Strafen, aber richtig. Eine Replik.

Lesedauer: 5 Minuten

In seinem neuen Artikel „Die Lust zu strafen“ erkennt Stefan titelgebend eine religiös-erotische Neigung, andere Menschen für vermutete oder gesellschaftlich geächtete Verhaltensweisen zu drangsalieren. Diese S/M-Attitüde wird anhand der Bereiche Armut, Obdachlosigkeit, Kriminalität, Schule und Erziehung dargestellt. Doch jeder Anhänger von Dominanz- und Unterwerfungsspielen weiß: Die Wirksamkeit von Strafen bestätigt sich nicht durch Härte oder Frequenz, sondern durch ihre psychologischen Folgen. Eine Session mit einer Domina ohne Strafen ist ungefähr so sinnvoll wie ein Lehrer, der seiner Abschlussklasse eine Bewertung ihrer Leistungen verweigert. Sinnvolle Strafen setzen am psychologischen Element an. Wer straft, muss denjenigen kennen und bewerten können, den er bestraft.

Menschen benötigen Führung. Nicht immer, nicht überall, vielleicht nicht jeder. Aber doch viele und häufig. Es gibt für Menschen, die andere Menschen führen, sogar einen eigenen Begriff: Führungskräfte. Die Frage, wie man Menschen dazu bringt, zu folgen, füllt Unmengen an Managementliteratur. Strafen sind, anders als Stefan das begreift, Teil des Instrumentenkastens von Führungskräften.

Führung setzt daran an, das Verhalten anderer Menschen zu beeinflussen, zu steuern und manchmal zu ändern. Der letzte Punkt ist der schwierigste. Es ist das Eine, eine Gruppe dazu zu bringen, nicht genau gerade aus, sondern 3 Grad nach Westen zu laufen. Der Eingriff ist so gering, dass die meisten die Einflussnahme kaum bemerken. Aber nur einen einzigen dazu zu bringen, statt nach Norden nach Süden zu gehen, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit.

Im Politischen meinen die Linken, das Mittel der Wahl sei Überzeugung. Und wenn die Person nicht umkehrt, wurde noch nicht genug geredet, oder sie ist ein hoffnungsloser Fall, ohnehin rechtsradikal und rassistisch. Am besten ächten. An dieser Stelle: niemand behauptet, Linke würden etwas von Menschenführung verstehen. Fatal wird die Verweigerung von Führung, wenn Eltern nicht mehr Erziehungsberechtigte, sondern die besten Freunde ihrer zweijährigen Schreihälse sein wollen. Doch dazu unten mehr.

Menschen sind resistent gegenüber Argumenten, wenn dies mit der Aufforderung zur Verhaltensänderung einhergehen soll. Hinter unserem Verhalten stehen Grundüberzeugungen, Werte, Neigungen, Bequemlichkeiten – Beharrungskräfte, die seit Jahrtausenden Religionen nähren, die nicht nur festgefügte Ideologien mit Richtlinien zum Bau des perfekten Menschen anbieten, sondern im Handgepäck einen detaillierten Strafenkatalog mitführen, wenn der Mensch fehlt – was naturgemäß sehr häufig passiert.

Es ist praktisch unmöglich, Menschen in ihrem Verhalten umzudrehen, nicht mit noch so guten Worten. Nicht so gute Worte sind eine Möglichkeit, drastische Erlebnisse eine andere. Einschneidende Ereignisse können die Grundüberzeugungen erschüttern, die Verkündigung eines Todesurteils z.B., wenn jemand seinen Nikotinkonsum nicht auf Null senkt, eine hässliche Ungleichbehandlung oder Mobbing. Meist sind es negative Erlebnisse, die einen solchen Impakt haben. Positive Erlebnisse wirken dagegen entweder bestätigend oder werden als Ausnahme wahrgenommen.

Strafandrohungen können eine 180°-Wendung erzwingen, und sei es nur zeitweise. Eine strafbewehrte Unterlassungsverfügung entfaltet fast immer eine solche Änderung, die Drohung mit Entlassung oder mit Trennung auch. Allerdings ist dieser Effekt oft nur temporär. Wer eine Unterlassungserklärung unterzeichnen musste, versucht auf andere Art sich nicht den Mund verbieten zu lassen. Kündigungsandrohungen führen am Ende dann doch zur Kündigung und die Trennung von Liebespaaren ist auch in den meisten Fällen nur aufgeschoben.

Linke triumphieren an der Stelle und sehen den Sinn von Strafen in Frage gestellt. Sie übersehen dabei den disziplinierenden Effekt von Strafen. Denn Strafen grenzen den Handlungsspielraum für unerwünschte Verhaltensweisen erheblich ein. Ich bin mir da selbst das beste Anschauungsbeispiel. Zu meinen beliebten Regelübertretungen zählt das Fahren mit erhöhter Geschwindigkeit. In Städten wie Frankfurt fahre ich eher 60 wo 50 erlaubt ist. Tempobegrenzungen auf Autobahnen werden von mir negiert. Dabei kalkuliere ich kühl: Soweit der Tacho nicht mehr als 10 km/h über dem Erlaubten anzeigt, wird das Delikt durch Messabweichung und Kulanz geschluckt. Aber auch darüber gibt es eine Zone, in der das Strafmaß überschaubar bleibt und keine harten Sanktionen wie Führerscheinentzug zur Folge hat.

Das Phänomen ist Kriminalisten nicht unbekannt. Professionelle Straftäter berechnen durchaus die Strafen, die ihnen bei ihren kriminellen Akten drohen und vermeiden alles, was das erwartbare Strafmaß zusätzlich in die Höhe treibt. Bevor Bankraub aus der Mode kam, zeigte sich der Profi darin, auf spektakulären Waffeneinsatz, Gewaltanwendung und Geiselnahme zu verzichten. Im Gegensatz zum deutschen Strafrecht ist das amerikanische drakonisch, womit Unterschiede eingeebnet werden.

Beispiel: 2009 wurde der Finanzmakler Bernie Madoff zu einer Freiheitsstrafe von 150 Jahren verurteilt. Für Amerikaner mag das differenziert sein, im echten Leben entspricht es aber einer lebenslangen Freiheitsstrafe ohne Aussicht auf Bewährung – also genau das, was die meisten Mörder auch erhalten. In Deutschland wurde in dem strukturell durchaus vergleichbaren Fall der Immobilienbetrüger Jürgen Schneider zu einer Freiheitsstrafe von knapp 7 Jahren verurteilt, während hier ein Mörder „lebenslang“ erhält, aber üblicherweise nach 15 Jahren Chancen hat, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Mit anderen Worten: im US-System lohnt sich für Kriminellen Zurückhaltung meist nicht, weshalb Berufsverbrecher häufiger aufs Ganze gehen.

Nach dieser langen Vorrede wenden wir uns Stefans Fällen zu, wo sich Strafen angeblich nicht lohnen.

Armut

Die Einführung startet mit einer dreisten Manipulation. Nach der präsentierten Definition sind Menschen arm, wenn sie arbeitslos sind. Dreist ist, dass der Artikel die Rolle des Staates bei der Abhängigkeit von Geringverdienern unterschlägt. Bereits ein Mindestlohnempfänger, also der untere Rand der Workforce, muss fast 600 Euro an Steuern und den steuerähnlichen Sozialabgaben an den Staat abführen. Das ist fast ein Drittel eines Monatslohns und drückt viele erst wieder unter die Schwelle, in der sie zum Amt gehen müssen.

In Deutschland sind Steuern und Sozialabgaben so hoch und gleichzeitig die Transferentzugsraten (Rücknahme der Sozialleistungen bei Arbeitsaufnahme) so drastisch, dass für Millionen Bürger eine Beschäftigung erst bei einem mittleren Gehaltsniveau lohnt. Niemand hat ein so großes Interesse, benachteiligte Menschen in Abhängigkeit zu halten wie linke Sozialstaatsträumer. Nur Menschen, denen zu wenig zum Leben bleibt, können die Sozialarchitekten das Einkommen zuteilen, was angemessen ist und was eben nicht. In Deutschland will nur eine Partei diese Armutsfalle verringern. Das sind weder die Sozialisten von der SPD noch die Sozialromantiker der Grünen, sondern die Hardcore-Kapitalisten der FDP.

Und auch Stefans Artikel kommt ohne soziales Märchen nicht aus. Gewendet in einen moralischen Vorwurf behaupten die Anhänger von Bullerbü, auch ein Menschen, der 10 Jahre oder gar sein ganzes Leben nicht gearbeitet habe, setze sich nach 3650 Tagen erfolglosen Bewerbens und unzähligen Absagen hochmotiviert an den Rechner, um mit Begeisterung die nächsten 20 Bewerbungen zu tippen. Es wäre eine übermenschliche Leistung der Eigenmotivation von notorisch Erfolglosen, die jeden Tschakka-Antreiber sprachlos zurückließe.

Hartz-IV war das erfolgreichste Programm der Nachkriegsgeschichte, Menschen nach langer Arbeitslosigkeit wieder in Arbeit zu bringen. Völlig gegen den internationalen Trend und der jahrzehntelangen Erfahrung in Deutschland sank die Langzeitarbeitslosigkeit in den Jahren 2005 bis 2014 um mehr als Zweidrittel. Während die Sozialromantiker davon überzeugt sind, Staat und Gesellschaft müssten notorisch erfolglose Menschen nur lang genug allein mit ihren Nutzlosstrategien lassen, damit sie Arbeit finden, gehen die Skandinavier anders vor. Das Konzept des Fordern und Förderns stammt aus Dänemark und beinhaltet neben großzügigen Sozialtransfers erheblichen sozialen wie rechtlichen Druck auf Arbeitslose – ein Fakt, der vom linken Lager beharrlich ignoriert wird.

Strafen können eben durchaus ihren Nutzen haben.

Obdachlosigkeit

In der Welt der Bullerbü-Deutschen ist die Geschichte immer so einfach: Gebe den Benachteiligten das, was sie nicht haben, und das soziale Problem ist gelöst. Obdachlose haben kein Dach über dem Kopf? Gebt ihnen doch einfach eine Wohnung! Dabei übersehen die Astrid-Lindgren-Anhänger großzügig, dass Obdachlosigkeit ein Symptom, aber nicht das eigentliche Problem von Menschen ohne eigene Wohnung ist. Denn seltsamerweise ist Obdachlosigkeit praktisch ausschließlich ein Problem von Großstädten und Ballungsräumen, dort, wo sich praktisch jede Form von Kriminalität findet. Die Bereitstellung von Wohnungen in den teuersten Regionen jedes Landes, ganz nebenbei aus Steuergeldern, beseitigt nicht das Problem. Auch ein Drogensüchtiger mit Wohnung bleibt ein Drogensüchtiger, der auf Beschaffungskriminalität und Zwangsprostitution angewiesen ist.

Wäre das Problem eine Wohnung, so findet sich außerhalb der Großstädte fast immer Platz, erst recht, wenn der Staat bürgt. Doch so einfach ist es eben nicht. Sozialarbeiter wissen um die Schwierigkeiten ihrer Klientel. Sozialpolitiker und das linke Milieu wissen es nicht. Auch wenn der Staat Wohnungen bereitstellt, muss dies doch Regeln folgen. Langzeitarbeitslose Drogensüchtige sind eben keine Milliardäre, die mal eben eine ganze Wohnung zertrümmern können und einen Scheck zur Wiedereinrichtung zücken können. Und was macht das Sozialamt, wenn die zugewiesene Wohnung innerhalb eines Monats mehrfach vermüllt und die Einrichtung demoliert wurde? Tja, darauf fehlt den „Strafen nützen nichts“-Verfechtern jeder Plan.

Kriminalität

Die schon beim Thema Obdachlosigkeit exerzierte Ignoranz gegenüber der anderen Seite der Medaille setzt sich bei der Betrachtung krimineller Auswüchse fort. Beschaffungskriminalität lässt sich am besten durch Freigabe auch harter Drogen verhindern? Ein Blick in die Niederlande und ein Gespräch mit den dortigen Fachleuten verweist eine solche Theorie ins Land der Fabel. Der Markt der Drogen besteht nicht nur aus den süchtigen Konsumenten. Er besteht auch aus Anbietern, die ein großes Interesse an hohen Margen durch süchtige Konsumenten haben. Der Weg zu hohen Gewinnen liegt darin, die Sucht zu steigern und damit den gesellschaftlichen Schaden. So sind in den letzten Jahrzehnten zu den Standarddrogen Kokain und Heroin jede Menge synthetischer Mittel gekommen.

Selbst in den USA können sich Drogensüchtige von Haftstrafen „freikaufen“, wenn sie sich zu Entziehungskuren verpflichten. Die Beseitigung der Strafandrohung beseitigt auch einen Hauptanreiz für Süchtige, überhaupt Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eines der vielen Dinge, die Linke nicht verstehen: Recht ist ein ganzes Stück Rechtsgeschäft. Rechtsfrieden wird hergestellt, wenn alle Seiten etwas bekommen.

Die deutsche Strafrechtsprechung ist hier besonders aufgeschlossen. Deutsche Richter orientieren sich traditionell am unteren Rand des Strafrechtsrahmens. Die Höchststrafen dienen hauptsächlich der Abschreckung und bauen Druck auf die Angeklagten auf, sich kooperativ zu verhalten. Doch das ist oft nur Bluff. Damit ein Delinquent tatsächlich die Maximalstrafe erhält, muss er schon mit der Frau des Richters ein Verhältnis haben.

