Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann.
Fundstücke
1) Deutschlands Schulleiter halten Stundenpläne für »nicht mehr zeitgemäß«
Zu den wichtigsten Baustellen, die den Rektoren zufolge bearbeitet werden sollen, gehören die Überarbeitung von Stundenplänen, der Ausbau von Ganztagsschulen (aber nicht irgendwelchen) sowie eine Neuaufstellung der Kollegien. Die Ergebnisse im Detail: Stundenpläne reformieren: 82 Prozent der Schulleitungen sprechen sich dafür aus, die Stundenpläne mit dem althergebrachten Fächerkanon umzukrempeln. Dieser sei »nicht mehr zeitgemäß«, sondern bedürfe einer grundlegenden Überarbeitung. Knapp die Hälfte der Befragten wünscht sich, dass der Fachunterricht thematisch stärker vernetzt wird. Etwa ein Viertel würde einen insgesamt fächerübergreifenden Unterricht bevorzugen.»Die Schule ist noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen«, so wird der Schulleiter eines Gymnasiums in der Studie zitiert. Dies liege an dem tradierten System, das schon lange nicht mehr aktuell sei. »Der Fächerkanon ist doch der Wahnsinn«, so der Schulleiter. Das interessengeleitete, individualisierte Lernen stehe nicht im Vordergrund, »sollte es aber«. […] Schulen müssen Chancengleichheit ermöglichen: Fast alle befragten Schulleitungen vertreten diese Ansicht. 92 Prozent setzen dafür auf individuelle Förderangebote, um allen Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden. […] 80 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, dass sich Schulleitung auf die Strategie- beziehungsweise die Unterrichtsentwicklung und den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler konzentrieren sollte. Der Alltag sieht den Gesprächen zufolge allerdings oft anders aus. Rund die Hälfte der Befragten gibt an, maximal drei Stunden pro Woche für das Thema Schulentwicklung zur Verfügung zu haben. (fok, SpiegelOnline)
Das Veränderungstempo im System Schule ist einfach viel zu niedrig. Das liegt denke ich mit daran, dass es so wahnsinng große Widerstände gibt. Zur Schulpolitik glauben alle, eine fundierte Meinung haben zu können und zu müssen. Und alles, was anders ist, ist zuerst einmal schlecht, während gleichzeitig aber Veränderungen in alle möglichen Richtungen gefordert werden. Von dem permanenten „wir brauchen das Fach X!“ zu den Inhalten der Bildungspläne über die Digitalisierung, dazu die Prüfungsformate und -anforderungen: alles soll angefasst werden, aber egal welcher Vorschlag kommt, die Mehrheit schreit „Untergang des Abendlandes!“ Und mit dem Kram werden Wahlen entschieden!
Man sieht das gut an den oben zitierten Forderungen. Das sind Evergreens. Chancengerechtigkeit ist seit der ersten PISA-Studie vor zweiundzwanzig Jahren ein Thema, und fächerübergreifender Unterricht ist jetzt auch nicht gerade eine neue Idee. Mir wären auch keine Expert*innen bekannt, die gegen diese Dinge sind. Aber die Umsetzung ist das Problem.
2) The End of Germany’s Strategic Restraint
To a certain extent, at the very least, this state of affairs is a result of the case law of the Federal Constitutional Court: in a long line of adjudication, going back to the 1984 Pershing ruling, the court has repeatedly affirmed that foreign affairs lie fundamentally in the competence of the executive branch. Parliament does not always have a say in this area, and sometimes does not even dispose of the right to information that is crucial for exercising its rights of governmental control. Particularly with regard to arms export decisions, it is often made difficult for the Bundestag, and in particular to the opposition factions, to hold the government accountable: decisions are made in secret and the Bundestag is only informed ex post and only about the key data of approvals of arms exports. In the case of army deployments, the Bundestag is known to reside over a far-reaching parliamentary decision-making power (wehrverfassungsrechtlicher Parlamentsvorbehalt). Yet, when it comes to communicating these decisions back to the public, the situation is not much different with regard to arms exports or army deployments. In both cases, public debates going beyond limited and specific questions are seldom been held. As a result, foreign missions and arms exports are similarly unpopular, despite the very different institutional setup for decision-making in these fields. The way in which the Federal Constitutional Court has shaped the parliament’s role in mandating a foreign deployment of the Bundeswehr as a time-limited, case-by-case decision with detailed information on troop strength, deployment duration, deployment area as well as military capabilities in the AWACS decision of 1994 no doubt contributed to this problem. (Isabelle Ley, Verfassungsblog)
Ich finde das ein interessantes Beispiel dafür, wie stark das BVerfG in der deutschen Gesetzgebung und Verfassungsgestaltung ist. In solchen Situationen sieht man klar die Nachteile davon. Per gerichtlichem Fiat wurden starke Kompetenzen an eine Institution übertragen, die sie gar nicht wollte. Das führt dann dazu, dass diese Kompetenzen nicht wirklich ausgenutzt werden; man denke nur an das routinemäßige Abnicken der Auslands-Mandate. Alles ist super undurchsichtig, und Verantwortlichkeiten sind völlig diffundiert. Das ist nicht gerade ein optimaler Zustand.
3) Democrats could still win in November. No, really.
How bad are things? The FiveThirtyEight average of President Biden’s approval has him at 42.1 percent, virtually identical to former President Donald Trump’s the day before the 2018 midterms. In that election, Democrats gained 41 seats in the House. And it’s not just Biden. Democrats are now behind Republicans by more than 2 points in the generic ballot for Congress and have trailed in multiple 2022 polls in Florida, Nevada, and Georgia. Democratic Senate candidates also look shaky in Georgia, Nevada, and New Hampshire in particular — all seats that must be retained if the party is to hold onto its narrow majority. […] That complexity of problems doesn’t mean there’s nothing to be done. The first thing to tackle is the public’s economic pessimism. Biden and other Democrats seem shocked that job growth and robust GDP numbers have not reversed this mood. But the impact of inflation on struggling households and the psychological cost of ongoing shortages cannot be overstated, and the the Federal Reserve’s decision to raise interest rates was only a first step. […] Next, Democrats need this election to be fought on their terms.The party is on its heels in a relentless, media-fueled culture war whose parameters are defined entirely by the right. Critical Race Theory, cancel culture, masking-in-schools battles, the latest trans panic of the month — it’s a genuinely incoherent stew of festering grievances, but Democrats‘ defense has been just as messy. […] These are big asks. But it is still possible to squint and see a winning environment for Democrats this November. And if they don’t win then, it could be another decade or longer before the party has another chance to govern. (David Faris, The Week)
Klar, sie KÖNNTEN. Im Konjunktiv ist immer alles möglich. Ich KÖNNTE auch im Lotto gewinnen (vorausgesetzt ich spielte, was ich nicht tue, weil Lotto eine Strafsteuer für Leute ist, die Mathe nicht verstehen, aber ich KÖNNTE). Nur, wie wahrscheinlich ist das? Nein, es müsste schon ein mittelgroßes Wunder geschehen, dass die Democrats nicht auf die elektorale Mütze bekommen. Faris ist allerdings bei der Ursachenanalyse an was dran. Denn die Kommunikation der Democrats ist eine Vollkatastrophe. Auf einer Skala von 10 bis „Die Grünen im Wahlkampf 2021“ nähern sie sich deutlich an das Duo Infernale Baerbock/Habeck in jenen Monaten an. Es ist zum Haare raufen.
