Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann.
Fundstücke
1) In a thriving Michigan county, a community goes to war with itself
Under their leadership, Ottawa County prospered. It had one of the lowest unemployment rates in Michigan and, since 2010, has been the fastest growing county in the state. Board meetings were civil, orderly and, until recently, sparsely attended. “We were rolling along good,” said Greg DeJong, a Republican who spent 12 years on the board before he was unseated. “No one came to our meetings before covid.” […] By his own admission, Moss had not paid much attention to local politics. […] Suddenly, Moss realized that those dangerous people that his pastor had been talking about on Sundays were not just in Washington and Lansing, the state capital. They were in West Olive, where the county government was headquartered. […] Last November, commissioners backed by Ottawa Impact won eight of the 11 seats on the county board. They were now in charge of a government that they feared, overseeing county employees they did not trust. […] But Hambley and other senior health department officials said it was becoming harder to do their jobs. “We’ve never had a county leadership opposed to the principles of public health and opposed to its own departments,” said Marcia Mansaray, Hambley’s deputy officer. “It’s disheartening. It’s exhausting … It’s toxic.” And it was not just the health department. Across the county, government workers worried about running afoul of the new board’s edicts. (Greg Jaffe/Patrick Maley, Washington Post)
Die Washington Post hat hier eine lange, ausführliche Reportage geschrieben, die exemplarisch für mehrere Phänomene stehen kann. Aber es ist wahrlich auf düstere Art beeindruckend, wie Radikalisierung und Polarisierung eine völlig problemlose County-Verwaltung in einen politischen Kriegsschauplatz (allerdings sehr einseitiger Kriegsführung) verwandeln. Die Qualität der staatlichen Leistungen leidet darunter natürlich massiv, was in dem Fall die ideologischen Prämissen der Kulturkrieger*innen nur befeuert. Ebenso bemerkenswert ist der Grund für die Radikalisierung: es waren die Coronamaßnahmen. Dass beim Zutritt zum örtlichen Krankenhaus eine Maske getragen werden musste war manchen Leuten genug zu beschließen, dass sie das ganze System niederreißen müssen. Ich werde diese Haltung nie verstehen.
Niemand will gern mit Leuten zusammenarbeiten, wenn man sich gegenseitig scheiße findet. Meistens muss man das aber trotzdem, irgendwie. Erst recht in einer riesigen Firma, bei der zudem alle wissen, wie ungewiss die eigene Zukunft ist. Nora Zabel, 26, ist CDU-Mitglied und kennt das. Der Parteifreund Philipp Amthor, 30, bezeichnet sie als Kommunistin. Für andere ist sie aber wichtiges Personal für eine Partei, die »moderner« werden will. Heißt für die CDU: jünger und weiblicher, aber politisch nichts Konkretes. […] Die Biografie Die Kanzlerin und ihre Zeit läge immer neben Noras Bett griffbereit, hat sie erzählt. 2017 bekam Nora einen Anruf von Merkel. Ein Dankeschön. Nora war in diesem Jahr die fleißigste Mitarbeiterin im Häuserwahlkampf gewesen. Angela Merkel ist für Nora aber nicht nur ein Vorbild, sondern, sagt sie, der Beweis, dass als Frau in der Politik alles möglich sei – eine Volkspartei bräuchte es dafür aber schon auch. Man hätte dann die größte Reichweite für flächendeckende Veränderungen. (Aron Boks, taz)
Das ganze Porträt von Nora Zabel ist interessant zu lesen. Ich kann natürlich nicht sagen, wie repräsentativ sie für ihre Partei ist, aber sowohl dieses Porträt als auch mein Podcast mit Manuel Schwalm haben mich davon überzeugt, dass meine ursprüngliche Einschätzung korrekt war und (eigentlich wenig überraschend) die CDU eben kein monolithischer Block ist. Es gibt in der Partei Leute, die den Merkel-Kurs gut fanden und finden, und es gibt Leute, die sie am liebsten in den Orkus des Vergessens stoßen würden. Das war mit Gerhard Schröder in der SPD ja auch nicht unbedingt anders.
„Leider ist die Hemmschwelle gegenüber Politikerinnen und Politikern immer weiter gesunken, sodass man sich auch schon auf kommunalpolitischer Ebene drastischen Angriffen ausgesetzt sieht“, sagt Strack-Zimmermann. Es sei ihr daher mehr als wichtig, Vergehen strafrechtlich zu verfolgen. „Die Leute müssen, auch auf die harte Tour, lernen, dass man mit geistigem Dünnpfiff und drastischen Beleidigungen oder Drohungen nicht ungeschoren davon kommt.“ 250 Strafanzeigen pro Monat hätten sie dieses Jahr gestellt, sagt Schulz. Vor allem in NRW, zum Teil in Berlin. […] Strack-Zimmermann ist kein Einzelfall. „Unsere Analysen und Beratungen zeigen, dass es eine klare Zunahme von Anfeindungen im Zusammenhang mit Themen im Umfeld des Ukraine-Kriegs gibt“, sagt Josephine Ballon, Head of Legal bei HateAid zu Business Insider. Die NGO unterstützt Menschen im juristischen Kampf gegen Hass und Hetze. „Wir sehen, dass unsere Klientinnen und Klienten im politischen Bereich stärker von solchen Anfeindungen betroffen sind“, sagt Ballon. Häufig treffe es Personen, die schon in der Corona-Krise attackiert wurden. Die Zahl der von HateAid bearbeiteten Fälle, in denen es um justiziable Beleidigungen und Drohungen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise gehe, nehme zu. (Josh Groeneveld, Business Insider)
Es ist ein Graus, diesen Trend zu beobachten. Ich bin natürlich nicht 100% sicher, ob gerade nur eine größere Sichtbarkeit von Gewalt- und Morddrohungen gegen Politiker*innen besteht und das Ganze deswegen ein statistisches Artefakt ist, aber ich fürchte dass nicht. Strack-Zimmermann ist sicherlich ein Extremfall, was die schiere Masse an Drohungen und Hass anbelangt, aber ein Einzelfall ist sie nicht. Alle Bundestagsabgeordneten berichten davon, und wenn man den aktuellen Forschungen glauben darf, hat die Frequenz mit Corona sprunghaft zugenommen und mit dem Ukrainekrieg noch einmal.
Das ist auch deswegen so problematisch, weil Strack-Zimmermann ja noch relativ privilegiert ist: als Bundestagsabgeordnete und Ausschussvorsitzende bekommt sie wenigstens Polizeischutz. In der Lokalpolitik gibt es oft überhaupt keinen Schutz für die Betroffenen, und gerade in Regionen, in denen die AfD besonders stark ist, kann das geradezu zu einer Vertreibung demokratischer Politiker*innen aus dem öffentlichen Leben und damit der Schaffung von effektiv rechtsfreien Zonen führen. Diese Gewalt bedroht die Demokratie ins Mark, viel mehr als viele andere Aufregerthemen, und müsste viel, viel mehr diskutiert und angegangen werden.
4) Die Argumentationstricks der Klimabremser
Werden Sie immer hellhörig, wenn politisch so getan wird, als könnten Sie allein das Klima retten. Da will jemand bewusst den politischen und strukturellen Charakter der Bewältigung der Klimakrise verschleiern. […] Interessant hierbei ist nun jedoch zu beobachten, wie schnell die FDP ihr Herz für Geringverdiener entdeckt, wann immer es um die Verteidigung der Automobilindustrie geht. Arme Menschen dürfen in der Theorie mobil sein, wenn es darum geht, für die Automobilität zu kämpfen. Aber bitte keine soziale Mobilität! […] Hinsichtlich ihrer Vision zur Umweltpolitik erklärt die FDP, sie wolle »die Förderung einer lebendigen, innovativen Start-up-Kultur. Erfindergeist muss Entfaltungsmöglichkeiten bekommen, sodass alle von den Ideen profitieren und ungewöhnliche Ideen zur Marktreife gebracht werden können. Diese dürfen sich dann im marktwirtschaftlichen Wettbewerb beweisen .« Das klingt auch so viel besser als: »Wir haben zwar keine Ahnung, aber man muss doch mit so einer Klimakatastrophe irgendwie Geld machen!« (Samira El Ouassil, SpiegelOnline)
Ich finde diesen Artikel so gar nicht gut. Zum einen verstehe ich die Fokussierung auf die FDP nicht. Klar, die sind in der Ampel in Regierungsverantwortung und damit sichtbarer als die CDU, aber bei der wären viele dieser Vorwürfe an der viel besseren Adresse. Und die Vorwürfe sind zudem in meinen Augen auch schlicht falsch und entspringen einem Schwarz-Weiß-Denken. Ich teile viele der Politikansätze der FDP nicht oder zumindest nicht in der von der Partei vertretenen Ausprägung, aber der Bad Faith dieses Artikels ist schon bemerkenswert. Denn die FDP will nicht bewusst verschleiern; Appelle an die Eigenverantwortung gehören schlicht zum liberalen Id.
Dass das Argument der Geringverdienenden gerade hier hochkommt – geschenkt. Aber auch die FDP ist sehr um soziale Mobilität bemüht und hat das als großes Ziel; man könnte sogar argumentieren mehr als linke Parteien (weil diese eher die Lebensumstände verbessern wollen, während es der FDP genuin um Moblität geht). Damit ist nichts über die Wirksamkeit der Politikansätze gesagt, die wir sehr gerne diskutieren können. Aber zu behaupten, Christian Lindner wolle, dass Menschen arm bleiben, ist einfach nur doofe ad-hominem-Attacke. Dasselbe gilt dann auch für den Punkt mit den Startups. Deren Förderung und die Entwicklung neuer Techniken ist kohärente FDP-Politik seit Langem; der Vorwurf des „Klimakatastrophe zu Geld machen“ führt da in meinen Augen völlig in die Irre.
Wie gesagt, ich stimme der FDP bei ihren Politikansätzen – vor allem in ihrer Exklusivität – oft nicht zu. Aber ich muss die Sachen schon ernstnehmen. Ich habe darüber auch mit Benedikt Becker im Podcast gesprochen.
5) Meinungsfreiheit heißt nicht Widerspruchsfreiheit
Denn Reporter ohne Grenzen bewertet nicht nur staatliche Verfolgung. So hätten hierzulande Angriffe auf Journalisten bei Demonstrationen stark zugenommen. Auch die Medienvielfalt sei durch Zusammenlegung oder Schließungen von Zeitungen bedroht. Stutzig macht jedoch ein weiterer Grund, der dazu beigetragen habe, dass Deutschland fünf Plätze verloren hat: Journalisten erlebten „zunehmend Queerfeindlichkeit, Sexismus und Rassismus, vor allem, wenn sie über diese Themen berichten“. […] Doch subjektives Sicherheitsempfinden ist kein verlässliches Kriterium. Und Reporter ohne Grenzen ist gut beraten, das Renommee seiner Ranglisten nicht dadurch zu gefährden, indem man Reflexe übernimmt, vor denen auch manche Journalisten nicht gefeit sind: Meinungsfreiheit mit Widerspruchsfreiheit zu verwechseln – und auf Widerspruch mit dem erstbesten Ismus-Vorwurf zu kontern. (Denis Yüzel, Welt)
Sorry, aber Yüzel schreibt hier Unsinn. Es geht ja nicht um „Widerspruch“. Wenn jemand einen Artikel über Transmenschen schreibt und dann einen bösen Lesendenbrief bekommt, dann ist das Widerspruch. Wenn jemand einen solchen Artikel schreibt und dann Morddrohungen erhält, ist das kein Widerspruch. Ob wir reine Beleidigungsnachrichten zum Widerspruch adeln wollen, überlasse ich allen selbst. Aber das Thema hier ist wirklich nicht nur „Widerspruch“. Ich wöllte Yüzel oder andere Weltreporter*innen hören, wenn Ulf Poschardt die nächste Kolumne zum Autofahren schreibt und er dann Morddrohungen von der Letzten Generation kriegt. Ich bin sicher, das würde dann auch als „Widerspruch“ gewertet und total lässig behandelt werden. /Ironie
Nebenbei bemerkt ist das ohnehin nur ein winziger Nebenkriegsschauplatz, der Deutschland im 0,0X-Spektrum von Punkten gekostet hat. Der Löwenanteil geht auf den RBB-Skandal zurück (von dem Yüzel zurecht anmerkt, dass er im Ranking 2024 noch durch die Döpfner-Affäre ergänzt werden wird) sowie auf physische Übergriffe auf Journalist*innen. Genauso wie bei Fundstück 3 sehe ich hier das eigentliche, zentrale und viel zu wenig addressierte Problem. Politische Gewalt nimmt zu – und damit ist echte Gewalt gemeint, nicht das Sich-auf-Straßen-kleben. Darüber müsste man viel mehr reden.
Resterampe
a) Realsatire.
b) Ein Thread zur Strompreissubvention.
c) Die FT hat einen Hintergrundartikel zum Verhältnis Deutschlands mit Polen (und umgekehrt).
d) Eigentlich völlig logisch, aber gut das mal so ausbuchstabiert zu bekommen.
e) Das ist einfach so ein schräger, dummer Vergleich.
f) Subjektives Rechtsempfinden, mal andersrum.
h) Bei der FDP ist auch die Nerdstream Era angekommen. Sehr gut! 🙂 SPD Social Media indessen gewohnt peinlich.
i) Harter Verriss des Hoyer-DDR-Buchs.
j) Weiteres Beispiel für Gewalt gegen Politiker*innen.
k) Das Ausmaß der Korruption am SCOTUS, vor allem von Thomas, nimmt immer krassere Dimensionen an.
l) Cooler Thread zum Thema Fortschrittsglaube 1900 bis heute.
l) Der Thread ist ziemlich chaotisch. Manches ist Zufall und daher nicht vorhersehbar, wie z.B. das irgendwann van Gogh beruehmt wurde oder dass sich das Christentum unter den hunderten von religioesen Gruppen im roemischen Reich durchsetzen wird.
Die genannten Utopien aus den 50ern und 60ern waren ja selten wissenschaftlich begruendet, sondern waren eher Wunschvorstellungen. Ich habe vor ein paar Jahren ein Buch aus von 1970 gefunden, in dem sich Wissenschaftler die Frage gestellt haben, wie das Leben im Jahr 2000 sein wird. Die Vorhersagen dort waren erstaunlich akkurat. Deren Vorstellungen waren nicht von fliegenden Autos gepraegt, sondern davon dass die Menschen sehr schnell Informationen austauschen koennen und dass es elektronische Bibliotheken gibt, zu denen jeder Mensch Zugang hat. Ueberhaupt, was Informationstechnologie angeht, sind wir schon fast bei Star Trek. Lediglich die Live-Uebersetzungsfunktion im Handy fehlt noch. Die Technologie dafuer ist aber bereits vorhanden.
Die fliegenden Autos und Weltraumreisen sind energetisch schwierig und durch die (uns bekannte) Physik begrenzt. Die meisten anderen technologischen Fortschritte beruhen ja auf physikalischen Grundlagen, die schon seit fast 70 Jahren bekannt sind.
Ja, stimme ich dir voll zu.
„… oder dass sich das Christentum unter den hunderten von religioesen Gruppen im roemischen Reich durchsetzen wird.“
Dazu gibt es eine wunderbare Kurzgeschichte von Anatole France:
http://www.koka-augsburg.com/index.html?redir=http://www.koka-augsburg.com/lit_anatole_france_statthalter.html
Aber zu behaupten, Christian Lindner wolle, dass Menschen arm bleiben, ist einfach nur doofe ad-hominem-Attacke.
Geschenkt! Dass Christian Lindner will, dass arme Menschen arm bleiben, ist Unsinn. Arme Menschen sind Christian Lindner schlicht völlig gleichgültig. Sie sind nicht seine Klientel. Sie teilen nicht seine Kultur. Sie wählen ihm nicht. Und die Interessen derer, die Christian Lindners Klientel sind, stehen leider in fundamentalem Widerspruch mit den Interessen der Armen und stehen deren sozialer Mobilität im Wege. Folglich werden die Armen geopfert. Nicht weil man ihnen aktiv schaden will. Sondern weil man passiv keinerlei Anreiz sieht, weshalb es sich lohnen sollte, diesen Menschen zu helfen.
Ich glaube auch nicht, dass sie ihm gleichgültig sind. Ich denke, er ist schon überzeugt, dass seine Politik den Armen ultimativ hilft. Nur ist es a) keine hohe Priorität und b) lässt sich das Versagen der Politik auf dem Feld ständig wegdefinieren.
Ich glaube auch nicht, dass sie ihm gleichgültig sind.
Klingt für mich ein bisschen wie “ich glaube nicht, dass den Bossen der Zigarettenindustrie die Lungenkrebstoten gleichgültig sind” oder wie “ich glaube nicht, dass den Ölmilliardären der Klimawandel gleichgültig ist” …
Wirtschaftsbosse wie Politiker sind halt Lobbyisten ihrer Nische. Und die Nische der FDP sind die Reichen. Es ist unlogisch und widerspricht der Erfahrung anzunehmen, dass Empathie für die Menschen jenseits der Nische existiert. Noch unlogischer ist es anzunehmen, irgendwer würde seine eigenen Machtinteressen (bzw. die Machtinteressen seiner Nische) verletzen, um Menschen außerhalb der eigenen Gruppe zu helfen. Andernfalls gäbe es in der Welt keine Konflikte, keine Armut und deutlich mehr harmonisches Miteinander.
@ Ralf 12. Mai 2023, 11:43
Mit Deinem Kommentar weiter oben und Deiner Antwort an Stefan kann ich wenig anfangen. Sagt mehr über Deine Vorurteile als sonst was.
Was man annehmen mag, ist, dass die FDP keine „Volkspartei“ ist, sich also (genau wie die Grünen oder die Linken) gezielt an eine bestimmte Klientel wendet und deren Themen aufgreift. Aber da braucht man nicht die Nase rümpfen.
Wo Du schon mal falsch liegst, ist, für Lindner bzw. die FDP die Unterscheidung zwischen „arm“ und „reich“ zu ziehen. Mit Großkonzernen können die Liberalen wenig anfangen; dort steht das Unternehmertum (=Mittelstand), der unternehmerisch handelnde Eigentümer im Vordergrund, so wie der Versuch, den Leuten, die persönlich Verantwortung tragen und im Zweifel aus Versagen auch selbst bittere Konsequenzen zu tragen haben, ein paar Steine aus dem Weg zu räumen. Ich habe von Lindner auf Veranstaltungen schon sehr klare Ansagen etwa zu VW und dem Umgang mit Martin Winterkorn gehört.
Dass sich die FDP nicht explizit um die Rechte der Arbeitnehmer bemüht, ist für mich jedenfalls deutlich besser zu verstehen als das Verhalten der (ehemaligen) Großparteien, diese überaus wichtige gesellschaftliche Gruppe zu ignorieren.
Klingt für mich ein bisschen wie “ich glaube nicht, dass den Bossen der Zigarettenindustrie die Lungenkrebstoten gleichgültig sind” oder wie “ich glaube nicht, dass den Ölmilliardären der Klimawandel gleichgültig ist” …
Dummer Vergleich; es geht da nicht auf Leben oder Tod.
Wirtschaftsbosse wie Politiker sind halt Lobbyisten ihrer Nische.
Du meinst, genauso wie Gewerkschaftsbosse oder linke Politiker?
Und die Nische der FDP sind die Reichen.
Nein. Die Nische der FDP sind Unternehmer und Selbstständige. Wenn sich das mit Reichtum deckt, ist gut. Wenn nicht, auch.
Es ist unlogisch und widerspricht der Erfahrung anzunehmen, dass Empathie für die Menschen jenseits der Nische existiert. Noch unlogischer ist es anzunehmen, irgendwer würde seine eigenen Machtinteressen (bzw. die Machtinteressen seiner Nische) verletzen, um Menschen außerhalb der eigenen Gruppe zu helfen. Andernfalls gäbe es in der Welt keine Konflikte, keine Armut und deutlich mehr harmonisches Miteinander.
Au weia.
In dem Maße, wie das für „Wirtschaftsbosse“ gilt, gilt das für alle anderen Menschen auch. Diktatoren, Revolutionäre, kommunistische Parteifunktionäre, amerikanische Präsidenten, Vorsitzende von Golf-Clubs, kommunale Einzelhandels-Interessenverbände – you name it.
Du kannst Dir natürlich getreu Deinen Maßstäben die FDP als Feindbild ausgucken; das ist Dir genauso unbenommen, wie etwa Stefan Pietsch, der sich über die Straßenkleber hermacht. Aber das ist dann halt nicht „schlechte Welt“, sondern nur „Welt“. Die von Dir angeführten Argumente greifen jedenfalls nicht als Begründung für Deine Sicht.
Ja, da bin ich bei dir.
Gehe ich mit.
Ich hätte kurz nach meinem Studium fast die FDP gewählt. Damals war ich voller beruflichen Engagement, einer wegen fehlender Erfahrung geringen Produktivität und habe entsprechend vergleichsweise wenig verdient.
Vor allem unter Westerwelle konnte die FDP auch bei ärmeren und aufstiegsinteressierten Punkten.
Mit Großkonzernen können die Liberalen wenig anfangen
Umgekehrt gilt das aber nicht. Wie die massiven Spenden zeigen, scheinen die Großkonzerne jede Menge mit den Liberalen anfangen zu können …
In dem Maße, wie das für „Wirtschaftsbosse“ gilt, gilt das für alle anderen Menschen auch. Diktatoren, Revolutionäre, kommunistische Parteifunktionäre, amerikanische Präsidenten, Vorsitzende von Golf-Clubs, kommunale Einzelhandels-Interessenverbände – you name it.
Richtig. Aber es ging ja um die FDP. Und die “Wirtschaftsbosse” hielt ich für die schmeichelhaftere Analogie als Diktatoren, Revolutionäre oder kommunistische Parteifunktionäre, … but you’ll be the judge …
Tatsächlich ist aber die CDU die Partei, die am nähesten an den Großkonzernen ist. Ein bisschen wie mit den Gewerkschaften: die sind sicher auch keine Todfeinde der Grünen, aber wesentlich näher an der SPD.
@ Ralf 12. Mai 2023, 23:51
Aber es ging ja um die FDP. Und die “Wirtschaftsbosse” hielt ich für die schmeichelhaftere Analogie als Diktatoren, Revolutionäre oder kommunistische Parteifunktionäre, … but you’ll be the judge …
Du hast offenbar den Punkt nicht verstanden. Mir ging es nicht um eine Analogie zur FDP, sondern um ein Verhalten, dass Du überall findest: Praktisch jeder, der zu einer Gruppe gehört, vertritt die Interessen seiner Gruppe.
Wenn Du das Etikett „Interessenvertretung“ nur der FDP aufklebst, bedeutet das doch, dass Dich das Verhalten nicht grundsätzlich stört, sondern nur bei der FDP. Aber das sagt nichts über die FDP, sondern nur etwas über Dich.
Praktisch jeder, der zu einer Gruppe gehört, vertritt die Interessen seiner Gruppe.
Kein Widerspruch. Genau dasselbe hab ich ja auch geschrieben. Nur ist eben nicht jede Gruppe gleich groß und/oder gleich repräsentativ für die Gesellschaft als Ganzes. Die “Gruppe der FDP” ist z.B. eine kleine elitäre Nische aus wohlhabenden Rechtsanwälten, Apothekern, Chefärzten und Unternehmern, sowie einigen Großkopferten aus Adel und Aktiengesellschaften. Die Winzigkeit dieser Nische lässt sich nicht zuletzt aus dem Mittel der Wahlergebnisse der letzten 20 Jahre herauslesen. Um überhaupt über die 5%-Hürde zu kommen, braucht man noch weitere Stimmen. Deswegen fügt man dem einzigen wirklichen Parteiziel “Steuersenkungen bei den Reichen” dann wahlweise einen nationalpopulistischen anti-EU-Kurs (siehe Euro-Krise) oder einen pro-Auto-Radauwahlkampf (siehe 2021) hinzu. Verkürzt könnte man sagen, die FDP wendet sich an die Reichen und die Dummen.
Die “Gruppe der FDP” ist z.B. eine kleine elitäre Nische aus wohlhabenden Rechtsanwälten, Apothekern, Chefärzten und Unternehmern, sowie einigen Großkopferten aus Adel und Aktiengesellschaften.
21% der 18-24jährigen und 15% der 25-34jährigen wählten bei der letzten Bundestagswahl FDP. Dabei finde ich es erstaunlich, dass rund jeder Fünfte junge Mensch inzwischen wohlhabender Rechtsanwalt, Apotheker oder bereits Chefarzt ist, adelig oder eine Aktiengesellschaft führt. Dagegen schneidet die Partei bei den gesetzten Jahrgängen tendenziell unterdurchschnittlich ab.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1257097/umfrage/wahlverhalten-bei-der-bundestagswahl-nach-alter/
Wo kriegt man eigentlich das Zeug, das Sie da rauchen?
Die Winzigkeit dieser Nische lässt sich nicht zuletzt aus dem Mittel der Wahlergebnisse der letzten 20 Jahre herauslesen.
Ohne das Wahlergebnis von 2013, das offensichtlich ein Ausreißer war, holte die FDP seit 2005 über 11% im Schnitt. Zum Vergleich: Die Grünen liegen im Mittel im einstelligen Bereich. Eine komplizierte Frage: Warum ist die FDP eine Nischenpartei, die Grünen aber nicht?
Noch etwas, was unterstreicht, dass sich Grüne und FDP in Punkto Milieupartei nichts nehmen: Demoskopen messen dies nicht an so subjektiven Faktoren wie „mag ich persönlich“, also Ihr Maßstab, sondern der Frage, wie viele Menschen können sich neben ihrer eigentlichen Präferenz vorstellen, die Partei zu wählen. Beide Parteien kommen danach auf nicht besonders überzeugende 37%, was sie zu klassischen Nischenparteien macht. Nur, den Grünen attestierten Sie seltsamerweise trotz gleicher oder schlechterer Werte immer „das Bessere“. Stefan nennt das „Bad faith“. Sie lassen nicht nur jede Objektivität vermissen, Sie bemühen sich nicht einmal um ein Minimum an Fairness.
Deswegen fügt man dem einzigen wirklichen Parteiziel “Steuersenkungen bei den Reichen” dann wahlweise einen nationalpopulistischen anti-EU-Kurs (siehe Euro-Krise) oder einen pro-Auto-Radauwahlkampf (siehe 2021) hinzu.
Natürlich können Sie wie gehabt kein Wort davon belegen. 2021 ging es unter anderem um die Abschaffung der Corona-Maßnahmen, was einem erklärten NoCovid-Freund wie Ihnen sicher schwer im Magen lag. Die Geschichte hat der Partei übrigens Recht und Ihnen Unrecht gegeben.
Verkürzt könnte man sagen, die FDP wendet sich an die Reichen und die Dummen.
So viel Wählerbeleidigung leistet sich hier niemand. Was Sie nur selber als Anti-Demokraten zeigt.
@ Ralf 13. Mai 2023, 14:41
Du schreibst echt Kappes.
Nur ist eben nicht jede Gruppe gleich groß und/oder gleich repräsentativ für die Gesellschaft als Ganzes.
„Repräsentativ“? Was soll das denn für ein Kriterium sein? Dann: Definiere Gesellschaft. Und die Bedeutung einer Gruppe für die Gesellschaft machst Du woran fest? Nur an ihrer Größe, an der Zahl der dort verortbaren Menschen? Das ist naiv.
Die “Gruppe der FDP” ist z.B. eine kleine elitäre Nische aus wohlhabenden Rechtsanwälten, Apothekern, Chefärzten und Unternehmern, sowie einigen Großkopferten aus Adel und Aktiengesellschaften.
Und dieses schlaue Wissen hast Du woher?
Deswegen fügt man dem einzigen wirklichen Parteiziel “Steuersenkungen bei den Reichen” …
Es geht nicht um „Steuersenkungen für Reiche“, sondern um Steuersenkungen für alle (sorry, unscharf formuliert: für den Teil der „Gesellschaft“, der Steuern zahlt.
Verkürzt könnte man sagen, die FDP wendet sich an die Reichen und die Dummen.
Wenn das so ist, sollte bei Dir ja genug Potential vorhanden sein, um FDP zu wählen.
Nur mal so: Das Wesen einer Demokratie ist nicht, dass die Mehrheit die Minderheiten plattmachen, sondern dass Minderheiten mitwirken, obwohl sie Minderheiten sind. Und obwohl die Wohlhabenden und Reichen eine Minderheit sind, sorgen sie durch ihre Wirtschaftskraft und durch ihre Steuerleistung maßgeblich für die Finanzierung unseres Staatswesens.
Der Lackmus-Test für alle Liberalen ist ohnehin nicht die Frage, wie sie zu Armen stehen, sondern wie sie zu Reichen stehen. Und hier insbesondere die Frage, ob sie alle Einkünfte gleich besteuern oder ob sie Erbschaften, Schenkungen und Kapitalerträge weiterhin bevorzugen wollen.
Mit anderen Worten: ob sie Sozial- oder Asozialliberale sind.
Da gehe ich d’accord. Aber Sozialliberale gehen seit den frühen 80er Jahren eben nicht mehr zur FDP. Die sind damals zunächst zur SPD abgewandert. Und in moderner Zeit findet man sie am ehesten bei den Grünen.
Auch ein Punkt.
@ Tim 12. Mai 2023, 11:37
Der Lackmus-Test für alle Liberalen ist ohnehin nicht die Frage, wie sie zu Armen stehen, sondern wie sie zu Reichen stehen. Und hier insbesondere die Frage, ob sie alle Einkünfte gleich besteuern oder ob sie Erbschaften, Schenkungen und Kapitalerträge weiterhin bevorzugen wollen.
Mit anderen Worten: ob sie Sozial- oder Asozialliberale sind.
Auch hier: Au weia. Die Gleichstellung von „ich will mir vom Staat nicht allzu viel Geld/Besitz wegnehmen lassen“ und „asozial“ ist noch asozialer.
Wenn ich von meinem guten Gehalt im Laufe von zehn Jahren 100.000 Euro zusammenspare und dann die Summe auf einem Rutsch im Casino versaufe und verzocke, ist es also OK. Wenn ich es meinen Töchtern gebe, auf dass die es verjubeln, ist es nicht OK? Dann will der Staat seinen Anteil nach dem Motto „Das Geld ist zwar schon versteuert, aber noch nicht von jedem“?
Dann ist es so, dass die obersten 10 Prozent Topverdiener 90 Prozent der Einkommenssteuer zahlen; aber sie sind asozial, weil sie nicht 95 Prozent aufbringen wollen? Wie nennt Ihr dann erst diejenigen, die bei staatlichen sozialen Leistungen die Hand aufhalten?
Keine Ahnung, mit welch vergurkter Einstellung Ihr da unterwegs seid.
@ Erwin Gabriel
„Das Geld ist zwar schon versteuert, aber noch nicht von jedem“?
Das Argument wird immer gern gebracht, aber es ist keines. Es gibt überhaupt kein Geld, das nicht schon mal versteuert war. Sollen wir also auf Besteuerung verzichten?
Es geht hier einfach um Fairness. Einkünfte steuerlich bevorzugen, nur weil sie leistungslos erzielt werden, ist einfach nur verrückt. Oder: asozial, wenn davon besonders die Besitzenden profitieren.
Tim 12. Mai 2023, 18:03
Das Argument wird immer gern gebracht, aber es ist keines. Es gibt überhaupt kein Geld, das nicht schon mal versteuert war. Sollen wir also auf Besteuerung verzichten?
Den Spruch habe ich auch schon zigmal gehört, und er greift ins Leere. Du hast schon genau verstanden, worauf ich abziele, gehst aber nicht darauf ein: Ob ich oder meine Töchter 100.000 Euro auf den Kopf hauen, macht bitte schön welchen Unterschied für den Staat oder die Gesellschaft?
Es geht hier einfach um Fairness.
