Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann.
Fundstücke
1) Why Biden Is Getting More Bipartisan Laws Than Anyone Expected
To some extent, the rise in bipartisan legislating reflects a trend that has been quietly happening for several years. Beginning at the tail end of the Obama era, and continuing through the Trump era, Congress has passed a number of important bills that have flown under the radar. Simon Bazelon and Matthew Yglesias called the phenomenon “Secret Congress.” The pattern is that the two parties negotiate the bills almost entirely in private, avoiding both media attention and partisan conflict. The product of the negotiation is brought onto the floor of Congress and approved with little public notice or debate. But there is more happening during the Biden administration than a mere continuation of the Secret Congress phenomenon. The bills are bigger, and the subjects they cover are less obscure. Infrastructure is a revealing window into the change. […] Biden also deserves some credit here. He promised during the campaign that he could turn down the temperature in Washington and that his Senate experience would make him a more effective negotiator. That has not always proven true when it comes to negotiating with his own party, but it very much has when it comes to negotiating with Republicans. Many of us dismissed Biden’s claim that he could bring the parties closer together as delusional. To an extent we didn’t expect, he’s managed to do it. (Jonathan Chait, New York Magazine)
Die Totalblockade der Obama-Ära war schon immer ein Resultat einer politischen Entscheidung, in dem Fall der Republicans. Obama war genauso wie Biden mit dem expliziten Versprechen und aufrichtigen Wunsch nach überparteilicher Zusammenarbeit angetreten. Aber Mitch McConnell hatte – durchaus korrekt – die Prämisse vertreten, dass eine Totalblockade überwiegend den Democrats angelastet werden würde. Es ging darum, den „historischen Unfall“ des ersten schwarzen Präsidenten rückgängig zu machen. Einen ähnlichen Impetus gibt es für Biden nicht, der, obgleich er politisch „linker“ regiert als Obama (weniger aus persönlichen Gründen als wegen der Struktur von Partei und Kongress). Und das ist eigentlich das ganze Geheimnis. Das heißt nun nicht, dass Biden keinen Anteil an dem Erfolg hätte; das ist offensichtlich ein großes Talent, das er hat (und eines, das Obama nicht hatte). Aber ohne McConnells Bereitschaft, grundsätzlich den „Secret Congress“ wieder zuzulassen, würde auch Biden gegen eine Wand laufen.
Unter der Oberfläche verletzt die vierte, die ökologische Kränkung den Menschen in einer Weise, die darüber hinausgeht, was Sigmund Freud vor hundert Jahren analysiert hat. Sie stellt alles infrage, was dem Menschen zu Stolz und Ehre gereicht, sie versieht fast alle Erzählungen mit einem Fragezeichen, die der moderne Mensch gern über sich selbst verbreitet. Angefangen vom Gang der Geschichte über den Sinn des eigenen Lebens bis hin zum Hochgefühl der individuellen Freiheit. […] Zwar haben wir längst gelernt, dass unser Fortschreiten eben nicht immer Fortschritt bedeutet, dass Kolonialismus, Imperialismus und Kapitalismus nicht stets nur Heil bringen, sondern auch Unheil, dass Fortschritt nicht nur Himmel, sondern auch Hölle bedeuten kann. Und diese Lehren waren schwierig. Aber sie widersprechen nicht dem the best is yet to come. Die Klimakrise jedoch beginnt es zu unterminieren, eben weil sie sich mit keinerlei Heilsversprechen vereinbaren lässt. […] Mit solchen Fragen kollabiert nicht bloß die Küchentisch-Teleologie der Familien, damit fliegt im Grunde der ganze Generationen-Deal auf, weil die Kinder die Eltern nur sehr schwer für die Welt ehren können, die sie ihnen da hinterlassen. […] Die oft unter intellektuellen und emotionalen Mühen aus den Katastrophen und den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts gewonnene Regelkenntnis lässt uns verloren dastehen. Zum Beispiel kommt in der Klimakrise das Unheil nicht mehr aus den Untaten mächtiger verbrecherischer Individuen, sondern aus der Untätigkeit durchaus gutmeinender Politiker. (Bernd Ulrich/Fritz Engel, ZEIT)
Die Idee, die Klimakrise im Freud’schen Sinne als eine „Kränkung des Menschen“ zu sehen, ist spannend. Der ganze Text ist sehr lesenswert. Die These, dass es der Klimakrise an einem Heilsversprechen fehlt, trifft ins Schwarze. Ich glaube, dass neben den großen Zeiträumen, die hier involviert sind, der Hauptgrund für die Schwierigkeit bei der politischen Mobilisierung für Gegenmaßnahmen ist. Auch, dass Untätigkeit der Kern des Übels ist und nicht irgendeine sinistre, in Uniformen gekleidete totalitaristische Truppe macht die Erfassung sehr schwer.
3) Some thoughts on the judiciary
Here’s what’s been filling up my Twitter feed today:
- Democrats don’t care as much about the judiciary. This is true, and yet judgeships are split pretty evenly despite Democrats holding the presidency for only nine of the past 21 years. Caring more doesn’t really seem to matter that much.
- Democrats aren’t ruthless enough. Mitch McConnell’s refusal to hold hearings for Merrick Garland was surely a new level of ruthlessness. But when Republicans continually blocked Democratic nominees in 2013, Harry Reid nuked the filibuster. I’m not so sure Democrats lack ruthlessness.
- We have to expand the Court. Sure, except we don’t have 50 votes to do it. This is just pointless jibber jabber at the moment.
Here’s what I’m not hearing:
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We need to do whatever it takes to keep control of the Senate. Like it or not, this means moderating some progressive views in order to win seats in purplish states. We don’t seem willing to do that.
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More of us should have voted for Hillary. I don’t care if she doesn’t quite tick all your boxes. If there had been less Hillary loathing among liberals she would have won the presidency and the Supreme Court would currently be majority Democratic.
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We are now paying the price of not doing these things. You can carry your AR-15 openly anywhere you want. The government can’t mandate COVID vaccinations in the workplace. Women in red states have lost control over their own bodies. And God only knows what’s next. (Kevin Drum, Jabberwocky)
Ich stimme Kevin Drum absolut zu; seine Einschätzungen zur Revision von Roe v Wade (hier, hier und hier) decken sich generell mit meinen Ansichten. Ich will hier vor allem darauf hinweisen, die dumm der Diskurs auf der Linken gerade ist. Die Analyse dessen, was da vor sich geht, ist furchtbar defizitär und führt in völlig falsche Richtungen. Die Progressiven haben die Debatte schlicht verkackt, das kann man gar nicht anders sagen. Die Konservativen haben 40 Jahre lang methodische Basisarbeit und Lobbying betrieben und ernten jetzt die Früchte.
Ich will besonders auf den zweiten Punkt hinweisen, den man nicht hört: die Wahl von 2016 bleibt das größte Eigentor, das die Progressiven sich geschossen haben. Es ist dieselbe Geschichte wie 2000: die Eitelkeit einiger Leute, die ihre Prinzipien nicht ausreichend vertreten sahen und sich in eine falsche „es ändert eh nichts“-Haltung redeten beziehungsweise der Überzeugung waren, dass die Wahl von Ralph Nader oder Jill Stein irgendwie sinnvoll wäre, hatte riesige Konsequenzen.
4) Robert, Alter, rück die 50 Euro raus!
Das ist ein überhebliches Statement des Grünen-Ministers, dessen Parteikollegen und Wähler meist aus dem gut situierten Bürgertum kommen, in dem die Kostenerhöhungen kaum eine Rolle spielen. Im selben Interview erklärte Habeck noch, wie viel Prozent Energie man einsparen könne, wenn man Wohnräume weniger stark heize. Doch schon jetzt heizen viele Menschen, die knapp über der Bedürftigkeitsgrenze liegen, kaum noch, oder nur in einzelnen Räumen. In vielen schlecht isolierten oder schimmelanfälligen Gebäuden lassen sich kaum Heizkosten einsparen. Viele arme Menschen können gar nicht die Sparziele erfüllen, die für eine Prämie notwendig sind. Und dass viele Studenten und Rentner nicht einmal die 300 Euro Energiepauschale bekommen, macht Habecks Erwartungshaltung an die Bevölkerung doppelt zynisch. Besser wäre es, der Staat würde die Heizkosten – ähnlich wie bei Hartz IV – für eine breitere Zahl einkommensschwacher Menschen komplett übernehmen. Doch das schwebt Habeck nicht vor.[…] Und wenn er möchte, dass man beispielsweise mit neuen Duschköpfen Warmwasser einspart, müsste der Minister aus der Agenda-2010-Partei Bündnis 90/Die Grünen erklären, wie Menschen, die mit Hartz IV am Existenzminimum leben, solche Ausgaben finanzieren sollen. (Jörg Wilamasena, Welt)
Ich hab das schon mal in einem Vermischten angesprochen: Habecks Kommunikationsstil kommt gerade wahnsinnig gut an, aber das liegt nicht daran, dass der irgendwie sui generis überlegen wäre. Wie der oben verlinkte Artikel zeigt, kann man den Kommunikationsstil auch in der Luft zerreißen und total zum Kotzen finden. Wie das die Mehrheit, vor allem die der Meinungsbildenden, letztendlich beurteilt ist praktisch nicht vorherzusehen. Nach 16 Jahren Merkel steht die „klare Kante“ offensichtlich wieder etwas im Kurs, aber ich darf daran erinner, dass Kurt Beck etwa damals gar nicht so sehr damit ankam, und Franz Müntefering gelang es auch nicht wirklich, das durchzubringen. Letztlich ist das schon ein wenig willkürlich, und man kann als Politiker*in nur darauf hoffen, dass der eigene Stil sich entweder durchsetzt (siehe Merkel) oder halt in die Zeit passt.
Es ist ein Sieg der religiösen Rechten und Erzkonservativen im Land. Die Evangelikalen setzen die Schöpfung über die Evolution und vertreten in gesellschaftlichen Fragen extrem konservative Haltungen. Sie haben das getan, was Falwell eingefordert hat. Sie sind drangeblieben. Sie haben ihre Botschaft niemals aufgegeben, haben finanzielle und moralische Wahlkampfunterstützung für Politikerinnen und Politiker daran gekoppelt, dass diese in ihrer Entscheidung zwischen Pro-Life und Pro-Choice nur eine einzige kompromisslose Antwort geben durften. Diese ideologische Arbeit für die Rechte begann direkt nach dem Sieg der Pro-Choicer vor dem Supreme Court mit Roe v. Wade 1973. Bei der Präsidentschaftswahl 1980 gewann Ronald Reagan deutlich gegen Jimmy Carter, er brauchte nicht einmal die Stimmen der Rechtsaußenkonservativen, auch wenn seine Botschaft – Make America Great Again – mit auf sie abzielte. Im Schatten von Reagans ungefährdetem Sieg passierte noch etwas anderes: Im Senat verloren zwölf demokratische Senatoren ihre Sitze an Konservative mit eindeutiger Antischwangerschaftsabbruchhaltung, womit die Republikaner das erste Mal seit den Fünfzigerjahren wieder die Kontrolle über die Kammer bekamen. „Dranbleiben, dranbleiben, dranbleiben.“ Alle konservativen US-Präsidenten seit Reagan waren Schwangerschaftsabbruchgegner: George H. W. Bush, George W. Bush und Donald Trump. (Rieke Havertz, ZEIT)
So sehr ich dem Artikel grundsätzlich zustimme, so sehr muss ich doch gegen eine Legende gegendrücken, die er leider reproduziert und die ich hier in den Kommentaren auch schon öfter gelesen habe: Die Idee, dass Roe v Wade 1973 zu einer polarisierenden Gegenreaktion führte, ist falsch. Die Southern Baptist Convention, die relevanteste Vertretung der Evangelikalen, hatte 1973 kein Problem mit Abtreibung. Tatsächlich betrachteten sie das als ein Thema der Katholiken und machten sich eher darüber lustig. Erst gegen Ende der 1970er Jahre begannen politische Organisator*innen auf der evangelikalen Rechten gegen Abtreibungen mobil zu machen, weil sie das Langzeitpotenzial des Themas erkannten.
