Bohrleute 46: Happy Birthday SPD, mit Ariane Sophie

Mit leichter Verspätung werfen Ariane und ich unseren eigenen, privaten Blick auf die SPD – woher sie kommt, wo sie einst stand, wo sie jetzt ist und wo sie (vielleicht) hingeht. Alles unsere persönliche Meinung, und eventuelle Stammwählerendenschaften werden schamlos aufs Tablett gebracht. ~

{ 43 comments… add one }
  • CitizenK 4. Juni 2023, 21:01

    Vieles zutreffend beschrieben. Nicht thematisiert hab ihr den „Scholz-Zug“, der, so kurz er auch war, nicht zu eurer Deutung passt.
    Anmerkung:
    Andrea Nahles ist nicht mehr „bei der Post“ sie hat zum 1. August 2022 den Vorstandsvorsitz der Bundesagentur für Arbeit übernommen.

    • Stefan Sasse 5. Juni 2023, 09:14

      Scholzzug?

      Und ich dachte schon ich hätte ihren Rücktritt verpasst 😀

      • Dennis 5. Juni 2023, 10:27

        Der Schulzzug ist halt kopfüber die Böschung runtergekippt und war nur noch schrottreif. Der Scholzzug hängt nur ’n bissle schief und kann mit passendem schweren Gerät evtl. wieder zurück aufs Gleis, weswegen die Passagiere eindringlich gebeten werden, nicht auszusteigen; das sei gefährlich; man komme schon zum Ziel. Die FDP grübelt noch diesbezüglich.

      • CitizenK 5. Juni 2023, 10:39

        Kein x für ein u vorgemacht – nur ein o für ein u 😉 Kannste mal sehn, wie weit das schon kollektiv verdrängt ist.

        Im Ernst: Wie deutet ihr den SchUlz-Hype damals -nicht nur bei den Genossen, auch bei den Umfragen?

        • Ariane 5. Juni 2023, 15:13

          Danke für die Nahles-Korrektur, dachte das war umgekehrt.

          Achja, der Schulzzug (wieso heißen die SPD-Kandidaten auch immer so ähnlich, da muss man ja langsam an eine ausgefuchste Tarnstrategie denken^^)

          Ich glaube, das kam ursprünglich auf, weil er mit 100% oder so einer sehr hohen Zustimmung zum Kanzlerkandidaten gekürt wurde (was btw ziemlich wurscht ist, solange man über 90 kommt) und der Zug ist vermutlich nur noch in Erinnerung, weil er so spektakulär entgleist ist, wie Dennis das schön beschreibt^^

          Ich sehe das tatsächlich als einen Beweis für unsere Kritik, dass die SPD in Teilen arg konservativ und verkrustet ist. Sie hatten ja tatsächlich einen guten Kandidaten (aus SPD-Sicht war er vermutlich der beste Kandidat seit Schröder), und auch gute Punkte im Programm. (glaub daher kamen quasi die Vorschusslorbeeren) Das passte aber null zu den Strukturen und zum Wahlkampfteam und sobald Wahlkampf war, lief alles richtig schief.
          Das war totaler Murks und so toll, dass Schulz das mit Charisma rausreißen kann, war er auch nicht. Und wenn man quasi einmal auf dem falschen Gleis ist (sollte auch eine Lehre sein, nix mehr zu nehmen, bei dem man ständig schlimme Wortspiele basteln kann^^), ist auch irgendwann nichts mehr zu holen, das Ganze war im letzten Wahlkampf mit Laschet ja ähnlich. Das hätte die Union auch nicht mehr groß rumreißen können.

          War übrigens auch ein Grund, warum ich mich halbwegs mit Scholz angefreundet hatte, ich glaube die SPD kann nur mit vermeintlich „sicheren“ Kandidaten und nicht mit Leuten, die vielleicht Flexibilität erfordern.

