Geoffrey Parker – Global Crisis. War, Climate Change and Catastrophe in the Seventeenth Century (Hörbuch)
Der menschengemachte Klimawandel ist die große Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Aber bereits vergangene Jahrhunderte litten unter den Folgen des Klimawandels. Die Umbruchszeit des 17. Jahrhunderts war von der so genannten „kleinen Eiszeit“ beherrscht, deren Auswirkungen in der jüngeren Zeit immer mehr in den Fokus der Wissenschaft geraten. Auch wenn es naturgemäß angesichts der Quellenlage schwierig ist, präzise meteorologische Daten zu erhalten, so ist die Beschäftigung mit der Frage, inwiefern klimatische Umstände die Geschichte der Menschheit bedingen, eine mehr als relevante (siehe dazu auch Kyle Harpers „Fate of Rome“). Das Klima ist, wie wir inzwischen leidvoll erfahren haben, eine globale Angelegenheit, so dass eine Geschichtsschreibung des Einflusses des Klimawandels im 17. Jahrhundert dessen globale Geschichte ins Auge fassen muss. Wie der Untertitel schon sagt, ist es ein Zeitalter der Krisen: Krieg und Katastrophen bestimmten den Alltag. China etwa versinkt in dieser Epoche in eine fast siebzigjährige Zeit der Kriegführung. Erdbeben erschüttern Europa. Dürre sucht Virginia heim. Es ist ein düsteres Bild, das Parker hier zeichnet.
Das erste Kapitel „The Little Ice Age“ beginnt eine Darstellung der krisenhaften Zustände, die die Welt in jener Zeit erschüttern. Um 1618, dem ersten Jahr der plötzlichen Kälte, bis ungefähr 1680 fallen die Temperaturen weltweit aufgrund einer Reihe von Phänomen, etwa nachlassender Sonnenaktivität, deutlich ab. Dürren und Flut (je nach Region, gerne aber auch nacheinander) und zunehmende Erdbeben und Vulkanausbrüche (die ihrerseits durch Asche und Verdunklung für Abkühlung sorgen) sind die Folge. Mir war unklar, dass die Sonnenaktivität Erdbeben auslösen kann; dies liegt daran, dass das Wetterphänomen El Nino dadurch aus dem Rhythmus gerät, wodurch der Wasserpegel zwischen der West- und Ostküste des Pazifiks signifikant steigt bzw. fällt – und die Wassermassen üben Druck auf die Kontinentalplatten aus.
Die Folge sind Missernten und Hungersnot. Parker erläutert, wie bereits ein Einbruch von 30% der Ernte die Nahrungsmittelpreise verdoppelt, während ein Einbruch um 50% sie verfünffacht. Das liegt daran, dass die Bauern dann praktisch alles selbst verbrauchen und nichts mehr auf den Markt kommt. Während ein Jahr des Hungers noch verkraftbar sei, führten mehrere Jahre dann zu permanenter Armut, weil alles verkauft wird. Menschen verhungern oder ziehen durch das Land. Soziale Verhältnisse werden durcheinandergewirbelt und Beziehungsgeflechte zerrissen. Da das Steueraufkommen sinkt, reagieren die Herrscher mit Steuererhöhungen, die die Lage noch weiter verschlimmern. Wenig überraschend, dass viele Zeitgenoss*innen ihr Zeitalter als Strafe Gottes und Ankündigung der Apokalypse begreifen.
Das zweite Kapitel „The „General Crisis““ ist ein cleveres Wortspiel: es geht um Krieg. Kein Jahrhundert seit dem Fall Roms sah so viel bewaffnete Konflikte zwischen Herrschern, ob in China, Indien oder Europa. Während Soldaten immer eine Landplage waren, nahm das Ausmaß der Verwüstung durch Kriegsvolk in jener Epoche massiv zu. Parker führt dies auf die geänderte Kriegführung zurück: es kommt fast gar nicht mehr zu Schlachten, stattdessen bestimmen langwierige Belagerungen das Bild. Diese verlängern die Konflikte deutlich und machen sie wesentlich teurer. Mehr Soldaten stehen länger im Feld, müssen besoldet und versorgt werden und plündern die Umgebung aus. Das Resultat ist, wo auch immer die entfesselte Soldateska unterwegs ist, verheerend.
Parker erklärt die massive Zunahme von kriegerischer Gewalt in jener Epoche mit der völligen Freiheit der Herrscher. Ob in China, Indien, der arabischen Welt oder Europa, überall herrschten sie absolutistisch, weitgehend ohne Kontrolle, und ideologisch überhöht als Stellvertreter Gottes (oder der Götter) auf Erden. Die Staaten geben über Dreiviertel ihrer Mittel für Kriegführung aus. Zunehmend werden Kriege durch die Fähigkeit entschieden, hohe Steueraufkommen zu generieren und die Logistik instandzuhalten, was zu einer Verdreifachung der Steuerbelastung führt – im Jahrhundertschnitt.
Das 17. Jahrhundert war auch von Nachfolgekrisen erschüttert. Weltweit gab es Kindsherrscher, unklare Erbverhältnisse und Bürgerkriege. Die Herrscherwechsel waren oft von Gewalt umgeben. Die Ermordung rivalisierender Prätendanten war etwa in China oder dem Osmanischen Reich quasi alltägliche Regierungspraxis, Regenten wurden eingesetzt und beseitigt und Marionettenherrscher installiert. Zu stabilen und friedlichen Verhältnissen führte nichts davon.
Das dritte Kapitel, „“Hunger is the greatest enemy“ – The heart of the crisis“ nähert sich dem nächsten apokalyptischen Reiter an (eine naheliegende Metapher, der sich Parker ironischerweise nicht bedient): dem Hunger. Nach einer Periode warmen Wetters im 16. Jahrhundert, das Landwirtschaft auch in marginalen Gebieten ermöglicht hatte (mir drängt sich der Vergleich zum „römischen Klima-Optimum“ auf), verwandelte die kleine Eiszeit des 17. Jahrhunderts weite Teile der Welt in „Wüsten“. In Schottland etwa wurden in manchen Regionen 80% der Farmen und Dörfer aufgegeben, weil die Pflanzen nicht wuchsen. Die verzweifelten Menschen zogen in die Städte.
Diese waren ungesunde Kloaken. Der Schmutz und der Gestank müssen abartig gewesen sein, wenn man zeitgenössischen Berichten Glauben schenken darf, und die Luftverschmutzung Level erreichen, gegen die manch heutiger Moloch ein Sanatorium ist. Die ungesunden Zustände sorgten für hohe Sterbe- und niedrige Geburtenraten. Die Städte, die im 16. Jahrhundert seit der Antike nicht mehr erreichte Größe erlangt hatten und komplett vom Import von Lebensmitteln abhängig waren, wurden nun von den Hungerflüchtlingen vom Land überschwemmt, die ihrerseits keine Nahrung mehr produzierten. Die vorhersehbare Folge waren massive Hungersnöte, die von indifferenten Herrschern nicht gelindert wurden.
Zu allem Überfluss sah die Epoche verheerende Brände, von denen das Feuer in London 1666 nur das berühmteste ist. Die Städte verwandelten sich durch die Dürreperioden in wahre Zündholzschachteln, in denen ein Funke genügte, um verheerende Flächenbrände auszulösen Delhi und Moskau erlitten ebenfalls 1666 massive Feuer. Die Städte waren zudem wirtschaftliche Knotenpunkte, die allerdings anders als in der globalen Wirtschaft ab dem 19. Jahrhundert nur über Umwege verbunden waren. Parker benutzt hier die Metapher flacher Tümpel, die mit Kanälen verbunden sind. Trocknet ein Tümpel aus, endet der Fluss durch die Kanäle in die anderen, mit verheerenden Kaskadeneffekten, die den Zeitgenoss*innen völlig unklar waren.
Das vierte Kapitel, „“A third of the world has died“ – Surviving in the 17th century“ befasst sich mit den dramatischen Folgen. Es wird allgemein angenommen, dass die Weltbevölkerung im 17. Jahrhundert um rund ein Drittel sank. Eine Ursache hierfür waren direkte Tode, etwa durch Selbstmorde. Deren Zahl nahm in einem epidemischen Ausmaß zu, allen sozialen und theologischen Hemmnissen zum Trotz. In Europa dominierte der Selbstmord aus ökonomischen Gründen, während vor allem in China politische Selbstmorde hinzukamen: es wurde erwartet, dass Staatsdiener Selbstmord begingen, wenn ihr Staat Probleme hatte – was auch oft genug geschah. Sowohl in China als auch Indien herrschte zudem eine starke Tradition des erzwungen Selbstmords von Witwen (die von den sich als aufgeklärten Kolonialherren gerierenden Briten später propagandistisch ausgeschlachtet wurde).
Auch die Kriege forderten gewaltige Todesopfer. Die wenigsten starben dabei durch direkte Gewalteinwirkung auf dem Schlachtfeld (etwa 10%), der Rest starb an Seuchen, Hunger und Kälte. Dazu kamen die Massaker an der Zivilbevölkerung, die in den Quellen in grausamen Details geschildert werden. Die Soldateska mordete und vergewaltigte (was oft auf dasselbe hinauslief; dazu wurden Frauen in China nach ihrer Vergewaltigung von der Gesellschaft ebenfalls zum Selbstmord gezwungen, da „ihre Ehre beschmutzt“ war) in riesigen Zahlen. Hier in Deutschland kennen wir vor allem das Beispiel Magdeburgs.
Die Bevölkerungsabnahme erklärt sich aber auch am drastischen Fall der Geburtenrate. Die schlechte ökonomische Situation verschob das Heiratsalter von ungefähr 20 auf 27 und halbierte die durchschnittliche Kinderzahl – bei vervielfachter Kindersterblichkeit. Diese erreichte ungekannte Höhen, und solche Kinder, die überlebten, wurden oft ausgesetzt oder verkauft. Die Zahl der Kindsmorde erreichte schwindelerregendes Ausmaß, vor allem in der Form des Femizids. In manchen chinesischen Regionen kamen auf ein Mädchen vier Jungen, eine biologisch völlig unerklärliche Zahl.
Auch durch politische Maßnahmen wurde die Bevölkerung reduziert. Arme Menschen wurden zwangsweise in die Kolonien verfrachtet (wo die überwiegende Mehrheit binnen Tagen starb) oder zur Armee eingezogen. Das führte in vielen Regionen zu einer massiven Zunahme an Witwen und alleinerziehenden Müttern und einem Mangel an Heiratskandidaten. Der strukturelle Sexismus verhinderte, dass diese Frauen irgendeine eigenständige wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten, weswegen sie allzuhäufig schnell in Armut verfielen und starben – oft mit einem kurzen, leidensgeprägten Umweg über die Prostitution.
Das fünfte Kapitel, „“, beginnt eine erste Fallstudie. Der Fall der Ming-Dynastie und der Aufschwung der Manchu bilden die Bühne. Parker skizziert kurz die Schwächen des Ming-Staats: obwohl er über riesiges, prosperierendes Gebiet herrschte, war die zugrundeliegende Struktur schwach. Die Kaiser waren in der Geheimen Stadt isoliert, die Bürokratie von den Söhnen reicher Landbesitzer dominiert, die sie zur Durchsetzung der eigenen Interessen nutzten, die Regierung durch interne ideologische Streitigkeiten gelähmt. Der Staat versorgte eine riesige Masse nutzloser, teurer Esser (der extensive Familienclan der Ming, der in die hunderttausende ging). Der failed state der Ming sorgte für einen enormen Anstieg der Kriminalität. In manchen Regionen waren 70% der Einwohner Mitglied bewaffneter und gut organisierter Räuberbanden (diese verfügten über militärische Strukturen, mitsamt Artillerie und allem drum und dran). Das Ming-Militär war völlig inkompetent und korrupt und konnte nichts dagegen tun. Als die kleine Eiszeit hereinbrach, übten all diese Faktoren ungeheuren Druck aus.