Aber: Ich wäre mir auch wegen den Aussichten auf das nächste Jahrzehnt nicht so sicher. Wir haben 2018 und 2020 gesehen, wie schnell sich das Blatt wenden kann (und natürlich 2010). Klar, Stand heute sieht die Lage für die Democrats richtig übel aus. Aber 2009 sah die Lage auch für die Republicans übel aus, und wer hätte da darauf gewettet, dass sie 2016 die trifecta gewinnen? Mir scheinen fast alle Analysen an dem Grundfehler eines zu statischen Fortschreibens des Status Quo zu liegen, der Kardinalfehler aller Prognosen. Immerhin machen ihn alle Seiten gleichermaßen…
4) Morden und Manipulieren für Putin
Die Mischung aus Desinformation, Repression und nackter Angst, mit der Putins Leute jetzt das Narrativ über den Ukrainekrieg kontrollieren, war auch damals schon vorhanden. Der Journalist Scott Anderson, der eine lange Recherche über den Fall veröffentlichte, die in Russland gar nicht und lange auch nicht online erscheinen durfte, zitierte einen Anwohner, der mehrere nahe Verwandte bei den Anschlägen verloren hatte, mit den Worten: »Es waren Putins Leute. Jeder weiß das. Niemand will darüber reden, aber alle wissen es.« […] Die vollständige Gleichschaltung der russischen Medienlandschaft, die jetzt dabei hilft, dass innerhalb des Landes eine völlig andere Wahrnehmung des Krieges vorherrscht als im Rest der Welt, hat aber eben schon vor über 20 Jahren begonnen. Es wird den Russen sehr leicht gemacht, nicht zu sehen, was sie nicht sehen wollen, und zu glauben, was man ihnen erzählt. Es bleibt rätselhaft, wie westliche Regierungen, allen voran die Deutschlands, all die Jahre glauben konnten, Putin sei ein am Ende doch verlässlicher, vertrauenswürdiger Partner. Wo all das doch noch vor den Augen der Weltöffentlichkeit stattfand, konstant begleitet von westlicher Berichterstattung. Vor einigen Jahren habe ich einen sehr interessanten Vortrag einer russischen Kollegin, einer Journalismusforscherin gehört, in dem sie die zunehmende staatliche Kontrolle über Russlands Mediensystem im Detail aufschlüsselte. Heute mache ich mir große Sorgen um sie. Sie diagnostizierte eine starke Spaltung zwischen einem urbanen, gebildeten Russland, das noch auf alternative Quellen zugreifen konnte und das auch tat, und dem ländlichen Russland der Provinzen, in dem die Propaganda der Staatssender schon zur einzigen Wahrheit geworden war. Diese urbanen, gebildeten Menschen sind die, die nach dem Einmarsch in die Ukraine auf die Straßen gingen. Viele Tausend von ihnen sitzen jetzt im Gefängnis. (Christian Stöcker, SpiegelOnline)
Diese Mechanismen sind alles andere als überraschend. Der Terror einer Meinungsdiktatur (Seitenhieb für meine konservativen Freunde: so sieht eine Meinungsdiktatur aus) ist den russischen Machthabern jetzt nicht eben fremd, und die Spaltung zwischen Stadt und Land können wir überall beobachten. Ob in den USA, ob in Polen, ob in Deutschland, ob in Frankreich – das Herz des Liberalismus schlägt in den Städten, das der Reaktion auf dem flachen Land.
Nur, die Frage, wie westliche Regierungen glauben konnten, Putin sei ein verlässlicher Partner – wir haben massenhaft blutrünstige, aber verlässliche Partner. Ich darf nur Saudi-Arabien erwähnen. Die führen einen Vernichtungskrieg in Yemen, unterdrücken auf übelste Weise die eigene Bevölkerung, aber wir machen gerne Geschäfte mit ihnen. Auch Massenmörder können verlässliche Partner sein. Die Erkenntnis, dass das auf Putin nicht zutrifft, hätte früher kommen müssen, aber das liegt nicht daran, dass er ein mörderisches Arschloch ist, sondern dass seine Interessen und unsere unvereinbar sind.
Das Kokettieren mit Regime Change und Boykottfantasien mag moralisch anständig wirken. Aber der Preis, der für diese Geste zu zahlen wäre, ist hoch – politische Handlungsunfähigkeit oder politisches Desperadotum. Man feiert die eigene Moral, meidet aber, sich Rechenschaft über die Folgen abzulegen. Dies zur Leitlinie zu machen folgt dem Pippi-Langstrumpf-Prinzip: „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.“ In der Welt, wie sie ist, ist Russland nicht so isoliert, wie es wünschenswert wäre. In der UN-Vollversammlung haben die Regierungen, die die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentieren, darunter fünf Atommächte, nicht für die Verurteilung Russland gestimmt. Das ist die neue Weltordnung. Man sollte sie zur Kenntnis nehmen. Misstrauisch macht auch, dass die Aufrufe, Diktatoren zu beseitigen, lange zur Praxis des „liberalen Imperialismus“ (Carlo Masala) gehörten. In Afghanistan, dem Irak und in Libyen hat die Illusion, man müsse nur Taliban, Saddam und Ghaddafi mit genug Feuerkaft bekämpfen, um Frieden und Demokratie zum Durchbruch zu verhelfen, eine blutige Schneise der Verwüstung hinterlassen. Zur Fähigkeit von Demokratien gehört bekanntlich, schneller als Diktaturen aus Fehlern zu lernen. Der publizistischen Fraktion, die unbedingt Demokratie mit Gewalt exportieren will, scheint genau dies abzugehen. Sie ist unfähig, Fehleinschätzungen zu korrigieren und die Trümmerberge wahrzunehmen, die sich hinter ihr auftürmen. […] Kein Missverständnis: Wer die Zahl der Toten des „liberalen Imperialismus“ benutzt, um Putins monströses Verbrechen zu verkleinern, ist moralisch bankrott. Wer versucht, der Nato eine Mitschuld am Überfall auf die Ukraine zu geben und sich an einen starr auf die USA fixierten Antiimperialismus klammert, verdient intellektuell und moralisch nur Verachtung. (Stefan Reinecke, taz)
Ich habe ja in meinem Artikel vor einigen Wochen bereits meine Verwirrung darüber beschrieben, welche idiotischen Forderungen derzeit durch den Raum fliegen – von neokolonialen Fantasien, in denen die Ukraine einfach nur als Verfügungsmaße bei großen Konferenzen herumgeschoben werden kann, bis hin zum Einsatz von NATO-Truppen zur Verteidigung Kiews. Die Idee, wir hätten irgendwelchen Einfluss darauf, wer in Russland regiert, ist hanebüchen. Wir haben es nicht geschafft, die politische Lage im Iran zu beeinflussen, wie können wir uns einbilden, das in Russland zu schaffen?
Umgekehrt haben wir wesentlich mehr Einfluss außerhalb Russlands Landesgrenzen, als diese Küchentischstrateg*innen oftmals einzugestehen bereit sind. Derzeit dreht sich diese Debatte hauptsächlich um die Frage von Waffenlieferungen an die Ukraine, aber generell gilt, dass das Stützen der NATO-Ostflanke einerseits und der Ukraine andererseits die beste Politik für den Westen ist, um Russlands Einfluss einzudämmen. Dasselbe Prinzip wird uns vermutlich in nicht allzulanger Zeit im chinesischen Umkreis ebenfalls ins Haus stehen, wo wir vor sehr ähnlichen (und ebenfalls geleugneten oder verdrängten) Herausforderungen stehen.