Tatsächlich war das entscheidende Thema für den Aufstieg der „Rechtsaußenkonservativen“ nicht die Abtreibung, sondern die Desegregation der 1960er Jahre, die dieser Artikel von Politico ausführlich darlegt. Die massive Mobilisierung evangelikaler Wählender gelang über diese Themen. Nicht umsonst hatte Reagan damit seinen Wahlkampf 1979/80 bestritten und nicht mit Abtreibung, die damals überhaupt keine Rolle spielte. Die Rechtsaußenkonservativen waren für Reagans Sieg auch, anders als der Artikel behauptet, entscheidend, schon allein, weil sie gegen Carter mobilisierten – der als Evangelikaler noch 1976 eine Mehrheit in diesen Schichten gewonnen hatte.
6) What Happens When American Children Learn About Racism?
First and foremost, Nelsen found that, compared to students who read the more traditional history text, students of all racial backgrounds benefitted from reading the more critical text. Latino and Black youth, for instance, reported a greater willingness to participate in acts of political engagement and were also more willing to express their views on a variety of issues. In another work, Nelsen also found that white students reported a greater appreciation for the contributions that Black, Latino and Asian Americans have made to American society. Political scientists are not the only ones finding results like this. Nelsen’s findings are consistent with a larger body of research conducted by a team of psychologists from Northwestern University, the University of Georgia and the University of Vermont. In their recent review of the literature on this topic, psychologist Sylvia Perry and her colleagues noted that teaching children about racism can actually increase the empathy they have for members of other groups, as well as their concerns about systemic racism. (Neil Lewis Jr., 538)
Es ist sehr schön zu lesen, dass der Unterricht beziehungsweise die Thematisierung im Unterricht tatsächlich positive Effekte haben. Gleichzeitig zeigt es ein strategisches Rational der Republicans im inszenierten Kampf gegen den Unterricht dieser Inhalte: gerade weil es funktioniert, ist es für sie gefährlich. Ich denke weiterhin, dass die Mobilisierung der eigenen Basis und die Identitätspolitik die relevanteren Motivationsgründe für diese Politik sind, aber es ist nicht zu verachten, dass es auch ihren gesellschaftspolitischen Zielen entgegenkommt.
7) Die Sprengkraft der Kartoffel
Um das zu verstehen, müssen wir uns vergegenwärtigen, wie Privilegien und Diskriminierung zusammenhängen. Der erste Schritt einer Diskriminierung besteht darin, die Gesellschaft in zwei Gruppen aufzuteilen – etwa aufgrund bestimmter äußerer Merkmale wie Haar- oder Hautfarbe oder aufgrund diffuser Zuschreibungen wie „Migrationshintergrund“. Der zweite Schritt besteht darin, diesen Gruppen Eigenschaften zu unterstellen, die mit der ursprünglichen Unterscheidung nichts zu tun haben – etwa Unterschiede in der Leistungsbereitschaft, der Intelligenz oder der Neigung zu Gewalt und Kriminalität. Im dritten und entscheidenden Schritt wird die Gruppe, die die Unterscheidung getroffen und der anderen Gruppe die negativen Eigenschaften zugeschrieben hat, dann als Gruppe unsichtbar gemacht. Sie wird aufgelöst in lauter Individuen, die dann auch nur an ihren individuellen Eigenschaften und Leistungen gemessen werden, denen also nicht schon aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit mit einer bestimmten Einstellung begegnet wird und die nicht für das (tatsächliche oder angebliche) Fehlverhalten anderer Mitglieder ihrer Gruppe in Haftung genommen werden. Diese Unsichtbarkeit als Gruppe, diese Selbstverständlichkeit, ohne Vorurteile als Individuum wahrgenommen zu werden, ist das Privileg, auf das Ataman in ihrer Kolumne hinweist. Das Wort „Kartoffel“ ist nicht deshalb verletzend, weil es Deutsche ohne Migrationshintergrund diskriminiert – das kann es schon deshalb nicht, weil es keine herabwürdigenden Vorurteile gegen diese Gruppe gibt. Es ist verletzend, weil es diejenigen, die mit diesem Wort bezeichnet werden (oder auch nur bezeichnet werden könnten), dazu zwingt, sich zur Abwechslung überhaupt einmal als Mitglied einer Gruppe zu verstehen. (Anatol Stefanowitsch, ZEIT)
Ich stimme Stefanowitsch in dem, was er schreibt, völlig zu, will aber ein Nebenthema herausgreifen, das mir von progressiver Seite mit arg schnödem Händwedeln beiseitegewischt wird: „Kartoffel“ mag zwar keine Diskriminierung darstellen, weil ich als alman grundsätzlich nicht von Minderheiten diskriminiert werden kann (aus den von Stefanowitsch gut dargestellten Gründen); gleichwohl ist es einerseits eine Beleidigung, die ich nicht hinnehmen muss, und andererseits Ausdruck eines insgesamt der Integration nicht sonderlich fördernden Abgrenzungsdenkens. Dass die geifernden Kommentare vieler Konservativer, die einen „Rassismus gegen Weiße“ postulieren, Blödsinn sind, ändert wenig daran, dass der Gebrauch solcher Begriffe nicht besonders cool ist.
8) The Supreme Court rulings represent the tyranny of the minority
Now, the Supreme Court has no obligation to follow the popular will. It is charged with safeguarding the Constitution. But it is hard for any disinterested observer to have any faith in what the right-wing justices are doing. They are not acting very conservatively in overturning an abortion ruling (Roe v. Wade) that is 49 years old and a New York state gun-control statute that is 109 years old. In both cases, the justices rely on dubious readings of legal history that have been challenged by many scholars to overturn what had been settled law. Conservatives can plausibly argue that liberal justices invented a constitutional right to abortion, but how is that different from what conservative justices have done in inventing an individual right to carry guns that is also nowhere to be found in the Constitution? The Supreme Court did not recognize an individual right to bear arms until 2008 — 217 years after the Second Amendment was enacted expressly to protect “well-regulated” state militia. The Second Amendment hasn’t changed over the centuries, but the composition of the court has. The majority conveniently favors state’s rights on abortion but not on guns. It is obvious that the conservative justices (who are presumably antiabortion rights and pro-gun rights) are simply enacting their personal preferences, just as liberal justices (who are presumably pro-choice and pro-gun control) do. (Max Boot, Washington Post)
Eine ähnliche Kritik ist auch von Adam Serwer im Atlantic zu lesen. Generell scheint sich das Bild des SCOTUS bei vielen Moderaten durch die Entscheidung grundlegend gewandelt zu haben. Wie verbreitet und nachhaltig das tatsächlich ist, wird sich zeigen, aber das offensichtliche Belogen-werden von den Konservativen (man denke nur an Kavanaughs unzählige Versicherungen während seiner Anhörungen, er werde keinesfalls Roe v Wade overturnen) hat glaube ich schon was kaputt gemacht.
Ansonsten ist das hier ziemlich deckungsgleich mit meinem eigenen Argument: der „Originalismus“ ist nichts als miese Geschichtswissenschaft, eine Soße, die über die eigenen Vorlieben gekippt wird, um zu verschleiern, dass man halt höchstrichterlich durchsetzt, wovon man immer schon überzeugt war. Wenn es nach dem Willen der Founders ginge, würden Leute wie Scalia oder Alito ohnehin nicht im SCOTUS sitzen; für die Gründergeneration waren Katholiken in Machtpositionen generell unvorstellbar – von Schwarzen, Juden oder Latinos einmal ganz abgesehen. Allein das sollte eigentlich ausreichen, um diese Argumente völlig zu diskreditieren.
Offensichtlich hat sich die Gesellschaft weiterentwickelt. Bedenkt man, dass die Founder ursprünglich ein Verfallsdatum von 15-30 Jahren diskutierten, um nachfolgende Generationen nicht zu binden und dann als praktikablere Variante die Möglichkeit der Verfassungsänderung erfanden, sieht man einmal mehr, wie ahistorisch diese ganze Idee ist. Da ist mir die Ehrlichkeit der Progressiven wesentlich lieber. Die sagen wenigstens offen, dass sie die Auslegung in ihrem Sinne ändern wollen.
Interessant ist nun, dass in jüngster Zeit die Rekonstruktion eines den Opfern des 15. Januar 1919 gewidmeten Revolutionsdenkmals auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Erwägung gezogen wird. Während andernorts Erinnerungen an den Kommunismus getilgt werden, soll das 1926 von Ludwig Mies van der Rohe gestaltete Denkmal auf dem Friedhof wiedererrichtet werden. […] Dass der Kommunismus erinnerungswürdig ist, sollte unbestritten sein. Eine Idee, die Millionen Menschen in ihren Bann geschlagen und mobilisiert hat, und eine machtvolle Bewegung, die zugleich Millionen Menschen auf dem Gewissen hat, sind schwerlich zu ignorieren. Es geht darum, wie man ohne die lange vorherrschende Hagiografie und Mystifizierung auskommt und die von den Gegnern und Feinden betriebene Propaganda vermeidet. Es bleibt das Spannungsverhältnis zwischen einem auf humanistischen Kategorien aufbauenden Menschenbild und diesen völlig zuwiderlaufenden Praktiken, die an jedem Ort eines „realexistierenden Sozialismus“ aufgetreten sind. Gegenüber der menschlichen Mitwelt wie der natürlichen Umwelt hält der Kommunismus strukturell eine mindestens autoritär-pädagogische, schlimmstenfalls menschenverachtende und naturzerstörerische Hierarchie aufrecht, die ihn zu einem historischen Relikt des 20. Jahrhunderts absinken ließ. Die Kernideen von Freiheit, Gleichheit und Solidarität, die der Kommunismus von den bürgerlichen Revolutionen geerbt hat, um sie aus dem Reich der Ideen in die soziale Welt zu übersetzen, sind damit nicht obsolet. […] Was ist also „Kommunismus“, dieses Gespenst, das einst in Europa und der Welt umging, heute: ein antiquarisches Studienobjekt, „nur so eine (in Schönheit gestorbene) Idee“? Oder das Monster, das für immer mit dem GULag assoziiert bleibt? Ein Untoter, der immer wieder idealistische Begeisterung hervorruft? Oder ein Mutant, der gerade die Gestalt des russischen Imperialismus angenommen hat? Von allem etwas wohl. Doch wie sagte Christian Semler, 68er, ex-KPD/AO und graue Eminenz der taz, gerne: Kein Kommunismus ist auch keine Lösung. (Claus Leggewie, Geschichte der Gegenwart)
Tatsächlich ist der vorliegende Fall ein schwieriges Thema, weil es gleichzeitig um Mies van der Rohe und um Opfer rechten Terrors geht, aber grundsätzlich gibt es in meinen Augen wenig Notwendigkeit, Denkmäler für den Kommunismus aufzustellen. Würden Stalinmonumente und ähnlicher Quatsch noch bestehen, müssten die auch abgebaut werden, zumindest aus meiner Sicht. Auf der anderen Seite haben wir alte Hohenzollernpracht wieder aufgebaut, und das ist mindestens genauso bescheuert wie die Rekonstruktion kommunistischer Denkmäler. Wenn wir schon Blödsinn machen, dann bitte nach allen Seiten gleich.
