Rezension: Caroline Elkins – Legacy of Violence: A History of the British Empire (Teil 2)

Teil 1 findet sich hier.

Caroline Elkins – Legacy of Violence: A History of the British Empire (Hörbuch)

Die dem Kapitel ihren Namen gebende „imperiale Konvergenz“ zeigte sich in den Parallelen zwischen Irland, Palästina und Bengal. Die Black and Tans, die nach der irischen Unabhängigkeit von der Insel abgezogen wurden, wurden direkt in Palästina und in Bengal eingesetzt und machten sich ihre Anti-Terror-Erfahrungen dort zunutze. Ein Dreivierteljahrhundert vor Abu Ghraib errichteten die Briten eine Gefängnisinsel mitten im Indischen Ozean, ohne Kontrolle, voller monatelanger Isolationshaft, katastrophaler hygienischer Bedingungen und Folter, in die politische Gefangene ohne Prozess und ohne Spur Jahre, teilweise sogar Jahrzehnte inhaftiert wurden. Die im irischen Guerillakrieg geschulten Beamten gingen entschlossen vor, errichteten befestigte Lager (die mich an die fortified places im Vietnamkrieg erinnern) und kämpften von dort gegen die Aufständischen.

Wer genau das war, war nicht immer klar. Besonders in Palästina gab es viele Beamte, die vom Arabienkitsch eines Lawrence von Arabien beeinflusst eher auf Seiten der Araber waren (bis diese sich offen gegen das Empire auflehnten), aber einflussreiche Evangelikale unterstützten, das Alte Testament zitierend und ihre Mordkommandos „Gideons Nachtwache“ nennend, die Juden. An manchen Stellen erinnert die britische Kolonialpolitik an eine Art Stellvertreterkrieg. Kein Wunder, dass die Kolonialtruppen dieses selbst angerichtete Chaos 1948 bereitwillig Hals über Kopf verließen.

Diese Mordkommandos jedenfalls waren klar anti-arabisch eingestellt und rekrutierten in großer Zahl einheimische Juden, die sie in Guerillakampf und Terrortaktiken ausbildeten. Die brutale Gewalt, die die britischen Truppen im Konzert mit diesen Milizen ausübten, brach den arabischen Widerstand bis zum Sommer 1939 weitgehend und hinterließ eine Spur der Verwüstung in Palästina – eine Friedhofsruhe, die den Briten im beginnenden Zweiten Weltkrieg sehr gelegen kam und die sie keinesfalls aufs Spiel setzen wollten.

Der zweite Teil, „Empire at War“, befasst sich dann eben mit dem Zweiten Weltkrieg, allerdings aus imperialer Perspektive. Elkins beginnt ihre Erzählung mit dem Fall Singapurs, das 1942 von japanischen Truppen erobert wurde. Die Einnahme der Stadt war die größte militärische Katastrophe des Empires seit Yorktown, und sie beruhte auf einem arroganten, rassistisch motivierten Überlegenheitsdünkel. Es ist Winston Churchill, der hier wieder einmal nicht besonders vorteilhaft auftaucht: nicht nur ignoriert er mit solch rassistischen Argumenten die dringenden Warnungen Wavells, sondern gerät dann auch noch in Panik und trifft schlechte Entscheidungen. Der Versuch der Briten, nach der Niederlage mit ihren in Irland, Palästina und Bengal (wo sonst) ausgebildeten und erfahrenen Resttruppen einen Guerillakampf zu führen und Singapur wieder zurückzuerobern zeigen für Elkins die Mentalität, das Empire direkt nach dem Krieg unverändert wiederherzustellen.

Kapitel 6, „An Imperial War“, befasst sich dann mit der Natur des Krieges als „importierter“ Krieg. Die Kolonien und Dominions hatten mit dem Konflikt in Europa ja herzlich wenig zu tun (die Charakterisierung ist für die asiatischen Kolonien angesichts der japanischen Pläne etwas dubioser) und wurden durch das Mutterland, dessen einzige Chance die Nutzung der Wirtschaftskraft und menschlichen Ressourcen eben dieser imperialen Gebiete war, in den Konflikt gezogen. Elins zeichnet hier das Bild eines Empires, das keinerlei Zweifel daran hegt, dass der Krieg nichts an seiner Struktur ändern wird.