Viel größer aber war der Druck auf die Manchu. Diese sahen ihren einzigen Ausweg in Krieg gegen die Ming. Das morsche Gebilde hatte gegen die Krieger aus der Steppe keine Chance. Sie eroberten die nördliche Region, und Beijing fiel ihnen geradezu in den Schoß. Der Ming-Kaiser beging Selbstmord, und die Manchu gründeten eine neue Dynastie. Ursprünglich hatten sie nicht vorgehabt, ganz China zu erobern. Doch der Moloch Beijing war wirtschaftlich von anderen Regionen abhängig, die nun ihrerseits erobert werden mussten. Die Manchu erreichten diese Ziele durch eine moderate Politik und Integration der eroberten Han-Chinesen in ihre Strukturen. Doch als die Mitte Chinas gefallen war, änderte sich das.
Die Kämpfe wurden härter, denn Süd- und Westchina waren geografisch wesentlich weniger offen als Mitte- und Nordchina, was das Tempo verlangsamte. Zudem konzentrierte sich die Ming-Nachfolge mit ihren Loyalisten hier ebenso wie eine Bande von Piraten, die ihre Karriere als Ming-Marine begonnen hatten. Die Manchu brachten die Bevölkerung gegen sich auf, indem sie als Loyalitätsbeweis die Übernahme ihres eigenen Stils verlangten: neue Kleidung, neue Rituale und, besonders bedeutsam, das Rasieren des Vorderkopfes und Tragen eines Zopfes. Dadurch konnten die Manchu Rebellen von Loyalisten unterscheiden, fachten aber einen gewaltigen Widerstand an, der ihnen Jahrzehnte zu schaffen machte. Zudem waren im Süden Chinas die Pocken endemisch, gegen die Manchu keinerlei Resistenz besaßen. Sie starben zu tausenden, kaum dass sie das Gebiet betreten hatten.
Am Ende siegten die Manchu weniger, als dass die Ming verloren. Parker beschreibt dies als einen Krieg von drei Parteien: Ming, Manchu und Anarchie, und es waren die Ming, die sich wie schon vor der Invasion als am schlechtesten geeignet erwiesen, für Ordnung zu sorgen. Nicht, dass die Manchu perfekte Herrscher wären. Gleich zwei massive politische Krisen verschlimmerten die durch die Kleine Eiszeit hervorgerufenen Nöte, als der Widerstand der Loyalisten durch harsche Kleidungs- und Haargesetze angefacht und örtliche Kollaborateure durch einen Loyalitätstest zur Rebellion genötigt wurden. Ungeachtet all dieser Katastrophen, die zahlreiche Menschen das Leben kosteten, eroberten die Manchu im 17. Jahrhundert ein Reich, das an Größe höchstens von Russland überschattet wurde.
Um dieses Reich geht es in Kapitel sechs, „“The great shaking“ – Russia and the Polish-Lithuanian Commonwealth“. Im 17. Jahrhundert war Osteuropa in drei große Machtblöcke geteilt: Schweden, noch immer eine Großmacht; Polen-Litauen, ein riesiges Reich, dessen Grenzen teilweise bis zum Schwarzen Meer reichten; und Russland. Zahlreiche Kriege wurden zwischen diesen Reichen geführt, an deren Ende die Existenz Russlands stehen sollte.
In Parkers Erzählung finden wir zu Beginn des 17. Jahrhundert ein Russland vor, das – noch Peripheriemacht in Europa – von Misswirtschaft gebeutelt ist. Die Minister des Zaren sind selbst nach damaligen Maßstäben absurd korrupt und wirtschaften nur in die eigene Tasche, was die bestehende Rechtsordnung erodiert. Diese ist den Zeiten ohnehin nicht mehr angemessen: feudale Obligationen und Rechte passen immer weniger zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfordernissen der Epoche. Wie auch bei den Ming werden strukturelle Schwächen durch Fehlentscheidungen des Zaren verstärkt, die zu Erhebungen führen, deren der Kreml nicht mehr Herr wird – unter anderem, weil er auf die brillante Idee kommt, die Truppen nicht mehr zu bezahlen, die in einer weiteren Parallele zu den Ming – dann die Rebellion unterstützen.
Anders als die Ming aber gelingt es dem Zaren, einen neuen Sozialvertrag mit den adeligen Eliten zu schmieden: der Adel erhält die absolute Kontrolle über die Leibeigenen – eine zu diesem Zeitpunkt bereits jahrzehntealte Forderung – und stellt im Gegenzug Kontributionen für das Militär (statt ein unzuverlässiges feudales Aufgebot zu stellen). Der Staat wird somit auf die Spitze des autokratischen Zaren hin neu organisiert, mit Stufen ebenso autokratischer Regierung darunter, eine fatale Weichenstellung für die Freiheit des russischen Volkes, aber mit großem zeitgenössischen Machtgewinn.
Dabei hilft dem Zaren ein religiöser Konflikt. Der Streit zwischen Orthodoxen, Katholiken und Muslimen einerseits und vor allem innerhalb der Orthodoxie andererseits wütete das gesamte 17. Jahrhundert, aber die Zaren sicherten sich ihr Überleben, indem sie sich als Schutzherren der orthodoxen Kirche gerierten und Staat und Kirche untrennbar miteinander verschmolzen, eine ebenso fatale Weichenstellung.
Gleichzeitig war es der polnisch-litauische Bund, der zu dieser Zeit expansiv nach vorne drängte. Der polnische König nutzte die Schwäche Russlands und der einheimischen Kosaken und unterwarf sich die fruchtbare Ukraine, die damals aufgrund der instabilen Situation und Krisen unterbevölkert war. Zahlreiche polnische Siedler zogen in die Ukraine, und der König vergab großzügige Lehen. Die neue Machtbasis schien eine gute Grundlage für den polnisch-litauischen Staat zu bieten, doch Regierungsfehler vereitelten eine Konsolidierung der Expansion auch hier.
Die einheimischen Kosaken fühlten sich durch die polnischen Adeligen aus ihrer traditionellen Führungsrolle verdrängt. Gleichzeitig reduzierte der klimatische Druck der Kleinen Eiszeit (wie auch in Russland) die Einkommen aus der Landwirtschaft. Die Kosaken wollten deswegen verstärkt Krieg führen, weil ihnen im Krieg staatliche Einkommen zustanden – dies aber wiederum wollten die Polen aus nachvollziehbaren Gründen nicht. Diplomatische Ungeschicklichkeiten provozierten einen erfolgreichen Aufstand der Kosaken, und die polnische Herrschaft brach wie ein Kartenhaus zusammen – nur um andere Interessenten wie Schweden und das Osmanische Reich auf den Plan zu rufen, so dass die Kosaken das kleinere Übel wählten und ein Bündnis mit Russland schlossen.
Der Fallout dieser Ereignisse und des zeitlich ungeschickt fallenden Todes des polnischen Königs, der eine Periode interner Querelen und Streitigkeiten zur Folge hatten, die Warschau lähmten, sorgten für den überraschend schnellen Zusammenbruch des Bundes im Krieg gegen Schweden und Russland. Selten zuvor sei in der europäischen Geschichte ein Großreich so schnell und gründlich zusammengebrochen wie der polnisch-litauische bund, und den siegreichen Schweden war es wegen ihrer geringen Zahl und fremden Kultur – sie brachten einen blutig-missionarischen Lutherismus mit in den bereits von vier religiösen Fraktionen gesplitterten Landstrich – nicht möglich, ihren Sieg auszunutzen, so dass die Moskowiter am Ende siegreich dastanden – nicht ohne dass große Teile Osteuropas entvölkert wurden und die Ukraine zu den von Timothy Snyder eloquent „Bloodlands“ getauften Kriegszonen wurden. Die Bevölkerung der Gegend ging um gut die Hälfte zurück, ein ungeuerer Blutzoll, der leider gut in das Schema des Jahrhunderts passte.
Im siebten Teil, „The Ottoman Tragedy 1618-1683“, behandelt Parker in einem mittlerweile schon fast altbekannten Muster die Probleme eines Imperiums im 17. Jahrhundert. Es ist beinahe schon zum Mitaufsagen: das Osmanische Reich litt unter Misswirtschaft, weil seine Strukturen nicht mehr zu der veränderten Gesellschaft passten. Elitäre Schichten pressten parasitär die Bevölkerung aus, die durch die Kleine Eiszeit unter massiven Druck geriet. Steigende Steuerlast und fehlende staatliche Kapazitäten führten zu Revolten. Hungersnöte vor allem in den peripheren, für die Landwirtschaft nur eingeschränkt geeigneten Gebieten, die in der Warmzeit des 16. Jahrhunderts besiedelt worden waren, führten zur Entvölkerung ganzer Landstriche. Dies wurde als Strafe Gottes angesehen, so dass es zu religiösen Auslegungskonflikten kam.
Aufgrund der einzigartigen Lage des Osmanischen Reichs war es im 17. Jahrhundert Zentrum besonders vieler religiöser Auseinandersetzungen. Die merkwürdige Lesart biblischer Texte und eine Flut von Dokumentenfälschungen führten dazu, dass die Apokalypse sowohl von Christen als auch Juden um das Jahr 1666 erwartet wurde. Die Juden im Besonderen erwarteten in religiöser Ekstase die Rückkehr des Messias, was die Gemeinde für falsche Propheten besonders anfällig machte. Ein solcher Prophet sorgte in einer osmanischen Stadt nach der anderen für Unruhe, ehe die osmanischen Behörden ihn verhafteten. Der Prophet konvertierte zum Islam, um seine Haut zu retten, was den jüdischen Messiasglauben nachhaltig abkühlte.
Das schützte die Juden in jenen Jahren allerdings nicht vor allen Arten von Pogromen. Die Mitte des 17. Jahrhunderts sah von England bis Iran, Ukraine bis Kreta eine wahre Blutspur, die erst im 20. Jahrhundert wieder ein trauriges Äquivalent finden sollte. Das Osmanische Reich war schon allein qua Geografie im Zentrum dieser Pogrome, lebten doch hier viele Juden und befanden sich hier die ältesten – und umstrittensten – heiligen Stätten des Glaubens.
Doch die Krise des 17. Jahrhunderts erschöpfte sich hier nicht. Der osmanische Staat sah seine Hauptaufgabe, wie alle Staaten jener Zeit, im Krieg. Die Sultane, einer inkompetenter als der nächste und von Palastintrigen gezeichnet, suchten die Instabilität ihres Reiches durch auswärtige Erfolge zu sichern. So stolperte das Osmanische Reich in einen jahrzehntedauernden, ruinösen Konflikt mit Venedig. Der Staat kam trotz all dieser organisatorischen Schwächen erstaunlich glimpflich durch die Krise der Mitte des 17. Jahrhunderts, was Parker vor allem auf die Selbstbeschäftigung der europäischen Mächte zurückführt, die permanent und umfassend Krieg gegeneinander führten. Als diese Kriege in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts abebbten, sahen sich die Osmanen plötzlich wesentlich heftigerer Opposition gegenüber, und die relative Rückständigkeit von Verwaltung und Armee machten sich deutlich in einer Serie von Niederlagen bemerkbar. Der Staat schaffte es zwar sehr gut, neue Entwicklungen zu adaptieren (etwa Salvenfeuer mit Musketen), aber es gelang nicht, irgendwelche Innovationen selbst zu gestalten, so dass das Osmanische Reich langsam, aber sicher, ins Hintertreffen geriet – ein relativer, nicht absoluter Verfall, in Parkers Ansicht.