Das Team analysierte zudem 90 Verfahren, die von 1998 bis 2021 vor dem Bundesverfassungsgericht entschieden wurden. Dort zeige sich, wie die Lebensmodelle von Kindern, die gesund und in Kita oder Schule gut integriert waren, durch richterliche Anordnung von „Inobhutnahmen, Umplatzierungen und Wechselmodellen aller Art“ aufgelöst wurden. In der Folge würden die Kinder häufig auffällig und entwickelten Störungen. Alleinerziehende Mütter, so Hammers Fazit, wären im Umgang mit dem Jugendamt „erheblichen Risiken“ ausgesetzt. Auch das Umfeld der Familiengerichte sei durch „Lobbyorganisationen“ beeinflusst. Deren Narrative hätten sich, obwohl wissenschaftlich nicht haltbar, zu einer „Doktrin“ in Aus- und Fortbildung entwickelt. So werde gestreut, dass Mütter ihre Kinder von Vätern „entfremden“, sie nur Kinder und Geld wollten und sogar Gewalt und Missbrauch erfänden. Zudem werde verbreitet, einzig eine „50:50-Aufteilung“ der Betreuungszeit lasse Kinder gesund aufwachsen. Hier werde der Anspruch der Gleichberechtigung missbraucht und die Besonderheit der Mutter-Kind-Beziehung marginalisiert. Doch ein von Richtern angeordnetes Wechselmodell bedeute für ein Kind „Entwurzelung“ und könne zum Martyrium werden. Leider habe sich eine „quantitative Elterngerechtigkeit“ zum Maßstab für das Kindeswohl entwickelt. Dabei sei ein Kind kein „teilbares Objekt“. Fifty-fifty-Modelle funktionierten nur freiwillig. (Kaija Kutter, taz)
Die ideologische Ausrichtung der Familienrechtsprechung ist schon lange ein Problem. Früher haben die Gerichte gerne pauschal der Frau die Kinder zugeschlagen, damit Männern den Zugang zu ihrer Familie genommen und oft genug die alleinerziehenden Frauen zu einem Leben in Armut verdonnert (und die Kinder mit). Inzwischen werden andere Modelle aufoktroyiert, aber so oder so stecken giftige Ideen dahinter, die sich meist aus irgendwelchen festgefahrenen Rollenmodellen speisen, demnach Frauen per se besser geeignet wären, die Erziehung zu übernehmen, als Väter. Da wird tief in die biologistische Mottenkiste gegriffen, um allerlei Blödsinn als gesunden Menschenverstand herzunehmen und in Gesetzesform zu veredeln.
Kleine Anekdote am Rande: ein ehemaliger Nachbar von mir war geschieden. Die Trennung verlief im Guten; beide hatten das gemeinsame Kind je dreieinhalb Tage die Woche und wollten ein komplettes 50:50-Modell. Das ging aber nicht, weil die geltende Rechtslage besagte, dass eine der beiden Parteien zwingend den Hauptteil des Sorgerechts und damit einen Unterhaltsanspruch erhalten müsse. Und das, obwohl beide Seiten das explizit nicht wollten! Es kostet nur Geld und Stress, weil das Rechtssystem immer noch mit Familien- und Geschlechterrollen von vor vier Jahrzehnten operiert.
7) The Supreme Court rules that Joe Biden is commander-in-chief. Three justices dissent.
The decision is undeniably a win for the balance of power between the executive branch and the judiciary that has prevailed for many decades. But the fact that the Court had to weigh in on this at all — not to mention that three justices, Justices Clarence Thomas, Samuel Alito, and Neil Gorsuch, dissented from the majority — is a worrisome sign about America’s judiciary. […] The most astonishing thing about the SEALs order is that at least three justices dissented. […] I want to emphasize the sheer enormity of what Alito is suggesting here. Once the Supreme Court permits a single servicemember to defy a direct order, that opens the door to any member of the armed services who disagrees with an order running to court to seek an exemption. […] The Court has understood for many decades that the military simply cannot function if its members think orders may be optional. […] Permitting service members to seek exemptions from the courts, Goldman explains, would undermine service members’ “habit of immediate compliance with military procedures and orders” — a habit that “must be virtually reflex with no time for debate or reflection.” At the end of the day, every service member must know who their commander is, and everyone must respect the chain of command. There can only be one person at the apex of that chain, and it can either be Joe Biden or Samuel Alito. (Ian Milheiser, vox.com)
Der Supreme Court ist mittlerweile von Rechtsradikalen dominiert. Noch eine Trump-Präsidentschaft, und die stempeln die komplette Abschaffung der Demokratie ab. Das kann nicht überraschen, denn die Republicans arbeiten seit zwei Dekaden zielstrebig an der Kontrolle der Judikative, und die Democrats waren (und sind!) wie so oft asleep at the wheel. Wegen der lebenslangen Ernennungen ist das ein Problem, das selbst für den Fall einer göttlichen Intervention, die die GOP in eine demokratische Partei verwandelt, noch für Jahrzehnte Bestand haben wird (anders als für die in Fundstück 3 disktuierte Legislative).
8) Elon Musk joins Twitter board after becoming biggest shareholder
Milliardäre und Demokratie sind unvereinbar, Teil 535237. Nichts Gutes kann aus dieser Entwicklung kommen. Elon Musk ist ohnehin ein Megalomane, der keinerlei Skrupel hat, halbgarene gesellschaftspolitische Utopien durchzusetzen und der in seinen eigenen Unternehmen ein Terrorregime führt. Die Sozialen Netzwerke sind zudem so gesellschaftlich relevant – sie stellen effektiv öffentliche Räume dar, die nur völlig unter Kontrolle privater Akteure und weitgehend ohne vernünftige Regulierung sind – dass die Vorstellung, dass jemand wie Elon Musk hier so massiven Einfluss hat, allen demokratisch wie liberal gesinnten Menschen einen Schauer über den Rücken jagen muss.
9) Democrats can’t escape reality. They shouldn’t try.
Take the crime issue. We know that murder rates rose dramatically in 2020, the last year of Donald Trump’s presidency, and that they remain elevated in many places across the U.S. Republicans have made hay with the issue, blaming „woke“ district attorneys and a „defund the police“ campaign that never really came to fruition. But some Dems are pointing to a new study by the Third Way think tank showing that states carried by Trump in 2020 had a higher per-capita murder rate that year than states carried by Joe Biden. The states with the highest homicide rates? Mississippi, Louisiana, Kentucky, Alabama, and Missouri. Third Way dubbed this „The Red State Murder Problem,“ and a few left-of-center folks have been eager to amplify that notion. „No one seems to notice a murder in Mississippi, because it just doesn’t conform to the story that gets told over and over again,“ one of the report’s authors, Jim Kessler, told the Washington Post. […] There’s a similar issue with the economy. Voters hate it. Democrats are trying to acknowledge those concerns while also making the case the economy is actually stronger than Americans think. […] The truth is that murders are too high, and so is inflation. Democrats don’t have to merely play defense on these issues — they can, for example, make a stronger case that the GOP’s lax gun policies have helped drive violent crime. But they won’t be saved by out-of-touch happy talk or shifting blame in ways that don’t ring true with voters. Reality usually has a way of winning out. (Joel Mathis, The Week)
Und noch einmal das Thema der Dummheit der Democrats. Sie machen bei der Kommunikation den gleichen Fehler wie 2016. Damals tourten Hillary Clinton und Barack Obama auch das Land und erzählten allen, wie gut die Lage ist. Und von den Zahlen her war das ja auch der Fall! Den USA ging es 2016 besser als je zuvor in den vergangenen acht Jahren, mindestens. Nur, es fühlte sich nicht so an, und das Weltuntergangsnarrativ Trumps war wesentlich überzeugender. Die Wahrheit ist, dass die Democrats in dieser Form der Kommunikation – dem Verkaufen der eigenen Erfolge – einfach wahnsinnig schlecht sind.
Gleichzeitig frage ich mich, inwieweit der Erfolg von Trump bei Erschaffung einer Realität – Horden von Immigrant*innen an der Grenze, gewaltige Kriminalität, das ganze American-Carnage-Programm – auf seine eigene Blase beschränkt blieb und bleibt und nur deswegen funktioniert(e), weil diese Blase dank des beknackten Wahlsystems groß genug ist, um Wahlen zu gewinnen. Ich bin nur eingeschränkt heiß darauf, es herauszufinden.