Das kuriose Fehlen von Kriegszielen – abgesehen von einem nebulösen „den Krieg gewinnen“ – scheint in direktem Kontrast zum Konzept des „liberalen Imperialismus“ zu stehen, denn Churchill und die meisten anderen Briten (mit der Ausnahme von Lord Halifax) lehnten die Verteidigung liberaler Werte als offenes Kriegsziel entschieden ab – in der richtigen Erkenntnis, dass sich daraus in den Kolonien Ansprüche ableiten würden. Es war das amerikanische Engagement, das die Verteidigung liberaler Rechte aufs Tapet brachte, erst durch die Sprache der Lend-Lease-Verträge und dann mit der zunehmenden amerikanischen Intervention in offiziellen Dokumenten, die Großbritannien zwang, ähnliche Erklärungen abzugeben.

Es überrascht wenig, dass die Methoden des Kriegsrechts, mit denen Großbritannien seine Kolonien seit dem 19. Jahrhundert regierte, 1940 ihren Weg zurück ins Mutterland fanden. Inhaftierung ohne Anklage und Prozess, Foltergefängnisse, Aussetzung von Bürgerrechten und Überwachung wurden zum Alltag. Das Framing dieser Maßnahmen als eine Art backlash imperialer Methoden geht mir aber zu weit. Dass im Krieg, noch dazu in einem so umfassenden wie dem Zweiten Weltkrieg und unter der Regierung eines Mannes wie Churchill, Kriegsrecht angewendet wird, ist wenig überraschend. Hier ist die Einbindung in die Kolonialgeschichte dünn, wird die methodische Schwäche von Elkins’s Ansatz besonders sichtbar.

Interessanter ist da die erst spät diskutierte demografische Zusammensetzung der Armee. Dass etwa Montgomerys berühmte 8. Armee in El Alamein zu 75% (!) aus Nicht-Briten bestand, war mir bisher nicht klar und wird in populären Weltkriegsdarstellungen – und in der britischen Erinnerung sowieso – auch nicht deutlich. Damit hält sie sich aber wesentlich weniger auf als mit dem Wirken der in Bengal geschulten Spezialtruppen auch auf anderen Kriegsschauplätzen.

Das siebte Kapitel, „A War of Ideas“, kehrt dann zum Leitthema des „liberalen Imperialismus“ zurück. Offensichtlich hatten die Briten an der Propagandafront genug zu tun, um in einem Kampf für Freiheit und Liberalismus gleichzeitig ihr Empire zu verteidigen. Die Angriffe seitens der Amerikaner, die in Kapitel sechs bereits ein Thema waren, waren zwar gedämpft und mit Rücksicht auf den gemeinsamen Kriegsgegner von Rücksichtnahme geprägt; die amerikanische Ablehnung des Empire aber, die mit den militärischen Niederlagen der Briten gegen die Japaner noch wuchs, war aber offenkundig.

Überhaupt, die Niederlagen. Auch in den Kolonien selbst wuchs der interne Widerstand mit den Niederlagen gegen Japan 1942 und der Drohung eines japanischen Einmarschs in Indien stark an. Zum Glück für die Briten waren sowohl die japanischen als auch die deutschen Pläne und Zukunftsvisionen noch unattraktiver als ihre eigenen, so dass der Großteil der Kolonien treu zur Krone stand – wenngleich mit der klaren Erwartung, dafür in Zukunft mit mehr Souveränität belohnt zu werden. Hier hätte in meinen Augen der Vergleich mit den kolonialen Ambitionen Japans und Deutschlands durchaus fruchtbar sein können – genauso wie eine Untersuchung der grundsätzlichen Attraktivität eines Seitenwechsels in einem Krieg. Die Lage in den Kolonien wäre in einem hypothetischen Krieg gegen die Sowjetunion mit ihrer wesentlich verheißungsvolleren Ideologie mit Sicherheit eine andere gewesen, wie die Nachkriegsgeschichte ja dann auch zeigen würde.