Bis in die Zehnerjahre hinein hatte Deutschland eine stetig rückläufige Kriminalitätsentwicklung. Das änderte sich mit der Flüchtlingskrise. Seitdem nehmen bestimmte Gewaltdelikte deutlich zu und auch die Gewalt, die aufgewendet wird. In Spanien liegt die Mordrate bei 0,8 pro 100.000 Einwohner, in Deutschland gerade die Hälfte. Am Strafrahmen kann das kaum liegen, in beiden Ländern wird Mord mit Lebenslänglich geahndet. Der nicht-materielle Unterschied liegt beim Zeitfenster, ab der eine Prüfung auf Bewährung erfolgt, hier nach 15 Jahren, in Spanien dagegen nach 25 Jahren.

Was sagt uns das? Das Strafmaß bestimmt nicht die Kriminalität eines Landes. Es ist mehr ein Wertemaßstab denn ein Verbrechensverhinderungsmittel. Das sollten jene wissen, die über Strafrecht sprechen. Und das gilt auch für die Ahndung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und hier Pädophilie. Stefan ordnet die Neigung zum Sex mit Kindern einem Krankheitsbild zu. Was er völlig übersieht: Kriminelle Pädophile leiden selten unter ihrer Krankheit.

Nicht-therapierte Pädophile haben ein bei fast 90% liegendes Rückfallrisiko, was durch medizinisch-therapeutische Maßnahmen in den dreißiger Bereich sinkt. Das Grundkonzept der Liberalisierer lautet also wie bei der Drogenpolitik: mehr Pädophile auf die Straße! Natürlich würde das keiner sagen, aber es ist die Konsequenz der eigenen politischen Forderungen gepaart mit wissenschaftlichen Erkenntnissen. Eine andere Alternative wäre lebenslang wegsperren, was bei Menschen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anderen schaden, durchaus zu rechtfertigen wäre.

Schule

Schule ist der Bereich, von dem Lehrer etwas verstehen sollten. Verstehen bedeutet jedoch, nicht mit Scheuklappen herumzulaufen. Spätestens, wenn Lehrer ein Ende des Benotungssystems fordern, ist die Grenze zum weltfremden Fachgänger überschritten. Solche Reformer glauben ernsthaft, Benotungen seinen eine Privatangelegenheit zwischen Schüler und Lehrer. Genau diese Sicht hat dazu geführt, dass Einser im Abitur inflationäre Ausmaße angenommen haben – und sie genau deswegen entwerten. Wenn jeder eine Eins hat, welche Bedeutung hat dann noch diese herausragende Bewertung? Keine.

Nun werden Noten gerade zu Zeiten des Examens nicht vergeben, damit ein Schulabgänger zum Abschluss seiner Lehrjahre noch ein paar hundert Euro bei der begeisterten Verwandtschaft abstauben kann. Sie geben Zeugnis nach außen, dass der Examinierte nicht nur über bestimmte Kenntnisse verfügt, sondern herausragend gebildet ist. Genau dieses Urteil wollen diejenigen, die es am ehesten beurteilen können, längst nicht mehr geben. Die Lehrkörper haben sich längst die Haltung zu eigen gemacht, was interessiert mich, was danach kommt? Hauptsache, man hat keinen Ärger mit den Eltern und die Schüler behalten einen in guter Erinnerung. Feigheit lässt sich auf viele Arten beschreiben.

Wenn Noten keinen Maßstab mehr für Leistungsvermögen bilden, müssen sich Dritte auf anderen Wegen ein Urteil über die Nicht-Beurteilten bilden. Eine Möglichkeit stellen schnelle Stresstests bei Neueinstellungen dar, Neu-deutsch „Assessment-Center“ genannt. Eine andere Möglichkeit ist der Rückgriff auf Beziehungen, Herkunft und außerschulische Aktivitäten. Es sind Kriterien, bei denen Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern schlechte Karten haben.

Erziehung

Ist eine Ohrfeige besser oder Liebesentzug? Nirgends greift die Volksweisheit so, wie bei der Erziehung von Kindern: Wer straft, interessiert sich immerhin noch für den Bestraften. Das Verweigern von Erziehung mündet in seelischer Verwahrlosung der Kleinsten. Eltern haben einen durch Traditionen wie Gesetze überlieferten Auftrag: ihre Kinder zu erziehen, Werte zu vermitteln, Begleiter auf Zeit zu sein. Das ist nicht die Beschreibung für „beste Freunde“. Es ist die Basis, Kindern „Richtig“ und „Falsch“ aufzuzeigen. Kinder lechzen naturgegeben danach und testen Grenzen aus. Sie suchen die Grenzen zur Orientierung. Eltern, die nicht erziehen, verweigern ihren Kindern die Orientierung. Und münden in völliges Desinteresse.

Aktuelles anekdotisches Beispiel: Die Eltern eines dreijährigen Jungen wollen in den Sommerferien nach Paris fliegen. Schon vor dem Flug zeigt der Sohn erhebliche Krankheitssymptome wie hohes Fieber. Doch die Eltern wollen nicht verzichten und sehen sich zur medizinischen Diagnose befähigt. Ein paar Fieber senkende Zäpfchen, und die Sache sollte gehen. Es funktioniert. Erwartungsgemäß sinkt das Fieber, nur um gegen Ende des Tages zurückzukommen. Die Eltern können sich das nicht erklären. Notgedrungen konsultieren sie in Paris einen Arzt, der ihrem Sohn eine schwere Nierenentzündung attestiert. Bedauerlich ist dann nur, dass die Mutter ihren Urlaub vorzeitig beenden muss.

Es sind solche im Grunde Herzlosgeschichten, die einen mit etwas Wehmut an die Ohrfeige zurückdenken lassen. Um nicht falsch verstanden zu werden: Gewalt hat in der Erziehung von Kindern nichts zu suchen. Doch Gewalt hat viele Facetten. Schlichte Missachtungen bis hin zu seelischen Grausamkeiten richten größere Schäden an als ein Klaps auf die Hand.

Strafen sind ein situationsabhängiges, aber notwendiges Instrument der Einflussnahme. Welches Mittel sinnvoll ist um bestimmte, legitime Ziele zu erreichen, ist individuell. Wer Menschen führen will, muss Menschen mögen. Dazu gehört, die Stellen zu kennen, mit denen Menschen gesteuert werden können.

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  • Erwin Gabriel 20. August 2022, 18:28

    @ STEFAN PIETSCH on 20. AUGUST 2022

    Gestatte mir die Anmerkung, dass Du das Thema aus einem derart anderen Blickwinkel betrachtest, dass die Gefahr, aneinander vorbeizureden, sehr groß ist. Während Stefan Sasse darauf abhebt, dass für einige Menschen der Aspekt des Strafens mit Lust, Macht, Überlegenheitsgefühlen und emotionaler Beteiligung einhergeht, schaust Du mehr auf den rein funktionellen, instrumentalen Aspekt; das schließt sich nicht grundsätzlich aus; auch sind Menschen durchaus verschieden, nicht jeder reagiert auf die gleiche Art. Ich sehe daher weniger eine Replik als eine Erweiterung oder Ergänzung.

    In vielen Bereichen liegen meine Ansichten (bzw. Beurteilung der „Umgebungssituation“) eher bei Deinen als bei denen von Stefan Sasse. Dennoch tue ich mich etwas schwer mit Deiner Formulierungskunst, die wie so häufig versucht, den Gegner durch überspitze Formulierungen möglichst weit in die gegnerische Ecke zu schieben, das Gegensätzliche herauszuarbeiten und auf Konfrontation zu gehen.

    Armut
    Die Einführung startet mit einer dreisten Manipulation.
    Kann man streichen, ohne dass es der Diskussion schadet.

    … dass der Artikel die Rolle des Staates bei der Abhängigkeit von Geringverdienern unterschlägt. Bereits ein Mindestlohnempfänger, also der untere Rand der Workforce, muss fast 600 Euro an Steuern und den steuerähnlichen Sozialabgaben an den Staat abführen. Das ist fast ein Drittel eines Monatslohns und drückt viele erst wieder unter die Schwelle, in der sie zum Amt gehen müssen.
    Zustimmung zur Rolle des Staates. Starke Ablehnung der Unterstellung einer manipulativen Absicht. Nicht nur Stefan Sasse hat in vielen Bereichen von Dir abweichende Meinungen, Blickwinkel und Ansichten; Du auch von ihm. Das als Manipulationsversuch zu definieren, zerstört die Diskussion.

    Niemand hat ein so großes Interesse, benachteiligte Menschen in Abhängigkeit zu halten wie linke Sozialstaatsträumer. Nur Menschen, denen zu wenig zum Leben bleibt, können die Sozialarchitekten das Einkommen zuteilen, was angemessen ist und was eben nicht.
    Ich bin mir nicht sicher, ob Du das richtig siehst; definitiv ist das, was Du beschreibst, das Ergebnis, keine Frage. Aber vielleicht geht der Punkt in Richtung „Lust am Helfen“, kombiniert mit „Lust, die Welt zu verbessern“. Die Abhängigkeit zu erhöhen ist sicher nicht das angestrebte Ziel, es ist halt das erzielte Ergebnis.

    Und auch Stefans Artikel kommt ohne soziales Märchen nicht aus. Gewendet in einen moralischen Vorwurf behaupten die Anhänger von Bullerbü, auch ein Menschen, der 10 Jahre oder gar sein ganzes Leben nicht gearbeitet habe, setze sich nach 3650 Tagen erfolglosen Bewerbens und unzähligen Absagen hochmotiviert an den Rechner, um mit Begeisterung die nächsten 20 Bewerbungen zu tippen.
    Wieder ein Beispiel für die Masche, die Aussage des „Gegners“ zu überinterpretieren. Ich bin zwar kein Freund der überromantisierenden Darstellung, akzeptiere aber, dass der Idealismus bei anderen größer ist als bei mir.

    Hartz-IV war das erfolgreichste Programm der Nachkriegsgeschichte, Menschen nach langer Arbeitslosigkeit wieder in Arbeit zu bringen. …
    Zustimmung

    Strafen können eben durchaus ihren Nutzen haben.
    Wird vom anderen Stefan ja auch nicht bestritten …

    Obdachlosigkeit
    Denn seltsamerweise ist Obdachlosigkeit praktisch ausschließlich ein Problem von Großstädten und Ballungsräumen, dort, wo sich praktisch jede Form von Kriminalität findet.
    Ja. Es ist auch im Winter wärmer dort, es gibt mehr Gelegenheiten, sich vor Regen zu schützen, und es wohnen mehr Menschen dort, die bereit sind, mal einen Euro springen zu lassen.

    Wäre das Problem eine Wohnung, so findet sich außerhalb der Großstädte fast immer Platz, erst recht, wenn der Staat bürgt.
    Das Problem ist nicht (nur) „die Wohnung“, sondern eine Mischung von falschen regeln, behördlicher Unfähigkeit, und der Bereitschaft der konservativeren Landbevölkerung, Wohnraum an „so eine“ oder an „so einen“ abzugeben.
    Grundsätzlich ist nicht jedes Abrutschen in die Obdachlosigkeit eine angestrebte, bewusst herbeigeführte Entscheidung. Und der Kreislauf von „keine Wohnung = kein Job = keine Wohnung“ gilt immer noch.

    Doch so einfach ist es eben nicht. Sozialarbeiter wissen um die Schwierigkeiten ihrer Klientel. Sozialpolitiker und das linke Milieu wissen es nicht. …

    Wohl war.

    Und was macht das Sozialamt, wenn die zugewiesene Wohnung innerhalb eines Monats mehrfach vermüllt und die Einrichtung demoliert wurde? Tja, darauf fehlt den „Strafen nützen nichts“-Verfechtern jeder Plan.
    Gerade das ist ein Paradebeispiel dafür, wo Strafen nicht helfen.

    Kriminalität
    Die … exerzierte Ignoranz gegenüber der anderen Seite der Medaille …
    … ist bei Dir genauso ausgeprägt, nur eben auf der anderen Seite der Medaille.

    Beschaffungskriminalität lässt sich am besten durch Freigabe auch harter Drogen verhindern?
    Die Aussage war eher, dass im Falle der Drogenabhängigkeit Strafen nicht besonders helfen.

    Der Markt der Drogen besteht nicht nur aus den süchtigen Konsumenten. Er besteht auch aus Anbietern, die ein großes Interesse an hohen Margen durch süchtige Konsumenten haben.

    Du kennst auch die Daten zur Prohibition. Hier könnte eine Verschiebung des Handels in Richtung Legalität durchaus helfen.

    Recht ist ein ganzes Stück Rechtsgeschäft. Rechtsfrieden wird hergestellt, wenn alle Seiten etwas bekommen.
    Ja. Deutliche Parallelen zur Politik

    Was sagt uns das? Das Strafmaß bestimmt nicht die Kriminalität eines Landes.
    Definitiv richtig

    Es ist mehr ein Wertemaßstab denn ein Verbrechensverhinderungsmittel. Das sollten jene wissen, die über Strafrecht sprechen.
    Was Stefan nicht tat, aber ja.

    Das richtige Verbrechensverhinderungsmittel wäre deutlich eher eine extrem hohe Aufklärungsrate. Ob ich mit etwas Pech drei, vier oder fünf Jahre einfahren muss, schreckt nicht ab. Wenn ich mit Sicherheit drei Jahre sitze, überlege ich mir das schon mal.

    Und das gilt auch für die Ahndung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und hier Pädophilie. Stefan ordnet die Neigung zum Sex mit Kindern einem Krankheitsbild zu.
    Ohne Fachmann zu sein, glaube ich, dass das stimmt. Wer pädophil ist, wird von mir auch nicht verurteilt. Ich verurteile aber die, die diese Neigung / Krankheit ausleben.

    Das Grundkonzept der Liberalisierer lautet also wie bei der Drogenpolitik: mehr Pädophile auf die Straße!
    Lass doch einfach den Scheiß, das nervt. Man kann auch Meinungen austauschen, ohne ständig andere derart abzustempeln.

