Mai Thi Nguyen-Kim – Die kleinste gemeinsame Wirklichkeit (Hörbuch)
Die Corona-Pandemie hat Streits über Wissenschaft, Standards, Studien und Statistiken auf eine Art in die Schlagzeilen gebracht, die sich viele Befürworter*innen von MINT-Fächern sicher schon eine Weile gewünscht haben, aber wie immer muss man vorsichtig sein, was man sich wünscht. Zwar wurde viel über Wissenschaft diskutiert, aber die Sachkenntnis der resultierenden Debatte ließ dann doch zu wünschen übrig. Mai Thi Nguyen-Kim hat ihr Buch zwar bereits vor der Pandemie zu schreiben begonnen, aber viel aktueller und passender kann es kaum sein (abgesehen vielleicht von einer Aktualisierung; es ist auf dem Stand des Frühjahrs 2021). Nguyen-Kim weiß sicherlich ein Liedchen davon zu singen: als eine von Deutschlands hervorgehobensten Wissenschafts-Erklärbären setzt sie sich bereits seit Langem für bessere Kenntnisse auf diesem Gebiet ein. Ihr Ziel: das Schaffen einer „kleinsten gemeinsamen Wirklichkeit“, ein Streit um die Dinge, um die sich tatsächlich gestritten werden kann. Etwas Objektivität in die Debatte, quasi. She’s got her work carved out for her.
Nguyen-Kim unternimmt es dabei, verschiedene Probleme wissenschaftsbasierter Diskurse anhand populärer Beispiele aufzuarbeiten und so den Blick auf die Fallstricke (scheinbar) wissenschaftlicher Argumente zu schärfen.So befasst sie sich in Kapitel 1 mit der Legalisierung von Drogen. Unter dem Schlagwort „Keine Macht den Pauschalisierungen“ erläutert sie die Fallstricke der entsprechenden Forschung. So wurde etwa Brokkoli in allen möglichen Studien schon alle möglichen Wirkungen unterstellt, doch wenn man genau hinsieht zeigt sich, wie schwer es ist, bestimmte Effekte auf ein Lebensmittel zurückzuführen. Ähnlich ist das bei den Studien zu Drogen, die zudem von zahlreichen Detailproblemen und methodischen Verwicklungen gezeichnet sind. Die Frage, welche Droge denn nun schädlicher sei als eine andere, ist also gar nicht so leicht zu beantworten. Nguyen-Kim weist vor allem darauf hin, dass „alle Drogen schon da sind“ und daher immer in einem bestehenden Kontext untersucht werden. Ecstasy mag weniger Schäden hervorrufen als Alkohol, aber Alkohol wird von wesentlich breiteren Schichten in wesentlich größeren Quantitäten konsumiert. Es würden also oft Äpfel mit Birnen verglichen. Trotzdem erklärt Nguyen-Kim klar: „Fehlerhafte Wissenschaft ist besser als gar keine Wissenschaft.“ Auch unzureichende Studien geben mehr Informationen als keine Studien, man muss allerdings in der Lage sein, sie genau zu untersuchen.
Ein nicht minder umstrittenes Thema wird in Kapitel 2 untersucht: Videospiele und Gewalt. Die Hochzeit dieser Debatte ist zwar dankenswerterweise vorbei (ich erinnere mich noch sehr gut an den FAZ-Artikel, laut dem man in Counterstrike Bonuspunkte für das Schießen auf Kinderwägen bekommt). Aber noch immer gibt es „Viel „Noiseblast“ um Nichts“, womit Nguyen-Kim auf eine berühmte Studie anspielt, mit der das Aggressionspotenzial von Videospielen untersucht wurde: Versuchspersonen wurde ein schmerzhafter „Noiseblast“ gegeben, der sie dann aggressiver machte. Allein, die Aggressionsforschung steht vor ernsthaften Problemen. An ihrem Beispiel thematisiert Nguyen-Kim das generelle Reproduktionsproblem der Psychologie, die ihre Studienergebnisse oftmals nicht reproduzieren kann. Ethische Probleme machen es zudem kaum möglich, Studien aufzustellen, die unter „echten „Bedingungen Aggressionsforschung ermöglichten. Doch relevanter scheint Nguyen-Kim das Thema des „p-Hacking“, dem „Meta-Krieg um einen Hauch von Nichts“. Denn die meisten Studien ergeben, unabhängig von methodischen Problemen, ohnehin nur sehr kleine Variationen. Die Wissenschaft streitet um winzige Abweichungen, die in den Medien gerne als riesige Auswirkungen dargestellt werden. Das ist ein Schicksal, das auch der Brokkoli aus Kapitel 1 gut kennt, und ließe sich auf die „verlockende Suche nach leichten Antworten“ zurückführen.
Ein wohl noch umstritteneres Thema bildet den Rahmen für Kapitel 3: der Gender-Pay-Gap. Nguyen-Kim nähert sich den „unerklärlichen Unterschieden zwischen Männern und Frauen“ und erklärt zuerst, warum es verschiedene Zahlen gibt (den Lesenden dieses Blogs sicher hinreichend bekannt). Sie erklärt, warum der Pay-Gap nicht zwingend eine Diskriminierungslücke darstellen muss und dass es einen unerklärten Rest von rund 4% gibt, der sich nicht auf unterschiedliche Präferenzen von Männern und Frauen bei der Berufswahl etc. zurückführen lässt und daher reale Diskriminierung darstellen muss. Soweit kennt man die Argumentation von Gegner*innen der Frauenförderungspolitik: unterschiedliche Präferenzen, etc. Nguyen-Kim geht dann aber auf die Bloglesenden ebenfalls sattsam bekannte Thematik ein, dass diese Unterschiede etwa bei der Teilzeit zwar den Pay-Gap erklären, aber ihrerseits bei weitem nicht so freiwillig sind, wie das auf den ersten Blick den Anschein hat.
Etwas überraschende Pfade beschreitet Nguyen-Kim in Kapitel 4, „Big Pharma vs. Alternative Medizin: Ein ungesunder Doppelstandard“. Wenig überraschend ist sie kein besonderer Freund der „alternativen Medizin“, die einfach nur unwissenschaftlicher Quatsch ist, aber sie nutzt die Debatte um Homöopathie, um einige grundsätzliche Konzepte wie den Placebo- und Nocebo-Effekt zu erklären und Wirksamkeitsmechanismen herauszuarbeiten. Zudem zerstört sie diverse Mythen, etwa die Unterdrückung funktionierender Heilmittel durch Big Pharma. Aber der überraschendere Teil ist ihre klare Parteinahme für die Pharmaindustrie, trotz aller berechtigten Kritik. Umgekehrt erklärt sie auch den schon öfter thematisierten Effekt, dass Homöopathie vor allem deswegen funktioniert, wie die Heilpraktiker*innen sich die Zeit nehmen, mit ihren Patient*innen zu reden.
Das Loblied auf die Pharma-Industrie ist auch ein Roter Faden in Kapitel 5, das sich – sehr aktuell – mit der Frage „Wie sicher sind Impfungen?“ beschäftigt. Lesenden dieses Blogs ist der Leitspruch „There’s no glory in prevention“ sicherlich ein Begriff; etwas überraschender dürfte da die klare Forderung Nguyen-Kims „Lasst die Impfgegner in Ruhe!“ anmuten. Sie fordert dies nicht, weil diese Recht hätten, sondern weil sie eine winzige Minderheit sei, die am besten ignoriert würde. Stattdessen solle man sich auf diejenigen konzentrieren, die einfach nur verunsichert sind. An diese Aufgabe macht sie sich denn auch, indem sie die Mechanismen der Medikamentzulassung erläutert und vor allem aufzeigt, warum seltene Nebenwirkungen hier oft nicht erkannt werden. Es ist eigentlich völlig logisch, aber manchmal muss man sich solche Sachverhalte ausbuchstabieren lassen: Nebenwirkungen, die selten sind, könnten nur in Tests gefunden werden, die hunderttausende von Nutzer*innen beinhalten – und die ließen sich von einer Freigabe ohnehin nicht mehr unterscheiden.
Ein ganz heißes Eisen fasst Ngyuen-Kim in Kapitel 6 an: „Die Erblichkeit von Intelligenz“. Mit dem Schlagwort „Warum die Anzahl unserer Finger erblicher ist als unser IQ“ klärt sie das „doppelte Missverständnis“ auf, das mit dieser Frage einhergeht. Es ist das komplizierteste Kapitel, zumindest für mich, weil hier etwa „Drei Gesetze für die Genetik komplexer Persönlichkeitseigenschaften“ erklärt werden und das Konzept der Erblichkeit deutlich wird, das bei weitem nicht so eingängig ist wie man das aus populären Debatten kennt. Die „Nature or Nurture“-Debatte führt daher bei ihr auch zu keinem klaren Ergebnis; sie fasst das in charakteristischer Schnoddrikgeit als „Die große Matschepampe aus Genen und Umwelt“ zusammen. Auch die Frage, ob IQ-Tests sinnvoll sind oder nicht (eigentlich nur wenn man sich mit sich selbst vergleiche), wird von ihr in diesem Zusammenhang diskutiert.
Ein ähnliches Thema bespricht Nguyen-Kim in Kapitel 7: „Warum denken Frauen und Männer unterschiedlich?“ Die Überschrift „Achtung, dieses Kapitel verändert dein Gehirn!“ deutet bereits darauf hin, dass wir hier keine Neuauflage des Bullshits von Allan und Barbara Pease bekommen werden, sondern eine wesentlich belastbarere Grundlage. Wie bereits in mehreren vorangegangenen Kapiteln zeigt Nguyen-Kim, dass die Frage der Ähnlichkeit männlicher und weiblicher Hirne letztlich in die Irre führt, weil das Gehirn sich permanent verändert; die Unterschiede meines eigenen Hirns im Verlauf meines erwachsenen Lebens sind wesentlich signifikanter als die zwischen generisch männlichen und weiblichen Hirnen.
Dass Nguyen-Kim keine Angst vor kontroversen Themen hat, zeigt sie denn auch in Kapitel 8: „Sind Tierversuche ethisch vertretbar?“ Natürlich ist Ethik per se nichts, was ihren Anforderungen an Wissenschaft genügen könnte, weswegen sie sich damit auch gar nicht großartig aufhält; sie will vielmehr aufzeigen, warum Tierversuche überhaupt durchgeführt werden, wie das geschieht und welche Alternativen bestehen. Ihre These: „Der Zug bleibt nicht stehen“; die Fragestellungen, die durch Tierversuche beantwortet werden sollen, bleiben uns so oder so erhalten und verlangen eine Antwort. Und diese lässt sich oftmals nur durch die entsprechenden Versuche erlangen. Nguyen-Kim zeigt, dass die Zahl der Tierversuche bereits drastisch abgenommen hat, aber dass für manche Forschungsfelder keine andere Möglichkeit besteht – auch nicht die, die von radikalen Tierschützer*innen oft gefordert wird, Menschen zu nutzen – schlicht, weil es nicht genug Menschen gibt. Nguyen-Kim erklärt auch, dass die Studien oftmals missverstanden werden, weil Ergebnisse zwar in Mäusen auftreten, aber das nicht zwingend heißt, dass sie sich in Menschen reproduzieren lassen.
In Kapitel 9 unternimmt sie dann den Versuch eines Fazits, der titelgebenden „kleinsten gemeinsamen Wirklichkeit“. Nguyen-Kims Forderung ist nicht, weniger zu streiten, sondern dies besser zu tun. Sie wendet sich klar gegen den oft vorgebrachten Vorwurf der „Wissenschaftsreligion“ (wie er besonders unter Klimakrisen- und Covid-Leugner*innen zu finden ist) und singt ein Loblied auf die „Kunst des wissenschaftlichen Konsens“. Statt einer Religion feiert sie den „wissenschaftlichen Spirit“.
Generell fällt auf, mit welchem didaktischen Anspruch das Buch geschrieben ist. Jedes Kapitel beginnt mit einer Fangfrage, die Lesenden werden geradezu sokratisch durch den Text geleitet und zur eigenen Erkenntnis gebracht. Nguyen-Kim erfüllt ihre eigenen Ansprüche und erklärt die Wissenschaft. Wertungen bringt sie nur dort vor, wo diese sich klar aus der Wissenschaft ableiten (etwa bei der Wirksamkeit von Homöopathie), während bei anderen üblicherweise beide Seiten ihre Existenzberechtigung bekommen (sie kann etwa mit Videospielen nichts anfangen). Ihr großartiger Stil und überragende Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte leicht verständlich zu erklären, sind da quasi die Kirsche auf dem Kuchen.