Wenigstens hast Du nicht „Gerechtigkeit“ geschrieben, aber auch „Fairness“ ist ausschließlich eine subjektive Bewertung und liegt im Auge des Betrachters.
Einkünfte steuerlich bevorzugen, nur weil sie leistungslos erzielt werden, ist einfach nur verrückt.
Sehe ich anders. Ist für mich ein Unterschied, ob ich meine 100.000 Euro anlege und auf die Zinsen Steuern zahle (was ich mache), oder ob ich schon mal versteuertes Geld zinslos auf dem Konto habe, und ich will mir und/oder meinen Kinder damit einen schönen Urlaub mache, und der Staat langt zu.
Oder: asozial, wenn davon besonders die Besitzenden profitieren.
Nach Deiner Auslegung ist Besitz asozial.
Die Ansicht, dass ich asozial bin, weil ich etwas behalten will, das mir andere wegnehmen wollen (und von dem die Gesellschaft schon ihren Teil abbekommen habt), und dass ich sozial bin, weil ich nicht auf eigenen Füßen stehen kann oder will und deswegen Ansprüche gegen andere erhebe, kriege ich nicht in meinen Kopf.
„Fairness“ als moralisierendes Angebot in einer Gesellschaft anzuführen, die einen dermaßen hoben Lebensstandard hat (selbst die, die hier am unteren Ende unterwegs sind, haben bis auf wirklich wenige Ausnahmen ein besseres Laben als in vergleichbarer Position zu fast allen anderen Ländern der EU, geschweige denn der restlichen Welt.
Sich als Vergleichsmaßstab ausschließlich nach denen zu suchen, die noch mehr haben, ist asozial, ist Sozialneid: Der hat, der muss abgeben, ich habe nicht (=meist gelogen), also erhebe ich Anspruch.
Das ist mir ein paar Lagen zu dünn.
Erwin Gabriel
Ob ich oder meine Töchter 100.000 Euro auf den Kopf hauen, macht bitte schön welchen Unterschied für den Staat oder die Gesellschaft?
Es macht durchaus einen Unterschied für die Gesellschaft, ob Deine Töchter darauf einige zehntausend Euro Steuern zahlen oder nicht.
oder ob ich schon mal versteuertes Geld zinslos auf dem Konto habe, und ich will mir und/oder meinen Kinder damit einen schönen Urlaub mache, und der Staat langt zu.
Dann hast Du mich falsch verstanden. Der Staat soll nur zulangen, wenn das Geld den Besitzer wechselt. Natürlich darfst Du Deine Kinder gern auf einen Urlaub einladen.
Nach Deiner Auslegung ist Besitz asozial.
Wie kommst Du bitte darauf? Jeder kann soviel Geld besitzen, wie er will. Ich bin sehr gegen eine Vermögenssteuer. Ich möchte nur, dass Erbungen und Schenkungen als Einkünfte betrachtet werden.
Die Ansicht, dass ich asozial bin, weil ich etwas behalten will,
Du argumentierst unredlich. Du willst das Geld ja eben nicht behalten, sondern vererben oder verschenken.
Sich als Vergleichsmaßstab ausschließlich nach denen zu suchen, die noch mehr haben, ist asozial, ist Sozialneid:
Ich sitze bequem am oberen Ende der Einkommens- und Vermögenspyramide, Sozialneid ist sicher nicht meine Motivation. Mir geht es um Fairness. Ich kann kein Steuerprinzip befürworten, das ausgerechnet Leute wie mich bevorzugt.
Stellen Sie normale Leute doch mal vor die ganz konkrete Wahl, einem abstrakten Gerechtigkeitsideal zu folgen oder ihren Kindern/ihrer Frau das von ihnen Aufgebaute oder Bewahrte möglichst ungemindert zu hinterlassen. Sie könnten auch von vermögenslosen, einkommensarmen, Menschen überrascht werden 🙂 .
Es gibt einen Grund dafür, warum Erbschaften in allen Demokratien de facto niedrig besteuert werden – und der hat nichts mit finsteren Machenschaften zu tun. Das Konzept hoher Erbschaftssteuern ist nur theoretisch beliebt.
Und ich würde hohe Wetten darauf annehmen, dass das so bleibt. Das ist eine Menschheitskonstante. Unter anderem deshalb, weil der Ersatz eigenen Vermögens durch staatliche Leistungen/Garantien historisch betrachtet etwa so zuverlässig ist, wie das deutsche Aprilwetter. Die meisten Menschen wissen oder glauben zu wissen, dass sie sich letztlich nur auf sich selbst und ihre Familie verlassen können.
Gruss,
Thorsten Haupts
Viele Dinge waren schon mal Menschheitskonstante. Und ich verstehe ja auch, dass Leute am liebsten an sich selbst denken.
Dennoch: Check your privilege.
@ Tim 13. Mai 2023, 10:39
Check your privilege.
Sollen alle gleich viel oder gleich wenig Privilegien haben? Auf diese Frage geben wir beide offenbar nicht die gleiche Antwort.
Ob ich oder meine Töchter 100.000 Euro auf den Kopf hauen, macht bitte schön welchen Unterschied für den Staat oder die Gesellschaft?
Wenn Du 100.000 Euro verdienst und davon einen Privatauftritt von Roland Kaiser bezahlst, zahlt Roland Kaiser auf seine Einnahmen ganz selbstverständlich Steuern. Dasselbe darf man von Deinen Töchtern erwarten, wenn sie Geld von Dir bekommen. Und im Gegensatz zu Roland Kaiser singen die ja vermutlich noch nicht mal dafür …
Lasst uns bitte notfalls sammeln, damit Roland Kaiser nicht singt. 🙂
Unterschrieben!
@ Ralf 13. Mai 2023, 10:30
Wenn Du 100.000 Euro verdienst und davon einen Privatauftritt von Roland Kaiser bezahlst, zahlt Roland Kaiser auf seine Einnahmen ganz selbstverständlich Steuern. Dasselbe darf man von Deinen Töchtern erwarten, wenn sie Geld von Dir bekommen.
Das ist mir zu dümmlich …
@ Tim 12. Mai 2023, 19:53
[Ob ich oder meine Töchter 100.000 Euro auf den Kopf hauen, macht bitte schön welchen Unterschied für den Staat oder die Gesellschaft?]
Es macht durchaus einen Unterschied für die Gesellschaft, ob Deine Töchter darauf einige zehntausend Euro Steuern zahlen oder nicht.
Danke für die Bestätigung, dass es a) nur darum geht, etwas wegzunehmen, und b) der Grund dafür ausreichend sein sollte, dass der Staat es haben will.
Du argumentierst unredlich. Du willst das Geld ja eben nicht behalten, sondern vererben oder verschenken.
Ich stehe, wenn ich gut verdiene, immer vor der Wahl, was ich mit dem Geld anfange. Gebe ich es aus, zahle ich 19 % MwSt. Geben es meine Töchter aus, zahlen die auch 19% MwSt. Wo ist der „unfaire“ Verlust für den Staat? Der kriegt so oder so seinen Teil, und 19 % auf alles (außer Menschennahrung) ist nun nicht gerade wenig.
„Unfair“ wird es bestenfalls dadurch, dass sich jemand sagt „die kriegt Geld und ich nicht“ (vulgo „Sozialneid“).
Mir geht es um Fairness. Ich kann kein Steuerprinzip befürworten, das ausgerechnet Leute wie mich bevorzugt.
Au weia. Was heißt hier „bevorzugen“?
Gehalt 12 x 2.000 €: Steuern 328 € = 1,37 %
Gehalt 12 x 3.000 €: Steuern 2.906 € = 8,07 %
Gehalt 12 x 4.000 € = Steuern 6.014 € = 12,53 %
Gehalt 12 x 5.000 € = Steuern 9.400 € = 15,67 %
Gehalt 12 x 6.000 € = Steuern 13.062 € = 18,14 %
Gehalt 12 x 7.000 € = Steuern 17.000 € = 20,24 %
Gehalt 12 x 8.000 € = Steuern 21.218 € = 22,10 %
Gehalt 12 x 9.000 € = Steuern 25.712 € = 23,81 %
Gehalt 12 x 10.000 € = Steuern 30.484 € = 25,40 %
(verheiratet, ein Verdiener; alleinstehend wäre noch wüster geworden)
Mit 10.000 € monatlich verdient man soviel wie 5 Leute á 2.000 €, zahlt aber die Steuern von knapp 19 Leuten mit diesem Verdienst. Wie kommst Du darauf, dass Du „am oberen Ende Spitze der Einkommens- und Vermögenspyramide“ bevorzugt wirst?
Dieser Ansatz, wohlhabenden und reichen Leuten solange wegnehmen zu wollen, bis sie nicht mehr wohlhabend oder reich sind, leuchtet mir nicht ein.
PS: Und Zinseinkünfte werden oberhalb von 1.000 € mit einer Abschlags- bzw. Kapitalertragssteuer von 25 % angesetzt. Und das ist nicht genug?
„…auf den Kopf hauen, macht bitte schön welchen Unterschied für den Staat oder die Gesellschaft?“
Diesen: Wenn weder du noch die Töchter das Geld „auf den Kopf hauen“, sondern investieren (Normalfall) , sparen sie entweder damit Kosten (Miete) oder erzielen Einkünfte – womit sie weiteres Vermögen erwerben können.
„aber auch „Fairness“ ist ausschließlich eine subjektive Bewertung“
Warum kann man Fairness im Sport definieren, nicht aber in der Gesellschaft? Ich empfehle (zum wiederholten Mal):
„Gerechtigkeit als Fairness“ von John Rawls. Übrigens ein Liberaler, kein Linker.
Rawls Gerechtigkeitsdefinitionen sind faszinierend – sie funktionieren nur in einer Gesellschaft, die aus Robotern besteht und deren Gott ein Computer ist. Ansonsten sind sie so vollkommen lebensfremd, dass sie praktisch untauglich sind. Und sie beruhen auf einer nicht explizierten Voraussetzung, die historisch schlicht albern ist – nämlich auf irgendeiner Instanz, die vollkommen unparteiisch seine Gerechtigkeitsvorstellungen gegen die real existierenden Menschen durchsetzt.
Aber theoretisch hat Rawls natürlich vollkommen Recht …
Gruss,
Thorsten Haupts
Es braucht keinen Computer-Gott. Denken genügt. In vielen Bereichen ist das ja schon Realität, jedenfalls in Ansätzen wird es versucht:
Beispiel Arbeitsrecht – Interessenausgleich Arbeitgeber- und Arbeitnehmer
Beispiel Mietrecht – Interessenausgleich Vermieter – Mieter
Mehr oder weniger gelungen – im Detail natürlich umstritten – politisches Tagesgeschäft in der Demokratie.
Fairness ist ein Begriff aus dem Sport: Die Regeln gelten für alle. Wenn aber Bayern München gegen TSV Kleinkleckersdorf antritt? So ist das auch mit der formalen (Chancen-)Gleichheit – der Lebenslüge der Liberalen. Glaubwürdig ist nur, wer seine Grundsätze auch auf sich selbst anwendet. Wie Tim und Lemmy. Bei denen funktioniert auch das öde Totschlag-Argument „Sozialneid“ nicht.
Die Lebenslüge: Verteilungsgerechtigkeit. Es führt zur Diktatur weniger.
Natürlich werden Menschen nicht in gleiche Bedingungen hereingeboren. Das behaupten Liberale auch nicht. Im Gegenteil. Hier wird dem Staat die Aufgabe zuerkannt ausgleichend zu wirken. Nur, genau das lehnen Linke klar ab. Sie wollen Ergebnisgleichheit, weshalb sie auch verlangen die Eltern und eben nicht die abgehängten Kinder zu fördern. Dann bedienen sie sich der argumentativen Krücke, das käme ja auch den Kindern zugute.
Wer fördern will, tut das direkt und nicht über Umwege.
???
Das steht doch ausdrücklich (Chancen-) Gleichheit, nicht Ergebnisgleichheit.
Ergebnisgleichheit fordert – außer vielleicht ein paar kommunistische Spinner bei der MLPD – niemand. Ergebnisannäherung ist hingegen schon ein wichtiges Ziel. Menschen landen im Leben – manchmal durch eigenes Zutun, manchmal ohne eigenes Zutun, manchmal getrieben von Umständen – irgendwo im Wohlstandsspektrum, oft ganz egal ob am Anfang Chancengleichheit bestand oder nicht. Eine Aufspreizung des Wohlstandsspektrums in Maßen, so dass Erfolgreiche, Tüchtige und Talentierte am Ende mehr haben, als Gescheiterte, Faule und Unbegabte, ist im Interesse unserer Gesellschaft und fördert Entwicklung und Wirtschaft. Aber alles eben in Maßen. Ungeregelter, entfesselter Kapitalismus produziert Spaltung und extreme Exzesse sowohl in Armut als auch in Reichtum. Milliardäre am einen Ende der Skala sind dabei toxisch für die Gesellschaft und fundamental unvereinbar mit Demokratie. Und die Existenz von Obdachlosen und Armutshaushalten am anderen Ende der Skala konterkariert unsere Werte und fördert die permanente Desintegration ganzer Gesellschaftssegmente und die Vererbung und Übertragung derer sozialen Probleme auf die nächste, völlig unschuldige Generation. Deshalb gilt es Unterschiede zwischen den Glücklichen und den Glücklosen, den Erfolgreichen und den Erfolglosen einzugrenzen – nicht zu beseitigen, aber auf ein akzeptables Maß zu reduzieren. Nicht zuletzt dazu dienen auch Steuern. Am Ende lässt das dem erfolgreichen Unternehmer immer noch einen gehobenen und aus der Gesellschaft herausragenden Status. Aber es vermeidet, dass der Unternehmer zum toxischen Problem für die Gemeinschaft wird. Mit anderen Worten: Soziale Marktwirtschaft.
@CitizenK
Das Gegenteil von Chancengleichheit ist Ergebnisgleichheit. Da Sie das Eine für eine Illusion halten, gehen Sie mit dem Zweiten. So argumentieren Sie ja auch.
Das nennt man auch einen Schwarz-Weiß-Trugschluss.
@Ralf
Ich kenne sehr viele Lebensläufe. Ich habe in meinem Leben sehr viele Vorstellungsgespräche geführt. Bei praktisch allen kann man aus dem Lebenslauf konsequent nachvollziehen, wo sie heute stehen.
Am Anfang meines Lebens stand nicht „Finanzchef eines börsennotierten Unternehmens“. In der ersten Klasse war ich der zweitschlechteste Schüler. Der Schlechteste machte später gerade den Hauptschulabschluss. Ich hatte keine besondere elterliche Förderung, eher viele Benachteiligungen. Kein Lehrer hat mich gefördert oder nur an mich geglaubt.
Wieso bin ich da gelandet, wo ich derzeit stehe? Das lässt sich aus meinem CV ableiten. Es ist meine Persönlichkeit. Hören wir auf, die Ungerechtigkeiten des Lebens zu beklagen. Ja, es gibt Benachteiligungen, aber die große Mehrheit steht aufgrund von Persönlichkeit und der Fähigkeit / Unfähigkeit zu Entscheidungen dort, wo sie stehen. Erfolg und Misserfolg sind das Ergebnis einer Unmenge an Entscheidungen, die wir zu treffen haben. Menschen, die mit mir in die Schule und auf die Uni gegangen sind, sind am Ende erfolgreicher oder weniger erfolgreich. Das ist zwingend das Ergebnis von eigenen Entscheidungen.
Da Sie hier mit Extrembeispielen kommen, hätte ich auch eins: Ich hatte keine Chance, drogensüchtig zu werden. Wissen Sie, weshalb? Im Alter von 12 Jahren habe ich das Buch „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ gelesen, wie Millionen andere auch. Danach war ich so schockiert, dass ich mich immer in Acht genommen habe. Frusterlebnisse habe ich konsequent ohne Drogen verarbeitet. Andere haben den Film gesehen, waren zu neugierig und haben es Christiane F. nachgetan. Mancher ist dann den gleichen Weg gegangen, hat Frust mit Drogen verarbeitet. Entscheidungen.
Wir wollen ja jetzt die Vier-Tage-Woche einführen. Weil die meisten nur vier Tage lang arbeiten wollen. Das ist in Ordnung, so lange andere nicht für diese persönlichen Entscheidungen zahlen müssen. Arbeiten die einen nur vier Tage, können wir die Arbeitsleistung der anderen, die fünf Tage und mehr arbeiten, nicht noch besteuern. Das wäre ein Ausnutzen der Leistungsträger durch die Faulen. Das hält keine Gesellschaft aus.
@Stefan
Wenn der Staat an beiden Stellen (stark) schraubt, dann ist alles, was Menschen im Leben erreichen, das Ergebnis staatlicher Zuteilung und hat nichts mit Eigenleistung zu tun. Es ist eine rein politische Definition. Ja, da wollen Linke seit Jahrzehnten hin. Und haben große Erfolge dabei. Aber es für für die meisten Menschen auf dieser Welt ein Alptraum.
Wie gesagt, du zeichnest ein absolutes Zerrbild. Das ist wie zu sagen dass die Liberalen darauf hinarbeiten, dass es keinerlei Hilfen für irgendwen gibt und wir in einer eat-or-get-eaten-world leben sollen. Das ist auch Quatsch.
@Stefan Pietsch
Die Viertagewoche am Ende Ihres Posts hat mich etwas verwundert, weil ich den Bezug zum Thema nicht ganz sehe. Wie dem auch sei, ich bin seit jeher ein Gegner der Viertagewoche. Weder glaube ich, dass sie uns als Gesellschaft glücklicher machen wird, noch leuchtet sie vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und dem Fachkräftemangel ein. Die Viertagewoche ist aus meiner Sicht kompletter Irrsinn. Den Streit darüber reiche ich aber an Stefan Sasse weiter. Ich bin der falsche Ansprechpartner …
Ansonsten gehe ich mit Ihnen d’accord, dass die meisten Menschen, die oben angekommen sind, nicht nur Glück hatten. Sie sollten dennoch nicht vergessen, dass Ihre eigene Biographie – so beeindruckend sie auch sein mag – immer nur anekdotisch sein kann und nicht jedes Milieu der Bundesrepublik Deutschland repräsentiert. Allgemein lässt sich statistisch belegen, dass sozialer Aufstieg bei uns schwierig und selten ist. Aus manchen Milieus wird fast garnicht aufgestiegen. Da macht dann die Information, dass eigentlich de facto Chancengleichheit herrscht, auch keinen großen Splash. Wenn Chancen nicht abgerufen werden – und zwar nicht nur individuell nicht, sondern systematisch nicht abgerufen werden – dann besteht Handlungsbedarf für die Gesellschaft.
Und ich finde, auch diejenigen, die selbstverschuldet abgerutscht sind, haben eine zweite (und, wenn nötig, dritte) Chance verdient. Die Gesellschaft darf aus meiner Sicht niemals Menschen aufgeben. Sie reden ja immer gern über das Christentum. Deshalb lege ich Ihnen das Gleichnis des verlorenen Sohns ans Herz. Meiner persönlichen Meinung nach eines der schönsten Gleichnisse. Meiner persönlichen Meinung nach muss der Staat, also unsere Gemeinschaft, so agieren, wie der Vater in der Geschichte. Das heißt nicht, dass Entscheidungen keine Konsequenzen haben. Der Verurteilte sitzt seine Strafe ab, bevor er resozialisiert werden kann. Der Schuldner durchläuft ein schmerzliches Privatinsolvenzverfahren, bis er wieder schuldenfrei ist. Der Drogensüchtige macht den Entzug, bevor er sein neues Leben beginnen kann. Und wer Schule und Ausbildung verschlampt hat, muss sich durch die Abendschule kämpfen oder eben mit gering bezahlten Jobs auskommen. Aber egal, wie tief man fällt. Es muss eine Untergrenze geben, die ein anständiges, lebenswertes Leben garantiert und gerade auch Kinder in der Familie nicht gesellschaftlichen Benachteiligungen aussetzt. Darum geht es beim Vermeiden von Exzessen in der sozialen Marktwirtschaft.
Der Vergleich mit der Viertage-Woche bezieht sich darauf, dass Menschen schwerwiegende Entscheidungen treffen, die unmittelbare Auswirkungen auf ihr Einkommen und Lebensverhältnisse haben. Wer sich freiwillig entscheidet – und dabei macht es keinen Unterschied, ob dies individuell passiert oder im Konzert einer Gemeinschaft – weniger zu arbeiten, soll hierfür die Konsequenzen tragen. Und diese sind, dass er weniger Einkommen hat als jemand mit gleicher Bildung, gleichen Lebensverhältnissen, gleichen Eltern. Umgekehrt ist es unter diesen Bedingungen schlicht ungerecht, jene, die mehr arbeiten, heranzuziehen um den Kurzarbeitern ihre Work-Life-Balance zu finanzieren.
Ansonsten habe ich den Eindruck, dass Sie völlig an mir vorbeireden. Es geht nicht darum, ob ich einen beeindruckenden Lebenslauf hätte. Darum geht es mir keinen Deut. Es ging mir allein darum aufzuzeigen, wie stark der Einfluss von Charakter, Werten, persönlichen Stärken und Entscheidungen auf die eigenen Lebensverhältnisse ist.
Ich könnte mit Ihnen beliebige Lebensläufe von Frau X und Herrn Y durchgehen und Ihnen aufzeigen, an welchen Stellen ihre offensichtlichen Entscheidungen zu welchen Abzweigen in der Karriere geführt haben. Das kann Ihnen jeder Headhunter aufzeigen. Die Antwort liegt (fast) immer im Lebenslauf.
Das ist doch gar keine Rede dafür, Menschen liegen zu lassen. Und schon gar nicht ist es ein Plädoyer Menschen nur eine Chance zu geben. Ich habe eine total amerikanische Einstellung und verachte meine Landsleute über ihre Gehässigkeiten gegenüber Gescheiterten.
Es geht mir um einen einzigen Punkt. Blenden Sie alle aus, die aufgrund schwieriger familiärer Verhältnisse es nicht zum Millionär bringen konnten. Aber: wenn die meisten Entscheidungen getroffen haben, die ihr Lebenseinkommen und -verhältnisse signifikant beeinflusst haben (ohne dass sie total verarmt sind), dann ist es nicht einzusehen, dass diejenigen mit den „richtigen“ Entscheidungen für jene mit den „falschen“ Entscheidungen haften und zahlen.
In meiner Generation, nehmen wir kurz jene, die noch in den Siebziger- und Achtzigerjahren aufgewachsen sind und sozialisiert wurden, gab es selten so große Unterschiede in der Herkunft, dass sie die Gesellschaft dermaßen gespalten haben. Das hat sich ohne Zweifel seit den Neunzigerjahren geändert. Das bestreite ich kein Stück. Nur möchte ich an dieser Stelle eins anerkannt wissen: Unsere Konzepte der Transferzuweisung an Abgehängte waren nun über Generationen weitgehend erfolglos. Wenn ich erfolglos bin, muss ich mir überlegen, wie ich erfolgreich werde.
Ich habe in einer Reihe von Artikeln wie Kommentaren dafür plädiert, sich gezielt um diese Kinder zu kümmern. Die Kinder, nicht die Eltern, das ist sicher der Unterschied zwischen uns. Wenn ein Kind 3, 4 Jahre alt ist, kann ich in der Regel sehen, ob die Eltern dem Kind guttun – oder nicht. Und das sind oft Aspekte, die wenig mit Geld zu tun haben. Ob ein Kind seine Zähne putzen kann, rückwärts laufen, sich bewegt, nicht nur braunes Essen bekommt, hat nichts mit den finanziellen Verhältnissen der Eltern zu tun.
Und im Gegenteil: es ist oft vorteilhaft, wenn Kinder lernen, dass Eltern sich nicht alles leisten können. Anlässlich eines innerbetrieblichen Seminars habe ich mich vergangene Woche mit einer jungen Mitarbeiterin unterhalten, die ursprünglich aus Kasachstan stammt. Wir waren uns einig, dass der Ehrgeiz junger und nicht mehr so junger Osteuropäer daher rührt, dass sie sich durchkämpfen mussten und auch Verhältnisse ohne Überfluss erlebt haben. In meinem Team haben Mitarbeiter aus Osteuropa (inklusive DDR) sowie ältere, die nicht 50 Jahre im Unternehmen sind, eine klare Mehrheit.
Und ich verrate Ihnen noch ein Betriebsgeheimnis: in den letzten Wochen war ich gezwungen, für eine anstehende Restrukturierung Mitarbeiter zu benennen. Auf meiner Liste tauchen nur gesättigte Deutsche auf. Eine gebürtige Russin und eine Deutsch-Türkin, die beide noch in der Probezeit sind, schütze ich dagegen.
Will sagen: Menschen brauchen Hunger nach Erfolg, um ihre Lebensverhältnisse zu verbessern. Und nicht Sozialtransfers. So wie ein Unternehmen nicht durch Subventionen profitabel wird, werden Menschen nicht durch Sozialhilfe zur High Flyern.
Deutschland hat eine der höchsten Progressionen bei der Einkommensbesteuerung, die höchste Belastung von Einkommen (beides Maßnahmen zur Herstellung von Verteilungsgerechtigkeit), eines der höchsten sozialen Unterstützungsniveaus, finanzielle Kinderförderung, weitgehend kostenlose Bildung (Chancengerechtigkeit). Das Ergebnis ist zwar eines der gleichmacherischsten der OECD, aber ansonsten nach den meisten Kriterien schlecht bis desaströs.
Du selbst hast genau diese Aspekte in Anspruch genommen, Menschen abzusprechen, dass sie ihren Erfolg weitgehend sich selbst verdanken. Das ist die Basis Deiner entsprechenden Argumentation. Für mich muss ich sagen: Ich habe der Gesellschaft und dem Staat schon gar nichts zu verdanken. Mein Glück ist, dass ich in Deutschland und nicht Nigeria geboren wurde, dass ich 1967 in einer kleinbürgerlichen und nicht 1995 in einer Migrantenfamilie aufgewachsen bin. Dafür kann ich tatsächlich nichts.
Aber Staat und Gesellschaft tun eben heute nichts, um Kindern solche Nachteile auszugleichen.
@ Ralf 14. Mai 2023, 21:19
Allgemein lässt sich statistisch belegen, dass sozialer Aufstieg bei uns schwierig und selten ist. Aus manchen Milieus wird fast gar nicht aufgestiegen.
Überaus deutliche Zustimmung zu Deiner Aussage. Aber alle Lösungsansätze, die ich von linker Seite wahrnehme, dienen nicht dazu, den Aufstieg zu fördern, sondern ihn zu behindern. Wenn die Schere zwischen arm und reich in unserer Gesellschaft immer weiter auseinanderklafft, sollte man sie von unten zu schließen versuchen, nicht von oben.
Und ich finde, auch diejenigen, die selbstverschuldet abgerutscht sind, haben eine zweite (und, wenn nötig, dritte) Chance verdient. Die Gesellschaft darf aus meiner Sicht niemals Menschen aufgeben.
Auch hier: Voll Zustimmung. Sie werden hier von keinem Liberalen / Konservativen / Führungskraft / Wohlhabenden whatever … je etwas anderes gelesen haben. Warum auch: Unternehmensinhaber und Führungskräfte wissen, wie wertvoll und wichtig gute Mitarbeiter sind, werben um ausgebildete Leute, fördern sie und bilden sie weiter. Sie sind von solchen Menschen abhängig. Dass z.B. unser Bildungssystem zu wenig Chancengleichheit und Aufstiegsmöglichkeiten ermöglicht, wird hier nicht nur von Stefan Sasse beklagt, sondern auch von Stefan Pietsch, von mir und von vielen anderen.
Nur, wenn man diese Meinung vertritt, wie kann man dann gegen alle vorgehen wollen, die dort sind, wo angeblich alle hinsollen? Denn in der Praxis fördert der Staat nicht die (oder man fördert sie falsch), die Förderung brauchen, sondern er schreibt den Verbleib im Milieu der Eltern fest und nimmt das dann zur Begründung, denen aus den besseren Milieus mehr Geld aus der Tasche zu ziehen, dass wiederum über Ausgaben zur „Linderung der Symptome“ dazu genutzt wird, die Milieus festzuschreiben.
wie kann man dann gegen alle vorgehen wollen, die dort sind, wo angeblich alle hinsollen? Denn in der Praxis fördert der Staat nicht die (oder man fördert sie falsch), die Förderung brauchen, sondern er schreibt den Verbleib im Milieu der Eltern fest und nimmt das dann zur Begründung, denen aus den besseren Milieus mehr Geld aus der Tasche zu ziehen, dass wiederum über Ausgaben zur „Linderung der Symptome“ dazu genutzt wird, die Milieus festzuschreiben.
Auf Dein falsches Framing, dass hier “gegen irgendwen vorgegangen wird”, lasse ich mich nicht ein. Seinen fairen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, ist eine Selbstverständlichkeit und kein Angriff.
Über die Förderung können wir gerne sprechen. Dass da “alles falsch” ist, lässt sich leicht sagen, wenn man nicht in der Verantwortung steht bessere Vorschläge zu machen.
Bisher hab ich nur die Vorschläge gehört Sozialleistungen senken und Pflichtkita für Kinder, die zuhause türkisches Fernsehen sehen. Letzteres ist weder juristisch noch praktisch umsetzbar. Umsetzbar wäre eine Pflichtkita für ALLE Kinder, weil so nicht gerichtsfest nachgewiesen werden müsste, exakt wie viele Stunden ein Kind im rechtlich besonders geschützten Heimbereich welches Fernsehprogramm schaut. Wenn Du eine solche Kitapflicht für ALLE Kinder forderst, hast Du mich an Bord.
Wohin “Sozialleistungen senken” führt, können wir hingegen aus den Hartz IV-Reformen zuhause sowie an Gesellschaften wie den USA ablesen. Wo sind denn Deine konkreten Belege, dass Kinder von Hartz IV-Beziehern einen besonders starken Sprung nach vorne gemacht haben? Tatsächlich ist das Gegenteil passiert. Benachteiligte Kinder sind noch stärker desintegriert und die Armut abgeschoben worden. Dasselbe siehst Du in den USA. In keinem Land der Welt habe ich jemals soviel bittere Armut, Elend und Hoffnungslosigkeit gesehen wie dort. Kinder aus ärmeren Vierteln haben null Chance etwas aus sich zu machen. Schulen verfallen. Die Bildungslage ist desolat. Wenn Du über Amerika liest, hörst Du immer nur Harvard, Yale. Stanford – nicht das Community-College in South Dakota. Aber in Harvard, Yale und Stanford arbeiten kaum Amerikaner. Also außerhalb der Cafeteria und der Reinigungsdienste. Der überwiegende Teil der Doktoranden und Postdocs dort sind Chinesen, Koreaner, Inder und sonstige Ausländer – meist aus der reichsten, privilegiertesten Schicht ihres jeweiligen Landes.
@ Ralf
geht unten weiter …
@ CitizenK 14. Mai 2023, 06:39
So ist das auch mit der formalen (Chancen-)Gleichheit – der Lebenslüge der Liberalen.
Was ist denn gelogen?
Die Liberalen konstatieren genauso wie Linke, dass es unterschiedlich verteilte Lebenschancen gibt in Abhängigkeit von Elternhaus (Benimmregeln, Betreuung, Bildung, Geld, Hilfsvermögen etc.), Aussehen (spielt immer noch eine Rolle), Intelligenz, Leistungsbereitschaft und Persönlichkeit. An Startchancen, die über Bildung erreicht werden, kann man drehen; an Intelligenz, Leistungsbereitschaft oder Persönlichkeit eher weniger.
Was die Liberalen fordern, ist (vereinfacht formuliert), die Startchancen zu egalisieren, und dann jedem zu überlassen, was er draus macht.
Was ich von linker Seite wahrnehme, ist (ebenfalls vereinfacht formuliert), nach dem Ausbleiben von Erfolg den Erfolgreichen so viel wegnehmen möchte, dass die nicht so Erfolgreichen ähnlich gestellt sind.