          • CitizenK 5. Juni 2023, 15:50

            Ich deute das so: Es gab durchaus ein Wähler-Potential für genuin sozialdemokratische Politik. Bis an den Rand des 30-Prozent-Ghettos. Gehst du da mit?

            • Stefan Sasse 5. Juni 2023, 16:47

              Was ist „genuin sozialdemokratisch“? Darüber zerbricht sich die Partei seit 20 Jahren den Kopf. Ich glaube, die Zeiten von 30%+ sind einfach vorbei, für alle.

              • Ariane 5. Juni 2023, 17:36

                Und ein Potenzial von 30+ haben ja irgendwie alle Parteien, selbst die AfD kommt da schon auf 20.^^

                Insgesamt rechne ich auch eher mit dem gegenteiligen Effekt, sieht man ja auch an der CDU, die auch nicht mehr bundesweit auf 30 kommt, sondern viel schwankender ist. Dass die ganze Republik ähnlich wählt, wird vermutlich in absehbarer Zeit nicht mehr passieren. (eigentlich interessant, für Regional/Landespolitik interessieren sich ja viele gar nicht, sondern das scheint wirklich auf regionale Unterschiede im „Mindset“ zurückzugehen)

          • Stefan Sasse 5. Juni 2023, 16:46

            Schulz war ein furchtbarer Kandidat. Aber auf dem Papier hatte er einige gute Punkte. Aber als Kandidat war er schrecklich.

            • Ariane 5. Juni 2023, 17:33

              Ja ich fand ihn vor dem Anfang des Wahlkampfs auch deutlich besser als danach, weiß allerdings nicht sicher, wieviel das mit ihm persönlich zu tun hat. Auf jeden Fall konnte er da auch nichts mehr besser machen, sondern eher schlechter, also ja, Griff ins Klo.

              Zeigt aber auch, wie ideenlos man bei der SPD ist und was für ein glücklicher Zufall ein Kanzler Scholz ist, dass man einfach als Herausforderer immer wieder auf den gleichen Typus gesetzt hat (dazu noch fast Namensverwandtschaften!), der dann ja Merkel durchaus ähnlich war. Man kann ja daneben hauen, aber das wäre mir mit einer Nahles, die etwas Feuer reinbringt, und neuen Ideen lieber gewesen. Selbst wenn die alle scheiße finden und man nochmal irgendwo 5% verliert.

              • Stefan Sasse 5. Juni 2023, 22:13

                Ich hab ja auf Feldenkirchens Buch verwiesen. Das war schon er.

        • Stefan Sasse 5. Juni 2023, 16:44

          Ah, der Schulzzug. Ja, den kenn ich 😀 Es gab einen sehr kurzen Hype. Schulz war neu, die Story war neu, war für alle Seiten attraktiv. Viel mehr Erklärung braucht es IMHO nicht.

  • Dennis 5. Juni 2023, 12:06

    Uiiii, mal eine Podcast-Hommage für die alte Tante SPD. Und ich dachte immer, Ariane und Stefan Sasse seien CDU^; Okay, Spaß beiseite, war jedenfalls interessant zuzuhören, zumal für einen Jungwähler (nu ja, ehemalig natürlich), der als solcher Gelegenheit hatte bei der großen Willy-Wahl anno ’72 selbigen zu wählen und (Achtung Outing:) das auch tat, womit ich auch heute noch zufrieden bin^.

    Anders als wirkliche alte Tanten kann das Geburtstagskind immerhin verschiedene Geburtstage feiern, kommt also aus dem Feiern gar nicht mehr raus; nur die Gegenwart ist halt wenig feierlich; aber egal: Hier z.B. hundert Jahre anno 2021.

    https://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/heinrich-august-winkler-ueber-100-jahre-spd-17533871.html

    Wie datt denn? Nun ja, der Winkler zählt die Programmjahre, was ja was für sich hat, denn mit neuen Programmen kam die alte Tante tatsächlich jeweils wie frisch aus der Reha und war danach deutlich runderneuert. Indes hat der jeweils neue Look nicht immer allen gefallen.