Der achte Teil, „The „lamentations“ of Germany and its neighbors, 1618-1648″, beschäftigt sich mit der deutschen Urkatastrophe der Neuzeit, dem Dreißigjährigen Krieg. Parker sieht diesen als einen europäischen Bürgerkrieg an. Der Beginn in Böhmen liegt in einem sowohl religiös als auch machtpolitisch motivierten Konflikt zwischen den protestantischen Ständen und dem katholischen Habsburger Kaiser. Militärisch war dieser rasch entschieden: die Habsburger siegten, und der Prätendant musste fliehen. Doch die Habsburger eskalierten in ihrer Reaktion und weckten breite Ängste vor einer Gegenreformation. Vor allem das Restitutionsedikt, das die Säkularisierungen seit 1517 rückgängig machen sollte, sorgte geradezu für Panik.
Dementsprechend formierte sich neue Opposition gegen die Habsburger, und der Krieg ging in eine neue Runde. Eine Intervention der Dänen, die damals noch eine mittlere Macht in Europa waren, wurde von den Habsburgern abgewehrt. Besser würde die Situation für sie nicht mehr werden. Mit der Intervention der Schweden und Franzosen traten zwei neue Mächte auf den Plan, die den Krieg verlängern würden. Ihre Interessen bestanden in der nachhaltigen Schwächung der Habsburger im Speziellen, aber des deutschen Kaisertums im Allgemeinen (ein Ziel, das sie erreichen würden), was es ihnen ermöglichte, als Verteidiger der Stände aufzutreten.
Die gewaltigen Kriegskosten überforderten selbst den bestgeführten Staatshaushalt. Beginnend von Böhmen begann das Zeitalter der „Wipper und Kipper“, als der Wert der Münzen drastisch reduziert wurde. Der inflationäre Druck führte dazu, dass auch andere Staaten im Umland ihre Münzen abwerteten. Wie auch bei den Inflationen in Russland und dem Osmanischen Reich waren die Folgen verheerend und fuhren die Wirtschaftsleistung in einer Zeit rapide herab, als bereits durch die Kleine Eiszeit ohnehin weniger Aktivität herrschte.
Als ob das alles nicht genug wäre, schlug die Kleine Eiszeit auch in Deutschland zu. Die Ernte des Jahres 1617 und 1618 war außergewöhnlich schlecht, was in einer Parallele zu 1788 und 1789 zu einer Radikalisierung der Proteste in Böhmen führte. Durch den gesamten Kriegsverlauf erzwangen die schlechten Ernteerträge wesentlich höhere Steuern und auswärtige Unterstützung, als dies unter normalen Umständen notwendig wäre, und sorgten wegen der geringeren Basis für noch mehr Not als ohnehin. Die Entvölkerung weiter Teile Deutschlands war die Urkatastrope der Nation; Parker zitiert eine Umfrage von 1967 (!), in der der Dreißigjährige Krieg noch vor dem Zweiten Weltkrieg als schlimmste Katastrophe des Landes genannt wird (heutzutage ist er praktisch unbekannt). Auch das System der Kontributionen, für das wie kein anderer der Kriegsunternehmer Wallenstein steht, sorgte für einen wesentlich größeren Flurschaden als jeder Krieg der Neuzeit vorher.
Ab Ende der 1630er Jahre sorgten die Verwüstungen und klimatischen Bedingungen für eine allgemeine Erschöpfung. Die deutschen Fürsten hätten auch Frieden geschlossen – die üblichen Restitutionen von Rechten, Austausche von Ländereien etc. waren weitgehend ausverhandelt – aber Frankreich und Schweden weigerten sich. Es brauchte noch fast ein weiteres Jahrzehnt der Kämpfe – und schwere Niederlagen für die Habsburger – um final einen Frieden zu erreichen, der dann 1648 geschlossen wurde und das Antlitz Deutschlands für immer veränderte: ein stärkerer Reichstag, eine geschwächte Monarchie und ein aufstrebendes Frankreich waren die offensichtlichsten politischen Folgen. Die deutsche Bevölkerung war um rund ein Drittel gesunken; in manchen Gegenden um mehr als die Hälfte.
In Skandinavien (das Parker ebenfalls in diesem Kapitel abhandelt) war die Kriegszeit vor allem ein Ventil. Die Kleine Eiszeit bedingte auch hier schlechtere Ernten, so dass effektiv ein Bevölkerungsüberschuss bestand. Das Senden junger Männer auf die Kriegsschauplätze Deutschlands ermöglichte eine Reduzierung der zu versorgenden Bevölkerung und lud die Kosten auf die deutschen Länder ab. Schweden musste allerdings zunehmend mit Unruhen umgehen, vor allem in Finnland, wo die Unterstützung der Monarchie rapide absank und sowohl Steuereinnahmen als auch Rekrutierungszahlen einbrachen.
Noch dramatischer war die Lage in Dänemark: eine jahrzehntelange (!) Aufstandsbewegung plagte die dortige Monarchie, die schließlich mit einem entscheidenden Sieg des Königs endete: er zwang den Adel, eine neue Verfassung zu akzeptieren, die ihm im Endeffekt unumschränkte Macht gab. Der dänische Reichstag kapitulierte vollständig und wurde vom König dann für 200 Jahre nicht mehr einberufen; die neue dänische Verfassung würde bis ins 19. Jahrhundert gelten und war die am längsten geltende Verfassung Europas.
Die Niederlande zuletzt gehörten zu den wenigen Gewinnern der Kriegszeit. Sie kämpften einen jahrzehntelangen, zähen Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien, der die niederländischen Städte wohlhabend machte. Auch die Versorgung der Kriegsteilnehmer in Deutschland spülte Gewinne in die Kassen niederländischer Kaufleute. Als die Kriege endeten und die Armeen demobilisiert wurden, stürzte die niederländische Wirtschaft ab 1648 in eine tiefe Krise, die das Land lähmte und gegenüber seinem Konkurrenten England nachhaltig schwächte.
Doch der Dreißigjährige Krieg beeinflusste auch die iberische Halbinsel, wie der neunte Teil, „The Agony of the Iberian Peninsula 1618-1689“, deutlich zeigt. Auf dem Papier sah die Lage für Spanien zu Beginn des 17. Jahrhunderts eigentlich gut aus. Das „Reich, in dem die Sonne niemals untergeht“ erstreckte sich über die komplette iberische Halbinsel, inklusive dem heutigen Portugal, Teile Italiens, griechischer Inseln und natürlich dem weitgestreckten Kolonialreich von Karibik über Amerika bis hin zu Philippinen und Indien. Doch das Reich war überdehnt. Die zahlreichen Feinde Spaniens forderten es immer an irgendeiner Stelle heraus, und der spanische Staat war verkrustet und in seinen Strukturen noch dem 16. Jahrhundert verhaftet, nicht in der Lage, die Verwaltung und vor allem die Finanzen für diese große Belastung zu stemmen. Als die Kleine Eiszeit ab 1618 auch noch die Ernteerträge drückte und weite Verarmung mit sich brachte, befand sich das Reich in der Krise (klingt das mittlerweile vertraut?).
Deswegen suchte Spaniens Elite nach Auswegen aus dem Dilemma. Reihenweise wurden Reformvorschläge ausgebreitet, sie sich auch einem Zeitgenossen der Generalstände 1789 vertraut anhören dürften: eine Reduzierung althergebrachter Privilegien und Steuerausnahmen einer parasitären Elite, Förderung der Wirtschaft, Modernisierung der Verwaltung und ein Zurückschneiden des Einflusses der Kirche. Der König indessen berief einen Theologenkonvent ein, um diesen eine Reihe von Reformschlägen ausarbeiten zu lassen. Die Liste kam prompt. Das schlimmste, was Spanien demnach tun könnte, wäre eine Veränderung der Traditionen. Fortschritt und Wandel, so belehrten die Priester den König, sei grundsätzlich abzulehnen. Gott liebt jene, die sich an die Traditionen halten und sie ehren (diverse Immane im Osmanischen Reich nicken in diesem Moment ebenso heftig mit dem Kopf wie der Patriarch von Moskau).
Es sollte nicht überraschen, wie sich der König entschied. In der behandelten Periode befand sich Spanien im Krieg mit: den Niederlanden (ein jahrzehnte andauernder Konflikt, der erst 1648 mit der Unabhängigkeit der Niederlande endete; siehe das vorherige Kapitel), mit Frankreich (satte 30 Jahre lang), mit Großbritannien. Dazu kamen permanente Rebellionen, vor allem – wo auch sonst – Katalonien, aber auch in Kastilien, sowie ein veritabler Unabhängigkeitskrieg mit Portugal. Diese Kriege erforderten zwei Dinge: die Aushebung gewaltiger Mengen Soldaten und das Eintreiben riesiger Geldmittel.
Die Geldmittel erforderten höhere Steuern. Und nicht nur ein bisschen höher; wir reden von vier- bis fünffachen Erhöhungen, zu einer Zeit, als die Einkommen wegen der Klimakrise massiv absackten. Da zahlreiche Bevölkerungsschichten ausgenommen waren, lag die Bürde bei den Ärmsten und einigen wenigen Regionen – unter anderem Katalonien. Spanien erhob seine Steuern (wie auch Frankreich, siehe im nächsten Teil) als Einheitsbeträge von den Kommunen. Je kleiner die Kommune, desto größer die individuelle Steuerbelastung. Da die Bevölkerung generell sank, der König außerdem mehr Truppen rekrutierte und ruinierte Menschen ihr Land verließen, stieg die reale Steuerbelastung sogar noch höher als die ohnehin bereits absurd angestiegenen Summen.
Gleiches galt für die Rekrutierungen. Zahlreiche Schichten und Gegenden waren von der Wehrpflicht ausgenommen, so dass in anderen Regionen riesige Mengen rekrutiert werden mussten. Das gelang immer weniger, da sich die Bevölkerung entzog und den offenen Aufstand probte. Der König erhob also Steuern und hob Truppen aus, die er dann brauchte, um die Rebellionen niederzuschlagen, die diese Aushebungen hervorgerufen hatten. Alle Kriegsschauplätze gleichzeitig waren unmöglich zu bedienen. Das führte etwa dazu, dass die portugiesische Unabhängigkeit jahrelang ignoriert wurde, weil schlicht keine Truppen verfügbar waren – und alls die Spanier dann einfielen, waren die Portugiesen vorbereitet. Auch im Kolonialreich sah es nicht besser aus. Schatzflotten wurden erobert, Schiffe versenkt, die indischen Kolonien gingen verloren – es war ein Desaster.
All das hielt Philipp IV. nicht davon ab, nicht auch nur ein Jota nachzugeben. Er betrachtete Krieg als eine grundsätzlich gute Sache. Der Krieg mit Frankreich etwa war vollständig unnötig vom Zaun gebrochen, und der Stolz des Königs – er verlangte, dass die Franzosen den ersten, offiziellen und erniedrigenden Schritt zu Friedensverhandlungen machen sollten – verhinderte jede Friedenslösung, während fantastische Kriegspläne von Märschen über die Pyränen gesponnen wurden, während in der Realität französische Truppen Rebellen in Barcelona entsetzten.
All das geschah vor dem Hintergrund einer jahrzehntelangen Wirtschaftskrise, in der die Erträge sanken, die Bevölkerung zurückging, die Wirtschaft stagnierte. Obwohl die Konkurrenz im 17. Jahrhundert wahrlich groß ist, dürften die spanischen Habsburger sich zumindest um einen Spitzenplatz beim Kampf um den Titel der inkompetentesten Herrscher sichern.