Ein letztes Wort zu ihren Videos: ich kenne diese nicht, weiß aber aus anderen Rezensionen, dass für regelmäßige Zuschauer*innen vermutlich wenig Neues in dem Buch ist, weil Nguyen-Kim die Themen alle schon auf die eine oder andere Art in ihren Videos angesprochen hat.
Nguyen-Kim erfüllt ihre eigenen Ansprüche und erklärt die Wissenschaft. Wertungen bringt sie nur dort vor, wo diese sich klar aus der Wissenschaft ableiten
Sollte das auch nur ansatzweise wahr sein, wäre das aus meiner Sicht das grösste denkbare Lob für die intellektuelle Integrität einer Wissenschaftlerin. Erfüllen nur sehr, sehr wenige (zum Vergleich: „Wie Wissenschaft Krisen schafft: Epidemiologie im Praxistest: Feinstaub, Stickoxide, Corona & Co“ von Dieter Köhler und Lübberding Frank mit haarsträubenden Gegenbeispielen).
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich kenne ihren Videokanal MaiLab und bin immer wieder begeistert. der Kanal ist extrem empfehlenswert; humorvoll, sachlich, leicht verständlich, und immer wieder für eine Überraschung gut.
Dann wird dir das Buch sicher auch gefallen. Ich hab das Hörbuch gehört, das sie selbst liest.
Das Wichtigste gleich zu Beginn: Nguyen-Kim ist strikte Anhängerin der No-Covid-Strategie, von der sie sich nie distanziert hat. No-Covid ist ein fundamentalistischer, diktatorischer Ansatz, in dem Menschen ohne jede Freiwilligkeit zu Versuchskaninchen herabgewürdigt werden. Nguyen-Kim lässt sich nur als wissenschaftlich bezeichnen, wenn man grundsätzlich Wissenschaft als fundamentalistisch begreift. Das ist Wissenschaft jedoch nicht.
Sie erklärt, warum der Pay-Gap nicht zwingend eine Diskriminierungslücke darstellen muss und dass es einen unerklärten Rest von rund 4% gibt, der sich nicht auf unterschiedliche Präferenzen von Männern und Frauen bei der Berufswahl etc. zurückführen lässt und daher reale Diskriminierung darstellen muss.
Wo ist da die Logik? Wenn ich als Mann zu meinem Chef gehe und drohe, ohne eine Gehaltserhöhung von X würde ich das Revier wechseln, gibt es für ihn zwei Alternativen: Angelehnt an einen alten Howard-Carpendale-Song zu sagen, „dann geh‘ doch“ (was in diesen Zeiten ein fragwürdiger Vorschlag wäre) oder danach sämtlichen Mitarbeitern auf der Stufe die gleiche Erhöhung einräumen. Das wäre vergleichbar mit der Forderung an den Händler, der aufgrund der besonderen Beziehungen, der Bereitschaft bar zu bezahlen oder einfach dem hübschen Aussehen den gewährten Rabatt ungefragt auf alle Kunden ausdehnt. Ansonsten würde er jene diskriminieren, die nicht fragen.
Wir wissen aus der Forschung (hallo, Frau Nguyen-Kim) dass Männer aggressiver und mit größeren Rabatt-Erfolgen verhandeln. Das Ausnutzen dieser Eigenschaft ist – und das dann geschlechtsunabhängig – Diskriminierung und nicht Ergebnis normalen menschlichen Verhaltens.
Bleibt die Frage: Warum fehlt dann ein Kapitel zu den schlechteren Bildungsabschlüssen von Jungen, wobei es sich ja schließlich nur um Diskriminierung handeln kann?
Ein ähnliches Thema bespricht Nguyen-Kim in Kapitel 7: „Warum denken Frauen und Männer unterschiedlich?“
Was mit Wissenschaftlichkeit dann wenig zu tun hat, wenn es letztendlich immer auf Diskriminierungsantworten hinausläuft.
@ Stefan Pietsch 28. Juni 2022, 12:33
[Sie erklärt, warum der Pay-Gap nicht zwingend eine Diskriminierungslücke darstellen muss und dass es einen unerklärten Rest von rund 4% gibt, der sich nicht auf unterschiedliche Präferenzen von Männern und Frauen bei der Berufswahl etc. zurückführen lässt und daher reale Diskriminierung darstellen muss.]
Wir wissen aus der Forschung (hallo, Frau Nguyen-Kim) dass Männer aggressiver und mit größeren Rabatt-Erfolgen verhandeln. Das Ausnutzen dieser Eigenschaft ist – und das dann geschlechtsunabhängig – Diskriminierung und nicht Ergebnis normalen menschlichen Verhaltens.
Lesen hilft. Gender Pay Gap hat über ein Dutzend verschiedene Ursachen; weißt Du selbst. EINE davon ist das im Durchschnitt aggressivere Verhandeln bei Männern. EINE davon ist die im Schnitt unterschiedliche Berufswahl. Eine davon ist die im Durchschnitt stärkere Unterordnung des Privatlebens unter den Beruf. EINE davon ist das Thema Kinder und Familie. EINE davon ist Diskriminierung.
Das alles auf Diskriminierung beruht, schreibt sie auch nicht. Also kein Grund, so heftig zu widersprechen.
Ja, aber den Ratschlag solltest Du doch erstmal selbst beherzigen.
Die Kampfzahl des Gender-Pay-Gap von 22% kommt durch die einfache Zusammenzählung aller Löhne und Gehälter nach Geschlecht, dividiert durch die Zahl der weiblichen und männlichen Erwerbstätigen zusammen. Also, der Manager in einer extrem hoch bezahlenden Branche bekommt für seine Arbeitsleistung samt Überstunden sagen wir 200.000 Euro, während seine Frau in einem Pflegeberuf 40.000 Euro nach Hause bringt. Der Gender-Pay-Gap beträgt hier also 160.000 Euro. Wahnsinnig ungerecht! Das ist kein Witz, so wurde und wird seit vielen Jahren mit der Zahl Politik gemacht.
Seriöse Leute wussten schon immer, dass das Stuss ist, dazu braucht es nun wahrlich keine Mai Thi Nguyen-Kim. Aber Linke und Feministinnen (also diejenigen, die damit Politik machen) sind nicht seriös.
Da das Stuss ist, haben sich seriöse Leute (also keine Linken und keine Feministinnen) hingesetzt und angesichts der politischen Brisanz einer einfachen statistischen Zahl genau gerechnet. Sie haben die Gehälter branchenbezogen betrachtet, sie haben Stundenlöhne statt Monatsgehälter genommen usw. Am Ende steht die Zahl 4%. Zum Vergleich: bei einem Bruttoverdienst von 4.000 Euro sind das 160 Euro, in der Auszahlung irgendwas zwischen 67 und 85 Euro. Das spürt man kaum. Das ist der gesellschaftliche Skandal.
Was die Statistiker nicht herausrechnen können, sind die qualitativen Einflüsse. Das ist z.B., dass es für Unternehmen Sinn ergibt, Vollzeitbeschäftigten einen höheren Stundensatz anzubieten als Teilzeitbeschäftigten. Das ergibt natürlich einen Unterschied, der in den oben genannten 4% enthalten sind. Den erklärt Frau Nguyen-Kim zur diskriminierenden Restante. Und genauso verhält es sich mit dem Aspekt Verhandlungsgeschick. Ich z.B. verhandle grundsätzlich wesentlich aggressiver und fordernder als die weiblichen Mitglieder meiner Familie. Von meiner Frau habe ich oft gehört, „das ist doch gut, lass‘ es doch dabei, ich würde nicht mehr fordern“. Auch das führt für Frau Nguyen-Kim zu einem diskriminierenden Gehaltsunterschied.
Du musst schon wissen, wie die 22% Gender-Pay-Gap und die Restgröße von 4% jeweils berechnet sind, um die Wertung zu verstehen. Die Wahrheit ist: wir können die 4% nur konstatieren. Was wir nicht können, ist daraus auf geschlechtliche Diskriminierung bei Gehaltsverhandlungen schließen.
Wir hatten vor drei Jahren hier die Debatte, damals noch mit Ralf. Er war damals der Ansicht, der Arbeitgeber habe einen generellen Lohn festzulegen und wenn jemand mehr will, sorry, gibt’s nicht. Das wäre die völlige Gender-Gleichheit, das ist wahr.
Lohnunterschiede beruhen bei ähnlichen Qualifikationen (gleiche gibt es nie) zu einem wesentlichen Teil auf Verhandlungsgeschick. Und wie erklären sich die Anhänger der Diskriminierungsthese eigentlich, dass die weiblichen DAX-Vorstände 23% mehr als ihre männlichen Kollegen verdienen? Haben die noch nix davon gehört, dass in Deutschland Frauen bei Gehältern gefälligst hinter den Männern bleiben müssen?
@Stefan Pietsch
Kein Thema, dass an dieser Stelle vielStuß erzählt wird.
Was bleibt, ist, dass ein Teil (wie groß auch immer) des Gender Pay Gap durch Diskriminierung entsteht, und dass es nicht nur ein Beispiel dafür gibt, dass frauen und Männer bei gleier Arbeit nicht in jedem Fall gleich entlohnt werden.
Das ist nicht mehr als eine Theorie. Vor allem ist es statistisch und aus meiner 30jährigen Berufserfahrung höchstens ein minimalistisches Problem. Wissenschaftlich erwiesen ist ja, dass es überhaupt geschlechtliche Diskriminierung nur in diesen 4%-Gehaltsunterschied geben kann – und darin sind eben auch andere qualitative, aber nicht quantifizierbare Faktoren wie Verhandlungsgeschick enthalten.
Ich sehe und prüfe seit 1990 Löhne und Gehälter, erst als Prüfer in der WP-Branche, später als Controller und seit über 20 Jahren als Finanzchef. Ich habe viele Unternehmen aus einer Reihe von Branchen von innen gesehen. Mir ist kein einziger Fall untergekommen, wo Frauen ohne sachliche Gründe schlechter als Männer bezahlt wurden, schon gar nicht aus Prinzip. Das heißt nicht, dass es das nicht gibt. Es deutet nur an, dass das Problem relativ klein ist.
In den Nullerjahren hatte ich eine Studie des DIW gesehen. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass akademische Berufseinsteigerinnen ziemlich genau wie ihre männlichen Anfänger verdienten. Gehaltsunterschiede taten sich erst später auf. Das war vor 15 Jahren. Wenn es ein Problem gab, ist es mit Sicherheit noch viel kleiner geworden.
Wie bewertest Du die Entlohnung von DAX-Vorständinnen? Das ist doch klassische geschlechtliche Diskriminierung. Warum schreit da keiner? Männer werden systematisch bei gleicher Aufgabe schlechter bezahlt und das, wo die meisten DAX-Vorständinnen nicht einmal in den zentralen Bereichen Vertrieb, Produktion, Finanzen tätig sind. Wäre es umgekehrt, hätten wir längst eine Debatte.
Natürlich ist das alles Blödsinn. Es gibt marktwirtschaftliche Gründe (die von den Staaten geschaffen wurden), warum Frauen höhere Gehälter erzielen können. Aber ich kann das analytisch betrachten. Das geht den meisten ab.
@ Stefan Pietsch 29. Juni 2022, 23:20
Das ist nicht mehr als eine Theorie.
Vermutlich vergleichbar mit den angeblich bösen Folgen des Klimawandels?
Die Tatsache, dass man den genauen Anteil an Diskrminierung genauso wenig päzise bestimmen kann wie etwa die Auswirkungen des Klimawandels auf das Auftreten des Ahr-Hochwassers bedeutet nicht, dass es sie nicht gibt.
Erwin, was soll das?
Eine Theorie ist eine Theorie. Die Grundlage von Theorien sind Annahmen. Bei Theorien handelt es sich also zum ein Zwischenstadium. Sie können richtig oder falsch sein, aber dazu bedarf es wissenschaftlicher Überprüfung. Das Unangenehme bei Nguyen-Kim ist, dass sie wie jeder gute Populist Fakten und Theorien vermischt. Sie reden zu Beginn über die (oft unbestreitbaren) Fakten und setzen dann die Theorie drauf, die ihnen politisch wohlgefällig ist, ohne jedoch kenntlich zu machen, dass es sich eben nur um Annahmen handelt. Deswegen ist Nguyen-Kim eine begnadete Populistin, aber keine Wissenschaftlerin, was sich auf ebenso unangenehme Weise bereits während der Pandemie gezeigt hat.
Als wissenschaftlich belegt gilt, dass über 90% der klimatischen Veränderungen durch das industriell emittierte CO2 induziert ist. Das hat das Stadium der Theorie verlassen und ist (nahe) der gesicherten Fakten. Was wir hier haben: der Einfluss ist quantifizierbar.