10) Wir müssen aufhören, auf diese Leute zu hören
Ab da aber ging es bergab, was viel mit den Aktivitäten der FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle und Philipp Rösler zu tun hat. Dabei sprach gerade Rösler oft und gern davon, dass er den Ausbau der Windenergie »vorantreiben« wollte. Das Gegenteil trat ein. Und die bis dahin boomende heimische Solarbranche wurde, nicht zuletzt durch eine von Rösler und Norbert Röttgen (CDU) durchgesetzte Kürzung der Förderung, fast vollständig vernichtet. Heute könnten wir die damals zerstörten Kapazitäten gut brauchen. Zur Einordnung: Im Braunkohlebergbau arbeiteten in Deutschland 2011 noch knapp 23.000 Menschen, 2021 waren es noch knapp 18.000. Im Bereich erneuerbare Energien verschwanden im gleichen Zeitraum mehr als 70.000 Arbeitsplätze (zwischenzeitlich waren es sogar mehr als 100.000, aber seit 2019 hat sich die Branche leicht erholt). Während also ein Häuflein Vergangenheitsarbeitsplätze zugunsten der jährlich milliardenschwere Schäden anrichtenden Erlösmodelle von RWE, Leag und Co. geschützt wurden, radierte man parallel Zehntausende Zukunftsarbeitsplätze, die uns aus der Abhängigkeit von Öl, Kohle und Gas hätten befreien können, aus. Das ist das wahre Erbe der Ära Merkel, so bitter das klingt. […] Die Tatsache, dass die gegenwärtig wirtschafts- und energiepolitisch doppelt bedrohliche Lage Deutschlands sich auf konkretes politisches Handeln konkreter Schuldiger zurückführen lässt, ist in meinen Augen längst noch nicht ausreichend aufgearbeitet. Das Gleiche gilt für die Tatsache, dass die Lobbyistinnen und Lobbyisten, auf deren irregeleitete Ratschläge die Politik all die Jahre gehört hat, weiterhin als ernstzunehmende Gesprächspartner behandelt werden. […] Um ihre sehr speziellen Ziele zu erreichen, haben die Vertreter vieler Branchen jahrzehntelang gelogen, manipuliert, verzerrt, geschmeichelt und mit lukrativen Jobs für Leute aus der Politik gelockt. Das völlig verzerrte Bild der Arbeitsplätze in den Energiebranchen, das hierzulande noch immer vorherrscht, ist ein hervorragendes Beispiel, der Umgang mit dem Dieselskandal ein zweites. (Christian Stöcker, SpiegelOnline)
Ich finde, dass Stöckers Lobbyismusfeindlichkeit etwas über das Ziel hinausschießt, aber ich bin absolut bei ihm, wo er die Hauptverantwortung für dieses Desaster den Merkel-Kabinetten anlastet. Sie waren es, die die furchtbare Verhinderungs- und teilweise sogar Zerstörungspolitik betrieben haben. Auch der Hinweis darauf, dass der größte Kladderadatsch mit Schwarz-Gelb 2009 begann, ist absolut treffsicher. Etwas zu gut kommt mir in diesen Analysen immer die SPD weg. Die hat sich nämlich seit 2013 nicht eben mit Ruhm bekleckert und ist fast genauso schlimm wie die CDU. Plenty of blame to go around.
Resterampe
a) Ein Nachtrag zu Fundstück 5 aus dem letzten Vermischten ist diese Kritik Kevin Drums an progressiven Organisationen. Die Kritik scheint mir durchaus berechtigt, aber die Idee, das sei in konservativen Organisationen anders, ist lächerlich. Was diese Kritiken alle nicht beantworten ist die Frage, warum es für die eine politische Bewegung vernichtend ist und für die andere effektfrei.
b) Steuersenkungspartei Grüne.
c) Gerade macht diese Recherche des Intercept die Runde, in der die internen Querelen progressiver Aktionen und Woke-Exzesse dargestellt werden. Meine Frage ist dieselbe wie in a): die Konservativen erzwingen seit Jahren eine noch viel größere ideologische Konformität und säubern ihre Organisationen erbarmungslos von allen Abweichlern. Was ist der Unterschied? Dass die Linken es öffentlicher tun, chaotischer?
d) Auto-Ideologie, Beispiel 23252352
e) Wenig überraschend: Lüftungssysteme helfen massiv gegen Covid-Infektionen. Aber warum sollte man etwas tun, um Schüler*innen und Lehrkräfte zu schützen…
f) Dieses Beispiel für Fake News dürfte Wächter gefallen.
g) Varwicks Versuch, sich als Opfer von Cancel Culture zu gerieren, ist so unglaublich lächerlich.
h) Klaus Stöhrs Ernennung lässt Übles ahnen.
i) Apple hat nachgewiesenermaßen mit Patches die Performance und Akkuleistung älterer Smartphones heruntergerregelt. Krimineller Scheißladen.
k) Kann man mal zur Abwechslung was Positives zu Elon Musk sagen. Und zur Bundeswehr.
l) Das US-Gesundheitssystem ist einfach beknackt.
m) Noch mal Kritik an der deutschen Ostpolitik-Nostalgie.
n) Mir ist völlig unklar was SPD und Grüne da treiben und bin völlig bei der FDP.
o) Was für eine Absurdität diese Stellenanzeige ist.
p) Wenig überraschend führt Vaping zu höherem Nikotingebrauch.
q) Lindners Kritik am grünen Steuerkonzept ist hanebüchener Quatsch, sagt das Handelsblatt.
r) Spannender Thread von einem Experten über Lieferkettenprobleme.
t) Der Umgang mit Vergewaltigungsopfern bleibt eine absolute Schande.
u) Die Republicans werden es wieder tun.
v) So wahr bezüglich der Unterschiede von links und rechts. Wenngleich es etwas zu undifferenziert ist.
w) Spannender Thread über die verpassten Chancen von EU-Politik in den 2000er Jahren.
Zur Resterampe Punkt o)
Die Stellenanzeige scheint entfernt worden zu sein, oder der Link ist nicht korrekt.
Ah. War eine Stelle als Forschungsassistent, erforderte abgeschlossenes Studium, Vollzeit, 1600 Euro brutto.
Und da wundert man sich, dass es den Forschernachwuchs ins Ausland zieht – hab kürzlich gelesen das durchschnittliche Gehalt von Forschungsassistent*innen bei rund 40 TEUR liegt – die angebotenen 1600 klingen nach nach nem echten Ausbeuterjob
Klar ist es das. Das ist noch weit unter Mindestlohn. Absolute Frechheit, so was.
Was fuer ne Institution war das denn? Als Doktorand auf einer dreiviertel Stelle in der niedrigstmoeglichen Tarifgruppe habe ich das damals fast netto bekommen.
Weiß ich leider nicht mehr.
5) Ich habe mich eben auf Wikipedia schlau gemacht: Tatsächlich entstammten zwei moderate (O’Connor, Kennedy) und ein radikaler (Scalia) Richter der Reagan-Ära – alle einstimmig vom Senat bestätigt. George H. W. Bush entsandte einen weiteren moderaten Richter (Souter, der neun Gegenstimmen von progressiven Demokraten bekam) und Thomas, bei dem die Abstimmung im Senat mit 52:48 extrem knapp ausfiel.
Korrekt. Die Radikalisierung des SCOTUS kam erst mit Trump (grundsätzlich schon seit 2008, aber die Republicans konnten ihre Kandidat*innen erst ab 2016 vorschlagen). Stichwort Federalist Society.
Die Idee, die Klimakrise im Freud’schen Sinne als eine „Kränkung des Menschen“ zu sehen, ist spannend.
Aber weit weg von der Realität. Um den Klimawandel als „Kränkung“ zu sehen, müsste er erst mal von einer hinreichend großen Zahl von Personen als großes Problem gesehen werden. Bzw. genauer gesagt als ein Problem, dessen Lösung substanziell Opferbereitschaft fordert.
Das ist aber offensichtlich nicht der Fall. Wir stehen derzeit noch ganz am Anfang der Energiewende, und trotzdem mucken die Leute angesichts von Preissteigerungen schon rum. Wie wird das erst, wenn klar wird, dass die benötigten Rohstoffe gar nicht für eine globale Energiewende ausreichen? Und schon gar nicht in dem märchenhaften Tempo, das einige ernsthaft fordern?
Nein, da hat jemand bloß im Studierzimmer nach einer Profilierungsmöglichkeit gesucht.
Ja, aber der Grund dafür ist doch gerade die Kränkung?
Finde ich arg konstruiert. Die meisten Leute halten das Problem halt für kein großes Problem. Das muss man doch nicht gleich psychologisieren.
Doch. Stefan macht nur etwas, was fast allen Menschen eigen ist – er psychologisiert menschliche Entscheidungen, die er nicht versteht. Heutige Alternative dazu ist zunehmend Dämonisierung.
Gruss
Thorsten Haupts
Wieso nicht versteht? Und welche Entscheidung?
3)
„Ich will besonders auf den zweiten Punkt hinweisen, den man nicht hört: die Wahl von 2016 bleibt das größte Eigentor, das die Progressiven sich geschossen haben.“
Ob man diesen Punkt hört oder nicht hängt davon ab, wen man hört.
Bill Maher z.B. macht den seit Jahren.
2017 nach 100 Tagen Trump:
”Real Time“ host says winning the next election ”begins with learning the difference between an imperfect friend and a deadly enemy
„Maher continued: “Do you really think if just-as-evil-Hillary had been elected conservatives would now be in control of the Supreme Court as they will for decades? Just wait until the 5 to 4 decisions start rolling in gutting unions, making it harder for minorities to vote, siding with polluters, overturning abortion rights. Then maybe you’ll join me in saying to the liberal purists… go f— yourselves with the locally grown organic cucumber.”“
https://www.thewrap.com/bill-maher-liberals-who-didnt-vote-for-hillary-clinton/
Vor ein paar Tagen:
„To all you progressives who refused to vote for Hillary because she said „super-predators“ in 1996. Enjoy being „super-pregnant“ in 2022″
https://twitter.com/billmaher/status/1540538164258910208
Hat Maher nicht 2016 auch die Linie gefahren, dass HRC furchtbar ist? Vielleicht täusche ich mich auch. Aber ich find’s auf jeden Fall gut, dass er das jetzt so sagt.
Maher war auch vor der Wahl glasklar auf welcher Seite er steht:
This election is simply a referendum on decency – Trump has none, and if he’s elected there’s a part of this country we will never get back
https://twitter.com/billmaher/status/763940758210490368
Pneumonia? I’d vote for Dead Hillary in this race. She could be Patient Zero for Bubonic Plague, still better than #TangerineNightmare
https://twitter.com/billmaher/status/775486975541248000
“We have either ‘I’m with her,’” he said, “or ‘I’m with stupid. That’s the election in a nutshell.”
https://observer.com/2016/07/bill-maher-im-with-her-or-im-with-stupid/
Danke!
5) Nicht umsonst hatte Reagan damit seinen Wahlkampf 1979/80 bestritten und nicht mit Abtreibung, die damals überhaupt keine Rolle spielte.
Der Einzug Reagans ins weisse Haus war für das Pro-Life movement sehr wichtig, hörte ich heute bei NPR.
Und, dass das Thema keine Rolle spiele, sah zumindest die WaPo 1980 anders:
https://www.washingtonpost.com/archive/politics/1980/04/12/reagan-is-favored-by-anti-abortionists/f89c94bf-4e00-4674-b91c-c1f10a6aea15/
„His position has won Reagan the support of most anti-abortion groups nation-wide, giving him a built-in corpsof highly motivated activists in every state.“
Danke, spannend. Der entscheidende Faktor war aber die Desegregation.
Ob es für Reagans Wahl entscheidend war weiss ich nicht. Aber umgekehrt war es wohl der Moment in dem das Antiabortion movement endgültig Teil der GOP Platform geworden ist. Lese gerade dass “work for the appointment of judges at all levels of the judiciary who respect traditional family values and the sanctity of innocent human life.” 1980 Teil eben dieser Platform wurde.
Akzeptiert.
7)
„Das Wort „Kartoffel“ ist nicht deshalb verletzend, weil es Deutsche ohne Migrationshintergrund diskriminiert – das kann es schon deshalb nicht, weil es keine herabwürdigenden Vorurteile gegen diese Gruppe gibt.“
Es gibt keine herabwürdigenden Vorurteile gegen Deutsche?
Ja, das ist mir auch etwas unklar. Ich glaube, er meint innerhalb der deutschen Gesellschaft; anders macht das kaum Sinn.
Aber auch das ist arg vereinfacht. Man bewegt sich ja nicht ständig in „der“ deutschen Gesellschaft sondern auch in Teilbereichen der Gesellschaft. Und dort halt ich das für durchaus existent und ganz sicher nicht für per se ausgeschlossen.
7)
[„Das Wort „Kartoffel“ ist nicht deshalb verletzend, weil es Deutsche ohne Migrationshintergrund diskriminiert – das kann es schon deshalb nicht, weil es keine herabwürdigenden Vorurteile gegen diese Gruppe gibt.“]
Es gibt keine herabwürdigenden Vorurteile gegen Deutsche?