    Wie dem auch sei, in keiner anderen Partei ist das so wichtig, wird im Podcast ja auch behandelt. Allerdings muss man wohl sagen: Wichtig gewesen, denn bei der nunmehr postmodernen Tante heutzutage sind Programme auch nur noch Larifari, wie bei den anderen auch. Hat schon mal jemand das aktuelle Hamburger Programm (knapp 70 Seiten) gelesen? Okay, gilt natürlich auch innerhalb der SPD als bräsiger Quark. Mit der Bedeutungslosigkeit wuchs auch das Volumen, was ja bei vielen Sachen so ist. „Godesberg“ war noch konzis kam noch mit ca. 30 Seiten aus, der Trend geht aber schon lange zu endlosem Laberkram.

    Früher war auch mal mehr Pathos. Hier der Willy zum 100sten vor schlappen 60 Jahren:

    https://www.ndr.de/geschichte/ndr_retro/100-Jahre-SPD-Rede-von-Willy-Brandt,nordschau728.html

    Bei den Männern war der Willy übrigens schon anno ’65 die Nr. 1, aber die Frauen wollten mehr Erhard, obwohl man ja freihändig eher vermutet, Wirtschaftsheinis sind was für Männer^. Der Kiesinger später war eh der Darling der Frauen. DER SPIEGEL 36/69, basierend auf Infas und Allensbach sowie der offiziellen Statistik, die es schon lange gibt:

    „1965 hätte die CDU/CSU, wenn es nach männlichem Wahlwillen gegangen wäre, die Mehrheit abtreten müssen — 44 Prozent der Männer wählten SPD, nur 42 Prozent CDU/CSU; aber der weibliche Stimmenanteil (51,7 Prozent für die CDU/CSU) sicherte den Unionsparteien wiederum Macht und Mehrheit für vier Jahre. Drei Fünftel aller Stimmen, welche die CDU/CSU für sich gewinnen konnte, stammten von Frauen. “

    Auch ein wichtiges und streckenweise leidiges Thema bei den Genoss:innen: Die Wählerinnen-Disproportion zu Lasten der SPD; schon ab 1920 deutlich, nach WWII noch massiver und geradezu tödlich, ab Anfang 70er dann allmählich Entspannung an dieser Front, dafür gibt’s jetzt andere leidige Fronten: Die „kleinen Leute“ sind abhanden gekommen 🙁

    https://asf.spd.de/fileadmin/asf/FB_Kachel_Frauenwahlrecht_2018_1080x1350_RZ.png

    Dieses Poster bringt übrigens ein fundamentales Missverständnis zum Ausdruck: Es gibt in politics keine Dankbarkeit. Die FDP ist ja auch nicht dankbar dafür, dass die ohne die SPD den Attentaten der Union schon mehrfach zum Opfer gefallen wären. Die lieben eher die Attentäter. Hat womöglich was mit Sado-Maso zu tun, was wiederum in der Politik gar nicht so selten sein könnte. Man denke nur an Merkel –> SPD.

    • Ariane 5. Juni 2023, 15:29

      Danke für die vielen Ergänzungen, ich empfinde tatsächlich ein bisschen Neid für die Willy-Wähler, kann mir gut vorstellen, dass ich da der SPD meine Stimme mit deutlich mehr Herzblut gegeben hätte als so ein bauchschmerziger Ausschlussprozess, wie es heutzutage der Fall ist.