    Schule
    Spätestens, wenn Lehrer ein Ende des Benotungssystems fordern, ist die Grenze zum weltfremden Fachgänger überschritten.
    Ich halte unser Schul- und Benotungssystem nicht für gut. Sich davon zu verabschieden, sollte es etwas Besseres geben, scheint mir sinnvoll. Ist unter den aktuellen Bedingungen nicht ohne weiteres möglich, weil Bildung parteipolitisch ideologisiert wird.

    Wenn Noten keinen Maßstab mehr für Leistungsvermögen bilden, müssen sich Dritte auf anderen Wegen ein Urteil über die Nicht-Beurteilten bilden. Eine Möglichkeit stellen schnelle Stresstests bei Neueinstellungen dar, Neu-deutsch „Assessment-Center“ genannt. Eine andere Möglichkeit ist der Rückgriff auf Beziehungen, Herkunft und außerschulische Aktivitäten. Es sind Kriterien, bei denen Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern schlechte Karten haben.
    Haben Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern sonst auch. Ansonsten wurde eine völlige Verabschiedung von jeglicher Bewertung nicht gefordert.

    Erziehung
    Ist eine Ohrfeige besser oder Liebesentzug?
    Beides ist eine Strafe.

    Strafen sind ein situationsabhängiges, aber notwendiges Instrument der Einflussnahme. Welches Mittel sinnvoll ist um bestimmte, legitime Ziele zu erreichen, ist individuell. Wer Menschen führen will, muss Menschen mögen. Dazu gehört, die Stellen zu kennen, mit denen Menschen gesteuert werden können.
    Hier hast Du meine volle Zustimmung. Eine schöne Ergänzung zu Stefan Sasses Beitrag. Allgemein hätte ich es aber besser gefunden, wenn Du Deine Replik nicht so auf Krawall gebürstet hättest.

    • Stefan Pietsch 20. August 2022, 19:18

      Stefan sieht in Strafen ein niederträchtiges menschliches Motiv. Den Nutzen sieht er geringfügig bis nicht vorhanden. Das finde ich eine extreme Position. Es verzerrt auch den Sinn und die Herkunft von Strafen. Und darum ging es mir in der Replik.

      Dass Stefan wenig von Notengebung hält, hat er oft deutlich gemacht. Ebenso, dass er das eher lax handhabt, so in der Pandemie, wo er Schüler für Nicht-Anwesenheit einen (deutlichen) Bonus gewährt hat. So Stefan-O-Ton. Und da frage ich: was ist eigentlich der Sinn eines solchen Vorgehens? Denn der ist nicht erkennbar.

      Die Einführung startet mit einer dreisten Manipulation.
      Kann man streichen, ohne dass es der Diskussion schadet.

      Lies seinen Abschnitt noch einmal in Kenntnis dieses Einwandes. Stefan setzt Armut und Hartz-IV weitgehend gleich. Er sagt es nicht ausdrücklich, aber unbedarft kann man zu dem Schluss kommen, dass diejenigen, die verdienen, nicht arm sind (sein können).

      Und auch Stefans Artikel kommt ohne soziales Märchen nicht aus.

      Das war mir durchaus ein wichtiger Punkt: Die Gegner von Hartz-IV tun einfach so, als wären die Langzeitarbeitslosen Übermenschen, ausgestattet mit einer unfassbaren Motivation. Das lässt sich auch durch Studien nicht bestätigen. Es ist absolut normal, dass jemand nach Monaten oder spätestens 1-2 Jahren großer Anstrengung bei großer Erfolglosigkeit aufgibt. Dieses absolut Menschliche schweigen die Linken unisono weg.

      Wer eine Wohnung will, kann als Hartz-IV-Empfänger problemlos eine bekommen. Der Staat zahlt da teilweise Wucherpreise, damit die Leute ein Unterkommen haben. Das ist absolut nicht der Punkt. Man muss nach der Motivation fragen, die Menschen überhaupt erst auf die Straße getrieben hat. Und da ist nicht das Problem fehlende Sozialleistungen. Jobverlust, ja. Scham deswegen, ja. Zerbrochene Beziehungen, ja. Drogen sowieso. Aber nicht das Geld vom Staat.

      Gerade das ist ein Paradebeispiel dafür, wo Strafen nicht helfen.

      Doch. Weil genau da die Antworten fehlen. Wenn ich ein Hotelzimmer zusammenschlage und vermülle, bekomme ich nicht nur eine saftige Rechnung, sondern ggf. ein ordentliches Strafverfahren. Wenn ich als Drogensüchtiger die staatlich bereitgestellte Wohnung zweimal innerhalb eines Monats zerstöre, soll nichts passieren. Das typische linke Denken, das bessere Menschen hervorbringen soll.

      Die Aussage war eher, dass im Falle der Drogenabhängigkeit Strafen nicht besonders helfen.

      Ich schrieb es schon im Artikel: selbst Amerikaner wollen Drogensüchtige nicht einsperren. Aber als Gesellschaft kann ich ja auch nicht sagen, egal was jemand als Süchtiger macht, wir müssen es akzeptieren und hinnehmen. Eben auch seine Sucht. Wem soll damit geholfen sein?!?

      Du kennst auch die Daten zur Prohibition. Hier könnte eine Verschiebung des Handels in Richtung Legalität durchaus helfen.

      Nach dem Ende der Prohibition ist die Mafia eingegangen. Sicher.

      Das richtige Verbrechensverhinderungsmittel wäre deutlich eher eine extrem hohe Aufklärungsrate.

      Die haben wir bei Mord. Trotzdem richtet sich die Mordrate weder nach Strafen noch Aufklärungsquoten.

      Bei sogenannten Affekttaten hat das Strafmaß kaum Einfluss auf die Häufigkeit der Tat. Bankraub ist auch nur deswegen selten geworden, weil Banken eben kaum noch Bargeld verfügbar halten. Nur: sollten wir jetzt aufhören, Totschlag unter Strafe zu stellen, weil es sich um eine Affekttat handelt? Ist das der Ansatz? Und warum bekommt ein Vergewaltiger keine Haftverschonung, wenn er zuvor halt Viagra und Koks konsumiert hat? Diese Aufhebung von illegitimen Handlungsweisen und Strafen ist schlicht unerträglich.

      Meine Grenzüberschreitungen sind immer kalkuliert. Werde ich bestraft, ist das Teil des Kalküls. Die Abschaffung der Strafen würde das Kalkül drastisch verschieben.

      Pädophile: Stefan merkte in seinem Artikel nicht, dass man sein Argument auch umdrehen kann. Wenn jemand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Wiederholungstäter wird – weil er krank ist – kann man ihn so lange nicht entlassen, bis er therapiert ist. Es wäre interessant zu erfahren, ob das seine Sicht ist.

      Schule
      Ich habe manchmal auch mit Noten gehadert. In Summe war die Notengebung aber gerecht und ich bin 13 Jahre zur Schule gegangen. Nichts, was wir Menschen tun, ist perfekt. Es ist jedoch eine Torheit, deswegen nichts zu tun.

      Noten und die Bewertung durch Lehrer sind für Kinder aus prekären Elternhäusern immer noch die besten Wege zum Aufstieg durch eigene Leistung. Alles andere ist schlechter, weil sie da noch weniger geübt und durch die Familie vorbereitet sind.

      Ist eine Ohrfeige besser oder Liebesentzug?
      Beides ist eine Strafe.

      Die Ohrfeige (nicht Prügel) schmerzt nur ein paar Sekunden. Der Liebesentzug wirkt grundsätzlich.

      • Erwin Gabriel 21. August 2022, 00:37

        @ Stefan Pietsch 20. August 2022, 19:18

        Stefan sieht in Strafen ein niederträchtiges menschliches Motiv. Den Nutzen sieht er geringfügig bis nicht vorhanden. Das finde ich eine extreme Position.
        Ich bin mir manchmal nicht sicher, was Du mit einem Artikel bezwecken willst. Ist Dein Ziel, ein Thema zu beleuchten, oder ist Dein Ziel, Dich gegen den anderen Stefan zu positionieren?
        Sasse-Stefan sieht ein menschliches Motiv, aber „niederträchtig“ ist schon wieder Deine Interpretation seiner Aussage. Der Sinn von Strafen wird nicht grundsätzlich geleugnet, und wo er die Sinnhaftigkeit in Frage stellt, sind seine Gedankengänge für mich nachvollziehbar, selbst wenn ich sie nicht teile. Er deckt ein weites Spektrum von Sanktionen ab und benutzt den Begriff „Strafe“ wo ich andere Begriffe verwenden würde. Den Bereich Strafrecht lässt er fast vollständig aus. Er erhebt keinen Anspruch auf eine Vollständigkeit des Themas.
        Selbst wenn ich in weiten Bereichen seinen Ausführungen nicht folgen mag, kann ich doch keinen fiesen Manipulationsversuch erkennen, sondern eine andere Meinung und die Bereitschaft zur Diskussion. Du teilst ganz offensichtlich seine Meinung nicht (was mir ja in weiten Bereichen genauso geht), aber Du scheinst über seinen Aufsatz beleidigt zu sein. Aber das Dich das nicht nur zu einer sachlichen Kommentierung, sondern zu solchen Emotionen bringt, ist Dein Problem, nicht seins. Niemand zwingt Dich, alle Schuhe in Reichweite einzusammeln und anzuziehen; ist ausschließlich Deine Entscheidung.

        Es verzerrt auch den Sinn und die Herkunft von Strafen. Und darum ging es mir in der Replik.
        Er betrachtet das Thema aus einem Blickwinkel, den ich zuvor nie eingenommen habe. Das finde ich spannend. Ich kann den Blickwinkel nicht teilen, aber zu 100 Prozent vermag ich der These, dass hinter Strafbedürfnis gelegentlich mehr stecken mag als nur eine rein rationelle Reaktion, nicht ablehnen.

        Dass Stefan wenig von Notengebung hält, hat er oft deutlich gemacht.
        Unser Bildungs-, Schul- und Benotungssystem hat große Schwächen; das wurde hier schon oft diskutiert. Der schulische Erfolg unserer Kinder hängt mehr von der Unterstützung der Eltern als von Talent oder Intelligenz ab.
        Oft dokumentieren schlechte Noten an die Schüler das pädagogische Unvermögen der Lehrer. Würde ich schreiben, dass die meisten Lehrer nicht in der Lage seien, den Schülern das richtige Wissen professionell zu vermitteln, würdest Du zustimmen. Was anderes hat Stefan Sasse nicht gesagt; er hat nur andere Worte benutzt.

        Stefan setzt Armut und Hartz-IV weitgehend gleich. Er sagt es nicht ausdrücklich, aber unbedarft kann man zu dem Schluss kommen, dass diejenigen, die verdienen, nicht arm sind (sein können).

        Ja, die Gleichsetzung habe ich auch gemerkt; und warum „arm“ und „obdachlos“ trennen; und, und, und. Wenn Dein Punkt ist, dass Stefan hier nicht superpräzise formuliert hat, wird er Dir nicht widersprechen; eine umfassende korrekte Definition/Diskussion sprengt aber den Rahmen dieses Blogs.

        Aber wo ich mir denke, dass er wohl in Richtung Hartz IV unterwegs ist, denkst Du „niederträchtiger Manipulator“; das ist dummes Zeug.

        Das war mir durchaus ein wichtiger Punkt: Die Gegner von Hartz-IV tun einfach so, als wären die Langzeitarbeitslosen Übermenschen, ausgestattet mit einer unfassbaren Motivation. Das lässt sich auch durch Studien nicht bestätigen.

        Das ist von Dir wieder deutlich übertrieben formuliert (was Du ja in die andere Richtung offenbar überhaupt nicht abkannst), aber das sehe ich ähnlich. Ist vermutlich der Tatsache geschuldet, dass man einen bestimmten Punkt erklären will, und dazu zu einer bestimmten „Persona“ greift. Wir beide reden auf die gleiche Art von Selbstständigen und Unternehmern; da wird die „Persona“ ja auch akzeptiert (unabhängig davon, wie man sie dann letztendlich beurteilt).

        Es ist absolut normal, dass jemand nach Monaten oder spätestens 1-2 Jahren großer Anstrengung bei großer Erfolglosigkeit aufgibt. Dieses absolut Menschliche schweigen die Linken unisono weg.

        Es ist auch für mich sehr, sehr schwer, zuzugeben, dass man Menschen aufgibt. Ich weiß, dass Du Recht hast, aber ich verstehe jeden, der bei Deiner krassen Formulierung nicht mitgehen will.

        Wer eine Wohnung will, kann als Hartz-IV-Empfänger problemlos eine bekommen.

        Ich widerspreche aufgrund anekdotischer Evidenz. Ich will das nicht zu weit ausführen, aber als Vermieter bist Du nur dann auf der sicheren Seite, wenn das Amt die Wohnung mietet und dann nach Gusto Leute reinpackt. Tut das Amt aber in der Regel nicht. Das zahlt die Miete. Zieht der Hartz-IV-Bezieher in einen anderen Kreis und meldet sich dort an, ist das andere Amt zuständig, das erste stellt alle Zahlungen ein. Oft erfährt der Vermieter erst durch das Ausbleiben der Zahlungen, dass etwas nicht stimmt. Mietausfall, Renovierungsarbeiten etc. schuldet nicht das Amt, sondern der Ex-Mieter. Der kann nicht belangt werden, weil es nicht geht, ihn durch Schadensersatz unter Hartz IV zu bringen. Wenn Du ihn verklagst, zahlst Du den gegnerischen Anwalt samt Gerichtskosten mit, und das war‘s.

        Man muss nach der Motivation fragen, die Menschen überhaupt erst auf die Straße getrieben hat. Und da ist nicht das Problem fehlende Sozialleistungen. Jobverlust, ja. Scham deswegen, ja. Zerbrochene Beziehungen, ja. Drogen sowieso. Aber nicht das Geld vom Staat.
        Gibt es, ja. Gibt auch das andere.