Klingt für mich auch wirr. Wenn ich jemanden aufgrund seiner Herkunft oder Hautfarbe beleidige, ist das in meinen Augen Rassismus und Diskriminierung. Das bei einer Gruppe von 10 Menschen 3 die anderen 7 als „Kartoffel“ bezeichnen, ist für mich genauso diskriminieren, wie wenn die 7 die anderen 3 mit einer vergleichbaren Bezeichnung (z.B. „Schlitzauge“ o.ä.) belegen.
Ist für mich bestenfalls Semantik.
… ist das in meinen Augen Rassismus …
Das bleibt es auch. Um sich aber gegen die Erkenntnis zu immunisieren, wie weit verbreitet „Rassismus“ (heute im Sinne von „Vorurteile gegen eine Gruppe“) unter real exisiterenden Menschen ist, haben Linke diesen Begriff schnell noch einmal umdefiniert: Jetzt ist Rassismus nur noch Rassismus, wenn er a) Vorurteile gegen eine Gruppe widergibt und b) die gesamtgesellschaftlichen Machtverhältnisse so sind, dass praktische Auswirkungen dieser Vorurteile nur gegen Minderheiten zum Tragen kommen. Ansonsten ist Rassismus definitorisch kein Rassismus, sondern menschlich normal und vollkommen akzeptabel.
Heisst, Rassismus kann es definitorisch nur noch von einer Mehrheitsgesellschaft gegen Minderheiten geben. Ich kann meine Bewunderung für die maliziöse Cleverness dieses Ansatzes kaum verbergen – als Propaganda ist das einfach grossartig (und ansonsten wertloser Wortmüll)!
Für jeden intelligenten Menschen ist das natürlich Bullshit, aber es ist eben gesellschaftlich wirksamer Bullshit (z.B. bei der Produktion von Rechtsradikalen geradezu unschätzbar wirksam).
Gruss,
Thorsten Haupts
f) Oh mein Gott.
Beißt sich übrigens auch mit der Behauptung aus 7 das weiße Mehrheiten nicht diskriminiert bzw. von negativen Vorurteilen betroffen sein könnten.
Erneut, ich glaube, das meint innerhalb der jeweiligen Gesellschaften. Nationale Stereotype sind nochmal ne andere Geschichte.
Der Vergleich geht völlig fehl. Die „Kränkungen“ durch Kopernikus, Darwin und Freud waren und sind nicht durch politische oder technologische Aktivitäten aus der Welt zu schaffen. Die Klimakrise schon. Kategorienfehler.
Ja, aber das ist ja nicht zwingend ein Problem in meinen Augen. Denn eine Kränkung des menschlichen Souveränitätsgefühls ist durchaus feststellbar IMHO.
@ CitizenK 27. Juni 2022, 23:16
Der Vergleich geht völlig fehl. Die „Kränkungen“ durch Kopernikus, Darwin und Freud waren und sind nicht durch politische oder technologische Aktivitäten aus der Welt zu schaffen. Die Klimakrise schon. Kategorienfehler.
Bin mir da nicht so sicher. Mir ist durchaus klar, dass sich praktisch jeder, den ich kenne (mich eingeschlossen), seinen Lebensstandard zurückschrauben muss; ich denke nicht, dass sich die Klimakrise lösen lässt, sondern nur (noch) minimal abfedern. Bis sich das, was wir unserer Atmosphäre antun, auf uns auswirkt, vergehen etwa 10 bis 20 Jahre. Würden wir jetzt auf Not-Aus drücken, wäre das die Zeitspanne, nach der wir Besserung erhoffen könnten; bis dahin wird es schlimmer. Da es in den (mindestens) nächsten zehn Jahren schlimmer wird, werden sich unsere Lebensumstände verschlechtern; wenn wir großes Glück haben, nur finanziell.
Ich habe durchaus das Gefühl, dass den meisten vage und unterbewusst klar ist, in welche Richtung es gehen wird. Ich spüre da auf der einen Seite viel Verdrängung, auf der anderen Seite auch ein gewisses Beleidigtsein; praktisch niemand gibt sich eine Mitschuld.
Kommt mir ein bisschen vor wie jemand, der im Stau steht, und sich nicht als Teil des Problems wahrnimmt.
So gesehen, ja. Die Kränkung (des Selbstbilds) besteht dann darin, dass wir als Menschheit es nicht schaffen, trotz unseres Wissens die Entwicklung zu stoppen? Das ist aber auch in anderem Zusammenhang der Fall: Kriege verhindern, Welthunger abschaffen, extreme Armut bekämpfen.
Fängt schon damit an, dass wir Antibiotika kaputt machen, um billiges Hähnchenfleisch zu essen oder endliche Ressourcen für Schnickschnack verbrauchen. Das könnte man in der Tat als eine Kränkung der vernunftbegabten „Krone der Schöpfung“ sehen. In diese Reihe passt dann die Klimakrise als gigantische Fortsetzung kurzsichtigen, ja: dummen Verhaltens.
Ja, in die Richtung denke ich auch.
Der Gedanke ist so spannend, dass ich ihn etwas radikaler (und leicht fatalistisch) formulieren möchte:
Die vierte Kränkung der Menschheit besteht in der Erkenntnis, dass wir nicht souveräne Herren über die Technologien sind, die wir nutzen, sondern jede neue Technologie, die wir nutzen, uns in eine neue Abhängigkeit von dieser bringt ( Beispiele: Getreideanbau, Elektrizität, Verbrennungsmotor, Digitale Vernetzung) , aus der sich die Gesellschaft nicht aus eigener Kraft entkommen kann/will.
Ja, da stell ich mich dahinter!
@ cimourdain 29. Juni 2022, 08:19
Die vierte Kränkung der Menschheit besteht in der Erkenntnis, dass wir nicht souveräne Herren über die Technologien sind, die wir nutzen, sondern jede neue Technologie, die wir nutzen, uns in eine neue Abhängigkeit von dieser bringt.
Auch nicht schlecht; klingt überzeugend.
Wenn das eine „Kränkung“ ist, dann hat sie schon in der Jungsteinzeit stattgefunden und müsste die Ordnungszahl 1 tragen.
Man kann sich nicht selbst kränken. Ich würde das Enttäuschung oder Desillusionierung nennen.
Zur Bilanz der deutschen Ostpolitik:
https://www.deutschlandfunk.de/deutsche-ostpolitik-brandt-entspannung-100.html (18:58 min)
Siehe dazu auch die Gastbeiträge von Heinrich August Winkler im Spiegel Nr. 24 und (aus grüner Perspektive) von Hubert Kleinert in der SZ vom 10. Juni 2022 (beide Paywall):
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/spd-und-fehler-in-der-russland-politik-als-die-sozialdemokraten-konservativ-wurden-a-8792865a-37ab-4422-a6c3-8ede63131e3d
https://www.sueddeutsche.de/kultur/gastbeitrag-hubert-kleinert-gruene-ukraine-pazifismus-1.5600026
Mit Behrends habe ich ja auch eine Folge der Bohrleute gemacht, genau zu dem Thema. Danke für dne Link!
Im Spiegel Nr. 25 kann man lesen, wie auch Unionspolitiker wie Töpfer und Stoiber wirtschaftliche Rußland-Kontakte mit hehren Phrasen garniert haben:
https://www.spiegel.de/wirtschaft/auch-die-union-hat-ein-russland-problem-a-3a0f19cd-4c80-404f-b481-699718acba7a
Zu 2):
Küchenpsychologischer Sondermüll.
Zu 5):
Nicht umsonst hatte Reagan damit seinen Wahlkampf 1979/80 bestritten …
Reagan hat seinen Wahlkampf mit „Segregation“ bestritten? Staun. Das ist damals allen deutschen Medien entgangen – und die haben Regan unisono (mit Ausnahme von FAZ und WELT) gehasst. Also bitte her mit handfesten Belegen.
Zu 6):
Gleichzeitig zeigt es ein strategisches Rational der Republicans im inszenierten Kampf gegen den Unterricht dieser Inhalte:
Wo finde ich diesen Kampf gegen historische Fakten im Unterricht? Muss ja ganz einfach sein, dafür konkrete Belege zu liefern?
Zu 7):
„Kartoffel“ mag zwar keine Diskriminierung darstellen, weil ich als alman grundsätzlich nicht von Minderheiten diskriminiert werden kann
Quark. Natürlich ist das eine versuchte Diskriminierung – und inwieweit sie erfolgreich ist, ist NICHT alleine abhängig von einer imaginierten Position in einem statischen gesamtgesellschaftlichen Machtgefüge, das ausschliesslich von der Hautfarbe dominiert wird, sondern von der konkreten Situation vor Ort. Als gesellschaftsfähiger nudistischer Hedonist sind Sie in einem von schwarzen Schwerbehinderten bevölkerten Dominikanerkloster trotzdem in der machtlosen Minderheit.
Zu 9):
Ein Denkmal für den Kommunismus wäre keine historische Dummheit, sondern das Abfeiern einer ausweislich deren politischer Praxis zutiefst menschenfeindlichen Ideologie. Wer dafür plädiert, diskreditiert sich selbst.
Zu c):
Was ist der Unterschied?
Der Anspruch der „Wokies“ an die von ihnen propagierte „bessere“ Welt?
Zu h):
Du hast „Die Ernennung ausgewiesener Fachleute ist dann scheisse, wenn sie nicht meine präferierten Positionen vertreten“, nur unwesentlich falsch geschrieben.
Zu v):
Da biete ich mal eine alternative Perspektive:
Mir sind Leute letztlich sympathischer, die mich verbal verletzen wollen, als die, die mich umerziehen wollen, weil sie mir angeblich moralisch und intellektuell überlegen sind. Ist mir persönlich sehr viel widerwärtiger – und damit bin ich nicht alleine. Und den Anspruch haben die Linken exklusiv.
Gruss,
Thorsten Haupts
5) Nein, der Widerstand gegen Desegregation, der Zorn darüber, war der einigende Faktor der US-Rechten und der Grund für die Hinwendung der Evangelikalen zur GOP. Zum Beleg: https://en.wikipedia.org/wiki/Reagan%27s_Neshoba_County_Fair_%22states%27_rights%22_speech
6) Wie oft hab ich das in den vergangenen Wochen und Monaten verlinkt…?
9) Wie gesagt, wenn wir von Lenin, Honecker und Co reden: klar. Aber ein Denkmal für Rosa Luxemburg ist schon ambivalenter zu sehen, und das Gleiche gilt für Marx und Engels. Ich bin da nicht zwingend dafür, aber man kann zumindest drüber reden (anders als etwa bei einer Stalinbüste).
c) Ja, darauf will ich im Endeffekt raus. Ist es ein höherer Anspruch, an dem man gemessen wird?
h) Ja, no shit, als ob da je jemand anders drauf gewesen wäre. Ich kann, um bei deinen Beispielen zu bleiben, problemlos einen linksradikalen Historiker ne Kommission zur Wiederrichtung kommunistischer Denkmäler führen lassen. Den würdest du dann auch nicht geil finden, Fachkenntnis hin oder her.
v) Die Haltung kannst du ja durchaus haben 🙂 Ich finde Leute, die mich verbal verletzen wollen, ziemlich unsympathisch. – Aber hier geht es ja um konkrete Verletzungen durch Policy, das ist ja noch mal was ganz Anderes.
Zu 5):
Jou. Als Beleg eine Rede Reagans anführen, die in und an sich völlig harmlos ist (und mit der damals voherrschenden konservativen Ideologie des „small government“ 100% kompatibel), bösartigst möglich interpretiert durch linke Kritiker. Überzeugt total …
Zu 6):
Nix hast Du verlinkt. Da, wo tatsächlich Gesetze und Vorschriften auf Staaten- oder lokaler Ebene erlassen wurden, ging es immer um „CRT“, nicht um Historie. Die damit verbundene Unterstellung „Was damit wirklich gemeint ist“ war und ist ausnahmslos Projektion.
Zu c):
Man wird üblicherweise an dem Masstab gemessen, den man selber setzt?