Vorerst aber standen die radikalen Kolonialismusgegner*innen noch alleine, wenngleich ihre Zahl scharf annahm. In Großbritannien selbst kamen sie fast ausnahmslos aus der linksradikalen Ecke und spalteten sich angesichts der staatstragenden Haltung von Labour schnell von der Mutterpartei ab. In den Kolonien überwogen auch linke Ansätze, waren aber bunt mit verschiedenen Nationalismen gemischt. Elkins beschreibt eine Menge dieser Bewegungen, die aber letztlich alle gemein hatten, dass sie ohne einen militärischen Erfolg der Achsenmächte auf verlorenem Posten standen – und im Falle eines solchen wahrscheinlich vom Regen in die Traufe geraten wären, was, einmal mehr, in Elkins Darstellung leider nicht ansatzweise deutlich genug zutagetritt.

Die Briten erhielten indessen eine Fiktion zweier getrennter Welten aufrecht: einmal war da Europa, wo eine Wegnahme von einmal gewährter Souveränität wie etwa im Falle Polens undenkbar und die Wiederherstellung oberstes Kriegsziel war, während im Rest der Welt weiterhin das Diktum galt, dass die „braunen“ Teile des Empire in verschiedenen Unreifestadien und allenfalls des Dominion-Status würdig waren, nicht aber voll gleichberechtigte Mitglieder des Commonwealth werden konnten. Dieses Konstrukt mochte im Krieg zwar noch halten – die massive Repression eines noch verschärften Kriegsrechts, Elkins Lieblingskonstruktion der „legal lawlessness“ zum Dank -, geriet aber immer mehr von allen Seiten unter Beschuss, gleich wie emphatisch es von den Empirebefürworter*innen verteidigt werden mochte.

Das achte Kapitel, „Partnership“, kehrt erneut in den Nahen Osten zurück, wo die Briten mittlerweile voll mit den Zionisten kooperierten und mehrere bewaffnete und trainierte jüdische Verbände aufgestellt hatten, die ihnen gute Dienste leisteten. Doch die Zusammenarbeit war bei weitem nicht so reibungslos, wie es sich Whitehall vermutlich erhofften, denn die Zionisten erwarteten offen eine Revision des „White Paper“ von 1939 und die Transformation der Region in einen jüdischen Staat, der durch massive Einwanderung geschaffen werden sollte. Der Konflikt ging soweit, dass die radikalen Zionisten Großbritannien 1943 offiziell den Krieg erklärten und mitten im laufenden Krieg einen Guerillakrieg gegen die Besatzungsmacht begannen, der nach Kriegsende mit unvermittelter Wucht weitergehen würde.

Ein Terrorattentat auf den britischen Gouverneur, einem persönlichen Freund Churchills, änderten die britische Haltung grundlegend. Zwar verzichtete das Empire darauf, massiv gegen die Zionisten vorzugehen, und vertraute stattdessen darauf, dass deren moderate Mehrheit ihre radikalen Brüder im Zaum halten würde (was auch weitgehend gelang). Dies geschah jedoch weniger aus einer Einsicht in die Fehlbarkeit der bisherigen Unterdrückungspolitik als vielmehr wegen der mangelnden Ressourcen: die Truppen waren während des Krieges schlicht nicht verfügbar.