Auch in Frankreich war nicht alles Gold, was glänzt, wie in Teil 10, „France in Crisis, 1618-1688“, deutlich wird. Von Beginn an stand das Land unter einer ähnlichen Richtungsentscheidung wie Spanien: sollte es sich auf Innenpolitik und Reformen oder auf Außenpolitik und Krieg (im 17. Jahrhundert effektiv Synonyme) konzentrieren? Es dürfte nicht weiter überraschend sein, dass sich die Kriegsfraktion durchsetzte. Diese versammelte sich um den berühmten Kardinal Richelieu (der Bösewicht der Drei-Musketiere-Geschichten), während die Reformerfraktion sich um die Mutter Ludwig XIII. konzentrierte. Obwohl die Machtgleichgewichte sich hin und her bewegten, siegte auch in Frankreich – wie im benachbarten und verfeindeten Spanien – die Kriegsfraktion deutlich.
Frankreich kämpfte vor allem in Italien (gegen Spanien), in Deutschland (gegen die Habsburger) und im eigenen Land. Insgesamt gehörte es zu den militärischen Gewinnern des Dreißigjährigen Krieges, aber es hätte sicherlich besser dastehen können, wenn nicht eine Reihe von Faktoren und schlechten Entscheidungen – wie immer verschärft durch Missernten und das schlechte Klima der Kleinen Eiszeit – zu einer Aufstandsbewegung geführt hätten. Im Falle Frankreichs war das die „Fronde“. Anders als 1789 kam der Aufstand nicht vom Dritten Stand – der war damals noch bei weitem nicht zahlenkräftig oder organisiert genug – sondern aus dem Hochadel. Dieser besaß im Staat eine starke Machtstellung, die er über die sogenannten parlaments ausübte, Gerichtshöfe, die nicht nur letztinstanzliche Urteile fällten, sondern auch die Anweisungen des Königs und seiner kleinen Bürokratie „interpretierten“ und umsetzten. Diese „Interpretation“ bedeutete, dass die parlaments in der Lage waren, in vergleichsweise großem Rahmen die Politik mitzubestimmen, indem sie sie verschleppten oder in einigen Fällen sogar ganz abänderten.
Das war angesichts des riesigen Finanzbedarfs des Staates zum Führen all der Kriege auch bitter notwendig. Wie im Rest Europas sah der Adel überhaupt nicht ein, selbst an den Kosten der Kriege beteiligt zu sein, und wehrte sich mit Händen und Füßen, während das Volk unruhig wurde. Anders als in vielen anderen Ländern fiel die Unruhe des Adels über Reformversuche des Königs mit der öffentlichen Unruhe zusammen und sorgte für ein explosives Gemisch.
Innerhalb kürzester Zeit fanden sich die französischen Behörden im Kampf gegen Aufständische vor allem in Paris (damals wie heute ein Zentrum aller Unruhe, ein von Steuern befreiter Moloch, in dem die Bevölkerung die engen Gassen sofort mit Barrikaden zu blockieren wusste – kein Wunder, dass die absolutistischen Herrscher später die breiten Boulevards bauten, die man nicht mehr so einfach sperren konnte!) und in den besondes gebeutelten Regionen wie der Normandie. Am Ende der Epoche war auch die französische Bevölkerung um ein knappes Viertel kleiner als zu Beginn des Jahrhunderts, obwohl das Land zu den relativen Gewinnern der Kriegsserien des 17. Jahrhunderts zählte.
Die politischen Gewichte verschoben sich – nun unter Kardinal Mazarin statt Richelieu, aber für die Politikprioritäten hieß Raider jetzt Twix – nach der Mitte des Jahrhunderts vor allem dank der Schwäche seiner Feinde zugunsten Frankreichs. Hätte Philipp IV. seinerzeit Frieden geschlossen, anstatt später in purer Verzweiflung gezwungen zu sein – Frankreich wäre noch wesentlich angeschlagener aus den Kriegen herausgegangen. So vergrößerte es sich auf Kosten Spaniens. Diese Erfolge halfen dem neuen König, Ludwig XIV., seine Machtposition gegenüber dem Adel durchzusetzen, der zutiefst in den alteingesessenen Schwertadel gegenüber dem eher neueren Robenadel war, eine Spaltung, die Ludwig und seine Minister ebenso auszunutzen verstanden wie die religiösen Spaltungen und die innerhalb des kleinen Bürgertums.
Nichtsdestrotrotz herrschte Ludwig XIV. über ein Reich, dessen Finanzen bald gebeutelt wurden (seine Ausbilder hatten ihm zwar sehr effektiv Kriegführung beigebracht, Arithmetik aber als „Handwerk der Händler“ und königsunwürdig aus dem Curriculum gestrichen, mit entsprechenden Folgen) und das unter dem Druck der Kleinen Eiszeit immer noch wesentlich schlechtere Erträge brachte als ein Jahrhundert vorher. Der Bevölkerungsrrückgang in Frankreich um fast ein Viertel war daher weniger auf Kriegsschäden und Ähnliches zurückzuführen (obwohl die brutale Repressionspolitik auch hunderttausende Opfer kostete), sondern auf ein Sinken der Heiraten um die Hälfte (!) und der Geburten um drei Viertel (!!) in der Periode.
Die gestiegene Machtstellung des Königs verdankte Ludwig im Übrigen auch Geschehnissen im Ausland. Sowohl die Ermordung osmanischer Sultane als auch die Hinrichtung Charles I. in England schockte Europa und sorgte dafür, dass der Adel die Reihen hinter dem Monarchen schloss. Um letzteres geht es denn auch im elften Teil, „The Stuart Monarhy: The Path to Civil War, 1603-1642“.
Die gestiegene Machtstellung des Königs verdankte Ludwig im Übrigen auch Geschehnissen im Ausland. Sowohl die Ermordung osmanischer Sultane als auch die Hinrichtung Charles I. in England schockte Europa und sorgte dafür, dass der Adel die Reihen hinter dem Monarchen schloss. Um letzteres geht es denn auch im elften Teil, „The Stuart Monarchy: The Path to Civil War, 1603-1642“.
Parker nimmt sich mehr Zeit als gewöhnlich, um die Grundsituation zu beschreiben. Großbritannien war Anfang des 17. Jahrhunderts erst seit Kurzem ein (leidlich) geeintes Königreich. Tiefe Konfliktlinien durchzogen das Land, religiöser wie politischer Natur. Politisch rangen verschiedene Adelsfraktionen um die Macht, dazu der Adel mit dem reichen Bürgertum gegen das Königshaus, und zuletzt die Regionen selbst. Die Stuarts kamen ursprünglich aus Schottland und hingen dem presbyterianischen Glauben an, nicht der in England mehrheitlich vertretenen Kirche von England. Dazu hatten sie Beziehungen zu katholischen Ländern wie Frankreich und Spanien.
Irland indessen war überwiegend katholisch, hatte aber durch die englische Kolonisierung in den Städten und um Ulster starke protestantische Enklaven. Und England und Wales unterstanden der Kirche von England, was im unterentwickelten Wales aber allenfalls in den wenigen Zentren jemanden groß kümmerte, wo man ein ganz eigenes lokales Religionsgemisch unterhielt.
Wie alle Monarchen des 17. Jahrhunderts wollte auch Charles I. sich im Krieg einen Namen machen und betrachtete diesen als sein Hauptaufgabengebiet. Er war stark in der Pfalz involviert und suchte den Ausgang des Dreißigjährigen Krieges zu beeinflussen, doch die traditionellen englischen Mächtegruppen misstrauten den Habsburgern und drängten auf Krieg – den England denn auch führte. Charles bestand darauf, persönlich das Kommando zu übernehmen.
Soweit ähnelt viel dieser Geschichte der Situation in Frankreich. Die Unterschiede liegen einerseits darin, dass der Adel sich die Macht im Parlament mit dem Bürgertum teilte, anstatt dass die Opposition gegen den König inner-adelig in den paralaments ausgetragen wurde. Wesentlich entscheidender aber war die Inkompetenz des Königs. Charles verlor Schlacht um Schlacht, während er darauf bestand, ein persönliches Regiment zu führen (Wilhelm II. wäre stolz). Das kostete Unsummen, die der mathematisch nicht sonderlich begabte Herrscher ebenfalls nicht aufbringen konnte. Das Parlament aber wollte sie nicht bewilligen, führte Charles doch aus seiner Sicht die falschen Kriege.
Charles löste das Parlament, das mehr Mitspracherechte an der Regierung verlangte, auf und versuchte sich im Stil Louis XIII. und XIV. an einer absolutistischen Regierungsweise. Hätte er deren Kompetenz besessen, hätte das vermutlich auch geklappt, und die britische Geschichte wäre anders verlaufen. Stattdessen traf der König Fehlentscheidung auf Fehlentscheidung, zauderte, machte vorherige Beschlüsse rückgängig, brach sein Wort und untergrub seine Autorität. Dazu kam der Versuch, das in drei religiöse Bekenntnisse geteilte Reich unter eine einzige Religion zu zwingen – dazu noch die kleinste und am wenigsten verankerte. Stück für Stück manövrierte er das Land auf den großen Knall zu – den Bürgerkrieg, der ihn dann letztlich den Kopf kosten sollte.
Direkt zu Eingang des elften Teils, „Britain and Ireland from Civil War to Revolution, 1642-1689“, fragt sich Parker, welche Faktoren dazu führten, dass es zu diesem Extremereignis kam. Er listet eine ganze Litanei von „What-Ifs“ auf, von denen jede einzelne es vermocht hätte, den Untergang der Stuarts abzuwenden. Jedoch sieht er die strukturellen Faktoren – die politische und religiöse Spaltung, die Schwäche Charles‘ und deren Verschlimmerung durch die Kleine Eiszeit – als wesentlich ausschlaggebender, weswegen die „What-If“-Reihung auch nicht so relevant ist: der Bürgerkrieg sei das wahrscheinliche Ergebnis gewesen, weil die Konflikte friedlich kaum mehr lösbar waren.
Das wird klarer, wenn man sich die Rolle des Königs ansieht. Dieser lebte noch voll im Verständnis des Gottesgnadentums: sein Wille war Gesetz. Der Versuch des Parlaments, die königlichen Prärogative einzuschränken – vor allem das Recht, Krieg zu führen – war daher vollkommenes Anathema. Umgekehrt hatten sich im Parlament die Radikalen durchgesetzt, deren Forderungen – Durchsetzung einer Religion, praktische Entmachtung des Königs – einen Kompromiss unmöglich machten. Die Person des Königs selbst war dabei nicht hilfreich: er hatte ein gutes Verhältnis zu seiner Frau, deren Ratschlag er schätzte (schlecht), diese Frau war katholisch (noch schlechter) und dazu kam sie aus dem Ausland (am schlechtesten). Dergestalt erschien der König zunehmend als illegitim, und die Radikalisierung durch den Kriegsverlauf tat ihr Übriges.
Trotzdem war das Kriegsziel zu Beginn nicht die Abschaffung des Königtums und die Ausrufung der Republik. Dieses kam erst im eigentlichen Kriegsverlauf, als das Parlament auf einen „Rumpf“ von rund 150 Abgeordneten beschränkt wurde und sich zunehmend radikalisierte. Der Tod moderater Führer tat ebenso sein Übriges wie der Ausbau der Armee. Auffällig ist hier ein Muster, das sich auch in anderen krisengeschüttelten Reichen des 17. Jahrhunderts findet: eine stehende Armee, gut bewaffnet und organisiert, wird nicht bezahlt. Solange der Krieg tobt, ist das kein so großes Problem; die Armee finanziert sich aus Plünderungen. Aber als das Parlament die Armee auflösen will, ohne sie auszubezahlen, führt das zum erwartbaren Ergebnis, dass die bewaffneten Truppen den Aufstand proben.
Der Anführer dieses Aufstands ist Oliver Cromwell, der im Folgenden zum (erblichen) „Lord Protector“ wird und über den ersten (und einzigen) britischen Verfassungsprozess präsidiert. Für einige Jahre ist Großbritannien eine Republik. Diese Jahre fallen mit einer besonders kalten Zeit zusammen, in der die Ernteerträge deutlich sinken (und damit auch die Steuereinnahmen), während die Armee Krieg führt, um Schottland und Irland zu befrieden. Das gelingt auch; Parker erklärt das zum Gründungsmoment des British Empire.