        [Gerade das ist ein Paradebeispiel dafür, wo Strafen nicht helfen.]
        Wenn ich als Drogensüchtiger die staatlich bereitgestellte Wohnung zweimal innerhalb eines Monats zerstöre, soll nichts passieren. Das typische linke Denken, das bessere Menschen hervorbringen soll.

        Wer so kaputt ist, dass er im Alkohol- oder Drogenrausch anfängt, ständig seine Wohnung zu zerlegen, wird durch eine Strafe kein anderer Mensch. Hier erfüllt eine Strafe, wie „hilfreich“ sie als Signal in die Gesellschaft sein mag, nicht die Aufgabe, den Sünder auf den Pfad der Tugend zurückzuführen. Vielleicht schafft das eine Therapie, vielleicht nicht, und über die Höhe des Aufwands könnte man trefflich diskutieren. Aber ein Jahr auf Bewährung oder sechs Monate Knast verändern diesen Menschen nicht; da müssen erst die Drogen weg.

        Aber als Gesellschaft kann ich ja auch nicht sagen, egal was jemand als Süchtiger macht, wir müssen es akzeptieren und hinnehmen. Eben auch seine Sucht. Wem soll damit geholfen sein?!?

        Wem wird durch Nichtstun geholfen – das ist eine wirklich gute Frage; genauso gut wie die Frage, ob ich durch eine Gefängnisstrafe einen Süchtigen von der Sucht befreie. Ich vermute, dass eine Therapie hier die bessere Lösung wäre, wiewohl ich bezweifle, dass das für jeden Einzelnen leistbar wäre

        Nach dem Ende der Prohibition ist die Mafia eingegangen. Sicher.
        Zum Ende der Prohibition wurde mehr Alkohol getrunken als vor Beginn.

        [Das richtige Verbrechensverhinderungsmittel wäre deutlich eher eine extrem hohe Aufklärungsrate.]
        Die haben wir bei Mord. Trotzdem richtet sich die Mordrate weder nach Strafen noch Aufklärungsquoten. Bei sogenannten Affekttaten hat das Strafmaß kaum Einfluss auf die Häufigkeit der Tat. Bankraub ist auch nur deswegen selten geworden, weil Banken eben kaum noch Bargeld verfügbar halten. Nur: sollten wir jetzt aufhören, Totschlag unter Strafe zu stellen, weil es sich um eine Affekttat handelt? Ist das der Ansatz?
        Volle Zustimmung, Mord ist meist ein sehr emotionaler Vorgang. Aber mit einer vergleichbar hohen Aufklärungsquote wären Falschparker, Raser, Steuerhinterzieher oder Umweltsünder ruckzuck auf Null.
        Und „keine Strafe für Gewaltverbrechen“ fordert doch niemand ?…!

        Diese Aufhebung von illegitimen Handlungsweisen und Strafen ist schlicht unerträglich.
        Da bin ich bei Dir. Ich halte auch nicht viel davon, betrunkene Vergewaltiger geringer zu bestrafen; sollte andersherum sein.

        Pädophile: Stefan merkte in seinem Artikel nicht, dass man sein Argument auch umdrehen kann. Wenn jemand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Wiederholungstäter wird – weil er krank ist – kann man ihn so lange nicht entlassen, bis er therapiert ist. Es wäre interessant zu erfahren, ob das seine Sicht ist.

        Meine Meinung dazu hast Du im anderen Beitrag sicherlich gelesen – ganz, ganz klar Opferschutz vor Täterschutz. Ansonsten hat Stefan Sasse auch Kinder. Da brauchst Du nicht so negativ zu spekulieren.
        Du solltest Dich nicht am Stefan verbeißen, sondern am Thema. So wie Du es selbst lieber hast. 🙂

        [[Ist eine Ohrfeige besser oder Liebesentzug?]]
        [Beides ist eine Strafe.]
        Die Ohrfeige (nicht Prügel) schmerzt nur ein paar Sekunden. Der Liebesentzug wirkt grundsätzlich.
        Ja, ich weiß. Es ging aber um Strafe oder keine Strafe (nicht darum, welche Strafe besser ist), also zielt diese Antwort am Thema vorbei.

        Ich habe aus Stefan Sasses Artikel nicht herausgelesen, dass man Strafen abschaffen soll, sondern eher den Ansatz, die üblichen Standard-Strafen zu hinterfragen, um im Sinne des gewünschten Ergebnisses (besseres Verhalten des Delinquenten) andere Maßnahmen zu finden.
        Dass dieser Ansatz für schwere Gewaltverbrechen nicht greift, wird der Grund sein, dass sie ausgeklammert wurden. Für welche Bereiche Stefan den Ansatz für zielführend hält, hat er durch die Themenauswahl festgelegt. Du machst es bei Deinen Beiträgen genauso.

        Es grüßt
        E.G.

        • Stefan Pietsch 21. August 2022, 11:34

          Ich bin mir manchmal nicht sicher, was Du mit einem Artikel bezwecken willst. Ist Dein Ziel, ein Thema zu beleuchten, oder ist Dein Ziel, Dich gegen den anderen Stefan zu positionieren?

          Ich schreibe nicht oft Repliken, obwohl sie eine relativ einfache Form zum Schreiben sind. Ich schreibe sie, wenn mir die Richtung eines Artikels völlig gegen den Strich geht und ich das nicht in einen Kommentar schaffe. Das Vorrecht, weil mich Stefan publizieren lässt. 😉

          Stefans Artikel trägt die Überschrift „Die Lust zu strafen“. Damit gibt er die Richtung vor, die er im Text beibehält, während Du etwas anderes herausließt. Wohlwollend. Du überliest deswegen das meiste, schon die Einleitung:
          „Strafe muss sein“, sagt der Volksmund. Nichts mögen Menschen so sehr, wie andere für echte oder vermeintliche Normenverstöße zu bestrafen, außer vielleicht, anderen genau das vorzuwerfen.

          Wie Du zu der Erkenntnis gelangst, Stefan stände Strafen nicht generell skeptisch bis ablehnend gegenüber, erschließt sich mir nicht.

          Ich referenziere darauf, was der Ursprung und bis heute tiefere Sinn von Strafen ist. Nämlich Menschen zu führen. Man kann zu dem Schluss kommen, dass Stefan genau das ablehnt: die Führung von Menschen. Fünfer tun den Schülern weh? Lassen wir sie doch weg!

          Ich habe meine Tochter ein einziges Mal geschlagen. Beim Essen langte sie mir trotz Zurechtweisung immer wieder ins Gesicht, bis ich ihre zarten Finger nahm und ihnen einen nicht zu schmerzhaften Klaps versetzte. Sie hat es nie wieder getan und sie ließ sich in ihrem Verhalten steuern.

          Ich habe in meinen Berufsleben sehr viele Menschen entlassen. Lust habe ich mit Sicherheit nie empfunden, Genugtuung ein einziges (bitteres) Mal. Obwohl der Großteil der Kündigungen „betriebsbedingt“ erfolgten, lagen die wahren Kündigungsgründe meist bei der Person selbst. Sie hatten es (mit) verursacht. Dagegen ordne ich nie Maßnahmen mit der Trompete an: Ich bin Chef! Gute Führung zeigt sich meiner Ansicht nach darin, dass die Menschen wissen, an wem sie sich auszurichten haben.

          Menschen wollen Führung. Ich bin derzeit mit meinem Team in Diskussion, das Home Office zurückzuführen. Ich bin durchaus interessiert, dass die Mitarbeiter selbst Lösungen finden, die auf der Hand liegen. Die Argumente gegen das Home Office werden durchaus gesehen. Aber am Ende, das wurde mir von den Mitarbeitern selbst gesagt, werde ich anordnen müssen. Aus Anordnung folgt Konsequenz. Und aus Konsequenz bei strukturellen Verstößen auch Strafen. In diesem Fall wird es dazu mit Sicherheit nicht kommen, aber so ist die Kette.

          Stefan scheint das nicht zu verstehen. Und nicht so zu sehen. Das ist Idealismus, der im linken politischen Lager konsequent gepflegt wird.

          Unser Bildungs-, Schul- und Benotungssystem hat große Schwächen; das wurde hier schon oft diskutiert.

          Folgt daraus, es ersatzlos zu streichen? Für Linke schon. Ist etwas nicht perfekt, muss es weg. Das sind die traumtänzerischen Idealisten. Pragmatiker wissen um die Unvollkommenheit und gehen mit ihr um. Auf unternehmerischer Ebene lautet die erste Frage: haben wir etwas Besseres? Wenn nein, worüber diskutieren wir hier eigentlich?! Mich hat echt auf die Palme gebracht, wie Stefan in der Benotung letztes Jahr umgegangen ist. Aus dem Idealismus, den Schülern nicht schaden zu wollen, hat er sehr wohlwollend Noten verteilt. Wem meint er damit eigentlich zu helfen? Die Frage hat er nie beantwortet.

          Aber wo ich mir denke, dass er wohl in Richtung Hartz IV unterwegs ist, denkst Du „niederträchtiger Manipulator“; das ist dummes Zeug.

          Stefan mag den Nutzen von Hartz-IV nicht erkennen, obwohl er in Zahlen ablesbar ist. Wieviel klarer soll der Erfolg eines Instruments dokumentiert sein? Genau da hat sich der Erfolg von Strafen (Sanktionen, z.B. durch geringere Bezüge gegenüber der Arbeitslosenhilfe) gezeigt. Weil Linke es nicht widerlegen können, schweigen sie es weg.

          [Die Gegner von Hartz-IV tun einfach so, als wären die Langzeitarbeitslosen Übermenschen, ausgestattet mit einer unfassbaren Motivation.]
          Das ist von Dir wieder deutlich übertrieben formuliert

          Überhaupt nicht. Ich führe die Debatte seit 15 Jahren. Genau so argumentieren Linke. Sie sagen, dass Hartz-IV-Empfänger hoch motiviert und auch willentlich seien, einen Job anzufangen. Was sie nicht sagen, dann eben implizieren: Hartz-IV-Empfänger sind fast immer mehr als 1 Jahr arbeitslos, in Deutschland meist 5, 10, 15 Jahre und mehr. Da klingt es einfach unfassbar, dass jemand „hochmotiviert“ sei. Tatsächlich ist es nicht so und Hartz-IV-Empfänger meist vom Rest der Gesellschaft doch sehr abgeschottet.

          Die Politik lebt jetzt dieses Idyll: Die Leute bekommen ihr Geld, einen Job wollen sie ja ohnehin, kein Grund, sich näher mit ihnen zu befassen.

          [Wer eine Wohnung will, kann als Hartz-IV-Empfänger problemlos eine bekommen.]
          Ich widerspreche aufgrund anekdotischer Evidenz.

          Was erzählst Du?! Du erzählst von Hartz-IV-Empfängern als geistig nicht voll Zurechnungsfähigen und umnachtet, die zwar wissen, dass sie ihr Geld vom Amt bekommen, nicht aber wie ihre Miete bezahlt wird. Warum sollen Volidioten eigentlich als Normalos behandelt werden? Wir leben in einer freien Gesellschaft. Menschen sind für sich selbst verantwortlich, es sei denn, sie sind nicht voll geschäftsfähig. D.h. sie tragen auch die Konsequenzen ihres Tuns. Das Zurückdrehen dieser Freiheit führt zu großer Unfreiheit für viele. Ich habe übrigens das gerade aus anderer Perspektive erlebt: in meinem familiären Umfeld wurde eine Frau dement und schizophren. Das Krankheitsbild zeichnete sich lange ab, doch allen waren die Hände gebunden. Selbst der mehrfache Zusammenbruch auf Frankfurts Straßen führte nicht dazu, ihr die Geschäftsfähigkeit zu entziehen.

          Wer so kaputt ist, dass er im Alkohol- oder Drogenrausch anfängt, ständig seine Wohnung zu zerlegen, wird durch eine Strafe kein anderer Mensch. Hier erfüllt eine Strafe, wie „hilfreich“ sie als Signal in die Gesellschaft sein mag, nicht die Aufgabe, den Sünder auf den Pfad der Tugend zurückzuführen.

          Man kann Menschen nur helfen, wenn sie sich helfen lassen wollen. So lange das nicht der Fall ist, muss man ihren Willen respektieren. Aber: dann sind sie auch voll verantwortlich. Das Eine bedingt das andere – und das ist der Dissens mit Stefan, mit Dir, mit offensichtlich den meisten. Aus A folgt B und nicht: dann belassen wir es bei A.

          Was machst Du mit dem Drogensüchtigen, dem Du eine Wohnung zugewiesen hast, die er konsequent vermüllt, permanent die anderen Hausbewohner belästigt und in der Wohnung mit seinen Drogen dealt, um sein Einkommen aufzubessern? Schwamm drüber, der Staat zahlt? Ich kann auch erzählen, was alles nicht schön ist.

          Volle Zustimmung, Mord ist meist ein sehr emotionaler Vorgang. Aber mit einer vergleichbar hohen Aufklärungsquote wären Falschparker, Raser, Steuerhinterzieher oder Umweltsünder ruckzuck auf Null.

          Nehme ich Eure Argumentation, ergibt eine Haftstrafe für Totschlag keinen Sinn. Fast niemand wird da zum Wiederholungstäter, der Mörder muss also gar nicht erst wieder auf den Pfad der Tugend geführt werden, er führt sich selbst dorthin. Eure Argumentation funktioniert ja für Euch selbst nicht, wie wollt Ihr da überzeugen? Der Grund, warum trotzdem eine lange Haftstrafe folgt, ist Genugtuung für die Gesellschaft, Stefan würde sagen: Nichts mögen Menschen mehr…

          [Nach dem Ende der Prohibition ist die Mafia eingegangen. Sicher.]
          Zum Ende der Prohibition wurde mehr Alkohol getrunken als vor Beginn.

