gibts auch deutliche Fortschritte zu sehen, ich glaub ich hab Drepper genannt, den Standard-Artikel aus den Shownotes (von einem Mann) fand ich auch super, da sind wir leider gar nicht mehr hingekommen.

  • Ralf 26. Juni 2023, 12:15

    Mich irritiert, wie sich der Podcast mal wieder am Feuilleton und “alten weißen Männern” festbeißt und fast völlig ignoriert, worum es beim Fall Rammstein eigentlich wirklich geht.

    Dass sich eine Rockband junge Frauen zur After-Party einlädt, systematisch oder nicht systematisch, ist jedenfalls nicht problematisch. Einladen darf man. Dass ein Bandmitglied den Frauen “sexuelle Avancen” macht, ist ebenfalls nicht problematisch. Fragen darf man. Dass die Frauen eingeschüchtert werden sollen, indem man sie durch verlassene, labyrinthartige Katakombengänge unter dem Stadion führt, ist eine Behauptung ohne Beleg. Ich habe früher mal als Security im Fußballstadion gearbeitet und war deshalb regelmäßig an solchen Orten. Die Gänge im Komplex unter dem Stadion sind halt so gebaut. Und nachdem eine Veranstaltung beendet ist, sind diese Gänge wenig überraschend leer und einsam. Das ist doch nicht die Schuld von Rammstein. Möglicherweise ist es die Schuld des Stadionarchitekten.

    Und jetzt zum eigentlichen Problem: Dem Besucher einer Aftershow-Party sind laut den Anschuldigungen entgegen seinem Willen Drogen eingeflößt worden. Möglicherweise mit dem Hintergrund des sexuellen Missbrauchs. Das ist ein Fall für die Ermittler, für den Staatsanwalt und für die Gerichte. Wenn sich die Anschuldigungen bestätigen, dann hat ein schweres Verbrechen stattgefunden und das muss – und wird – juristisch Folgen haben. Wenn sich die Anschuldigungen nicht bestätigen lassen, kommt es zu einem Freispruch. Bis das eine oder das andere eintritt, sollten uns weder die Vorabverurteilungen der einen Seite noch die Vorabfreisprüche der anderen Seite interessieren.

    • Ariane 26. Juni 2023, 16:23

      Dass die Frauen eingeschüchtert werden sollen, indem man sie durch verlassene, labyrinthartige Katakombengänge unter dem Stadion führt, […] ist doch nicht die Schuld von Rammstein. Möglicherweise ist es die Schuld des Stadionarchitekten.

      Äh nein, hier gings nicht um Architektur. Sondern dass eine Einladung zu einer Backstage-Party erfolgte und da auch eine ganz normale Backstage-Party stattfand und bis dahin war alles abgesprochen und erwartet. Und dann saßen die „auserwählten Mädels“ unvermittelt in einem Raum ohne Handys mit Security vor der Tür. Sprich, ne komplett andere Situation, die nicht mehr abgesprochen war.

      Und kein Problem, wenn ihr drüber nicht reden wollt, aber dann macht nicht plötzlich harmlose Situationen draus, an denen architektonische Besonderheiten schuld sind. Das ist doch kein Zufall, dass die Einladung auf die normale Backstageparty kam und nicht auf einen Gruselraum ohne Handy mit Gorillas vor der Tür – da würde die Zustimmung nämlich rapide in den Keller gehen.

      • Thorsten Haupts 26. Juni 2023, 17:26

        … unvermittelt in einem Raum ohne Handys mit Security vor der Tür

        ?????? Unvermittelt wie unerwartet? Welcher Kategorie A Prominente mit halbwegs funktionierendem Verstand wird heute noch eine echte Party OHNE Smartphoneverbot und ohne private Security machen? Ich jedenfalls nicht, völlig egal, wie harmlos die Party ist.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

      • Ralf 26. Juni 2023, 19:01

        Dass der Backstagebereich von Sicherheitspersonal bewacht wird, ist bei Großveranstaltungen normal. Ob es normal ist, dass bei Aftershow-Parties Handys abgegeben werden müssen, kann ich nicht beurteilen. Aber selbst bei Konzerten habe Ich mittlerweile schon gesehen, dass Veranstalter das Photographieren verboten haben und Security-Personal rüde eingeschritten ist, wann immer jemand sein Handy aus der Tasche gezogen und in die Richtung der Bühne gehalten hat. In jedem Fall kannst Du, wenn Dir jemand sagt, dass Du Dein Handy abgeben sollst sagen, dass Du das ablehnst. Möglicherweise kannst Du dann halt nicht auf die Aftershow-Party.