Doch mit dem Tod Cromwells fällt alles auseinander. Sein Sohn Richard sollte theoretisch die Herrschaft übernehmen, doch seine Unterstützung ist sehr schwankend, und er begeht den fatalen Fehler, das Parlament neu wählen zu lassen und das Wahlrecht zu verbreitern. Wie so oft führt die Einbeziehung vormals ausgeschlossener Schichten aber zu einem Rechtsruck: die Wahlen werden von den Royalisten gewonnen, die die Stuart-Monarchie restituieren. Doch genauso wie Cromwell haben sich auch die Monarchisten verkalkuliert: die Stuart-Könige nehmen direkt den Versuch Charles I. wieder auf, eine absolute Monarchie zu etablieren, so dass 1688 ein weiterer Aufstand nötig wird: die „Glorious Revolution“ führt zur Invasion durch Wilhelm von Oranien, der eine Herrschaft mit fest zugesicherten Rechten des Parlaments begründet – und damit eine Herrschaftsform, die fundamental für den Erfolg des neuen britischen Empires und die Schaffung der modernen Welt werden würde.
Immer wieder kommt für die Zeit des Bürgerkriegs der Vergleich mit dem Dreißigjährigen Krieg auf. Die Zeitgenossen zogen diesen sehr gerne („Großbritannien geht den Weg Deutschlands“), und auch Parker scheut nicht davor zurück. Zwar war der Bürgerkrieg bei weitem nicht so lang und verheerend wie der in Deutschland; aber auch auf den britischen Inseln sterben Hunderttausende an den direkten Kriegsfolgen und sinkt die Bevölkerung durch die indirekten Folgen – eine gewaltige Steuerbelastung, sinkende Erträge, etc. – massiv ab. Wie in den anderen besprochenen Reichen auch werden die Folgen der Klimakrise der Kleinen Eiszeit durch die Handlungen der Herrschenden massiv verschlimmert, werden Krisen überhaupt erst existenzbedrohend, weil die Herrscher schlechte Entscheidung in Serie treffen.
Mit diesem länglichen Überblick schließt Parker den Teil des Buches ab, in dem er die wahrhaft katastrophalen Zeiten der besprochenen Reiche liegen. Im letzten Teil der Darstellung lenkt er den Blick auf jene Gegenden, die halbwegs glimpflich durch die Krise des 17. Jahrhunderts kamen. Denn die Kleine Eiszeit und der damit verbundene Bevölkerungsrückganf betrafen zwar vermutlich die ganze Welt (für das südlich der Sahara gelegene Afrika und Australien fehlen jegliche Daten und können keine Aussagen getroffen werden), aber nicht überall reagierten die Herrscher mit immens teueren Kriegen und steigenden Steuern auf die Geschehnisse.
Der zwölfte Teil, „The Mughals and their neighbors“, wirft den Blick auf Indien. Dort herrschten die muslimischen Mughal-Herrscher über ein Reich von 2000 Meilen Länge mit sicherlich 100 Millionen Einwohner*innen. Zwar sanken auch hier die Ernteeinträge wegen des ausbleibenden Monsuns, herrschten Hungersnöte und führten die Herrscher verheerende Kriege. Parker beschreibt etwa blutige Thronfolgekriege zwischen den Kindern der alternden Herrscher, die gegeneinander und gegen ihre Väter Krieg führten – mal mit, manchmal ohne Erfolg. Eine andere, besonders blutige Episode ist Krieg in Afghanistan, mit den bekannten Folgen: zehntausende Tote, verheerte Landstriche, gigantische Kosten – und keinerlei Gewinne. Der „graveyard of empires“ wird auch im 17. Jahrhundert seinem Ruf gerecht.
Doch was die Mughal-Herrscher von ihren bislang beschriebenen Gegenstücken unterscheidet ist ihre aktive Reaktion auf die Hungersnot. Anstatt die Steuern zu erhöhen, senkten die Mughal sie, und anstatt die Leute einfach verhungern zu lassen, richteten sie Suppenküchen und Speicher ein – eine Art Proto-Sozialstaat. Und, oh Wunder, das sorgte dafür, dass sich das Leid in Grenzen hielt. Dazu lösten die Mughal ein Problem, dass die krisengeplagteren Herrscher der vorherigen Kapitel vor unlösbare Probleme stellte: sie hielten die Staatsfinanzen in Ordnung. Parker ist in den Details leider sehr vage, aber ausgangs des 17. Jahrhunderts hinterließen die Mughal trotz teurer Kriege eine gefülltere Staatskasse als sie vorgefunden hatten – einzigartig in der restlichen Geschichte, und das, ohne ihre Bewohner*innen in die Existenznot zu treiben.
Noch besser war Indonesien für die Klimakrise des 17. Jahrhunderts gerüstet: die relative Nähe zum Äquator sorgte dafür, dass das Archipel auch in Dürre und Kälteperioden genug zu bewirtschaftendes Land besaß. Wie auch Sri Lanka litt Indonesien unter menschengemachten Katastrophen, in diesem Fall einem Kolonialkrieg zwischen Niederländern und Portugiesen. Parker nimmt diesen zum Anlass, die relative administrative Leistungsfähigkeit beider Nationen herauszustreichen: die kleinen Niederlande waren trotz ihrer relativ schlechten geografischen Lage in der Position, Indonesien und Teile der indischen Kolonien Portugals zu erobern, das kaum in der Lage war, das relativ nahe Brasilien zurückzuerobern. Diese Kriege verheerten die Inseln, aber wenigstens hielten sich die Effekte des Wetters in Grenzen.
Gänzlich anders gelagert ist der Fall des Iran: obwohl das Land auch in guten Zeiten unter Dürre leidet, kam es verhältnismäßig gut durch die kleine Eiszeit und ihre Extremwettereignisse (Starkwinde, Dürre, sinflutartige Regenfälle, der Iran hatte alles). Das dünn besiedelte Land überlebte hauptsächlich dank der Schwäche seiner Nachbarn (die Osmanen und Russen), aber auch das war, wie wir bisher sehen konnten, keinesfalls garantiert. Stattdessen überrascht Parker mich als unkundigen Leser damit, dass der Iran zu jener Zeit einen hohen Grad an Meinungsfreiheit besaß (den er freilich, wohl korrekt, als Schwäche des Staates identifiziert – ein Trend des 17. Jahrhunderts), einen hohen Grad an Frauenrechten und, vor allem, sehr liberale Verhütungs- und Abtreibungsregeln. Im Iran war Abtreibung normal, die Apotheker hatten entsprechende Mittel, und es war selbst aus wirtschaftlichen Motiven erlaubt. Dadurch entging Iran der Überbevölkerung im 15. Jahrhundert, die dann mit der Klimakrise die malthusische Falle auslöste – zumindest in der Erzählung Parkers; mir fehlen hier jegliche Kenntnisse, um das gegenprüfen zu können.
Der vierzehnte Teil, „Red Flag over Naples“, wirft den Blick auf Italien. Die Halbinsel stand im 17. Jahrhundert zu großen Teilen unter spanischer Herrschaft, wie wir am Rande ja bereits im Kapitel über Spanien selbst gesehen haben. Dort kam Italien vor allem als Schauplatz zahlreicher Kriege vor, die die spanische Staatskasse belasteten. Nun sehen wir, was dort direkt vor sich geht – und die deutlichen Unterschiede zum „Mutterland“. Diese sind in der Tat frappierend: wo in Spanien Bürgerkrieg und Aufstand durch staatliche Steuerpolitik wesentlich verschlimmert wurden, indem die spanischen Herrscher dem verbreiteten Muster der Steuererhöhung in Zeiten wirtschaftlicher Not folgten, reagierten die Herrscher in Italien völlig anders. Als in Palermo wegen der hohen Brotpreise ein Aufstand ausbrach (der wie die meisten Aufstände des 17. Jahrhunderts übrigens sinngemäß von dem Schlachtruf „Es lebe der König, nieder mit der Regierung“ begleitet wurde, der eine Unschuld des Königs und eine Schuldigsprechung der „bösen Berater“ postulierte, die für die menschliche Geschichte typisch ist), reagierten die dortigen Statthalter trotz ausdrücklichen Verbots sofort mit staatlichen Subventionen.
Dadurch gelang es ihnen, die Revolution einzuhegen. Zwar verhinderte das nicht ein Übergreifen auf Neapel (wo die titelgebende rote Flagge entrollt wurde, die „Krieg“ bedeutete). Aber auch dort konnte die entstehende Revolution durch Zugeständnisse der Herrschenden (und, das sei nicht verschwiegen, punktuelle massive Gewalt gegenüber „Rädelsführern“ zur Abschreckung) eingehegt werden. Diesem Muster folgte man einige Jahrzehnte später auch in Norditalien, wo die neben den Niederlanden am dichtesten besiedelte Region Europas, die Lombardei, ebenfalls gegen Spanien in den Aufstand ging.
Drei Muster sind in meinen Augen bei den italienischen Aufständen bemerkenswert. Einmal die Trennung zwischen den (bösen) Regierenden und dem (guten) König. Das spiegelt den firm monarchistischen Glauben wieder, der im ganzen 17. Jahrhundert zu beobachten ist – mit Ausnahme Großbritanniens gab es keine ernsthaften Alternativen zum Monarchismus, und selbst da war es nur ein kurzes Experiment. Zweitens das Problem, dass Aufstände ausländischer Hilfe bedurften. Die italienischen Städte hassten aber die Franzosen – die einzige Alternative – noch mehr als ihre spanischen Herren, weswegen die Aufstände nie einen grundsätzlichen Wechsel einleiten konnten. Und drittens profitierten die spanischen Statthalter in Italien von der Distanz zu Spanien: anstatt direkt den Anweisungen eines inkompetenten Monarchen unterworfen zu sein, besaßen die Statthalter mehr Spielraum und konnten viel sinnvollere Politiken wählen. Der entscheidende Punkt war dabei die Schaffung eines Buy-In: sie reformierten die Herrschaftsstrukturen, indem sie die örtliche Elite mit einbezogen, so dass diese ein wirtschaftliches wie soziales Interesse am Erhalt des Königreichs hatte. Durch Ämter und Würden von des Königs Gnaden war ihr Schicksal mit dem Spaniens verknüpft, was die Stabilität erhöhte und die Attraktivität ausländischer Interventionen drastisch verringerte.
Im fünfzehnten Teil, „The „dark continents“: The Americas, Africa and Australia“, befasst sich Parker mit eben jenen Weltregionen, deren Geschichte im Dunkeln liegt, weil wir praktisch keine schriftlichen und nur wenige natürliche Quellen besitzen.
Das betrifft einmal Nordamerika. Wir wissen zwar, dass die dortige Bevölkerung mit dem Eintreffen der Weißen massiv zurückging; die Gründe aber sind umstritten. Parker führt hier neben den verheerenden Vernichtungsfeldzügen der Kolonisatoren auch die kleine Eiszeit mit an. Die Lebensgrundlagen der Indianer wurden in einer Zeit übermäßig beansprucht, als sie zusätzliche Konkurrenz aus Europa erhielten. Wesentlich einschneidender aber waren die bereits erwähnten Vernichtungskriege einerseits und die Krankheiten andererseits; gegen Letztere besaßen die amerikanischen Ureinwohner*innen keinerlei Immunität und fielen ihnen daher in Massen zum Opfer, die Bevölkerungsrückgänge von bis zu 90% zur Folge hatten.