          Das ist das schönste Eigentor des Jahres. 🙂

          Die Legalisierung von Drogen steigert den Konsum. Das ist die Erfahrung der Niederländer. Ich bezweifle schlicht, dass es sinnvoll ist, wenn in Deutschland mehr Koks, Ectasy, Heroin konsumiert wird. Wenn Kokain zu einem niedrigen Preis ohne jede Strafandrohung bezogen werden kann, was hindert die Menschen, es auch verstärkt zu konsumieren? Das Wesen von Drogen ist, dass sie eine große Anziehungskraft ausüben, bevor es überhaupt zur Sucht kommt.

          Nur erzählen die Legalisierungsbefürworter etwas ganz anderes. Deswegen Eigentor. (Obwohl Du nicht dazu gehörst).

          Ansonsten hast Du nicht aufmerksam gelesen. Schnellfahren wird durchaus kontrolliert und oft mit fiesen Methoden, im Gegensatz zu anderen Kontrollen. Dennoch fahren viele schneller als erlaubt. Es gibt irre viele Ordnungsgelder, also geahndet wird es schon. Und nebenbei: 100% Kontrolle bekommen nicht einmal Diktaturen hin. Wer von idealen Verhältnissen träumt, ist ein Spinner…

          Bei Stefan war durchaus ein Plädoyer rauszulesen, Pädophilie nicht mit (deutlichen) Haftstrafen anzupacken. Wie so oft fehlt mir bei ihm jede Konsequenz. Villakunterbunt ist ein Hirngespinst.

          • Erwin Gabriel 21. August 2022, 14:21

            @ Stefan Pietsch 21. August 2022, 11:34

            Es ist wirklich ermüdend, sich jedes Mal durch Deine Filter zu kämpfen.

            Wie Du zu der Erkenntnis gelangst, Stefan stände Strafen nicht generell skeptisch bis ablehnend gegenüber, erschließt sich mir nicht.
            Hatte ich doch geschrieben: Ich sehe, auf welche Bereiche er sich bezieht, und welche er ausklammert.

            Man kann zu dem Schluss kommen, dass Stefan genau das ablehnt: die Führung von Menschen.
            Wie gesagt, finde ich diesen von Dir aufgebrachten Aspekt sehr spannend. Ja, Strafen können (neben Rache, z.B.) auch dazu dienen, Menschen zu führen, ihnen einen Weg vorzugeben, sie „in die Schranken zu weisen“. Ich bin mir ebenfalls sehr sicher, dass dem anderen Stefan die Bedeutung von Führung bewusst ist; es ist ein stückweit sein Job.

            Fünfer tun den Schülern weh? Lassen wir sie doch weg!
            Meine Übersetzung lautet: „Wenn der Fünfer den Schüler nicht dem gewünschten Ziel näherbringt, lass uns etwas anderes (ver)suchen“.

            Menschen wollen Führung … Stefan scheint das nicht zu verstehen.

            Nochmal, Stefan Sasse ist Lehrer. Er ist Familienvater. Er ist also Führungskraft. Aber jeder hat seinen eigenen Stil. Du, ich, auch Stefan Sasse.

            [Unser Bildungs-, Schul- und Benotungssystem hat große Schwächen; das wurde hier schon oft diskutiert.]
            Folgt daraus, es ersatzlos zu streichen? Für Linke schon. Ist etwas nicht perfekt, muss es weg.
            Diese plumpen Verallgemeinerungen sollten Dir beim Schreiben mehr Kopfschmerzen verursachen als mir beim Lesen. Es geht Stefan Sasse immer um etwas, das zielführender dabei ist, Wissen zu vermitteln.

            Auf unternehmerischer Ebene lautet die erste Frage: haben wir etwas Besseres? Wenn nein, worüber diskutieren wir hier eigentlich?!
            Unternehmerische Gegenfrage: Wenn die aktuelle Lösung nicht gut genug ist, warum entwickelt Ihr nichts Besseres?

            Mich hat echt auf die Palme gebracht, wie Stefan in der Benotung letztes Jahr umgegangen ist.
            Kein Grund zur Aggression – Dich hat er nicht benotet. Mich würde an Sasses Stelle auf die Palme bringen, dass jemand, der den Themenkomplex nur über seine zwei Kinder und ein bisserl Hörensagenlesen kennt, ohne eigene pädagogische Ausbildung Leute kritisiert, die Tag für Tag mit Hunderten und Tausenden Schülern zu tun haben, und bei alldem nie die eine halbwegs sinnvolle Lösung anbieten kann.

            Stefan mag den Nutzen von Hartz-IV nicht erkennen, obwohl er in Zahlen ablesbar ist. Wieviel klarer soll der Erfolg eines Instruments dokumentiert sein?

            Hartz IV hat viele gute Aspekte, ist aber nicht perfekt. Ein Teil des Themas unterliegt der persönlichen Einschätzung (etwa „was ist zumutbar?“), und den Erfolg von Hartz IV kann man unterschiedlich definieren. Ich bin da eher bei Deinen Kriterien; das heißt aber nicht, dass ich die anderen Aspekte nicht sehe, oder dass ich sie für irrelevant erkläre.

            Tatsächlich … [sind] … Hartz-IV-Empfänger meist vom Rest der Gesellschaft doch sehr abgeschottet.
            Zustimmung. Aber was dokumentiert das? Den Erfolg von Hartz IV? Den Misserfolg von Hartz IV? Ist ja wohl als Argument für beides zu gebrauchen.

            Du erzählst von Hartz-IV-Empfängern als geistig nicht voll Zurechnungsfähigen und umnachtet, die zwar wissen, dass sie ihr Geld vom Amt bekommen, nicht aber wie ihre Miete bezahlt wird.
            Nein. Ich habe mehrere Fälle aus unserer Kommune beschrieben, mit denen meine Frau als Immobilienmaklerin befasst war. Wenn Dir solche Fälle neu sind, solltest Du von mir lernen, statt mich abqualifizieren.

            Man kann Menschen nur helfen, wenn sie sich helfen lassen wollen. So lange das nicht der Fall ist, muss man ihren Willen respektieren. Aber: dann sind sie auch voll verantwortlich.
            Grundsätzliche Zustimmung, aber mit „Soll ich Dir helfen? Nee? Dann verpiss Dich!“ ist es nicht getan. Da brauch es schon ein wenig mehr.

            … und das ist der Dissens mit Stefan, mit Dir, mit offensichtlich den meisten. Aus A folgt B und nicht: dann belassen wir es bei A.
            Der Dissens mit Dir ist: „Ich sage weiß, und wenn Du nicht zustimmst, meinst Du schwarz; schwarz ist scheiße, Deine Meinung also auch“. Keine Zwischentöne.
            Komm mal wieder runter …

            Der Rest ist der Auseinandersetzung nicht wert. Freier Drogenverkauf in Deutschland, keine Strafen für Gewaltverbrecher und Pädophile etc. hat niemand gefordert, muss man daher auch nicht dementieren.

            Viele Grüße
            E.G.

            • Stefan Pietsch 22. August 2022, 12:19

              Du liest Stefans Artikel sehr wohlwollend. Mein Wohlwollen war bei der Überschrift und der Generalnorm am Anfang bereits weg.

              Ja, Strafen können (neben Rache, z.B.) auch dazu dienen, Menschen zu führen, ihnen einen Weg vorzugeben, sie „in die Schranken zu weisen“. Ich bin mir ebenfalls sehr sicher, dass dem anderen Stefan die Bedeutung von Führung bewusst ist; es ist ein stückweit sein Job.

              Dann hat er das sehr gut versteckt – zumal er explizit über seinen Bereich geschrieben hat. Ich habe den eigentlichen Sinn von Strafen dargestellt – Stefan die Verzerrung. Das ist der Unterschied.

              Meine Übersetzung lautet: „Wenn der Fünfer den Schüler nicht dem gewünschten Ziel näherbringt, lass uns etwas anderes (ver)suchen“.

              Und das ist der falsche Begriff. Lehrer wie Schüler haben ein ganzes Jahr – in Stefans Fall sogar 13 Jahre – Zeit, das in den Griff zu bekommen. Die Abiturnote sagt etwas nach außen aus: Derjenige besitzt in dem und dem Maße die Kompetenzen. Das ist wichtig. Das mag ein Stück ungerecht sein, weil mit Multiple-Choice, längerer Vorbereitung, besserer Hilfestellung, weniger Stress und mehr Glück hätte derjenige sicher besser abgeschnitten. Ist wie überall im Leben: es zählt oft der Moment. Wenn Du beim ersten Date die Dame anrempelst, nützt der zweite Eindruck auch oft nichts mehr. Finden manche auch ungerecht, aber so ist das Leben.

              Meine Übersetzung lautet: „Wenn der Fünfer den Schüler nicht dem gewünschten Ziel näherbringt, lass uns etwas anderes (ver)suchen“.

              Es gibt Menschen in Führungspositionen, und davon nicht wenige, die Führung verweigern. Das passiert selbst bei Geschäftsführern. Führen bedeutet Entscheiden und Entscheidungen gehen immer mit der Akzeptanz von Nachteilen einher. Viele Menschen sind jedoch dazu unfähig. Mein beliebtes Experiment: Nenne mir 5 Eigenschaften, die Du an anderen schätzt. Und danach nenne mir 3 eindeutig negative Eigenschaften, die Du bereit bist an anderen zu akzeptieren. Keiner, mit dem ich bisher dieses Experiment gemacht habe, hat den zweiten Teil geschafft. Weil, negative Eigenschaften zu akzeptieren, geht ja gar nicht. Das sagt viel über unser Verständnis von Menschlichkeit aus.

              Es geht Stefan Sasse immer um etwas, das zielführender dabei ist, Wissen zu vermitteln.

              Das ist Rosstäuschung. Ich kann ja vieles machen – und Stefan auch – aber am Ende muss ich mich an den Ergebnissen messen lassen. Hannelore Kraft ist mit der These angetreten, ihre Politik der Verschuldung führe dazu, dass weniger Kinder zurückblieben, weniger Studenten abbrechen würden und die Sozialkosten sänken. Am Ende ihrer Regierungszeit blieb nur die ausgeuferte Verschuldung von NRW.

              Unternehmerische Gegenfrage: Wenn die aktuelle Lösung nicht gut genug ist, warum entwickelt Ihr nichts Besseres?

              Manchmal gibt es das nicht, und sei es nur auf dem Zeitstrang. Manchmal stehen andere, ebenso legitime Faktoren dagegen. Es gibt viele Ursachen. Einfach abzuschaffen, was einem nicht gefällt, ist platt, kindisch und dumm.

              [Mich hat echt auf die Palme gebracht, wie Stefan in der Benotung letztes Jahr umgegangen ist.]
              Kein Grund zur Aggression – Dich hat er nicht benotet.

              Er schickt mir aber vielleicht Abiturienten, wo ich auf das Zeugnisurteil vertraue. Er täuscht mich.

              Hartz IV hat viele gute Aspekte, ist aber nicht perfekt. Ein Teil des Themas unterliegt der persönlichen Einschätzung (etwa „was ist zumutbar?“), und den Erfolg von Hartz IV kann man unterschiedlich definieren.

              Warum diese Einschränkung? Nichts auf dieser Welt ist perfekt, nicht einmal meine Frau. Also was soll das eigentlich? Wir benutzen solche Formulierungen, um uns gleich gegen Einwände zu wappnen, statt zu unserer Position zu stehen. Ansonsten: Nein und nein.

              Wir als Gesellschaft und als ausführendes Organ der Staat haben Ziele definiert. Dazu gehört, die Arbeitslosigkeit gering zu halten, erst Recht die Langzeitarbeitslosigkeit. Keines der 30 Jahre lang probierten 508 Instrumente hat dieses Ziel nur annähernd erreichen helfen. Hartz-IV hatte bezüglich der definierten Ziele durchschlagenden Erfolg.

              Zustimmung. Aber was dokumentiert das? Den Erfolg von Hartz IV? Den Misserfolg von Hartz IV? Ist ja wohl als Argument für beides zu gebrauchen.

              Das hat damit nichts zu tun, weil die Situation nicht nach 2005 entstanden ist.

              Ich habe mehrere Fälle aus unserer Kommune beschrieben, mit denen meine Frau als Immobilienmaklerin befasst war. Wenn Dir solche Fälle neu sind, solltest Du von mir lernen, statt mich abqualifizieren.

              Ich qualifiziere Dich nicht ab, Du beschreibst Menschen, die keine Verantwortung tragen können. Nicht einmal für sich selbst. Ich habe das in Worte gefasst. Mir ist durchaus klar, dass es das gibt und nicht zu selten. Nur: Warum behandeln wir selbst in abstrakten Diskussionen diese Klientel als wären sie so überlegt wie der Homo Oeconomicus?

              Jemand muss selbst erkennen, dass er ein Problem hat und Hilfe benötigt. Das völlige Freistellen von Strafe hilft in dem Erkenntnisprozess nicht. Woran soll eine Kleptomanin erkennen, dass sie ein Problem hat? Sag’s mir!

              Nichts nervt mich so an anderen, wie wenn sie nicht in Konsequenzen denken. Ich habe früher viel Schach gespielt, das kann ich jedem nur anraten. Dabei lernt man nämlich, in Konsequenzen zu denken. Jeder Zug hat Folgen, der das Ergebnis beeinflusst und damit über Erfolg und Misserfolg entscheidet. Die meisten sind unfähig, nur einen Zug vorauszudenken. Sie meinen, sie tun etwas und es kommt keine Reaktion. Und wenn sie dann kommt, ist das völlig überraschend.