Während beispielsweise Stefan P. seit Jahren fordert, dass Kleinkinder aus Familien mit Migrationshintergrund in Kitas MÜSSEN, um bessere Chancen zu bekommen, höre ich von anderer Seite oft, dass man keinen Zwang auf Migrationsfamilien ausüben und nicht in deren Kultur eingreifen dürfe.
Mal in knapp: Liberale wollen an die Ursachen, Linke an die Symptome. Wie gesagt ist das vielleicht etwas einfach formuliert, aber die Richtung stimmt.
Ich bin übrigens sofort für die Kitapflicht. Nur halt für alle. Ich sehe nicht, wie eine Kita-Pflicht nur für Migrant*innen möglich sein soll.
„die Startchancen zu egalisieren, und dann jedem zu überlassen, was er draus macht.“
Was Linke (Linksliberale) auch wollen, was aber nicht eingelöst wird. Konkret: Kostet halt Geld. Nicht nur in der Kita, auch später im Schulsystem (der inzwischen allbekannte Zusammenhang zwischen Herkunft und Bildungs-/Berufserfolg).
Ich bin auch für die Kita-Pflicht. Diese verstößt allerdings gegen fundamentale liberale Grundsätze. Zwang, Elternrecht („wissen besser, was gut ist für ihre Kinder“), Eigenverantwortung, Bürokratie.
StefanP weist immer wieder darauf hin, dass man es auch und widrigen Umständen schaffen kann, sich halt durchbeißen muss. Was für Einzelne ja stimmt, aber halt nicht für die Mehrheit.
Und, bitte, nochmal: Ich will nicht so nivellieren, wie Du das immer wieder darstellst.
Das Geld für die jetzt schon fehlenden 170000 Erzieher/innen muss ja irgendwo herkommen.
Wenn man es nicht denen „wegnehmen“ soll, die „mehr“ haben, dann muss es denjenigen wegnehmen, die weniger haben: Kürzungen bei Sozialleistungen bzw. im Öffentlichen Dienst. Diese sind angesichts der Situation möglicherweise notwendig. Ich warte noch immer auf die Vorschläge, wo genau.
Studien zeigen, dass die Charakterformung im Elternhaus maßgebend ist. Sie können das bei WorldVision, die ich übrigens mehrfach verlinkt habe, nachlesen. Der Staat kann Schulen kostenlos machen, er kann das Studium finanziell fördern, er kann Lehrmittel zur Verfügung stellen und bei bestimmten Bedarfen individuell fördern.
All das tut der deutsche Staat. Sie sagen, er wäre dabei nicht erfolgreich. Da sind wir wieder bei Erwin Gabriels Vorwurf: Sie wollen später die Symptome angehen, weil Sie sich nicht an die Ursachen herangetrauen.
Nochmal: Was tun Sie, wenn Sie feststellen ein Dreijähriger wird stundenlang vor TRT geparkt? Geben Sie eine Antwort oder wir sind am Ende der Diskussion.
Wir haben ein ganz spezifisches Problem und Linke wie Du, Stefan, wollt mit Kanonen auf Spatzen schießen. Eine allgemeine Kita-Pflicht kostet nicht nur unendlich viele Milliarden, wo es ein paar Millionen tun würden. Der Staat hat gar nicht die Ressourcen, die Ansprüche zu befriedigen.
Wir haben eine allgemeine Prüfung der Schulfähigkeit bei Sechsjährigen. Danach entscheiden staatliche Stellen, ob ein Kind eingeschult werden kann. Wenn diese Prüfung verfassungskonform ist – und niemand zweifelt daran – dann kann eine allgemeine Prüfung von Dreijährigen nicht verfassungswidrig sein. Wenn dann ein erhöhter Förderbedarf konstatiert wird, dann muss ein Kind in die Ganztags-Kita. Ansonsten bleibt es bei der Freiwilligkeit.
Es bleibt dabei: diejenigen, die den höchsten Förderbedarf haben, werden am wenigsten gefördert. Du willst das Problem nicht lösen.
@ CitizenK 16. Mai 2023, 17:08
Das Geld für die jetzt schon fehlenden 170000 Erzieher/innen muss ja irgendwo herkommen. Wenn man es nicht denen „wegnehmen“ soll, die „mehr“ haben, dann muss es denjenigen wegnehmen, die weniger haben.
Ich habe vor Schmerzen aufgejault, als ich das gelesen habe. Du hast für JEDES Problem genau EINE Lösung: Den Wohlhabenden (vulgo „Reichen“) Geld wegnehmen. Und das – nach Deiner Logik – offenbar so lange, wie sie „mehr“ haben.
Aber wofür soll das eine Lösung sein? Wie viel „Wummse“ oder vergleichbare kostspielige Aktionen hast Du schon erlebt, und mit welchen Erfolgen? So etwas macht nur teurer, nicht besser. Die letzte, die in diese Falle lief, war Bundesbauministerin Klara Geywitz; ihre Vorstellungen, mit Geld den sozialen Wohnungsbau auf die Spur zu bringen, scheiterte an Fachkräften, Preissteigerungen, Materialknappheit, Unwillig- und Unfähigkeit in den Kommunen, an sich ständig verschärfenden Vorschriften. Und gerade macht sich Robert Habeck auf den gleichen Weg: Er will neue strombasierte Heizsysteme fördern, die gerade nicht verfügbar sind, wo Fachkräfte zum Einbau fehlen, und die – strombetrieben, wie sie sind – dank hohem Kohleanteil an der Stromerzeugung kaum den CO2-Ausstoß verringern. Die Preise für Mieten und Wohnraum werden steigen, der soziale Wohnungsbau praktisch auf Null gebracht (derzeit liegen viele Wohnungsbau-Projekte brach, weil sie sich nicht mehr lohnen), und das alles für viel teuer Geld.
Du schreibst, dass 17.000 Erzieherinnen fehlen. Die kriegst Du für kein Geld der Welt, weil die dazu erforderlichen Menschen fehlen. Die wenigen, die Du mit Geld locken kannst, fehlen dann halt woanders. Unser Problem ist nicht „zu wenig“ Geld. Unser Problem sind fehlende Fachkräfte, falsche Strukturen, ineffiziente Verwaltungen, Föderalismus, Subventionen mit der Gießkanne, Lobby-Einflussnahme etc.
Geld ist nur eine von mehreren Problemlösungskomponenten. Leider die einzige, an die sich der Staat (oder Leute wie Du) auskennen. Und solange sich die Politiker einen auf die enormen Summen herunterrubbeln, die sie den Menschen für Wohltaten zur Verfügung stellen, werden sich die strukturellen Probleme nicht lösen lassen.
Ich warte noch immer auf die Vorschläge, wo genau.
Die wirst Du auch von mir nicht bekommen. Warum auch, wenn Du alle anderen Analysen, Fakten, und Lösungsansätze ignorierst. Denn selbst wenn wir beide das bestimmen könnten, und ich Dir dahingehend folge, dass die Wohlhabenden noch tiefer als jetzt schon in die Taschen greifen, wird als einziges Ergebnis bleiben, dass zwar das Geld für die ehemaligen Besitzer futsch ist, aber nicht das Problem.
Ich weiß, dass Du das gut meinst. Aber wie heißt es so schön: Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, betrachtet jedes Problem als Nagel.
es grüßt
E.G.
@ CitizenK 13. Mai 2023, 19:42
Wenn weder du noch die Töchter das Geld „auf den Kopf hauen“, sondern investieren (Normalfall) , sparen sie entweder damit Kosten (Miete) oder erzielen Einkünfte – womit sie weiteres Vermögen erwerben können.
Dann legen ich oder sie es eben an, und wir zahlen auf die Rendite 25 % Steuern. Ändert nichts an der Situation.
Bleiben die 75 Prozent. Ein schöner Grundstock. Wenn die Eltern für ihre in einer Uni-Stadt mit hohen Mieten kurzerhand eine Wohnung kaufen können (kenne mehrere Beispiele), dann kommt da was zusammen. Und hätte ich die Tilgungen für mein BaföG-Darlehen und die jahrelang gezahlten Zinsen (damals 8,25 %) für meine erste Wohnung anlegen können, auch. Verstehe ehrlich gesagt nicht, wie man das nicht sehen kann.
@ CitizenK 15. Mai 2023, 06:52
Verstehe ehrlich gesagt nicht, wie man das nicht sehen kann.
Lerne Lesen. Ich sehe die Situation natürlich auch, habe ich hier auch oft genug erklärt. Wir beide kabbeln uns hier schon so lange, dass wir die Weltbilder des anderen halbwegs draufhaben sollten.
Bleiben die 75 Prozent. Ein schöner Grundstock.
Das ist genau das, was ich an linker Denke so verachte: Keine Ideen zur Bekämpfung des Problems, nur zum Lindern der Symptome zu Lasten anderer. Eigentum ist nur dazu gut, weggenommen zu werden. Keiner sagt „Sorry, dass wir Dir ein Viertel Deiner Einkünfte wegnehmen“, sondern die Aussage ist „sei froh, dass Du noch so viel behalten darfst“.
Du beschreibst eine Situation, in der ein Mensch, der finanziell unter den Top 5 % der Weltbevölkerung zu finden ist, sich gegenüber jemandem benachteiligt fühlt, der unter den Top 4 % ist. Deine Lösung: Mister Top 4 % so viel wegzunehmen und umzuverteilen, dass Miss Top 5 % halbwegs gleichgestellt ist. Der Maßstab von Dir und Deinesgleichen sind nur Menschen, die mehr haben als man selbst. Das macht mir einmal mehr deutlich, dass es bei diesen Diskussionen in weiten Bereichen um Sozialneid geht.
Du „verachtest“ also Menschen, die Tatsachen beschreiben: Wer Vermögen hat, dem fällt weitere Vermögensbildung leichter als dem, der keines hat.
Und mit dem Hinweis auf die Weltbevölkerung erübrigt sich jegliche Diskussion.
Ach, und noch eine Frage: Neid macht unglücklich. Warum sind dann die Menschen dort so lebensfroh, wo der Staat noch mehr darauf aus ist, „wegzunehmen“?
Jetzt bin ich gespannt auf Deine „Ideen zur Bekämpfung des Problems.
Da ist schon wieder so viel einzuwenden, was Ihnen alles nicht gefällt:
1. Eine homogene Gesellschaft von 20 Millionen Menschen zum Maßstab für 500 oder gar 8 Milliarden zu machen, ist absurd.
2. Selbst in Skandinavien ist die Belastung der Einkommen geringer und die Konsumbelastung höher als in Deutschland.
3. Die Skandinavier haben erkannt, dass sich ihr familiärer Sozialstaat nur erhalten lässt, wenn sie ihre Gesellschaften homogen halten. Deswegen gibt es heute scharfe Zuwanderungsbeschränkungen. Sie haben diese Einsicht nicht, dass umfangreicher Sozialstaat und liberale Migrationspolitik nicht zusammengehen. Sie verweigern die Einsicht in das Offensichtliche.
Worüber sollen wir diskutieren?
@ CitizenK 16. Mai 2023, 15:44
Du „verachtest“ also Menschen, die Tatsachen beschreiben: …
Nein, ich verachte nicht die Menschen, die Tatsachen beschreiben, erst recht nicht dann, wenn ich die gleichen Tatsachen sehe, wie hier schon des Öfteren bestätigt.
Lies nochmal nach: Ich verachte das Denken, das sich nicht um die Problemlösung kümmert, sondern nur um die Linderung der Probleme, und dazu anstrebt, anderen zu schaden.
Wie schon an anderer Stelle angemerkt: Lies gründlicher, dann kannst Du Dir solche Beleidigungsversuche sparen.
Und mit dem Hinweis auf die Weltbevölkerung erübrigt sich jegliche Diskussion.
Warum? Mein Punkt war nicht, einen Normalo-Studenten (mit BAföG, aber ohne Wohnung im gewünschten Studienort) mit einem des Lesens unkundigen Nomaden in der Sahelzone zu vergleichen. Ich habe nur für die von Dir beschriebene Situation statt Deines willkürlichen Maßstabs meinen willkürlichen Maßstab gewählt. Die eigentliche Frage, die sich daraus ergibt, lautet: „Wer legt den Maßstab fest?“ Die zweite Frage, die sich daraus ableitet, lautet: „Warum werden solche beliebigen Vergleiche nur dann gezogen, wenn man selbst – losgelöst von der realen Situation – nach einem willkürlich festgelegten Maßstab gefühlt „schlechter“ (was nicht heißen muss „schlecht“) abschneidet?“
Ach, und noch eine Frage: Neid macht unglücklich. Warum sind dann die Menschen dort so lebensfroh, wo der Staat noch mehr darauf aus ist, „wegzunehmen“?
„Dort“? Da verstehe ich offenbar den Bezug nicht.
Jetzt bin ich gespannt auf Deine „Ideen zur Bekämpfung des Problems.
Ich weiß, wie ich in jungen Jahren gewohnt habe: Zwei Zimmer, keine Steckdosen, keine Heizung, nur eine Funzel an der Decke. Der Dielenboden hatte einen Höhenunterschied von 30 cm von einer Seite des Raums zur anderen, die Deckenbalken hingen so niedrig, dass man sich den Kopf stieß. Die Stromkabel habe ich selbst verlegt, einen Kohleofen vom Flohmarkt reingestellt, mit Briketts geheizt, die ich in die Treppe hochgeschleppt habe. Klo und Dusche auf der anderen Seite der Scheune, im Erdgeschoss. Fernsehen, Telefon – Fehanzeige. Miete: nur 60 Mark im Monat.
Ich habe da nicht gejammert, ich habe nicht gelitten, auch nie auf andere geschaut, sondern mich über meine erste eigene Wohnung und die niedrige Miete gefreut.
Und, um Dir gleich die nächste vorschnelle Vorverurteilung zu ersparen: Das ist jetzt kein Lösungsvorschlag für was auch immer von mir. Es ist aber ein Teil meines Maßstabs. Und nie im Leben wäre ich damals auf die Idee gekommen, vom Staat eine Lösung des „Problems“ zu erwarten oder gar zu fordern.
Von mir kriegst Du Gedanken zu Lösungen nur zu richtigen Problemen („ich finde in Heidelberg keine Studi-Butze“ gehört nicht dazu; gibt auch woanders Unis), und erst dann, wenn Du Dir mal ein paar Gedanken machst, die nicht damit beginnen, anderen (die Deiner subjektiven Meinung nach „mehr als genug“ haben) etwas wegzunehmen.
@ CitizenK 13. Mai 2023, 19:42
Warum kann man Fairness im Sport definieren, nicht aber in der Gesellschaft?
„Fairness“ bedeutet im Sport: sich an die Regeln zu halten, und (je nach Sport) andere nicht zu verletzen.
„Fairness“ bei Steuern bedeutet: Mehr Geld von anderen (egal, wie viel die schon bezahlen).
„Fairness“ ist ein Gummibegriff. Das meint, was auch immer die Person meint, die ihn benutzt. Wie „Gerechtigkeit“ und so viele andere auch. „Leistung“. Und und und.
Wie „Verantwortungsbewusstsein“, „Interessenausgleich“, „Engagement“. Undundund.
Sollte man deshalb in der politishen Debatte auf sie verzichten?
Man sollte nicht darauf verzichten. Sie haben nur keine allgemein anerkannte Bedeutung; man muss klar machen, was man darunter versteht.
Genau.
Der Steuerfreibetrag für Erbschaften von Kindern liegt bei 400 Tsd pro Kind. Für Schenkungen liegt der Freibetrag bei 100 Tsd. Fand die Schenkung mindestens 10 Jahre vor der Erbschaft statt, wird die nicht der Erbschaft zugerechnet.
Wegen mir kann man die 400 k halbieren und Schenkungen lebenslang in die Rechnung einfliessen lassen.
Ich würde allerdings Ausnahmen für die Erbschaft von Betrieben und teuren Immobilien machen, falls ein Kind da einzieht.
„Asozial“ ist sehr negativ konnotiert, deshalb ist es hier fehlt am Platz.
Gemeint ist „a-sozial“, deshalb sollte man es besser auch so schreiben.
Blöde Frage, wo liegt der Unterschied?
„Der Begriff asozial entspricht eigentlich „unsozial“ als Gegenbegriff zu „sozial“, wird jedoch in der Regel im Sinne von „antisozial“ (das heißt gemeinschaftsschädigend) verwendet“, bzw. „am Rande der Gesellschaft lebend“ (Duden).
Bei anderen Begriffen wie z. B. „ahistorisch“ gibt es diese Konnotation so nicht.
„Ein Individuum oder eine Gruppe verstößt durch die eigenen Handlungen gegen geltende gesellschaftliche Normen und gegen Interessen anderer Mitglieder der Gesellschaft.“ Ob diese Zuschreibung für Liberale zutrifft, liegt im Auge des Betrachters. Die nicht-sozial-liberalen Liberalen sind demnach nicht unbedingt asoziale Liberale. 😉 Auch leben sie nicht „am Rande der Gesellschaft“, wie der Duden „asozial“ definiert.
Ah, verstehe. Mir war nur nie die Unterscheidung durch den Bindestrich nicht geläufig.
@ Ralf 12. Mai 2023, 12:06
Aber Sozialliberale … in moderner Zeit findet man … am ehesten bei den Grünen.
Sorry – „grün“ und „liberal“ kriege ich so überhaupt nicht in Deckung. Wie kommst Du darauf?
Ralf Fücks ist für mich Liberal.
Völlig!
Sorry – „grün“ und „liberal“ kriege ich so überhaupt nicht in Deckung. Wie kommst Du darauf?
Kommt halt darauf an, wie Du “liberal” definierst. Wenn Du mit “liberal” meinst, Freiheit (definiert als Zahl der Möglichkeiten sich selbst zu verwirklichen) für die Mehrheit zu maximieren, dann liegst Du bei den Grünen richtig. Wenn Deine Definition von “liberal” hingegen meint, Freiheit für die kleine Schicht diejenigen zu maximieren, die qua Geburt im Wohlstand leben und deren Privilegien auszubauen, dann bist Du bei der FDP besser aufgehoben.
… dann liegst Du bei den Grünen richtig.
ROFL. Es gibt in Deutschland Stand heute keine Partei, die stärker an die segensreiche Kontroll- und Lenkungsfunktion des Staates glaubt, als die GRÜNEN. Freiheit als Einsicht in die Notwendigkeit – Kants dümmliche Freiheitsdefinition – würde eine Mehrheit der GRÜNEN jederzeit unterschreiben.
Leitplanken erhalten Freiheit.
Ein Schilderwald aus Verboten lässt sich kaum als „Leitplanken“ definieren.
Der ordoliberale Staat verbietet Monopole, Kartelle und abgestimmtes Verhalten. Das sind die Leitplanken. Daneben steht es jedem Unternehmer frei, zu wachsen, Marktmacht zu erringen, Einkaufsgemeinschaften zu bilden. Die Fülle an Möglichkeiten ist undenkbar groß.
Wer ins Wirtschaftsministerium von Robert Habeck geht, darf nur noch mit Wärmepumpen heizen. Wenn die Preise steigen, gewährt er nach umfangreichen Auflagen Subventionen. Und das ist der „Wirtschaftsminister“. Unternehmer bestreiten, dass das mit Freiheiten in Verbindung gebracht werden kann.
Es ist auch durchaus zu bestreiten, dass genaue zahlenmäßige Vorgaben, wie viele Familienmitglieder sich zu einer Party treffen dürfen, irgendetwas mit Freiheit und Eigenverantwortung (seltsamerweise benutzen Sie das Wort nicht, obwohl es doch mit dem Freiheitsbegriff ganz eng verschwistert ist) zu tun hat. Oder denken wir nur an die auch von Grünen (nicht von FDPlern) angedachten grünen und roten Zonen während der Pandemie, die so ziemlich alles mit dem diktatorischen Staat zu tun hatten, nichts jedoch mit dem Liberalismus.
Nein, in einer „freien“ Gesellschaft, wie Sie und Stefan das möchten, möchte ich nicht leben. Ach, und erinnern Sie sich noch an Ihren (und den grünen) Vorschlag, Menschen Erlaubnisscheine fürs Fliegen zuzuteilen?
Ich habe nicht reich geerbt, im Gegenteil. Ich habe noch keinen Cent geerbt. Meine Frau – übrigens klassische Mittelverdienerin – auch nicht. Ich bin auch kein Einkommensmillionär, sondern sehr weit weg davon, jedenfalls weiter als vom Habenichts. Dennoch gehören wir inzwischen zu den Hardcore-Liberalen. Die „Freiheit“, die uns Links-Grüne und Konservative zugestehen, mögen wir nicht.
Wie schön für Sie und Ihre Frau, dass wir in einer Demokratie leben und Sie die FDP zum Wählen haben.
Es belegt einmal mehr, dass an Ihrer These(n) nichts dran ist. Mit Ihrer Definition von Freiheit war auch die DDR ein liberaler Staat, schließlich ermöglichte der Staat eine Wohnung, eine garantierte Arbeit, Versorgung, Urlaub – was das Herz begehrt. Und da auch Sie (und die Grünen) die Möglichkeiten des Reisens beschränken wollen, sind Sie im Begründungszwang, wo eigentlich die Unterschiede zwischen der Diktatur und diktatorischen Vorstellungen liegen.
In der DDR hätten Sie und Ihre Frau allerdings nicht die FDP wählen können.
Aber dafür die LDP
Das wird Herrn Pietsch freuen. Dann ist damit wohl auch das letzte Argument gegen die DDR weggefallen.
Das aber nur im Paket der „Nationalen Front“
🙁
Immerhin hatten die Liberalen da ein festes Kontingent bis in alle Ewigkeit, die allerdings 1990 endete. So was würde der FDP wohl auch gefallen. Den Einbau in die „Nationale Front“ empfand die FDP jedenfalls offenbar als „liberal“ akzeptabel; gegen die Blockpartei bestanden keine Einwendungen. Man hat immerhin 1990 geheiratet. Maßgeblich war natürlich die Mitgift; liberal, liberal
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ee/Gedenktafel_Bayerische_Str_5_%28Wilmd%29_Liberal-Demokratische_Partei.jpg
So wenig Ahnung von deutscher Geschichte. Tststs…
Das halte ich für fehlgeleitet. Beide wollen Freiheiten maximieren, nur halt unterschiedliche.
Exakt das hatte ich ja geschrieben … ^^
@ Ralf 13. Mai 2023, 11:32
Exakt das hatte ich ja geschrieben … ^^
Nun ja …
Du regst Dich also darüber auf, dass es bei Burger King keinen BigMac gibt. Dann geh hat zu McDonalds, statt auf den Leuten herumzuhacken, die lieber einen Whopper mögen.
(Erst recht nicht mit Charakterisierungen, die einfach falsch sind – für beide Seiten).
Deine Wertungen waren schon anders gelagert als meine 😉
Wenn Ralf sich nicht darüber aufregt, dass Klientel-Politik gemacht wird, sondern darüber, dass eine Partei Klientel-Politik gegen seine Vorstellungen macht, ist es genau das: Er will, dass es überall BigMac gibt, auch bei Burger King.
Die FDP vertritt die Interessen der Unternehmer und Selbstständigen. Soll es keine Partei geben dürfen, die das tut?
Der Ansatz strotzt derart vor Arroganz, dass es wehtut.
Deswegen sag ich ja, dass ich ihn so nicht teile 🙂 Mein Post war eine Antwort auf Ralf, nicht auf dich.
@ Stefan Sasse 15. Mai 2023, 07:52
Mein Post war eine Antwort auf Ralf, nicht auf dich.
Sorry, Missverständnis meinerseits
Kein Problem.
Die Grünen sind selbstverständlich eine liberale Partei. Aber die Diskussion hatten wir ja schon öfter…
@ Stefan Sasse
2) Don’t work with assholes
Es gibt in der Partei Leute, die den Merkel-Kurs gut fanden und finden, und es gibt Leute, die sie am liebsten in den Orkus des Vergessens stoßen würden.
Was ich daran nicht verstehe, ist der Begriff ‚Merkel-Kurs‘. Welchen Kurs hat man, wenn man sich nicht bewegt? Wohl keinen …
Das war mit Gerhard Schröder in der SPD ja auch nicht unbedingt anders.
Mag sein. Aber Gerhard Schröder war anders 🙂
Das ist viel zu verkürzend. Ich reg mich über Merkel wahrlich genug auf, aber es ist nicht so, als wäre da nichts passiert.
Ja, in allen Dimensionen 😀
@ Stefan Sasse 13. Mai 2023, 11:07
Das ist viel zu verkürzend.
Was daran? Hat sie irgendeinen Akzent gesetzt?
Der minimale Anspruch, den ich an das Wörtchen „Kurs“ stelle,
ist, ein Ziel zu haben. Ihr einziges Ziel war, wiedergewählt zu werden: Ich habe nicht gesehen, dass sie irgendeine Vorstellung von Deutschland oder von der Zukunft hatte.
Ich reg mich über Merkel wahrlich genug auf, …
Nein, definitiv nicht. Du fandst sie zu Regierungszeiten, obwohl CDU, sogar ganz OK.
… aber es ist nicht so, als wäre da nichts passiert.
Was denn? 2009 war Finanzkrise; Steinbrück hat die Arbeit daheim gemacht, und sie hat in Europa unfreiwillig gezündelt. Das Problem, Griechenland zu retten oder nicht, hat sie nicht entschieden, sondern das Problem hat aufgrund ihres Zögerns selbst entschieden. Dito Flüchtlingskrise (hier hat Bayern die entscheidende Arbeit geleistet, und wurde von Merkel heftig kritisiert); wieder unfreiwilliges Zündeln, wieder (in der Liebe und in der Not …) der ihr durch unterlassenes Handeln aufgezwängte Mittelweg.
Ansonsten ungelöste Rätsel und hinterlassene Baustellen.
Ich fand sie immer ganz ok FÜR EINE CDU-KANZLERIN. Das ist ein bisschen, wie Stefan wohl einen Kanzler Habeck ganz ok fände. Nicht die präferierte Option, aber verglichen mit dem Rest des Parteimenüs erträglich.
@ Stefan Pietsch 13. Mai 2023, 17:25
4) Die Argumentationstricks der Klimabremser
Noch ein paar Gedanken zum Thema:
– Dass die aktuelle Klimapolitik in weiten Bereichen Lobby-Politik ist, bedeutet nicht automatisch, dass den entscheidenden Politikern in jedem Falle klar ist, Lobby-gesteuert zu agieren. Deren Job, deren Kernkompetenz ist in erster Linie, Kompromisse zu finden und wiedergewählt zu werden; Fachkunde folgt frühestens auf Platz 3.
– Politiker aller Parteien werden auf Zeit gewählt. Also konzentrieren sich ihre Maßnahmen in erster Linie an Wähler-, nicht an Klimawirksamkeit.
– Die Lobby-Interessen werden in der Regel von Leuten vertreten, die fachlich tiefer im Thema sind, so dass Politiker und Beamte denen nur eingeschränkt mit Fakten entgegentreten können. Dazu gibt es für jedes Argument ein Gegenargument, so dass es nicht ganz einfach ist, hier den Kopf klar zu halten.
– Dann ist nicht jeder Vorschlag zu 100 % Lobby-getrieben ODER sinnvoll; meist handelt es sich um beides gleichzeitig, oder um zu 100 % richtige Ziele, deren Umsetzung mit Lobby-getriebenen oder suboptimalen Maßnahmen angegangen werden; hier werden oft gleich die Ziele infrage gestellt, weil die Maßnahme nicht recht ist.
– „Der Wähler“ (die Gesamtheit der Wählenden) agiert oft selbstgerecht, egoistisch und dumm. Lieber heute einen erträglichen Zwacker vermeiden und dafür morgen den Hammer auf den Fuß bekommen, als sich permanent ein wenig zu quälen. „Morgen, morgen, nur nicht heute …“ gilt auch für den Klimawandel.
– Deutschland kann zwar nicht im Alleingang die Welt retten, muss aber zwingend mitmachen. Zu warten, bis die Bevölkerungen von China und den USA soweit sind, dauert zu lange.
– Einer ist überall der der Erste, warum wir nicht hier?
– Ich persönlich fühle mich inkompetent bzw. hochgradig überfordert, die Wirksamkeit von Maßnahmen mit entsprechender Akkuratesse beurteilen zu können. Daher akzeptiere ich auch Maßnahmen, die vielleicht nicht so effizient sind (Tempolimit für Autobahnen wäre so ein Beispiel. In Zweifelsfalle lieber etwas „Falsches“ in der richtigen Richtung tun, als aus Unkenntnis oder Streben nach Perfektion etwas zu unterlassen, was (und sei es auch noch so wenig) helfen könnte.
– Die wirtschaftlichen Belastungen halte ich im Vergleich zum Kampf gegen den Klimawandel für zweitrangig, den der Crash kommt in jedem Fall.
Da soll nicht heißen „nach uns die Sintflut“, sondern die Erkenntnis beschreiben, dass es eh große Umbrüche geben wird. Es gibt halt keine rein schwarzen oder rein weißen Maßnahmen, und bei allem, was man tut, gibt es (wirtschaftlich betrachtet) Verlierer und Gewinner. Für mich ein Kutsche-Auto-Problem: Wer sich früher umstellt, hat bessere Chancen.
Ich sehe halt die Situation, dass ab einem bestimmten Punkt der Erderwärmung Prozesse starten, die wir nicht mehr aufhalten können (Abschmelzen des in Eis gebundenen Methans, Zusammenbrechen des Golfstroms etc.). Diejenigen, die sich gegen die (meist) erforderlichen Maßnahmen stemmen, scheinen davon auszugehen, dass sich dieser Prozess verzögern lässt. Das ist halt falsch.
Unterschreibe ich vollkommen.
In Deiner Jugend hast Du sicher Sport getrieben. Laufen, auf der Strecke, Radfahren. Da gab es immer ein Ziel, das war klar definiert. Und vielleicht ist es Dir passiert, dass Du die Regeln nicht ganz verstanden hast. Oder jemand war bösartig und hat Dir etwas in den Weg gelegt. Egal, Du hast das Ziel erreicht, vielleicht nicht als erster, aber immerhin.
Nehme Dir für heute einen 5-km-Lauf vor Nimm‘ Dein Handy mit und lass Deine Frau anrufen. Sie soll Dich zurückbeordern, weil Du vorher noch etwas trinken solltest. Ach, und vergiss nicht die Sonntagszeitung am Kiosk, ist nur 2 km Umweg. Bevor Du zurückkommst, denk‘ noch an zwei Wasserflaschen von der Tanke.
Ich denke die Chancen stehen gut, dass Du den klar definierten 5-km-Lauf unter solchen Bedingungen nicht schaffst, schließlich bist du jenseits der 60. Schon gar nicht in der vorgegebenen Zeit von sagen wir 30 Minuten, was eigentlich für Dein Alter angemessen wäre.
Und warum nicht? Weil unsere Kräfte eben nicht unerschöpflich sind, gerade nicht, wenn wir älter werden. Hältst Du Dich mit allem möglichen Unsinn auf statt das Ziel ohne Störungen anzuvisieren, wirst Du es nicht schaffen.
Du glaubst, es mache nichts, auch Unnötiges zu machen? Du begehst den ersten Fehler, Du überschätzt Deine Kräfte kolossal. Wenn junge Menschen wie Stefan das tun, tja, er ist halt jung und gravierende Fehleinschätzungen gehören dazu. Aber ein Ü60jähriger?
Wenn Du mit dem Argument CO2 zu sparen ein Tempolimit einführst und gleichzeitig mehr Kohle verheizt, ziehst Du genau diese anstrengenden Schleifen. Ein Tempolimit bringt übrigens im Jahr 2045 gar nichts, weil wir da ja planmäßig kein CO2 mehr emittieren wollen. Wir fahren ja alle Elektro. Die Abschaltung aller Kohlemeiler dagegen würde wahnsinnig viel bringen, noch mehr allerdings die Unterstützung Brasiliens zum Erhalt des Regenwaldes.