  • cimourdain 26. Juni 2023, 16:55

    Ich persönlich denke, dass es sehr wichtig ist, die verschiedenen Ebenen, die hier debattiert werden, sehr sorgfältig zu trennen um nicht vom hundertsten ins tausendste zu kommen. Hier sind die Bereiche, die imho eine eigenständige, abgetrennte Diskussion verdienen :
    1) Die konkreten strafrechtlich relevanten Vorwürfe von Frau Lynn: Nötigung, Verabreichen von Betäubungsmitteln, Körperverletzung etc. Das ist Sache der Gerichtsbarkeit. Die Staatsanwaltschaft Litauen hat das Verfahren eingestellt, da es keine konkreten Beweise gab. Die deutsche Staatsanwaltschaft ermittelt noch. Unsereins kann bestenfalls eine Meinung haben, aber generell sind da vorurteilsgesteuerte Bewertungen aufgrund öffentlicher Meinung gefährlich.
    2) Das Video von Frau Shyx und ihre Beschreibung des „Rekrutierungssystems“ und einer einschüchternden/manipulativen Umgebung bei (privaten) Aftershowpartys, die (womöglich) dazu geeignet ist, Frauen gefügig zu machen. In diesem Zusammenhang ist wichtig, ob mehr „Resilienz“ dagegen nötig wäre.
    3) (Danke an Thorsten Haupts) Wie können wir ermöglichen, dass junge Erwachsene eigene (auch schlechte) Erfahrungen machen unter der Prämisse, dass Risiken und Kontrollverlust ausgeschlossen werden. Darf „die Gesellschaft“ als eine Art Helikopterelter fungieren?
    4) Soll das Werk von Künstlern aufgrund ihres privaten Lebenswandels oder ihrer privaten Gesinnung be-/verurteilt werden ? [Ist es nicht eigentlich eine gute Sache, dass Rockmusik endlich wieder ‚böse‘ sein darf ? ]
    5) Die Metadiskussion: Warum bildet sich auch hier wieder einmal eine Kulturkampffront aus. Welche Diskursmechanismen wirken hier? Ist die Berichterstattung biased oder manipulativ? Hierauf geht ihr nur sehr einseitig und selbstbestätigend auf eine schuldige Gruppierung ein.

    • Lemmy Caution 26. Juni 2023, 18:56

      Wann war Rockmusik „böser“ als eine durchschnittliche Bürobesatzung.
      Waren die Ramones böse? Keith Richards? Black Sabbath? Led Zeppelin? John Lydon? Stevie Nicks? Patty Smith? Jimmy Hendrix? Farin Urlaub? Rio Reiser? Paul Mc Cartney?
      Es gab einige mit stark ausgeprägten machtlüsternden Seiten wie Joe Strummer oder Bob Dylan, aber solche Leute gibt es überall.

      • cimourdain 26. Juni 2023, 20:09

        Ein paar Stichworte:
        – Mord durch HA Security beim Altamont Konzert
        – „satanischer* Heavy Metal
        – Amokläufer, die angeblich durch Marilyn Manson, Slipknot etc inspiriert wurden
        – Nazisymbole bei KISS
        Immer der gleiche Grusel bei dem ‚braven‘ Mainstream.

    • Stefan Sasse 26. Juni 2023, 19:09

      1) Deswegen haben wir da auch nichts dazu gesagt.
      2) Jepp.
      3) Nein, und ich sehe das hier auch nicht passieren.
      4) Das ist tatsächlich eine super schwierige Frage, auf die es keine abschließende Antwort gibt.
      5) Was hättest du dir gewünscht?

  • cimourdain 26. Juni 2023, 21:25

    5) Stichworte: Verdachtberichtserstattung und die Verantwortung der Medien gegenüber ihren Opfern, Moralisieren, „Ich will der einen Seite glauben“, Ausdehnung der Diskussion, etc… wie gesagt, diese Debatten haben wir dauernd die gleichen.

    • Stefan Sasse 27. Juni 2023, 08:04

      Ja, das ist wahr.

    • cimourdain 27. Juni 2023, 08:08

      bezieht sich auf Stefan Sasses Frage im Thread eins weiter oben.

    • Ariane 28. Juni 2023, 00:27

      Jep, das ist sehr ritualisiert, wir sind da quasi die Meta-Meta-Kritiker*innen^^

      Es ist auch ein Problem, das vieles dann erst mit dem Auslöser – hier Rammstein – diskutiert wird. Vielleicht machen wir nochmal eine eigene Folge ohne Auslöser zu Consent oder so. Auch zu Gewalt gegen Männer. Ich hatte das ja auch kurz angerissen, dass das häufig nur so als Ablenkungsmanöver in den Raum geworfen wird.
      Aber es ist ja durchaus ein eigenes Diskussions-Thema.

  • cimourdain 27. Juni 2023, 08:16

    Ich spiele mal beim „Ausweiten“ der Debatte mit und möchte eine Beobachtung hineinbringen: Nach meiner Zählung ist das in den 18 Monaten der Post-Corona-Zeit bereits der vierte größere (bundesweite) Skandal in Deutschland, bei dem Musik mit Politik/Moral kollidiert. Diese Häufung sieht signifikant aus.

    • Ariane 28. Juni 2023, 00:31

      Naidoo, Nena und wer noch? (Ich muss gestehen, dass ich Promitalk tatsächlich nur mitbekomme, wenn es irgendwie den Spiegel erreicht oder vielleicht mal Twitter)

  • cimourdain 28. Juni 2023, 10:05

    Naidoo und Nena gehören in die Coronaperiode, die Nach-Coronazeit beginnt für mich etwa mit dem Jahreswechsel 2021/2022, also die letzten 18 Monate.
    Nein, ich rede von folgenden Fällen:
    1) Darf ein Liedtext eine Sexarbeitsmanagerin mit einer Adjektivstruktur, die sich durch die Kombination von Komparativ und Asyndeton an das olympische Motto anlehnt, beschreiben ?
    2) Dürfen Dirigenten und Sopranistinnen aus dem Reich des Bösen (TM) hier beschäftigt werden? Dürfen überhaupt Werke von Komponisten aus diesem Reich des Bösen (TM) gespielt werden ?
    3) Soll ein Musiker, dem Antisemitismus vorgeworfen wird, hier auftreten dürfen ?

    • cimourdain 28. Juni 2023, 10:05

      @Ariane

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