Daran mangelt es bei der Frage, ob Frauen bei den Gehältern wegen ihres Geschlechts diskriminiert werden. Macht für Frau Nguyen-Kim nichts. Sie nimmt die gesicherten Fakten (siehe oben), dass es zwischen Männern und Frauen nur einen echten Gehaltsunterschied von 4% gibt, und sattelt dann ihre Theorie (die 4% sind eine genderspezifische Diskriminierung) obendrauf. Wie bei jedem guten Populisten merkt das Publikum aus Laien den Unterschied nicht.
In der Debatte vor drei Jahren haben die Faktenverdreher es sich daher ganz einfach gemacht: alles, was sich nicht durch Ausbildung, quantifizierbare Erfolge und Berufserfahrung quantifizieren lässt, ist geschlechtliche Diskriminierung und daher verboten. Der Frage, wie dann mit Preisdifferenzierungen im Einzelhandel umzugehen sei, weichen diese Faktenverdreher konsequent aus.
Wie gesagt, es gibt wohl nur wenige Praktiker in Deutschland, die es mit mir bei diesem Thema in Punkto Erfahrung aufnehmen können. Aber ich bin ja politisch vorbelastet und daher nicht glaubwürdig.
Die Seriosität und Reputation eines Menschen ist nicht etwas, womit man spielen sollte. Es sind die Fundamente meiner Arbeit. Ich kann es mir nicht erlauben, Theorien zu äußern, denn man erwartet von mir, dass ich sie belege. Und schon gar nicht darf ich Theorien als Fakten ausgeben. Du liest mich seit über einem Jahrzehnt, aber Dir ist nie aufgefallen, dass ich Theorien nicht äußere und schon gar nicht verkaufe ich sie für Fakten. Du liest von mir auch nicht „Ich nehme an“, das gibt es nicht. Reputation ist nicht etwas, was man an und ausknipsen kann. Und daher halte ich Frau Nguyen-Kim weder für lesenswert noch würdig, ihr eine Minute meiner kostbaren Zeit zu opfern.
@ Stefan Pietsch
In der Debatte vor drei Jahren haben die Faktenverdreher es sich daher ganz einfach gemacht: alles, was sich nicht durch Ausbildung, quantifizierbare Erfolge und Berufserfahrung quantifizieren lässt, ist geschlechtliche Diskriminierung und daher verboten.
Deine Argumentation ist genau umgekehrt: Es ist nicht zu 100 % erwiesen und quantifiziert, und daher nicht vorhanden.
Ich bin weißgott nicht derjenige, der jede linke populistische These nachplappert, und habe mich hier schon oft genug gegen die pauschale Diskriminierung von Männern gewehrt. Ich habe hier auch schon dagegen anargumentiert, ALLE Gehaltsunterschiede auf Diskriminierung zurückzuführen.
Aber ich habe in meinem Leben genug Ungleichbehandlung im Job zwischen Mann und Frau erlebt, um zu wissen, dass es so etwas auch gibt.
Ich sage nicht, dass es immer und überall auftritt, ich sage nicht, dass es in jedem einzelnen Fall von großer Relevanz ist oder bewusst durchgeführt wird, ich weiß auch, dass sich (wenn auch deutlich seltener) die gleiche Art von Ungleichbehandlung sich gegen Männer richten kann.
Aber mit Verlaub: das ganze Thema als „reine Theorie“ abzutun, überzeugt mich überhaupt nicht.
Was bleibt, ist, dass ein Teil (wie groß auch immer) des Gender Pay Gap durch Diskriminierung entsteht,…
Und genau das wäre zu beweisen. Für mich verrennen Sie sich beide in der Debatte. Wenn es einen bisher nicht durch andere untersuchte Faktoren gedeckten Gender Pay Gap von 4% gibt (Wissenschaft), dann darf man diese 4% mangels wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse durch Diskriminierung (Kim) oder durch Verhandlungsgeschick (Pietsch) erklären. Beides sind – wissenschaftlich – prinzipiell falsifizierbare Hypothesen, nicht mehr und nicht weniger. Vorwürfe auf Basis genau dieser Hypothesen („Wie bei jedem guten Populisten …“ sind solange unzulässig, wie die Hypothese nicht als Faktum verkauft wird.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich schreibe vom ersten Satz in diesem Disput, dass es durchaus möglich und wahrscheinlich ist, dass in manchen Fällen Frauen wegen ihres Geschlechts ein niedrigeres Gehalt bekommen. Übrigens scheint es das auch umgekehrt zu geben – worüber dann nicht gesprochen wird (offensichtlich können Männer nicht diskriminiert werden). Wissenschaftler haben nämlich herausgefunden, dass in frauendominierten Branchen wie der Kosmetik oder dem Erzieherwesen Frauen höhere Gehälter bekommen als Männer.
Also, obwohl ich trotz umfangreicher Erfahrung nie die Erfahrung gemacht habe, dass Frauen diskriminiert würden, gestehe ich den Punkt zu. Nur scheint das Problem ganz offensichtlich sehr klein zu sein. Und es ist auf keinen Fall ein Massenphänomen.
Dazu hatte ich zwei wissenschaftliche Belege gebracht:
1) Gemäß früher DIW-Studie (die ich nicht beigebracht habe, Point taken) verdienten in den Nullerjahren Jungakademikerinnen so viel wie ihre männlichen Kollegen. Wenn schon in dem oberen Bereich eher nicht diskriminiert wird, ist es im tarifgebundenen Teil noch weit schwerer. Da schaut nämlich noch der Betriebsrat drauf und der hat weitreichende Klagemöglichkeiten gegen den Arbeitgeber. Da muss man schon an Verschwörungstheorien glauben, um gehaltliche Diskriminierung von Frauen zu einem Massenphänomen zu erklären.
2. Frauen in DAX-Vorständen verdienen 22% mehr als ihre männlichen Kollegen. Warum wird ausgerechnet dort plötzlich nicht diskriminiert, bzw. umgekehrt?
Zusammenfassend: meine Behauptung ist die, dass aufgrund der vorliegenden Zahlen, Fakten und Studien das Problem des auf Diskrimierung beruhenden Gender-Pay-Gaps sehr klein sein muss.
@ Stefan Pietsch 30. Juni 2022, 19:54
Ich schreibe vom ersten Satz in diesem Disput, dass es durchaus möglich und wahrscheinlich ist, dass in manchen Fällen Frauen wegen ihres Geschlechts ein niedrigeres Gehalt bekommen.
Das ist, was ich schreibe.
Du tust das ab als Annahme, Theorie, linke Spinnerei etc.
Ja, es ist eine Annahme, eine Theorie.
Es ist ein bisschen strange, wenn Du einem Akademiker vorwirfst, Annahmen und Theorien seien etwas Verachtenswertes, Niederträchtiges.
Ich habe gestern die Bummelei durch Frankfurt genutzt, in dem Buchladen Hugendubel mir das Kapitel vom Gender-Pay-Gap zu Gemüte geführt. Ich war überrascht. Stefans Schilderungen stimmen nicht mit dem Buch überein. Es beginnt bei falschen Zahlen. Tatsächlich beziffert Nguyen-Kim den Unterschied (korrekt) auf 6% in der bereinigten Fassung, während Stefan von 4% schreibt. Das Kapitel ist in zwei Teile unterteilt. Anfangs schildert sie die wissenschaftliche Erkenntnis zwischen unbereinigt und bereinigt und kommt zu dem richtigen Schluss, dass ein unerklärlicher Rest von 6% bliebe, der sich aber einer Wertung entziehe. Stefan dagegen behauptet, Nguyen-Kim habe dies als zweifellos diskriminierend gewertet.
Im zweiten Teil widmet sich Nguyen-Kim ausführlich der politischen Wertung („finde ich ungerecht usw.“). Für ein Sachbuch ist das, selbst wenn es keinen streng wissenschaftlichen Anspruch erhebt, schlicht too much. Anders als von Stefan suggeriert, zieht sie ihre These von der Geschlechterungleichheit jedoch nicht von dem bereinigten Rest von 6% auf. Sie widmet sich dem Aspekt, warum Frauen überhaupt häufiger Teilzeit arbeiten und in schlechter bezahlten Berufen tätig sind. Und genau diese Gründe sind aus ihrer Sicht diskriminierend.
Wir haben hier also tagelang über Thesen gestritten, die so gar nicht gemacht wurden, und über eine Argumentation, die in der Ausgangslage ganz anders strukturiert ist. Zumindest ärgerlich.
@ Stefan Pietsch 3. Juli 2022, 08:52
Es ist ein bisschen strange, wenn Du einem Akademiker vorwirfst, Annahmen und Theorien seien etwas Verachtenswertes, Niederträchtiges.
Es ist ein bisschen strange, wenn Du einem Praktiker vorwirfst, seine Erfahrungen nur Annahmen. 🙂
Wenn wir uns darauf einigen können, dass es einen Gender Pay Gap gibt, der sich aus verschiedensten Komponenten zusammensetzt, von denen in einigen Berufen eine Komponente auch die Diskriminierung von Frauen sein kann, aber nicht muss, haben wir eine Basis.
Ich habe das zumindest bei einem Arbeitgeber selbst erlebt. In einem anderen Fall war eine meiner Töchter betroffen, was sie immerhin dazu brachte, ihren Job bei einem Logistik-Unternehmen aufzugeben und sich einem Studium zu widmen. Sie geht den ihren ganz persönlichen Gender Pay Gap nun von der Bildungsseite an.
es grüßt
E.G.
Einem Praktiker? Definiere Praktiker.
Hast Du in einer Reihe von Unternehmen Zugriff auf alleLöhne und Gehälter (gehabt)? Wenn in Deiner Verantwortung ungleiche Bezahlung vorkam und vorkommt, was hast Du getan bzw. was tust Du?
Das Problem, dass die meisten – Du eingeschlossen – nicht sehen können, ist folgendes:
Vor einigen Jahren habe ich erfahren, dass behauptete Krankheitsbilder dann zunehmen, wenn eine neue Krankheit entdeckt wurde. Burnout wird heute viel häufiger selbst diagnostiziert, als es tatsächlich gegeben ist. Warum ist das so?
Wir Menschen sind sehr human und großzügig zu uns selbst. Wenn wir scheitern, wenn wir nicht so vorankommen, wenn andere schlicht besser sind, weisen wir das nicht uns zu, sondern suchen nach der Verantwortung bei anderen. Mir sind Frauen bekannt, die waren top in der Schule – bewertet von Männern. Sie wurden beruflich gefördert – von Männern. Die Erfolge schrieben sie sich selbst zu, die Misserfolge natürlich der Diskriminierung von Frauen.
Schon zu Beginn meines Berufslebens ist mir das häufig begegnet: Bekam die Frau nicht das gleiche oder höhere Gehalt, nicht die Leitungsposition, war es Diskriminierung. Schaffte sie es, war das natürlich die eigene Überlegenheit. Ich habe mit einigen Top-Frauen gearbeitet. Die erhielten aber hohe Gehälter und hatten keine Karriereprobleme.
Männer haben nicht so diese gesellschaftlich akzeptierten Möglichkeiten, ihr Scheitern auf andere zu schieben. Wenn die Frau im Familien- und Freundeskreis erzählt, sie wäre kaltgestellt, weil die Chefs ein Problem mit Frauen hätten, glaubt ihr das jeder. No more words needed. Die Arme! Kommt der Mann nach Hause und muss eingestehen, dass er es nicht gepackt hat, würde er sein Versager-Image zementieren. Frauen können, wenn sie es geschickt anstellen, nicht scheitern. Männer dauernd.
Nur in wenigen Bereichen wird das brutal offengelegt, z.B. im Hochleistungssport. Schön getrennt nach Geschlechtern, wenn die Frau ihren Stammplatz verliert, ist sie genauso eine Pfeife wie der Mann. Aber schon bei den Fernsehgeldern diskutieren wir über angebliche Diskriminierung der Frauen. Zwar erzielt das Herrentennisfinale in Wimbledon immer weit höhere Einschaltquoten als das Frauenfinale, aber die gleichen Preisgelder sollen es schon sein.
Ich habe von Anbeginn gesagt – und von daher verstehe ich Dich kein bisschen – dass gehaltliche Diskriminierung durchaus möglich ist. Das Problem scheint jedoch selbst von den Zahlen sehr klein zu sein, was Nguyen-Kim auch zugesteht (und Stefan verschwiegen hat). Weil es anhand des bereinigten Gender-Pay-Gap klein sein muss, zieht sie den Radius eben größer. Warum arbeiten denn viel mehr Frauen als Männer Teilzeit, hey? Diskriminierung! Warum werden Frauenberufe schlechter bezahlt, hey? Diskriminierung!
So, Erwin, läuft das Spiel. Und das kann ich weder leiden noch akzeptieren.