Wenn Du also nicht auf Effizienz achten willst, willst Du nicht das Ziel erreichen. Und das ist mein zentraler Vorwurf an alle, die argumentieren, wir sollten halt „irgendetwas“ machen.
Einer ist überall der der Erste, warum wir nicht hier?
Bei dem Satz habe ich echt in der Ecke gelegen. So viel Humor! Wenn Deutschland heute eins nicht ist, dann irgendwo Vorbild. Ein Land, das nicht einmal in überschaubarer Zeit öffentliche Toiletten aufstellen kann, sollte sich nicht zuviel vornehmen, schon gar nicht Vorbild für die ganze Welt sein zu wollen. Bitte nicht!
An der Spitze des Wirtschafts- und Klimaministeriums stehen heute im Dutzend Politiker mit Agora Energiewende-Hintergrund. Im Aufsichtsrat der DENA sitzen binnen kurzer Zeit 60% der Mitglieder mit Grünen-Parteibuch. Die Kommission zur Bestellung des nächsten DENA-Geschäftsführers bestand aus drei Staatssekretären, mit sechs Bewerbern duzte sich der verantwortliche beamtete Staatssekretär Graichen. Die Agora Energiewende wird von einem amerikanischen Milliardär gesponsort.
Stelle Dir vor, im Bundesfinanzministerium kämen die meisten Staatssekretäre von BlackRock, Lindner würde zum Chef der Bundesbank einen ehemaligen BlackRock-Mitarbeiter bestellen. Wir würden nicht mehr von Lobbyismus sprechen, sondern von Korruption eines Drittweltlandes würdig. Aber bei den Grünen ist alles anders.
@ Stefan Pietsch
Wie so häufig kann und will ich Deinen Ausführungen nichts entgegensetzen, weil ich sie im Großen und Ganzen teile.
Ich würde aber keine sinnvolle bzw. CO2-sparende Maßnahme ablehnen, nur weil sie von den Grünen kommt (selbst wenn das Fragen danach, wer wovon profitiert, wichtig sind). Auch richtig: Auf Atomkraft zu setzen, scheint in Richtung Klimawandel sinnvoller zu sein, als Kohlekraftwerke länger zu betreiben; Im Vergleich dazu ist ein Tempolimit von der CO2-Wirksamkeit her Pillepalle. Aber genau hier ist die Stelle, wo nicht verrechnet werden sollte.
Zu „Einer ist überall der der Erste, warum wir nicht hier?“ War nicht gemeint á la „Wir müssen Vorbild für die Welt werden“, sondern „weil China und die USA derzeit langsamer sind, ist das kein Grund, auch langsamer zu sein“.
Das Tempolimit ist letztlich Identitätspolitik. Klar ist das nur ein drop in the bucket. Aber das Argument ist ja auch mehr „es gibt keinen Grund, auf diesen Tropfen zu verzichten“.
@ Stefan Sasse 15. Mai 2023, 07:53
Das Tempolimit ist letztlich Identitätspolitik.
Ja, und das Beharren der Liberalen auf ihrem „No Tempolimit“-Standpunkt kann ich gut nachvollziehen; Robert Heil legt, wenn er die soziale Ader der SPD hervorheben will, einfach ein paar Hundert Milliarden Steuermittel auf den Tisch; oder die Grünen versauen den bösen Eigenheim-Besitzern ihr Häuschen.
Klar ist das nur ein drop in the bucket. Aber das Argument ist ja auch mehr „es gibt keinen Grund, auf diesen Tropfen zu verzichten“.
Letztendlich ja. Einfach, weil ich die Situation aufgrund der Kenntnisse über die Auswirkungen des Klimawandels – hier und jetzt – für sehr bedenklich halte. Da werden noch einige liebgewonnene Gewohnheiten den Bach runtergehen.
@ Stefan Sasse
f) Subjektives Rechtsempfinden, mal andersrum.
Kann ich ein gutes Stück weit nachvollziehen. Der Umgang mit VW war schon echt übel; dass Leute wie Martin Winterkorn „zur Strafe“ mit 3.600 Euro am Tag in den Ruhestand statt in den Knast geschickt wurde, fand ich frech.
Zu den Straßenklebern: So begeistert bin ich da wirklich nicht, weil es durchaus gefährlich sein kann, was die da machen. Aber ich die würde ohne nachgewiesene Gefährdung nicht einsperren. Ich würde als AWM-Maßnahme den beklebten Bereich für 24 Stunden komplett (=auch für Unterstützer) absperren und die Jungs und Mädels so lange kleben lassen; selbst gewähltes Schicksal, sozusagen.
Ja, so geht es mir auch.
2) Don’t work with assholes
Da kann man nur mit den Augen rollen. Die CDU hat in kurzen Abständen drei Vorsitzenden-Wahlen veranstaltet. Die ersten beiden Wahlen brachten eindeutig hervor, dass sich mit dem „Merkel-Lager“ und dem „Merz-Lager“ zwei fast gleich starke Blöcke mit einem Gewicht von 42-44 Prozent unter den Funktionären gegenüber stehen. Ebenso zeigte sich bei der dritten Wahl, dass die Mitglieder deutlich konservativ-liberaler ticken als die Merkelianer in den Medien (und Blogger) das wahrhaben wollen.
4) Die Argumentationstricks der Klimabremser
Wir sind nicht nur bei diesem Thema eine irre Gesellschaft geworden. Nur wer ein Wirrwarr von Maßnahmen fordert und persönliche Freiheiten maximal einschränken will, gilt heute als Believer. Wer dagegen auf Ausgewogenheit, Effektivität, Kosten und Nutzen achtet, gilt als Leugner. Die Pandemie hätte uns lehren können, wie sehr wir uns als Gesellschaft verrennen. Aber es geht ja nicht um Nutzen, es geht um Glauben.
Interessant hierbei ist nun jedoch zu beobachten, wie schnell die FDP ihr Herz für Geringverdiener entdeckt
Man muss sich den Stunt vor Augen halten, um die Verblendung des Autors zu begreifen. Nicht nur die Wählerschaft der FDP ist einkommensstark, die der Grünen ist sogar etwas stärker. Warum nur glauben viele, die Grünen würden mit ihrem Großstadt-/ Elitärgehabe die Interessen der Ärmeren im Blick haben, die FDP jedoch nicht? In ihren Hochzeiten können die Liberalen signifikante Stimmanteile bei Arbeitern und Geringverdienern verzeichnen (so z.B. 2009), die Grünen aber nicht.
@ Stefan Pietsch 12. Mai 2023, 21:55
2) Don’t work with assholes
Ebenso zeigte sich bei der dritten Wahl, dass die Mitglieder deutlich konservativ-liberaler ticken als die Merkelianer in den Medien (und Blogger) das wahrhaben wollen.
Yep!
4) Die Argumentationstricks der Klimabremser
Nur wer ein Wirrwarr von Maßnahmen fordert und persönliche Freiheiten maximal einschränken will, gilt heute als Believer. Wer dagegen auf Ausgewogenheit, Effektivität, Kosten und Nutzen achtet, gilt als Leugner.
Ich glaube, dass das Thema „Klimawandel“ eines der wenigen Themen ist, wo wir auseinanderliegen. Ich betrachte das so, dass wir einen Ausgangspunkt und einen Endpunkt haben, und je länger wir flach und bequem gehen, desto steiler und härter wird’s am Schluss.
Ich gehe nicht davon aus, dass wir irgendwelche Klimaziele sinnvoll erreichen können, weil zu viele glauben, dass es ohne Schmerzen, Wohlstandsverluste und Einschränkungen abgehen wird. Die Welt, wie wir sie kennen, wird daran zugrunde gehen, dass jeder glaubt, für die Rettung seien andere zuständig, und man selbst tue schon genug.
4) Ich glaube, dass das Thema „Klimawandel“ eines der wenigen Themen ist, wo wir auseinanderliegen. (..)
Ich gehe nicht davon aus, dass wir irgendwelche Klimaziele sinnvoll erreichen können, weil zu viele glauben, dass es ohne Schmerzen, Wohlstandsverluste und Einschränkungen abgehen wird.
Ich beschäftige mich praktisch seit meinem Erwachsenenwerden mit dem Thema, also schon in einer Zeit, wo viele nicht einmal geboren waren. Ich habe in einer Branche und einem Unternehmen gearbeitet, dass eng mit dem Kyoto-Protokoll assoziiert war. Ich habe viele berufliche Gespräche mit Branchenvertretern geführt, die mit dem Thema verbunden sind. Darüber hinaus habe ich mich mehr als die meisten theoretisch mit dem Thema Klimawandel befasst. Dennoch musste ich mir des öfteren anhören, ein Leugner zu sein.
Und warum? Weil ich die Sinnhaftigkeit von kopflosen, unwirtschaftlichen, sich widersprechenden, auf reine Lobbygruppen zielende Maßnahmen bestreite. Und ich bestreite, dass ein carbonfreies Deutschland einen Deut am Klimawandel ändern würde. Das nur zur Ergänzung.
Jeder gute Ökonom weiß, nicht die Fülle an Maßnahmen entscheidet über den Erfolg, sondern die effizienten. Und zu glauben, in einer Demokratie ließen sich die Menschen unter welchen Umweltbedingungen auch immer zu dauerhaften Einschränkungen ihres Lebens bewegen, hat entweder diktatorische Absichten oder versteht nichts von Menschen. Wer behauptet, wir müssten den Klimawandel mit möglichst solchen Maßnahmen angehen, die am meisten abverlangen, will scheitern.
Meine jahrzehntelange Erfahrung in der Führung von Menschen und Unternehmen lehrt mich: Ich kann einer kleinen Gruppe über längere Zeit große Anstrengungen abverlangen. Ich kann auch einer großen Gruppe für kurze Zeit erhebliche Anstrengungen zumuten. Ich kann aber nicht einer großen Gruppe für lange Zeit große Einschränkungen zumuten.
Es sind ja Linke, die behaupten, man könne den Bürgern in den hoch verschuldeten EU-Ländern nicht zumuten, dass sie für Generationen für das große Ziel Entschuldung Zumutungen tragen. Aber mit größeren Zumutungen müsste es gehen?
In meinem Konzern haben wir gerade ein Projekt mit unserem wichtigsten und bedeutendsten Kunden laufen. Das Projekt ist essentiell für die weitere Zukunft des Geschäfts. Doch es läuft nicht gut. Das Projekt ist deutlich defizitär, die Leistung unbefriedigend, Mitarbeiterzufriedenheit und Fluktuation auch. Der Kunde ist sehr unzufrieden.
Vor allem: es werkeln alle möglichen Köche drin rum. Zwei Manager wurden zu Projektleitern ernannt, die auf dem Gebiet wenig Erfahrung vorzuweisen hatten und dementsprechend erfolglos waren. Der Vorstand machte Vorgaben, die kurzfristig nicht zu erfüllen waren, dazu rannte man mit wenig Erfahrung und kopflos in den Aufbau des Projekts. Seit Monaten meint der Vorstand mitreden zu können und versucht es mit aggressivem, autoritären Verhalten. Doch niemand achtet auf die echten Treiber.
Falls Du Ähnlichkeiten mit der deutschen Klimapolitik ausmachen kannst, das ist nur Zufall. Selbstgefälligkeit und Arroganz sind nicht Alleinstellungsmerkmale einer bestimmten Klientel.
@ Stefan Pietsch 13. Mai 2023, 17:25
4) Die Argumentationstricks der Klimabremser
Weil ich die Sinnhaftigkeit von kopflosen, unwirtschaftlichen, sich widersprechenden, auf reine Lobbygruppen zielende Maßnahmen bestreite. Und ich bestreite, dass ein carbonfreies D
Deutschland einen Deut am Klimawandel ändern würde.
Keine Einwände, bzw. Zustimmung zu diesen beiden Aussagen von Dir. Mit dem Rest geht es unten weiter.
2) Ich bezweifle ja gar nicht, dass die CDU viel und sogar mehrheitlich konservativ ist. Aber es ist eben kein 80-20 oder 90-10, sondern maximal ein 60-40.
4) Sehe ich auch so.
2) Ich verstehe nicht ganz, warum du dieses Wohlfühlporträt interessant findest. Weder ist die Frau in einer spannenden Rolle (Assistentin einer 2.Reihe Parlamentarierin) noch werden interessante Themen angesprochen (Frauenquote und Abtreibung kommen zwar vor, aber vor allem um das Verhältnis zu ihrer Vorgesetzten zu beschreiben). Am interessantesten ist der Hinweis am Ende des Textes „Dieses Porträt wurde finanziert von der taz Panter Stiftung“, der womöglich auf „sponsored content“ hindeutet.
3) Mal eine Überlegung: Alice Weidel bekommt wohl ähnlich viel Hasspost. Wenn über sie der gleiche Artikel käme, wäre mein erster Gedanke „Die AfD versucht mit SLAPP-Klagen Kritiker zum Schweigen zu bringen. Deshalb möchte ich mal ‚zwischen den Zeilen‘ lesen, ob das auch hier der Fall ist:
i) Der Artikel erschien fast wortgleich bei SPON und ntv-online. Das ist keine business insider Story sondern ein lancierter Text.
ii) Str-Z war in der Vergangenheit schon klagefreudig. Sie hatte z.B. Anzeige gegen unbekannt estellt, weil Informationen aus einer Ausschusssitzung an die Öffentlichkeit gelangt sind.
Iii) Entscheidend ist diese Passage: „Strack-Zimmermann arbeite mittlerweile mit einem Anwalt zusammen, der systematisiert justiziable Kommentare in Mails und Netz heraussucht. Am Ende des Monats bekomme die FDP-Politikerin dann einen großen Stapel Akten auf den Schreibtisch gelegt.“ Das ist präzise die Tätigkeit eines Abmahnanwalts.
iv) Nicht erwähnt wird die Erfolgsquote der Anzeigen. Die erwähnten Beispiele sind leider nicht aussagekräftig.
v) Auch nicht erwähnt wird, wer die Anwaltskosten bezahlt. Da nur vom Abgeordnetenbüro die Rede ist, ist es naheliegend, dass diese Aktivität auf Staatskosten geht (als Ergänzung zum Personenschutz sozusagen).
Vi) [Persönliche Anmerkung Mir war Str-Z. schon vorher maximal unsympathisch. Sie rangiert für mich in der Kategorie „Msters of War“, über die mit dem gleichnamigen Bob-Dylan-Song alles gesagt ist. Ihre Rhetorik bedient sich des jingoistischen Feindbildaufbaus und dass Sie jetzt das „Geschäftsmodell“ abmahnen entdeckt hat, rundet das Bild nur ab.]
5) a) Du solltest nicht unbedingt die aktuellen Ausschläge bei solchen Indizes betrachtet, sondern langfristige Trends. Der Index der Pressefreiheit ist seit 2013 für Deutschland von 89,4 auf 81,9 gefallen. Das geht über Einzelskandale hinaus.
b) Ich habe mir den Länderbericht von RSF angesehen. Da kommen die ÖR-Skandale nur ganz hinten als indirekter Faktor im Kapitel „Medienvielfalt unter Druck“ vor, neben Kostendruck und Stelelnkürzungen.
c) Als Hauptfaktor nach den Übergriffen auf Journalisten (und dem mangelnden Schutz vor diesen durch die Polizei) erwähnt RSF aktuell die Datenschutzrisiken: BND-Gesetz, Staatstrojaner und drohende Chatkontrolle erschweren den Informantenschutz.
h) Kleinkram gegen die GoT-Fans bei den britischen Tories:
https://image.gala.de/23070136/t/JJ/v3/w1440/r1.5/-/penny-mordaunt.jpg
versucht mit SLAPP-Klagen Kritiker zum Schweigen zu bringen
Kritik zu äußern, ist nicht strafbar. Beleidigungen zu äußern – und das Internet ist so voll davon, dass es überquillt – ist hingegen strafbar. Für mich stellt sich in diesem Zusammenhang deshalb die Frage welcher Natur die angezeigten Beiträge sind. Dass Frau Strack-Zimmermann in einschlägigen Foren und Netzwerken jeden Monat hunderte Beleidigungen gegen sich findet, klingt im ersten Moment für mich aber nicht unplausibel. Dasselbe gilt für Frau Weidel.
Wenn es dir um „Dreck im Netz“ geht (ein verständliches Anliegen), dann bedenke, dass mit diesem Vorgehen Str-Z. dem einen Bärendienst erweist: Durch relative Nichtigkeiten ( Bildmontage Kopf auf Skelett, direkt adressierter Wutbrief eines Handwerkers) wird die Staatsanwaltschaft so zugepflastert, dass für echten Dreck (Nazivergleiche) weniger Raum bleibt.
Ich hab keine Ahnung, was da angezeigt wird. Und ich bin bei Dir, dass eine “Bildmontage Kopf auf Skelett” nicht ausreichend justiziabel ist, als dass es angezeigt werden sollte. Beim “Wutbrief des Handwerkers” kommt es hingegen auf den Inhalt an. Enthält der Brief einfach Kritik, vorgetragen in einem akzeptablen Ton, ist das nicht zu beanstanden. Enthält der Brief hingegen Drohungen und/oder schwere Beleidigungen, dann sollte der absolut angezeigt und der Schreiber strafrechtlich verfolgt werden. Wir leben ja schließlich nicht im Wilden Westen …
Zu 3)
Ich finde Ihren Beitrag faszinierend, weil er so offenkundig den Einstieg in die MAGA(Tankie/whatever)-Welt offenlegt:
1) Ich mag jemanden nicht
2) Damit ist jede Kritik, Beschwerde oder Klage von diesem jemand entweder unbegründet oder dient finsteren Machenschaften
3) Um das zu belegen setze ich Äpfel mit Vorschlaghämmern gleich (serielle Abmahnungen versus Strafanzeigen)
Einfach wunderbar, danke dafür.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ihre Pöbeleien beiseite (Anzeige ist schon raus ) , ist es natürlich richtig, dass eine Anzeige etwas anderes ist als eine Klage. Mir war aber die Ähnlichkeit in der Vorgehensweise so offenkundig, dass ich diese Parallele verwandt habe. Denn auch für Personen, die notorisch Verstöße anderer bei Behörden anzeigen gibt es einen landläufigen Begriff; dieser ist aber imho so verletzend, dass ich ihn vermeiden möchte.
Denn auch für Personen, die notorisch Verstöße anderer bei Behörden anzeigen gibt es einen landläufigen Begriff
Vermutlich haben Sie darüber nicht ausreichend nachgedacht – aber die Referenz ist widerlich. Es gibt einen erheblichen characterlichen Unterschied zwischen Menschen, die geringfügige Verstösse Fremder (beobachtete Park“sünder“) in Serien anzeigen und solchen, die sich gegen persönlich gegen sie gerichtete Drohungen und Beleidigungen zur Wehr setzen. Das gleichzusetzen ist – wie gesagt – schlicht widerlich.
Gruss,
Thorsten Haupts
3) Ich weiß nicht, ob sie ähnlich viel Hasspost bekommt. Ich denke eher nicht.
i) Der besteht ja auch viel aus O-Tönen; diese Artikel sind IMMER ähnlich.
ii) Danke für die Info, wusste ich nicht.
iii) Nein; ein Abmahnanwalt sucht Dinge, die andere betreffen könnten. S-Z sucht Dinge, die sie betreffen.
iv) True.
v) Sie selbst, nehme ich an.
3) v) habe ich recherchiert: Rechtskosten sind unter den sonstigen Kosten (wie auch Wahlkreisbetreuung oder Repräsentation) enthalten, die für Abgeordneten durch eine Pauschale (€ 4.300 pro Monat) abgedeckt wird.
@ Stefan Sasse
„Schwarz-Weiß-Trugschluss“ – was ist damit gemeint?
Hab ich hier mal erklärt: https://www.deliberationdaily.de/2019/02/logische-trugschluesse-und-kognitive-verzerrungen/ Ein Diskutieren von zwei Extremfällen bei Ignorieren der Bandbreite dazwischen. Es gibt nur A oder B, und da A offensichtlich Quatsch ist, muss demnach B richtig sein.
Zwischen „Ich habe der Gesellschaft und dem Staat schon gar nichts zu verdanken.“
und.
„Mein Glück ist, dass ich in Deutschland und nicht Nigeria geboren wurde“.
sehe ich einen eklatanten Widerspruch.
Der Staat und die Gesellschaft in Nigeria bieten weitaus weniger Möglichkeiten auch für strebsame Menschen mit Ehrgeiz.
Keine Frage: Eigene Entscheidungen spielen eine sehr große Rolle für die Stellung, die man in der Gesellschaft erreicht. Aber an diese Stelle verweist Michael Sandel (immerhin Harvard-Professor) auf die Umstände und Zufälle, die bei (s)einem sozialen Aufstieg eine Rolle spiel(t)en und darauf, dass man auch für Talente/Begabungen letztlich „nichts kann“, sie also nur bedingt zur Begründung einer Meriokratie taugen.
https://www.srf.ch/play/tv/sternstunde-philosophie/video/michael-sandel—das-leistungsdenken-zersetzt-unsere-gesellschaft?urn=urn:srf:video:0ba03dda-bb30-456d-ae7d-b0339326ce3f
Fangen wir mit Ihren eigenen Maßstäben an. Für Sie ist Erben keine eigenständige Leistung, soweit d’accor.
Der deutsche Staat war schon 1850 besser ausgebaut und leistungsfähiger als der nigerianische. Ein Großteil der heute noch geltenden staatlichen Leistungen und Institutionen wurde von Menschen begründet, die seit Ewigkeiten tot sind. Oder soll ich Hitler dafür dankbar sein, auf deutschen Autobahnen fahren zu können? Wohl kaum.
Die Beamten der Siebziger- und Achtzigerjahre haben weitergeführt, was ihre Vorfahren hinterlassen haben. Sie haben das nicht einmal gut gemacht. Ob ich 1967 in den USA, in Frankreich, Italien oder Norwegen geboren worden wäre, hätte im Prinzip für meinen Lebenslauf keinen Unterschied gemacht.
Die Leistungen des Staates können wir nur relativ messen, da die Bürger nebenbei bemerkt hierfür angemessene Preise bezahlen. Sind Sie dankbar, dass der Bäcker das Brot backt oder der nigerianische Staat Kindern den Schulbesuch ermöglicht. Das wäre lächerlich. Meine Eltern waren Mittelklasseverdiener, haben also durchschnittlich Steuern bezahlt. Die Schulen und die Universitäten, die ich anschließend besuchte, wurden weitgehend mit Krediten bezahlt, für die ich heute als Spitzensteuerzahler immer noch weiter bürge und Zinsen zahle. Das ist ein Tauschgeschäft, nichts weiter.
Ein Kind, dessen Eltern Habenichtse sind, kann dankbar sein, wenn es von der Gemeinschaft viel mehr Leistungen empfängt als diese zahlen können. Das Kind reicher Eltern muss er diesen dankbar sein. Im Alter von 6 Jahren brachte ich alles mit, was eigentlich einen gesonderten Förderbedarf auslöst. Stattdessen bekam ich im Verlaufe meiner Ausbildung (Wehrdienst, BAFöG beispielsweise) Leistungen und Vergünstigungen vorenthalten, die die mir direkt Vorangegangenen und Nachkommenden selbstverständlich erhielten. Auch hier wurde ich relativ benachteiligt, nicht bevorteilt. Beamte und Staatsdiener rieten mir von dem Lebenslauf ab, der mir später die Privilegien sicherte.
Seit 1980 hat die Leistungsfähigkeit des deutschen Staates gegenüber zahlreichen OECD-Ländern oder sogar gegenüber Uruguay und Chile abgenommen, der finanzielle Leistungsanspruch an seine Bürger, mich inklusive aber zugenommen. Wofür soll ich konkret dankbar sein?
@ CitizenK 15. Mai 2023, 07:17
Zwischen „Ich habe der Gesellschaft und dem Staat schon gar nichts zu verdanken.“
und
„Mein Glück ist, dass ich in Deutschland und nicht Nigeria geboren wurde“.
sehe ich einen eklatanten Widerspruch.
Ich bin auch nicht unserem Land dankbar, dass wir hier keine Tsunamis oder Erdbeben haben – die Umstände sind, wie sie sind.
Ich bin da eher bei Stefan. So sehr es als einen positiven Zufall bzw. als Glücksfall betrachte, in (West)Deutschland aufgewachsen zu sein, muss ich doch auch feststellen, dass der Staat dazu nichts beigetragen hat (da hat – meine Eltern waren katholisch – eher der Papst mit seiner Ablehnung der Pille Einfluss gehabt).
Aber: Es gab ein familiäres Umfeld, in das ich hineingeboren wurde, und für die Grundlagen meiner Persönlichkeit muss ich meinen Eltern dankbar sein.
Der Staat macht nur seinen Job, und lässt sich das (zumindest von mir und Stefan) reichlich bezahlen. Und wie wir hier oft genug nachlesen können, etwa, wenn das Thema „Schule“ wieder auf der Agenda steht, hängt es doch immer wieder sehr von einzelnen Menschen ab, wie gut Schüler und Schülerinnen gut durch die Fächer und durch die Schule kommen.
Wenn der Staat für euch so unwichtig ist, könntet ihr genau so gut in,sagen wir, Rumänien oder Bulgarien leben? Familiären Zusammenhalt gibt es dort auch und bestimmt auch gute Lehrer.
@ CitizenK 15. Mai 2023, 18:05
Wenn der Staat für euch so unwichtig ist, könntet ihr genau so gut in,sagen wir, Rumänien oder Bulgarien leben? Familiären Zusammenhalt gibt es dort auch und bestimmt auch gute Lehrer.
Wie immer hörst Du nicht zu. Das wird langsam ärgerlich.
Ich habe es einen Glücksfall genannt, hier aufgewachsen zu sein. Aber welchen Weg ich hier im Land bzw. im Laufe meines Lebens genommen habe, hat sehr wenig mit dem Staat zu tun; auch hier gibt es neben glänzenden beruflichen, künstlerischen, wissenschaftlichen Karrieren und erfüllten Leben diejenigen, die unter der Brücke schlafen, weil sie kein Zuhause haben.
Was unterscheidet mich von denen? In erster Linie mein Elternhaus, nicht der Staat. Denn der ist derselbe.
Und ja, wäre ich in Bulgarien oder Rumänien aufgewachsen, würde ich mich dort in etwa der gleichen gesellschaftlichen Schicht befinden wie hier, selbst wenn das Niveau der gleichen Schichten hier wie dort sehr unterschiedlich sein mag.
Und hier mal wieder einer nur zum Provozieren: Was dort ein durch eigener Hände Arbeit erreichter gehobener Lebensstandard ist, gilt hierzulande den zu Lasten der Gesellschaft lebenden „Nichtstuern“ (ob freiwillig oder unfreiwillig, ob aus psychischen, physischen oder anderen Gründen) offenbar als bejammernswertes Schicksal.
„hat sehr wenig mit dem Staat zu tun“
Ein anderes Gesundheitssystem und Bildungssystem hätte nichts geändert? Hättest Du die Mittel für ein Studium wie in den USA oder den Bakschisch für die Ärzte wie selbst noch in Griechenland zur Verfügung gehabt?
Die Schweiz hat auch ein top Gesundheitssystem und Bildungssystem, die staatlichen Leistungen sind wie in vielen entwickelten Ländern eher besser als hierzulande und dennoch verlangen die Eidgenossen weit niedrigere Tarife für das Gemeinwesen.
Es lohnte sich in der Tat zu analysieren, was die Schweizer besser machen.
Allerdings muss man auch die Statistik relativieren. Zum Beispiel sind alle zahnärztlichen Leistungen in der Schweiz Privatsache. Da kann einiges zusammenkommen.
Kurz gegoogelt:
„Im Waadtland zahle ich für Einkommenssteuern und Vermögenssteuern auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene 42% Steuern. Das ist nicht viel weniger als in den Hochsteuerländern Deutschland und Belgien.“
Ich hatte hier mal aufgelistet, was einem Durchschnittsverdiener von 100 Euro Gehaltserhöhung verbleibt. Die Schweiz ist unschlagbar, aber selbst die Niederlande und Dänemark schnitten besser ab.
Pauschal: Alle öffentlichen Leistungen des deutschen Staates sind vergleichsweise teuer (Rente, Gesundheit, Pflege, Kinderbetreuung, Schule), aber die Leistungen sind durch die Bank durchschnittlich bis weit unterdurchschnittlich. Ihre Antwort auf die miesen Leistungen: Dann erhöht doch die Einnahmen / Steuern für Reiche. Glauben Sie ernsthaft, das ist das Problem, warum die meisten OECD-Länder es besser machen? Really?
Wenn Sie dann noch das deutsche System verteidigen, ist Ihnen nicht mehr zu helfen.
@ CitizenK 20. Mai 2023, 09:12
[„hat sehr wenig mit dem Staat zu tun“]
Ein anderes Gesundheitssystem und Bildungssystem hätte nichts geändert?
Weiter oben hast Du Dich noch über einen über Deutschland hinaus gehenden Maßstab echauffiert; und – erwartbar – liest Du mal wieder nicht richtig …
Natürlich haben die von Dir genannten Punkte einen Einfluss auf mein Leben. Aber sie haben keinen großen Einfluss auf meine heutige Position, meinen Wohlstand etc. in dieser Gesellschaft. Denn Gesundheitswesen, Bildungssystem etc. stehen praktisch allen zur Verfügung. Einige haben, wenn man sich auf die rein finanzielle Seite beschränkt, sich höhere Einkommen erarbeitet, andere weniger hohe Einkommen. Das, was der Staat an Leistungen der Allgemeinheit anbietet, wofür er Steuern erhebt, spielt für diesen Unterschied keine Rolle.
„Wofür soll ich dankbar sein?“
Sollen Sie auch nicht. Das war auch nicht die Frage. Dankbarkeit ist eine moralische Kategorie, keine politische. Ihre Frage war, was Sie dem Staat „schulden“. Meine Antwort: Die Beteiligung an den Kosten, die Ihre Ausbildung verursacht hat in Form von Steuerzahlungen. Was ja geschieht. Hätte der Staat das nicht getan, wären sie nicht da, wo Sie sind. Übrigens gibt es Parallelen: Kleinbürgerlicher Hintergrund, behördlich abgeraten vom Studium („kann Ihr Vater doch gar nicht bezahlen“). BaföG auf Darlehen.
„Kinder fördern, nicht die Eltern“ Wie geht das bei einem Drei- oder Vierjährigen, dem die Eltern „nicht gut tun“? Elternrecht (Grundgesetz).
Frühkindliche Förderung hat halt doch mit Geld zu tun.
Die Ausbildungskosten wurden von meinen Eltern über Steuern getragen. Allerdings muss ich noch für die Zinsen aufkommen.
Ich habe hier in einem längeren Artikel aufgezeigt, wie das gehen soll. Wenn ein 0-3jähriger nur mit türkischem Fernsehen beschallt wird, bringt es ziemlich wenig, den Eltern mehr Geld zu geben. Es bringt aber sehr wohl etwas, den 3-6jährigen ganztags in die Kita zu schicken, notfalls gegen den Willen der Eltern. Und das lässt sich auch mit dem Grundgesetz überein bringen.
„Was tun Sie, wenn Sie feststellen ein Dreijähriger wird stundenlang vor TRT geparkt?“
Ich würde sehr genau abwägen, ob es im Sinne des Kindeswohl ist, es notfalls mit der Polizei in eine Kita zu bringen.
Was würden Sie tun?
Was würden Sie tun, wenn erzkatholische Eltern ihren 6jährigen Knirps zuhause unterrichten wollen? Was würden Sie tun, wenn einem 4jährigen bei den Eltern körperliche Misshandlung droht oder gar widerfährt?
Sie haben die Antwort. Bilden Sie sich nicht ein, mich moralisch unter Druck setzen zu können.
Den letzten Satz verstehe ich (mal wieder) nicht. Wie sollte ich?