Eine andere Partnerschaft machte den Briten im Empire ebenfalls Probleme: die mit den USA. Zwar hielt sich Roosevelt zurück, doch die Rhetorik der „Vier Freiheiten“, die er bei jeder Gelegenheit von sich gab und die die Gründungsdokumente der Atlantik-Charta und Vereinte Nationen durchtränkte, war schwer mit Großbritanniens Haltung vereinbar. Am Ende allerdings gewann die Realpolitik: die USA hatten keinerlei Interesse, den Fehler von 1919 zu wiederholen und ihre Prinzipien ernstzunehmen. Die UNO wurde stattdessen auf machtpolitischen Grundlagen gebildet. Was das für Osteuropa bedeutete, kann man gut bei Applebaum nachlesen; für die Kolonien des Empire änderte sich praktisch nichts. Zwar protestierten die Vertrter der Kolonien stark dagegen; gehört allerdings wurden sie nicht.

Das Kriegsende brachte daher, wie Kapitel 9, „An Imperial Resurgence“, deutlich zeigt, keine offensichtliche Änderung für die Kolonien mit sich. Der überragende Wahlsieg Labours 1945, der Churchill und seine Konservativen aus dem Amt drängte und einen tiefgreifenden innenpolitischen Wandel für das Vereinigte Königreich mit sich brachte, änderte so gut wie nichts in den Kolonien. Ob Arbeiterklasse oder Eton-Abgänger; mit Ausnahme einiger progressiver Intellektueller wie George Orwell gehörte die Empirebegeisterung ins Repertoire der Folklore.

Der Krieg und seine enormen Kosten erhöhten den Bedarf nach solcher Folklore noch: beinahe mehr als unter Königin Victoria feierte Großbritannien das Empire. In den Schulen wurde ein „ans Religiöse grenzender“ Empire-Patriotismus gelehrt, der zart wachsende Wohlstand wurde dem Empire zugeschrieben; das Marketing war voll Empire-Kitsch, und trotz fehlender Sachkenntnisse über selbst die rudimentäre Geografie des Reichs in weiten Teilen der britischen Bevölkerung (die wohl durchaus vergleichbar mit der heutigen amerikanischen Ignoranz sein dürfte) waren die 1950er und 1960er Jahre eine Hochzeit der Empire-Begeisterung. Ihren Höhepunkt markierte die Thronbesteigung Elizabeth II., die in einer langen und präzedenzlosen Empire-Rundreise direkt Thron, Empire und britische Bevölkerung miteinander verband. Kein Wunder, dass britische Linke heute so ablehnend gegenüber dieser Monarchie dastehen; die Verstrickung der Windors in die koloniale Gewaltherrschaft wird in Deutschland ja auch gerne zugunsten von Royals-Kitsch ausgeblendet.

Nun war aber die Labour-Regierung am Ruder. Damit änderte sich für das Empire – nichts. Die außenpolitisch versierten Empire-Kritiker Labours, ohnehin eine kleine Minderheit, kamen nicht einmal in die Nähe von Außen- und Kolonialministerium. Stattdessen wurden Leute wie Bevin ohne jede außenpolitische Erfahrung aus parteitaktischen Motiven in die entsprechenden Posten befördert. Besonders Bevin war ein instinktiver Imperialist, der konservativen Hardlinern in nichts nachstand. Die zerrüttete Wirtschaft, die Churchill seiner Nachfolgeregierung hinterlassen hatte, schränkte die Spielräume denn auch harsch ein.

Nicht, dass Labour diese hätte nutzen wollen. Während man in Großbritannien ein engagiertes und bewundernswertes Reformprogramm began, wurde das Empire auf eine Weise ausgebeutet, die selbst konservative Regierungen vor Neid erblassen ließ. Vorrangig geschah dies über Währungsmanipulationen. Da die Währungen der Kolonien zu 100% oder sogar 110% an das Pfund Sterling gekoppelt waren, konnte die Bank of England die Währung zum Vorteil Großbritanniens manipulieren. Das Mutterland verbot den Kolonien den Import amerikanischer Waren, so dass die Kolonien (inzwischen Gläubigerländer Großbritanniens) jedes Jahr hunderte Millionen Dollarüberschüsse anhäuften, mit denen Whitehall seine Lend-Lease-Schulden bedienen konnte.