Dadurch öffnete sich den weißen Siedlern ein kultiviertes, aber weitgehend leeres Land, das sie für ihre Zwecke nutzen konnten. Anders als in Europa heiratete man in Amerika früher und bekam mehr Kinder, wodurch die Bevölkerung der Weißen massiv wuchs; zudem wurden schwarze Sklaven importiert. Der Bevölkerungsrückgang in absoluten Zahlen ist daher nicht so hoch wie man angesichts des indianischen Massensterbens vermuten könnte, was natürlich für diese nur ein kleiner Trost ist.
In Südamerika galt faszinierenderweise eine ähnliche Dynamik wie in Italien. Die Entfernung von den inkompetenten Königshöfen in Madrid und Lissabon erlaubte es den örtlichen Statthaltern, klüger auf die Nahrungsmittelkrisen zu reagieren und gleichzeitig die lokalen Eliten zu kooptieren. Anders als in Südasien gelang es außerdem den Portugiesen, mit wesentlich größerer Kompetenz gegen die Niederländer vorzugehen und deren kurzfristigen Gewinne wieder rückgängig zu machen, so dass Südamerika eine spanisch/portugiesische Domäne blieb.
Für Afrika ist die Quellenlage wegen der geringen Besiedlung schlecht. Am besten ist sie in Südafrika, wo niederländische Siedler die einzigen moderaten Klimazonen und schiffbaren Flüsse Afrikas vorfanden und deswegen relativ weit ins Landesinnere vorstießen. Dabei ermordeten sie große Teile der einheimischen Bevölkerung, brachten neue Krankheiten mit und verschleppten sie. Ihre geringe Zahl machte diesen Einfluss jedoch (noch) überschaubar; relevanter ist, dass die Niederländer Aufzeichnungen führten und wir so die Auswirkungen der Kleinen Eiszeit auch in Südafrika beobachten können, wo die Nahrungsgrundlagen weniger wurden.
Praktisch keine Quellen gibt es aus Ostafrika, wo reine Vermutungen bleiben, was dadurch, dass die Einheimischen ein anderes Zeitverständnis haben (Parker nennt es eine „Kultur des Vergessens“) noch weiter erschwert wird. Mit dieser Region hält sich Parker daher auch kaum auf. Genaueres kann man dagegen für Westafrika sagen: die Kleine Eiszeit verschob die klimatischen Grenzen; die Wüste dehnte sich nach Süden aus und drängte entsprechend die nomadischen Viehzüchter nach Süden, wo diese ihrerseits die Bauern dieser Region vertrieben und damit eine wahre Völkerwanderung nach Süden in Gang setzten, die sich in großen Bürgerkriegen niederschlug, weil zur gleichen Zeit in der Region vergleichsweise große, fähige Staatswesen entstanden waren, die in größerem Maßstab Krieg führen konnten. In diesen Kriegen fielen viele Gefangene an, die als Sklaven verkauft wurden und so den demographischen Druck linderten – sehr nachhaltig, zu nachhaltig, sogar, denn da auch Kinder und Frauen verkauft wurden, fehlten auch die Nachkommen der Besiegten; Westafrika würde noch lange unter den Folgen leiden.
Für Australien gilt Ähnliches wie für Ostafrika: es gibt praktisch keine Quellen. Bekannt ist, dass die Aborigines untereinander Krieg führten – es gibt sowohl archöologische Beweise als auch mündlich überlieferte Geschichten -, aber nicht viel mehr als das. Naturwissenschaftliche Untersuchungen bestätigen zudem wenig überraschend, dass sich das Klima auch in Australien abkühlte; welche Konsequenzen das für die Menschen hatte, ist aber völlig unklar.
Der sechzehnte Teil, „Getting it right: Early Tokugawa Japan“, erzählt die einzige echte Erfolgsstory des 17. Jahrhunderts. Obwohl Japan besonders anfällig für Klimawandel ist und wegen seiner geografischen Lage viele aktive Vulkane hat, obwohl die Japaner*innen die Insel weitgehend abgeholzt hatten und sie so für die für das 17. Jahrhundert typischen Sturmfluten noch anfälliger war, erlebte Japan in dieser Zeit eine Urbanisierung und Bevölkerungswachstum.
Ein Grund hierfür war die Periode der „warring states“ im 16. Jahrhundert: Japan war, anders als die meisten anderen Weltregionen, nicht über-, sondern unterbevölkert, weil die Bürgerkriege so hohe Opferzahlen gekostet und so viel Gegenden verheert hatten. Dadurch stand trotz der Abkühlung der Kleinen Eiszeit genügend Land zur Verfügung, um die Bevölkerung zu ernähren. Doch hätte das kaum ausgereicht, wenn Japan ähnliche Politiken betrieben hätte wie etwa Europa. Danach sah es eingangs des Jahrhunderts aus: ein kurzer, aber blutiger Bürgerkrieg führte zur Vernichtung der katholischen Konvertiten. Doch die einsetzende Tokugawa-Herrschaft läutete einen Kurswechsel auf allen Ebenen ein.
Die neuen Shogun erzwangen religiöse Konformität im ganzen Land und verbannten die ausländischen Missionare. Die komplette Abschottung des Landes hielt es aus den Konflikten mit anderen Mächten, wie sie die Politik anderer Staaten im 17. Jahrhundert prägten, komplett heraus. Auch innenpolitisch erzwangen die Shogun einen Frieden, der fast zwei Jahrhunderte wären sollte. Fehden und Privatkriege zwischen den Daimyo wurden verboten. Die Shogun erzwangen die Anwesenheit der Daimyo am Hof in Edo in voller Pracht, was deren Ressourcen und Aufmerksamkeit band und sie gleichzeitig der Kontrolle des Shogun unterstellte.
Zugleich wuchs die Produktivität der japanischen Landwirtschaft sprunghaft an. Parker bezeichnet dies als „Industrious Revolution“, im Gegensatz zur „Industrial Revolution“: es wurde Kapital gespart, indem mehr Arbeit investiert wurde, statt wie im 19. Jahrhundert Kapital zu investieren, um Arbeit zu sparen. Die japanischen Bauern wurden zur „Selbstausbeutung“ (Parker) getrieben und arbeiteten wesentlich härter als zuvor.
Das letzte Puzzlestück war die aktive Politik gegen Hungersnöte. Die Shogun bauten in ihren Ländereien Suppenküchen auf und verteilten Ressourcen um, um die Bevölkerung zu stützen. Dieses Modell, das als Verantwortung gegenüber den Vasallen geframed wurde, setzten sie auch gegenüber den Daimyo durch. Solche Herrscher, auf deren Gebieten Aufstände ausbrachen, wurden mit Entzug des Lehens und häufig dem Tod bestraft, so dass sie starke Anreize hatten, die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Gleichzeitig erzwangen die Shogun einen bescheidenen Lebensstil, indem sie harsche Regulierungen in jeden Lebensbereich (bis zum Stoff der Unterhosen) herausgaben und drakonisch kontrollierten.
Die Tokugawa hegten außerdem die Samurai ein, die im 16. Jahrhundert eine so dominierende Stellung innegehabt hatten. Um diese Kriegerkaste zu neutralisieren, reglementierten sie ihre Anstellungen an den Höfen der Daimyos (die gezwungen waren, eine gewisse Entourage zu unterhalten und regelmäßig in Edo zu präsentieren) und gaben ihnen neue Tätigkeitsfelder: die Samurai wurden zu Dichtern, Beamten, Lehrern und anderen kulturellen, wenig kriegerischen Professionen. Ein letzter Rebellionsversuch wurde mit großer Leichtigkeit für die Tokugawa zerschlagen, was diesen Bestrebungen half. Die Daimyo indessen mussten riesige Summen ausgeben, um die (nutzlosen) Samurai zu unterhalten und den Hofstaat in Edo zu betreiben, Summen, die ihnen fehlten, um Rebellionen zu organisieren.
Die absolute Herrschaft der Tokugawa kontrollierte außerdem die Herstellung von Waffen – nur für die Truppen des Shogunats – und führte eine strenge Zensur ein, die sich vor allem auf religiöse Texte bezog. Das Christentum wurde komplett aus Japan verbannt, alle westlichen Texte harsch verfolgt. Stattdessen wurde eine Fokussierung auf buddhistische und japanische Literatur durchgesetzt, die in einer beispiellosen Alphabetisierungskampagne mündete: im 17. Jahrhundert lernten breite Schichten der japanischen Bevölkerung Lesen, während im Westen die Analphabetenrate unverändert hoch blieb.
Japan erlebte keine Rebellionen und keine Kriege. Allein, diese Erfolge, die Japan 220 Jahre Frieden brachten, kamen mit einem hohen Preis. Einerseits wurde die Bevölkerung zu rigoroser und unbedinger Unterwerfung gezwungen (wenngleich die Tokugawa gerissenerweise eine Reihe von Ventilen durch formalisierte Kritik zuließen). Die Isolation vom Rest der Welt brachte zwar Frieden. Sie brachte aber auch Stagnation. Als die „Schwarzen Schiffe“ 1853 im Hafen von Edo auftauchten, war Japan immer noch auf dem technologischen Stand von 1640. Man kann glaube ich berechtigt die Frage stellen, inwieweit es das wert war. Zumindest die Menschen im 17. und 18. Jahrhundert dürften diese Frage, wenn sie den Vergleich mit dem Rest der Welt gehabt hätten, wohl affirmativ beantwortet haben.
Nachdem Parker nun mehrere Detailstudien verschiedener politischer Einheiten im 17. Jahrhundert und ihre Reaktionen auf die Krise der Kleinen Eiszeit und die verheerenden Kriege geschildert hat, wird er im letzten Abschnitt des Buchs – „Confronting the Crisis“ – grundsätzlicher und versucht sich an einer Synthese mehrerer Trends, Dynamiken und Faktoren.
Im siebzehnten Teil, „“Those who have no means of support“: The Parameters of Popular Resistance“, beschäftigt sich Parker mit Widerstandsbewegungen. Grund genug dafür hatten die Bevölkerungen der Welt im 17. Jahrhundert ja durchaus. In den allermeisten Staaten unterlagen sie einer erdrückenden Steuerbelastung, mussten mit zusätzlichen Abgaben und Pflichten wie der Einquartierung von Soldaten zurechtkommen und litten unter arbiträren Maßnahmen und ungerechten Verhältnissen. So ist einerseits wenig überraschend, dass sich die Zahl der Aufstände rund verdreifachte, aber andererseits auch überraschend, wie wenig Aufstände es gegen die katastrophalen Lebensbedingungen insgesamt trotz allem gab.
Leider gar nicht überraschend ist, dass die allermeisten dieser Aufstände keinen oder wenigstens keinen dauerhaften Erfolg hatten. Ohne institutionelle Verankerung – also Bevölkerungsschichten, die eine Revolution unterstützten und einen neuen Staat tragen konnten – blieben sie meist lokale, wütende Strohfeuer, die die Autoritäten zwar beschäftigten und herausforderten und für neue Kosten und Probleme sorgten, aber ihre jeweiligen Staaten nicht existenziell gefährdeten.
Üblicherweise brachen Revolten als Folge von Steuererhöhungen oder Hungersnöten aus. Besonders gefährlich waren Situationen, in denen viele Menschen auf den Straßen waren, etwa am Markttag, und einzelne Aufrührer die Menge aufwiegeln konnten. Dies waren überraschend häufig Frauen (die dann gerne aus der Geschichte herausgeschrieben wurden, weil die männlichen Autoritäten nicht glauben konnten, dass Frauen für so viel Ärger verantwortlich waren), schon allein, weil diese ihre Waren in den Straßen feilboten und sozial vernetzt waren.