Zu h):
Dann haben wir das ja geklärt :-). Wobei und nur zur Erinnerung – Historie unterliegt nicht dem Falsifikationsprinzip, Epidemiologie schon.
Zu v):
Habe ich – wie erwähnt – nicht mal ansatzweise exklusiv. Es gibt kaum eine grössere denkbare Beleidigung intelligenter Menschen, als den Anspruch irgendeines Soziologen-Männekens, er sei aufgrund moralischer und intellektueller Überlegenheit befähigt und befugt, mein Denken zu kontrollieren und anzuleiten. Aber das musst Du nicht verstehen …
Gruss,
Thorsten Haupts
5) Bösartgiste Interpretationen stehen dir zum Glück völlig fern. Und die „states rights“-Geschichte an dem Ort zu dem Zeitpunkt ist definitiv Absicht, das haben die Konservativen selbst ja auch zugegeben.
6) Wir hatten doch letzthin festgestellt, dass „CRT“ nur noch ein Sammelbegriff für „kann ich nicht leiden“ ist??! In Louisiana und Florida mindestens wurde der Unterricht der Geschichte der Sklaverei durch Kündigungen bestraft.
c) Which is my point.
v) Du ja umgekehrt auch nicht 😉
Zu 5): Gut erkannt.
Zu 6):
Kam von Dir nicht letztens, cancel culture existiere nicht, das seien nur ein paar abnorme Ausreisser?
Zu c):
Kam original so nicht rüber :-).
Gruss,
Thorsten Haupts
6) Ich hab damals in meinem Grundsatzartikel argumentiert, dass die Gefahr Leute sind, die das staatlicherseits machen, nicht demonstrierende Studierende am Campus. q.e.d.
2) Die Idee ist bedenkenswert, aber auch ich sehe es als Kategorienfehler (danke Citizen für den Begriff), den Klimawandel mit den vorigen ‚Kränkungen‘ in eine Reihe zu setzen. Diese hatten den Effekt, dass der Mensch in seiner Selbstbetrachtung vom hohen Ross heruntergestoßen wurde: Er ist nicht mehr Mittelpunkt des Universums, erhoben über alle anderen Kreaturen oder auch nur Herr über das eigene Denken und Fühlen. Der Klimawandel hingegen zwingt ihn wieder in eine herausgehobene Rolle: „WIR müssen den Planeten retten.“
3) Dass, dass eine politische (!) Richterwahl auf Lebenszeit (!!) grundsätzlich nicht gut für die Demokratie ist, erwähnt Drum nicht. Wichtiger ist ihm, dass die ‚richtige‘ Seite das ausnutzen kann.
5) Du unterschätzt da imho ein paar Faktoren, die gut erklären, wie das Abtreibungsthema ‚republikanisch‘ wurde:
a) Die laute und ausdauernde ‚March for Life‘ Bewegung, die das Thema von Anfang an regelmäßig auf die Agenda brachte.
b) die Synergie mit anderen christlich-fundamentalistischen Themen (Strafbarkeit von Homosexualität, Evolutionstheorie im Unterricht), die sich zu einem polarisierten Weltbild (hier die ‚Gottesfürchtigen‘ dort Sittenlosigkeit) ideologisiert wurde.
c) die Stimmen der Katholiken. Nach der Wahl Kennedys war klar, dass die größte Religionsgemeinschaft der USA eine umwerbungswürdige Gruppe darstellt – besonders weil es sowieso ideologische Überschneidungen (siehe Punkt b) gab. Spätestens die Freundschaft Reagan – Johannes Paul II ist als Erfolg dieser Strategie zu verbuchen.
6) Ich bin mir nicht sicher, ob Nelsen nicht da vor allem einen (kurzfristigen) Rosenthal-Effekt (Mit dem jeweiligen Lehrer als ‚Versuchsleiter‘) gemessen hat.
7) Bring bitte den Begriff ‚Diskriminierung‘ auf seine Grunddefinition zurück: Die unterschiedlich wertende Behandlung von Personen aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, wobei die Betrachtung der Person in den Hintergrund rückt. Damit ist klar , dass die Aussage ‚Mehrheiten können nicht diskriminiert werden‘ gut gemeint aber falsch ist. Der Unterschied ist nur, dass Diskriminierung aus einer Position der Stärke (woher diese auch immer kommt) heraus, sich stärker auswirkt.
9) Tut mir leid, dir das zu sagen, aber Liebknecht und Luxemburg (wie auch die weniger Prominenten Opfer der Niederschlagung des Januaraufstandes) waren keine Opfer von ‚rechten‘ Terror, sondern von bürgerlich-zentristischen, ‚sozialdemokratischen‘ Terror. ‚Rechts‘ waren nur die Ausführungsorgane.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die DDR keine Anstalten gemacht hat, das van-der-Rohe-Denkmal wieder zu errichten (nur kurzfristig als Kulisse zu Propagandazwecken), es in Westberlin jedoch Initiativen über linke Kreise hinaus gab, es am Landwehrkanal nachzubauen.
2) Ich verstehe was du meinst, aber der Artikel sieht das von der anderen Seite: wir werden vom hohen Ross des Fortschrittsglaubens gestoßen. – Aber danke für eure Kritiken, ich werd das noch mal durchdenken müssen und sacken lassen.
3) Good point.
5)a) Ne, das erwähnte ich doch…? Oder war das auf Twitter? 😀 Grundsätzlich voll bei dir.
b) Good point.
c) Interessant.
6) Schwer zu sagen.
7) Sorry, sehe ich anders.
9) Nein, das ist nicht korrekt. Die Rechtsradikalen agierten in einem Ermächtigungsrahmen, der durch bürgerlich-zentristische und sozialdemokratische Kräfte geschaffen wurde, aber der Terror war genuin ihrer. – Die DDR war generell kein Luxemburgfan, wenig überraschend.
9) Das war schon mehr als ein ‚Ermächtigungsrahmen‘ . Waldemar Pabst, der befehlshabende Offizier der Festnahme, hat nach dem Krieg glaubhafte Aussagen gemacht, dass er mit zustimmender Billigung Gustav Noskes (und damit auch Friedrich Eberts) gehandelt hat. Und wenn der Genovese Clan einen Mord in Auftrag gibt, ist es ein Genovese-Mord, unabhängig von der Herkunft des Killers.
Sorry, aber diesen Aussagen Pabsts billige ich nicht genug Beweiskraft zu, um so weit zu gehen.
Warum nicht ?
Er hatte durch die Aussage nichts zu gewinnen und sicher kein Interesse daran, dass Kommunisten dieses Thema ausschlachten. Seine Aussage passt mit dem Agieren der Reichsregierung nach dem Mord (widersprüchliche Aussagen im unmittelbaren Nachklapp, Unterbinden von Ermittlungen) zusammen. Und es passt in das ‚Situationsprofil‘ einer Regierung, die nicht nur in Berlin, sondern auch in München und Bremen Schießbefehle zur Aufstandsbekämpfung ausgegeben hatte.
Klar hatte er zu gewinnen. Der Mann stand in der BRD vor Gericht!
Pabst wurde nie angeklagt. Die Aussagen stammten aus einem Spiegel-Interview. Die Haltung der Bundesregierung 1962 zu den Morden ist in diesem Zeitdokument schön (danke frag den staat und wiki) zu sehen (S.3-4) :
https://media.frag-den-staat.de/files/media/main/bc/b9/bcb9400e-6020-457c-b30e-d00e9d9cdd4a/bulletin-1962-27.pdf
5c) Nachtrag : Im aktuellen SCOTUS sind 5 Richter mit katholischen Hintergrund, 1 für Roe/Wade (Sotomayor) und 4 dagegen (Thomas, Alito, Kavanaugh, Barrett)
Insgesamt ist die Zustimmung zur Legalität von Abtreibungen bei den Katholiken (48:47) etwas geringer als im Schnitt der US-Bevölkerung (53:43):
https://www.pewresearch.org/religion/religious-landscape-study/views-about-abortion/
Bei der gleichgeschlechtlichen Ehe wiederum ist die Zustimmung bei den Katholiken etwas größer als im Durchschnitt:
https://www.pewresearch.org/religion/religious-landscape-study/views-about-same-sex-marriage/
Das sind keine riesigen Unterschiede, danke für die Zahlen.
Die Studie ist auch sonst eine wahre Fundgrube, was das Verhältnis von politischen und religiösen Einstellungen in den USA betrifft.
Hast du irgendwas Bemerkenswertes gefunden? Gerne teilen! 🙂
Die Katholiken weichen bei allen politischen und sozialen Fragestellungen kaum vom Durchschnitt ab.
Ziemlich ähnliche Ergebnisse gibt es bei den „Historically Black Protestant“ und bei den Muslimen – überdurchschnittlich viele Kreationisten, wesentlich konservativer hinsichtlich der Homosexualität, ökonomisch links vom Durchschnitt und politisch eindeutig den Demokraten zugeneigt. Die Muslime sind allerdings bei der Abtreibung liberaler eingestellt als der Durchschnitt, legen mehr Wert auf Umweltschutz und stufen sich selbst weitaus liberaler ein, als es der Durchschnitt tut.
Buddhisten, Hindus und Juden sind meistens am progressiven Ende der Skala zu finden.
Ich frag mich immer, ob die aus kulturellen Gründen nah an den Dems sind – also weil die besser für Islam, Judentum etc. passen – oder hauptsächlich, weil die GOP sie diskriminiert/hasst.
Vielleicht eine Sache der Bildung?
Bei allen nicht-christlichen Religionen gibt es überdurchschnittliche viele Bachelors und Post Graduate Decrees – bei den christlichen Konfessionen liegen nur die Orthodoxen und die mainline protestants über dem Schnitt:
https://www.pewresearch.org/religion/2015/05/12/chapter-3-demographic-profiles-of-religious-groups/
…und ein altes Vorurteil bewahrheitet sich – Katholiken schauen unterdurchschnittlich häufig in die Heilige Schrift:
https://www.pewresearch.org/religion/religious-landscape-study/frequency-of-reading-scripture/
Und all diese tollen Erkenntnisse hat man mit … einer Befragung erzielt. Wuhahahaha. ROFLMAO.
Ernsthafte Frage – welche andere Methode außer einer Befragung würdest du vorschlagen, um das herauszufinden?
@ Stefan Sasse 28. Juni 2022, 13:48
7)
Sorry, sehe ich anders.
Wenn ich einen Araber als „Kameltreiber“ bezeichnen würde, wäre das Diskriminierung und Rassismus? Wenn er mich einen „Schweinefresser“ nennen würde, ist es ’nur‘ eine Beleidigung? In Deutschland, versteht sich; in einem arabischen Land wäre es umgekehrt?
Kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
Rassistisch wäre es in beiden Fällen, Diskriminierung nur in einem. Und ja, in einem arabischen Land wäre es umgekehrt. Ich verstehe nicht, wo das Problem der Nachvollziehbarkeit liegt: Diskriminierung erfordert die gesellschaftlich-politische Dominanz.
@ Stefan Sasse 4. Juli 2022, 10:45
Rassistisch wäre es in beiden Fällen, Diskriminierung nur in einem.
Wikipedia sagt:
Die in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1949 formulierte Definition gilt bis heute als dominant. Demnach ist Diskriminierung beschrieben als ein Verhalten, „das auf einer Unterscheidung basiert, die aufgrund natürlicher oder sozialer Kategorien getroffen wird, die weder zu den individuellen Fähigkeiten oder Verdiensten noch zum konkreten Verhalten der individuellen Person in Beziehung stehen.“
Halte ich für überzeugender als Deine Version.
Zitat cimourdain:
„Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die DDR keine Anstalten gemacht hat, das van-der-Rohe-Denkmal wieder zu errichten (nur kurzfristig als Kulisse zu Propagandazwecken), es in Westberlin jedoch Initiativen über linke Kreise hinaus gab, es am Landwehrkanal nachzubauen.“
Dafür hat der Honecker aber den ollen Fritze, dessen Reiterstandbild zunächst jahrelang in Potsdam sozusagen versteckt wurde, wieder prominent auf die Linden gestellt^ – anders als früher nach Westen guckend.