              Ich habe dagegen gelernt, dass Menschen unheimlich viele Züge draufhaben können. Mit „Nichts“ zu rechnen, ist da net gescheit. 😉

              • Thorsten Haupts 23. August 2022, 08:58

                … in Stefans Fall sogar 13 Jahre – Zeit, das in den Griff zu bekommen …

                Ja! Nach meiner Lebenserfahrung als Projektmanager gleichen sich viele individuell mit grosser Sorgfalt erhobene Zahlen (für Termine/Kosten) über längere Zeiträume häuig selbst dann aus, wenn jede einzelne Zahl grosse Unsicherheiten aufweist. Dasselbe gilt für die – vielen – Einzelnoten, die im Abitur final zusammenlaufen.

                Meine persönliche Abiturnote – gut, aber nicht sehr gut – spiegelt ziemlich exakt mein Leistungsvermögen zum Zeitpunkt des Abiturs, bei dem Intelligenz und rasche Auffassungsgabe auf Faulheit und Wurstigkeit trafen :-).

                Auch wenn mir für bestimmte Jobs Noten/Abschlüsse aus der Erfahrung heraus völlig egal sind, verstehe ich gut und finde es summa summarum noch immer am fairsten, wenn die Ersteinstellung sich bei Wettbewerb primär an Noten orientiert.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

              • Erwin Gabriel 23. August 2022, 13:45

                @ Stefan Pietsch 22. August 2022, 12:19

                Du liest Stefans Artikel sehr wohlwollend.

                Ich nehme erst mal keinen Kommentar, von niemandem, vorweg als gegen mich gerichtet oder als Provokation an und versuche, die Botschaft zu verstehen. Klappt nicht immer, wie Du weißt, aber klappt meistens.

                Dann hat er das sehr gut versteckt …

                Ich hab’s gefunden 🙂

                Lehrer wie Schüler haben … Zeit, das in den Griff zu bekommen.

                Lehrer haben Vorgaben durch Lehrpläne.

                Die Abiturnote sagt etwas nach außen aus: Derjenige besitzt in dem und dem Maße die Kompetenzen.

                Soweit die Theorie; mag auch für viele zutreffen. Meine Jüngste übte nur auf Noten, und räumte einen Tag nach der Arbeit ihren Kopf frei. Meine Zweitjüngste lernte auf Thema. Sie hat das schlechtere Abitur, aber viel mehr Kenntnisse.

                Meine Noten spiegelten halbwegs meine Leistungen in den abgefragten Fächern wieder, sagten aber bei weitem nichts über meine besonderen Fähigkeiten oder meine Leistungsfähigkeit aus.

                Es gibt Menschen in Führungspositionen, und davon nicht wenige, die Führung verweigern.

                Selbst wenn wir hier das Thema „Strafen“ verlassen – ich stimme zu. Nervt voll …

                Aber am Ende muss ich mich an den Ergebnissen messen lassen …

                Ein Affe, ein Elefant und ein Krokodil kriegen die gleiche Aufgabe: Kletter auf einen Baum. Das Ergebnis zeigt, dass der Affe besser klettern kann als Elefant oder Krokodil – mehr nicht, denn mehr wurde nicht getestet.

                „Am Ergebnis messen lassen“ ist einfach, wenn es etwa um einen möglichst hohen Quartalsgewinn geht. Sagt aber nichts darüber aus, ob die für die Zukunft des Unternehmens richtigen Entscheidungen getroffen wurden.

                [Unternehmerische Gegenfrage: … ]

                Manchmal gibt es das nicht, und sei es nur auf dem Zeitstrang.

                Manchmal gibt es das aber. Ist kein Argument für nichts, wenn Du nicht noch weitere Parameter postulierst.

                Er schickt mir aber vielleicht Abiturienten, wo ich auf das Zeugnisurteil vertraue. Er täuscht mich.

                Rofl… Wie soll er z.B. meine Fähigkeiten, im Gespräch mit dem Bewerber dessen Persönlichkeit auszuloten, täuschen können? Oder gar Deine?

                Warum diese Einschränkung?

                Weil ich die Einschränkungen sehe. Die eingeschlagene Richtung ist besser als die Ausführung.

                Nichts auf dieser Welt ist perfekt, nicht einmal meine Frau.

                Du auch nicht.

                Wir als Gesellschaft und als ausführendes Organ der Staat haben Ziele definiert. Dazu gehört, die Arbeitslosigkeit gering zu halten, erst Recht die Langzeitarbeitslosigkeit. Keines der 30 Jahre lang probierten 508 Instrumente hat dieses Ziel nur annähernd erreichen helfen. Hartz-IV hatte bezüglich der definierten Ziele durchschlagenden Erfolg.

                Keine Einwände, bin kein Hartz-IV-Gegner.

                Den Rest merkste sicherlich selbst …

                [Aber was dokumentiert das? Den Erfolg von Hartz IV? Den Misserfolg von Hartz IV? Ist ja wohl als Argument für beides zu gebrauchen.]

                Das hat damit nichts zu tun, …

                Weia …

                So flappsige, oberflächliche Antworten, wie Du sie hier gibst, akzeptierst Du bei anderen nicht.

                Ich qualifiziere Dich nicht ab, Du beschreibst Menschen, die keine Verantwortung tragen können.

                Ich beschreibe einen Teil von Realität, an der Standardmaßnahmen scheitern. Das war meine Aussage.

                Nur: Warum behandeln wir selbst in abstrakten Diskussionen diese Klientel als wären sie so überlegt wie der Homo Oeconomicus?

                Du bist von uns beiden der Fachmann fürs Verallgemeinern, und schätzt dieses Stilmittel sehr, wenn es Dir zupass kommt. Sag Du es mir.

                Jemand muss selbst erkennen, dass er ein Problem hat und Hilfe benötigt. Das völlige Freistellen von Strafe hilft in dem Erkenntnisprozess nicht. Woran soll eine Kleptomanin erkennen, dass sie ein Problem hat? Sag’s mir!

                Du wirst es ihr schon sagen …
                Und einmal mehr: das „völlige Freistellen von Strafen hat Sasse nicht gefordert.“ Mach es Dir nicht so gottverdammt einfach.

                Menschen sind nicht alle gleich, und sie sind schon zweimal nicht so, wie Du sie Dir denkst. Es gibt immer auch andere. Du denkst Dir Deine Weltsicht für Deine Wahrnehmung, andere halten es genauso. Du hast deswegen nicht automatisch Recht oder Unrecht; Du hast für Deinen Teil Recht, andere für ihren. Es gibt nicht nur eine richtige Sicht.

                Wir sollten hier aber langsam mal Schluss machen. Wenn wir hier wie ein altes Ehepaar streiten, müssen wir uns nachher noch heiraten.

                Viele Grüße
                E.G.

                • Stefan Pietsch 23. August 2022, 17:29

                  Meine Noten spiegelten halbwegs meine Leistungen in den abgefragten Fächern wieder, sagten aber bei weitem nichts über meine besonderen Fähigkeiten oder meine Leistungsfähigkeit aus.

                  Das ist so. Meine Zeugnisse sagten auch nichts über meine Fähigkeiten als Partner aus. Auch das Testat eines Jahresabschlusses gibt nur Zeugnis über bestimmte, pauschalierte Kriterien. Es sagt nichts darüber aus, ob das Unternehmen Opfer eines schweren Betrugs wird (oder ist) oder ob es durch einen Unglücksfall gefährdet werden kann. Es sagt nur, ob für solche Fälle Vorkehrungen getroffen wurden. Wo ist dabei das Problem, ich sehe es nicht. Soll ein Zeugnis Auskunft über die Personality eines Menschen geben? Wer hätte ein Recht dazu?

                  Ein Affe, ein Elefant und ein Krokodil kriegen die gleiche Aufgabe:

                  Nein bekommen sie nicht. Nur einer bekommt eine Aufgabe, die seiner Kernkompetenz entspricht, die anderen sind Fachfremde. Ich erwarte von einem Verkäufer auch nicht, dass er IFRS 15 richtig hinbekommt. Nur, CitizenK formuliert Basics. Dass es gut ist, wenn ein Arzt Empathie mitbringt, wäre nicht schlecht. Allerdings werde ich lieber von einem empathielosen Chirurgen am Herzen operiert als von einem emphatischen Tiefflieger im Medizinstudium. Ist meine Position. Ich erwarte von einem Buchhalter einen herausgehobenen Sinn für Ordnung. Noch mehr erwarte ich jedoch, dass er auch schwierige Geschäftsvorfälle in Buchungssätze kleiden kann und beim Wort „Wertberichtigung“ nicht aus der Kurve fliegt. Verstehst Du? Was CitizenK & Co. formulieren, sind Kriterien, ohne die man nicht antreten sollte. Sie sagen jedoch nichts über die Eignung einer Person für eine bestimmte, komplexe Aufgabe aus.

                  Rofl… Wie soll er z.B. meine Fähigkeiten, im Gespräch mit dem Bewerber dessen Persönlichkeit auszuloten, täuschen können? Oder gar Deine?

                  Rofl… In einem 1-2 stündigen Gespräch lassen sich Eignungen nur stichpunktmäßig überprüfen, wovon schon viel Zeit für Einstellungen und Motivationen sowie Sympathie draufgeht. Erst in der Probezeit lernt man den Kandidaten genauer kennen. Umso wichtiger ist eine Vorauswahl, die Zeugnisse ermöglichen. Stefan verweigert da eine seiner Kernaufgaben. Es gab Zeiten, da haben Unternehmen hunderte Bewerbungen für eine Position bekommen. Sollte man mit denen allen ein persönliches Gespräch führen? Herrgott Erwin, bist Du ins Lager der Idealisten gewechselt?!

                  [Nichts auf dieser Welt ist perfekt, nicht einmal meine Frau.]
                  Du auch nicht.

                  Stimmt, den hatte ich in der Aufzählung vergessen.

                  Ich beschreibe einen Teil von Realität, an der Standardmaßnahmen scheitern. Das war meine Aussage.

                  Ich bestreite nicht diese Realitäten. Dennoch müssen sich alle Seiten an den rechtlichen Grundlagen messen lassen. Wer sich nicht für geschäftsfähig hält, kann zum Amtsgericht gehen und für sich eine Amtspflegschaft beantragen. Solange er das nicht tut und nicht bekommt, gilt er als jemand, der seine Angelegenheiten regeln kann. Und dazu gehört, für die Pünktlichkeit der Mietzahlung zu sorgen. Tut er das nicht, folgen (wiederum rechtliche) Konsequenzen. Will das wirklich jemand anders?

                  [Nur: Warum behandeln wir selbst in abstrakten Diskussionen diese Klientel als wären sie so überlegt wie der Homo Oeconomicus?]
                  Du bist von uns beiden der Fachmann fürs Verallgemeinern, und schätzt dieses Stilmittel sehr, wenn es Dir zupass kommt. Sag Du es mir.

                  Die Antwort liest die im vorherigen Absatz.

                  [Woran soll eine Kleptomanin erkennen, dass sie ein Problem hat? Sag’s mir!]
                  Du wirst es ihr schon sagen …

                  Wenn die Kleptomanin vor Gericht geladen wird, werden es ihr Richter, Staatsanwalt und Verteidiger in deutschen Worten sagen. In der Familie kann sie sagen, sie sei ganz normal. Die Show muss irgendwann enden.

                  Wenn wir hier wie ein altes Ehepaar streiten, müssen wir uns nachher noch heiraten.

                  Ich bin nicht schwul! 😉

  • CitizenK 20. August 2022, 19:59

    Schulnoten sind eine grobe Orientierung – und wenn sie als solche gesehen werden (würden!) auch kein Problem. Ausbilder und Hochschulen sollten eigene Verfahren entwickeln, geeignete Bewerber herauszufinden.

    Bei einigen Hochschulen (Heidelberg als Beispiel) ist das bei den Medizinern zum Glück schon auf dem Weg. So werden Ausbildungen wie zum Rettungssanitäter berücksichtigt. Ein Einser-Abiturient wird nicht unbedingt ein guter Arzt.

    • Stefan Pietsch 20. August 2022, 20:39

      Solche Kommentierungen haben das Potential mich maximal wütend zu machen. Wenn ich meinem Vorstand 08/15-Analysen zum Geschäft geben würde, die schon vor 30 Jahren Gültigkeit besaßen, würden die mich fragen, ob ich sie veralbern wolle.

      Schon vor 40 (in Worten: Vierzig) Jahren war der NC nicht das einzige Kriterium für die Zulassung zum Medizinstudium. Und genauso gilt für solche Berufsexamina wie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nicht allein ein Hochschulstudium und ein entsprechender Notenschnitt als Eintrittskarte. Das alles gilt nicht nur in Heidelberg. Es macht mich baff-wütend, wenn mir „Experten“ (für die ich Lehrer halten muss) erzählen wollen, so etwas wäre furchtbar neu und innovativ.

      Wissen Sie, ich habe noch nie meine Leser so veralbert. Ich schreibe und gebe Informationen nach bestem Wissen und Gewissen. Wenn mir ein Lehrer erzählt, bisher sei der Notenschnitt das alleinige Kriterium zur Zulassung zu einem bestimmten, überlaufenen Studium, dann merke ich, dass ich nicht ernstgenommen werde.

      Ja, ein Einser-Abiturient wird nicht unbedingt ein guter Arzt. Kleiner Hinweis: Bevor er approbierter Arzt werden kann, stehen noch zahlreiche hohe Hürden dazwischen. Umgekehrt wüsste ich nicht, dass jemand, der das Abitur im dritten Anlauf geschafft und das Studium mit der schlechtest möglichen Note bestanden hat, am Ende ein guter Arzt wird. Oder was auch immer. Zu jeder höheren Aufgabe gehören Intelligenz, Bildung, Ehrgeiz, Disziplin und Organisation zwingend dazu. Der Verlauf einer Ausbildung geben auch darüber Aufschluss.