Die Erfolgswahrscheinlichkeit solcher Aufstände hing von zwei Faktoren ab: die Verfügbarkeit von Waffen und der Fähigkeit, sie zu benutzen – sobald Veteranen und Soldaten sich dem Aufstand anschlossen, stieg die Gefahr für die Autoritäten um ein Vielfaches – sowie die Verfügbarkeit von Menschen auf den Straßen. Die erwähnten Markttage waren daher besonders gut geeignet zum Auslösen eines Aufstands, genauso wie religiöse Feiertage. So brach eine der schlimmsten spanischen Revolutionen des 17. Jahrhunderts in Katalanien am Corpus-Christi-Feiertag aus, während die Aufstände in Neapel ebenfalls an einem Feiertag ausbrachen.
Diese Aufstände folgten teils ritualisierten Abläufen. Die Schlachtrufe – vor allem „Es lebe der König, Tod der schlechten Regierung“ glichen sich durch Europa hindurch. Richteten sich die Aufstände gegen die ausbeuterischen Reichen, wurde nicht geplündert, sondern der Besitz der Reichen ostentativ verbrannt. Man warnte teilweise sogar die weniger wohlhabenden Nachbarn vor, dass man gedachte, die Häuser der Reichen niederzubrennen, damit diese Schutzmaßnahmen ergreifen konnten. Diese Ritualisierung schlug sich auch in der staatlichen Reaktion nieder, die insgesamt erstaunlich wenig Todesurteile verhängte und in den meisten Fällen recht nachsichtig mit den Aufständischen umging.
In diesen Kontext gehört auch die wesentlich gewaltlosere Art des Widerstands, das Verfassen von Petitionen. Eine wahre Flut dieser Eingaben ging bei den Monarchen ein, und auch sie waren erstaunlich oft erfolgreich (wie auch die Aufstände häufiger durch ein fürstliches Entgegenkommen „belohnt“ wurden). Man wird den Eindruck nicht los, dass die Rebellionen und Angriffe Teil eines sozialen Aushandlungsprozesses waren, der sich mangels institutionalisierter politischer Teilhabe nicht anders als plötzlich und gewalttätig Bahn brechen konnte.
Im achtzehnten Teil, „“People who hope only for change“: Aristocrats, Intellectuals, Clerics and „dirty people of no name““, befasst sich Parker näher mit jenen Schichten, die einen erfolgreichen Aufstand ungleich wahrscheinlicher machen – und die ihrerseits oftmals Quellen solcher Aufstände sind. Im 17. Jahrhundert studierte eine überraschend große Zahl von Menschen. Die großen Universitäten des Europas – von Salamanca über Bologna zu Oxford – exmatrikulierten jedes Jahr eine vierstellige Zahl erfolgreicher Absolventen. China produzierte eine gigantische Masse an Gelehrten. Das schaffte zwei Probleme.
Problem Nummer eins war, dass die schwache Wirtschaft des 17. Jahrhunderts keinen Bedarf für so viele Gelehrte hatte. Den wenigen Stellen in den staatlichen Bürokratien und der Kirche stand ein Vielfaches an hoch qualifizierten Bewerbern gegenüber, die von Lissabon über Istanbul bis Beijing ein Akademikerproletariat begründeten, das ob seiner verbauten Lebenschancen unzufrieden war und gegen den Staat opponierte.
Problem Nummer zwei war, dass besonders gebildete Menschen auch besonders gut Kritik artikulieren und organisieren können. Nicht von ungefähr erachtete Thomas Hobbes Universitäten als die gefährlichsten Orte des Landes. Meine These wäre, dass der Erfolg, den die europäischen Länder in den folgenden Jahrhunderten hatten, mit der politischen Instabilität des 17. Jahrhunderts erkauft wurde: anders als im Tokugawa-Japan sorgte dieser hohe Gelehrtenstand für Innovation, die Einübung von Kritik und ihre eloquente Ausformulierung für eine vitale Grundlage der Aufklärung und des Liberalismus.
Im 17. Jahrhundert war Bildung noch beinahe gleichbedeutend mit theologischer Bildung. Die Kritik berief sich auf biblische Traditionen; ansonsten wurde sehr gerne auf die mythisch überhöhte Vergangenheit verwiesen. Städte forderten eine Restitution ihrer mittelalterlichen Rechte, Herrscher wurden mit jahrhundertealten Beispielen angeblich viel besserer Herrscher konfrontiert; die Gegenwart wurde generell als Verschlechterung gegenüber der goldenen Vergangenheit gesehen. Das war das normale Geschichtsbild, seit Jahrhunderten eingeübt, und sollte erst in der Aufklärung und vor allem Industrialisierung durch ein progressives Geschichtsbild abgelöst werden. Die Massenbewegungen der Zeit waren ideologisch aber alle religiös durchdrungen.
Der relativ hohe Bildungsstand war ein bis ins 19. Jahrhundert unerreichtes Phänomen. Zwar bewegten sich die Zahlen der Gebildeten verglichen mit dem 20. Jahrhundert immer noch auf einem niedrigen Niveau, erreichten aber mit rund 20% trotzdem erstaunliche Ausmaße. Zum ersten Mal überhaupt sei eine Öffentlichkeit mit Kommunikationskanälen geschaffen wurden. Deren Geschwindigkeiten überraschten die trägen Regime der Zeit immer wieder und führten dazu, dass selbst kleine Gruppen große revolutionäre Effekte haben konnten, weil ihre Botschaften sich rapide verbreiteten.
Im neunzehnten Teil, „“People of heterodox beliefs…who will join up with anyone calls them“ – Disseminating Revolution“, befasst sich Parker mit der Rolle der Religion und anderen Glaubensrichtungen (inklusive der Radikalen), die revolutionstreibend waren. Das 17. Jahrhundert sei das letzte gewesen, in dem in Europa Religionskonflikte eine treibende Kraft waren. Die Schrecken vor allem des Dreißigjährigen Krieges, aber auch des englischen Bürgerkrieges und anderer Konflikte der Epoche sorgten dafür, dass alle Seiten Anstrengungen unternahmen, die theologischen Konflikte zu entschärfen.
Gleichzeitig war das Jahrhundert auch eines der revolutionären Bewegungen. Diese waren bei weitem nicht so erfolgreich wie im 18. Jahrhundert, aber dafür waren sie häufig. Aufstände und Rebellionen gehörten quasi zum Standardrepertoire, und das Aufhetzen von Bevölkerungsgruppen geschieht mit schöner Regelmäßigkeit und wurde durch Unterdrückung von heterodoxen Glaubensrichtungen beständig angeheizt, wie man ja auch gut an den einzelnen Beispielen sehen kann.
Von hier führt Parker in den fünften Abschnitt, „Beyond the Crisis“, über. Es geht ihm nun um die Frage der großen Folgen der Krise des 17. Jahrhunderts für die Welt – und warum Ende des 17. Jahrhunderts viel weniger Unruhe und Aufstände herrschten als zu seiner Mitte, ein Fakt, das er mit gestiegener Resilienz erklärt.
Im zwanzigsten Teil, „Escaping the Crisis“, behandelt Parker die Arten, mit denen Menschen sich der Krise des 17. Jahrhunderts entzogen. Drei Strategien sind hier zentral und nicht spezifisch für die Epoche, aber schwer nachzuweisen, da sie in den Quellen selten Spuren hinterlassen: Selbstmord, Flucht und Eskapismus. Selbstmorde wurden während der Krise wesentlich häufiger; ihre Spuren sind teilweise in den Gerichts- und Kirchenakten zu finden (weil Selbstmörder*innen ein Kapitalverbrechen und eine Todsünde begingen). In den europäischen Armeen sind zudem erste Diagnosen für das zu finden, was wir heute PTSD nennen. Üblicherweise wurden die Opfer als untauglich aus der Armee entlassen; sie begingen überdurchschnittlich häufig Selbstmord.
Der Eskapismus ist gerade Literaturwissenschaftler*innen (und allen, die je bei mir in der 11. Klasse Deutsch hatten) bekannt: die Leute versuchten, sich durch Sünde abzulenken, von Sex über Alkohol bis zu Partys. Sex, Drugs and Rock’n Roll, gewissermaßen. Parker listet zahlreiche Beispiele dafür. Tabak, Schokolade, Tee und Kaffee kamen als neue Drogen zu den bekannten hinzu und waren seinerzeit wohl wesentlich potenter als heute. Die Staaten versuchten, durch hohe Steuern und/oder drakonische Strafen der Lage Herr zu werden (Todesstrafe für Rauchen im Osmanischen Reich und Russland), ohne Erfolg.
Der einundzwanzigste Teil, „From Warfare State to Welfare State“, beschreibt dann die eher institutionellen Reaktionen. So schrieben die Zeitgenoss*innen zahlreiche Pamphlete, in denen sie sich für multilaterale Organisationen einsetzten, die dann 1919 und 1945 in Völkerbund und UNO realisiert werden würden. Auch ein internationaler Strafgerichtshof war schon unter den utopischen Ideen, eine Ächtung von Krieg und vieles mehr, das unserer heutigen liberalen Weltordnung bekannt vorkommt. Das wurde dann zwar alles nicht umgesetzt, aber die Einsicht, dass die langen Kriege des 17. Jahrhunderts wenig gebracht und viel gekostet hatten, sorgten in der Folgezeit doch für eine deutliche Abnahme bewaffneter Konflikte.
Auffällig ist auch die Geschwindigkeit der Erholung. Genauso wie nach dem Zweiten Weltkrieg bemerkten schon Zeitgenoss*innen, dass die Verheerungen wesentlich schneller aufgeholt wurden, als man hätte annehmen können (wenngleich die Quellen, wie Parker richtig anmerkt, deutlich unter Survivor’s Bias leiden). Migration und oft großzügige Steuer- und Anreizpolitik seitens der Fürsten trugen massiv dazu bei. Der Staat wurde überhaupt wesentlich aktiver. Parker beschreibt dies als den „Blick des Staates“, der begann, seine eigene Domäne mehr zu erfassen. Ludwig XIII. etwa ließ sich Modelle seiner Festungen erstellen, um auch ohne dorthin zu reisen zu wissen, wie diese aussahen und bei Belagerungen auf dem Laufenden zu sein. Zum ersten Mal erhoben die Herrschenden ausführliche Statistiken, die grafisch aufbereitet wurden.
Die Wissenschaft steckte natürlich noch in den Kinderschuhen, die Daten wurden mit geradezu rührender Naivität behandelt. Aber auch auf anderen Gebieten wurde der Staat wesentlich sichtbarer. Ausgehend von Amsterdam wurden dauerbrennendende Lampen installiert und Nachtwachen eingerichtet, was die Kriminalität deutlich senkte. Natürlich kostete das alles Geld. Das 17. Jahrhundert sah in den meisten Staaten auch ein Ende der lange aufrechterhaltenen Weigerung, die Reichen irgendwelche Steuern zahlen zu lassen. Hatten die Konsumsteuern noch Mitte des 17. Jahrhunderts ständig zu Aufständen geführt, wurden sie Ende des gleichen Zeitraums von Zeitgenoss*innen gelobt, denn die damit finanzierten merklichen Verbesserungen der Lage und die Tatsache, dass alle nun endlich einmal überhaupt irgendwelche Abgaben bezahlten, war eine wesentliche Änderung.
Das Geld ging auch in die, wenngleich langsame, Ausbreitung von Getreidesilos. Solche hatte es schon vor der Krise des 17. Jahrhunderts gegeben, um Hungersnöte abzufedern, aber die Kosten der Kriegführung und die Katastrophen der Kleinen Eiszeit hatten deren Infrastruktur praktisch völlig zerstört. Unter dem Eindruck der Not wurden die Systeme allerorten neu aufgebaut und stellten eine Art Proto-Sozialstaat dar, der wesentlich dazu beitrug, Katastrophen wie im 17. Jahrhundert künftig zu vermeiden. Wenig verwunderlich, dass die Zeitgenoss*innen angesichts der Ergebnisse die Idee einer absoluten Monarchie deutlich anderen Systemen vorzuziehen begannen.