Die Entscheidung des Jugendamts, ein Kind aus der Familie zu nehmen, ist nicht einfach. Psychologich und rechtlich. Oft wird sie zu spät getroffen. Aber das hat Gründe. Es gibt nicht genügend Heimplätze (und einige sind nicht gut) und Pflegefamilien sind nicht leicht zu finden – manche ist nur am Geld interessiert.
Sie sagen es wäre nicht möglich, einen Vierjährigen gegen den Willen der Eltern in die Kita zu bringen. Aber es ist möglich einen Sechsjährigen gegen den elterlichen Willen zum Schulbesuch zu zwingen. Das ist erklärungsbedürftig.
Erklärungsbedürftig ist umgekehrt der Eingriff ins Elterntecht, auch bei der Schulpflicht. Ist doch eigentlich IHRE liberale Position.
Es gibt Länder ohne, aber mit Bildungspflicht. Aus meiner Sicht spricht aber mehr für Schul- und Kitapflicht.
Und ich habe nicht gesagt, es sei nicht möglich, sondern: Dient es bei einem so kleinen Kind dessen Wohl? Ein großer Unterschied.
Was mich so massiv an den linken Positionen jeder Farbrichtung stört ist, dass solche Sachverhalte immer nur aus der Perspektive der Eltern, der sozial Benachteiligten betrachtet wird. Sie machen nicht die geringste Ausnahme. Das Kindeswohl interessiert nicht, auch wenn Sie die Frage stellen.
Als Liberaler betrachte ich eine Sache immer aus der Perspektive des Individuums. Das Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie stammt aus dem konservativ-christlichen Menschenbild. Das heißt nicht, dass ich es ablehne, aber zur Einordnung.
Liberale lehnen nicht die allgemeine Schulpflicht ab, im Gegenteil. Sie hat sich als vorteilhaft und überlegen gezeigt. Die allgemeine Schulpflicht greift nicht in das Grundrecht Familie ein, das wurde häufig höchstrichterlich festgestellt. Ob eine solche Pflicht mit 6, 7 oder 4 Jahren beginnt, ist eine politische, in keinem Fall eine verfassungsrechtliche Frage.
Staat und Gesellschaft finden ist nicht beanstandenswert, wenn Eltern ihre Säuglinge (!) für 8-10 Stunden in Krippeneinrichtungen abgeben. Die kindliche Forschung sieht das weit kritischer, aber unsere politische Bewertung beanstandet das nicht. Wenn es also bereits für ein paar Monate alte Babys unschädlich sein soll, einen ganzen Tag von ihren Eltern getrennt zu sein, findet sich kein Argument, warum es für einen 4-6jährigen gegen sein Wohl sein sollte.
Die Fakten: Wir wissen, dass Kinder bis zum Alter von 3 Jahren eine Sprache in ihrer Substanz erlernen. Danach wird das Lernen schwieriger. Menschen, die perfekt mehrsprachig aufgewachsen sind, haben das vom Babyalter an erlebt. Wir wissen auch, dass ohne solche Sprachkenntnisse es nicht möglich ist, dem Grundschulunterricht zu folgen. Entsprechend werden die sechsjährigen Sprösslinge von Migranten sehr häufig in Klassen mit Sonderbedarf geschoben.
Der Haken an der Sache: Mit sechs Jahren haben sie praktisch keine Chance mehr, ihre Bildungsrückstände gegenüber Gleichaltrigen später aufzuholen. Die früh erfahrene Benachteiligung lässt sich nicht mehr kompensieren.
Das ist keineswegs im Sinne des Kindeswohls. Aber Sie sind bereit, diese gravierende Benachteiligung hinzunehmen, um die Eltern in ihren Rechten, auch dem ihr Kind zu schädigen, zu schützen. Das verstehe wer will.
@ Stefan Pietsch
Kann dem nur zustimmen.
„Worüber sollen wir diskutieren?“
1. Tu ich nicht. Strohmann.
2. Wie die Statista-Grafik auf Basis der Daten von KPMG zeigt, besteuern die skandinavischen Länder das Einkommen besonders stark. In Finnland ist der Spitzensatz mit 56,95 Prozent weltweit am höchsten, gefolgt von Dänemark (56,5 Prozent), Japan (55,97 Prozent), Österreich (55 Prozent) und Schweden (52,85 Prozent).
3.1. Sehe das Problem durchaus, habe aber keine Lösung. Haben Sie eine?
3.2. Skandinavien ist weit wg vom Mittelmeer. Sagen Sie, wie wir mit Menschen umgehen sollen, die per Boot dort ankommen. Konkret, bitte.
ad 2. Wie oft muss ich erklären, dass die Grenzsteuerbelastung nur bedingt etwas über die Durchschnittsbelastung aussagt? Nach OECD liegt nur Belgien vor Deutschland. Die Grenzbelastung sagt etwas über die Leistungsfeindlichkeit eines Steuersystems aus.
ad 3.1: Runter mit den Sozialleistungen, da wir uns nicht zu einer rigiden Einwanderungspolitik durchringen können. Wir können auch den dänischen Weg gehen, aber das wollen Sie nicht.
ad 3.2: Dänemark ist nicht weiter weg als Hamburg oder Kiel. Außerdem kommen die meisten Flüchtlinge nicht über das Mittelmeer. Und dazwischen liegen übrigens Italien und Österreich / Schweiz.
Wie vorgehen? Das zeigt Spanien mit Marokko. Aber wir wollen ja nicht einmal die Maghreb-Staaten, Moldau und Georgien zu sicheren Herkunftsländern erklären. So bleibt es dabei: Wer es nach Deutschland schafft, bleibt. Und bleibt meist in den Sozialsystemen.
Entscheidungsträger können sich nicht damit abfinden, keine Lösung zu haben. Schon gar nicht dauerhaft.
@ E. G.
Ja, wir haben schon sehr unterschiedliche Maßstäbe. Ich habe auch schon mit Kohleofen gewohnt, allerdings mit Steckdosen und ohne Deckenbalken 😉 Wie weit wollen wir zurückgehen beim Vergleich? Mein Großvater hatte noch die 60-Stunden-Woche plus jeweils 2 Stunden Fußmarsch vor und nach der Arbeit.
Fast beneide (!) ich Dich um diese Pionier-Mentalität. Aber andererseits – wenn man so denkt, macht einem ein Prozent höhere Steuern doch auch nichts aus…. Wir alle klagen auf relativ hohem Niveau, verglichen mit der „Weltbevölkerung“, selektiv betrachtet.
Um aber auf die nicht–wegnehmen-Faktoren zurückzukommen. Mit Bezug auf den Fachkräftemangel hat Clemens Fuest (Ifo-Institut) das so formuliert:
Einige Dienstleistungen wird es künftig einfach nicht mehr geben. Die Fachkräfte müssen dort eingesetzt werden, wo sie am dringendsten gebraucht werden.
Wir werden in der Klinik nicht mehr richtig versorgt, im Alter nicht mehr richtig gepflegt, die Kinder nicht mehr richtig betreut oder unterrichtet werden. Aber wir werden große Autos, tolle Fernreisen und eine reiche Auswahl an Elektronik haben. Schöne neue Wohlstandswelt. Alles eine Frage der Prioritäten.
Wir alle klagen auf relativ hohem Niveau, verglichen mit der „Weltbevölkerung“, selektiv betrachtet.
Sicher, aber das ist irrelevant. Das ist ja nicht unser Maßstab.
@ Stefan Sasse 17. Mai 2023, 07:44
… das ist irrelevant. Das ist ja nicht unser Maßstab.
Ja, welcher isses denn? darum dreht sich doch alles.
Kann doch nicht sein, dass (übertrieben formuliert) sich eine Handvoll Reiche einen Privatflieger leisten, und deshalb jeder Otto Normalverbraucher einen Hubschrauber fordert, den der Flugzeugbesitzer finanzieren soll.
Ist das denn so? Ich hab solche Forderungen noch nie gesehen. Das ist doch ein völlig wirklichkeitsfremdes Zerrbild.
@ Stefan Sasse 20. Mai 2023, 14:42
Ich hab solche Forderungen noch nie gesehen. Das ist doch ein völlig wirklichkeitsfremdes Zerrbild.
Ich habe doch selbst geschrieben, dass es eine übertriebene Formulierung ist. Sie sollte zeigen, dass der Bedarf immer mit Blick nach oben festgelegt wird: Ich habe weniger, also habe ich zu wenig. Der hat mehr, also hat er zu viel.
Ich denke, hier bist du schief gewickelt, daher auch meine Frage. Ich stimme dir völlig zu, dass man sich mit Blick nach oben orientiert, aber die Sicht ändert sich. Beispielsweise orientiere ich mich problemlos nach Leute, die, sagen wir, sechsstelliges Jahresgehalt haben. Aus meiner Perspektive ist das nach oben. Aber ich würde nie sagen, dass diese Personen zu viel haben. Anders ist das beim Blick auf die Milliardärsriege, um das krasse Beispiel zu nehmen. Weder orientiere ich mich an denen, noch akzeptiere ich, dass die so viel haben. Aber eben nicht, weil ich will, was sie haben. Da sind einfach kategoriale Unterschiede, die, wenn man sie ignoriert, zu unterkomplexen Betrachtungen der Motivation der Leute führen. Das ist so ein bisschen das liberale Pendant von Linken, die auf Kritiker*innen der Migrationspolitik blicken und sie sofort Nazis schimpfen.
@ Stefan Sasse 29. Mai 2023, 17:42
Beispielsweise orientiere ich mich problemlos nach Leute, die, sagen wir, sechsstelliges Jahresgehalt haben. Aus meiner Perspektive ist das nach oben. Aber ich würde nie sagen, dass diese Personen zu viel haben.
Das ehrt Dich, aber es ticken – auch hier im Forum – einige doch merklich anders.
Anders ist das beim Blick auf die Milliardärsriege, um das krasse Beispiel zu nehmen. Weder orientiere ich mich an denen, noch akzeptiere ich, dass die so viel haben. Aber eben nicht, weil ich will, was sie haben.
Grundsätzlich ist das natürlich ein anderer Punkt als die etwa von Ralf (und teilweise Citizen) angepeilten „Zielgruppen“.
Zum Milliardärs-Thema:
Wenn ich eine supertolle Geschäftsidee habe, die hammermäßig einschlägt, bin ich vielleicht irgendwann Besitzer eines milliardenschweren Unternehmens á la Apple, Microsoft, Amazon oder Google. Also was tun? Verschenken? an wen? Zerschlagen – mit dem Risiko, dass die Mitarbeiter ihre Jobs verlieren (und warum sollte ich das tun, wo ich doch alles selbst aufgebaut habe)? Den Staat schenken, der das Unternehmen dann verkauft und das erzielte Geld verbrennt? Selbst verkaufen und das Geld wie Bill Gates in eine Stiftung geben, wobei sich jeder darüber aufregt, dass die Ziele der Stiftung die falschen seien, die Gelder woanders besser eingesetzt wären?
Was würdest Du als Besitzer von Microsoft oder Amazon tun?
Sich am Beispiel von Robert Bosch orientieren? Oder an Dietmar Hopp und anderen SAP-Gründern?
Zu den „…von (teilweise Citizen) angepeilten „Zielgruppen“: Bis die von Dir geforderten Reformen (Föderalismus, Bürokratie, Bundeswehr usw.) Erfolge zeigen – falls jemals – will ich nicht warten.
Es gibt noch viele Aufgaben, auf die man „Geld werfen“ sollte, weil es ohne Geld halt nicht geht.
Ich würde meinen Beitrag leisten, wenn alle, die wesentlich mehr haben, es auch tun.
Dann darfst du das denen gerne vorwerfen, wenn sie es ausdrücken, aber pauschalisiere mich halt bitte nicht mit rein 🙂
Ich habe keine perfekte Policy dafür, aber ins Blaue hinein könntest du etwa die Unternehmensanteile beschränken oder so was. Und natürlich ggf. konfiskatorische Steuern für solche Vermögen erheben.
Also, jemand, der ein Unternehmen gründet, hält da meist 100% Anteile. Alles andere wäre auch seltsam. Irgendwann entscheidet er sich bei sehr positivem wirtschaftlichen Verlauf (für den er alleine! verantwortlich ist) Investoren gegen Kapitaleinlage reinzunehmen. Er verkauft also einen Teil seiner Anteile. Die Spitze ist dann der Börsengang, in dem weitere Anteile veräußert werden.
Wo genau willst Du nun die Unternehmensanteile beschränken? Es bedarf keiner Kenntnisse des Gesellschaftsrechts um zu wissen: Das geht nur über eine Enteignung. Und dazu konsultiere bitte Artikel 14 Abs. 1 GG. Danach sollten alle Fragen beantwortet sein.
@ CitizenK 17. Mai 2023, 06:44
… wenn man so denkt, macht einem ein Prozent höhere Steuern doch auch nichts aus ….
Tja, Citizen, zu dem einen Prozent würdest Du von mir ein klares „Ja“ kriegen, wenn ich wüsste, dass Du nicht morgen mit einer anderen Geschichte daherkommst und noch ein Prozent fordern würdest 🙂
Es ist immer die gleiche falsche Einstellung in den Köpfen. (Fast) jeder „zahlt Steuern“, also machen alle das Gleiche, und leisten „ihren“ Beitrag. Da könnten doch die „Reichen“ ein Prozent mehr …Ich habe doch das Beispiel aufgeführt: 5x so viel verdient wie jemand mit 2.000 Euro brutto = 19 x so viel Steuern. Dir reicht das nicht? Unglaublich …
… Schöne neue Wohlstandswelt. Alles eine Frage der Prioritäten.
Ja, aber ich lege die Prioritäten doch nicht für alle fest. Mal angenommen, dass ich im Laufe meines Lebens genug zusammengetragen habe, um mir nicht nur eine persönliche Pflegerin, sondern auch für sie einen großen Fernseher leisten zu können. Problem sind diejenigen, die sich einbilden, weil bei mir ein großer Fernseher an der Wand hängt, müssten sie auch einen haben, und ihn sich holen, statt das Geld zurückzulegen.
Nicht nur Individuen, auch Gesellschaften haben Prioritäten, die in Poltik wirksam werden. Das zeigt der einfache Vergleich: BRD-USA, BRD-DK usw.
Wenn sich die Wähler und damit die politisch wirksamen Mehrheiten für große Autos entscheiden und die entsprechenden Parteien wählt, bleibt für andere Bereiche halt weniger von der gesamtwirtschatlichen Leistung. Auch wenn der Kuchen weiter wachsen sollte.
P.S. Bei mir auf dem Desktop wird die „Reply-“ Funktion erst sehr verzögert freigeschaltet. Die weiteren Antworten, sobald es geht.
Vielleicht das vorweg: Der Weg zurück ist vorgezeichnet, Clemens Fuest habe ich bereits zitiert. Andere sagen das so: Wir werden alle ärmer werden. Alle? Die Superreichen nicht, wie die Anlaysen zeigen.
@ CitizenK 20. Mai 2023, 13:29
Nicht nur Individuen, auch Gesellschaften haben Prioritäten, die in Poltik wirksam werden. Das zeigt der einfache Vergleich: BRD-USA, BRD-DK usw. …
Nicht mehr als allgemeines Wohlfühlgerede
Wir werden alle ärmer werden. Alle? Die Superreichen nicht, wie die Analysen zeigen.
Ja. Die Superreichen sind geschickt und können sich drücken, da ihr Reichtum festgelegt ist. Und dass die anderen nicht wohlhabend bleiben, da sorgt schon der Staat für, der seinen Bedarf dort deckt, wo er hinkommt, nicht dort, wo es richtig wäre.
@ Erwin Gabriel
„… ein paar Gedanken () die nicht damit beginnen, anderen (die Deiner subjektiven Meinung nach „mehr als genug“ haben) etwas wegzunehmen.“
Eine reizvolle Aufgabe. Aktuelles Problem: Leseschwäche deutscher Grundschulkinder lt. IGLU. Lesen ist eine Basis-Kompetenz, also nicht unwichtig. Dazu habe ich zufällig gerade eine Bachelor-Arbeit korrekturgelesen. Es gibt erfolgreiche Ansätze dazu aus den USA, sogenannte Lautleseverfahren, die auch an einzelnen Schulen hierzulande erprobt werden. Voraussetzung nach den Erfahrungen der Praktiker sind Fortbildungen, Konferenzen, Zeit für Auswertungen. Kostenneutral geht das, auf Kosten anderer Unterrichtsinhalte. Man könnte dafür aber auch Assistenz-Lehrer einstellen wie in GB.
Siehe dazu: https://www.jmwiarda.de/https-www.jmwiarda.de-2023-05-16-was-die-leseschwaeche-der-viertklaessler-mit-deutschlands-modernisierungsproblem-zu-tun-hat/
@ Ralf 17. Mai 2023, 10:48
Auf Dein falsches Framing, dass hier “gegen irgendwen vorgegangen wird”, lasse ich mich nicht ein.
Ist genauso richtig oder falsch wie Dein Framing, gell …
Seinen fairen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, ist eine Selbstverständlichkeit und kein Angriff.
Schon wieder das böse F-Wort. Was bitte ist ein “fairer“ Beitrag? Wie wird der definiert? Diese Antwort bleiben alle hier, die aus der eher linken politischen Ecke argumentieren, schuldig. Und solange dieser Punkt nicht konkret definiert wird, bedeutet es, dass es keine Regeln gibt. Aber „keine Regeln“ widerspricht sich mit „fair“. Wie CitizenK. es formulierte: Bei Bedarf geht man halt an die, die „mehr“ haben.
Über die Förderung können wir gerne sprechen. Dass da “alles falsch” ist, lässt sich leicht sagen, wenn man nicht in der Verantwortung steht bessere Vorschläge zu machen.
Ich stehe da nicht in direkter Verantwortung, genau wie viele andere hier, (Dich eingeschlossen), die hier mitdiskutieren. Aber ich habe schon konstruktive Vorschläge gebracht, wenn auch nicht hier und heute. Da sich meine Erfahrungen mit denen von Stefan Sasse decken, liegen auch unsere Vorstellungen nicht weit auseinander:
Grundsätzlich sollte die schulische Ausbildung komplett vom Elternhaus entkoppelt sein, um die Festschreibung der sozialen Schicht aufzubrechen. Ob man den Nachmittag betreute Schulaufgaben machen lässt oder den Unterricht vertieft, dafür aber ganz auf Schulaufgaben verzichtet, sind Details.
Bisher hab ich nur die Vorschläge gehört Sozialleistungen senken …
Dann liest Du nicht sorgfältig. Ich habe hier schon öfter verschiedene Punkte aufgeführt, an denen man ansetzen muss. Föderalismus; Effizienz der Bürokratie; Bildung (oben angesprochen); Lobbyismus; Gießkannenprinzip bei Förderungen; Beschränkung der Ziele auf Legislaturperioden; Förderung bzw. Erleichterung von Einwanderung in den Arbeitsmarkt etc.
Über mehr Geld können wir gerne reden, wenn die Probleme auf der Verteilungsseite gelöst sind. Beispiel Bundeswehr: 100 Mrd. liegen auf dem Konto und leiden unter der Inflation; es wurden keine klaren Ziele festgelegt, an denen man sich messen lassen muss. Das Beschaffungswesen ist marode, unterschiedliche Stellen der Bundeswehr arbeiten gegeneinander, und wenn das Geld ausgegeben ist, schreit man „Erfolg“. Denn der ist gegeben, wenn das Geld weg ist, nicht bei Erreichen konkreter Ziele.
Glaubst Du, dass das in der Bildungs- oder Sozialpolitik anders ist? Und die Bundeswehr leidet nicht mal unter den Problemen des Föderalismus …
Nun mal in die andere Richtung: Von Dir habe ich bislang nur den Vorschlag gehört, die Steuern zu erhöhen.
… und Pflicht-Kita für Kinder, die zuhause türkisches Fernsehen sehen. Letzteres ist weder juristisch noch praktisch umsetzbar. …
Wenn Du eine solche Kitapflicht für ALLE Kinder forderst, hast Du mich an Bord.
Die einen brauchen das, die anderen nicht. Aber wenn das der einzige Weg ist – keine Einwände …
Wohin “Sozialleistungen senken” führt, …
Ich habe hier schon mehrfach ausgeführt, dass ich niemanden in die Armut treiben will. Was mich an unserem Sozialleistungs-System stört, ist, dass viele Leistungen „einfach so“ rausgehauen werden, während man die wirklich Armen nicht erreicht. Dass die Verteilung ineffizient und umständlich ist, also der Verteilungsapparat zu viel davon verschlingt. Dass in vielen Fällen (und gerne vor anstehenden Wahlen) neue „Bedürfnisse“ entdeckt werden.
Der Staat sollte meiner Meinung nach folgende Punkte abdecken: Gesundheitsvorsorge, Dach über dem Kopf, (rechtliche) Sicherheit, Nahrung, Kleidung, Zugang zu Bildung und Informationen – die Grundbedürfnisse halt. Das schafft man nicht (Thema Obdachlose, zum Beispiel), und Themen wie sozialer Wohnungsbau wurde sträflich vernachlässigt.
Trotzdem haut man auch viel Luxus raus. Ein Stück weit ist das auch OK, aber grundsätzlich sollte man darüber diskutieren dürfen, wie groß dieses Stück ist, ohne gleich als Vernichter von Existenzen angeprangert zu werden. So zu tun, als ob jede Geldausschüttung eine lebenswichtige Sozialleistung ist, wie Du das hier indirekt darstellst, halte ich für unseriös – erst Recht, wenn man die wirklich wichtigen Dinge nicht hinbekommt.
Wo sind denn Deine konkreten Belege, dass Kinder von Hartz IV-Beziehern einen besonders starken Sprung nach vorne gemacht haben? Tatsächlich ist das Gegenteil passiert.
Konkrete Belege? Da fragt der Richtige …
Zu Deiner Information: Das Hartz-IV-System hat die Sozialausgaben hochgetrieben. Wenn also dadurch kein Sprung nach oben erfolgte, kann man daraus ableiten, dass eine höhere Sozialhilfe nicht weiterbringt, oder zumindest, dass neben den höheren Ausschüttungen auch andere Parameter zu optimieren sind, was offenbar nicht geschehen ist.
… USA …
Da bin ich nicht so im Thema, dass ich da aus eigenem Erleben zustimmen oder widersprechen kann. Spielt aber auch für unsere Diskussion keine Rolle.
Mich stört nicht, dass unser Staat Sozialhilfe ausschüttet. Mich stört nicht mal unbedingt die Höhe. Mich stört das Prinzip, Geld statt Lösungen auf ein Problem zu werfen, und wenn es nicht weggeht, schmeißt man noch mehr Geld drauf.
Ich halte Dich für intelligent genug zu erkennen, dass dies ein äußerst komplexes Problem mit vielen Parametern ist, dass sich aufgrund der bisherigen jahrzehntelang nicht funktionierenden Lösungsansätze festgefressen hat. Immer nur an dem einen, gleichen Parameter – mehr Geld – festzuhalten, hat bislang nicht viel gebracht, und wird auch in Zukunft nicht viel bringen.
Und da von Dir (und Gleichgesinnten) weder die anderen Parameter überhaupt für diskussionswürdig gehalten, geschweige denn angegangen werden, und nicht mal die Ausgaben (Wie viel? Wofür? Warum?) im Mittelpunkt der Diskussionen stehen, sondern sich Deine Argumentation in erster Linie um das Geld einnehmen dreht, bin ich nicht ganz so davon überzeugt, dass der von Dir vorgeschlagene Weg sinnvoll ist.
Zunächst zu Deiner Frage, was ein fairer Beitrag ist: Ein Beitrag wird dann unfair, wenn Du signifikant mehr oder besser oder mit mehr Verantwortung arbeitest als andere, das in Deinem Nettogehalt aber nicht so reflektiert ist, dass es zu einem merklichen Zugewinn an Lebensstandard führt. Mit unseren Steuersätzen – insbesondere bei sehr hohen Gehältern jenseits der 100.000 Euro – sind wir auch nicht in der Nähe dieser Grenze.
Ansonsten haben wir wenig Dissens. Deine Punkte …
Föderalismus; Effizienz der Bürokratie; Bildung (oben angesprochen); Lobbyismus; Gießkannenprinzip bei Förderungen; Beschränkung der Ziele auf Legislaturperioden; Förderung bzw. Erleichterung von Einwanderung in den Arbeitsmarkt etc.
… kann ich bis auf die Beschränkung der Ziele auf Legislaturperioden (keine Ahnung, was Du damit meinst) alle unterschreiben.
Sie lösen nur weder das Bildungs- noch das soziale Problem in Deutschland. Vielmehr dienen die Vorschläge der Effizienzsteigerung und dem Bürokratieabbau. Sie machen unser Gemeinwesen billiger – was super ist, da unsere Ausgaben in anderen Sektoren dramatisch steigen werden (Klimakrise, Digitalisierung, sozialer Wohnungsbau, Bundeswehr, Pflegesektor, Integration etc.). Also zumindest behaupte ich, dass die Ausgaben in diesen anderen Feldern dramatisch steigen werden (müssen). Trotz Deiner hoffentlich bald umgesetzten Vorschläge erwarte ich also eher ein Ansteigen als ein Abflachen Deiner Steuerbeiträge. Und da wärst Du in der Pflicht zu erklären, wieso die Ausgaben, die ich projiziere entweder nicht anfallen werden oder nicht so hoch anfallen werden oder weshalb wir uns diese Investitionen sparen können.
Ich bin übrigens auch bei Dir, dass wir uns nicht zwingend immer jeden Luxus leisten müssen. Gilt auch in anderen Feldern, nicht nur in der Sozialpolitik. Die Bundeswehr fängt jetzt z.B. zum ersten Mal an Ware von der Stange zu kaufen, anstatt jede Bestellung als teure Sonderanfertigung mit zig Extrawünschen anzuschaffen. Das spart Milliarden. Man würde sich ähnliche Initiativen von anderen Ministerien wünschen.
@ Ralf 18. Mai 2023, 00:42
Ein Beitrag wird dann unfair, wenn Du signifikant mehr oder besser oder mit mehr Verantwortung arbeitest als andere, das in Deinem Nettogehalt aber nicht so reflektiert ist, dass es zu einem merklichen Zugewinn an Lebensstandard führt.
Das ist genauso unscharf wie alles andere. „signifikant“, „mehr“, besser“, „Verantwortung“, „andere“, „nicht so reflektiert“, „merklich“ … ist alles nicht so zielführend.
Mit unseren Steuersätzen – insbesondere bei sehr hohen Gehältern jenseits der 100.000 Euro – sind wir auch nicht in der Nähe dieser Grenze.
Sorry, wenn ich hier klugscheissere, aber Du äußerst jede persönliche Meinung, als wäre sie ein Fakt. Wer legt das fest? Wo und wie kann ich das berechnen? Alles, was Du sagst, läuft immer wieder darauf hinaus: Irgendjemand (wenn nicht gar Du) legt irgendwie fest, dass ein anderer nach seinem Gefühl „mehr als genug“ hat, und dass dieses „mehr“ abzuführen ist.
Abgesehen von dieser völlig sujektiven, ständig nach Bedarf veränderbaren Beschreibung geht es auch nie darum, wie viel bereits geleistet ist, sondern darum, dass das, was dem Gutverdiener verbleibt, immer noch mehr ist, als andere, die gefühlt nicht weniger arbeiten.
Das ist derart kindisch, dass ich es nicht in Worte fassen kann, ohne sehr beleidigend zu werden. Aber ich fühle mich von Dir regelrecht veräppelt.
… Beschränkung der Ziele auf Legislaturperioden (keine Ahnung, was Du damit meinst) alle unterschreiben.
Damit ist gemeint, dass Politiker ihre Ziele in der Regel in Legislaturperioden definieren. Langfristige Aufgaben werden nicht angegangen.
Sie lösen nur weder das Bildungs- noch das soziale Problem in Deutschland.
Wie schon mal gesagt, bin ich nicht Fachmann für alles, aber ich habe zu beidem meine Vorstellungen geäußert.
Also zumindest behaupte ich, dass die Ausgaben in diesen anderen Feldern dramatisch steigen werden (müssen).
Das wirkt auf mich schon sehr arrogant. Schon jetzt geht für Soziales die Hälte aller staatlichen Steuereinnahmen drauf, ohne dass hier Deine Vorstellungen von „Fairness“ ansatzweise umgesetzt sind, ohne dass die anderen Baustellen in Arbeit sind.
Was machst Du, wenn die Behebung der ganzen Baustellen, die Du aufgelistet hast, auf dem hohen Niveau, dsas Du Dir offenbar vorstellst, deutlich mehr kostet, als wir an überhaupt Steuereinnahmen haben? Den Maßstab für den „fairen Baitrag“ von Besserverdienenden nochmal verändern? Mehr Schulden, obwohl wir jetzt schon über 40 Mrd. bzw. knapp 9 % des Staatshaushalts für den Schuldendienst ausgeben (Geld, dass man deutlich nutzbringender ausgeben könnte)?
Und da wärst Du in der Pflicht zu erklären, wieso die Ausgaben, die ich projiziere entweder nicht anfallen werden oder nicht so hoch anfallen werden oder weshalb wir uns diese Investitionen sparen können.
Du hast da einen ziemlich überheblichen Einschlag. Natürlich besteht für mich keine Erklärungspflicht. Ich konstatiere: Obwohl Du mir zustimmst, dass der Staat ineffizient ist, tust Du das eher beiläufig ab, schwelgst aber in wüsten Träumen vom Geldausgeben.
Bildung, Gesundheit, Pflege, Sozialhilfe (nicht zu vergessen Infrastrukur oder Verteidigung) auf gleichem, wirklich hohen Niveau, bei problemhafter Entscheidungsfindung und ineffizientem Staat, bezahlt von Leuten, die Du Dir ausguckst, deren Gehälter Du beurteilst und anschließend sagst, wie viel sie davon behalten dürfen, alles ohne klare Regeln? Das ist mir zu ideologisch.
Ob diese Mitbürger ihren fairen Anteil leisten, darf doch hinterfragt werden?
„Der Umsatz des Luxuskonzerns LVMH wuchs in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auf fast 37 Milliarden Euro an. Das entspricht einer Steigerung um fast 28 Prozent. Der operative Gewinn stieg um 34 Prozent – auf mehr als 10 Milliarden Euro. Auch beim Wettbewerber Hermes wuchsen Umsatz und Gewinn deutlich zweistellig: Mit 2,77 Milliarden Euro lagen die Gesamteinnahmen währungsbereinigt um 27 Prozent über dem Vorjahreswert.
Wohlhabende als Krisenprofiteure
Der Branche kommt wohl zugute, dass viele Wohlhabende während der Krise noch wohlhabender wurden: Laut Schätzungen der Beratungsgesellschaft Capgemini wuchs die Zahl der Dollar-Millionäre im Jahr 2021 deutlich, sowohl weltweit als auch in Deutschland. Hierzulande zählen inzwischen 1,63 Millionen Einwohner zur Riege der Millionäre.“
https://www.wiwo.de/unternehmen/handel/luxusgueter-der-luxusboom-in-der-krise/28873946.html
Wieder ein Kommentar, wo Sie Fragezeichen lassen, was Sie eigentlich sagen wollen. LVMH ist ein französischer Konzern, der seine Artikel weltweit verkauft. In der Luxusindustrie boomt wie auch in anderen Bereichen das China-, Fernost- und Arabiengeschäft. Was wollen Sie also sagen? Übrigens, kleiner Joke am Rande: In Deutschland sind die reichsten Menschen diejenigen, die Billiggeschäfte gegründet haben. Die Franzosen haben mehr Klasse und werden durch Luxus reich.
Leute wie ich haben sich hier jahrelang die Finger wund geschrieben, dass die herrschende Politik die Reichen per Staatsdekret reicher machen würde. Sie und Stefan hielten tapfer dagegen. Nun lamentieren Sie, die Reichen seien durch die Krisen reicher geworden. Ach ja? Guten Morgen, lieber CitizenK!