      • CitizenK 20. August 2022, 21:16

        Noch vor wenigen Jahren hat es für die Zulassung zum Medizinstudium absolut keine Rolle gespielt, ob jemand vorher als Rettungssanitäter oder Krankenschwester gearbeitet hat. Es war die Abiturnote. Allenfalls Wartesemester oder – für Gutbetuchte – eine Runde in Österreich oder Ungarn.

        Die nüchterne Beschreibung eines Sachverhaltes macht Sie „maximal wütend“? Keine gute Voraussetzung für eine sachliche Diskussion.

        • Stefan Pietsch 21. August 2022, 10:35

          Sie vermischen wiedermal alles und rühren es zu einem ungenießbaren (und kaum kommentierbaren) Cocktail. Zum einen geht es um den NC als Zulassungskriterium für einen bestimmten Studiengang. D.h., es gibt „geeignete“ und „ungeeignete“ Abiturienten. Die Note sortiert. Genau darüber sprechen wir seit Tagen.

          Dann geht es darum, dass auch Alternativausbildungen zu einer Hochschulzulassung berechtigen können. Das ist das, was sie so nonchalant gerade einbringen. Nur ist das keine Besonderheit des Medizinstudiums, worauf Sie jedoch abheben. Und ja, das ist relativ neu, gibt es so seit knapp 20 Jahren (nicht 40).

          In der Schule verlangt man von den Schülern als erstes, dass sie ihre Gedanken sortieren…

          • CitizenK 21. August 2022, 14:05

            Die Bundesverfassungsrichter sortieren offenbar so wie ich:

            „…und selbst die grundsätzlich immer wieder kritisierte Vergabe nach der sogenannten Abitur-Bestennote gehe nach den Artikeln des Grundgesetzes durchaus in Ordnung.
            „Dieses Verfahren ist sachgerecht, denn die Abiturnote belegt als Ergebnis einer mehrjährigen Bewertung durch mehrere Personen in der Schule die Qualifikation eines Bewerbers zum Studium.“
            Verstellter Blick auf andere Fähigkeiten
            Kritisch werde es allerdings, wenn nur noch Dezimalen hinter dem Komma einer Abiturnote über die Zuteilung eines Studienplatzes entscheiden, so Verfassungsrichter Michael Eichberger:
            „In einer solchen Situation lässt sich anhand der Abiturnote nicht mehr mit hinreichender Sicherheit die Eignung feststellen und lassen die minimalen Unterschiede nicht mehr zuverlässig genug auf Unterschiede der Eignung schließen. Die Berücksichtigung der Abiturbesten birgt das Risiko, einseitig kognitive intellektuelle Fähigkeiten zum Maßstab zu nehmen und andere gleichermaßen wichtige Fähigkeiten zu übergehen.“
            https://www.deutschlandfunk.de/numerus-clausus-urteil-beim-medizin-studium-kommt-es-nicht-100.html

            Von Hochschulabsolventen verlangt man als erstes, dass sie Argumente von persönlichen Abneigungen trennen…

        • Thorsten Haupts 21. August 2022, 15:22

          Es war die Abiturnote.

          Na ja. Sich auf einen seit 20 Jahren veralteten Sachverhalt beziehen, macht in einer aktuellen Diskussion zu einem aktuellen Thema nur Sinn, wenn das veraltete für die heutige Diskussion noch relevant ist. Das ist hier nicht der Fall.

          Gruss,
          Thorsten Haupts

  • CitizenK 21. August 2022, 21:00

    Na ja. Dieser Kommentar auf einen kritischen Artikel in der FAZ ist gerade mal 5 Jahre alt:
    Chirurg sagt:
    10. Januar 2017 um 20:57 Uhr
    Die Abiturnote sollte eins von mehreren Kriterien sein.
    Bin 2000 mit Baden-Württemberg-Abi von 2,1 über das Auswahlverfahren zugelassen worden. Dabei wurde mein Zivildienst im Rettungsdienst, die Wahl meiner naturwissenschaftlichen Keidtungskurse, mein ehrenamtliches Engagement und meine glaubhaft vermittelte Motivation berücksichtigt. Habe Studium, Promotion und Facharztprüfung problemlos absolviert ohne eine Prüfung zu wiederholen, Examensnote sehr gut. Heute bin ich auch nach 10 Jahren äußerst gerne Chirurg und Notarzt in der Provinz. Für diesen Berufsweg ist ein 1,0-Abi eher hinderlich. Denn Medizin findet am Wochenende und nachts statt und ist nicht immer wie in der Hochglanz-Arztserie. Und da sich immer weniger meiner Kollegen die Hände schmutzig machen möchten, habe ich immer mehr Kollegen aus dem Ausland. Die Abiturienten aber mit einem Schnitt von 2 werden nicht zugelassen. Verrückte Welt…

    • Thorsten Haupts 21. August 2022, 23:38

      Und bezog sich a) auf das jahr 2000 und b) gab das wider, was Stefan P. dargestellt hat – die Abiturnote ist seit langer Zeit NICHT die ausschlaggebende oder alleinige Zugangsvoraussetzung.

      Kommen Sie, es ist keine Schande, seine Fakten nicht immer akkurat zu haben :-).

      • CitizenK 22. August 2022, 07:40

        Genau das hab ich geschrieben. Es ging ja um SCHUL-Noten, und da sind wir noch nicht soweit. Ziffern-Noten sind eindimensional. Lehrer hier im Forum , die wissen, was sie aussagen und was nicht, kritisieren das. Und werden von Konservativen und Reaktionären 😉 dafür kritisiert. Verkehrte Welt.

        Auf Exkursionen und Klassenfahrten habe ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Schüler mit nicht so guten Noten bemerkenswerte andere Fähigkeiten haben wie Teamgeist, Improvisationstalent, Engagement, Hilfsbereitschaft. Nichts davon findet sich am Jahresende im Zeugnis. Mehr noch: Es darf dort gar nicht stehen, jedenfalls hier in BW.

        Bei der Einstellung von Lehrern zählt noch immer die Examensnote, bis aufs Zehntel. Andere Ausbildungen und Erfahrungen spielen keine Rolle. Dass Konservative diesen Formalismus gegen „Linke“ verteidigen, ist schon ein wenig verrückt.

        • Thorsten Haupts 22. August 2022, 11:32

          Ablenkungsmanöver. Es ging darum, ob Noten das alleinige Zulassungskriterium für das Medizinstudium sind – und da war Ihr Argument mehar als 20 Jahre veraltet.

        • Erwin Gabriel 22. August 2022, 11:38

          @ CitizenK 22. August 2022, 07:40

          Dass Konservative diesen Formalismus gegen „Linke“ verteidigen, ist schon ein wenig verrückt.

          Das tue ich doch gar nicht. Und wage es nicht, mich deshalb als Linken einzusortieren …

        • Stefan Pietsch 22. August 2022, 11:43

          Nebelkerzen ohne Ende. Oder einfach nicht sortiert?

          Menschen mit guten Noten haben also keinen Teamgeist und sind nicht hilfsbereit. Interessante Erkenntnis, die ich nicht teilen kann. Natürlich haben Menschen ungeachtet von Prüfungsergebnissen charakterliche Eigenschaften, positive wie negative! Was wollen Sie sagen?! Dass man mit Herzlichkeit eine schwere Herz-OP durchführen kann?

          Die Kopfnoten wurden ausschließlich auf Betreiben von linken Politikern abgeschafft. Aber wir sind schon dabei, völlig andere Kriterien bei der Zulassung zu Berufsexamina einzuführen: Diversity, geschlechtliche Benachteiligung, Rassismus etc.

          • Thorsten Haupts 22. August 2022, 12:44

            Beschreien Sie´s bitte nicht. Ist in den USA bereits real …

            • Stefan Pietsch 22. August 2022, 13:11

              Ich weiß. In der Logik müsste es CitizenK gefallen. Allerdings will ich ihm nicht unrecht tun: Ich weiß, dass er das nicht befürwortet. Nur verläuft er sich öfter in seinem Sozialdenken.

          • CitizenK 22. August 2022, 13:43

            „Menschen mit guten Noten haben also keinen Teamgeist und sind nicht hilfsbereit“

            Jetzt reicht’s aber.

            Ziffernnoten können einfach nicht alle Fähigkeiten abbilden, die sowohl als Rückmeldung für die Schüler als auch für „Abnehmer“ im Beschäftigungssystem wichtig sind. Stefan und ich sind für bessere, aussagefähigere Zeugnisse. Das kostet, aber das ist halt so, wenn man bessere Qualität will.

            • Thorsten Haupts 22. August 2022, 13:58

              Stefan und ich sind für bessere, aussagefähigere Zeugnisse.

              Ne, Sie und Stefan sind für subjektivere Zeugnissen. Noten sind über einen längeren Zeitraum halbwegs reproduzierbar, die Einschätzung von Teamgeist oder Initiative ist dagegen strikt und ausnahmslos subjektiv, mangels Messkriterien.

              • Stefan Sasse 22. August 2022, 14:46

                Noten sind reichtlich subjektiv.

                • Thorsten Haupts 22. August 2022, 15:40

                  Schon möglich. Aber weniger subjektiv, als die Einschätzung von „Teamgeist“. Und die seit Jahrzehnten (!) herumgereichten, immer gleichen, Anekdoten widerlegen das mitnichten.

                  • Erwin Gabriel 23. August 2022, 13:49

                    @ Thorsten Haupts 22. August 2022, 15:40

                    Aber weniger subjektiv, als die Einschätzung von „Teamgeist“.

                    Du warst doch Offizier. Was sagt denn Dein Abi-Zeugnis über Deine Führungsqualitäten?

                    • Stefan Pietsch 23. August 2022, 17:04

                      Weißt Du, wie man Offizier wird? Wenn man Abi hat. Der Status als Offizier sagt nur bedingt etwas über die Führungsqualitäten aus. Das ergibt sich aus der Gesamtbetrachtung der Ergebnisse.

                    • Thorsten Haupts 23. August 2022, 17:34

                      Wenig. Aber a) hätte ich ohne Abitur nicht Offizier werden können (war also eine notwendige Bedingung) und b) sind geborene Führer selten (< 5% der Bevölkerung). Und das Führungs-Handwerkszeug kann man lernen und ist damit jedenfalls mit 22 Jahren weiter, als 90% des Mittleren Managements mit 50 :-).

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Pietsch 23. August 2022, 17:46

                      Kein Widerspruch!

                  • Stefan Sasse 23. August 2022, 18:52

                    Das mit Sicherheit.

                • Stefan Pietsch 22. August 2022, 17:31

                  Nein. Wenn einer beurteilt, ist alles subjektiv. Aber ein Abiturzeugnis ist nicht subjektiv.

              • CitizenK 22. August 2022, 14:54

                Der Glaube an diese Scheinobjektivität ist offenbar stark. Legendär sind Bewertungen der gleichen Arbeit durch verschiedene Lehrer- von 1 bis 6.

                • Stefan Pietsch 22. August 2022, 17:40

                  Ja, Sie können das Gleiche auch noch zehnmal wiederholen.

                  Offensichtlich finden Sie Aufnahmetests an Unis und Assessmentcenter bei Bewerbungen sowie Empfehlungsschreiben besser. Auch eine Position.

                • Stefan Sasse 23. August 2022, 18:53

                  Wobei das zugegebenermaßen totale Extremfälle sind; in den meisten Fällen sind Lehrkräfte schon halbwegs vertretbar beieinander. 2 und 4 gibt es genug, aber 1 und 6?

                  • CitizenK 23. August 2022, 19:09

                    „Anekdotische Evidenz“ (die hier ja immer beliebter wird) aus dem engeren sozialen Umfeld:
                    Dozent A lehnt Hausarbeit als ungenügend ab. Dozent B bewertet mit 1,0. Es stellt sich heraus, dass Dozent A’s Dissertation vor Kurzem abgelehnt worden war. Einzelfall – ja, aber u. U. mit gravierenden Folgen.
                    Eigene Erfahrung bei Lehrer-bzw. Dozentenwechsel: Von 5 auf 2 (Mathe), Von 3 auf 1,5 (VWL, BWL).

                    • Stefan Pietsch 23. August 2022, 20:03

                      Das ist wohl das schlechteste Zeugnis, dass Sie Ihrer eigenen Zunft ausstellen können. Wofür zahlen die Bürger für eine so miese Qualität?

                    • Stefan Sasse 23. August 2022, 23:13

                      Weil das Lehren und Bewerten an den Unis für die Profs nur eine lästige, de facto nicht bezahlte und ihrer Karriere hinderliche Pflicht ist. Das ist ein systemisches Problem. So krasse Dinger gibt’s an den Schulen eigentlich nicht.

                    • Stefan Pietsch 23. August 2022, 23:56

                      Wir sind uns einig, dass bei solchen Ergebnissen das Problem nicht das Notensystem an sich ist, sondern unfähiges Lehrpersonal?

                    • Stefan Sasse 24. August 2022, 10:41

                      Wenn eine Lehrkraft 1 und eine 6 rauskriegt, dann ist was im Argen. Aber das passiert so gut wie nie. Die „normale“ Spanne ist eher das Problem, aber an Noten hängt ein Problemkomplex, der weit über „unterschiedliche Lehrkräfte benoten unterschiedlich“ hinausgeht. Das finde ich gar nicht schlimm.

                    • Stefan Sasse 23. August 2022, 23:12

                      Ja, an den Unis ist das noch einmal eine andere Geschichte.

              • CitizenK 23. August 2022, 16:21

                Warum werden dann Arbeitszeugnisse nicht einfach wie Schulzeugnisse mit Ziffern erstellt? Würde erheblichen Aufwand ersparen – und die unerfreuliche und Missverständnisses Vorschub leistende Codiererei.