      Hab hier übrigens ne ganz spannende Statistik zum Wahlverhalten von Frauen von 1950-2017 gefunden (krass der Turnaround bei den Grünen)
      https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/277339/waehlen-frauen-anders-als-maenner/

      Könnte tatsächlich ein Grund sein, dass die SPD so unbestimmt ist, dass sie für viele wählbar ist, aber deswegen nicht gleich gewählt WIRD. Mal gucken, wie sich das entwickelt, Frauen sind auch nicht per se progressiver als Männer, allerdings: könnte sein, dass sich das mit einem krawalligen Merz wieder dreht. Meine Theorie ist, dass das bei Männern besser ankommt als bei Frauen.

      • Ariane 5. Juni 2023, 15:31

        Oh a propos Pathos:

        Scholz kann auch, wenn man ihn nur vorher anschreit:
        https://twitter.com/xileffff/status/1665610961003094016

        • CitizenK 5. Juni 2023, 22:35

          Warum eigentlich werden nicht Wagenknecht & Co. bei jeder Talkshow, bei jedem Auftritt, bei jeder Gelegenheit so damit konfrontiert?

          • Ariane 5. Juni 2023, 22:47

            die setzt dabei ein intellektuelles Gesicht auf. Obwohl das bei Scholz auch schon im Kanzlerduell deutlich wurde, dass der erst gut wird, wenn ihn jemand sauer macht.
            Also am besten muss die Wahlkampfzentrale immer selbst ein paar Pöbler losschicken^^

      • derwaechter 5. Juni 2023, 21:41

        „krass der Turnaround bei den Grünen“

        Vor allem so eine konstante Entwicklung. Habe jetzt nur den Graphen angeschaut, bin schon auf die Erklärungen gespannt.

        • Stefan Sasse 5. Juni 2023, 22:18

          Krass ist auch das Dauerproblem der FDP auf dem Feld.

          • Stefan Pietsch 5. Juni 2023, 22:29

            Wieso Dauerproblem? Haben die Grünen ein Dauerproblem, weil sie seit langem weit überproportional von Frauen gewählt werden?

            In einer Demokratie entscheiden die Stimmanteile. Dabei, News!!!, ist es egal, ob eine Partei mehrheitlich von Männern, von Frauen oder zu gleichen Teilen der Geschlechter gewählt werden. Und nein, die Stimme einer Frau zählt nicht doppelt.

            • Ariane 5. Juni 2023, 22:38

              Wenn Frauen deine Partei scheiße finden, entgehen dir halt viele Stimmen, weil das ja doch recht viele Frauen in Deutschland gibt. Aber hey, immer gerne, wenn die FDP auf über 50% Stimmen verzichtet.

              • Stefan Pietsch 6. Juni 2023, 00:31

                Ach, und das ist, wenn Männer eine Partei scheiße finden, nicht so? Aber widerspricht das nicht den Regeln der Mathematik?

                Ich denke, aber das ist nur eine Vermutung, wenn überproportional viele Frauen eine Partei wählen, muss eine andere Partei überproportional von Männern gewählt werden. Think about it!

                • Ariane 6. Juni 2023, 00:47

                  Ich denke, es ist für jede Partei problematisch, wenn 50% der Bevölkerung (bzw nicht ganz soviele, es sind ja nicht null) mit einer Partei wenig anzufangen wissen.

                  • Stefan Pietsch 6. Juni 2023, 07:29

                    Abgesehen davon, dass man auch damit nicht konform gehen muss – es ist einfach eine wilde Behauptung – ist das schon etwas ganz anderes als die Eingangserwiderung. Stefan und dann Du habt zusammen behauptet, die FDP habe wegen ihrer geschlechtlichen Einseitigkeit ein Problem. Jetzt plötzlich gilt das unausgesprochen auch für die Grünen.

                    Der Punkt ist doch und das habt ihr überdeutlich zum Ausdruck gebracht: Es ist kein Problem, die weibliche Seite anzusprechen, aber toxisch, die männliche.

                    Es gibt einzelne jüdische Clubs, die für Juden sind. Celtic Glasgow sucht fast nur Spieler katholischen Glaubens, Athletic Bilbao beschäftigt nur Basken. Wo ist das Problem?