10) Ukraine’s War Has Already Changed the World’s Economy
Germany is a rich country. Even in the event of a severe recession, it would have the resources to cope. Its Eastern European neighbors would be in a more difficult position. They have lower incomes. They are absorbing the majority of the refugees and they are more dependent on Russia for trade and energy. They would look for help from their richer partners in the EU. Mario Draghi, Italy’s prime minister, has been pushing since the start of the war for a collective spending package to cushion the crisis, speed up investments in energy independence, and reinforce Europe’s defenses that might run to more than $1.5 trillion. A package of anything like those dimensions would be a giant leap forward for the EU and would require months of high-stakes diplomacy to negotiate. Europe is committed to breaking its dependence on oil and gas imported from Russia. In the medium term, the crisis will hopefully accelerate the push into renewable energy and away from the global trade in fossil fuels. But in the short run, the impact is not deglobalization but a search for new sources of supply. Liquefied natural gas tankers from around the world are plowing their way toward terminals in France and Spain. Robert Habeck, Germany’s minister for the economy and climate, recently inked a deal with Qatar. It takes a supply chain to beat a supply chain. Even if Europe succeeds in reducing its fossil fuel consumption as rapidly as planned, that will entail new imports of solar panels and rare-earth elements to build battery systems. […] Whereas for the big economic powers such as China and India it may make sense to speculate about new patterns of globalization, for neither Tunisia nor Sri Lanka does a retreat from globalization offer attractive options. In the short run, they need concessions from their main creditors and a concerted effort to refloat their economies. (Adam Tooze, Foreign Policy)
Ich empfehle den kompletten, längeren Artikel zur Analyse, weil Tooze auf viele Aspekte der Weltwirtschaft eingeht, die von diesem Krieg betroffen sind. Es ist die Stunde großer Strategien. Das bisherige Laufen-Lassen, der weitgehende Verzicht auf eine Handels- und Industriepolitik, die mehr war als Standortkonkurrenzpolitik (attraktive Bedingungen für Investitionen), ist an ihrem Ende angelangt. Es braucht konkrete Vorstellungen davon, wie die Deutschland, die EU und der Westen generell die Wirtschaft organisieren wollen. Das bisherige Modell, das seine Verkörperung wohl in der WTO und ihrem Regelwerk findet, funktioniert nur, wenn sich ein signifikanter Anteil der Akteure daran hält. Das ist aber nicht der Fall. Und das erfordert von allen Seiten eine starke Umgewöhnung.
Resterampe
a) Großartiger Twitterthread, der die deutsche Ukrainepolitik erklärt.
b) Spannender Thread zu Abhängigkeiten in Lieferketten.
c) Thread zu den Wahlen in Ungarn. Mehr braucht man dazu glaube ich nicht zu sagen.
d) Der widerlichste Missbrauch des Ukrainekriegs für die eigenen Zwecke, der mir in Deutschland soweit unterkam, ist der, dass die Lebensmittelindustrie fordert, dass die Pflicht zur Zutatenkennzeichnung aufgehoben werde.
e) Die Libertären können es einfach nicht lassen.
f) Mittlerweile glaubt über die Hälfte der Republicans und 20% der Democrats, dass die Führungsriege der Democrats pädophile Netzwerke und Kinderprostitution betreibt. Die amerikanische Medienlandschaft ist so kaputt, das werden langsam russische Verhältnisse.
g) Das Drittmittelsystem speziell und die Wissenschaftsfinanzierung generell sind so kaputt...
Zu 7):
ROFL. Bei der Entscheidung ging es um Impfzwang und eben nicht um einen militärischen Einsatzbefehl. Selbstverständlich kann man immer noch argumentieren, auch das falle in die militärische Befehlskette und sei richterlicher Beurteilung komplett entzogen, aber dann ist man extrem dicht an der völlig irrsinnigen (und üblicherweise reaktionär-autoritären) Auffassung, die komplette militärische Befehlskette entziehe sich grundsätzlich und in allen Fällen richterlicher Überprüfung. Ich erspare es den hinreichend intelligenten Lesern dieses Forums, die logischen Kosequenzen einer solchen Auffassung auszuformulieren.
Zu 8):
Wo genau liegt der Unterschied zwischen einer privatrechtlich inkonsistent und sprunghaft handelnden Internetplattform VOR und derselben Plattform NACH Elon Musks 10% Anteil? Bingo – vorher handelte das Management der Plattform so, wie es der Autor der Kritik im Prinzip für richtig hält, danach besteht offenkundig die Befürchtung, sie täte es nicht mehr. Sonst gibt es nämlich exakt keinen Unterschied.
Zu e):
Was ist eigentlich so schwierig daran, anzuerkennen, dass der Nationalsozialismus als Ideologie nachweislich starke sozialistische (genauer: marktwirtschaftsfeindliche) Elemente hatte? Ist das so eine Art von linkem pawlowschen Reflex zu Ehrenrettung des grausam gescheiterten realexistierenden Sozialismus, um die bei Linken positive Begriffsbesetzung von „Sozialismus“ zu retten?
Gruss,
Thorsten Haupts
e) Daran ist überhaupt nichts schwierig. Das ist ja auch offensichtlich so. Nur ist halt „Elemente“ etwas völlig anderes als die hanebüchene Behauptung, er sei „sozialistisch“ gewesen. Der NS hatte auch konservative Elemente, hatte sogar liberale Elemente in sich – schon alleine deswegen, weil er eine völlig inkohärente Ideologie war. Im Endeffekt ist diese Argumentation so solide wie Lindner einen Sozialisten zu nennen, weil er Preiskontrollen für Benzin befürwortet.
e) Was ist eigentlich faktisch so schwierig anzuerkennen, dass sich der Nationalsozialismus in seiner POLITISCHEN PRAXIS eben halt sehr stark auf Konservative Kräfte stützen konnte, u.a. auch die Manager deutscher Großunternehmen und der Parteien, die Anfang 1933 mit der NSDAP eine Koalition eingingen.
Die Gleichsetzung von Nationalsozialismus mit Sozialismus springt für mich genau so kurz wie die marxistische Auffassung, der Faschismus wäre eine Endstufe des Kapitalismus vor der Weltrevolution.
Wir haben da auch nur einen partiellen Dissens – nämlich nur insofern, als ein Rentier-Kapitalismus mit Planwirtschaft selbstverständlich kompatibel ist, nur nicht mit dem reinen Marxschen Kommunismus.
Was die Faktendarstellung angeht – kein Widerspruch!
Gruss,
Thorsten Haupts
7) Wichtige Aussage. Soldaten sind in erster Linie Bürger und haben entsprechend bürgerliche Arbeitnehmerrechte.
e) Wieder mal weise ich darauf hin, dass die Begriffspaarung national und sozialistisch ursprünglich von Friedrich Naumann stammt, der seinen Vereinsnamen später auf nationalsozial abgemildert hat. Vorbild war übrigens der (so richtig unappetitliche) christlich-soziale Verein Adolf Stoeckers.
[Unabhängig davon wäre es ein interessantes kontrafaktisches Szenario, was gewesen wäre, wenn sich in der NSDAP die ‚rotfaschistische‘ Richtung Strassers durchgesetzt hätte. Hat jemand Material zu diesem Szenario]
e) Diese ganze Diskussion ist völlig ahistorisch. Die NSDAP heißt wie sie heißt, weil Hitler ein Best-Of aller um 1920 beliebter Schlagworte zusammengemixt hat. Mehr ist da einfach nicht dahinter. Gleiches gilt für das „unveränderliche“ Parteiprogramm von 1924. Die NSDAP ist eine Führerpartei, ihre einzige ideologische Konstante ist die Ausrichtung auf Hitler.
Das wurde ja schon von den Zeitgenossen erkannt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Jacobus_Belsen_-_Das_Firmenschild_1931.jpg
Ich weiß! Noch ein Grund mehr, warum mich das so sehr nervt. Es ist einfach rein in bad faith, ein Versuch auf alles grob Linke draufzuhauen.
Nicht ganz: Namensvorbild war die österreichisch/ tschechoslowakische DNSAP Rudolf Jungs, der den Begriff ’nationaler Sozialismus‘ in seiner antidemokratischen und antiliberalen Bedeutung geprägt hat.