            • Stefan Pietsch 22. August 2022, 17:37

              Schüler bekommen 13 Jahre Rückmeldungen. Ich bin voll bei Ihnen, wenn Sie meinen, das Zeugnis der 7. Klasse 1. Halbjahr sei uninteressant. Das sehe ich ganz genauso. So wie mich der Monatsabschluss des Juli 2022 nur peripher interessiert.

              Aber so, wie für mich der Jahresabschluss uneingeschränkt testiert werden muss, sagt ein Abschlusszeugnis sehr viel über den Schüler aus. Es ist ein in Zahlen gegossenes Urteil. Allerdings ist das wie das meiste im Leben nicht endgültig. Also worüber führen Sie eigentlich hier eine tagelange Debatte?

              Ansonsten fehlt von Ihrer Seite jeder Vorschlag zur besseren Objektivierbarkeit von Leistungen. Außer, dass Noten doof sind und eigentlich abgeschafft gehören.

  • Anderl 21. August 2022, 21:15

    Bezüglich Abiturinote und Medizinstudium.

    Ein damaliger Freund bekam dank eines hervorragend abgeschlossenen Medizinertests sofort einen Studienplatz, trotz eines 3,1er Abis. Das war 1991 – heute ist er Chefarzt. Der Ehrgeiz hatte ihn erst nach dem Abi gepackt.

    Zu den Zulassungsvoraussetzungen heute, oder vor 10-20 Jahren kann ich leider nichts beitragen. Und bei der Frage, ob jetzt der intellektuellere oder der angeblich empathischere/leidenschaftlichere (mMn die eigentliche Argumentation hinter dem Rettunssanitäter) der bessere Arzt sei, bin ich zwiegespalten. Trotzdem bevorzuge ich Wissen der Leidenschaft.

    • Stefan Sasse 22. August 2022, 10:35

      Als anekdotische Evidenz aus meiner eigenen Praxis: die Idee, dass Jugendliche und junge Erwachsene in dem Alter schon so weit wären, dass wir ihre späteren Berufschancen mit einer Nummer versehen können, ist albern. Ich spreche mit meinen 13ern immer über die Bedeutung des Abiturs und frage sie da, ob sie das Gefühl haben, dass die Noten ihrer Mittleren Reife (also Ende 10. Klasse) irgendetwas über sie heute aussagen. Sie lachen immer und sagen nein. Ich frage sie dann, warum das in drei Jahren anders sein sollte. Das gibt Perspektive.

      • Stefan Pietsch 22. August 2022, 11:27

        Frage: Warum soll man solche jungen, völlig unerfahrenen Menschen wählen lassen?

        • Stefan Sasse 22. August 2022, 14:40

          Gegenfrage: Warum sollte man alte, demente und verstockte Menschen wählen lassen?

          • Stefan Pietsch 22. August 2022, 17:33

            Weil sie voll geschäftsfähig sind. Ein 14jähriger, ein 16jähriger ist das nicht. Was ist alt? Aus Sicht Deiner Schüler bist Du alt. Und verstockt bist Du aus meiner Sicht. 🙂 Das sind absolut subjektive Werturteile, an denen eben nicht eine Rechtsfolge festgemacht werden kann. An der Geschäftsfähigkeit sehr wohl.

            • Erwin Gabriel 23. August 2022, 13:46

              @ Stefan Pietsch 22. August 2022, 17:33

              Weil sie voll geschäftsfähig sind.

              Sind Demenzkranke nicht.

              • Stefan Pietsch 23. August 2022, 17:02

                Nicht mehr Geschäftsfähige können auch nicht wählen. Stefan hatte allerdings sehr pauschaliert – reine Provokation. 🙂

            • Stefan Sasse 23. August 2022, 18:54

              Weil die ja nicht subjektiv ist! Du bist so ein Vogel manchmal.

  • Thorsten Haupts 21. August 2022, 21:33

    Eine andere Alternative wäre lebenslang wegsperren, was bei Menschen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anderen schaden, durchaus zu rechtfertigen wäre.

    No, Sir. Vor dem Nachweis einer konkreten Straftat ist das Wegsperren eines Menschen immer ein Verbrechen. Gegen „vorbeugende“ Gefängnisstrafen für bisherige Nicht-Straftäter wäre ich – solange dazu körperlich in der Lage – bereit und berechtigt, mit der Waffe vorzugehen.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Pietsch 22. August 2022, 11:47

      Meine feine Humornoten nehmen Sie auch nicht wahr. Wer das Argument benutzt, Strafen würden bei Kinderschändern nichts bringen, weil Therapie ja viel sinnvoller sei (kein Widerspruch), der muss sich die andere Seite vorhalten lassen: ohne Therapie keine Entlassung. Die Logik ist die Gleiche.

      • Thorsten Haupts 22. August 2022, 12:43

        Ah, das war feiner Humor. Gut zu wissen.

        • Stefan Pietsch 22. August 2022, 13:10

          Ja. Ich bin nur bierernst, wenn es nötig ist. Und bevor ich fordere, jemanden ohne Gerichtsurteil dauerhaft wegzusperren, muss die Welt noch dreimal umkippen.

    • cimourdain 23. August 2022, 13:44

      “ Gegen „vorbeugende“ Gefängnisstrafen für bisherige Nicht-Straftäter wäre ich – solange dazu körperlich in der Lage – bereit und berechtigt, mit der Waffe vorzugehen.“ Muss sich die bayerische Polizei jetzt Sorgen wegen Ihnen machen?
      https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayPAG-17

  • cimourdain 23. August 2022, 10:34

    Danke für Ihre Gegenposition. Wenn man über Ihre ‚Lust an Seitenhieben‘ hinwegsieht, ist eine Menge Richtiges dabei. [btw: Was haben Sie eigentlich gegen Astrid Lindgren? Neben Bullerbü liegt Lönneberga und dort sind selbst Haftstrafen ein häufig angewandtes wenn auch erfolgloses Erziehungsmittel.]

    Good Stuff ist auf jeden Fall:

    – „Wer straft, muss denjenigen kennen und bewerten können, den er bestraft.“

    – „Eltern haben einen durch Traditionen wie Gesetze überlieferten Auftrag: ihre Kinder zu erziehen, Werte zu vermitteln, Begleiter auf Zeit zu sein.“ und die Betonung, wie verheerend Lieblosigkeit in der Erziehung ist.

    – Die Auslassung des Abschreckungsarguments. „Strafe Einen, erziehe hundert.“ (Mao) ist eines Rechtsstaats unwürdig.

    Gestört hat mich aber, dass Sie gar nicht auf Stefan Sasses ersten Punkt „Politik und Meinung“ eingegangen sind.

    Und ‚Meinung‘ ist auch generell ein Stichwort für etwas, das Sie nicht berücksichtigen. Der von Stefan Sasse diagnostizierte Bestrafungswunsch findet sich am deutlichsten im Bereich der öffentlichen Meinung (Lesen Sie nur mal die Kommentarspalten nach Berichten zu Kriminaldelikten).

    Aber genau diese öffentliche Meinung ist weder qualifiziert (im Sinne von Kenntnissen von Umständen, Rechtslage, etc..) noch befugt, Personen zu disziplinieren. Das ist Aufgabe öffentlicher Institutionen und das nur im Rahmen eines allgemeingültigen Regelwerks, das die Emotion – positiv wie negativ – herausnimmt.

    Und das ist vielleicht ein unauflösbarer Widerspruch : Um fair und berechtigt zu sein, sollen Strafen so abstrakt-bürokratisch wie möglich gehandhabt werden. Um effizient zu sein, sollen sie so passgenau wie möglich auf den Betreffenden zugeschnitten werden.

    • Stefan Pietsch 23. August 2022, 11:17

      Ich mag Ihre Statements und Repliken. Ein ausdrückliches Danke dafür!

      Ich habe nichts gegen Astrid Lindgren, obwohl ich sie als Kind wenig gelesen habe. Das Skandinavische lag mir damals schon nicht so. 😉 Persönlich mag ich übrigens sehr Langsamkeit und Idyll. Nur darf man das nicht mit der Realität in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft verwechseln.

      Ja, die Menschen im Allgemeinen haben, wenn man sie unkontrolliert lässt, ein Faible, sich durch Strafen oder Forderungen danach auszutoben. Ich teile dies weder noch rechtfertige ich es. Nur sind das selten die Personen, die zum Strafen legitimiert und berechtigt sind. Führungskräfte durchlaufen heute meist einen umfangreichen Auswahlprozess, bevor sie disziplinarische Verantwortung über andere Menschen erhalten. Richter unterliegen sehr strengen Anforderungen, Eltern sind durch Gesetze, aber vor allem der Liebe zu ihren Kindern gebunden. Wenn ich sage, „hau‘ dem Schreihals einfach mal eine runter“, ist das von weit geringerer Bedeutung als wenn ein Vater der Aufforderung tatsächlich nachkommt.

      Von daher haben wir auch in diesem Punkt keinen echten Dissens.

    • CitizenK 23. August 2022, 12:32

      Bei „Abschreckung“ denke ich nicht gleich an Mao. Ist „Prävention“ (ob General- oder Spezial-) nicht auch Abschreckung? Kritisiert wird, dass sie oft nicht wirkt, was ja stimmt. Allerdings wissen wir nicht, wie viele Straftaten dann doch verhindert werden durch eine Strafandrohung.

      Dostojewskis „Schuld und Sühne“ heißt ja jetzt „Verbrechen und Strafe“. Ist das nur eine Frage der Übersetzung oder ist Sühne im modernen Rechtsstaat nicht mehr angemessen?

      • Thorsten Haupts 23. August 2022, 16:56

        Kritisiert wird, dass sie oft nicht wirkt, was ja stimmt.

        Nee, das ist mir auch selbst erst spät aufgefallen. Sie wirkt möglicherweise nicht bei Berufsverbrechern, aber die Theorie der Nichtwirkung steht auf dem fragwürdigen Fundament der Annahme, alle Nicht-Berufsverbrecher würden sich bei Straflosigkeit genauso verhalten, wie sie es heute tun. Und das ist ein fundamentaler Fehler, zurückzuführen auf das rosige linke Menschenbild (alle Menschen sind von Natur aus gut). Für das es übrigens genau überhaupt keinen empirischen Beleg gibt. Nur jede Menge historische Gegenevidenz.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • CitizenK 23. August 2022, 18:41

          Einen Zusammenhang mit dem Menschenbild, ob rosig oder nicht, sehe ich nicht.

          Ich wundere mich immer wieder, wie viele Menschen Straftaten begehen, obwohl sie um die Folgen wissen. Die meisten davon nicht im Affekt. Allein die Wohnungseinbrüche und Diebstähle von Maschinen und Buntmetallen von Baustellen, die täglich in der Zeitung stehen.

          Denken die nicht an die Folgen? Oder sind sicher, nicht erwischt zu werden? Ich kann es nicht verstehen. Helfen würde eine wesentlich höhere Aufklärungsquote. Dazu gehören Befugnisse für die Behörden, die links/liberal noch nicht akzeptiert werden. Video-Überwachung und Anpassungen beim Datenschutz zum Beispiel.

      • cimourdain 24. August 2022, 08:41

        a) Prävention ist ein sehr genereller Begriff (alles was Delikte verhindert). Natürlich ist gelungene Abschreckung auch in diese Kategorie.
        b) Unterscheide zwischen Strafe und Strafandrohung. Die Strafandrohung ist typischerweise Teil einer Strafgesetznorm: „Wer [schlimme Dinge] tut, wird mit [Strafmaß] bestraft.“ Was ethisch nicht vertretbar ist, ist Person A zu bestrafen, damit Person B nicht so handelt.
        c) Ich kenne den Originaltitel nicht, aber in anderen Sprachen ist er in der Richtung ‚Verbrechen und Strafe‘ übersetzt ‚crime and punishment‘, ‚delitto e castigo‘ etc. Wahrscheinlich war Schuld und Sühne eine willkürlich moralisch aufgeladene Übersetzung.

        • Thorsten Haupts 24. August 2022, 10:45

          Wahrscheinlich war Schuld und Sühne eine willkürlich moralisch aufgeladene Übersetzung …

          Oder Clickbait, 19. Jahrhundert-Style. „Schuld und Sühne“ klingt gerade im deutschen viel mystischer, raunender, tiefgründiger als das nüchterne „Verbrechen und Strafe“ :-).

          • cimourdain 24. August 2022, 12:56

            Touche, sehr zutreffend.

  • CitizenK 24. August 2022, 07:25

    „…unfähiges Lehrpersonal“.

    Ja, in diesem Punkt völlig einig. Aber man sieht es den Noten halt nicht an, und das war doch der Punkt.

    Auch bei fähigen Lehrpersonen spiegeln die Noten die didaktischen Fähigkeiten, den Stil und die Einstellungen/Vorlieben der Prüfenden.

  • CitizenK 24. August 2022, 09:25

    „das schlechteste Zeugnis, das(s) Sie Ihrer eigenen Zunft ausstellen können“

    Zum Glück nur eine kleine Minderheit, aber die richtet beträchtlichen Schaden an, nicht zuletzt auch für das Ansehen der „Zunft“, ja. Zur Zunft gehören allerdings auch die Lehrenden an Hochschulen.

    Der erste Schritt zur Beseitigung eines Übels ist, es zu benennen. Ein Grund ist die „Freiheit der Lehre“, die Missbrauch möglich macht. Extremer (Einzel-Fall aus einer Päd. (!) Hochschule im 2. Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts: Der Dozent kommt rein, liest die vorgesehene Zeit aus einem (seinem!) Buch vor, und geht dann wieder. Verstörend: Die Studenten nehmen das hin. Bologna-Effekt?

    Da wünscht man sich angelsächsische Verhältnisse, trotz der damit verbundenen Nachteile.

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