Mit Mies van der Rohe hatten die DDR-Kommis offenbar gewisse Schwierigkeiten. Der war keineswegs Kommunist, es lag ihm fern, selbigen zu verherrlichen, er war vielmehr später auch nett zu den Nazis (wohl aus Opportunismus, klar), die ihn auch persönlich in Ruhe ließen, wenngleich künstlerisch natürlich ablehnten. In der Nachkriegszeit dann diverse Arbeiten für die „Kapitalisten“, z. B. den Schnapskonzern Seagram sowie den Westberliner Senat. Das passte „drüben“ offenbar alles nicht so recht. Ob der zu Lebzeiten (bis 1969) oder danach die Erben den DDRlern die Erlaubnis erteilt hätten, weiß man auch nicht. Ich vermute mal: Wahrscheinlich eher nicht.
Leggewie geht in dem von Stefan Sasses verlinkten Beitrag IMHO viiiiiiiiel zu weit. Es spricht m.E. nichts dafür, dass der Künstler sich großartig philosophisch mit dem Kommunismus beschäftigt hat. Er war wohl menschlich angerührt vom Schicksal Luxemburgs und Liebknechts. Dagegen spricht ja auch wohl nichts.
Weil kunsthistorisch wertvoll, sollte das Ding m.E. wieder rekonstruiert werden – falls die Erben das erlauben.
van der Rohe hatte über den Kunstmäzen und Kommunisten die ursprünglichen Pläne der KPD für das Mahnmal gesehen und gemeint „Das ist das Grabmal für einen Bankier“. Deshalb hatte er einen eigenen Entwurf angefertigt und damit einen neuen Standard für Denkmäler kreiert.
Btw traue ich mir wetten, dass der unpassende Blechstern am Denkmal nicht auf seinem Mist gewachsen ist.
@ cimourdain 28. Juni 2022, 10:17
7) Die Sprengkraft der Kartoffel
Bring bitte den Begriff ‚Diskriminierung‘ auf seine Grunddefinition zurück: Die unterschiedlich wertende Behandlung von Personen aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, wobei die Betrachtung der Person in den Hintergrund rückt.
Genau das
Damit ist klar , dass die Aussage ‚Mehrheiten können nicht diskriminiert werden‘ gut gemeint aber falsch ist.
Volle Zustimmung
„Falsch“ bleibt meiner Meinung nach…falsch an dieser Stelle. Es hängt davon ab, mit welcher Definition und welchen Prämissen man rangeht. Über die können wir ja gerne diskutieren, aber keine davon ist falscher oder richtiger als die andere.
@ Stefan Sasse 4. Juli 2022, 08:31
„Falsch“ bleibt meiner Meinung nach…falsch an dieser Stelle.
Nur Semantik
Es hängt davon ab, mit welcher Definition und welchen Prämissen man rangeht. Über die können wir ja gerne diskutieren, aber keine davon ist falscher oder richtiger als die andere.
Wenn der gleiche Vorgang anders bewertet oder definiert wird, weil er mal in dieser oder mal in jener Umgebung stattfindet, oder weil mal diese Person neben mir oder eben neben meinem Gegenüber steht, kann man das natürlich machen. Aber erwarte bitte nicht von mir, dass ich das in irgendeiner Form für sinnvoll oder zielführend halte.
Tu ich nicht! Ich sag nur, dass es keine objektiv richtige Variante gibt. Wir haben beide unterschiedliche Sichtweisen, und die sind beide valide.
9) Sehe ich auch so. Spätestens seit Mao/Xi und Stalin/Putin müsste doch klar sein, dass „der Kommunismus“ lediglich machtgeilen Despoten zur Rechtfertigung gedient hat. Wie andere Ideologien/Religionen auch.
Auf die Müllhalde, weil sie missbraucht werden können? Dann dürfte es auch keine Darstellungen von Jesus Christus geben.
Ich würde jetzt nicht Jesus und Marx gleichsetzen, aber ja.
Auf die Müllhalde, weil sie missbraucht werden können?
Marx verstand den Marxismus nicht als menschenfreundliche Utopie, sondern als ehernes Bewegungsgesetz der Geschichte. Alleine daran ist er – wissenschaftlich betrachtet – krachend gescheitert.
Darüber hinaus ist der Kommunismus auch in seinen Grundlagen für mich nicht menschenfreundlich. Das halte ich für eine Fehlwahrnehmung.
„Jedem nach seinen Fähigkeiten und jedem nach seinen Bedürfnissen“ ist immer dann und denknotwendig automatisch menschenfeindlich, solange a) die Resourcen nicht unendlich sind und b) Aufgaben in einer Gesellschaft erfüllt werden müssen, die niemandes Fähigkeiten/ Bedürfnissen entsprechen.
Gruss,
Thorsten Haupts
„nicht als menschenfreundliche Utopie, sondern als ehernes Bewegungsgesetz der Geschichte“
Dieses Gesetz gibt es nicht, klar. Es zu suchen ist nicht menschenfeindlich. Wissenschaftsgläubigkeit des 19. Jahrhunderts.
Immer wenn die liberale (also anti-marxistische) Ordnung wieder mal in eine Krise gerät, entdecken auch bürgerliche Ökonomen stimmige Elemente bei Marx.
Politische Systeme, die sich auf Marx (den Kommunismus) berufen, haben riesiges Leid über Millionen von Menschen gebracht, das ist wahr. Das gilt aber auch für politische Systeme, die sich auf den Liberalismus berufen. Ob ein Mensch im Gulag mehr leidet als einer auf einem Sklavenschiff, mag ich nicht entscheiden.
Valider Punkt (das letzte). Allerdings haben sich liberale Systeme historisch fortlaufend selbst korrigiert, kommunistische noch niemals (einmal, wenn man Gorbachevs unabsichtliche Befreiung aus dem sowjetischen Gefängnis gelten lässt).
Gruss,
Thorsten Haupts
Richtig. Ich glaube niemand hier bezweifelt die Überlegenheit des liberalen Systems.
Richtig. Ich glaube niemand hier bezweifelt die Überlegenheit des liberalen Systems.
Welches System ueberlegen ist haengt vom betrachteten Parameter ab. Sprechen wir von Stabilitaet, Wirtschaftskraft, Gerechtigkeit, oder vielleicht Nachhaltigkeit? China war jahrelang wirtschaftlich sehr erfolgreich und kann auf Problem viel schneller politisch reagieren, als die westlichen Demoktratien. Ist das jetzt Ueberlegenheit? Und falls ja, wollen wir das?
Und was heisst ueberhaupt liberal? Die Freiheit eines Buergers ist ein bisschen so wie Geld. Der Staat nimmt Freiheiten seiner Buerger weg und verteilt sie dann gleichmaessig wieder an alle. Wenn er das nicht tut, akkumulieren diese bei den staerksten Buergern. In Laendern mit sehr schwachen Regierungen sind die meisten Menschen ja nicht freier als bei uns. Und in den USA verbieten Landbesitzer Fremden die eigenen Waelder zu betreten. Man kann da nicht so einfach ueber die Wiesen und Waelder laufen, wie bei uns.
Unter den Prämissen unserer geteilten Wertevorstellungen. Ich wöllte nicht in China leben, und das ist echt das einzige System, das überhaupt auch nur den geringsten Anspruch darauf erheben kann, mit dem liberalen zu konkurrieren.
Die Entwicklungen der letzten Jahre deuten darauf hin, dass auch China diesen „Anspruch“ bald verlieren wird. Das innerhalb des Systems nicht heilbare Grundproblem aller autokratischen Staaten – die Kombination aus Lernunwilligkeit und fehlender Selbstkritik der meisten Menschen hatte bei der Führungsschicht dieser Staaten früher oder später immer verheerende Konsequenzen. Das zweite Problem verstärkt das erste – die systematische und ebenso unheilbare Unfähigkeit, Korruption wenigstens einzudämmen.
… Stabilitaet, Wirtschaftskraft, Gerechtigkeit, oder vielleicht Nachhaltigkeit? Stabil ist auch jedes Gefängnis, die Wirtschaftskraft Chinas ist dem Kapitalismus geschuldet (solange er geduldet bzw. gefördert wurde) und ich ikann nicht erkennen, wo und wie China nachhaltiger wäre, als irgendein anderer entwickelter Staat.
In Laendern mit sehr schwachen Regierungen sind die meisten Menschen ja nicht freier als bei uns.
Aber immer noch deutlich freier, als in China.
Gruss,
Thorsten Haupts
Mein Bauchgefühl ist seit Jahren, dass China als autoritärer Staat nicht wird aufschließen können. Das „Ende der Geschichte“ ist ziemlich beharrlich. Auf eine gewisse düstere Weise hoffe ich es geradezu; wir brauchen echt kein autoritäres Gegenmodell…
Ich war vom Untergang der Sowjetunion immer ebenso überzeugt, wie ich es jetzt vom Untergang des autoritären Systems Chinas bin, seit ich etwa 22 wurde. Eine Frage der Zeit mit der einzigen lebenswichtigen Frage – friedlich oder erst nach einem verlorenen Krieg?
Hoffentlich friedlich.
Stabil ist auch jedes Gefängnis, die Wirtschaftskraft Chinas ist dem Kapitalismus geschuldet (solange er geduldet bzw. gefördert wurde) und ich ikann nicht erkennen, wo und wie China nachhaltiger wäre, als irgendein anderer entwickelter Staat.
Genau das ist mein Punkt. Ein System kann wirtschaftlich sehr erfolgreich sein und evtl. auch stabil, aber das heisst noch lange nicht, dass dies wirklich erstrebenswert ist. Es kann ja durchaus sein, dass die Lebensbedinungen in diesem System für die meisten Menschen schlechter sind, als in einem anderen System mit geringerer Wirtschaftskraft.
Aber immer noch deutlich freier, als in China.
Da bin ich mir nicht sicher. In Ländern mit schwacher Regierung diktiert dann nicht die Regierung was du machen darfst und was nicht, bzw., wohin du gehen darfst und wohin nicht, sondern kriminelle Banden, fehlendes Geld oder einfach ein reicherer Nachbar, der die Beamten besser bestechen kann und dann oeffentliches Eigentum in sein Privateigentum umwandelt. Menschen, die in solchen Laendern leben ist es auch recht egal, ob die Regierung gewählt wird oder nicht. Die Lebensverhältnisse der meisten Menschen in Kamerun und Nigeria unterscheiden sich kaum, obwohl in Nigeria der Präsident gewählt wird (ok, in Kamerun wird auch gewählt, der Gewinner ist aber seit 40 Jahren dieselbe Person).
Im praktischen Leben sind die Chinesen dann doch freier, als die meisten Menschen in Nigeria, obwohl die Regierung ihr Leben wesentlich stärker reglementiert. Chinese brauchen zumindest keine Angst zu haben, dass ihre Kinder auf dem Weg zur Schule gekidnapt werden, bzw., dass sie überfallen werden, wenn sie nachts ein Taxi nehmen müssen.
Theoretische und praktische Freiheit sind immer zwei wichtig zu unterscheidende Dinge, genauso wie theoretische und praktische Gleichheit.
Ja, „menschenfreundlich“ ist der Weg dahin nicht. Der Kommunismus selbst theoretisch schon, aber halt auch nur sehr theoretisch. Er ist, wie du korrekt sagst, ein natürlicher Endpunkt.
Ein politisches System mit einem real selbst theoretisch nicht erreichbaren, aber fixen, Endziel muss – zwangsläufig – in Menschenfeindlichkeit umschlagen, solange es versucht, dieses Ziel trotzdem zu erreichen.
Marktwirtschaftliche, liberale Demokratien dagegen haben Methoden und Prozesse zur permanenten Selbstkorrektur systematisch eingebaut UND ihnen fehlt (Gott sei Dank!) das eschatologische Ziel, das ist der entscheidende Unterschied.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich bin kein Kommunist, von daher bin ich da bei dir.
7)
Maßgeblich ist ja nicht die Wortwahl sondern die Absicht. Letztere kommt zuerst und erst dann die „passende“ Wortwahl bzw. die Wortwahl wiederum macht ohne die Begleitumstände, also sozusagen das „Regelwerk“ bzw. das „Sprachspiel“ à la Wittgenstein, die Absicht nicht erkennbar.