1) Du hast noch nie den Maßstab der Praxiserfahrung angelegt, um Dinge zu kritisieren, warum sollte das hier anders sein?
2) Ich wäre sehr vorsichtig, so pauschal bisher noch nicht abschließend erforschte Phänomene wie Burnout erklären zu wollen.
3) Die Vorstellung, dass Frauen Benachteiligung geglaubt würde, „no questions asked“, ist nachgerade absurd.
1) Es ist nun einmal ein Bereich, wo ich sehr viel Erfahrung, Daten, Informationen habe. Das mit dem Praktiker hat Erwin angebracht.
2) Natürlich gibt es Burnout. Ich habe darüber viel gelesen. Und es muss, wie die meisten Erkrankungen, ernst genommen werden. Aber genau deshalb muss man, bei allem, woraus schwerwiegende Konsequenzen resultieren, genau hinschauen und diagnostizieren. Ich lebe zu lange und kenne menschliche Verhaltensweisen zu genau, um blauäugig zu sein.
3) Wieder: Deine Behauptung ist gegen die menschliche Natur. Wir Menschen wollen glauben. Genau damit spielen Betrüger aller Art.
1) Wenn ich dich nicht falsch verstanden habe war deine Argumentation, dass es unstatthaft sei, CEOs und Konsorten zu kritisieren, wenn man keine Erfahrung in Führungspositionen der freien Wirtschaft habe. Habe ich das falsch verstanden?
2) Ich sehe da wenig Spielraum für Blauäugigkeit. Diagnosen kommen von Fachärzt*innen, und die anzuzweifeln fehlt uns glaube ich ggf. allen die Kompetenz, nein?
3) Kommt immer drauf an, was wir glauben wollen. Dass wir selbst unschuldige Opfer böser Umtriebe sind: klar. Dass andere das sind: viel weniger. Um das umzudrehen: du willst unbedingt glauben, dass du keinerlei Privileg hattest und alles selbst erarbeitet hast, nur aus eigener Kraft. 🙂
1) CEOs börsennotierter Aktiengesellschaften sind Personen öffentlichen Interesses. Öffentliche Kritik gehört da zum Job dazu. Nur ist solche Kritik nicht substanziell. Eine wesentliche Aufgabe von Management ist, Entscheidungen zu treffen. Die meisten Menschen sind unfähig oder unwillig, Entscheidungen zu treffen, wenn selbst das Beenden von Beziehungen outgesourct wird. Dann kritisieren Entscheidungsunfähige Entscheider für Entscheidungen, von denen ein entscheidungserfahrener Mensch weiß, dass eine Quote von 6:4 sehr gut ist.
2) Die meisten Fälle von Burnout (und anderen Erkrankungen der Zivilisation) werden nicht von Ärzten diagostiziert. Und oft können Ärzte nur anhand von geschilderten Symptomen eine Diagose abgeben. Weißt Du eigentlich, wie viele Menschen in der Pandemie sich selbst Corona diagnostiziert haben? Und da gibt es immerhin noch Tests, die das objektiv feststellen können.
3) Wenn Du mich genauer kennen würdest, wüsstest Du, dass mir nichts geschenkt wurde. Selbst meine Intelligenz wurde falsch eingeschätzt. Also, da ist nicht einfach zu sagen, was ich anderen verdanken würde (klar, Afrika, Diktatur u.ä.)
Ich finde die Diskussion auch albern und sinnlos. Wie bringst Du Deine These mit einer anderen Weisheit zusammen: Wir können die anderen nicht ändern, nur uns selbst?
In der großen Mehrheit haben wir uns den Schlamassel, in dem wir sitzen, selbst eingebrockt. Du tust an dieser Stelle genau das, was ich ausgeführt habe: Du suchst nach Entschuldigungen. Und in den wenigen Fällen, wo man eben auch Pech mit den Umständen hat, was bringt es da, auf diese zu verweisen?
Ich kenne keine erfolgreiche Person, weder öffentlich noch privat, die die Ursache für ihr Scheitern auf unglückliche Umstände geschoben hat. Ich habe da einfach eine pragmatische Einstellung. Ich kann andere nicht ändern, nur mich selbst, folglich liegt mein Erfolg und Misserfolg allein in meiner Hand.
Das kannst Du natürlich anders sehen. Womit ich halt ein Problem habe: wenn Leute den Misserfolg auf die Umstände schieben, den Erfolg aber in die eigene Tasche stecken. Entweder oder.
Ich habe Menschen nie per Würfelspiel entlassen. Oder Gehaltserhöhungen gegeben. Oder eingestellt. Wer seinen Job durch meine Entscheidung verlor, hatte das selbst verursacht, ungeachtet, dass es sich offiziell um betriebsbedingte Kündigungen handelte. Natürlich sind die Leute nach Hause und konnten erzählen, dass sie traurigerweise Opfer der schlechten Lage oder böser Unternehmensentscheidungen geworden seien.
Das Gegenteil wäre gewesen, streng nach Gesetz vorzugehen. Dann hätte tatsächlich unverschuldet ein Top-Mann (oder Frau) den Job verloren ohne etwas dafür zu können. Fändest Du das ernsthaft gerechter? Zu verlieren, nur weil es in einem Gesetz so steht? Oder ist es nicht besser zu verlieren, weil man nicht gut war? Das Eine kann man nicht ändern, das andere schon.
Mit der Einstellung „es sind die Umstände“, nimmst Du Menschen die Chance, sich zu verändern, zu verbessern. Und Du nimmst ihnen gleichzeitig den Stolz, sich den Erfolg (allein) verdient zu haben.
Ich halte das zwar für eine populäre, aber keineswegs vernünftige Einstellung. Weil sie nichts bringt.
1) Das beantwortet meine Frage nicht. In meinem Beruf muss ich auch ständig Entscheidungen treffen und bewerten.
2) Mein Punkt ist: wenn du aufhören willst zu arbeiten, reicht eine Selbstdiagnose nicht. Ob bei Burnout oder Corona.
3) Ich werf dir das nicht vor, ich werfe dir vor, so was anderen vorzuwerfen.
@ Stefan Pietsch
geht unten weiter
Zu meiner Behauptung bin ich beim DIW dann doch fündig geworden:
https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.44060.de/dp557.pdf
Seite 24
Full Time White collar employees and civil servants in managerial positions
Gehen wir in die Zeile „Age group“ dann sehen wir bei den jungen unter 29 etwas Bemerkenswertes. Während in allen anderen Altersklassen Männer mehr als Frauen verdienen, war es bei den jungen Leuten genau umgekehrt. Während die Frauen 3.000 Euro im Monat kassierten, erhielten die Männer 8% weniger.
Wie ist das erklärbar? Das war 2004, nun sind wir 18 Jahre weiter. Es ist doch offensichtlich, dass sich hier die unterschiedlichen Lebens- und Karriereverläufe niederschlagen.
Die 4% sind, ich zitiere Ngyuen-Kim, „der unerklärte Rest“. Da er per Definition unerklärt ist, kann ich ihn auch auf die Sonnenflecken zurückführen. All das steht übrigens auch so im Buch.
@ Stefan Pietsch
Sehr gut dargestellt. Es gibt eben eine ganze Reihe von Leuten, die vom Thema Ungleichheit leben und alles dafür tun, damit es eben nicht analytisch aufgeklärt wird. Etwas Ähnliches gibt es beim Thema Armut.
Beide Themen sind (auch) Geschäftsmodelle von und für Aktivisten.
@ Tim 30. Juni 2022, 09:09
Es gibt eben eine ganze Reihe von Leuten, die vom Thema Ungleichheit leben und alles dafür tun, damit es eben nicht analytisch aufgeklärt wird. Etwas Ähnliches gibt es beim Thema Armut.
Einverstanden. Und von der Idee, das wie auch nimmer entstandene Gender Pay Gap gewaltsam glattzuziehen, halte ich auch überhaupt nichts.
Daraus abzuleiten, dass Diskriminierung an dieser Stelle überhaupt nicht vorkommt, ist allerdings unseriös.
Daraus abzuleiten, dass Diskriminierung an dieser Stelle überhaupt nicht vorkommt, ist allerdings unseriös.
Tut ja auch niemand. Ganz im Gegenteil: Aktivisten behaupten mit mangelhafter empirische Fundierung, es gäbe systematische Lohndiskriminierung. Und das ist nun mal Quatsch bzw. es gibt dafür keine belastbaren wissenschaftlichen Hinweise.
Übrigens verlangen Aktivisten i.d.R. stets von anderen, gerechter zu handeln. Wieviele von denen haben schon jemals Arbeitsplätze geschaffen? Wenige. Sofa-Aktivismus.
Das scheint mir weitgehend eine Strohmannargumentation zu sein.
Ich hab schon ewig oft mit Leuten darüber diskutiert, wie ungerecht es doch in Firmen zugeht und wie schlecht Leute bezahlt werden usw. Keiner, wirklich keiner von denen hat jemals selbst Arbeitsplätze geschaffen oder auch nur eine Vorstellung davon, wie schwer das ist. Das sind altkluge Theoretiker mit jakonischem Eifer, die ganz genau wissen, wie andere Leute die Welt in ihrem Sinne verbessern sollen.
Wenn die Arbeitswelt so furchtbar ist, macht sie doch einfach besser. Ist doch alles ein Kinderspiel! Und die Leute kommen dann in Strömen in eure tollen Schlaraffenfirmen. Juhu!
Nein, solche Leute kann ich nicht ernst nehmen.
Absolut korrekte Beobachtung. Die schärfsten Kritiker der Unternehmenswelt sind entweder höhere Beamte in den fünfzigern oder jüngere Soziologen in prekären Serienanstellungen. Beide eint ihre schwindelerregende Unkenntnis der realen Arbeitswelt.
Das lässt sich auf diverse andere Felder umdrehen. Weißt du, wer die schärfsten Kritiker*innen von Lehrkräften und Schulen sind? Ich geb dir einen Tipp: Nicht diejenigen, die in dem Sektor arbeiten.
Gibt einen hübschen kleinen Unterschied: Jede/r ehemalige Abiturient hat mindestens 12 Jahre Erfahrung als Schüler.
Die meisten Leute haben auch Erfahrung als Arbeitnehmende. Sorry, das ist Unfug. Ich bin auch kein Verkehrsexperte, nur weil ich Auto fahre oder die Bahn nutze.
Aktivisten behaupten mit mangelhafter empirische Fundierung, es gäbe systematische Lohndiskriminierung.
In einem marktwirtschaftlichen System setzte das übrigens implizit voraus, dass Unternehmen ihre Profitinteressen den Vorurteilen ihrer leitenden Angestellten unterordnen, was ich schon immer reichlich fragwürdig fand.
Aber das Problem sind nicht die Aktivisten. Das Problem ist (nicht nur hier), dass Medien diesen Aktivisten häufig gegen Kritik immunisierte Propagandaräume bieten.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts 1. Juli 2022, 12:02
Aktivisten behaupten mit mangelhafter empirische Fundierung, es gäbe systematische Lohndiskriminierung.
So weit würde ich nicht gehen, zumindest nicht für Deutschland.
In einem marktwirtschaftlichen System setzte das übrigens implizit voraus, dass Unternehmen ihre Profitinteressen den Vorurteilen ihrer leitenden Angestellten unterordnen, was ich schon immer reichlich fragwürdig fand.
Oh, diese These unterschreibe ich aus vollem Herzen. Wenn es irgendetwas gibt, was mich im Job absolut nervt, sind es Leute, die zwischen „das finde ich gut/schlecht“ und „das ist gut/schlecht“ keinen Unterschied machen wollen oder können. Und wenigen (meist selbstständigen) Unternehmern abgesehen, ist diese Wahrnehmungsschwäche deutlich stärker ausgeprägt, je höher man in der Hierarchie rutscht. Geht es schief, werden in der Regel irgendwelche armen Schweine aus niedrigeren Etagen mit einer Abfindung nach Hause geschickt, während die Bosse bleiben (z.B. Springer, VW).
Spannenderweise deutlich seltener bei kleineren Unternehmen (Familienbesitz, inhabergeführt etc. ) zu finden.
Aber das Problem sind nicht die Aktivisten. Das Problem ist (nicht nur hier), dass Medien diesen Aktivisten häufig gegen Kritik immunisierte Propagandaräume bieten.
Zustimmung
Bin ich bei dir, aber kleinere Unternehmen haben ja oftmals auch gar nicht die Menge Hierarchieebenen um das machen zu können, oder? Also die Versuchung existiert gar nicht, wäre mein Punkt.
Genau das erklärt Nguyen-Kim genau so.
Das hast Du ganz anders geschrieben:
Sie erklärt, warum der Pay-Gap nicht zwingend eine Diskriminierungslücke darstellen muss und dass es einen unerklärten Rest von rund 4% gibt, der (..) daher reale Diskriminierung darstellen muss.