Antidemokratisch und antiliberal waren die Sozialisten auch. Aber du hast natürlich Recht.
1) Deutschlands Schulleiter halten Stundenpläne für »nicht mehr zeitgemäß«
Auffällig ist doch, dass Bayern traditionell als Vorbild für die Schulbildung gilt und Länder mit klassischer Ausbildung bei den PISA-Tests immer wieder vorne in der Spitzengruppe rangieren. Das legt zumindest die Vermutung nahe, dass Deutschlands Schulsystem nicht an zu wenigen Reformen, sondern vielleicht an zu vielen leidet.
In der Pandemie, die mit monatelangen Schulschließungen verbunden war, hätten sich die Schulen einen Ruf als Vorbild für innovatives Lernen erwerben können. Das Gegenteil war der Fall, Lehrer zeigten sich nicht auf der Höhe der Zeit, legten weit überdurchschnittliche Fehlzeiten hin, die Geschichten von Lehrern, die wochenlang ohne Kontakt zu ihren Schülern waren, füllten die Gazetten.
2) The End of Germany’s Strategic Restraint
Dass das Parlament immer wieder an seine Pflichten erinnert werden muss, Gesetzgeber und Kontrollinstanz der Exekutive zu sein, ist im Grunde hochnotpeinlich. In der Pandemie tat das nicht nur das Bundesverfassungsgericht, sondern auch zahlreiche Verwaltungsgerichte.
Die Verfassungsorgane können nicht aus eigener Machtvollkommenheit ihre Aufgaben verlagern. Das können übrigens die Richter auch nicht.
1) Wir haben ja gar keine Bundesländer, die das anders machen würden. Aber ich stimme dir zu, dass wir gleichzeitig zu viele und zu wenig Reformen haben.
2) Klar, das passiert doch dauernd. Wenn das Verfassungsgericht sich für zuständig erklärt, wie etwa im EZB-Urteil, beim Datenschutz und vielen anderen Themen, dann findet da eine Machtverschiebung statt. Dass das Parlament sich selbst entmachtet ist dem unbenommen und zu kritisieren.
1) Nun, Bayern macht schon einiges anders. Der Fächerkanon mag da gleich oder vergleichbar sein. Aber bei den Strukturen haben wir in den letzten 5 Jahrzehnten wahrlich genug experimentiert. Dass der Lerninhalt immer wieder, am besten im Abstand von 5-10 Jahren überprüft werden muss, sollte sich eigentlich von selbst verstehen.
2) Dein Kaprizieren auf den Streit bezüglich der Aufgaben der EZB geht fehl. Grundsätzlich geht es dabei um die Übertragung von hoheitlichen Aufgaben der nationalen Ebene auf eine supranationale Ebene. Da nach allgemeinem Verständnis die Mitgliedstaaten die größte demokratische Einheit der EU bilden, können nur sie nationale Befugnisse übertragen. Das erfolgt aber nur entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen, deren Einhaltung garantiert werden muss. Nun sieht es so aus – und das kann eigentlich kaum geleugnet werden – dass die EZB über ihr Mandat hinaus agiert. „Whatever it takes“ war jedenfalls keine Klausel in den Maastrichtverträgen.
Nicht nur zu kritisieren. Auf die Einhaltung der Regeln zu bestehen.
1) Ja, die werden auch permanent überprüft, aber die Änderungen sind viel zu oberflächlich und in den Strukturen verharrt. Beispiel an Geschichte: Da werden schon Inhalte ausgetauscht, aber das läuft eher „etwas weniger Russische Revolution, dafür nehmen wir eine Doppelstunde Nahostkonflikt rein“.
2) Das ist zumindest deine Sicht, und die ist natürlich valide.
1) Den Unterricht in 45-Minuten-Klötze zu zerhacken, ist lernpsychologisch ohnehin Unfug. Gerade in Deutsch oder Geschichte ein hochemotionales Thema – Klingeln – jetzt ist Mathe oder Physik. Oder umgekehrt.
Reform- und Versuchsschulen, die das anders machen, haben auch viel bessere Ergebnisse. Davon muss es mehr geben, bis schließlich alle Schulen so arbeiten. Eine Systemreform von oben kannste vergessen.
Völlig korrekt. Wir haben wenigstens das 90-Minuten-Modell; ich könnte mir 45-Minuten-Stunden gar nicht mehr vorstellen. Brrrrrrrr.
90-Minuten-Takt: Also die Nebenfächer dann nur einmal pro Woche, aber 90 Minuten? Oder hauptsächlich die Hauptfächer?
Nebenfächer dann entsprechend nur einmal die Woche oder sogar nur alle zwei Wochen (wenn einstündig), genau.
6) Kinderfeindliche Justiz
Der Artikel hat wie so oft bei dem Thema die falsche Überschrift. Es geht immer um die Eltern, es geht nicht um die Kinder.
Früher haben die Gerichte gerne pauschal der Frau die Kinder zugeschlagen, damit Männern den Zugang zu ihrer Familie genommen und oft genug die alleinerziehenden Frauen zu einem Leben in Armut verdonnert (und die Kinder mit).
Heute sind nicht mehr 90% der Alleinerziehenden armutsgefährdet? Habe ich etwas verpasst? Es ist wohl eher umgekehrt: Die Reformen des Familien- und Unterhaltsrechts der vergangenen 20 Jahre unter Führung sozialdemokratischer Familienministerinnen (oder Genderstern) haben eher zunehmend Frauen mit Kindern in die Armut getrieben.
Trennungen sind etwas Hochemotionales. Zu glauben, ehemalige Partner würden nicht alle Waffen zücken um sich für vermeintliches Unrecht zu rächen, ist eine Geschichte aus dem Wolkenkuckucksheim. Der Anteil von Falschanzeigen wegen Kindesmissbrauchs und Gewalt in der Ehe sind nicht rückläufig, ebenso wenig wie der Anteil der Unterhaltspreller. Märchen brauchen wir nicht.
Ich verstehe nicht ganz was dein Punkt ist; ich sage doch, dass alleinerziehende Frauen die armutsgefährdestste Gruppe sind und dass das Resultat schlechter politischer Entscheidungen sind?
Und wo erzähle ich Märchen?
Du schreibst in der Vergangenheitsform: früher haben die Gerichte Alleinerziehende zur Armut verdonnert. Also heute nicht mehr – oder weniger, auf jeden Fall besser. Anscheinend hast Du das aber nicht so gemeint.
Ah. Augen auf bei der Tempusbildung. Danke!
Inhaltlich wenig Widerspruch, aber „sozialdemokratischer Familienministerinnen (oder Genderstern)“ ist so nicht ganz richtig: Genderstern ist unnötig, nach Heiner Geißler (1982-1985) gab es nur Familienministerinnen; sozialdemokratisch waren sie auch nicht alle, in den letzten 20 Jahren hatten wir 4 Jahre von der Leyen und 4 Jahre Christina Schröder.
Hab mich heute tatsächlich geärgert, dass es nicht mit Özdemir geklappt hat und befürworte unbedingt einen Mann in dieser Position!
Da muss ich dich enttäuschen: Geschlechterproporz ist das wichtigste Kriterium, gefolgt von Kompetenz:
https://www.tagesschau.de/inland/gruene-spiegel-nachfolge-101.html
10) Ukraine’s War Has Already Changed the World’s Economy
Der Mann schreibt einfach unglaublich viel Unsinn am Stück.
They have lower incomes. They are absorbing the majority of the refugees and they are more dependent on Russia for trade and energy.
Vor allem wachsen die Einkommen rasant. Vor allem haben sie einen stärkeren Fachkräftemangel, weil der Westen die besten Leute anzieht. Und nein, sie sind weniger abhängig von russischer Energie, weil sei ein bisschen schlauer sind als die Deutschen. Viel, viel Unsinn in gerade zwei Sätzen.