                    Parteien kommt von Pars, Teil. Männer und Frauen sind jeweils ein Teil einer Gesellschaft. Dein Irrtum liegt darin, dass Parteien gar nicht die ganze Gesellschaft abbilden sollen.

                    • Dennis 6. Juni 2023, 11:47

                      Ich hab ja keine Ahnung von Fußball, also müsste mir mal eine(r) erklären, was z.B. katholisches Fußballspielen eigentlich sein soll. Gegoogelt lese ich über Celtic Glasgow jedenfalls:

                      „Im Gegensatz zu den Rangers, die bis 1989 ausschließlich protestantische Fußballer beschäftigten, waren die Spieler von Celtic zwar großteils irisch-katholischer Herkunft und der Club stark in der katholischen Gemeinde Schottlands integriert. Allerdings waren bei Celtic seit Beginn alle Spieler willkommen, unabhängig von ihrer Herkunft, kulturellen Identität oder Religion. “

                      Klingt doch schon mal ganz gut. Dass Spieler heutzutage weltweit eingekauft werden und dass nach allem, was mit Fußball nichts zu tun hat, nicht gefragt wird, müsste sich für einen Liberalen doch eigentlich erfreulich anhören.

                      Wenn politisch „Männerparteien“ und „Frauenparteien“ ne gute Idee wären, könnte man an dieser Stelle den Parteigedanken tatsächlich plausibel finden. Leuchtet mir aber auch nicht so ganz ein. Diesbezüglich größere und dauerhafte Disproportionen (im Vergleich zur Verteilung in der Wählerschaft) egal in welche Richtung halte ich für ein Problem, weil es dafür keinen vernünftigen Grund gibt, nur unvernünftige.

                    • Stefan Pietsch 6. Juni 2023, 13:10

                      Zur Geschichte der Glasgow Rangers und Celtic Glasgow: seit einem Jahrhundert wechseln sie sich in der Führung der Meisterschaft ab. Beide hatten ihre erfolgreichste Zeit, als sie streng das Prinzip der religiösen Trennung aufrecht erhielten. International sind die beiden Clubs auch nicht weniger erfolgreich als ihre Nationalmannschaft.

                      Man kann also nicht zu dem Schluss kommen, dass weniger Diversität zu weniger Erfolg führen würde. Eher ist das Gegenteil der Fall.

                      Es bringt auch nichts, in der Finanzabteilung Mitarbeiter aufzunehmen, die voll Vertriebsahnung haben und wirklich in HR voll kompetent neue Mitarbeiter rekrutiert haben. Eine gewisse Homogenität ist immer von Vorteil.

                      Der Parteierfolg der FDP der letzten 20 Jahre hat jedenfalls nichts mit der angeblichen Diskriminierung von Frauen zu tun, sondern ausschließlich mit der Themensetzung. Denn hey, die Liberalen können überproportional aus einem Pool von 35 Millionen Wähler (round about) und unterproportional aus einem Pool von weiteren 35 Millionen Wählern schöpfen. Da werden sich schon 6-8 Millionen finden, die ihr Kreuz bei der FDP machen.

            • Stefan Sasse 6. Juni 2023, 07:33

              Oh Stefan. Oh Stefan. Das Dauerproblem der Grünen wäre eher, dass sie bei Männern nicht punkten können. Eigentlich willst du doch ausgeglichen sein.