Die 4% sind danach reale Diskriminierung. Darum geht die Debatte. Und meine Darlegungen sagen: Nein, das ist nicht automatisch Diskriminierung.
Klingt spannend. Mich ärgert allerdings der Titel etwas, denn mit „die kleinste gemeinsame Wirklichkeit“ meint sie wahrscheinlich „die größte gemeinsame Wirklichkeit“.
„Kleinster gemeinsamer Nenner“, aber ja, technisch gesehen wäre es dann die größte, weil kein Bruch. Aber da der Bezug aus Mathe stammt, macht es schon Sinn.
Nein, eben deshalb ergibt es ja gerade keinen Sinn. Es gibt den größten gemeinsamen Nenner und das kleinste gemeinsame Vielfache. Dass eine Wissenschaftsjournalisten beides verwechselt, ist schon etwas peinlich.
Oder es ist als Witz gemeint. Den habe ich dann aber nicht kapiert, was natürlich ebenfalls peinlich wäre. 🙂
Natuerlich gibt es den kleinsten gemeinsamen Nenner in der Bruchrechnung.
Ich dachte auch, dass es das meint.
Das ist hier aber nicht gemeint. Ein ganz typischer Fehler im Sprachgebrauch. In etwa so beliebt wie die Rede vom 20. Jubiläum. 🙂
Da bin ich raus, das müsstest du sie fragen 😀
@ Stefan Pietsch 7. Juli 2022, 10:28
Einem Praktiker? Definiere Praktiker.
Ist das für Dich zu unscharf formuliert? Ich habe systemische Lohnungleichheit aufgrund des Geschlechts schon selbst in (mindestens) einem Unternehmen erlebt.
Hast Du in einer Reihe von Unternehmen Zugriff auf alle Löhne und Gehälter (gehabt)?
Was für eine abstruse Frage. Natürlich nicht; Du weißt doch, was ich beruflich treibe. Und selbst wenn, habe ich nur die Komponente „Vergütung“ im Blick, aber nicht die Komponente „Leistung“.
Das Problem, dass die meisten – Du eingeschlossen – nicht sehen können, ist folgendes: …
Au weia. Kann das sein, dass Du Deine Überheblichkeit und Selbstüberschätzung nicht sehen kannst? Ich muss doch kein Koch sein, um zu merken, dass ein Essen nicht schmeckt.
Wir Menschen sind sehr human und großzügig zu uns selbst.
Ok, hier gestehe ich Dir gerne zu, dass Du auf diesem Gebiet spürbar mehr Erfahrungen hast als ich. 🙂
Bekam die Frau nicht das gleiche oder höhere Gehalt, nicht die Leitungsposition, war es Diskriminierung. Schaffte sie es, war das natürlich die eigene Überlegenheit.
Ja, habe ich schon klar so erlebt, dass es an Diskriminierung scheiterte, weil eben ein Macho-Mann die Entscheidung gefällt hat. Habe ich besonders dort erlebt, wo Männer einen leicht sexistischen Einschlag hatten. Habe ich auch schon als Ausrede erlebt. Habe ich aber auch erlebt, dass Frauen eher Männer fördern als ihresgleichen. Es gibt nicht die eine, immer gleiche Situation, so wie Du das hier darstellst.
Frauen können, wenn sie es geschickt anstellen, nicht scheitern. Männer dauernd.
Wie formulier ich das am Besten? Das ist jetzt nicht die überzeugendste, am besten begründete Aussage, die ich je von Dir gehört habe.
Aber schon bei den Fernsehgeldern diskutieren wir über angebliche Diskriminierung der Frauen. Zwar erzielt das Herrentennisfinale in Wimbledon immer weit höhere Einschaltquoten als das Frauenfinale, aber die gleichen Preisgelder sollen es schon sein.
Misch doch nicht immer alles durcheinander. Hier redet doch keiner von Fernsehgeldern.
Ich habe von Anbeginn gesagt – und von daher verstehe ich Dich kein bisschen – dass gehaltliche Diskriminierung durchaus möglich ist.
Hast Du nicht; lies gerne nach …
Ich hätte sonst einfach „Zustimmung“ geschrieben,
Das Problem scheint jedoch selbst von den Zahlen sehr klein zu sein, …
Es ist sehr schwierig, an irgendeiner Stelle genaue Zahlen zu ermitteln. Es ist auch sehr schwierig, die unterschiedlichen, ineinander verwobenen Aspekte klar voneinander zu trennen und zu bewerten. Wenn ein Mann beispielsweise nur aufgrund seines festen Auftretens beim Einstellungsgespräch mehr Geld bekommt als eine Frau, die später im Job bei gleicher Qualifikation mehr Einsatz zeigt, hat der Mann etwas gemacht, was andere Männer gerne „besser verhandeln“ nennen. Und wer immer dieses höhere Gehalt bewilligt, mag zu wenig Erfahrung haben, oder nutzt einen oft grundsätzlichen Unterschied im Auftreten von Männern und Frauen aus, um der Frau weniger zu bezahlen. Manchmal ist festeres Auftreten allerdings für den Job wichtiger als Teamarbeit, und dann bekommt das Ganze einen Qualifikationsaspekt. Sehr, sehr schwer, dass alles auseinander zu dividieren.
Warum arbeiten denn viel mehr Frauen als Männer Teilzeit, hey? Diskriminierung! Warum werden Frauenberufe schlechter bezahlt, hey? Diskriminierung!
So, Erwin, läuft das Spiel. Und das kann ich weder leiden noch akzeptieren.
Wenn man seine Meinung nach seiner Wahrnehmung formt statt umgekehrt, kann man feststellen, dass das in der Tat manchmal so ist. Du zeichnest immer schwarz-weiß, Du nimmst immer nur einen Grund an, den Du auch auf nicht passende Situationen überträgst. Du verallgemeinerst, dass es kracht. Und das kann ich weder leiden noch akzeptieren. Mit mir kann man doch auch vernünftig diskutieren.
PS: Stefan Sasse hat seine anfängliche Aussage, die wohl eher über BIAS als über Absicht erklärbar ist, schnell revidiert. Und im Gegensatz zu anderen Stefans hier im Forum hat er das auch nicht schwer ausgefochten, sondern nur als (nicht ganz korrektes) Zitat in den Raum gestellt. Kein Grund, hier Mutwilligkeit zu unterstellen.
@Stefan
1) Die Antwort lautet: Natürlich darf man CEOs kritisieren, das lässt sich ja gar nicht verhindern. Auch ich muss mir gefragte und ungefragte Kritik von meinen Mitarbeitern gefallen lassen. Wir haben das Recht auf freie Meinungsäußerung und darin ist Kritik an anderen Personen wie Organisationen inkludiert. Nur ob das eine substanzielle Kritik ist, das ist eine ganz andere Geschichte.
Ich meine echte Entscheidungen, nicht, ob eher eine vier oder fünf angemessen ist. Echte Entscheidungen richten sich an die Zukunft, z.B. ob Deine Berufswahl vernünftig war. Das konntest Du vor 15 Jahren nicht wissen. Bei Entscheidungen über Zukünftiges besteht eine hohe statistische Wahrscheinlichkeit, daneben zu liegen. Das ist der Grund, warum es mich aufregt wenn abgebrochene Politikstudenten meinen, Entscheidungen über über die Energieversorgung eines Landes im Jahr 2050 treffen zu können.
Dezentral sind solche Entscheidungsfindungen viel besser organisiert. Wenn Unternehmen A mit Investor 1 im Rücken seine Karten alle auf Szenario @ setzt, dann richtet das für die Allgemeinheit (also für mich) keinen sonderlichen Schaden an, wenn am Ende Entscheidung €, die Unternehmen G verfolgte, sich als richtig erwies. Wenn aber Politiker Kevin K. politisch durchsetzen kann, dass nur Entscheidung @ verfolgt werden kann, ist der Schaden für Millionen Menschen immens.
2) Es reicht zum Mitleidheischen. Und ich habe in den letzten Jahren Fälle erlebt, wo Ärzte wirklich jeden Unsinn diagnostiziert haben, den der „Patient“ bescheinigt bekommen wollte. Das manche Ärzte ihre Berufung heute nicht mehr sonderlich ernst nehmen, konnte die Weltöffentlichkeit zuletzt im Prozess Depp/Heard beobachten, als die eigene Ärztin ihrer Mandantin aufgrund von Hörensagen eine Diagnose gab. Gefälligkeitsgutachten nennt man das glaube ich.
Ich nehme das zurück. Das ging schon früher. So habe ich mich einmal beim Bund um einen Lauf gedrückt, in dem ich dem Arzt eine Zerrung simuliert habe und er nicht die Kompetenz besaß, eine Zerrung aufgrund eigener Prüfung diagnostizieren zu können.
3) Dir gefällt nicht, wenn erfolgreiche Menschen stolz auf ihren Erfolg sind. Dir geht es eher um den (moralischen) Schutz der Versagenden. Das ist zwar politisch sympathisch, es bringt aber niemanden etwas.
2) Klar, gibt es immer. Aber wie weit verbreitet ist das? Und wer kann das beurteilen?
3) „Eure Überheblichkeit ist eure Schwäche.“ – Luke Skywalker
2) Naheliegender Weise kann es darüber keine Studie geben. Wie bedeutend es ist, wird vom Patienten getriggert. Das hat zwei Gründe: viele Krankheiten lassen sich ohne erhebliche Mitwirkung des Patienten nicht korrekt diagnostizieren. Und der wirtschaftliche Druck. Wer eine bestimmte Diagnose will und sie vom einen Arzt nicht bekommt, wandert zum nächsten, bis er den „Richtigen“ gefunden hat. Es setzt also eine gewisse Motivation und betrügerische Energie bei den Menschen voraus. Das hat nicht jeder, eber einige. Und für die bietet unser System hinreichende Möglichkeiten, es bis zum Exzess auszunutzen.
3) Du scheinst den Ansatz nicht zu verstehen. Ich bin demütig genug, auch Glück im Leben gehabt zu haben. Ich bin nicht in einer Diktatur aufgewachsen, ich bin nicht behindert, ich bin mit ausreichender Intelligenz ausgestattet, ich hatte Eltern, denen ich nicht völlig egal war. Alles richtig. Aber mit meiner Karriere haben Dritte nichts zu tun. Ich hatte nie Mentoren, ich hatte nie die finanzielle Unterstützung, ich bin nicht in elitäre Kreise reingeboren worden.
In meiner Eigenbetrachtung geht es mir auch – wie wirklich Erfolgreichen – nicht um die Eigenspiegelung des Erfolgs, sondern der Dinge, die nicht gut gelaufen sind. Nur wenn ich das (ausschließlich) auf mich beziehe, kann ich es ändern. Das setzt notwendigerweise das Denken voraus, dass ich allein mein Leben steuere. Probier‘ mal, die Welt so zu sehen und Du kannst einen Push erleben.
2) Schon, aber die meisten Leute machen das ja nicht. Ich kenne auch genug, die NICHT zum Arzt gehen, obwohl sie sollten, und sich stattdessen ewig durchschleppen. Extreme an beiden Enden hast immer, aber die Mehrheit ist mit Sicherheit nicht so wie du das darstellst.
3) Ich mag es, dass du mir immer irgendwelche Sichtweisen unterstellst…
2) Nein, das habe ich auch nicht behauptet. Aber es ist wie mit Broken Window, einmal eingerissen, findet es viele Nachahmer und sei es nur in Ausnahmefällen. Selbst jemand wie ich mit meiner (harten) Einstellung, hat in seinem Leben 2-3 Mal eine Erkrankung simuliert. Mein Vater, wie Du weißt Beamter, hat seine Frühpensionierung geplant – einfach, weil es üblich war. Bis ihm zwei Herzinfakte dazwischen kamen.
Ich gehe grundsätzlich jeden, der im Verdacht steht, krankzufeiern, hart an bis an die Grenze des rechtlich Möglichen. Interessant ist ja, dass wir Menschen ein feines Gespür dafür haben, wenn andere uns etwas vorspielen. Im Grunde weiß jeder in einer Organisation wie einem Unternehmen, wer die Krankmacher sind. Und genauso weiß ich, wer wirklich krank ist – und das ohne Attest.
Ich habe es selten erlebt, dass sich Leute krank zur Arbeit geschleppt haben. Auch hier: viele haben genug Verantwortungsbewusstsein. Und wenn doch, habe ich als Arbeitgeber die Möglichkeit (und die Pflicht) solche von falschem Ehrgeiz Getriebene nach Hause zu schicken. Umgekehrt funktioniert das nicht.