„Schwul“ ist so ein Beispiel. Auf dem Schulhof entgegen geschleudert „ej, du Schwuler“ ist ja anders gedacht als beispielsweise die „Schwulen Christdemokraten“ bzw. die „Lesben und Schwulen in der Union“, wie das hochoffiziell heißt.
Zitat Stefan Sasse:
„…..dass der Gebrauch solcher Begriffe nicht besonders cool ist.“
Ich find Kartoffel eigentlich durchaus cool^ . Bin ganz gerne Kartoffel. Ein hier anzunehmender Diskriminierungsfall würde im Übrigen zu nur schwierig lösbaren Weiterungen führen:
https://www.der-postillon.com/2020/08/kartoffelpueree.html
Wenn die „Deutschen“ dann auch noch darüber nachdenken, dass sie i.d.R. so wie auch die berühmte Knolle einen Migrationshintergrund haben, der lediglich durch Zeitablauf vergessen ist, wird alles gut, aber wahrscheinlich geschieht das eher weniger. Ohne die kulturfremde^ eingewanderte Kartoffel, die hierzulande einst die Ernährungsbasis massiv verbessert, um nicht zu sagen revolutioniert hat, würde es uns Kartoffeln womöglich gar nicht geben 🙁
c) Schön und gut. Aber eine schlechte Sache wird nicht dadurch besser, dass es da draußen auch noch andere schlechte Sachen gibt. Offiziell will manfrau ja immer „besser“ sein und nicht genauso doof wie die anderen.
i) Eigentlich eine Variation zur „geplanten Obsoleszenz“. Alte und komplexe Geschichte, hier ein Beispiel von 1951^:
https://en.wikipedia.org/wiki/The_Man_in_the_White_Suit
Das mikroökonomisch eigentlich Attraktive („hält lange“) kann makroökonomisch problematisch sein, denn das Hochheiligtum „Wachstum“, das es angeblich bis in alle Ewigkeit geben muss, könnte durch solche Flausen beschädigt werden. Also: Öfter mal was Neues.
7) Maßgeblich ist ja nicht die Wortwahl sondern die Absicht.
Das ist ja entschieden. Die designierte Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman hat sich immer dazu bekannt, den Begriff abwertend und diskriminierend zu verwenden. Case closed.
@ Stefan Pietsch 28. Juni 2022, 13:52
7) [Maßgeblich ist ja nicht die Wortwahl sondern die Absicht.]
Das ist ja entschieden. Die designierte Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman hat sich immer dazu bekannt, den Begriff abwertend und diskriminierend zu verwenden. Case closed.
Zustimmung. Wie viele sich bei Benutzung eines „falschen“ Begriffs schon einen Shitstorm eingefangen haben, ohne dsas sie jemanden diskriminieren woll(t)en, zeigt, dass diese Aussage dummes Zeug ist.
„…hat sich immer dazu bekannt, den Begriff abwertend und diskriminierend zu verwenden…“
Nur daß sie selbst diesen Begriff nicht verwendet, wie aus der Kartoffel-Kolumne, die offenbar keiner ihrer Feinde genau gelesen hat, hervorgeht:
https://www.spiegel.de/kultur/almanis-oder-wie-nennen-wir-kartoffeln-a-5553fe6b-baa4-4cbe-993c-3daff61199bf
In dem Artikel verteidigt sie vehement die „Fremdeinordnung“ der Deutschen als Kartoffel und vergleicht das mit dem Wort „Migrant“. Nur ist „Migrant“ ein internationaler und wissenschaftlicher Terminus, Kartoffel als Bezeichnung für Menschen jedoch nicht. Eher passt der Vergleich wohl zu „Zigeunern“, aber darüber empört sich ja auch eine Ferda Ataman.
Es ist immer wieder erhellend, wie Sie selbst bei sehr extrem positionierten Linken in die Bütt gehen mit dem Ziel, diese als völlig harmlos darzustellen. Angela Merkel wurde zum Vorwurf gemacht, sie wolle eine „marktkonforme Demokratie“. Dabei hatte sie diesen Begriff nie verwandt. Sie hat die Begriffe an die zwei Enden eines sehr langen Satzes gesetzt, das war dann für Linke die „marktkonforme Demokratie“.
Haben Sie Merkel eigentlich mal gegen solche Angriffe verteidigt?
„…bei sehr extrem positionierten Linken…“
Eine ehemalige Redenschreiberin von Armin Laschet?
Wie soll ich dich denn bei so einem Quatsch ernstnehmen? Meine Fresse…
„Haben Sie Merkel eigentlich mal gegen solche Angriffe verteidigt?“
Ich habe Merkel schon gegen alle möglichen Vorwürfe verteidigt.
Also, das ist ein Punkt, wo ich ziemlich kalt reagiere. Wenn Sie meinen, mich nicht ernst nehmen zu müssen, stellen Sie den Kontakt ein. Umgekehrt brauche ich mir so etwas nicht vorhalten zu lassen.
Armin Laschet hat immer sehr exponierte Politiker in sein Umfeld gezogen. Das sollte Ihnen bekannt sein. Viele Politiker in seinem Mitarbeiterstab wie als Minister waren nun nicht gerade solche, die über die gesamte Gesellschaft hinweg Popularitätspreise hätten gewinnen können. Ferda Ataman, so der konservative Kolumnist Jan Fleischhauer, hat beim SPIEGEL sehr bald die eigene Kolumne weggenommen bekommen, weil sie, Zitat, für die Chefredaktion zuviel Quatsch schrieb. Fakt ist, dass sie nicht einmal zwei Jahre die Kolumne besaß.
Ataman fordert eine positive Diskriminierung der Deutschen, etwas, wohinter sich mit Sicherheit nicht einmal 20% der Deutschen versammeln können. Das ist extrem.
„Ferda Ataman, so der konservative Kolumnist Jan Fleischhauer, hat beim SPIEGEL sehr bald die eigene Kolumne weggenommen bekommen, weil sie, Zitat, für die Chefredaktion zuviel Quatsch schrieb.“
Und das ist eine offensichtliche Lüge, wie eine kurze Recherche zeigt. Seit die Kolumne im Februar 2020 eingestellt wurde, hat Ataman neun Kommentare und Gastbeiträge für den SPIEGEL verfaßt:
https://www.spiegel.de/impressum/autor-c3126d3a-0001-0003-0000-000000009289
In deiner verqueren Logik wäre ich nun berechtigt, den Meatbeater einen „sehr extrem positionierten Rechten“ zu nennen. Das ist er nicht. Er ist entweder selbst extrem dämlich – oder er hält seine Leser (womöglich nicht zu unrecht) für extrem dämlich.
Atamans Klomne lief fast zwei
Hier mal eine Stellungnahme zur Sache, u.a. von Leuten, deren Name so gar nicht auf Kartoffelhaftigkeit verweist:
https://www.saekulare-migrantinnen.com/OB-BT-Ataman
Jenseits der läppischen Kartoffelfrage gibt es offenbar ernsthafte Argumente, die gegen die Kandidatin sprechen.
„Mina Ahadi, Zentralrat der Ex-Muslime Deutschland“ klingt natürlich besser als „Mina Ahadi, Führungsmitglied der Politsekte Arbeiterkommunistische Partei des Iran“.
„…wertet Frau Ataman unter anderem eine renommierte Journalistin mit Migrationshintergrund mit despektierlichen Äußerungen ab…“
Was als „Beleg“ für diese Unterstellung vorgebracht wird, ist ein Tweet mit einem Screenshot, auf dem nur mühsam zu erkennen ist, welchen Artikel Ataman da empfiehl.
Es ist dieser:
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/an-allem-sind-die-linken-schuld
Kein Wunder, daß der Schmähbrief in Emma veröffentlicht wurde…
Jan Fleischhauer behauptet keineswegs von sich, anschlussfähig in alle Milieus zu sein. Im Gegenteil, er sieht sich als Contrapunkt zu Ataman – etwas, was Sie offensichtlich bestreiten.
Wer ist denn auch bitte anschlussfähig in alle Milieus? Außer vielleicht Thomas Gottschalk? 😀
Merkel. Habeck. Jürgen Klopp.
Es sind Menschen, die nicht so viel Widerstand erzeugen. Viel extremistischer als Ataman geht ja kaum. Selbst in Migrantenmilieus gilt sie als ausgrenzend. Also, auf den Gedanken, so jemanden zur Antidiskriminierungsbeauftragten zu machen, muss man erstmal kommen.
Klar, aber anschlussfähig in alle Milieus ist niemand, darum ging es mir. Sobald du eine Meinung vertrittst, wirst du Gegner*innen haben, immer. Ich finde auch den Anspruch Unfug. Ich finde, es braucht Leute wie Fleischhauer (wie den alten zumindest, vor der Focus-Zeit), die pointierte Positionen vertreten.
Was die Grünen sich für Besetzungen erlaubt haben, ist schon krass. Nun gut, die FDP hat ja wahrscheinlich ihre noch im Köcher, wenn nicht, hätten sie sehr schlecht verhandelt. Da möchte ich nix, aber auch gar nix von Dir lesen (von sol1 ohnehin nicht), wenn ihr solch positionierte Personen als „doch ganz gut“ durchwinkt. Aber wirklich nix.
Mir fehlt gerade irgendwie der Zusammenhang. Ich dachte, es ging um Fleischhauer? Welche Besetzungen meinst du?
Nein. Es ging original um Ferda Ataman. sol1 verkauft sie als gemäßigte Kolumnistin und Politikerin, weswegen die ganze Aufregung um ihre Person nicht zu verstehen ist. Dazu hatte ich als Vergleich Jan Fleischhauer angeboten.
Ich kenne Ataman effektiv nicht, aber Fleischhauer finde ich jetzt nicht irgendwie indiskutabel oder so.
Die genannten Personen sind sehr breit anschlussfähig. Ich habe ja auch nichts dagegen, wenn jemand ein klares Profil hat, da kann man sich schön daran reiben. Nur sollte so jemand nicht unbedingt Bundesbeauftragter sein und schon gar nicht für ein so integrierendes Thema wie Antidiskriminierung. Ausgrenzende Personen sie da eindeutig fehl am Platz.
„Jan Fleischhauer behauptet keineswegs von sich, anschlussfähig in alle Milieus zu sein.“
Ach ja?
/// Ich glaube, ich bleibe lieber auf Stufe E5. Im beschriebenen Entwicklungsmodell heißt es dazu: „Typisches Auftreten: legt Wert auf die eigenen Besonderheiten und Meinungen. Pragmatisch. Mitunter perfektionistisch. Typische Denkweise: Aufbau von Expertenwissen. Feste, mitunter starre Vorstellungen, wie die Dinge laufen sollten. Mitunter Probleme beim Priorisieren.“ Damit kann ich leben. ///
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/sind-die-gruenen-die-besseren-menschen-kolumne-a-1254423.html
Tatsächlich allerdings ist Fleischhauer, wie man es von einer journalistischen Edelfeder erwarten würde, ein typischer Fall von Stufe E6:
„Lebensmotto: Eigene Ziele erreichen. Typisches Auftreten: Klar abgegrenzt, dennoch prinzipiell Beziehungen auf Augenhöhe angestrebt. Stark selbstoptimierend, dadurch mitunter gehetzt. Typische Denkweise: Hinterfragt Motive. Analytisch. Differenziert. Beginnend selbstkritisch. Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren.“
Und das Problem, das ich mit ihm habe, ist, daß er sich seinen Lesern auf den Stufen E4 und E5 anbiedert.
Oh Mann, Sie verwenden alles gegen jemanden, der Ihnen politisch nicht passt. Der Artikel trieft wie so oft bei Fleischhauer vor Ironie. Vom ersten Moment soll dem Leser klargemacht werden, dass der Journalist nichts von solchen Klassifizierungen hält. Am Ende jeden guten Artikels steht eine Pointe (phantasieloser ist ein Fazit).
Fleischhauer beschimpft seine Leser nicht, auch die nicht, die nicht so denken wie er. Das ist in linken Milieus anders, wenn man sich nicht den 100.000 Euro-Tesla leisten kann und nicht Lastenfahrrad fahren will (oder kann). Ausfälle, wo Fleischhauer eine Berufsgruppe wie Polizisten als Müll beschimpft hätte, sind auch nicht überliefert.