          • Ariane 5. Juni 2023, 22:35

            Zu Beginn ist der bereits genannte traditionelle Gender Gap sichtbar, das heißt, Frauen wählen konservativer als Männer. In den 1970er Jahren wandelt sich dies langsam (gender dealignment): Nun ist die Wahlentscheidung für die CDU/CSU bei beiden Geschlechtern in etwa gleich. Linke Parteien werden seitdem stärker als bisher von Frauen unterstützt. Gleichzeitig wandeln sich die Grünen von einer Männerpartei ihrer (radikaleren) Anfangszeit zu einer in den 2000er Jahren deutlich stärker von Frauen präferierten Partei. Die FDP und die Linke werden über die Zeit hinweg seltener von Frauen gewählt. Ein gender realignment ist also auf spezifische Art zu beobachten: Frauen wählen nicht einfach linker oder „wohlfahrtsstaatlicher“, sondern SPD und Grüne stärker als die Linke. Seit 2009 wird die CDU/CSU wieder deutlich überproportional von Frauen gewählt; dies könnte man als leichte Tendenz zu einem „same gender voting“ Zur Auflösung der Fußnote[18] interpretieren, wenn man das Geschlecht von Angela Merkel als Kanzlerin beziehungsweise als Kanzlerkandidatin ausschlaggebend für eine Wahlentscheidung setzt

            Hm, so wirklich viel erklären tut das nicht, könnte natürlich schon sein, dass Frauen generell weniger radikal als Männer wählen und das tatsächlich mehr damit als mit rechts/links zu tun hat.

            Die FDP ist da immerhin konstant schlecht, allerdings muss ich schon sagen, dass ich die auch sehr als Männerpartei wahrnehme, mehr als die Union zumindest. Und von den Eigenschaften her die Grünen vielleicht tatsächlich eher klischee-weiblich. Hach, ich sehe schon den Hot-Take „wieviel Frauenfeindlichkeit steckt im Hass auf die Grünen?“^^

            • Stefan Sasse 6. Juni 2023, 07:34

              Mich fasziniert immer wieder, wie attraktiv die CDU für Frauen ist und wie wenig die SPD.

              • Thorsten Haupts 6. Juni 2023, 13:09

                ??? Die Union steht exemplarisch für möglichst ungebrochene Kontinuität. Und von einzelnen Themenfeldern abgesehen sind Frauen – im statistischen Durchschnitt – deutlich risikoaverser als Männer. Würde für mich als Erklärung reichen?

                • Ariane 6. Juni 2023, 13:34

                  Auch. Aber dass Frauen auch konservativ und/oder traditionell sein können, finde ich jetzt gar nicht so erstaunlich.
                  Und die Kirche spielt da auch noch eine Rolle, viele Frauen sind ja auch durchaus in so Strukturen, was Traditionspflege und Kirche angeht, deutlich mehr eingebunden als Männer.

                • Stefan Sasse 6. Juni 2023, 14:50

                  Makes sense.

              • Dennis 6. Juni 2023, 18:19

                Ja, schon interessant. Aber dadurch, dass mehr Parteien im Spiel sind als anno dazumal wird die Sache komplexer und die Signifikanz insbesondere bei den nunmehr deutlich verkleinerten ehemaligen Großen ist je herabgesetzt.

                https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2021-09-26-BT-DE/charts/umfrage-werwas/chart_876484.shtml

                Sieht doch für die Genoss:innen ganz gut aus – und das lediglich 100 Jahre nach der einschlägigen Wahlrechtsreform; immerhin; und die Union ist ihren traditionellen Bonus erstmal los, was sich mit dem FDP-Mann Merz womöglich noch verschärfen wird. Da dürfte das angeblich Christliche eine wesentliche Rolle beim früher deutlichen Frauenbonus gespielt haben, das sah man schon bei der Zentrumspartei zu Weimarar Zeiten. Das C interessiert aber heute nicht mehr und die CDU selbst am aller wenigsten.

                Heftige Disproportion in Prozenten (bei den Punkten sieht’s milder aus) bei der AfD, bei der FDP mittelheftig und bescheiden heftig bei Grünens.