Ich bin gestern auch mittags nach Hause gefahren. Ich habe mir nur Vorwürfe gemacht, dass ich überhaupt gekommen bin und damit andere gefährdet habe.
3) Ich erfahre gerne etwas über andere. Und sei es mit einer Provokation. Jedenfalls scheinst Du meine Sichtweise mir gegenüber noch nicht aufgenommen zu haben, deswegen die Ausführung.
2) Bei uns passiert das ständig. Also dass wir als Vorgesetzte sagen müssen „bleib daheim und kurier dich aus“. Die einzigen Fälle, wo jemand krank war wo klar war dass die Person nicht krank ist war jemand, der im Rechtsstreit mit uns lag und de facto bereits nicht mehr bei uns gearbeitet hat.
3) Ich bezweifle keine Sekunde, dass du sehr kompetent bist, viel arbeitest und verantwortungsvolle Jobs machst. Das würde ich auch nie anzweifeln. Falls das jetzt irgendwie so rüber kam.
2) Mir ist klar, dass der Lehrerberuf besonders stark Infektionserkrankungen ausgesetzt ist. Das Erkrankungsrisiko ist naturgemäß höher als in anderen Berufen. Dennoch tue ich mich schwer mit Deiner Einschätzung. Nicht, weil ich Dir nicht glaube, das ist nicht der Ansatz.
Aber die statistischen Daten sind doch extrem hoch. Und gleich zu Beginn der Pandemie schnellte die Fehlquote an den Schulen auf 15% hoch, weit stärker als im Rest der Bevölkerung. Im artverwandten Beruf des Erziehungswesens ist das Phänomen des Krankfeierns weit verbreitet. Deswegen bekomme ich das nicht zusammen.
Bei mir kommt regelmäßig auf 10 Mitarbeiter einer, der systematisch Ausfallzeiten plant. Umgekehrt mache ich immer klar, dass ich niemanden krank am Arbeitsplatz sehen möchte. Das kann ich auch hart durchsetzen. Denn es gibt da zwei Auswirkungen: wer krank ist, kann nicht vernünftig arbeiten. Krank zur Arbeit zu gehen, verlängert leicht die Erholung, was den Mitarbeiter noch länger außer Gefecht setzt. Und das Infektionsrisiko gegenüber anderen.
3) Da hast Du mich komplett missverstanden. Es geht mir kein bisschen um Fishing for compliments. Es ist zwar furchtbar nett, aber Du kannst nicht ernsthaft beurteilen, ob ich fleißig oder kompetent bin. Ich mache mich auch im Job nicht abhängig vom Urteil anderer. Ich weiß, wann ich einen guten Job gemacht habe und wann nicht – oft, ohne dass es andere sehen.
Nein, es geht mir rein um die Geisteshaltung. Bei Fehlern oder sogar richtigen Niederlagen suche ich nachd dem, was ich falsch gemacht habe. Ich investiere keine Zeit darein, dass ich eventuell scheitern musste.
Ich habe dazu einige Führungskräfteschulungen gemacht, richtig. Aber die Einstellung habe ich mir früh angeeignet, davor. In meinem Job kommt es nur auf Ergebnisse an, und auch wenn man meist human miteinander umgeht, einen Mitleidsfaktor gibt es nicht. Und das Schlimmste in meinem Job ist ein eingeschränktes Testat durch die Wirtschaftsprüfer. Dreimal, als ich einen neuen Job übernommen hatte, bin ich einigermaßen knapp daran vorbeigeschrammt. Das wäre auch nicht meine Schuld gewesen, aber meine Verantwortung. Und das Ziel war immer klar: die Einschränkung des Testats muss verhindert werden.
Ich mache oft mit mir Manöverkritik. Nur mit mir.
Meine Empathie gilt Menschen, die keine echte Chance im Leben haben. Kinder Drogensüchtiger, um ein deutsches Beispiel zu nennen. Die Menschen in den Favelas in Buenos Aires und Sao Paulo. Wenn ich solche Verhältnisse sehe, zerreißt es mir das Herz. Und dann muss man die Klagen hier einordnen.
2) Der höhere Anstieg ist angesichts dessen, dass Schulen Ground Zero der Pandemie sind, mehr als nachvollziehbar. Generell sind Lehrkräfte auch ohne Corona besonders krankheitsgefährdet: mit 30 Kindern in einem schlecht gelüfteten Raum ist IMMER ein Infektionsherd. Gleiches gilt für Erzieher*innen, die ständig Körperkontakt mit Kleinkindern haben. Das sind alles Bakterienschleudern ohne Ende.
3) Naja, ich geh mal davon aus, dass dein beruflicher Erfolg in einer gewissen Proportion zu deiner fachlichen Qualifikation steht 😉 Und in welchem Beruf gibt es schon einen Mitleidsfaktor? Ich hatte schon viele Jobs, und so mitleidlos und geradezu sadistisch wie im Referendariat ist man mit mir nie umgesprungen. – Was die Verhältnisse angeht: niemand vergleicht sich mit einem Favela. Wir vergleichen uns mit unserer Umgebung, immer. „Denk an die Kinder in Afrika“ war noch nie ein gutes Argument, das ist nur moralistisches virtue signalling.
Nun ja, das bestreiten die Gelehrten. Das ist die Position der Lehrerlobbyisten. Aber Du bist nicht darauf eingegangen,was für mich der Punkt war.
Du erkennst sehr wohl dort, wo Macht und Möglichkeiten liegen, dass diese auch ausgenutzt werden. Du schreibst darüber über Milliadäre und (amerikanische) Republikaner und viele mehr. Wir haben da nicht den geringsten Dissens: Dort wo Möglichkeiten bestehen, werden sie auch (überproportional) ausgenutzt.
In Erzieherberufen ist der Wechsel gang und gäbe, Loyalität zur Einrichtung unterdurchschnittlich ausgeprägt. Das hängt damit zusammen, dass die Knappheit von Erziehern es ihnen leicht machen, von einer Einrichtung zur nächsten zu hüpfen, da sie sich im Lohn nicht verbessern können.
Genauso normal sind hohe Kranken- und Fehlquoten. Das ist akzeptiert. „Wer krank ist, ist krank“, so ein geflügelter Spruch. Aber natürlich werden die weitreichenden Möglichkeiten der Akzeptanz von Fehlzeiten auch ausgenutzt. Wer nicht völlig blind ist, sieht das. Die Ausfallzeit pro Coronafall liegen derzeit z.B. in einer sehr renommierten Einrichtung bei sage und schreibe 3 Wochen. Als Durchschnittswert unter meistenteils 20-35jährigen!
Das Erstaunliche in Deiner Profession scheint zu sein, dass Möglichkeiten nicht (überproportional) ausgenutzt werden. Ich jedoch glaube nicht an den besseren Menschen nach politischer Richtung und Beruf.
Auch bei dem vorherigen Artikel Depp versus Heard ging es mir um einen Aspekt. Ich habe kein Problem damit, Vergewaltigung und andere Sexualdelikte härter zu ahnden. Ich habe ein Problem damit, die damit einhergehenden Erleichtungen für betroffene Frauen nicht damit zu kontern, dass auch das Ausnutzen der neuen, schärferen Regeln härter geahndet werden.
Macht und Kontrolle gehören immer zusammen. Mehr Macht führt zu mehr Kontrollrechten. Oder, um auf die Diskussion zurückzukommen: größere Akzeptanz von Fehlzeiten kann nicht dazu verleiten, dass dies auch durch die Beteiligten, also Lehrer, ausgenutzt wird.
3) Was die Verhältnisse angeht: niemand vergleicht sich mit einem Favela.
Genau das sollten wir aber. Ob jemand in Deutschland 2.000 oder 8.000 Euro verdient, macht einen Unterschied in den Möglichkeiten, Wohlstand zu genießen. Aber es macht keinen kriegsentscheidenden Unterschied bei der Lebensqualität.
Menschen in sehr schlechten Verhältnissen oder extremen Handicaps werden jedoch um Lebenschancen gebracht – nicht zwingend von der Gesellschaft, als dass sie abzustellen wären, aber von der Laune der global bestehenden Bedingungen.
Aktuell setzt die Bundesregierung eine Maßnahme nach der anderen durch, dass vermeintlich Benachteiligte, angefangen bei Frauen (sic!) bis hin zu mikroskopisch kleine Gruppen gesetzliche Vorteile erlangen.
Vor ein paar Wochen lief ein kleinwüchsiger Mensch vor mir und ich fragte mich unwillkürlich, ob er nur den Hauch einer Chance hätte, eine Führungsaufgabe zu übernehmen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Er ist ausgeschlossen qua Natur, weil er keine Akzeptanz erwarten kann. Solche Probleme bestehen bei Frauen wie Homosexuellen nicht. Im Gegenteil: in manchen Branchen sind diese „Minderheiten“ besonders gefragt. Aber wo sind körperlich behinderte Menschen besonders gefragt? Wie gesagt, wir sollten mehr nach den Favelas schauen.
@Erwin Gabriel
Ich habe systemische Lohnungleichheit aufgrund des Geschlechts schon selbst in (mindestens) einem Unternehmen erlebt. (..)
Und selbst wenn, habe ich nur die Komponente „Vergütung“ im Blick, aber nicht die Komponente „Leistung“.
Ungleich ist alles. Das sagt gar nichts. Erst mit dem Bezug auf „Leistung“ ergibt sich eine ordentliche Beurteilung der Vergütung.
Immer noch ist ein Großteil der Unternehmen tarifgebunden. Und über die Einhaltung der tariflichen Einordnungen wacht meist ein Betriebsrat. In diesem Bereich lässt sich eine ungleiche Bezahlung durch den Vorgesetzten nur schwer herstellen. Eine Möglichkeit sind Zulagen. Das bedeutet aber, dass ein Arbeitgeber bereit sein müsste, mehr als das tariflich Notwendige zu zahlen. Das habe ich in den vergangenen 20 Jahren eher nicht erlebt.
Ich startete meine Karriere wie oft angeführt 1994 in der Wirtschaftsprüfung bei einer der Top-Gesellschaften. Alle Anfänger erhielten das gleiche Startgehalt – 4.800 DM. Danach war bei Gehaltserhöhungen die Leistungen relativ einfach messbar: Auslastung, Übernahme relevanter Prüfungsfelder, Nachfrage beim Mandanten.
Das Problem ist: Gesellschaft (durch Gesetzgeber) wie Arbeitnehmer und ihre Vertreter lehnen Leistungsmessungen weitgehend ab. Das heißt allerdings nicht, dass sie nicht stattfinden, nur sieht das normalerweise kein BR und kein Arbeitnehmer. Und aufgrund dieser offiziell nicht existierenden Leistungsmessungen muss ein Vorgesetzter sich jährlich rechtfertigen, wenn er Gehaltserhöhungen vorschlägt. Wie gesagt, Gehaltsdiskriminierungen sind seit sehr langem sehr schwer, zumal oft das Vier-Augen-Prinzip gilt.
Vor Jahren habe ich eine Mitarbeiterin im variablen Teil des IG-Metall-Tarifvertrages zurückgestuft, weil sie aufgrund von Krankheit viele Fehlzeiten hatte – sie war Mitte 20. Ich begründete die Rückstufung eben damit. Auch wenn nur die Anwesenheitszeit bewertet werden darf, so benötigt jemand, der öfter fehlt, mehr Anlaufzeit, in der er nicht auf vollem Leistungsstand ist. Die Beurteilung hatte im Disput mit dem Betriebsrat Bestand. Ihre Kollegin wurde damit besser gestellt. Doch das Geschlecht war mir dabei völlig egal.
Habe ich besonders dort erlebt, wo Männer einen leicht sexistischen Einschlag hatten.
Das ist heute sehr gefährlich. Schon deswegen wird es eine seltene Erscheinung sein.
Ansonsten scheinen sich Dein und mein Menschenbild sehr stark voneinander zu unterscheiden. Ich widme mich gerne der Beobachtung menschlicher Verhaltensweisen. Und dazu gehört, dass Menschen selten die Ursache für Scheitern bei sich selbst suchen. Sie suchen nach Gründen, die von ihrem Umfeld akzeptiert werden.
Misch doch nicht immer alles durcheinander. Hier redet doch keiner von Fernsehgeldern.
Es geht um die Bezahlung, übrigens gerade ein großes Thema im Leistungssport. Die meist weniger privilegierten Frauen beharren auf gleicher Lohn für gleiche Leistung, die sich darin manifestiert, 90 Minuten einem Ball nachgejagt zu sein. Die Zahlungsverpflichteten verweisen dagegen auf Attraktivität und Refinanzierbarkeit. Da Frauensport meist geringere Einschaltquoten erbringt, können Frauen nicht gleich zu Männern bezahlt werden. Im Berufsleben argumentieren die Frauenlobbyisten ja genauso: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
[Ich habe von Anbeginn gesagt – und von daher verstehe ich Dich kein bisschen – dass gehaltliche Diskriminierung durchaus möglich ist.]