Anlässlich der Ernennung von Ataman schreibt Fleischauer über sich selbst (nur so kam ich auf den Vergleich):
Es käme ja auch niemand auf die Idee, jemanden wie mich zum unabhängigen Bevollmächtigten für gesellschaftlichen Ausgleich und Verständigung zu machen. Und wenn, sagen wir, der Justizminister mit dieser Idee um die Ecke käme, würden sich alle zu Recht die Bäuche halten vor Lachen.
https://www.focus.de/politik/deutschland/die-focus-kolumne-von-jan-fleischhauer-die-andere-seite-der-gruenen_id_107988572.html
Steht übrigens am Ende. Als Pointe.
Zu behaupten, man wuerde Selbstironie nicht mehr erkennen, ist a weng duenn?
„Vom ersten Moment soll dem Leser klargemacht werden, dass der Journalist nichts von solchen Klassifizierungen hält.“
Er bringt aber keine Einwände gegen sie vor (du übrigens auch nicht).
Und ohne argumentative Unterfütterung taugt all die Ironie nun einmal nichts.
„Fleischhauer beschimpft seine Leser nicht, auch die nicht, die nicht so denken wie er.“
Er liefert allerdings seinen Lesern die Vorlagen für Beschimpfungen:
„Das ist in linken Milieus anders, wenn man sich nicht den 100.000 Euro-Tesla leisten kann und nicht Lastenfahrrad fahren will (oder kann).“
Ich fragte nach einer bestimmten Verteidigung, eine, wo sie gezielt missverstanden worden war. Das ist die Analogie zu Ihrer Position, Ataman sei missverstanden worden.
Du beharrst auf einer expliziten Stellungnahme – also tue ich das, was deine Aufgabe gewesen wäre, nämlich die Quelle für das Zitat raussuchen:
„Wir leben ja in einer Demokratie und sind auch froh darüber. Das ist eine parlamentarische Demokratie. Deshalb ist das Budgetrecht ein Kernrecht des Parlaments. Insofern werden wir Wege finden, die parlamentarische Mitbestimmung so zu gestalten, dass sie trotzdem auch marktkonform ist, also dass sich auf den Märkten die entsprechenden Signale ergeben. Ich höre zum Beispiel von unseren Haushaltspolitikern, dass man sich dieser Verantwortung bewusst ist. Aber wir müssen in Europa einen Weg finden, obwohl wir mehrere Länder sind, trotzdem das Richtige zu tun. Dabei müssen die Regierungen und die europäischen Institutionen in Sachen Kommunikation zum Teil hinzulernen, und dabei müssen die Parlamente lernen. Aber ich sehe keinen Grund, warum die Parlamente schlechter als andere sein sollten.“
https://www.blaetter.de/dokumente/wir-werden-wege-finden-die-parlamentarische-mitbestimmung-so-zu-gestalten-dass-sie-trotzdem-auch
Mein Urteil – das ist ein typischer Fall von Merkelsprech, in den man alles hineinlesen kann.
Wir haben da keine zwei Meinungen und da wir beide das echte Zitat kennen, war ein Zitieren unnötig.
Ich fühle mich ja nur bestätigt: Merkel hat keine tieferen Überzeugungen und Sie haben Merkel in einer Causa nicht verteidigt (unterstellte Formulierung), bei der Sie für Ferda Ataman in die Bütt gehen. Das war mein Punkt.
„…und Sie haben Merkel in einer Causa nicht verteidigt…“
Wann und wo hätte ich das tun sollen, da ich zuvor noch nie wegen dieses Zitats angesprochen worden bin?
Sie sind auch nicht zu Ataman gefragt worden, sondern haben sich selbst zur Verteidigung aufgeschwungen. Und ich wollte wissen, ob Sie das bei Merkel auch so gehandhabt haben, denn der Vorwurf mit der marktkonformen Demokratie kann Ihnen kaum entgangen sein.
Die Antwort haben Sie ja gegeben (Nein). Mehr wollte ich gar nicht wissen.
„Sie sind auch nicht zu Ataman gefragt worden…“
WTF?
Du hast dich hier zu ihr geäußert, also kann man davon ausgehen, daß das eine Aufforderung an alle Leser dieses Forums ist, das ihrerseits zu kommentieren.
Ja, aber das ist doch nicht neu für Sie, oder?Wie lange kommentieren Sie schon in Blogs? Ich schreibe seit 2007. Da ist mir die Verfälschung von Merkels Zitat oft begegnet. Allerdings vor der Zeit, wo sie zur verkappten Atomkraftgegnerin und Befürworterin offener Grenzen wurde. 😉
7) „Schwul“ ist ein gutes Beispiel. Schüler*innen sagen immer wieder, dass sie da gar nicht richtige Homosexuelle meinen, aber so what? Sie verwenden das Wort klar ablehnend/pejorativ.
c) Korrekt.
5)
Kann hier eine Folge des, wie eigentlich immer, tollen Podcasts Throughline empfehlen:
https://www.npr.org/2022/06/22/1106765258/the-evangelical-vote-2019?t=1656423131159
„When Supreme Court Justice Ruth Bader Ginsburg died, the door opened on one of those rare opportunities to tip the balance of the highest court in the U.S. It was the opportunity that one particular voting bloc had been waiting for: evangelical Christians. Now, we await a ruling in a case that has the potential to overturn Roe v. Wade – an outcome evangelical Christians have spent decades voting and lobbying for. So how did this religious group become such a powerful force in U.S. politics? In this episode, we examine how white evangelicalism in particular became linked to conservative political issues…beginning with a roaming Irish pastor in the 1800s.“
Dass sie nicht zurückgetreten ist 2014 war so ein egoistischer Fuck-Up…
Ich find Kartoffel eigentlich durchaus cool
Ich auch :-). Jede/r, der/die dieses Wort in pejorativer Absicht gegen mich verwendet, hat damit signalisiert, dass er/sie ein schlecht erzogenes A*loch ist, wonach ich meinen polemisierenden Neigungen keinerlei Zügel mehr anlegen muss. Danke dafür.
Gruss,
Thorsten Haupts
Natürlich haben auch Polit-Junkies das Recht auf Eskapismus in der aktuellen Situation.
Hatte mir in diesem Blog trotzdem mehr zu aktuellen Fragen erhofft. My fault?
Zu welchen Fragen hätten Sie gerne etwas?
Von Wirtschaftskundigen etwa zu:
Meldung heute: Im Handwerk fehlen Hundertausende Fachkräfte, Tendenz steigend. Relevant für alle aktuellen Krisen. Gibt es realistische Lösungsvorschläge? Sind die sonst so kritisch beäugten jungen Männer unter den Flüchtenden eine Möglichkeit.
Nach dem Kommentar eines Militärexperten hier im Blog vor einiger Zeit müsste das russische Militär in der Ukraine längst am Ende sein. Stattdessen kommen die Russen voran und verwüsten das Land. Können Waffenlieferungen daran überhaupt noch was ändern. Ist „Putin darf den Krieg nicht gewinnen“ eine sinnvolle Aussage einer Außenministerin – oder Wunschdenken?
Die Sanktionen sollten Russland „in die Knie zwingen“. Die leben aber weiter wie bisher, während wir inzwischen schon vor einer scharfen Rezenstion und vor dem Winter zittern. Der Rubel steht besser da als vorher. Das Geschäft westlicher Unternehmen (MacDonald) wird einfach übernommen.
Solche Sachen.
Da kann ich halt wenig kommentieren außer „interessante Fragestellung“, das ist so ein bisschen das Problem 🙁
Ja, es gibt doch aber Leute hier im Blog, die Wissen dazu haben und eine Meinung. Bin halt irritiert, wenn inmitten sich anbahnender Groß-Krisen tagelang über die – sicher problematische – Ernennung einer Frau für ein nicht allzu bedeutsames Amt gestritten wird.
Muss halt wer einen Artikel schreiben.
Aber identity politics is one hell of a drug. 😀
Rate dringend zum Entzug
Hm.
Also grundsätzlich schreibe ich ja, um Diskussionen zu beginnen. Mit der Aufklärung hapert es offensichtlich. Als ich vor einigen Wochen eine Artikelserie über Staatsschulden einstellte, in der ich mich nüchtern-unvoreingenommen einem streitbaren Thema näherte, hagelte es so viele Vorwürfe der Voreingenommenheit. Solche Forschung ist wesentlich aufwendiger als ein Artikel über Identity Politics, letzterer erzeugt aber mehr vom gewünschten Effekt. Ich zumindest lasse mich durch die Kommentatoren durchaus steuern. 😉
Im Handwerk fehlen Hundertausende Fachkräfte, Tendenz steigend.
Das ist kein branchenspezifisches Thema, sondern betrifft die gesamte Wirtschaft. Und das nicht nur in Deutschland, sondern mindestens europaweit. Allein in Deutschland sollen derzeit 2,7 Millionen Fachkräfte fehlen. In Ballungsräumen ist das sehr deutlich zu spüren, und ich arbeite ausschließlich in Ballungsräumen.
Einfache Lösungsvorschläge werden kaum helfen. Das Problem ist zu vielfältig und zu umfangreich. Migrationsforscher und die Statistiker in Wiesbaden kamen schon vor 25 Jahren zu der Erkenntnis, dass mit Zuwanderung das demographische Problem Deutschlands nicht wird behoben werden können. Wenn man es klug anstellt, nur gelindert. Deutschland hat aber keine Expertise in kluger Migrationspolitik. Und noch eins aus der Forschung: die erste Zuwanderergeneration ist immer ein Verlustgeschäft für die aufnehmende Gesellschaft. Die zweite hält in klassischen Einwanderungsländern die Bilanz zwischen Kosten und Nutzen und erst – wenn es klug gemacht wird – ab der dritten Generation sind Migranten ein Gewinn. Eine Generation beläuft sich auf 20-25 Jahre.
Die Situation in der Ukraine ändert sich wöchentlich. Viele Militärexperten bezweifeln, dass sich derzeit seriöse Aussagen über den Ausgang des Krieges machen lassen. Was wir sehen: Russland greift mit immer älterem Kriegsgerät an, den Waffen fehlt zunehmend jede Präzision. Während die Ukraine auf Waffen aus westlicher Produktion hoffen kann, kann die russische Industrie nicht beliebig liefern.
Richtig ist, dass nur der Westen sanktioniert. Richtig ist allerdings auch, dass nur Deutschland, die Briten und die USA Teile der Hochtechnologie liefern könnten, die heute überall für hochanspruchsvolle Produkte benötigt werden. Russische Airlines haben zwar tausende Flugzeuge illegal okupiert, ohne Ersatzteile von Airbus und Boeing sind sie aber nach einigen Monaten ein lebensgefährliches Transportmittel. Außerdem sind Sanktionen kein kurzfristiges Mittel, sondern zielen auf die mittel- und langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten eines Landes. Sie wirken länger, als der intellektuelle Horzont von Putin offensichtlich reicht.
@ CitizenK 4. Juli 2022, 15:00
Von Wirtschaftskundigen etwa zu:
Meldung heute: Im Handwerk fehlen Hundertausende Fachkräfte, Tendenz steigend. Relevant für alle aktuellen Krisen. Gibt es realistische Lösungsvorschläge? Sind die sonst so kritisch beäugten jungen Männer unter den Flüchtenden eine Möglichkeit?
Ein Bauunternehmen hat in der Zeit nach 2015 100 geflüchteten Jugendliche in Ausbildung genommen. Nach 12 Monaten war nur noch einer dabei. Die zugewanderte Jugend sucht meist coolere Jobs, bei denen man sich nicht schmutzig macht; Türsteher für einen Club wäre so ein cooler Job, wo man „richtige“ Macht ausübt und entscheidet, welche Mädels und Buben in den Club dürfen.
Ja, deren Prioritäten sind so geil nicht. Klar, Bauarbeiter bist auch nicht bis 67, aber ich glaube Türsteher jenseits der 40 sind eher selten, oder?
Was meinst du?