Wer 1 Million Euro mehr bekommt, zahlt bei einem Spitzensteuersatz von 48% wieviel mehr Steuern? Gut, ich traue Ihnen zu, das mathematisch hinzubekommen. Nur, was sagt Ihnen das und was wollen Sie uns sagen? Offensichtlich nichts, denn Ihnen fehlt das Entscheidende. Wo ist Ihr Maßstab? Den enthalten Sie uns ja vor und hauen in Böhmermann-Manier um sich: Man wird ja wohl fragen dürfen.
Was fair ist und was nicht, entscheiden im Sport teilweise jahrhundertealte Regeln und Übungen. Das wechselt nicht wie Linke ihre Unterwäsche. Wenn der Staat die Hälfte des eigenen Einkommens beansprucht wie in unserem Fall, ist nach allen Maßstäben auf dieser Welt die Grenze erreicht. Selbst die Mafia nimmt i.d.R. nicht mehr, Zuhälter vielleicht. Und da sehen Sie, in welchen Kategorien wir uns bewegen.
Ach, unter Helmut Kohl galten 56%? Lieber CitizenK, das ist wie so oft bei Ihnen unredlich. Denn ehrlicherweise hat Kohl diesen Satz geerbt und ihn immer absenken wollen. Die SPD hinderte ihn mehrfach daran. Zudem war der Spitzensteuersatz ein historisches Erbe der Nachkriegsära. Wie in allen vom Krieg geschädigten Ländern wurde die Spitzenbelastung nach 1945 auf absurde Höhen getrieben – die dann keiner zahlte. In den Jahrzehnten danach wurden die Sätze dann immer weiter runtergetrieben, so dass sie heute in den meisten OECD-Ländern unter 50 Prozent liegen.
Man kann also sagen, 50 Prozent markiert die Grenze zwischen gerade noch zulässig und sittenwidrig (BGB). Das sah auch das Bundesverfassungsgericht, eine Ansammlung von beamteten Staatsdienern tatsächlich mal so. Kommen wir also zurück zu Ihrem, ja was auch immer. Die Reichen scheinen nach allen denkbaren Maßstäben ihren „fairen“ Anteil zu zahlen, vielleicht sogar mehr. Und Sie haben ja auch nichts Gegenteiliges präsentiert.
Aber vielleicht wollten Sie einfach mal etwas sagen.
Muss man das wirklich ausbuchstabieren? Man könne fair nicht definieren? Ich schon: als Gegenteil von unfair. Obzöner Luxus ist unfair. Rawls lesen.
Diese Passage finde ich interessant: „… dass die herrschende Politik die Reichen per Staatsdekret reicher machen würde.“
Wie das? Und Stefan und ich hätten „tapfer dagegengehalten“.
Staun. Helfen Sie meinem Gedächtnis auf die Sprünge.
Nun haben wir wenigstens ein Ergebnis. Das Kriterium „obszöner Reichtum“ gibt es weder in der Demokratietheorie noch im juristischen Sinne noch im sozialtheoretischen. Damit sind alle verfassungsrechtlichen Kriterien abgeklappert. Sie markern damit einen Begriff zur Leitmaxime, der außerhalb unseres Grundgesetzes liegt und stehen damit selbst außerhalb des Verfassungsbogens.
Es gibt keinen absoluten Reichtumsbegriff. Den kann es nicht geben. Denn was heute ein Mittelklasseverdiener hat, hätte nach dem Krieg als „obszön reich“ gegolten. Und wir wissen ja auch, wie Sie „obszönen Reichtum“ definieren. Wenn noch jemand hinter einer 20-Millionen-Yacht Wasserski laufen kann, dann ist das „obszön reich“. Übersetzt bedeutet das, dass bei Ihnen „obszöner Reichtum“ und damit der Enteignungsanspruch des Staates bei so 50, spätestens 100 Millionen Euro beginnt. Und das ist weit unterhalb der Milliardenschwelle.
Ich weiß, das haben Sie nicht gesagt, doch es ergibt sich logisch als allem, was Sie bisher gesagt haben. Das müssen Sie schon gegen sich gelten lassen.
Ich habe ein Jahrzehnt gegen die Politik des Quantitive Ease angeschrieben. Gegen Staatsfinanzierung durch die Notenbank. Weil sehr früh sichtbar wurde, dass es die Asset-Märkte treibt. Wenn Sie stets darüber lesen, dass Reiche reicher geworden seien, dann weil deren Eigentum höher bewertet wird und sehr selten, weil sie sich eine zusätzliche Yacht aus ihrem Barvermögen leisten konnten.
Diese Politik des leichten Geldes trieb in den Neunziger- und Nullerjahren den Subprimemarkt der USA. Er verschaffte für einige Zeit Leuten, die sonst nicht die Möglichkeit gehabt hätten, eine Immobilie, aber stürzte die Weltwirtschaft 2008 in einen Abgrund. Nach 2008 wurde die Politik des leichten Geldes auch in Europa übernommen und oh Wunder, Aktien und Immobilienwerte stiegen auf unbekannte Höhen.
Stefan hat den Vorwurf, das wäre zum Schaden der Ärmeren, immer zurückgewiesen. Und selbst wenn später die Endverbraucherpreise steigen würden, könnte das ja mit steigenden Löhnen aufgefangen werden. Wir sehen, wie gut das funktioniert. Über ein Drittel der Deutschen beklagt, trotz hoher (Sie würden an meiner Stelle vielleicht sagen: exorbitanter) Lohnsteigerungen sich weniger leisten zu können. In den USA ist das Bild nicht anders.
Die Lehre, die die Geschichte eindeutig aufzeigt, dass Inflationen immer die ärmeren Schichten weiter verarmen lassen, wollten Sie und Stefan einfach nicht ziehen.
Auch die Energiewende mit ihrer Subventionitis zahlt allein auf das Konto von Besitzenden ein. Garantierte Abnahmepreise für jene, die sich Solarpanel (extrem teure Form der Erzeugung von Strom und CO2-Vermeidung) auf dem eigenen Dach leisten können, haben die Stromkosten in einer Generation an die Weltspitze getrieben. Die halbe Billion Euro für das bisschen Solarstrom und die gegen die Bevölkerung ausgebaute Windkraft müssen ja von jemanden bezahlt werden.
Tipp: Die „Reichen“ sind es nicht. Dass kann anderes Land diese bornierte Energiepolitik übernommen hat, hätte Ihnen seit langem zu denken geben müssen. Aber mit dem richtigen Willen sind wir ja immer auf dem richtigen Weg.
„Das Kriterium „obszöner Reichtum“ gibt es weder in der Demokratietheorie…“
Sollte es aber. Was extreme Ungleichheit mit der Demokratie macht, sehen wir in den USA. Und extreme Ungleichheit gibt es sonst vor allem in politischen Systemen, die wir beide verabscheuen.
Sagten Sie nicht, Kinder aus sozial benachteiligten Familien sollten vom Staat unterstützt werden? Es gibt immer mehr Gemeinden, in denen kein Schwimmunterricht mehr stattfindet, weil der Unterhalt der Bäder nicht mehr möglich ist. Förderprogramme an Brennpunktschulen werden aus Geldmangel beendet. Deshalb ja: Ich würde mit der „Enteignung“ durch eine Luxussteuer schon unterhalb von 50 Mio beginnen. Wer eine Uhr für 30k oder ein Auto für 400k kauft, der kann auch ein paar Euro zusätzliche Steuer verkraften. Dass heute Normales früher Luxus war, ist auch mir nicht verborgen geblieben. Politische Entscheidungen werden aber für Gegenwart und Zukunft getroffen. Auch zivilisierte Staaten kennen Luxussteuern – Norwegen und GB haben Sie hier selbst erwähnt.
Ihre Darstellung von QE ist unterkomplex. Die Subprime-Kredite in den USA wurden ja nicht von Charity-Organisationen erfunden, sondern von profitorientieren Finanzjongleuren. Der problematische Kurs der EZB zeigt, dass Geld- und Finanzpolitik zusammen gedacht werden sollte. Wenn einem die EU etwas bedeutet, sollte man das differenzierter sehen. Im Hinblick auf Russland und China bedeutet mir die EU sehr viel.
Das Bemerkenswerte an solchen Kommentaren und Bewertungen – wie sie Stefan übrigens ja auch immer mal zum Besten gibt – ist, dass sie in der Ausprägung nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Artikel 14 schützt ganz klar das Eigentum und differenziert dabei nicht nach irgendeiner Höhe, weder absolut noch relativ. Woher kommt dann Ihre im Kern verfassungswidrige und damit demokratie- und rechtsstaatfeindliche Ansicht?
Wer sich ein Auto für 400 k€ leistet, der hat typischerweise rund 60% seines Verdienstes an den Staat abgedrückt (48% Einkommensteuer und 19% auf die restlichen 52%). Das ist nach allen Maßstäben sehr viel, aber Ihnen schwebt eher vor, dass jemand sich gar nicht leisten kann.
Das Problem ist: Linke, und auch Sie, sehen es auch kritisch-ablehnend, wenn Reiche einfach nur ihr Geld behalten. Über Aktien und direkte Zahlungen können sie Einfluss auf Wirtschaft und Politik nehmen.
Wir hatten Ihnen eine einfache Frage gestellt. Wann ist es genug? Sie antworten mit einer Gegenfrage. Und Sie sagen im Kern, niemand sollte mehr als 50 Millionen Euro haben. Das ist jedoch Null durchdacht. Auf 50 Millionen kommt der Gründer einer durchschnittlichen Internet-Butze sehr schnell. Dann verkauft er es an einen Größeren (ach so, den gibt es ja nicht mehr, oder?) und hat 50 Millionen in Cash. Die sollte er aber nicht haben. Warum sollte er also sich ein paar Jahre anstrengen, ein relativ kleines Unternehmen aufbauen, wenn er es ohnehin nicht behalten darf?
Gerade habe ich den Teaser eines Interviews mit dem Reichtumsforscher Rainer Zitelmann gelesen: Polen und Vietnam gehören zu den dynamischsten Ländern der vergangenen 30 Jahre. Auch, weil die Menschen Leistung positiv gegenüberstehen.
Davon kann in Deutschland keine Rede sein und Sie sind das beste / schlechteste Beispiel für die Leistungsfeindlichkeit.
In Absprache mit der Bundesregierung hielt die Fed in den Neunzigerjahren die Zinsen niedrig, obwohl aufgrund der zunehmenden Erhitzung der Volkswirtschaft eine Erhöhung angezeigt war. Sie erkennen bereits hier Parallelen zum Euroraum. Das Ziel der Clinton-Regierung war, Niedrigverdienern ein eigenes Heim durch niedrige Kredite zu verschaffen.
Nur, CitizenK, auf die Art wird eine Kreditwirtschaft angestoßen. Das Ergebnis einer Kreditwirtschaft sind erstaunlicherweise Kredite. Und es gehört auch zu den Normalitäten des Wirtschaftslebens, dass Kredite wie andere Vermögenswerte gehandelt und verkauft werden können und auch werden. Das mache ich im Finanzbereich täglich, dort nennt es sich Factoring.
In der Versicherungswirtschaft wird das in großem Maßstab gemacht, denn niemand möchte auf nennenswerten Einzelrisiken sitzen. Und Subprime-Kredite sind höhere Einzelrisiken. Wie bekommt man also den Wunsch des Staats nach einer größeren Kreditwirtschaft und Risikominimierung zusammen? Klar, auf Kosten des Staates, was denn sonst?! Natürlich muss der Staat am Ende haften, wenn er die ganze Zeit den privaten Wirtschaftsakteuren verspricht, wenn sie nur tun, was der Staat will, dann passiert ihnen auch nichts.
Ansonsten wäre der Staat ja … fällt Ihnen dazu ein böses Wort ein? War Ihnen das nun komplex genug?
Eine EU, die mich ärmer macht, sehe ich nicht als hochwertig an. Erstaunlicherweise sehen das die Menschen in Italien, Spanien und Griechenland (da mache ich gerade Urlaub auf den Reicheninseln Mykonos und Spetses) ganz genauso.
Das mit den 50 Mio. war doch (erkennbar) ironisch formuliert. Rest der Antwort im Kommentar bei E. G.
Schönen Urlaub noch!
Nein, das ist nicht erkennbar, zumal es in Ihre lange Argumentation passt. Ich sehe nicht, wo da die Ironie liegen soll.
GB hat eine insgesamt niedrige Besteuerung. Sie teilen die Belastung anders auf. Und Norwegens Luxussteuern diskriminieren Mittelklasseverdiener.
@ CitizenK 18. Mai 2023, 22:31
Man könne fair nicht definieren? Ich schon: als Gegenteil von unfair. Obzöner Luxus ist unfair.
Ich soll ein guter Mensch sein, aber was ist „gut“. Ah, das Gegenteil von „schlecht“ – jetzt weiß ich Bescheid… 🙂
Diese Passage finde ich interessant: „… dass die herrschende Politik die Reichen per Staatsdekret reicher machen würde.“
Stefan Sasse war beispielsweise der Meinung, dass die Inflation gut ist, weil dadurch die Löhne steigen würden. Mag sein, aber weniger und später.
Ein weiterer Punkt ist der soziale Wohnungsbau: Mehr Geld da reinzustopfen, um den armen Menschen billigen Wohnraum zu beschaffen, funktioniert nicht, weil Material und Fachkräfte fehlen, diese Wohnungen zu bauen. Mietzuschüsse erhöhen funktioniert nicht, weil dann mehr Menschen um bestimmte Wohnungen konkurrieren, was die Mieten hochtreibt. Mietpreisbremse führt dazu, dass weniger Investoren Wohnungen bauen, und die Bestandswohnungen werden nicht mehr renoviert usw.
Nimm Steuererhöhungen: Der Staat nimmt mehr Geld ein, dass er aber mangels vernünftiger Strukturen nicht ordentlich auf die Straße kriegt. Es landet also in irgendwelchen sinnlosen Maßnahmen und fließt nach oben. Die wirklich Reichen werden noch reicher, und Du forderst ein Prozent mehr für den Mittelstand.
Zu wenig Geld ist praktisch nie der Grund für unsere Probleme, sondern schlechte Lösungen, zu viele Vorschriften, zu komplizierte Bürokratie, Inkompetenz, Parteienstreit, gefühlte und reale Abhängigkeiten von Wählenden, föderale Probleme etc.
Wenn man trotzdem mit Geld auf Probleme werfen möchte in der Hoffnung, dass diese Probleme verschwinden, wird man feststellen, dass das Geld verschwunden ist, aber nicht das Problem. Und wenn das Geld verschwunden ist, rate mal, wohin?
@ CitizenK 18. Mai 2023, 18:02
Ob diese Mitbürger ihren fairen Anteil leisten, darf doch hinterfragt werden?
Ich hatte ein Beispiel angeführt: wer 5 x soviel verdient wie jemand mit 2.000 Euro brutto, muss 19 x soviel an Steuern bezahlen. Dazu kommen absolut höhere Sozialabgaben, und vermutlich ein erhebliches mehr an Mehrwert– und anderen Verbrauchssteuern. Also, was ist ein „fairer“ Beitrag?
Natürlich darf hinterfragt werden. Aber dann bitte ergebnisoffen; die Antwort kann dann auch lauten „mehr als genug“ oder „zu viel“.
Richtlinie für das, was abgegeben werden soll, darf und kann doch nicht der Bedarf sein, den andere ständig erhöhen.
„… ergebnisoffen….“
Die Formulierung einer These steht dem nicht entgegen – sie kann ja widerlegt werden. Ich stelle meine Überlegungen zur Diskussion.
1. Der untere Teil der Bevölkerung bis rein in die Mitte leidet besonders stark unter Krisen und Inflation , während der obere Teil davon profitiert (noch reicher wird). Darüber herrscht Konsens auch hier im Blog. Alle Berichte von Messen für Luxusgüter (Uhren, Boote, Schmuck, Designmode) zeigen: der Luxussektor boomt besonders in Krisenzeiten.
2. Die Begründung von Steuern beruht rechtlich auf dem Prinzip der Leistungsfähigkeit, das auch das Bundesverfassungsgericht aus dem Grundgesetz herleitet: Jeder soll, gemessen an seinem Wohlstand, einen entsprechenden Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Die Leistungsfähigkeit zeigt sich im Einkommen, im Umsatz, aber natürlich auch im Vermögen.
3. Durch Klimakrise und Ukrainekrieg stellt sich die Frage der fairen Beiträge zu unabweisbaren Aufwendungen in verschärfter Form. Zwar leisten die oberen Schichten überproportional bei der Einkommensteuer, die Belastung der mittleren und unteren Schichten durch indirekte Steuern bleibt dabei unberücksichtigt.
4. Eine Luxussteuer ist keine Enteignung, wenn schon eine Vermögenssteuer verfassungsrechtlich zulässig ist. Der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit geht daher ins Leere. Wer sich auf einen Grundgesetzartikel beruft, aber dabei den – einschränkenden – 2. Absatz unterschlägt, zeigt wenig Respekt vor dem Willen der Verfassungs“eltern“.
5. Die Möglichkeiten der Hochvermögenden, Einkommen und Vermögen in Niedrigsteuergebiete zu verschieben oder ganz vor den Finanzbehörden zu verbergen, ist groß. Eine valide Statistik existiert nicht. Das tatsächliche Ausmaß der Ungleichheit ist gar nicht bekannt. Dass dieses in andeen Ländern (USA, Russland, China usw.) noch wesentlich größer ist, macht Überlegungen hierzulande nicht gegenstandslos.
Denken Sie manchmal auch über die Konsequenzen Ihrer politischen Forderungen nach oder hauen Sie das einfach raus?
1. An den letzten Krisen hat der Staat oft erheblich mitgewirkt und die Kosten für alle teils dramatisch hochgetrieben. Jetzt kommen Sie und sagen: da müssen eben die Reichen ran. Moment, das ist ein Gemeinwesen und da haften alle gemeinsam. Wenn unser Staat Mist baut, dann haben gefälligst alle zu zahlen. Die Reichen entrichten übrigens einen Sonderobulus.
2. Die rechtliche Begründung für Steuern ist die Einnahmenotwendigkeit des Staates. Unsere Verfassung lässt dabei eine Flat Tax, aber kaum eine Steuerdiskriminierung zu. Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit heißt übrigens nicht, dass nur die eine Hälfte Steuern zu entrichten hat.
3. Auch das ist Unsinn. Transferempfänger zahlen de facto gar keine Steuern. Ansonsten haben wir eher eine linear bis leicht progressive Wirkung.
4. Prohibitive Steuern sind in Deutschland verboten. Eine Gesamtsteuerlast von 70 Prozent kann in diese Richtung interpretiert waren. Auch das war übrigens schon Gegenstand höchstrichterlicher Urteile.
Haben Sie sich nie Gedanken gemacht, warum Deutschland formal auf Luxussteuern verzichtet? Nicht, gell? Solche Abgaben haben einen stark selektiven Charakter, weniger Menschen können sich hochwertige Konsumgüter leisten. Das Elitäre wird verstärkt, statt gemindert. Nehmen Sie das Beispiel: Den Wagen für 400 k€ kann sich heute leisten, wer von seinen 40 Prozent Netto ausreichend übrig hat. Bei Luxussteuer kann sich das nur jemand leisten, der bei 20 Prozent Nettonoch genügend hat. Sie schließen viele vom Konsum aus und betonen den Reichtum weniger für vergleichsweise wenig Einnahmen.
5. Und? Niemand ist verpflichtet, in Deutschland zu versteuern, wenn das internationale Regeln zulassen.
Ab ja. Denken ist meine Lieblinsbeschäftigung.
1. Ja, an der Einhaltung internationaler Verpflichtungen (wie auch den Ukraine-Hilfen) wirkt unser Staat mit, das verursacht Kosten. Zum allgemeinen Migrationesthema komme ich noch.
2. Das war ein wörtliches Zitat von Prof. Wieland von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften.
3. Die indirekten Steuern von Transferempfänger verringern per Saldo die Kosten.
4. Nach einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages wäre in der derzeitigen Situation sogar eine einmalige Vermögensabgabe verfassungsgemäß.
Doch, aber bisher keine befriedigende Antwort gefunden. Ich denke aber darüber nach, warum Briten, Dänen und Norweger nicht so klug sind wie Sie.
5. Klar. Aber die deutsche Regierung könnte sich für die Änderung der Regeln einsetzen. Beispiel Kerosinsteuer. Extrem ungleiche = unfaire Behandlung verschiedener Verkehrsträger.
Ihr Talent verbergen Sie aber geschickt. Sie bilden auch in diesem Kommentar keine logischen Ketten und antworten auf Punkte, die nicht Thema waren.
1. Die Hilfen an die Ukraine sind weder eine Krise noch belasten sie den Bundeshaushalt überproportional. Anders verhält es sich mit der Inflation. Preissteigerungen sind zwangsläufig das Ergebnis von zuviel Notenpresse (ausschließlich Verantwortung des Staates) und Knappheiten. Die Knappheiten, die wir heute konstatieren und die Menschen belasten, sind maßgeblich durch den Staat induziert. Energie ist teuer, weil der Staat mit Steuern hoch belastet und Alternativen verbietet. Ihre Antwort: Dann müssen die Reichen dafür sorgen, dass sich Ärmere etwas leisten können. Nur ist das widersinnig: Knappheiten bekämpft man nicht dadurch, dass man Preise subventioniert, sondern für mehr Produktion sorgt.
2. Deswegen muss es nicht richtig sein. Das Gesetz sagt etwas anderes.
3. Zur Erinnerung: Sie haben behauptet, die Belastung der Reichen wäre nicht so einseitig, würde man Menschen mit niedrigem Einkommen berücksichtigten. Nur sind viele davon eben Transferempfänger und für sie übernehmen die Steuerzahler die Zeche. Das ändert also an der Verteilung gar nichts.
4. Niemand hat gesagt, eine Vermögensabgabe sei verfassungswidrig. Sie kamen mit Luxussteuern, das ist etwas völlig anderes. Wahrscheinlich wissen Sie nicht einmal den Unterschied.
Den Punkt lassen Sie aber vorbeigehen: Reiche zahlen eine Vermögensabgabe. Und dann? Ist es dann genug? Erwin hat diese Frage so oft an Sie gestellt: Wann ist es genug? Wann sagen Sie, auch die Vermögensten haben nun wirklich genug geleistet?
In Ihrer Aufzählung fehlen die Länder, die keine Luxusabgabe erheben. Es gibt nämlich viel, viel mehr Länder, die auf das Instrument verzichten. Die Briten machen das, was auch Neoliberale (z.B. der Autor) schon empfohlen haben: Besteuere Einkommen niedrig und schlage dann zu, wenn die Leute ihr Geld ausgeben. Besser kann man nicht nach der Leistungsfähigkeit besteuern.
In Norwegen liegt der ermäßigte Mehrwertsteuersatz bei 12 bzw. 15 Prozent. Sie befürworten also eine Anhebung unseres ermäßigten Satzes auf das norwegische Niveau? Warum nicht?
Norwegen plant eine Luxussteuer auf Autos im Wert von >60.000 Euro. Das sind sehr viele, vor allem die meisten Elektroautos. Hier versuchen wir gerade die Leute von den Vorteilen der BEVs zu überzeugen und subventionieren das hoch. Ich wäre ja schon zufrieden, wir würden mit der Subventionitis aufhören. Und was wollen Sie eigentlich? Wahrscheinlich wie immer beides: hohe Steuern und die mit Zuschüssen kompensieren. Sie hätten sich in Schilda wohl gefühlt.
5. Sie haben behauptet, Reiche könnten sich leichter der Steuerpflicht entziehen. Und nun bringen Sie als Beispiel die Kerosinsteuer. Die trifft also nach Ihrer Einschätzung („Nachdenken“) die Superreichen? Interessant.
Was meinen Sie, warum Deutschland eine solche Steuer nicht erhebt? Ich gebe Ihnen ein paar Tipps. Wenn Deutschland die Mineralölsteuer anhebt, was passierte dann regelmäßig? Die Leute sind über die Grenze zum Tanken gefahren.
Der deutsche Staat kann natürlich nur das Kerosin besteuern, das in Deutschland abgefüllt wird. Kerosin ist eine der wichtigsten Kostenkomponenten für die Airlines. Das Drehkreuz Frankfurt hat schon länger gelitten. Eine Steuer würde dem Standort den Garaus machen. Die Airlines würden vermehrt Zubringerdienste einrichten, und London, Paris, Zürich zu größeren Hubs ausbauen.
Deswegen wird Kerosin nicht besteuert. Und komischerweise sehen die meisten Länder das für völlig okay an. Sie dagegen reiten wieder die Welle: Am Deutschen Wesen soll die Welt genesen. War das nicht von den Nazis?
Nachdenk‘
Beleidigungen und Bad Faith – diesmal sogar mit (falschem) Nazi-Bezug. Sie sollten sich schämen.
Ich kann das schon lange nicht mehr hören: Wir Deutschen sollen Vorbild seien und andere sich an uns ausrichten. Das können doch alle mal sein lassen, oder?
Wir Liberal-Konservativen wünschen uns unisono einen unterhaltsamen Austausch: Argument – Benantwortung – Gegenargument (Gegenangriff). Reflektieren Sie, ob Sie nach dem Muster Agieren. Wenn nicht, verstehen Sie vielleicht, warum Erwin und ich manchmal schlicht genervt sind.
Sie argumentieren bei jedem Thema eindimensional: der Staat hat zu wenig Geld. Hätte er mehr Geld, wären die Leistungen besser und die diskutierten Probleme gelöst.
@ Stefan Pietsch 20. Mai 2023, 15:20
Am Deutschen Wesen soll die Welt genesen. War das nicht von den Nazis?
Deutsches Kaiserreich, bzw. Preussen.
Ich verstehe Citizens Ärger wg. unnötiger Nazi-Anspielung
Hallo CitizenK.
Dass nicht alles so einfach ist, hat Stefan ja schon aufgeführt. Jetzt mal ein paar Fragen von mir, nicht weniger allgemein.
Laut Grundgesetz ist Eigentum geschützt. Gilt das grundsätzlich, oder nur bis zu einem bestimmten Wert?
Was ist Deiner Meinung nach die Bemessungsgrundlage von Steuern? Das, was einer verdient? Das, was einer überbehält, nachdem er bereits Steuern abgeführt hat? Das, was der Staat willkürlich als Finanzbedarf festlegt? Das, was eine Gruppe einer anderen zumuten will? Sollte die Steuerbelastung sinken, wenn überall alles teurer wird?
Wie geht man damit um, wenn der Staat durch falsche Entscheidungen Kosten erzeugt?
Kann man unser Sozialsystem für Migranten aufrecht erhalten, Wenn jährlich Hunderttausende kommen, die nie darin eingezahlt haben? Wie regelt man Konflikte zwischen unseren einkommensschwachen Schichten und Migranten?
Welche Aufgaben hat der Staat? Wie umfangreich muss Versorgung sein, in welchen Bereichen?
Gibt es für Dich einen Weg zurück, zu weniger Leistung, weniger Geld, wo doch absehbar ist, dass in Zukunft immer weniger Menschen arbeiten werden und immer mehr versorgt werden?
es grüßt
E.G.
Es gibt natürlich keine Grenze für den Schutz des Eigentums. Prof. Wieland: Ein höheres Einkommen/Vermögen begründet eine höhere Leistungsfähigkeit.
Aus staatlichen Fehlentscheidungen/höheren Kosten ein Recht zur Steuer-Verweigerung ableiten? Einfach so? Dann müsste man auch den Steuerboykott aus Gewissensgründen anerkennen. Dafür gibt es in der Demokratie andere Wege.
Sozialsystem/Migranten: Der Einwand ist berechtigt.
Bisher war das zu „schaffen“, aber jetzt sind viele Gemeinden am Limit. Es sind ja Maßnahmen auf dem Weg. Weitere werden folgen.
Konflikte mit einkommensschwachen Schichten sehe ich bisher nicht. Auch Einkommensschwache sind bereit, Menschen zu helfen, die alles verloren haben. Und: Die Chancen der Einwanderung besser nutzen. Auch da bewegt sich etwas.
Der „Weg zurück zu weniger Leistung“ ist vorgezeichnet. Wie gesagt, auch eine Frage der gesellschaflichen Prioritäten.
Es gibt natürlich keine Grenze für den Schutz des Eigentums.
Was meinen Sie damit?
@ CitizenK 20. Mai 2023, 15:27
Es gibt natürlich keine Grenze für den Schutz des Eigentums.
Sagt das Grungesetz zwar anders, aber okaaay …
Prof. Wieland: Ein höheres Einkommen/Vermögen begründet eine höhere Leistungsfähigkeit.
Gehe zurück auf „Los“ …
Wie oft denn noch? Keine Einwände. Wenn jemand, der 5x soviel verdient wie ein anderer, 19x soviel Steuern zahlen muss, IST DAS DOCH GEGEBEN! Also, warum noch mehr abzwacken?
Ich sehe aus Deiner und Ralfs Ecke (sorry, wenn ich Euch hier zusammenspanne, er formuliert deutlich aggressiver als Du) sehe ich als einziges Kriterium fürs zusätzliche Abkassieren, wie viel (noch) da ist. Wenn also einer 100 Mio. Euro Privatvermögen hat und ihm davon bereits 90 Mio. Euro abgeknöpft wurden, hat er immer noch mehr als andere, und soll weiter belastet werden?
Aus staatlichen Fehlentscheidungen/höheren Kosten ein Recht zur Steuer-Verweigerung ableiten?
Wie so oft liest Du nicht richtig. Ich will daraus kein Steuer-Verweigerungsrecht ableiten, aber ich will auch kein Steuererhöhungs-Automatismus aufgrund falscher Entscheidungen, die wissenden Auges getroffen wurden. Ich würde dem Staat anders als Du gerne den Freibrief verweigern, Geld zu verschwenden und sich anschließend schadlos zu halten.
Sozialsystem/Migranten: Der Einwand ist berechtigt. Bisher war das zu „schaffen“, …
Nein, war es nicht. Grundsätzlich kann Geld nur einmal ausgegeben werden, und ist es an dieser (oder einer beliebigen anderen Stelle) weg, steht es nicht mehr für andere Ausgaben oder Investitionen zur Verfügung.
Konflikte mit einkommensschwachen Schichten sehe ich bisher nicht.
Habe ich schon mehrfach genannt. Die bestimmenden Ressourcen sind nicht Geld, sondern in erster Linie Fachkräfte, weshalb sich Krippen, Schulen und andere Behörden schwertun. Konkurrenz an den Tafeln, oft genannt. Kampf um bezahlbare Wohnungen, wobei hier die Kommunen sehr häufig zu Gunsten der Migranten argumentieren.
Und: Die Chancen der Einwanderung besser nutzen. Auch da bewegt sich etwas.
Das ist neu von Dir, wird aber gerne genommen.
Ansonsten sind ja seit der ersten Einwanderungswelle aus Syrien schon acht Jahre vergangen. Da wird es Zeit, dass sich „etwas bewegt“.
Der „Weg zurück zu weniger Leistung“ ist vorgezeichnet. Wie gesagt, auch eine Frage der gesellschaflichen Prioritäten.
Ja, jetzt sind wir am entscheidenden Punkt. Du hast das, anderrs als Ralf, wenigstens verstanden. Die Gesellschaft muss darüber diskutieren, was sie sich leisten will, und was sie sich leisten kann. Man muss aufhören, allen alles zu versprechen. Das ist unrealistisch und unredlich.
Das ist genauso unscharf wie alles andere. „signifikant“, „mehr“, besser“, „Verantwortung“, „andere“, „nicht so reflektiert“, „merklich“ … ist alles nicht so zielführend.
Was “signifikant”, “mehr”, “besser” etc. heißt, entscheidet unsere Gesellschaft.
Ansonsten vermisse ich von Dir eine Antwort, ob die Probleme, die ich aufgelistet habe, wert sind adressiert zu werden und, wenn ja, wo das Geld herkommt.