Hast Du nicht; lies gerne nach …
Ich hätte sonst einfach „Zustimmung“ geschrieben,
Warum hast Du es nicht?
Mir ist kein einziger Fall untergekommen, wo Frauen ohne sachliche Gründe schlechter als Männer bezahlt wurden, schon gar nicht aus Prinzip. Das heißt nicht, dass es das nicht gibt. Es deutet nur an, dass das Problem relativ klein ist.
Das war am 29. Juni. Einen Tag später bekräftige ich noch einmal:
Ich schreibe vom ersten Satz in diesem Disput, dass es durchaus möglich und wahrscheinlich ist, dass in manchen Fällen Frauen wegen ihres Geschlechts ein niedrigeres Gehalt bekommen.
Wo warst Du eigentlich zu der Zeit? Anscheinend nicht hier mit Lesen beschäftigt. 😉
Wenn ein Mann beispielsweise nur aufgrund seines festen Auftretens beim Einstellungsgespräch mehr Geld bekommt als eine Frau, die später im Job bei gleicher Qualifikation mehr Einsatz zeigt, hat der Mann etwas gemacht, was andere Männer gerne „besser verhandeln“ nennen.
Da gleitest Du in Klischees ab. Das ist zwar menschlich, aber nicht substanziert. 🙂
Jemand bekommt doch nicht wegen seines festen Auftretens einen gut dotierten Job. Er muss fähig sein, in den Gesprächen (Mehrzahl, Erwin, und Du musst ein paar Leute überzeugen) die relevanten Punkte zu spielen. Daran wird er aber gemessen, das sind die Erwartungen. Erfüllt er sie nicht, ist im Verlauf der Probezeit Ende. Die Statistik zeigt ja auch, wie oft Neueinstellungen in den ersten sechs Monaten scheitern. Das legt nahe, dass Dein Klischee Stuss ist.
Dazu kommt ein Weiteres: Der Bewerber muss i.d.R. seine Preisvorstellung nennen. Auf dieser Basis wird später final verhandelt. Männer wählen oft die Taktik, höher als Frauen in der Gehaltserwartung einzusteigen. Sie laufen damit allerdings Gefahr, schon deswegen früh im Auswahlprozess rauszufliegen, weil sie nicht ins festgelegte Budget passen. Frauen wählen die vermeintliche Sicherheitsvariante mit dem Haken, dass sie in den Schlussverhandlungen nicht mehr viel höher kommen. Aber das ist nicht die Schuld der Unternehmen.
Am Ende geht es für das Unternehmen allein darum, den Wunschkandidaten zu bekommen. Ob der die Summe X oder Y kostet, ist dabei völlig nebensächlich, so lange er sich in der Bandbreite des Budgets (plus ein paar Prozente drauf) bewegt. Und dieses Spiel beherrschen Männer aufgrund ihrer Risikoaffinität besser. Das funktioniert aber nur so lange, wie er die behaupteten Kriterien erfüllt und in der Probezeit bestätigt. Dann ist es für eine weit schlechter eingestiegene Kandidatin schwer und gelingt meist nur über Jahre, ihre vorsichtige Strategie aus ihrem Erwartungsgehalt zu kompensieren und mit dem Mann gehaltlich gleichzuziehen.
Es ist mir auch nie klar geworden, warum jemand mit einem Gehalt von 60.000 Euro unzufrieden ist, nur weil der Kollege 5.000 Euro mehr bekommt. Bei der Einstellung ist das Gehalt frei bestimmbar und wer da 60.000 Euro statt 65.000 Euro angibt, der ist ja mit dem Weniger zufrieden. Wo ist das Problem?
Meine erste Restrukturierung verantwortete ich vor 20 Jahren. Ich entschied mich für die partnerschaftliche Lösung. Ich bot im persönlichen Gespräch allen Entlassungskandidaten eine Abfindung an, die sich leicht unter dem arbeitsrechtlichen Richtwert von einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr bewegte. Bis auf zwei akzeptierten alle ohne jeden Verhandlungsversuch das Angebot. Einer wehrte sich mit seiner Gewerkschaft Verdi gegen die Kündigung – und verlor. Im Güteverfahren einigten wir uns auf eine geringere Abfindung als das Ursprungsangebot. Die andere war eine junge Frau, die mit mir verhandelte und am Ende eine deutlich höhere Abfindung erhielt.
Warum? Bei Verhandlungen gilt es die Position des Gegenüber zu verstehen und in den Vorstellungen zu antizipieren. Menschen, die sich wenig für das Verhalten ihrer Mitmenschen interessieren (siehe oben 😉 ) haben da Nachteile. Für beide Seiten hat ein Gerichtsverfahren Nachteile, für den Arbeitgeber mehr. Und es bestehen Risiken. Das lässt sich dann auch in einer Abfindungssumme abdecken. Deswegen bekam sie mehr. Nur, warum sollten die anderen unzufrieden sein? Sie bekamen doch das, was für sie unter den Umständen in Ordnung war. Was ist da ungerecht oder diskriminierend?
Mir ist klar, was bei Stefan passiert ist. Während er die Informationen allein über das Hörbuch bezog, konnte ich lesen. Im Buch ist die Trennung des Kapitels in zwei Teile deutlich zu sehen und nicht nur vom Text zu begreifen. Außerdem hatte ich den Vorteil, die behaupteten Thesen schon zu kennen und konnte abgleichen. Ich war aufmerksamer. Und letzterdings hat er schlicht ein schlechteres Gedächtnis für Zahlen und Abläufe, was wiederum meine Stärke ist.
Nur im Ergebnis führen seine objektiven Falschdarstellungen zu einer falschen Bewertung. Ich habe das so geschrieben – ohne moralische Bewertung.
Ansonsten sei ein bisschen nachsichtig mit mir, ich habe gerade Corona und muss mich jetzt ausruhen. Aber mir machen die Diskussionen mit Dir Spaß. 🙂
@ Stefan Pietsch 8. Juli 2022, 11:02
Ungleich ist alles. Das sagt gar nichts. Erst mit dem Bezug auf „Leistung“ ergibt sich eine ordentliche Beurteilung der Vergütung.
…
Immer noch ist ein Großteil der Unternehmen tarifgebunden.
…
Das Problem ist: Gesellschaft (durch Gesetzgeber) wie Arbeitnehmer und ihre Vertreter lehnen Leistungsmessungen weitgehend ab …
Deine Erfahrungen kann ich weitgehend teilen. Was nicht heißt, dass es grundsätzlich keine durchs Geschlecht bedingte Diskriminierung gibt, sondern nur, dass in doch vielen Bereichen keine durchs Geschlecht bedingte Diskriminierung erfolgen kann. Dennoch bis hierher Zustimmung.
Ansonsten scheinen sich Dein und mein Menschenbild sehr stark voneinander zu unterscheiden.
Dieses Urteil wundert mich.
Und dazu gehört, dass Menschen selten die Ursache für Scheitern bei sich selbst suchen.
Zustimmung. Aber auch das schließt eine gelegentliche Diskriminierung von Frauen nicht aus.
Wo warst Du eigentlich zu der Zeit? Anscheinend nicht hier mit Lesen beschäftigt.
Oh, schon. Deswegen ja mein Widerspruch. Du bist zwar im Laufe der Diskussion auf einen vernünftigeren Standpunkt umgeschwenkt; das hat aber nicht zu einer gelasseneren Diskussion geführt. Vom chronologischen Ablauf her hättest Du auch bei mir „Zustimmung“ schreiben können, statt den zornigen jungen Mann heraushängen zu lassen.
Jemand bekommt doch nicht wegen seines festen Auftretens einen gut dotierten Job. Er muss fähig sein, in den Gesprächen (Mehrzahl, Erwin, und Du musst ein paar Leute überzeugen) die relevanten Punkte zu spielen. Daran wird er aber gemessen, das sind die Erwartungen. Erfüllt er sie nicht, ist im Verlauf der Probezeit Ende. … Das legt nahe, dass Dein Klischee Stuss ist.
Was ich die ganze Zeit erkläre, ist, dass es keinen Sinn macht, alles über einen Kamm zu scheren; weder die Behauptung, dass Frauen pauschal schlechter bezahlt werden, noch das Gegenteil ist zu 100 % richtig.
Dann habe ich doch auch erklärt, dass es Jobs gibt, in denen es so läuft wie jetzt hier wieder von Dir beschrieben, aber eben auch andere. Wieder einmal ziehst Du aus dem Fakt, dass jeder Dackel ein Hund ist, den falschen Schluss, dass jeder Hund ein Dackel sein muss. Es ist diese Art der Diskussion, warum ich Dir nicht einfach zustimmen kann.
Genauso „Stuss“ wie mein Klischee ist Deines, dass man innerhalb der Probezeit erkennen kann, ob eine eingestellte Person wirklich taugt. Ich habe zu viele Situationen erlebt, wo das deutlich länger dauerte, zu viele Situationen, wo Aufwand und Risiko, eine Stelle neu und besser zu besetzen, so hoch waren, dass man sich mit der schlechteren Performance begnügte, um Ruhe zu haben. Zu viele
FührungskräfteVorgesetze, die unfähig waren, die Performance ihrer Mitarbeiter:innen zu beurteilen, zu viele Kolleg:inen, die zwar genau wissen, wer mitzieht und wer nicht, aber die Klappe halten, um keinen Stress zu kriegen.Vielleicht hast Du mit den von Dir ausgewählten Unternehmen und Deinen dortigen Funktionen stets Glück gehabt, aber das lässt sich dann eben nicht verallgemeinern. Die Welt ist nicht so schlicht, wie Du sie darstellst.
Ansonsten sei ein bisschen nachsichtig mit mir, ich habe gerade Corona und muss mich jetzt ausruhen. Aber mir machen die Diskussionen mit Dir Spaß.
Das lasse ich gelten; habe ich auch gerade überstanden, und war zwei Wochen ziemlich weich in der Birne. 🙂
Dennoch eine Bitte: Es gibt hier durchaus viele Themen im Forum, wo ich mich mangels ausreichender Kenntnisse und Kompetenzen zurückhalte, anderen den Vortritt lasse, und von deren Kommentaren zu lernen versuche. In einigen Bereichen traue ich mit aber einen halbwegs kompetenten Standpunkt und eine klare Meinung zu. Wenn mir dann meine Kompetenz fast schon aus Prinzip abgesprochen wird, ohne dass (über eine andere persönliche Meinung hinaus) ein überzeugender Standpunkt den meinen widerlegt, machen mir Diskussionen keinen Spaß.
Gute Besserung!
E.G.
Was ist die Quintessenz davon? Diskriminierung, die in Einzelfällen vorkommt, lässt sich sehr schwer angehen. Mir erzählte mal eine Selbständige, dass ihr für einen Job ein Drittel weniger Honorar angeboten wurde als ihrem männlichen Konkurrenten. Auf ihre Frage nach dem Warum erhielt sie zur Antwort, dass bei ihr als Frau mit höheren Ausfallzeiten bei dem Projekt gerechnet werden müsse.
Sie sagte, sie fand das gut. So wusste sie, dass die Ablehnung nicht in ihrer Person oder ihrer Qualifikation oder ihrer Honorarvorstellung lag, sondern an Faktoren, die für sie nicht änderbar sind. Dann ist das auch kein Auftraggeber, mit dem sie arbeiten wolle. Das Problem heute mit dem AGG: niemand erfährt mehr die echten Gründe, die zur Ablehnung führten. Ich sehe das nicht als Fortschritt.
Das Beispiel mit den DAX-Vorständen zeigt, dass der Marktdruck stärker sein kann als Diskriminierungsbestrebungen. Wenn ich jemanden allein wegen seines Geschlechts (oder Nationalität usw.) ablehne, schade ich leicht dem Unternehmen – und damit den Gewinnchancen. In meinem Bereich sind Frauen oft die besseren Arbeitnehmer. Auf der Position des Chefbuchhalters waren fast immer Frauen und die waren (und sind) echt gut. Und auch weibliche Controller schafften meist mindestens ein Gleichgewicht. Frauen zu diskriminieren weil sie Frauen sind, ist da schlichter Wahnsinn.
Du bist zwar im Laufe der Diskussion auf einen vernünftigeren Standpunkt umgeschwenkt; das hat aber nicht zu einer gelasseneren Diskussion geführt.
Das war und ist immer mein Standpunkt gewesen. Woran ich mich grundsätzlich störe: aus einer Annahme (mit Indizes) eine Weisheit und Gewissheit zu machen. Wenn es das wäre, könnte man das Problem quantifizieren und adressieren.