Wer vor allem nach deutschem Geld schielt, sind die Südländer, weil sie ihre enormen Schulden nicht mehr unter Kontrolle bringen.
Es braucht konkrete Vorstellungen davon, wie die Deutschland, die EU und der Westen generell die Wirtschaft organisieren wollen.
Ach, die geliebte Planwirtschaft! Ohne die geht es nicht. Schaun‘ mer mal: Frankreich betreibt seit Urzeiten in starkem Maße Industriepolitik. Wer würde behaupten, das sei erfolgreicher als das westdeutsche Modell seiner Wettbewerbspolitik gewesen? Doch nur Leute wie Tooze, die von Wirtschaft keinen blassen Schimmer haben.
Schaun wir mal, wie sich der Krieg auf die osteuropäischen Wirtschaften auswirkt.
Freihandel ist kein Naturgesetz. Auch im letzten Viertel des 19. Jahrhundert gab es eine Phase, die wesentlich weniger freihändlerisch geprägt war als die Zeit davor nach den englischen Corn Laws (https://de.wikipedia.org/wiki/Corn_Laws). Die Staaten führten nach und nach wieder Handelsschranken ein. Mit China geht uns langsam eine gemeinsame Basis verloren. Von Russland will ich da gar nicht reden.
Dieses kurze Buch berichtet darüber ->
https://www.amazon.de/Protectionism-Ohlin-Lectures-Jagdish-Bhagwati/dp/0262521504
Ist nicht sehr technisch. Habs vor langer Zeit gelesen. Bhagwati war ein neoliberaler Ökonom.
Zu 10) Es ist die Stunde großer Strategien. Das bisherige Laufen-Lassen, der weitgehende Verzicht auf eine Handels- und Industriepolitik, die mehr war als Standortkonkurrenzpolitik (attraktive Bedingungen für Investitionen), ist an ihrem Ende angelangt.
Gott schütze uns vor Leuten mit „grossen Strategien“ und einem starken Hang zu „Handels- und Industriepolitik“, bitte. Was auch immer in einer Marktwirtschaft schief geht, wird in jeder Form von Planwirtschaft ebenso schief gehen, nur eine Zehnerpotenz stärker und gleich mehrfach.
Es gibt genau kein historisch überzeugendes Beispiel, in dem grosse Strategien oder eine aktive Industriepolitik mehr Wohlstand geschaffen haben, als eine Marktwirtschaft in einem ordentlich gesetzten Ordnungsrahmen. Dagegen ausreichend viele Beispiele, wo das in die Hose ging.
In the short run, they need concessions from their main creditors and a concerted effort to refloat their economies.
Ja klar, was soll da auch schon schiefgehen. Daniederliegende Volkswirtschaften mit kleptokratischen Eliten, dysfunktionalen Gesetzen, fehlender Gewaltenteilung und starken antidemokratischen Bewegungen konnte man in der Vergangenheit ja schon leicht und effizient von aussen helfen, die Villen ihrer Funktionseliten an der Cote d’Azur zu sichern. Tooze ist nur einer der vielen Schwätzer, die sich mit möglichst abstrakt-theoretischen Ratschlägen, fehlendem Realitätssinn, wirtschaftlicher Ahnungslosigkeit und leichtem Grössenwahn einen „Namen“ gemacht haben, indem sie die gängigen Vorurteile der sozialwissenschaftlichen Fachbereiche des Westens in die Begriffe bringen, die ihre Anhänger mit „genial“ goutieren.
Gruss,
Thorsten Haupts
Wir hatten keine „großen Strategien“, haben aber trotzdem
eine Energiekrise mit gefährlichen Abhängigkeiten
Artensterben, Bodenzerstörung, Grundwasservergiftung, Streit um Wasser
eine Krise der Infrastruktur (20000 marode Bahnbrücken, gesperrte/gesprengte Autobahnbrücken)
Überfüllte Autobahnen, Massenstaus und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen der Trucker
Fachkräftemangel, nicht nur in Medizinberufen
seit Jahren ein massives Internet-Defizit
vielfach einen unwürdigen Umgang mit alten Menschen
Schwer vorstellbar, dass das mit mehr Planung „um eine Zehnerpotenz“ schlimmer wäre. Warum die wundersamen Marktkräfte das alles nicht verhindert haben, müsste man mir erklären.
Das ist ideologische Präferenz.
Wenn Sie unerwünschte Entwicklungen durch erkannte Fehlanreize bezw. fehlende Sanktionen in einem marktwirtschaftlichen Ordnungsrahmen ändern wollen, dann tun Sie das am besten durch Verschiebung des Ordnungsrahmens – Steuern und Gesetze. Und eben nicht durch direkte Eingriffe in die Unternehmenspolitik. Ich darf auch höflich darauf hinweisen, dass alle (mehrere Dutzend) bisher durchgeführten Feldversuche mit einer planwirtschaftlichen Ordnung nicht nur vergleichsweise höhere (!) Umweltschäden erzeugten, als ihre marktwirtschaftlichen Alternativen. Sondern darüber hinaus eine Reihe heutzutage in westlichen Gesellschaften ziemlich unerwünschte, aber unvermeidliche, Nebenwirkungen zeitigten – wie Zensur oder Gefängnis für Kritiker. Diese Nebenwirkungen sind in einer „strategisch gesteuerten“ Wirtschaft übrigens völlig unvermeidbar – rationale Erwägungen dazu bei Hayek und Popper.
Gruss,
Thorsten Haupts
„Verschiebung des Ordnungsrahmens – Steuern und Gesetze“
Weil ich dafür eintrete, bin ich in diesem Forum schon mal als „Kommunist“ bezeichnet (beschimpft?) worden.
Von mir nicht.
Das ist ja zum Haare raufen. Nein, genau dafür treten Sie nicht ein. Eigentlich ist es so einfach bzw. wäre es, würden Linke sich nicht ständig anmaßen, Dinge besser zu können und wenn es schief geht, auf die bösen Unternehmen/Unternehmer zeigen. Das ist hier ein Paradebeispiel.
Für jeden liberalen Ordnungstheoretiker ist klar: In der Preisbildung hat der Staat nichts, aber auch gar nichts zu suchen. Das Drumherum, das gehört zur staatlichen Ordnungspolitik. Im Markt – halt die Schnauze, Staat mit Deinen Beamten (und angehörigen Strategiearchitekten).
Sie befürworten, wie Sie zuletzt wieder geschrieben haben, die „Ergänzung“. Was bei Ihnen darauf hinausläuft, dass Politik und Beamte den Unternehmen immer und immer mehr Vorschriften machen (müssen/dürfen). Das ist etwas völlig anderes. Beispiel: Es ist in Ordnung, wenn der Staat Vorschriften zum Bauen macht. Nicht in Ordnung ist es, wenn er dann meint, Vorschriften machen zu können, welche Preise auf dem Wohnungsmarkt zulässig seien und welche nicht. Ob ich Sie da „Kommunist“ genannt habe, weiß ich nicht. Ich denke nein, denn das mache ich eigentlich nicht. Ein Planwirtschaftler sind Sie aber auf jeden Fall.
Zuletzt meinten Sie, da der Staat es ja nicht drauf habe (so haben Sie das nicht ausgedrückt), hätte ein Unternehmen wie BASF ja auf jedes unternehmerische Risiko verzichten müssen. Alternativ brachten Sie den tollen Vorschlag ins Spiel, BASF hätte ja in Eigenregie eine Pipeline von Katar nach Deutschland buddeln können. Dass durch solche „Eigenintiative“ so viele fremde Eigentums- und Bündnisrechte berührt sind, dass ein einzelnes Unternehmen das niemals stemmen könnte, kommt Ihnen nicht in den Sinn. Am Ende hat das Unternehmen versagt, nicht der Staat.