Gleichzeitig konnte Großbritannien seinen riesigen Arbeitskräftebedarf nicht nur umfangreiche Demobilisierungen decken, weil es sowohl für die Besatzung Deutschlands als auch die unmittelbar fortsetzenden Kolonialkriege (vor allem in Palästina und Bengalen, siehe Teil III) eine Präsenz vor Ort benötigte. Die Aufrechterhaltung des Empire-Status kostete Unsummen, und vom Empire-Status wiederum hing die ohnehin tendenziöse Einordnung als dritte Macht der „Big Three“ ab. Ein letztes Exportgut des Empire waren die Foltergefängnisse, die während des Krieges aus den Kolonien ins Mutterland und nun vom Mutterland nach Deutschland exportiert wurden. Nicht, dass die Briten damit Gestapo oder NKWD etwas vorgemacht hätten, aber ein dunkler Fleck in der Geschichte der immer noch trotzig behaupteten moralischen Überlegenheit des „liberalen Imperialismus“ war es natürlich dennoch – wenn diese Geschichte noch mehr dunkler Flecken bedurft hätte.

Weiter geht’s in Teil 3.

{ 24 comments… add one }
  • Lemmy Caution 7. April 2023, 16:16

    Faszinierender Aspekt ist, dass weite Teile der Kolonisatoren-Gesellschaften das Band der Abhängigkeit zu einem hohen Preis aufrechterhalten wollen. Diese Anhänglichkeit am status quo scheint oft viel stärker spirituell als materiell zu sein.
    Man findet das in spanischen Texten nach dem Ende der Reste des Kolonialreichs (Kuba, Puerto Rico Phillipinen) im schlecht so genannten „Spanisch-Amerikanischen Krieg“ 1898.
    Sehr, sehr stark auch in Texten zum russischen Verhältnis zu ihren „Grenzländern“ gegen Ende des Zarenreichs (Polen, Kaukasus). Und natürlich aktuell in Putins Ideen zum brüderlichen Verbund der Groß- und Kleinrussen (Muskowien aka Rußland, Belarus, Ukraine).

  • destello 7. April 2023, 18:01

    Nur ein wenig off-topic: was mich immer überascht ist, dass bei den ehemaligen Kolonialherren durchaus heute noch ein Überlegenheitsgefühl herrscht. Ich weiß nicht, ob es im UK der Fall ist aber z.B. bei Spanien durchaus noch. Im Jahre 2021 (dem 500. Jahrestages des Falles des Aztekenreiches), sagte Isabel Diaz Ayuso als Antwort auf die Forderung des mexikanischen Präsidenten, Spanien sollte sich für die Eroberungen entschuldigen: „Wir haben die Zivilisation mitgebracht, wir haben den Westen mitgebracht, wir haben Werte mitgebracht“ und weiter „Es ging darum, … durch die Missionen den Katholizismus und damit die Zivilisation und die Freiheit auf den amerikanischen Kontinent zu bringen“. Was will sie damit sagen? Dass die Indigenen dankbar sein sollen? Und Diaz Ayuso ist keine Hinterbänklerin und auch nicht in der rechten Vox.

    • Lemmy Caution 8. April 2023, 00:04

      Die PP ist halt auch deutlich rechts unserer CDU. Ich würde solche wahnwitzigen Aussagen echt nicht als repräsentativ für spanische Politiker ansehen, obwohl die Frau so weit ich weiß als Hoffnung der Konservativen gilt. Ich habe viel interessantes von spanischen Historiker über die 200 Jahre Kolonialzeit gelesen.
      Lateinamerikaner verzapfen auch viel Blödsinn über Europa. Ein erschreckend großer Teil folgt der russischen Propaganda bereitwillig.

    • Stefan Sasse 8. April 2023, 14:22

      Genau deswegen sind solche historischen Forschungen und Einordnungen auch so wichtig. Beim Humboldt-Forum haben wir ein Echo davon auch wieder in Deutschland erlebt.

  • CitizenK 7. April 2023, 21:54

    Stimmt es, dass die Kolonien für das Deutsche Reich wirtschaftlich ein Fehlschlag waren (Diskussion im Geschichtforum als Beispiel).
    Wenn ja: Was machten die Briten anders?