Trotz der eindeutigen Effektivität von Migration beim Wiederaufbau der verheerten Gebiete gab es nur sehr kurz eine staatliche Förderpolitik von Migration; stattdessen wurden bald neue Restriktionen erlassen, die die wirtschaftliche Erholung stark ausbremsten. Ähnlich wirkte der neue Boom für die Zünfte, die zwar eine sichere Erholung für alle Mitglieder bedeuteten, aber gleichzeitig die Geschwindigkeit derselben deutlich abbremsten. Parker bedient sich hier der Schumpeter’schen Analogie von „low pressure policies“ wie in Kontinentaleuropa, wo versucht wurde, die Erholung möglichst reibungsfrei zu gestalten und „high pressurce policies“ wie in Großbritannien, wo der Konkurrenzdruck ungleich höher war.
Im zweiundzwanzigsten Kapitel, „The Great Divergence“, zeigt Parker dann auf, wie genau diese Unterschiede in den Reaktionen auf die Krise zu einer merklichen Differenz zwischen den Staaten der Welt führten. Unter dem Stichwort „The Great Divergence“, das von Kenneth Pomeranz popularisiert wurde, diskutiert er die Frage, warum Europa – und auch hier nur manche Gebiete – im 18. Jahrhundert so deutlich vom Rest der Welt davonzogen. Besonders wichtig ist das in Bezug auf China und Japan: waren die Unterschiede in Produktivität, Technologie und Lebensstandard zwischen Europa und China um 1700 noch vernachlässigbar, waren sie bereits 100 Jahre später kaum mehr zu übersehen und erreichten 150 Jahre später ihren Höhepunkt.
Die Frage, warum das so ist, ist kontrovers. Denn im 17. Jahrhundert selbst lassen sich noch global gemeinsame Trends ausmachen. So erlebte die grundlegende Schulbildung – Rechnen, Lesen, Schreiben – eine Blüte und wurde viel mehr als früher gefördert, weil sie als Grundlage für besseres Wirtschaften erkannt wurde. Gleichzeitig aber erlebten die Universitäten eine über 100 Jahre dauernde Krise: die Finanzierung wurde fast halbiert, zahlreiche Lehr- und Forschverbote ausgesprochen und die Zahl der Absolventen bewusst niedrig gehalten. Dahinter steckte die (richtige) Erkenntnis der Herrschenden, dass Revolutionen von Studierten ausgingen. Die damit einhergehende Unterdrückung von Forschung und Innovation allerdings sollte einer der größten Hemmschuhe in Zukunft werden.
Zwar waren selbst die größten Intellektuellen des 17. Jahrhunderts noch von Aberglauben durchdrungen (Newton selbst besaß diverse Bücher über Magie), zwar wurden sie noch verfolgt (Descartes und Spinoza in Amsterdam, Galilei in Italien), aber der Trend ist für Parker dennoch für den Nordwesten Europas eindeutig: die Nationalisierung, die aus dem 17. Jahrhundert resultierte einerseits und der Empirismus andererseits legten die Grundlage für die wissenschaftliche Revolution über in Jahrhundert später. Die Nationalisierung ist ihm wichtig, weil sie wissenschaftliche Erfolge in einen nationalen Wettlauf verwandelte; der Empirismus schuf die moderne Wissenschaft (wenngleich gegen massive Widerstände) überhaupt erst.
Andere Teile der Welt, sowohl Europas Süden wie etwa auch China, verpassten diese Entwicklungen. Inquisition und Zensurbehörde unterdrückten über mindestens zwei Jahrhunderte genau die Entwicklungen, die vor allem Englands führende Rolle später möglich machen sollten. In Chinas Fall war es der große Einheitsstaat, der die Entwicklung von „Vielfachem“ verhinderte, also die mehrfachte Entdeckung des gleichen Sachverhalts, die für Europas wissenschaftliche Szene so bedeutend sein sollte: unterdrückte die Inquisition eine Entdeckung in Spanien, setzte sie sich eben in Frankreich durch. Das spricht übrigens auch einmal mehr gegen die „Great Man Theory“, denn die wissenschaftliche Entdeckungen auch eines Newton waren nur im Austausch und in Kooperation möglich, und zahlreiche solche Entdeckungen wurden von vielen Menschen gleichzeitig gemacht.
Im dreiundzwanzigsten Kapitel, „Conclusions“, versucht sich Parker dann an einer Synthese. Noch einmal beschreibt er den allgemeinen Bevölkerungsrückgang des 17. Jahrhunderts (mit der Ausnahme Japans) und seine Ursachen, vor allem in den Kriegen und damit einhergehenden Verwerfungen sowie der Klimakrise. El Nino, Vulkanaktivitäten und Sonnenflecken kommen noch einmal ebenso zu ihrem Recht wie die damit einhergehende Häufigkeit von Rebellionen. Indirekt gibt Parker wohl den absolutistischen Herrschern und konservativen Eliten der damaligen Zeit Recht, denn einmal mehr zeigt sich, dass Rebellionen überwiegend von der intellektuellen Elite ausgingen, von ihr geführt wurden und dort, wo sie beteiligt war, tiefgehender und schwieriger zu unterdrücken waren. Auch religiöse Differenzen spielen eine tragende Rolle. Ebenfalls ein Grund für die Zunahme von Rebellionen waren die jeweils gegnerischen Herrschenden; beständig versuchten sie, Revolutionen bei ihren Feinden anzuzetteln – und dann im Erfolgsfalle zu verraten, denn wer will schließlich erfolgreiche Aufständische im eigenen Hinterhof?
Im letzten Kapitel, „Epilogue: „It’s the climate, stupid!““, kehrt Parker einmal mehr zur Bedeutung des Klimawandels zurück und verbindet ihn mit unserer Gegenwart. 1979 fand die erste Klimakonferenz – gesponsert unter anderem von Shell und BP! – statt, bei der über 250 Historiker*innen aufgefordert wurden, Klimageschichte zu erforschen (was Parker hier ja zum Teil auch unternimmt). Das geschah vor dem Hintergrund, man ahnt es, von Unruhen, wenig Sonnenflecken, El Nino, Vulkanaktivität und einbrechenden Ernteerträgen. Kurz darauf machte die „grüne“ Revolution der 1980er mit massiv steigenden Ernteerträgen diese Sorgen obsolet. Als die IPCC 1990 einen Report veröffentlichte, standen BP und Shell schon auf der anderen Seite, und seither gibt es zumindest in den USA eine Hälfte des politischen Spektrums, die den Klimawandel direkt leugnet und aktiv an der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen arbeitet. Obwohl Historiker*innen in den Jahrzehnten seit 1979 riesige Datenmengen herbeigeschafft haben, werden sie wesentlich weniger ernst genommen als 1979.
Ich habe natürlich auch ein eigenes Fazit zum Buch. Das Thema selbst ist gut gewählt und relevant. Historische Erfahrungen mit Klimawandel dürften in den kommenden Jahren mehr und mehr auf die Agenda kommen; der Verweis auf die El-Nino-Episode 1979 kann hierfür als ein Beispiel dienen, das im Stile von Parkers Buch eine Neubewertung der Carter-Präsidentschaft (und generell Teile der Malaise der 1970er Jahre) nötig machen dürfte. So wie die Corona-Pandemie die verschüttete Erinnerung an frühere Grippeepidemien wie die Spanische Grippe freigelegt hat, nur um zu zeigen, dass die Debatten um Maskenmandate älter als 2020 sind, so dürften die Reaktionen auf die Klimakrise, worin sie dann auch immer bestehen werden, einen ähnlichen Effekt für frühere Epochen mit sich bringen, wenngleich es sich vermutlich wie im vorliegenden Band dann eher um Kälteepisoden denn um Hitzewellen handeln dürfte (wobei die Geschichte der Hitzewelle von 2003 noch geschrieben werden muss). Insofern ist Parkers Buch mehr als aktuell.
Leider beschäftigt es sich wesentlich weniger mit dem Klimawandel, als der Titel und die selbstgewählte Themensetzung dies vermuten ließe. Das ist denke ich zu guten Teilen der Struktur geschuldet: dadurch, dass seine Hauptakteure die Fürsten im Speziellen und der Adel im Allgemeinen ist, konzentriert sich Parker viel auf die Politikgeschichte, die quasi die peripheren Folgen der Klimakrise abfedert, deren Struktur selbst darüber aber immer wieder in den Hintergrund tritt. Natürlich kann Parker da nur wenig dafür: die Akteure des 17. Jahrhunderts verstanden die Auswirkungen schlicht noch nicht gut genug, aber ich vermisse etwa eine Übersichtsdarstellung, quasi eine analytische Synthese, weshalb die Rolle des Klimas von den Herrschenden so unterschätzt wurde und wie man darauf reagierte. Stattdessen verweist Parker zwar gerne darauf, dass die Hungersnot natürlich durch die Klimakrise verschärft wurde oder dass die kleine Eiszeit die Lage verschärfte, weil etwa ins Freie gejagte irische Lokalgrößen erfroren statt wie sonst bei diesen Aktionen einfach nur eine unangenehme Nacht im Freien verbrachten. Aber es wäre besser, wenn das in einen klareren analytischen Rahmen gepackt werden würde.
Und das führt mich zu meinem grundsätzlichen Problem mit Parkers Werk. Während ich sehr viel gelernt habe, kann ich mich des Eindrucks nicht erwahren, dass das ganze Buch (wie auch meine Rezension) deutlich länger ist, als nötig gewesen wäre. Hier steht sich die gewählte Struktur wieder im Weg. Dadurch, dass jedes Reich, jede politische Großregion ihr eigenes Kapitel bekommt und Parker zudem dem angelsächsischen Stil der Geschichtsschreibung mit ihrem starken Fokus auf dem Geschichtenerzählen treu ist, wiederholen sich die Muster immer wieder (ich habe das ja im Lauf der Rezension immer mal wieder kommentiert) und ziehen das Ganze in die Länge.
An vielerlei Stellen hätte ich mir gewünscht, dass er eher analytisch Muster herausarbeiten würde, die dann anhand von konkreten Beispielen belegt werden. Stattdessen werden die einzelnen Kapitel erzählt, während größere Muster hauptsächlich implizit wirken (man muss schon ziemlich unaufmerksam lesen, um zu übersehen, dass die Kombination der gesunkenen Erträge durch die Klimakrise und der Mehrausgaben der Fürsten für Krieg beständig die Lage der Mehrheitsbevölkerung drastisch verschlimmert. Ob man diese Geschichte beständig aufs Neue erzählen muss, als ob das anderswo nicht passiert ist, und darüber genau die Synthese weglässt, die eine strukturelle Gestaltung erlaubt hätte? Klar, es geht auf Kosten der Lesbarkeit (der Vergleich mit Jürgen Osterhammels Mammutwerk „Die Verwandlung der Welt“ drängt sich auf).
Daher geht die Betrachtung von Faktoren, die sich nicht direkt aus den Quellen ableiten lassen, vergleichsweise etwas unter. Das liegt natürlich auch an den Quellen selbst: währen das 19. Jahrhundert dank der Fortschritte in der Statistik bereits ordentliches Datenmaterial bereitstellt, gibt es für das 17. Jahrhundert bestenfalls grobe Schätzungen. Dafür kann natürlich Parker nichts, und das wird in den Debatten der Epoche auch reflektiert.
Diese Kritik sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Parker mit großem Sachverstand und einem echten Talent für das historische Erzählen und Forschen (die Masse der Quellen, auf die hier zurückgegriffen wird, ist wahrlich beeindruckend!) an die Arbeit herangeht und die Lektüre unbedingt empfehlenswert ist. Ich hätte sie mir nur ein wenig anders gewünscht.