Und jetzt: Sie zählen fast nur Beispiele auf, wo der Staat die Planhoheit besitzt. Und da packen Sie alles fleißig rein. Artensterben: das ist ein natürlicher Prozess, schließlich haben wir auch keine Dinosaurier mehr. Marode Infrastruktur: Kernthema des modernen Staates, der durch falsche Prioritätensetzung (Sozialstaat) die Investionen unter die Räder hat kommen lassen. Fachkräftemangel in Pflegeberufen: Diese Branchen werden von staatlichen Unternehmen und Dirigismus beherrscht.
Aber es liegt natürlich nicht an den staatlichen Plänen. Is‘ klar.
Der Staat greift gerade übrigens massiv in die Preisbildung von Benzin ein…
Ja. Warum fällt es dem Staat und der Politik so unendlich schwer, ehrlich zu sein?? Leute, die Preise sind so hoch, weil wir, die Politiker, die ihr übrigens demnächst abwählen könnt, entschieden haben, dass Energie sauteuer sein muss. Statt dessen streitet man auch noch ab, Verursacher zu sein und schiebt es auf die bösen Mineralölkonzerne, die sich eine goldene Nase verdienen würden. Die handeln nur nach Markt und Wettbewerbssituation.
Genauso beim Mindestlohn. Statt zuzugeben, ihr könnt nicht von eurer Arbeit leben, weil die Politik es für richtig befindet, dass selbst Niedriglöhner 40% Sozialabgaben und 14% Steuern zahlen müssen, sind es natürlich die bösen Arbeitgeber, die nicht genug Kohle rüberwachsen lassen. Wie vor ein paar Monaten gezeigt, ist es möglich, dass der Mindestlohn von 9,50 Euro auf 12 Euro steigen kann, ohne dass der Geringverdiener davon nur einen Cent mehr in der Tasche hat.
Also, raushalten! Und wer das anders sieht, sollte sich nicht beschweren, wenn man ihm planwirtschaftliches Denken vorhält.
Ehrlichkeit = Die Ideologie, die ich teile
Was ist daran Ideologie? Es ist wie es ist. Der deutsche Staat sorgt für die höchsten Energiepreise der Welt. Das ist nicht Ideologie, sondern schlicht die ökonomische Wahrheit.
Dann kann die Politik das auch sagen und dazu stehen. Nur tut sie sich damit schwer.
Es ist wie es ist. Die Unternehmen sorgen mit Dumpinglöhnen für Armut. Das ist nicht Ideologie, sondern schlicht ökonomische Wahrheit.
Das ist doch Unsinn. Mit einem deutschen Mindestlohn und einem Abgabesystem wie in der Schweiz kämen die Betroffenen gut über die Runden. Aber es ist absurd, wenn der Mindestlohn um fast 30% steigen soll und bestimmte Empfänger davon nichts übrig behalten. Das müsste doch einsichtig sein, dass das nicht an „Dumpinglöhnen“ liegt, sondern am Abgabensystem.
Löhne müssen verdient werden. Sie sind kein Geschenk an Beschäftigte. Das Lohnniveau richtet sich nach Produktivität und Wettbewerbssituation. Es hat ja seinen Grund, warum in Branchen mit sehr niedrigen Bruttomargen für die Unternehmen auch die Löhne niedrig sind. Da besteht ein Zusammenhang.
Sie zählen fast nur Beispiele auf, wo der Staat die Planhoheit besitzt.
Völlig richtig, aber da ist CK (was mich angeht) entschuldigt – ist mir auch zu spät aufgefallen.
Gruss,
Thorsten Haupts
Eine Unternehmensleitung, die bei einem unverzichtbaren Rohstoff (Gas, Nickel, Palladium) oder Vorprodukt nicht diversifiziert, spielt Vabanque. Genau wie eine solche Politik. Das kann gut gehen, muss aber nicht, wie man jetzt sieht.
Es ist der durch den Markt gegebene Kostendruck, der das herbeigeführt hat. Geostrategische Abhängigkeiten bilden sich in den Bilanzen und an der Börse erst ab, wenn es zu spät ist.
Was ist daran „planwirtschaftlich“? Entspricht es der Marktwirtschaft, wenn der Staat – wie jetzt wieder einmal – Unternehmen auffangen muss, die durch eine zu riskante (aber kurzfristig Riesen-Profite generierende) Strategie in existenzielle Not geraten?
Nach der Lehre der Glaubensgemeinschaft vom Mont Pèlerin scheiden diese Unternehmen halt vom Markt aus. Was aber mit der Volkswirtschaft und damit mit der Gesellschaft passiert, wenn BASF (als Beispiel) „ausscheiden“ würde, sehen wir gerade. Was passiert, wenn man die Privatisierungmanie übertreibt, zeigt Wintershall/Gasprom.
Nächster Beweis, dass Sie planwirtschaftlich denken. Es beginnt damit, dass Sie das vermeintliche Versagen mit einem betriebswirtschaftlichen Erfordernis (Diversifizierung) belegen wollen. Dann kritisieren Sie, dass Unternehmen profitorientiert arbeiten.
Der Kern des theoretischen Gerüsts der Marktwirtschaft sind die Markttheorie und die Preistheorie. In einem vollkommenen Markt sind Anbieter wie Nachfrager Preisnehmer. Ihr Einfluss auf den Marktpreis ist für sie nicht wahrnehmbar (Polypol). Im Gegensatz dazu stehen das Oligopol und das Monopol. Vielleicht erinnern Sie sich, dass ich immer gegen diese Markterscheinungsformen argumentiere.
BASF ist in vielen seiner Produkte auch Preisnehmer z.B. der Düngemittelherstellung. Es ist danach marktwirtschaftlich richtig, nach den günstigsten Einkaufsmöglichkeiten zu suchen. Was unternehmensstrategisch richtig und notwendig ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber wir beschäftigen uns hier mit Ihrem planwirtschaftlichen Denken.
Bisher bestand in unseren Debatten Einvernehmen, dass die Bereitstellung von Infrastruktur eine staatlich-hoheitliche Aufgabe sei. Sie unterstellten mir höchstens, das unterlaufen zu wollen. Infrastruktur sind nicht nur Straßen, sondern alles, was den freien Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr ermöglicht. Deswegen verteidige ich die Organisation der Luftverkehrssicherheit in staatlicher Hand. Sie haben daran möglicherweise Zweifel.
Der Staat hat also die Aufgabe, den freien Bezug von Rohstoffen zu ermöglichen. Der deutsche Staat hat in den letzten 16 Jahren das Gegenteil gemacht. Energie ist unabdingbar für den produktiven Kern unseres Arbeitens. Hier hat der Staat die Bezugswege drastisch beschnitten: Kernenergie wurde verboten, Stein- und Braunkohle sind mit einem Moratorium versehen. Dazu verteuert der Staat massiv Energie statt ihren Bezug zu niedrigen Preisen zu ermöglichen. Das ist alles andere aber nicht marktwirtschaftlich.
Aufgrund der strategischen Entscheidungen des Staates, in dem Erneuerbare den Primärenergiebedarf nicht annähernd decken können (auch wenn viele Spinner im linksgrünen Lager das behaupten) konzentriert sich der Energiebezug auf Gas. Auch hier sorgte der Staat für Knappheit: Er verbietet die Vervielfältigung des Angebots dieses Energieangebots durch das Verbot von Fracking und Verzicht auf Infrastruktur (LNG-Terminals).
Gas ist ein Rohstoff, der sowohl zur Energieerzeugung, als auch für bestimmte Produkte wie Ammoniak benötigt wird. Unter der Energieverknappung des deutschen Staates leiden alle Bürger des Landes, Unternehmen wie Haushalte. Die Produzenten von Düngemitteln haben auf die steigenden Preise reagiert und die Produktion (und damit das Angebot) gedrosselt. Genau wie es die Markttheorie vorsieht.