Und wenn jemand mich junger Mann nennt, drehe ich mich immer noch verwirrt um. Mit 55! 🙂
Genauso „Stuss“ wie mein Klischee ist Deines, dass man innerhalb der Probezeit erkennen kann, ob eine eingestellte Person wirklich taugt.
Pauschal: dann leiden die Chefs unter mangelnder Menschenkenntnis. Man kann sich in einem Vorstellungsgespräch verstellen und auch ein paar Wochen. Aber nicht ein halbes Jahr. Bei Vertrieblern muss im dritten Monat etwas im Umsatz kommen, sonst wird das auch nach fünf Monaten nichts. Das gilt ebenso im produktiven Bereich. Und auch im Finanzbereich kann ihc nach ein paar Monaten jemanden einschätzen (und kann ich bewertet werden).
Und dann gibt es immer noch die Möglichkeit, gutbezahlte Minderleister über Jahre bei Gehaltserhöhungen kaltzustellen, wenn man sich schon nicht von ihnen trennen kann (was selten ist).
Mein Profil bringt es mit sich, dass ich oft nicht bei den einfachsten Unternehmen gearbeitet habe: Bauwirtschaft, wo zahlreiche Unternehmen zusammengeschmolzen werden mussten. Logistik, wo das Management in Rekordzeit wechselte. Aufbau Start-up. Maschinenbauer, der eine Insolvenz überlebte in einer stark schrumpfenden Branche. Unternehmen der Umweltbranche, das mit CO2-Zertifikaten handelte zur Zeit der Finanzkrise. Lohnfertiger mit niedrigen Margen in der Pharmaindustrie. So etwas in der Art. Restrukturierungen. Turn-around und Change Management. Das ist nicht das Umfeld, wo sich entspannt arbeiten lässt.
Corona stellt sich bei mir bisher eher als eine Erkältung da, sogar mäßiger als bei meiner Frau. Man ist nicht arbeitsfähig, aber die Impfungen haben bei mir stärker eingeschlagen. Ich bin leicht gespannt, wie es weitergeht. Aber danke für die Wünsche!
@ Stefan Pietsch 8. Juli 2022, 20:03
Was ist die Quintessenz davon? Diskriminierung, die in Einzelfällen vorkommt, lässt sich sehr schwer angehen.
Kein Widerspruch. Die Diskussion wird halt schwierig, wenn man in Einzelbeispielen wie der höheren Vergütung qualifizierter weiblicher Vorstände belegen will, dass die umgekehrte Richtung nur sehr eingeschränkt vorkommt.
Meiner Erfahrung nach sind Chefs nicht blöd. Sie versuchen nicht, ‚gerecht‘ zu sein (geht ja auch gar nicht), sondern für sich das beste Schnäppchen zu machen. Wenn dann eine alleinerziehende Mutter dringend auf einen Job angewiesen ist, wird gerne mal mit der Begründung, die Verfügbarkeit sei nicht gewährleistet, das Gehalt ein wenig gedrückt – auch bei Jobs, wo eine gewisse Verfügbarkeit bestenfalls drittrangig ist. Wenn Du so aufmerksam durchs Leben gehst, so genau beobachtest, sollte Dir so etwas auch schon untergekommen sein.
Das Problem heute mit dem AGG: niemand erfährt mehr die echten Gründe, die zur Ablehnung führten. Ich sehe das nicht als Fortschritt.
Ich stimme Dir da zu. In den Jobs, in denen ich unterwegs bin, hängt immer sehr viel von persönlicher Beziehung ab, von vertrauen, von Sympathie. Kann ich mich davon freimachen, wenn ich jemanden für mein Team suche? Natürlich nicht.
Für mich ist aber entscheidend, dass jemand in mein Team passt. Ist ein Minimum an Intellekt sowie Lebens- und Berufserfahrung vorhanden, kann ich das erforderliche Wissen und die erforderlichen Prozesse vermitteln. Aus einem Stinkstiefel einen guten Kerl machen kann ich allerdings nicht. Ein Störenfried schraubt die Produktivität der ganzen Abteilung herunter, weil keiner mehr Spaß am Job hat.
Jeder, der halbwegs Ahnung von der Materie hat, weiß das, und handelt in der Regel danach. Aber eine ehrliche Begründung („mir passt Deine Nase nicht“ oder „ich halte Dich für einen Störenfried“) bringt mich vor den Kadi.
In meinem Bereich sind Frauen oft die besseren Arbeitnehmer. … Frauen zu diskriminieren weil sie Frauen sind, ist da schlichter Wahnsinn.
Grundsätzlich ist auch meine Erfahrung. Ich habe viel mit technischen Themen zu tun. Am besten funktionieren Nerds. Die findet zwar keiner richtig toll, aber eben auch niemand blöd; die wissen viel, helfen, und stören niemanden. Ansonsten hängen sich hier die meisten Frauen besser rein als die meisten Männer, vermutlich um zu beweisen, dass sie trotz ‚frausein‘ das Thema wuppen. Die meisten Männer sind im permanenten Schwanzvergleich unterwegs, das mag ich nicht so.
Das war und ist immer mein Standpunkt gewesen.
Dann hast Du es anfangs vermieden, Deinen Standpunkt klarzumachen. 🙂
Woran ich mich grundsätzlich störe: aus einer Annahme (mit Indizes) eine Weisheit und Gewissheit zu machen.
Mich auch. Mich stört das Gegenteil aber genauso.
Wenn es das wäre, könnte man das Problem quantifizieren und adressieren.
Schwierig. Für Gender Pay Gap gibt es über ein Dutzend Gründe, die sich nicht immer klar voneinander abgrenzen lassen; die Beispiele mit dem ‚festeren‘ Auftreten oder der höheren ‚Verfügbarkeit‘ hatte ich schon genannt. Und gerade zum letzten Punkt fällt mir auch, dass Männer bei der Geburt eines Kindes einen Monat aussteigen, vielleicht zwei, aber das war’s dann auch. Wenn es grundlegend andersherum liefe – Frau plagt sich mit Schwangerschaft und Geburt, dafür überbrückt der Mann bis zum Kindergarten – sähe das auch anders aus (wie immer man zu dem Thema grundsätzlich steht).
Aber grundsätzlich kann man unter dieser Situation eine Diskriminierung weder in Einzelfällen klar beweisen noch sie ausschließen.
Und wenn jemand mich junger Mann nennt, drehe ich mich immer noch verwirrt um. Mit 55!
So jung und schon so verwirrt … ? Das wird dann kein gutes Ende nehmen. 🙂
Pauschal: dann leiden die Chefs unter mangelnder Menschenkenntnis. Man kann sich in einem Vorstellungsgespräch verstellen und auch ein paar Wochen. Aber nicht ein halbes Jahr.
Pauschal: Dann fehlt Dir Lebenserfahrung.
Ich habe in einem früheren Leben mal eine 25-Mann starke Abteilung aufbauen müssen. Bis ich alle beieinander hatte und wir von der Konzeptarbeit in die Praxis wechselten, waren die sechs Monate Probezeit locker rum. Einer der neuen Kollegen war ein gerissener Stinkstiefel. Bis zu einem gewissen Grad hochkompetent, aber er merkte einfach nicht, wann er von erstklassigem, andere Ingenieure beeindruckendem Wissen auf zweiklassige Meinungen überwechselte. Und wenn dann etwas schief ging, hängte er andere Kollegen hin, und kämpfte mit Klauen und Zähnen (= verweigerte die Erbringung von Arbeitsleistung mit ärztlichen Attesten, ging in das Betriebsrat-Wahlvorstand, erhob den Vorwurf, von seinem Chef sexuell genötigt worden zu sein) um seinen Traumjob. War hart, den loszuwerden.
Corona stellt sich bei mir bisher eher als eine Erkältung da, sogar mäßiger als bei meiner Frau. Man ist nicht arbeitsfähig, aber die Impfungen haben bei mir stärker eingeschlagen. Ich bin leicht gespannt, wie es weitergeht. Aber danke für die Wünsche!
Ich hatte überhaupt keine Probleme mit den Impfungen, aber die erste Woche Corona war hart. Jetzt, nach einem Monat, habe ich immer noch ständigen Reizhusten, und schlafe bestenfalls vier Stunden durch.
Pass auf Dich auf 🙂
E.G.
Die Diskussion wird halt schwierig, wenn man in Einzelbeispielen wie der höheren Vergütung qualifizierter weiblicher Vorstände belegen will
Das ist eben nicht ein Einzelbeispiel, sondern die Beobachtung einer homogenen Gruppe, auch wenn diese klein ist. Und es zeigt, wie wirkungsmächtig Marktkräfte sind.
Wenn dann eine alleinerziehende Mutter dringend auf einen Job angewiesen ist, wird gerne mal mit der Begründung, die Verfügbarkeit sei nicht gewährleistet, das Gehalt ein wenig gedrückt
Nochmal: Das halte ich für außerordentlich schwierig. Zum einen ist die erste Frage in der Gehaltsrunde nicht die Feststellung, wir können Ihnen nur Gehalt X anbieten. Sondern: Was wollen Sie verdienen? Zum anderen kann sich ein Unternehmen bei tarifvertraglich gebundenen Unternehmen nicht einfach über tarifliche Eingruppierungsregeln hinwegsetzen. Eine so angesetzte Diskriminierung ist außerordentlich schwer. Wofür das Ganze? Damit die Gehaltssumme im Jahr nicht 5,6 Millionen beträgt, sondern nur 5,54 Millionen Euro?
Folglich habe ich solchen Unsinn nie erlebt. Nguyen-Kim hat da durchaus einen Punkt: in vielen Bereichen haben wir ein ganzes Stück geschlechtshomogene Strukturen. Über 90% der Mitarbeiter in HR sind Frauen. In der Buchhaltung sind es sicher zweidrittel und mehr. Im Vertrieb arbeiten 80% und mehr Männer. Im Erziehungswesen sind wieder fast 90% Frauen. Sehr heterogene Abteilungen, wo nicht ein Geschlecht dominiert, sind eher selten. Und es ist nunmal so: die Buchhalter bekommen weniger als die Controller, egal ob männlich oder weiblich. Nguyen-Kim stellt im Prinzip die Frage: ist das gerecht? Und ich sage: falsche Frage.
Was ich erlebt habe – das ist aber fast 20 Jahre her: Ein Vorgesetzter akzeptierte nicht, dass Frauen schwanger werden können. Nach ihrer Rückkehr setzte er alles daran, sie loszuwerden.
Ich stimme Dir da zu. In den Jobs, in denen ich unterwegs bin, hängt immer sehr viel von persönlicher Beziehung ab, von vertrauen, von Sympathie. Kann ich mich davon freimachen, wenn ich jemanden für mein Team suche? Natürlich nicht.
Wieso solltest Du? Du verbringst mehr Zeit auf der Arbeit als mit Deiner Frau. Deine Frau hast Du sorgsam nach Sympathie ausgewählt, damit ihr so lange zusammenpasst. Wie soll das im Job funktionieren, wenn Sympathie nicht ein entscheidendes Kriterium ist? Ich kenne kein Team, dass rein auf Funktionalität aufgebaut gut funktioniert hätte. Die besten Bands sind auseinandergeflogen, als es zwischen den Bandmitgliedern zu viele Konflikte gab.
Der Gesetzgeber ignoriert das aus hoch-theoretischen Gründen. Deswegen wird es ignoriert, weil es weltfremd ist.
Ansonsten hängen sich hier die meisten Frauen besser rein als die meisten Männer, vermutlich um zu beweisen, dass sie trotz ‚frausein‘ das Thema wuppen. Die meisten Männer sind im permanenten Schwanzvergleich unterwegs
Du schönst. In fast jedem reinen Frauenteam gibt es richtiges Zickengehabe. Ich war einige Male in Gesprächen, da war es der explizite Wunsch der Mitarbeiterinnen in der Abteilung gewesen, dass ein Mann Chef wird.
Frau plagt sich mit Schwangerschaft und Geburt, dafür überbrückt der Mann bis zum Kindergarten – sähe das auch anders aus (wie immer man zu dem Thema grundsätzlich steht).
Ich kenne nur Frauen, die das für sich ablehnen.
Pauschal: Dann fehlt Dir Lebenserfahrung.
Ich habe in einem früheren Leben mal eine 25-Mann starke Abteilung aufbauen müssen.
Das ist nicht typisch. Typisch ist, dass höchstens 1-2 Mitarbeiter in einem halben Jahr neu zu einer Abteilung kommen.
Ich bin zuversichtlich, Corona gut zu überstehen. Kein Grund, meine politische Meinung zur Pandemie zu ändern. 😉 Sorry, Stefan!