    • Thorsten Haupts 7. April 2023, 22:48

      Yup. Wirtschaftlich waren – für den Staat, das deutsche Reich – die Kolonien nachweisbar eine finanzielle Belastung. Einzelne Individuen und Firmen wurden natürlich trotzdem durch die Kolonien reich.

      Fun Fact: Das gilt grosso modo auch für die Briten und Franzosen, nur waren einzelne ihrer Kolonien ausnahmsweise profitabel, Indien an vorderster Stelle, entweder wegen bestimmter Rohstoffe oder wegen massenweise vorhandener, extrem billiger Arbeitskräfte, in einem nicht zu tödlichen Klima. Die afrikanischen Kolonien aller europäischen Mächte waren durch die Bank wirtschaftliche Fehlschläge für den Staat selbst, allerdings wieder nicht unbedingt für dort tätige Firmen und Einzelpersonen.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • CitizenK 8. April 2023, 06:47

        „aller europäischen Mächte….“
        … stimmt sicher nicht für Belgien/Kongo.

    • Stefan Sasse 8. April 2023, 14:23

      Kolonien waren für alle außer die Briten ein Verlustgeschäft.

  • Thorsten Haupts 7. April 2023, 22:54

    Dass etwa Montgomerys berühmte 8. Armee in El Alamein zu 75% (!) aus Nicht-Briten bestand …

    Ahemmm … Es ist schon sehr zweifelhaft, ob man für diese Zeit die Australier, Südafrikaner und Neuseeländer umstandslos zu „Nicht-Briten“ rechnen kann. Aber unter Militärhistorikern und militärisch Interessierten ist das eine derart flächendeckend bekannte Tatsache, dass ich mit Deiner darauf folgenden Bemerkung … und wird in populären Weltkriegsdarstellungen – und in der britischen Erinnerung sowieso – auch nicht deutlich. echt nichts anfangen kann. Für Deine Version der „britische(n) Erinnerung“ hast Du bestimmt belastbare Belege?

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 8. April 2023, 14:23

      Briten = Bewohner der britischen Inseln. Selbstverständlich sind Neuseeländer keine Briten.

      • Thorsten Haupts 8. April 2023, 14:36

        Ab genau wann sind Ausgewanderte/vorübergehend Entsandte, die dann dauerhaft ansässig wurden etc. keine Bürger ihres Herkunftslandes mehr? Sofort, zweite Generation, dritte?

        Neuseeland, Australien und Südafrika wurden von dem britischen Inseln aus besiedelt. Die Commonwealth-Streitkräfte dieser Länder in der britischen Nordafrika-Armee bestanden nicht aus zwangsverpflichteten Aborigines.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Stefan Sasse 8. April 2023, 22:52

          Safe to say dass Leute die dort geboren wurden keine Briten mehr sind. Nach deiner Logik wären alle Österreicher heute noch Reichsbürger.

          • Thorsten Haupts 8. April 2023, 23:57

            „Safe“ ist an dieser Stelle weder Deine noch Mrs. Elkins schräge Interpretation. Der britische König war im Zweiten Weltkrieg offizielles Staatsoberhaupt der australischen wie der neuseeländischen Einwohner. Dein „Äpfel mit Spinat“-Vergleich machte überhaupt nur Sinn, wäre heute der deutsche Bundespräsident noch Staatsoberhaupt Österreichs – und in dem Falle wären die Österreicher zwar nicht Reichs- aber Bundesbürger 🙂 .

            Gruss,
            Thorsten Haupts

          • Erwin Gabriel 9. April 2023, 14:56

            @ Stefan Sasse 8. April 2023, 22:52

            Safe to say dass Leute die dort geboren wurden keine Briten mehr sind. Nach deiner Logik wären alle Österreicher heute noch Reichsbürger.