@ Ralf 19. Mai 2023, 02:06
Was “signifikant”, “mehr”, “besser” etc. heißt, entscheidet unsere Gesellschaft.
Was darauf hinausläuft, dass die nicht so wohlhabende Mehrheit über das Vermögen der wohlhabenderen Minderheit entscheidet, und die Grenzen für geschützten Besitz nach Bedarf angepasst werden. No way …
Ansonsten vermisse ich von Dir eine Antwort, ob die Probleme, die ich aufgelistet habe, wert sind adressiert zu werden und, wenn ja, wo das Geld herkommt.
Dann habe ich mich wohl nicht klar genug ausgedrückt, sorry: Ja, aber ..
Ich sehe die Herausforderungen ähnlich wie Du, bin der Meinung, dass man diese Probleme lösen sollte, bin auch der der Meinung, dass Vieles, wofür der Staat Geld ausgibt, weniger wichtig ist. Fang an, diese Ausgaben zu kürzen, fang an, Staat und Bundestag zu verschlanken, die Abläufe einfacher zu machen (nur ein Beispiel: Es gibt in Deutschland über 830 regional/lokal zuständige Stellen, um Bauanträge einzureichen; eine allgemein gültige Website, wo jeder seinen Bauantrag digital einreichen kann, gibt es nicht), die Pensionen der Beamten genauso zu behandeln wie die Renten der normalen Menschen, die dafür in die Rentenversicherung eingezahlt haben, schneide überflüssige „Luxusausgaben“ zurück, verhindere Zuwanderung (oder nimm sie von der Sozialhilfe aus), ermögliche Einwanderung in den Arbeitsmarkt etc.
Dann schauen wir auf den dreistelligen Milliardenbetrag, der zur Verfügung steht. Und wenn der sinnvoll eingesetzt ist, erden wir gerne über mehr.
Wie an anderer Stelle gesagt: Wie hoch die Steuern sind, die einer bezahlen muss, sollte nicht davon abhängen, wie viel ein anderer ausgeben möchte. Das hat mit „Regeln“ und „Fairness“ nichts zu tun.
Was darauf hinausläuft, dass die nicht so wohlhabende Mehrheit über das Vermögen der wohlhabenderen Minderheit entscheidet, und die Grenzen für geschützten Besitz nach Bedarf angepasst werden.
Ja. Das nennt man Demokratie. Die Mehrheit entscheidet übrigens auch vieles, was mir nicht gefällt. Muss ich leider mit leben. Bei aller Imperfektion – ein besseres politisches System als die Demokratie gibt es nicht.
fang an, Staat und Bundestag zu verschlanken, die Abläufe einfacher zu machen […], die Pensionen der Beamten genauso zu behandeln wie die Renten der normalen Menschen, die dafür in die Rentenversicherung eingezahlt haben, schneide überflüssige „Luxusausgaben“ zurück, verhindere Zuwanderung (oder nimm sie von der Sozialhilfe aus), ermögliche Einwanderung in den Arbeitsmarkt etc.
Bundestag verschlanken ist ein symbolischer Akt ohne wesentliches Einsparpotential. Ich bezweifele, dass es juristisch möglich ist, bestehende Beamtenpensionen wie reguläre Renten zu behandeln. In die Zukunft gerichtet stellt sich die Frage ob noch jemand Beamter werden will – bei all den besonderen Pflichten (z.B. kein Streikrecht) – wenn nicht gleichzeitig auch besondere Vorteile (z.B. die Pensionen) geboten werden. Einwanderern Sozialhilfe – per Definition das Existenzminimum – vorzuenthalten, ist grundgesetzwidrig. Wenn Du eine Idee hast, wie man “Einwanderung verhindert”, dann herzlichen Glückwunsch. Bei Zehntausenden, die in Boote steigen, Zäune durchbrechen oder von Schleppern eingeschleust werden, ist “Verhinderung” schlicht unmöglich. Ich unterstütze Dich mit Evergreens wie “Rückführungsabkommen mit Problemländern aushandeln” und ähnlichem. Ist halt nur oft nicht möglich und wir haben null Leverage. Ich kann mit Push-Backs leben, wenn sie das Leben der Migranten nicht gefährden. Aber auch Push-Backs verhindern kaum Einwanderung. Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Und die Abgewiesenen sind am nächsten Tag wieder da. Großbritannien will jetzt Migranten für Asylanträge nach Ruanda ausfliegen lassen. Auch damit könnte ich leben, wenn es da irgendeinen plausiblen Plan gäbe, was mit den abgelehnten Kandidaten dann geschehen soll. Aber ein solcher Plan ist nirgends in Sicht und Ruanda kann auch rein praktisch nicht die Millionen Flüchtlinge aufnehmen, die in die EU stürmen – nur ein verschwindend geringer Teil derjenigen wandert ja nach Großbritannien weiter. Also dann mal her mit Deinem Plan “Einwanderung zu verhindern” …
Ach ja – und wer entscheidet eigentlich was “überflüssige Luxusausgaben” sind? Eben hattest Du ja noch ein Problem mit Mehrheitsentscheidungen. Und jetzt entscheidest Du ganz alleine was “überflüssige Luxusausgaben” sind?
[Was darauf hinausläuft, dass die nicht so wohlhabende Mehrheit über das Vermögen der wohlhabenderen Minderheit entscheidet, und die Grenzen für geschützten Besitz nach Bedarf angepasst werden.]
Ja. Das nennt man Demokratie.
Nein. Das nennt man Missachtung des Rechtsstaates. Demokratie darf in einem modernen Staatswesen nicht alles. Sonst schaffen wir das Recht auf Asyl ab. Will ja die Mehrheit.
Wie so oft: Linke kennen nur das demokratische Prinzip, nicht aber das Recht. Wobei, Sie haben ja vor Tagen Positionen zum Besten gegeben, die sich mit nichts vereinbaren lassen außer mit diktatorischen Überzeugungen.
@ Ralf 20. Mai 2023, 00:00
Ja. Das nennt man Demokratie.
Das nennt man Sozialismus.
In die Zukunft gerichtet stellt sich die Frage ob noch jemand Beamter werden will – bei all den besonderen Pflichten (z.B. kein Streikrecht) – wenn nicht gleichzeitig auch besondere Vorteile (z.B. die Pensionen) geboten werden.
Keine Beiträge abführen, danach höhere Auszahlungen und keine Sozialabgaben ist OK, aber knapp 50 % Steuern auf höhere, selbst verdiente Gehälter ist nicht OK? Keine für mich nachvollziehbare Logik.
Zum Thema Einwanderung – Können wir nicht aufhalten, können wir nicht stoppen, also behalten wir alle, die hier landen, und versorgen sie auf unserem hohem Niveau, mit zusätzlichen hohen Ausgaben für Bildung etc.? Schon jetzt gibt es dadurch reichlich Konflikte in Schulen, an Tafeln, bei schlecht bezahlten Jobs, bei Sozialwohnnungen, Betreuer:innen etc.
Das ist derart hanebüchen, dass mir die Spucke wegbleibt. Tu Dir einen Gefallen und beschäftige Dich mal mit den Kosten Deiner Programme. Sag konkret, wieviel Geld Deiner Meinung nach gebraucht wird, und sag konkret, auf auf welche Art das zusammenkommen soll.
Dieses Dummsabbeln á la „die Reichen“ – ohne zu wissen, welchen Anteil die bereits leisten, welche Summen da zusammenkommen, hängt mir langsam zum Hals raus.
Und jetzt entscheidest Du ganz alleine was “überflüssige Luxusausgaben” sind?
Hab ich das gesagt?
Das Problem, was ich mit Deinen unscharfen Begriffen wie „Luxus“ habe, liegt darin, dass jeder das anders sieht. Ist ein Anzug für 1.000 Euro Luxus? Für einen Wirtschaftsführer, der sich mit den Mächtigen der Welt trifft? Für einen kleinen Abteilungsleiter, der Bereichsleiter werden will? Für einen Arbeitslosen?
Dein Weltbild ist fest gefügt, aber viel mehr als Worthülsen kann ich nicht erkennen – sorry. Ich denke, dass die weitere Diskussion hier wenig Sinn macht.
Neben Deiner inhaltlich falschen Definition von Sozialismus, hast Du leider völlig vergessen mal konkret zu benennen, wie Du grundgesetzkonform Einwanderung verhindern willst. Nicht das mich das erstaunen würde, denn – obwohl sich solche Forderungen immer sehr leicht am Stammtisch herausposaunen lassen – sind die Probleme hier sehr komplex und manches ist möglicherweise schlicht nicht lösbar. Ähnliches gilt für Deine anderen Punkte. Wenn es konkret wird, bist Du meistens weg.
Abgesehen davon, dass solche Votwürfe daneben gehen, hauen Sie Platitüden, die politisch in die Welt gesetzt wurden, als unumstößliche Tatsachen raus.
Artikel 16a GG gilt auf dem Rechtsbereich der Bundesrepublik. Das ist wichtig zu wissen, da fast alle Asylbewerber aus EU-Partnerländern und damit sicheren Herkunftsländern kommen. Eine Zurückweisung bereits an der Grenze ist damit zulässig, völlig ohne das Wort „Asyl“. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Urteilen zu Artikel 16a festgestellt. Die Bundespolizei kann auch in den Zügen von Tschechien Kontrollen durchführen und offensichtlich Unberechtigte von der tschechischen Polizei zurückhalten lassen.
Die Bundesregierung will das alles nicht. Das ist keine rechtliche Unabdingbarkeit, sondern eine politische Entscheidung. Deswegen sind Ihre Vorwürfe und Behauptungen Unsinn.
@ Ralf 20. Mai 2023, 12:01
Neben Deiner inhaltlich falschen Definition von Sozialismus, …
Oh Mann …
Meine „inhaltlich falsche Definition“ ist immerhin dichter an Deiner Forderung nach regelloser Enteignung als Deine von „Demokratie“…
… hast Du leider völlig vergessen mal konkret zu benennen, wie Du grundgesetzkonform Einwanderung verhindern willst.
Wurde hier schon Dutzende Male erklärt. Es scheitert nicht an fehlenden Gesetzen, sondern am fehlenden politischen Willen.
Wenn es konkret wird, bist Du meistens weg.
Sorry, jetzt wirst Du albern. Für jemanden, der wolkig irgendwelche Problemfelder benennt, sich hier weder zu konkreten Umsetzungen noch zur allgemeinen Machbarkeit äußert, dafür aber – in Erkenntnis der Ineffizienz unserer Apparate – unbegrenzt Gelder von Leuten fordert, für die er festlegt, dass sie „zuviel“ haben, ist der Vorwurf an mich, nicht konkret zu sein, einfach albern.
Mal davon abgesehen, dass es so was wie eine „richtige Definition“ von Sozialismus eh nicht gibt.
@Erwin Gabriel
Von regelloser Enteignung hat niemand gesprochen und das weißt Du auch ganz genau.
Wie grundgesetzkonforme Verhinderung von Einwanderung bewirkt werden kann, ist hier überhaupt nicht plausibel dargelegt worden. Stattdessen hast Du ein Bündel von Vorschlägen gepostet, das einem Wolkenkuckucksheim gleichkommt und das in der Realität null Chance auf rechtskonforme Umsetzung hat. Mit anderen Worten: Für den Stammtisch geeignet. Für die Wirklichkeit untauglich.
Dass irgendwer “unbegrenzt” Geld fordert, ist Unsinn. Meine Vorstellung einer lebenswerten Gesellschaft ist eben eine Mittelklassegesellschaft, in der niemand so arm ist, dass er unten aus der unteren Mittelklasse herausfällt und niemand so reich ist, dass er oben aus der oberen Mittelklasse herausbricht. Das Spektrum zwischen unterer und oberer Mittelklasse ist breit genug, um Menschen zur Leistung zu motivieren, gute Arbeit zu honorieren und Aufstieg aus kleinen Verhältnissen zu ermöglichen. Und eine Mittelklassegesellschaft ist stabil und kann demokratisch organisiert werden, weil niemand über die Mittel verfügt Parteien, Politiker oder ein Heer von Lobbyisten zu kaufen. Es ist Dir ja gegönnt meine Ideen abzulehnen. Ich wäre allerdings dankbar, wenn Du das mit Argumenten tätest, anstatt mir irgendwelchen Quatsch in den Mund zu legen.
@ Ralf 21. Mai 2023, 19:43
Von regelloser Enteignung hat niemand gesprochen und das weißt Du auch ganz genau.
Du hast sicherlich nicht wörtlich von „regelloser“ Enteignung gesprochen, sondern von geregelter Enteignung, wobei die Regeln der Enteignung je nach Bedarf verschoben werden können, es also keine bindende Obergrenze gibt. Wo siehst Du da einen Unterschied?
Wie grundgesetzkonforme Verhinderung von Einwanderung bewirkt werden kann, ist hier überhaupt nicht plausibel dargelegt worden.
Dann liest Du nicht richtig. Ich habe nichts gegen Einwanderung, die fordere ich seit Jahren vehement. Ich habe etwas dagegen, dass wir geflüchteten Menschen, die bereits in einem anderen europäischen Land sicher untergekommen sind, unnötigerweise hier Asyl gewähren und sie auf einem Niveau versorgen, dass auf gleichem Niveau liegt wie bei Menschen, die hier jahrelang in die Sozialhilfesysteme eingezahlt haben. Das entspricht nicht der Rechtslage.
Stattdessen hast Du ein Bündel von Vorschlägen gepostet, das einem Wolkenkuckucksheim gleichkommt und das in der Realität null Chance auf rechtskonforme Umsetzung hat. Mit anderen Worten: Für den Stammtisch geeignet. Für die Wirklichkeit untauglich.
Nicht, dass Du mich falsch verstehst: Ich denke, dass wir bei der Analyse der zu bewältigenden Probleme wirklich dicht beieinander liegen; der Unterschied liegt in den Lösungsansätzen. Mag sein, dass meine Vorschläge in der Realität „null Chance auf rechtskonforme Umsetzung“ haben; das liegt allerdings nicht an den Vorschlägen, sondern an einem System, dass sich der Bequemlichkeit verschrieben hat. Es ist sicherlich für die regierenden Parteien dankbarer, wahlkampf-getriebene Versorgungsversprechungen zu geben, als sich mit einer (dringend erforderlichen) Reform der staatlichen Bürokratien abzugeben. Es ist aus Sicht der Wählenden auch sicherlich bequemer, auf die Versprechungen zu hören und sich jemanden zu suchen, der für deren Erfüllung aufkommt, als zu hinterfragen, wo das Ganze enden soll. Insofern magst Du mit Deinem Vorwurf Recht haben. Aber selbst, wenn meine Vorschläge angesichts der Realität undurchführbar scheinen, sind sie nicht falsch; man könnte, aber will halt nicht.
Aber schau auf Deine Vorschläge: Nichts von dem, was Du forderst, ist unter den gegebenen Umständen sinnvoll. Du willst mit (noch mehr) Geld auf die Probleme losgehen, während meiner Erfahrung nach noch mehr Geld Probleme nicht löst, wenn die anderen bestimmenden Aspekte nicht angegangen werden. Nenn mir mal zwei oder drei Beispiele für einen der zahlreichen Milliarden-„Wummse“, bei denen das Geld halbwegs sinnvoll auf die Straße gebracht wurde und die Ergebnisse zur Summe passen. Es gab in den letzten 10 oder 20 Jahren genug davon, es sollte Dir also nicht schwerfallen. Fallen Die keine Beispiele ein, ist NUR Geld offenbar keine Lösung, und alles, was Du bisher geschrieben hast, ist damit für die Katz.
Dass irgendwer “unbegrenzt” Geld fordert, ist Unsinn.
Nun, Du erhebst Forderungen, willst aber weder für die Höhe der beaufschlagten Einkommen noch für Steuern prozentuale Grenzen benennen, weigerst Dich, Belastungsobergrenzen zu akzeptieren, und behältst Dir vor, dass jede wie auch immer vereinbarte Regelung „bei Bedarf“ nachgesteuert werden kann, also keine dauerhafte Gültigkeit hat. Aber wenn Du Geld für den Staat forderst, ohne Grenzen zu akzeptieren, was ist das anderes als „grenzenlos“?
Meine Vorstellung einer lebenswerten Gesellschaft ist eben eine Mittelklassegesellschaft, in der niemand so arm ist, dass er unten aus der unteren Mittelklasse herausfällt …
Volle Zustimmung meinerseits, aber utopisch. Was machst Du dann mit Menschen, die nicht arbeiten wollen? Auf Mittelklasse-Niveau versorgen?
… und niemand so reich ist, dass er oben aus der oberen Mittelklasse herausbricht.
Und Du nennst meine Forderungen, den Staat zu modernisieren, Wolkenkuckucksheim?
Wie unterscheidest Du zwischen einem erfolgreichen Unternehmensgründer, dessen Unternehmen wächst und wächst, der vielen Leuten Arbeit besorgt, und seinem Pförtner? Faktor 3 im Gehalt?
So sehr ich Deine Wunschvorstellung nachvollziehen kann, so wenig ich ihr aus weltanschaulicher Sicht widersprechen möchte, so sehr muss ich doch feststellen, dass der Mensch für eine derartige Eingrenzung nicht gemacht ist. Du hast ein Spektrum von Steh-auf-Männchen bis lebensuntauglich, von Führern, Folgern und Aus-dem-Weg-Gehern, von absoluten Genies bis grenzdebile Vollpfosten, von willensstark bis willensschwach, robust bis zart, von Helfer-Syndrom bis Soziopath, von Siegern bis Verlierern, von Leistungsträgern bis Mitläufern, von Realist bis Jammerlappen – und alle sollen in das gleiche Korsett gezwängt werden?
Es ist Dir ja gegönnt meine Ideen abzulehnen. Ich wäre allerdings dankbar, wenn Du das mit Argumenten tätest, anstatt mir irgendwelchen Quatsch in den Mund zu legen.
Ich hatte mich auch schon gefragt, wann die nächste Beleidigung kommt …
Ist das ein Linken-Problem, dass nicht richtig gelesen wird? Ich weigere mich nicht (und stelle die Forderung auch nicht allgemein auf), dass wirklich Reiche für die Probleme, die wir haben (und die von unseren letzten Regierungen weitgehend selbst verursacht wurden)
nicht stärker zur Kasse gebeten werden dürfen. Ich möchte nur, dass man damit wartet, bis der Staat in der Lage ist, das Geld auch ordentlich auf die Straße zu bringen, und dann dafür Regeln festlegt, die Bestand haben und nicht beliebig verschoben werden können.
Du hast […] von geregelter Enteignung [gesprochen], wobei die Regeln der Enteignung je nach Bedarf verschoben werden können, es also keine bindende Obergrenze gibt.
Nein, das habe ich nirgends geschrieben. Aber da Du gerade fragst, ich favorisiere Höchstgehälter – also per Definition eine feste, bindende Obergrenze, ab der der Steuersatz 100% beträgt.
Ich habe nichts gegen Einwanderung, […]. Ich habe etwas dagegen, dass wir geflüchteten Menschen, die bereits in einem anderen europäischen Land sicher untergekommen sind, unnötigerweise hier Asyl gewähren
Ok, Zuwanderung von Arbeitskräften, die das Land braucht, fordern wir beide. Aber um diese Art von Zuwanderung ging es ja auch nicht. Der zweite Teil Deiner Äußerung sagt dann de facto, dass Du jegliche Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland ablehnst. Denn jeder Flüchtling, der Deutschland auf dem Landweg erreicht, egal aus welcher Richtung er kommt, kommt per Definition aus einem sicheren Drittstaat. Dann müssten wir also niemals jemanden aufnehmen. Das ist natürlich super bequem für uns und auf der Lebenslüge von Dublin haben es sich die Deutschen ja auch lange Zeit gemütlich gemacht. Das Problem ist, dass Griechenland, Italien, Spanien etc. das sehr verständlicherweise nicht mehr mitmachen. Statt Deinem „Drittstaatenargument“ sollten wir über eine fairere Verteilung von Flüchtlingen in der EU reden.
Du willst mit (noch mehr) Geld auf die Probleme losgehen, während meiner Erfahrung nach noch mehr Geld Probleme nicht löst, wenn die anderen bestimmenden Aspekte nicht angegangen werden. Nenn mir mal zwei oder drei Beispiele für einen der zahlreichen Milliarden-„Wummse“, bei denen das Geld halbwegs sinnvoll auf die Straße gebracht wurde
In der Analyse, dass ich jedes Problem nur mit mehr Geld lösen möchte, finde ich mich nicht wieder. Aber ja, Geld ist bei vielen Problemen ein bedeutender – wenn auch nicht der einzige – Faktor. Wir erleben derzeit einen dramatischen Umbruch in der Welt. Die Klimakrise verschärft sich, braucht massive staatliche Investitionen. Die USA und China beginnen mit Nachdruck ihre Wirtschaften zu subventionieren und werben aggressiv um die Abwanderung unserer Industrie. Da können wir nicht zuschauen. Der demographische Wandel beschert uns ein drastisches Schrumpfen des Personals in den Berufen der Pflege in exakt jenem Moment, als unsere Gesellschaft älter wird und mehr, viel mehr Pflege braucht. 16 Jahre Investitionsstau hat uns grotesk zurückgeworfen. Von fehlender Digitalisierung bis hin zu maroden Brücken. Dazu kommen neue Herausforderungen in der Verteidigung, die durch einen Angriffskrieg in unserer unmittelbaren Umgebung notwendig wurden. Und und und. Mir ist nicht erklärlich, wie diese Probleme ohne mehr staatliche Ausgaben gelöst werden sollen.
Was die Effektivität von „Milliarden-Wummsen“ angeht, verstehe ich Deine grundsätzliche Kritik – zumindest interpretiere ich das jetzt mal so – dass da zu viel mit der Gießkanne geschieht. Aber wenn wir ehrlich zu uns sind, dann müssen wir konstatieren, dass das oft der einzig politisch gangbare Weg ist. Parteien, die bei Krisen-Hilfen, nicht allen was abgeben, werden abgewählt. Mir gefällt das auch nicht. Aber das ist halt politische Realität.
Und manche „Milliarden-Wummse“ waren am Ende garnicht so verkehrt. Die Investitionen in die Kurzarbeit während der Covidpandemie haben zum Beispiel unendlich viele Arbeitsplätze gerettet und gesellschaftliche wie wirtschaftliche Stabilität erhalten. In den USA haben hingegen Unzählige ihre Jobs verloren … und sind nach Ende der Pandemie nicht mehr zurückgekehrt. Auch die Abwrackprämie in 2009 war letztlich eine gute Idee, die der Autoindustrie zumindest geholfen hat eine besonders schwierige Zeit solide zu überwinden und gut aufgestellt zu sein, als der internationale Markt dann wieder anzog.
Was machst Du dann mit Menschen, die nicht arbeiten wollen? Auf Mittelklasse-Niveau versorgen?
Ja. Auf dem Niveau der unteren Mittelklasse.
Wie unterscheidest Du zwischen einem erfolgreichen Unternehmensgründer, dessen Unternehmen wächst und wächst, der vielen Leuten Arbeit besorgt, und seinem Pförtner? Faktor 3 im Gehalt?
Ja, Faktor 3 klingt nicht verkehrt. Meinetwegen auch Faktor 4 oder 5. Der Faktor des Zugewinns an Lebensstandard ist im übrigen immer wesentlich größer als der reine Unterschied im Gesamtgehalt. Arbeitnehmer mit niedrigen Gehältern stecken nämlich fast ihr gesamtes Einkommen in Grundbedürfnisse und anschließend ist nichts mehr übrig. Der Großverdiener hingegen steckt nur einen kleinen Teil seines Einkommens in Grundbedürfnisse und hat sehr, sehr viel mehr übrig, um das Leben zu genießen. Der Unterschied in der Lebensqualität zwischen einem 35.000 Euro Gehalt und einem 105.000 Euro Gehalt ist nicht Faktor 3.
Du hast ein Spektrum von Steh-auf-Männchen bis lebensuntauglich, von Führern, Folgern und Aus-dem-Weg-Gehern, von absoluten Genies bis grenzdebile Vollpfosten, von willensstark bis willensschwach, robust bis zart, von Helfer-Syndrom bis Soziopath, von Siegern bis Verlierern, von Leistungsträgern bis Mitläufern, von Realist bis Jammerlappen – und alle sollen in das gleiche Korsett gezwängt werden?
Ich finde den Begriff „Korsett“ unpassend. Die Mittelklasse bietet eine große Breite an Lebensrealitäten. Das Leben in der unteren Mittelklasse ist ein völlig anderes als in der oberen Mittelklasse. Ich bin in einem Problemviertel einer Großstadt aufgewachsen. In einer Sozialwohnung. Wir hatten lange nur ein einziges Familienauto. Einen billigen Ford. Viele Urlaubsfahrten gingen an die nahgelegene Nordsee. Später, als meine Mutter dann noch zuverdiente, auch mal ans Mittelmehr. Meine Freunde auf dem Gymnasium kamen hingegen fast alle aus der mittleren bis oberen Mittelschicht. Da wohnte man im Einfamilienhaus im schicken Viertel. Es wurde Mercedes und BMW gefahren. Im Urlaub gastierte man in den USA oder in Thailand. Viele fuhren im Winter nochmal zum Skifahren in einen zweiten Urlaub.
Ich habe also beide Enden des Spektrums zur Genüge gesehen und beide haben ihre Daseinsberechtigung. Was für mich keine Daseinsberechtigung hat, sind Superreiche mit drei Villen und vier Jachten und Privatjet. Was für mich ebenfalls keine Daseinsberechtigung hat, sind arme Familien, die es sich nicht leisten können ihrem Kind die Klassenfahrt zu finanzieren. Oder die dringend gebrauchte Hose.
Geht unten weiter
Beamtenpensionen sind ein Problem – aber vor allem deshalb, weil dafür früher keine Rückstellungen gebildet wurden.
Vergleich zu Renten: Der Beamtenbund macht da Rechnungen auf, die das relativieren. Aber ehrlich gesagt, überzeugen die mich nicht ganz. Das sind Privilegien. Um die abzuschaffen, müsstest Du: das Grundgesetz ändern! Für solche Gedanken bin ich hier schon in die Nähe von Verfassungsfeinden gerückt worden.
Aber wie ist zu erklären, dass trotzdem (und trotz „Halbtagsjob“ und langen Ferien) immer weniger junge Leute Lehrer werden wollen?
Wobei zugegebenermaßen der Vorwurf der Verfassungsfeindschaft immer von Stefan kommt, nicht von Erwin.
@ CitizenK 20. Mai 2023, 15:33
Mein Problem mit den Beamtenpensionen ist de starke Einseitigkeit. Ein Beamter darf nicht streiken, ist aber unkündbar, und hat, etwa bei Elternzeit und anderen Themen, eine Flexibilität, die es in der freien Wirtschaft nicht gibt.
Zum geringeren Gehaltslevel ist zu sagen, dass man die Brutto-Gehälter nicht vergleichen kann; netto sieht es schon deutlich besser aus; außerdem gibt es prekäre Beschäftigungsverhältnisse auch in der freien Wirtschaft zur Genüge, die dann nicht durch Beamten-ähnliche Vorteile aufgewogen werden.
Wenn man dann, ohne Beiträge in irgendeine Sozial- oder Gemeinschaftskasse zu bezahlen, fast die doppelte Summe ausbezahlt bekommt wie jemand in der freien Wirtschaft, der 40 oder 45 Jahre lang seine 15 bis 20 Prozent einbezahlt hat, ist das schon heftig.
Selbst wenn Pensionen wie Betriebsrenten behandelt und versteuert werden müssen, bleibt netto immer noch mehr über als bei einer Vergleichsrente (= soll heißen: Rente aus vergleichbarem Job).
„…ist das schon heftig“.
Mit anderen (meinen) Worten: Unfair?
Weil die Kritik an den höheren Pensionen immer wieder hochkommt (und im Zuge der Rentenkrise stärker werden wird), lohnt es sich vielleicht, die Argumente des Beamtenbundes zu diskutieren:
„Bei den trotz aller Unterschiede immer wieder angestellten Vergleichen zwischen Beamtenpensionen und Renten wird leider allzu oft – neben vielen weiteren Aspekten – Folgendes übersehen oder offenbar ignoriert:
Die Vergleiche beruhen generell auf Bruttoangaben.
Versorgungsbezüge werden als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit noch bis zum Jahr 2040 (Alterseinkünftegesetz) deutlich höher besteuert als Renten.
Ruhestandbeamte müssen aus ihren versteuerten Versorgungsbezügen noch die Kosten der beihilfekonformen privaten Krankenversicherung bestreiten.
Beamte haben i.d.R. einen vollständigen Erwerbslebenslauf – in die Rentenstatistik fließen aber auch nur vorübergehende oder geringfügige Beschäftigungsverläufe vollständig ein.
Beamte haben gegenüber den übrigen Beschäftigungsbereichen ein deutlich höheres durchschnittliches Qualifikationsniveau (etwa 2/3 mit mind. Fachhochschulabschluss); ein höheres Qualifikationsniveau führt zwangsläufig und völlig legitim zu höheren Bezügen und somit auch zu höheren Versorgungsleistungen.
Entgegen vergleichbaren tariflich Beschäftigten im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft erwerben Beamte keine zusätzlichen Altersversorgungsansprüche in Form einer ergänzenden betrieblichen Altersversorgung.
Die Beamtenversorgung beruht auf dem verfassungsrechtlich verbürgten Alimentationsprinzip und hat zugleich qualitätssichernde Funktion für den öffentlichen Dienst.“
Die Idee ist ja, dass der Staat eine angemessene Versorgung gewährleisten muss. Im Gegenzug bezahlt er niedrigere Bezüge als in der freien Wirtschaft üblich wären und erhält die totale Loyalität.
Das Nettogehalt von Beamten ist oft höher als vergleichbarer Beschäftigter in der Privatwirtschaft.
@Ralf
Bisher hab ich nur die Vorschläge gehört Sozialleistungen senken und Pflichtkita für Kinder, die zuhause türkisches Fernsehen sehen. Letzteres ist weder juristisch noch praktisch umsetzbar.
Wie kommen Sie darauf? Bevor ich mich dem zuwende, die Klarstellung: Es war die Alternative aufgeworfen worden, entweder die ultraliberale Migrationspolitik aufrechtzuerhalten oder den Sozialstaat massiv zurückzufahren. Wie so oft im Leben müssen wir uns entscheiden, denn beides zusammen geht nicht, das zeigt die Empirie.
Warum sollte eine Kita-Pflicht nach Problemgruppen verfassungswidrig sein? Zur Untermauerung dieser These kämen zwei Aspekte in Frage. Es stellt sich die Frage, ob Eltern in ihrem Schutzrecht verletzt sind, wenn sie ihr Kind in eine Kita geben müssen. Davon ist nicht auszugehen, schließlich greift auch die allgemeine Schulpflicht nicht unzulässig in den Schutz von Ehe und Familie ein.
In Frage käme auch das Diskrimierungsverbot. Doch Kinder, die erhebliche Entwicklungsrückstände gegenüber Gleichaltrigen aufweisen, werden nicht diskriminiert, denn sie zeigen ja abweichende Merkmale. Die Eltern konnten ihnen offensichtlich nicht die angemessene Fürsorge angedeihen lassen, die altersgemäß gewesen wäre, wodurch die Kinder in ihrer Entwicklung unzweifelhaft geschädigt wurden. Eine Diskriminierung liegt offensichtlich nicht vor.
Des weiteren käme noch der Aspekt der Verhältnismäßigkeit in Frage. Doch warum sollte es unverhältnismäßig sein, einen vierjährigen Knirps von 9-17 Uhr in eine Kita mit Fachpersonal zu überantworten, der kein Wort spricht, Zähne nicht putzen kann und sich die Unterhose von der Mama anziehen lassen muss?
Ist eine solche Maßnahme geeignet? Zweifellos, wenn nicht erfahrene und geschulte Erzieher ein Kind bilden können, wer dann? Die Eltern waren dazu offensichtlich nicht in der Lage.