                Immerhin hatte auch die Union ihr erstes Frauendefizit, wenngleich geringfügig, schon mal in 1980 bei Strauß versus Schmidt. ein weiterer „Fall“ dieser Art für die Union war 2002 Schröder/Stoiber;…hmmm. Anno 1980 auch der bisher einzige Frauenüberschuss (auch sehr milde) bei der Wählerschaft der FDP, damals sozialliberal in der Endphase und heftig anti-Strauß; historisch einmalig^. Ferner kamen da allmählich die Grünen neu daher als die Partei der Jungen Weißen Männer (JWM). Korrespondiert historisch auffällig mit den 68ern. Beide JWM-Veranstaltungen wurden alsbald vom Frauenansturm diversifiziert, was in beiden Fällen wohl kein großer Nachteil war^. Obermacho Joschka Fischer hat allerdings (beides) überlebt bis zur Frührente mit 58. Seitdem Lobbyist u.a. für BMW, das macht ja auch was her.

                https://cdn.prod.www.spiegel.de/images/19aa9b49-0001-0004-0000-000000574774_w1200_r1.33_fpx68.6_fpy50.jpg

                • Stefan Sasse 7. Juni 2023, 09:36

                  Es liegt vermutlich auch an meinen politischen Präferenzen, aber ein Männerüberschuss in einer Partei hat sich bislang für mich immer problematischer dargestellt als einer von Frauen. Ich denke das liegt auch daran, dass selbst in Parteien mit Frauenpräferenz die Männer immer noch mehr Macht innehaben. Das gleicht das aus, und sorgt andererseits für ein stärkeres Gefälle bei den männerdominierten Parteien, als es die Zahlen ausdrücken. Aber das sind ungeordnete Gedanken im Fluss.

                  • Stefan Pietsch 7. Juni 2023, 10:18

                    Dann hast Du noch nicht reine Frauengruppen erlebt. Die funktionieren eher schlechter als besser wie reine Männergruppen.

                    Warum dominieren Männer selbst dort wo Frauen die eindeutige Überzahl bilden? Haben vielleicht Frauen weniger häufig das „Alpha-Gen“? Das wäre dann aber eine Frage der Vererbung. 🙂

                    • Stefan Sasse 7. Juni 2023, 16:58

                      Woher willst du das denn wissen, du kannst per Definition ja nie eine erlebt haben 😀

                    • Stefan Pietsch 7. Juni 2023, 18:37

                      Ich halte Deine These (es ist Deine!) für falsch. Sie trifft manchmal zu, aber nicht immer. Ich will von Dir eine Plausibilisierung.

                      Ich habe es mehrmals erlebt, dass in Gesprächen meine Gegenüber (manchmal auch Frauen) gesagt haben, ihr reines Frauenteam wünsche sich als neuen Chef einen Mann. Mir ist auch klar warum.

                      Wie häufig geschrieben bestehen Buchhaltungsteams überproportional aus Frauen und ich hatte immer eine Frau auf dem Posten der Teamleiterin. Doch Frauen neigen in der Führung mehr zur Gruppenbildung und Solidarisierung mit einzelnen Kolleginnen, wofür der Begriff Stutenbissigkeit erfunden wurde.

                      Bitte, mir geht es nicht um Beleidigungen, sondern die Wiedergabe von Erfahrungen. Umgekehrt habe ich es übrigens nie erlebt, dass ein reiner Männerclub unbedingt und ausschließlich eine Frau an der Spitze wollte.

                      Versuche mich nicht von den Vorteilen gemischter Teams zu überzeugen. Das ist nicht das Thema. Ich ziehe gemischte Teams vor.

                    • Thorsten Haupts 7. Juni 2023, 23:20

                      … ihr reines Frauenteam wünsche sich als neuen Chef einen Mann.

                      Ja, ein ähnliches und für mich ziemlich bizarres Erlebnis hatte ich auch zweimal. In beiden Fällen wurde tatsächlich Stutenbissigkeit (gepaart mit hinterhältiger Bösartigkeit) als Grund ins Feld geführt, von den Frauen selbst.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

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