            Da bringst Du was durcheinander. Wenn – beispielsweise – Briten sich in Australien, Neuseeland, Indien oder Südafrika niederlassen, haben sie (und ihre Söhne und Töchter) sich damals als Bürger des Britischen Empire empfunden, was man für Aborigines, Hindu, Bantu und Zulu wohl nicht voraussetzen kann.

            • Stefan Sasse 9. April 2023, 16:48

              Das ist mir schon klar. Aber die Leute, die im Zweiten Weltkrieg z.B. aus Australien rekrutiert wurden, lebten da ja meist schon in der vierten, fünften, sechsten Generation. Die noch als „Briten“ zu bezeichnen ist ein bisschen viel. Einmal davon abgesehen dass das Thema eh war, dass die Wahrnehmung sich häufig auf die britischen Inseln kapriziert und das Empire vergisst; the point still stands.

              • Thorsten Haupts 9. April 2023, 20:40

                Tschuldigung Stefan – aber die Leut dienten in der „British Army“, der Armee des britischen Königs. Sie umstandslos zu Nicht-Briten zu befördern, um politisch/ethisch einen Punkt zu machen, ist jedenfalls eine fragwürdige Methode. Siehe auch Dennis weiter unten.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • Stefan Sasse 10. April 2023, 10:09

                  Hm, okay. Meine Fachkenntnisse sind jetzt auch nicht groß genug, um mich darauf zu versteifen. Letztlich ist es ein winziger Punkt.

            • Dennis 9. April 2023, 17:57

              Gut möglich, „empfinden“ ist wohl der Kernbegriff auf den es ankommt, denn die Frage „was ganz, ganz genau ist jetzt eigentlich ein echter Brite oder eine Britin“ könnte man endlos hin und her wenden, zumal man auch noch zwischen heute, gestern und vorgestern unterscheiden muss. Die Vererbbarkeit bzw. Widerrufbarkeit bzw. die Ausschlagung der Erbschaft (z.B. weiland USA) ist dann noch ein weiterer Spezialfall^. Oder die Iren zum Beispiel; die wollten das „Britische“ widerrufen (gleichwohl nicht alle), durften aber zunächst nicht, aber dann doch, aber nicht für alle counties. Die Schotten diskutieren noch. Stefan Sasses Gleichung weiter oben (Briten = Bewohner der britischen Inseln) stimmet insoweit ja auch nicht so ganz. Mal die republikanischen Iren fragen^, obschon Irland geografisch eine „britische Insel“ ist.

              Wie dem auch sei, die Regierung Seiner Majestät schreibt auf ihrer Website jedenfalls u.a. :

              „British subject:
              Until 1949, nearly everyone with a close connection to the United Kingdom was called a ‘British subject’.

              All citizens of Commonwealth countries were collectively referred to as ‘British subjects’ until January 1983. However, this was not an official status for most of them.

              Since 1983, very few people have qualified as British subjects.“

              Im Weiteren wird dann alles hoch-kompliziert mit aktuell sechs verschiedenen Typen von „British nationality“ (der Oberbegriff; darunter u.a. das veraltete „subject“) mit massenhaft komischen Kriterien, ehemaligen (ggf. nachwirkend gültigen) und aktuellen.

              Am besten also, man macht das zur Glaubensfrage und spart sich das komplexe Kleingedruckte^. Der neuere Trend geht natürlich so: Die da draußen jenseits der Insel möglichst ausschließen, außer Leute mit reichlich Geld; in Abhängigkeit von der Summe dürfen die sich dann ggf. als Briten fühlen, gerne auch Russen (offiziell momentan erst mal abgebrochen^).

              • Thorsten Haupts 9. April 2023, 20:48

                Der eigentliche Fehler ist die Anwendung eines engen Nationalstaatsbegriffes auf ein Empire. Das Lustige daran – eine britische Nation existiert vermutlich nicht (die ist schottisch, walisisch oder englisch), ein britischer Staat dagegen schon. Nur waren dessen Grenzen in der Vergangenheit nicht die der britischen Insel(n).

                Gruss,
                Thorsten Haupts

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