Warum sollte eine Kita-Pflicht nach Problemgruppen verfassungswidrig sein?
Die Tatsache, dass man zuhause türkisches Fernsehen sieht, macht einen nicht zur “Problemgruppe”.
Nein, aber das war klar eine Überspitzung. Ich habe oft über die Vernachlässigung in bildungsfernen Schichten in Artikeln und Kommentaren ausgeführt. Wenn Eltern es nicht vermögen, ihren Kindern in den ersten 3, 4 Lebensjahren das Wichtigste beizubringen, das sie befähigt, sich später in der Gesellschaft zurechtzufinden, muss der Staat eingreifen. Eigentlich müsste Ihnen das gefallen, der Staat als Reparaturbetrieb.
Ich verstehe nicht Ihre Auflehnung. Wenn ein Kind in dem Alter nicht die Sprache des Landes spricht, in dem es leben soll, wird es das auch mit 6 Jahren nicht, so nicht eine massive Veränderung in der Erziehung eingeleitet wird. Und das ist das entscheidende Alter. Kinder, die mit sechs Jahren so hohe Entwicklungsrückstände haben, dass sie Jahre brauchen, auf den Stand eines eigentlich Sechsjährigen zu kommen, sind offensichtlich vernachlässigt zu werden.
Meine Argumentation: Mit sechs Jahren ist das Kind im wahrsten Sinne des Wortes in den Brunnen gefallen. In dem Alter können Entwicklungen so weit auseinandergelaufen sein, dass eine Aufholung nicht mehr möglich ist. Daher sollte es mit 3, 4 Jahren einen staatlichen „Check“ geben. Nur bei großen Normabweichungen nach unten sollte eine Kita-Pflicht verhängt werden mit dem Ziel, die Rückstände aufzuholen. Damit ermöglichen wir Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern, mit annähernd gleichen Bildungschancen in die Schulzeit zu starten.
Warum missfällt Ihnen das?
Ich habe kein Problem mit einer allgemeinen Kitapflicht für alle Kinder. Eine selektive Kitapflicht nur für Kinder mit Sprachproblemen klingt nur im ersten Moment attraktiv. Bis man halt bedenkt, dass die Kita insbesondere deshalb so sinnvoll für die ausländischen Kinder ist, weil sie dort mit deutschen Kindern zusammenkommen und die Sprache lernen. Wenn nur die ausländischen Kinder in der Kita unter sich sind, dann können sie auch zuhause vor dem fremdsprachlichen TV-Programm sitzen. Außerdem gibt es auch viele deutsche Kinder in “Problemfamilien” und die würden ebenfalls enorm von einer Ganztageskita profitieren. Und drittens braucht Ihr “Sprach-Check” eine bundesweite Infrastruktur aus Sprachspezialisten, die dann gerichtsfeste Gutachten über jedes einzelne Kind bis ins letzte Dorf in Hintertupfingen schreiben müssten. Die damit verbundene Bürokratie – möglicherweise sogar eine neue Behörde – plus die erwartbare Flut an Gerichtsverfahren sollte einem Liberalen wie Ihnen einen kalten Schauer über den Rücken jagen.
Sie haben keine Kinder, richtig? Sie haben auch wenig mit Kindern zu tun, richtig? Heute haben wir bei Kindern im Alter von 3 Jahren schon Unterschiede von 5-6 Jahren in der Entwicklung, wenn Ihnen das einen Eindruck gibt. Manche sind auf dem Stand eines Babys, andere schon schulfähig. Den Unterschied machen die Eltern.
Es gibt eine ältere Studie des DIW, welche den Erfolg bei Einschulung misst nach dem Grad des Kindergartenbesuchs. Damals stellten die Forscher fest, dass Kinder aus bildungsfernen Schichten weit weniger zurückgestellt werden, wenn sie zuvor eine Kita besucht haben. Bei Kindern aus Akademiker-Elternhaus war es leicht (12 zu 9 Prozent Rückstellung) umgekehrt. Mit anderen Worten: Das gleichmacherische System der deutschen Kita nutzt stark den Benachteiligten und benachteiligt die sonst Bevorteilten.
Akademiker-Eltern geben ihre Kinder meist in die Kita. Was wollen Sie da mit einer Pflicht? Sie denken nur von den Erwachsenen her und gehen mit den Ressourcen von Staat und Gesellschaft maximal verschwenderisch um. Genau das ist Erwin Gabriels und mein Vorwurf, nicht nur an Sie übrigens.
Was soll eine allgemeine Kita-Pflicht bringen? Den Benachteiligten wenig. Wie soll ein Vierjähriger den Entwicklungsrückstand zu einem Gleichaltrigen aufholen, wenn er auf dem Stand eines Einjährigen, der andere aber schon beim Lesen und Rechnen ist und drei Sprachen spricht? Die Welten von beiden sind bereits so verschieden, die haben sich nichts zu sagen.
Sie müssen den Abhängten die Möglichkeit geben, aufzuholen. Nachzuholen, was ihre Eltern versäumt haben, was sie längst können müssten: Rückwärts laufen, Schuhe zubinden, banale und schwierigere Sachen.
Bei Sechsjährigen erkennt unser Bildungssystem plötzlich den Förderbedarf: Dann werden die Pennäler bei der feierlichen Einschulung in Sonderklassen abgeführt, weil sie nicht mit den anderen lernen können. Sorry, was soll der Schwachsinn?!? Bei Drei-, Vierjährigen lässt sich noch einiges reparieren, bei Sechsjährigen ist es zu spät.
Sie wollen die mit den riesigen Vorsprüngen ausbremsen, das ist immer Ihre Strategie. Es geht Ihnen nie um die Begabten, die mit Potential. Und Sie wollen auf keinen Fall diskriminieren, selbst wo Diskriminierung angezeigt ist. Wir haben nicht unendlich Ressourcen an Top-Erziehern, an Geld und Mittel, alle Dreijährigen mit einer umfangreichen, hochprofessionellen Bildung zu versehen. Fast alle Erzieherinnen haben nicht mehr als Realschulabschluss. Sie arbeiten bis Anfang 30, höchstens Mitte 30 Teilzeit (!) in dem Job, bis sie sich auf heimische Care-Arbeit zurückziehen können. Und das ist übrigens auch das Profil der wenigen Akademikerinnen in der Branche.
Glauben Sie ernsthaft, ein schlechter Autofahrer würde den Rückstand zu einem Formel-1-Fahrer aufholen können, wenn er mit ihm auf dem Ring ein paar Runden dreht? Glauben Sie, ein Amateurkicker, der nicht einmal richtig stoppen kann, käme auf ein mittleres Spielniveau, wenn er ein Jahr mit Mbappé trainiert? Menschen werden besser, wenn sie speziell trainieren können. Und eigentlich sollte jemand wie Sie das wissen.
Exakt das.
Die CDU greift die Idee der verpflichtenden Kita auf.
Mir ist der Überblick verlorengegangen; worauf bezieht sich das?
Wir hatten diskutiert, ob eine selektive Pflicht-Kita für Kinder mit geringen Sprachkenntnissen u.ä. sinnvoll und verfassungskonform sein könnte.
Du meinst CDU greift Vorschlag verpflichtende Kita für bestimmte Gruppen auf? – Das wäre ja das erste Mal, dass die Partei was fordert das dann vom BVerfG kassiert würde 😀
Ich werfe seit Jahren den Vorschlag in die Runde, unter anderem, um ihn auf eventuelle verfassungsrechtliche Problematiken abzuklopfen. Das habe ich ja gerade erst wieder getan.
Du, Ralf und CitizenK behauptet zwar, das wäre verfassungswidrig, könnt aber keinen Anhaltspunkt liefern, warum das so sein sollte. Ich habe die Kriterien genannt:
1. Verstoß gegen Schutz der Familie? Nein.
2. Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot? Nein.
3. Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot? Nein.
4. Geeignet? Sehr wohl!
Und jemand, der massive Grundrechtseinschränkungen für Impfverweigerer befürwortet hat, kann wohl nichts gegen ein gutes Maß an Diskriminierung haben. 🙂
1) und 3): d’accord. Ich sehe das Problen bei 2). Aber ich bin kein Jurist. Wenn das rechtssicher durchgeht, dann ist es das wohl. Ob das dann nach Maßhgabe 4) geeignet ist: Ich bin auch hier kein Experte, aber ich bin nicht hundertprozentig sicher, dass das Zusammenpacken von Problemgruppen eine gute Idee ist. Aber vermutlich besser als die Alternative…? Müsste man Leute haben, die sich ja da auskennen.
Ja, darauf tippen die meisten.
Der Staat darf nicht diskriminieren, weder negativ (Ausschluss) noch positiv (Bevorteilung). Diskrimierung ist stets dann gegeben, wenn Gleiches ungleich behandelt wird.
Die Prüfung der Schulfähigkeit ist eine Kontrolle anhand objektiver Kriterien. Danach entscheidet die Schulbehörde, ob ein Kind schulfähig ist oder zurückgestellt wird.
Eine solche Prüfung, ob die Entwicklung eines Kindes der Norm entspricht, muss aber nicht an ein bestimmtes Alter geknüpft sein. Das hat weder Verfassungsrang noch sprechen sonstige Kriterien gegen ein Vorziehen oder weitere Überprüfung der Kindsentwicklung. Solche Prüfungen ordnet der Staat ja selbst im gesundheitlichen Bereich an.
Soweit eine Kita-Pflicht für bestimmte Gruppen durchgesetzt werden soll, müsste diese also anhand objektiv nachprüfbarer Kriterien anknüpfen, analog zur Schulpflicht. Es ist durchaus denkbar, dass der Staat bei 3 oder 4jährigen überprüft, ob ihre motorischen, kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten dem normalen Entwicklungsstand entsprechen. Soweit das nicht der Fall wäre, könnte er staatliche Maßnahmen zum Kindswohl anordnen. Das wäre willkürfrei und eine Diskriminierung läge nicht vor.
Eine solche wäre nur geben, würde man die Kita-Pflicht an bestimmte äußere oder Gruppenkriterien wie Einkommen, Nationalität u.ä. knüpfen. Aber genau darum geht es ja eben nicht.
Der Staat sagt konsequent, ein Kita-Besuch sei für die meisten Kinder vorteilhaft, insbesondere zum Erlernen einer Sprache und motorischer Fähigkeiten. Dann lässt sich bei der Prüfung einer Kita-Pflicht nicht das Gegenteil behaupten.
Du kannst gerne diese Überlegungen einen Experten für Öffentliches Recht vorlegen. Ich wäre durchaus gespannt auf die Meinung. Wie gesagt, ich habe das selbst mehrere Male geprüft und in Diskussionen einer Falsifizierung unterworfen. Es kam bisher kein rechtlicher Einwand, außer, dass linke Diskutanten damit die Eltern aus bildungsfernen Schichten benachteiligt sehen. Das ist aber zu allgemein.
Wie gesagt, ich bin echt kein Experte und habe abgesehen vom Diskriminierungsaspekt kein grundlegendes Problem. Ich halte aber eine allgemeine Kitapflicht eh für erstrebenswert, das schlüge zwei Fliegen mit einer Klappe.
Du ignorierst die gravierenden Nachteile.
1. Die Lösung ist die mit Abstand teuerste aller zur Verfügung stehenden Maßnahmen.
2. Die Ressourcen an Finanzen und Menschen fehlen bei weitem.
3. Den Abgehängten wird kein expliziter Vorteil gewährt, die Aufholung gegenüber den Bevorteilten bleibt im Zufallsbereich, weil die Förderung so weit streut.
4. Die Talentiertesten werden in ihrer Entwicklung gehandicapt, weil sie mit Kindern aufwachsen müssen, die nicht ihre Gewichtsklasse sind.
Das sind die Fakten, kein Wolkenkuckucksheim. Du ignorierst die gegebenen Restriktionen, ohne dass Du Vorteile benennen könntest. Mangelwirtschaft bleibt Mangelwirtschaft.
1-3 sehe ich, 4 ist ein empirisch widerlegter Mythos. Meines Wissens nach ist der aktuelle Stand der Forschung effektiv, dass die Durchmischung den benachteiligten Kids hilft und den privilegierten ein Netto-Null ist. Schadet nicht, hilft nicht.
Deutschland hat ihn in den Zehnerjahren bestätigt. Da verbesserten sich nach PISA die schulischen Leistungen der unteren und mittleren Bereiche, während bei den oberen keine Fortschritte zu beobachten waren.
Benachteiligung ist relativ. Eine Vierjährige, die bereits Harry Potter in zwei Sprachen liest wie es meine Frau erlebt hatte, mit einer Gleichaltrigen zusammenzustecken, die nur ein paar Worte brabbeln kann, lässt sich auch als Kindesmisshandlung definieren.
Wenn Du die Nachteile siehst und akzeptierst (insbesondere Punkt 2 und 3!), als Vorteil aber nur den Ausschluss der Diskriminierung der Erwachsenen (!) konstatierst, warum bevorzugst Du dennoch die Lösung „alle in einen Topf“?
Ich gebe nur mein zugegeben unvollständiges Wissen über den Forschungsstand wieder. Ich bin echt kein Experte für das Thema.
Aber wenn das so ist, die Gründe für ein problembezogenes Vorgehen schwer wiegen und die Nachteile vor allem auf der Gefühlsebene liegen, könnte eine andere Herangehensweisen als unsere immer wieder Praktizierte nicht sinnvoll sein?
Wie gesagt, ich bin nicht sicher genug, ob diese Prämisse korrekt ist. Vielleicht? Ich bin der falsche Diskussionspartner dafür, fürchte ich. Bräuchte man mal jemand, der/die Expert*in ist.
Ralf 31. Mai 2023, 22:42
[… wobei die Regeln der Enteignung je nach Bedarf verschoben werden können, es also keine bindende Obergrenze gibt.]
Nein, das habe ich nirgends geschrieben.
Deine Aussage war, dass der Staat nach Bedarf festlegt. Das schließt eine bindende Obergrenze aus.
Aber da Du gerade fragst, ich favorisiere Höchstgehälter – also per Definition eine feste, bindende Obergrenze, ab der der Steuersatz 100% beträgt.
Ich bin zwar weit weg von diesem Höchstgehalt, kann mich aber mit dem Konzept – erst Recht ohne Kenntnis dieser Grenze – nicht wirklich anfreunden.
Der zweite Teil Deiner Äußerung sagt dann de facto, dass Du jegliche Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland ablehnst. …
Statt Deinem „Drittstaatenargument“ sollten wir über eine fairere Verteilung von Flüchtlingen in der EU reden.
Du hast mir vorgeworfen, dass ich eine Ablehnung von Flüchtlingen ohne gesetzliche Grundlagen fordere. Die gibt es aber, entgegen Deiner Aussage.
Ich könnte mir andere Lösungen vorstellen, etwa eine europäische Lösung für eine einheitliche finanzielle Versorgung von Flüchtlingen spürbar unterhalb von Hartz IV, die dann in billigere oder teure Länder gehen können. Wird in Brüssel scheitern.
In jedem Fall ist es erforderlich, Flüchtlings-Obergrenzen festzulegen. Bei 50 bis 100 Millionen Menschen allein in Afrika, die sich in den nächsten 30 Jahren auf den Weg machen, wird es für Europa mehr als eng.
In der Analyse, dass ich jedes Problem nur mit mehr Geld lösen möchte, finde ich mich nicht wieder.
Nun ja, die Vorbedingungen, um das Geld sauber auf die Straße zu bringen, nennst Du „Wolkenkuckucksheim“; bislang hast Du nur „mehr Geld“ gefordert.
Mir ist nicht erklärlich, wie diese Probleme ohne mehr staatliche Ausgaben gelöst werden sollen.
Mir auch nicht. Aber wie an anderer Stelle schon mal erklärt: Wenn man die Bürokratie nicht effizienter gestaltet, wenn man das Niveau der Versorgung nicht einfängt, wenn man entscheidende Aspekte wie Fachkräftemangel nicht berücksichtigt, ist das Geld nur ausgegeben, das Problem aber nicht gelöst. Aber von Sparen bis effizienter Bürokratie hast Du bislang alles abgelehnt bzw. als unrealistisch verworfen.
Was die Effektivität von „Milliarden-Wummsen“ angeht, verstehe ich Deine grundsätzliche Kritik – zumindest interpretiere ich das jetzt mal so – dass da zu viel mit der Gießkanne geschieht.
Ja, unter anderem
Aber wenn wir ehrlich zu uns sind, dann müssen wir konstatieren, dass das oft der einzig politisch gangbare Weg ist. Parteien, die bei Krisen-Hilfen, nicht allen was abgeben, werden abgewählt. Mir gefällt das auch nicht. Aber das ist halt politische Realität.
Ich sehe nicht ein, dass ich 1 Euro Steuern zahlen soll, wenn nur 50 Cent gebraucht würden.
Und manche „Milliarden-Wummse“ waren am Ende garnicht so verkehrt. Die Investitionen in die Kurzarbeit während der Covidpandemie haben zum Beispiel unendlich viele Arbeitsplätze gerettet und gesellschaftliche wie wirtschaftliche Stabilität erhalten.
Viele haben Geld bekommen, die nichts brauchten (meine Frau, Immobilienmaklerin, hat’s aufs Konto gepackt und anschließend wieder zurücküberwiesen), andere durften nichts ausgeben (ein selbstständiger Berater, der keine Kunden besuchen darf, braucht kein Geld für Benzin, sondern welches für den Kühlschrank; war aber verboten). Hervorragendes Beispiel für 1 Euro ausgegeben, obwohl nur 50 Cent benötigt wurden.
Auch die Abwrackprämie in 2009 war letztlich eine gute Idee, …
Nein
[Was machst Du dann mit Menschen, die nicht arbeiten wollen? Auf Mittelklasse-Niveau versorgen?]
Ja. Auf dem Niveau der unteren Mittelklasse.
Findet nicht mein Einverständnis.
Ja, Faktor 3 klingt nicht verkehrt. Meinetwegen auch Faktor 4 oder 5.
Wie viele Hierarchie-Ebenen gibt es bei VW? Wenn das GF-Gehalt und das Einstiegsgehalt festgelegt und um Faktor 5 gespreizt ist, und auf der untersten Ebene ein Arbeitsloser sitzt, hast Du netto Sprünge von 100 Euro. Dafür mehr Stress, mehr Verantwortung?
Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass Du eine Karriere in der Wirtschaft erreicht hast. Dann hättest Du mehr Verständnis für die Situationen in der Arbeitswelt.
Was für mich keine Daseinsberechtigung hat, sind Superreiche mit drei Villen und vier Jachten und Privatjet. Was für mich ebenfalls keine Daseinsberechtigung hat, sind arme Familien, die es sich nicht leisten können ihrem Kind die Klassenfahrt zu finanzieren. Oder die dringend gebrauchte Hose.
Punkt 1 juckt mich nicht großartig; auch vom Bau von Villen, Flugzeugen und Yachten leben Leute und ernähren Familien. Zu Punkt 2 stimme ich zu (mit Einschränkungen; kenne genug Leute, die kein Geld für eine Kinderhose haben, aber ein bis zwei Schachteln Zigaretten rauchen, z.B.).
Wie gesagt, in der Analyse liegen wir ähnlich, bei den Lösungen weit auseinander. Letztendlich liefe eine Umsetzung Deiner Vorschläge darauf hinaus, dass es eine Obergrenze für alles gibt. Ein sehr enger Freund von mir hat sich mit seinem Sohn eine Segelyacht gekauft, etwa 13 m lang – als Luxus verboten? Meine Nachbarin hat ein Pferd – als Luxus verboten? Ihr Lebenspartner hat drei Autos; das jüngste ist über 30 Jahre alt; wären Oldtimer als Luxus verboten?
Ich denke nicht, dass Du Dir über die Implikationen Deiner Vorschläge wirklich im Klaren bist – mein Vorwurf, dass man die auseinanderklappende Schere von oben und nicht von unten zumacht, bleibt bestehen.
PS: Ich sehe, dass Du in Deinen Kommentaren nicht mehr so aggressiv bist. Ist angenehmer so. Danke!
@ Ralf
Ich wüsste gern, welche Vorschläge bzw. Forderungen Deine persönliche Utopie sind und welche Du als realisierbare politische Ansätze einstufst.
Beispiel: Steuersatz 100 %. Die schwedischen Erfahrungen damit kennen wir. Schon bei der Hälfte gehen die Leute in die Schweiz/Liechtenstein oder nach Österreich.
Veränderungen produzieren in der Regel Gewinner und Verlierer. Aber während im Vorfeld meist noch nicht so genau klar ist, wer genau wie was gewinnen wird, stehen die Verlierer in der Regel absehbar fest. In der Folge schweigen die hypothetischen Gewinner, während die designierten Verlierer laut für die Verhinderung der Veränderung trommeln. Die Medien nehmen das Getrommel auf und verstärken es. Und die Politik reagiert mit der Vertagung der Reform. Mit anderen Worten: Der Default ist immer, dass sich nichts verändert. Selbst dann, wenn die zukünftigen Gewinner einer Veränderung die Verlierer zahlenmäßig um den Faktor 10 übersteigen würden. Beispiele sind etwa die jahrzehntelange Subvention der Steinkohle in NRW, die gescheiterte Fusion von Berlin und Brandenburg oder gegenwärtig das Festhalten der FDP am Verbrennermotor.
Dieses einleitende Statement soll zur Begründung der Aussage dienen, dass meine Forderungen nach einem Höchstgehalt – oder in einem anderen Thread nach massiven regulatorischen Eingriffen ins Internet bis hin zu einer kompletten Abschaltung – ohne Frage gegenwärtig keine politische Mehrheit hätten. Jede Partei, die sowas heute aktiv fordern würde, würde politischen Selbstmord begehen.
Ich darf die Forderung in einem freien Land natürlich trotzdem aufstellen.
Und ich sehe in der Zukunft tektonische Verschiebungen in der politischen Landschaft auf uns zukommen. Nach jahrzehntelanger Stabilität, geprägt durch ein gemäßigtes politisches und gesellschaftliches Klima, Wohlstand und Frieden, befinden wir uns meiner Meinung nach unausweichlich auf einer Rutschbahn ins Chaos. Banken-Krise, Corona-Krise und Inflationsschock haben uns hoch verschuldet zurückgelassen. Trotzdem stehen uns dramatische Investitionen in die Abwendung des Klimawandels ins Haus. Dazu wird nicht nur der Ausbau von Stromtrassen, Energiespeichern, Windrädern und Ladeinfrastruktur zählen, sondern ich befürchte, es werden auch Hunderttausende ihren Arbeitsplatz verlieren – zum Beispiel in der deutschen Autoindustrie, die anstatt in die Zukunft lieber in Betrugsmodelle und Lobbyisten investiert hat und die jetzt von Tesla und China überrollt wird. Für diese Opfer der Wende (hinter jeder Industrie stehen ja auch noch Zulieferer, hinter denen wiederum Produzenten stehen etc.) wird man sozialverträgliche Lösungen finden müssen, was extrem teuer werden wird. Gleichzeitig müssen wir im Industrie-Subventionswettbewerb mit den USA und China mithalten, oder aber wir werden unsere Industrie verlieren. Und in diesem Augenblick bricht leider auch noch unsere Infrastruktur zusammen – Brücken, Straßen, Gleise sind marode. Deutschland ist vermutlich das einzige Land auf der Welt, in dem noch Faxe versendet werden, während man selbst in Großstädten nicht selten im Funkloch steckt. Zeitgleich stranguliert sich das Land mit vielschichtiger Regulation und Bürokratie. Wo sonst in der Welt baut man eigentlich 20 Jahre an einem Flughafen? Durch den demographischen Kollaps fehlen uns unter anderem Handwerker, Pfleger, Ingenieure, Ärzte, während künstliche Intelligenz in den kommenden Jahren 10 (?), 20 (?), 30 (?) Prozent der Arbeitsplätze kosten wird. Und nein, die arbeitslos werdenden Werbetexter werden nicht die nächste Generation der dringend benötigten Klempner, Dachdecker und Landärzte werden. Und Dank unserer auf breiter Ebene stotternden und viel zu oft scheiternden Integrationsbemühungen bei Zuwanderern, werden viele junge und eigentlich arbeitsfähige Migranten wohl leider ebenfalls nicht die neuen Klempner, Dachdecker und Landärzte werden, sondern stattdessen langfristig ein Drain an unseren Sozialsystemen bleiben. Dazu werden wir eine drastische Zunahme von Konflikten und Kriegen in der Welt sehen. In Afrika wird man im Zeichen des Klimawandels buchstäblich um die letzten Tropfen Wasser, um die letzten Quadratzentimeter Land kämpfen, auf dem noch etwas wächst. Millionen Menschen werden aus Klima-Todeszonen fliehen und in Nachbarländer und in die reichen Staaten des Westens strömen. An den Grenzen der EU werden sich Szenen abspielen, gegen die die Flüchtlingswanderungen 2015 Pillepalle sind. Eine multipolare Welt mit China, Russland, Indien, Nordkorea und bald wohl vielen neuen Atommächten, unter anderem der Iran, wird eine unglaublich gefährliche Welt sein und Krieg um Taiwan – und damit ein Totalabsturz der europäischen Wirtschaft – ist absolut ein realistisches Szenario.
Mit anderen Worten: Ich prognostiziere, dass wir in den kommenden Jahren eine Explosion von Krisen erleben werden, mit dramatischen Kosten und zahllosen Opfern ohne jede Präzedenz in der Geschichte. Das ganze im Kontext eines zunehmend feindseligen gesellschaftlichen Klimas, in dem Medien, soziale Netzwerke und das Internet mit Fake-News, Mythen und Propaganda Hass und Zwietracht sähen. Und das bei Millionen ‚echten Verlierern‘, Opfern der multiplen Krisen, denen Arbeit, Status und Wohlstand wegbricht.
In diesem Chaos werden die Menschen absehbar nach dem starken Staat rufen. So wie sie schon in der Banken-Krise, in der Corona-Krise und in der Inflations-Krise nach dem starken Staat gerufen haben. Ich denke, dass dann vieles möglich werden wird, was heute noch als unvorstellbar gilt. Heftige Krisen erzwingen eben Veränderungen. Im Zuge von Katastrophen werden Beharrungstendenzen überwunden. Die USA hatten mal über 90% Spitzensteuersatz. Aber das wäre ohne den Zweiten Weltkrieg nicht möglich gewesen. Der deutsche Atomausstieg wäre ohne Tschernobyl und Fukushima nie zustandekommen. Ohne eine tödliche Pandemie hätte es in Deutschland niemals einen Lockdown gegeben. Und auch gegen den Klimawandel fängt man erst jetzt ganz langsam an etwas zu unternehmen – seit in Deutschland Dürren, Sturmopfer, Hitzetote zur Regel werden.
@ Ralf 1. Juni 2023, 22:56
… oder gegenwärtig das Festhalten der FDP am Verbrennermotor.
Da bin ich bei der FDP. Den (benzin- oder dieselbetriebenen) Verbrenner-Motor muss man nicht Verbieten, der stirbt hier – anders als in ärmeren Regionen der Welt – auch von alleine aus.
Deinen klaren Betrachtungen über den Zustand von Deutschland und drohende Entwicklungen kann ich sehr gut folgen; das sehe ich ähnlich bis genau so (selbst wenn ich den Zeitverlauf nicht abschätzen kann). Ich habe in meinen Kommentaren hier über Jahre darauf hingewiesen, wie sehr wir uns selbst ins Knie schießen, und wie weit uns andere Länder voraus sind.
Aber was mich an Deinen Ausführungen irritiert: Der von Dir beschriebene Zustand, den ich ja genau so sehe, ist ja letztendlich dadurch zustande gekommen, dass man in den letzten Jahrzehnten die Ressourcen des Staates in einen immer üppigeren Ausbau von Bürokratie und von Sozialleistungen gesteckt hat (die die wirklich Bedürftigen oft genug nicht erreichen), während Infrastruktur, Bildung, Digitalisierung, Kommunikation etc. deutlich, wie von Dir anschaulich beschrieben, zu kurz gekommen sind.
Wie kannst Du angesichts Deiner Wahrnehmung zur Situation unseres Staates dann Maßnahmen fordern, die diese Situation eher verschärfen würden?
dass man in den letzten Jahrzehnten die Ressourcen des Staates in einen immer üppigeren Ausbau von Bürokratie und von Sozialleistungen gesteckt hat […] Wie kannst Du […] dann Maßnahmen fordern, die diese Situation eher verschärfen würden?
Auf welche Maßnahmen beziehst Du Dich konkret? Was Bürokratie und Regulierung angeht, da unterstütze ich einen deutlichen Rückbau (auf vielen, obwohl nicht auf allen Feldern (z.B. Genehmigungsverfahren verkürzen und vereinfachen, Gesetze und Regelungen viel stärker EU-weit harmonisieren, während ich bei der Bankenregulierung kein Feld zur Verschlankung sehe)). Ich fordere auch eine stärkere Überprüfung von Subventionen (speziell die Frage betreffend, ob sie vornehmlich zukunftsorientiert oder primär vergangenheitserhaltend sind). Falls Du bei Sozialleistungen darauf anspielst, dass ich Arme in die untere Mittelklasse heben möchte, das fordere ich nicht isoliert, sondern im Kontext von Höchstgehältern und deutlich stärkerer Vermögensbesteuerung. Ich weiß, dass Du von alledem nichts hältst, aber der Kontext ist dennoch wichtig, wenn wir über Finanzierbarkeit reden. Die Mittelklasse produziert im übrigen auch mehr erfolgreiche Kinder als unsere Armutsmilieus. In die Zukunft gedacht, ist das also auch eine Investition in die Gesellschaft von morgen.
@ Ralf 3. Juni 2023, 16:00
Auf welche Maßnahmen beziehst Du Dich konkret?
Da geht es mir, wie ich auch schon des Öfteren Citizen gegenüber erklärt habe, nicht um eine einzelne Maßnahme, sondern um das verfolgte Konzept, dass Probleme verschwinden, wenn man nur lange genug viel genug Geld drauf schmeißt. Unser Staat hat in den letzten Jahrzehnten erhebliche Einnahmesteigerungen erfahren, die deutlich über der praktisch nicht vorhandenen Inflation lagen. Hätte man den Anteil der sozialen Ausgaben prozentual konstant gehalten, wären da pro Jahr schon viele Milliarden über dem Inflationsausgleich für den sozialen Bereich übergeblieben.
Aber diese vielen Milliarden on Top reichten offenbar nicht. Schau Dir mal diese Grafik an: Diese Entwicklung ist, was mir Sorgen macht, was ich ablehne, da ich weiß, dass man meinen Kindern die Rechnungen vorlegen wird. Schau Dir das an – wo soll das enden?
Was Bürokratie und Regulierung angeht, da unterstütze ich einen deutlichen Rückbau …
Einverstanden, inklusive Banken-Statement. Die EU sehe ich kritischer. Da habe ich ein paar Mal im Bereich Bauen gesehen, wie die Ticken. Weitgehend Ahnungslose dort am Werk …
Ich fordere auch eine stärkere Überprüfung von Subventionen (speziell die Frage betreffend, ob sie vornehmlich zukunftsorientiert oder primär vergangenheitserhaltend sind).
Da rennst Du bei mir und etwa Stefan Pietsch offene Türen ein.
… das fordere ich nicht isoliert, sondern im Kontext von Höchstgehältern und deutlich stärkerer Vermögensbesteuerung. Ich weiß, dass Du von alledem nichts hältst, aber der Kontext ist dennoch wichtig, wenn wir über Finanzierbarkeit reden.
Akzeptiert.
Aber, wie Du sagst, teile ich Deine Einschätzung zum Ergebnis nicht. Wird schiefgehen.
Die Mittelklasse produziert im übrigen auch mehr erfolgreiche Kinder als unsere Armutsmilieus. In die Zukunft gedacht, ist das also auch eine Investition in die Gesellschaft von morgen.
Falls der Link nicht funktioniert
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