Unter Angebotsverknappung und damit steigenden Preisen leiden jene Nachfrager am meisten, die als „Grenznachfrager“ operieren. Sie können nur den niedrigsten Preis bezahlen. Bei steigenden Preisen müssen sie verzichten. Genau deshalb fürchten Ökonomen nun für Drittwelt-Staaten, die auf billige Düngemittel angewiesen sind, eine Nahrungsverknappung. Planwirtschaftler werden das tränenreich bedauern.
BASF schlägt Alarm für den Produktionsstandort Ludwigshafen. Das gilt aber nur für Deutschland. BASF hat seine Produktion weitreichend diversifiziert, die Existenz des Unternehmens ist nicht bedroht. BASF verfügt über Produktionsstätten auf der ganzen Welt, auch in den USA, wo die Energiepreise weit niedriger sind.
Was die deutsche Politik seit vielen Jahren betreibt, ist eine Verschlechterung der Standortqualitäten. BASF hat darauf reagiert und ganze Bereiche wie die Gentechnologie und die Kernenergieforschung ausgelagert. Sie bestätigen die Richtigkeit dieser Unternehmenspolitik und sagen: mehr davon, produziert nicht in Deutschland, das ist ein Fehler.
Ein echter Planwirtschaftler eben.
1) Das ist eine der häufigsten Formen von Pfadabhängigkeit, ein (mehr oder weniger) funktionierendes System bleibt so lange am Laufen, bis es gar nicht mehr geht. Sowohl fächerübergreifender Unterricht als auch individuelle Förderung würde das (für die Verwaltung) bequeme System „Stundenplan 8.Klasse: Deutsch(Doppelstunde)-Mathe-Geschichte-Kunsterziehung“ umwerfen und flexiblere Organisation erfordern. Und das kann nun wirklich keiner wollen.
2) Du vergisst, dass der Bundestag kein monolithischer Block ist, sondern (allermindestens) aus zwei Teilen besteht: Regierungs- und Oppositionsfraktionen. Erstere machen mit ihrer Mehrheit tatsächlich gerne den BT zum ‚Abnickverein‘, aber es geht auch um die Mitsprache- und Kontrollrechte der Opposition [Das schließt ausdrücklich auch Fundamentalopposition mit ein].
6) Ein wichtiges ‚ideologisches‘ Problem ist, dass Familienrecht bei uns erst aus der Perspektive der Eltern behandelt wird. Und beim Sorgerecht ist das Aufenthaltsrecht nur die Spitze des Eisbergs: Dazu kommen noch Vermögensverwaltung des Kindes, Schulausbildung, Gesundheitsfragen (z.B. Impfungen) etc.. All dies sind Fragen, die beim Fehlen eines Hauptsorgerechts einvernehmlich geklärt werden müssen, was sher viel gegenseitigen Goodwill voraussetzt. Deshalb scheuen Richter diese Regelungen, weil diese zu viel Konfliktstoff in der Zukunft liefern.
Und um noch nachzulegen: Bei unehelich geborenen Kindern ( inzwischen 1/3 der Geburten) ist die Situation noch komplizierter.
8) Ich singe das Lied öfter, aber die Bedrohung sozialer Netzwerke als Mittel demokratischer Kommunikation geht weniger von den Tech-Oligarchen aus, als vielmehr von der behördlichen Zensur (NetzwerkDG).
11) Internationale institutionelle Ordnungen scheitern gar nicht so oft an Regelverstößen, sondern vor allem am Unwillen, diese überhaupt zu haben. Nimm dein Beispiel WTO: Da ist das WTO Dispute Settlement seit 2019 handlungsunfähig, weil 2019 zwei von drei Sitzen vakant wurden und eine Neubesetzung von Donald Trump (USA) blockiert wurde.
1) Klar, Pfadabhängigkeit ist ein Riesenfaktor.
2) Sicher richtig.
6) Danke für die Ergänzungen.
8) Ich bin da zumindest in der aktuellen Situation skeptisch.
11) Korrekt. Auch hier danke.
5) welche idiotischen Forderungen derzeit durch den Raum fliegen – von neokolonialen Fantasien, in denen die Ukraine einfach nur als Verfügungsmaße bei großen Konferenzen herumgeschoben werden kann, bis hin zum Einsatz von NATO-Truppen
Ja, geht mir auch auf den Keks und versuche das meiste davon auszublenden. Auch weil es mir eben wie eine Übersprungshandlung erscheint, sich mit theoretischem Quatsch zu beschäftigen anstatt mit den realen Einflussmöglichkeiten, die es gibt.
A propos, das betrifft ja auch die realistische Einschätzung von Einflussvermögen, da ist ja auch alles dabei von „mit dem Tempolimit (!) zwingen wir Putin in die Knie“ bis zu „es gibt gar keine Möglichkeiten außer die Maas-Methode, also Ruf nach Diplomatie auf beiden Seiten“
Das ist auch wieder so ein Kommunikationsversagen sowohl bei Medien/Politik, dass es kein Wunder ist, dass die Bevölkerung mindestens verwirrt ist und selbst quasi keine Möglichkeit hat, sich mal ernsthaft mit Strategie, Zeitenwende & Co. zu beschäftigen.
Anderes Beispiel: Öl/Energie-Embargo. Irgendein Spitzenpolitiker meinte neulich „Embargo würde Krieg nicht binnen Tagen beenden“
Ja ach was!? So funktioniert das ganze ja auch nicht.
Andererseits – gabs neulich auch nen guten Twitterthread zu – ist es eben auch fatal, den Untergang des Abendlandes und Verelendung zu prophezeien, da es ja sehr gut möglich ist, dass es über kurz oder lang zu einem solchen Embargo kommt. (da passt die Süßwarenlobby auch gut mit rein)
Im Ganzen ist da soviel Unernsthaftigkeit bei diesem Thema mit bei, dass man einfach nur noch heulen könnte.
6)
Es ist besorgniserregend, wieviel Einfluss das Narrativ vieler Väterrechtler nach und nach bekommen hat, dass es quasi viele Frauen gibt, die hauptsächlich heiraten und Kinder kriegen, um den Mann auszupressen und zu quälen. Wie man hier auch an einem gewissen Beitrag sieht.
Das hat tatsächlich Kampagnenstärke. Hier noch ein Thread von Mathias Meisner, der seit Tagen von Väterrechtlern beschimpft wird, nachdem er einen Artikel zu der Studie veröffentlicht hat. Auch mit vielenn weiteren guten Links zum Thema:
https://twitter.com/MatthiasMeisner/status/1512113379036614656
Finde ich leider nicht mehr, aber es gab auch jemanden, der viele Beispiele aus der Studie zitiert hat und da wird einem wirklich übel von.
Das ging aber nicht, weil die geltende Rechtslage besagte, dass eine der beiden Parteien zwingend den Hauptteil des Sorgerechts und damit einen Unterhaltsanspruch erhalten müsse. Und das, obwohl beide Seiten das explizit nicht wollten!
Ja, da muss viel mehr Flexibilisierung rein, da passt vieles hinten und vorne nicht mehr. Andersherum kommt es auch oft zu Problemen, weil heutzutage – meine ich – automatisch geteiltes Sorgerecht vergeben wird und dann bei Pech für jeden Pups die Zustimmung beider Eltern (ebenfalls gegen deren Willen) gebraucht wird.
Dummerweise haben wir jetzt niemanden mehr im Ministerium, aber das müsste mal komplett grundmodernisiert werden und zwar fix, weil das komplett zum Erliegen kommt, wenn die Union wieder in der Regierung ist.
5) Geht mir genauso.
6) Ich hab das ja mal selbst mitgepusht, von daher Asche auf mein Haupt.
Das hat tatsächlich Kampagnenstärke.
Pendelausschlag in die Gegenrichtung? Als ich mich mal kurzzeitig dafür interessierte – viele Jahre her – war es nach meiner Erinnerung tatsächlich so, dass man als Mutter schon Totschlag PLUS Tierquälerei auf dem Zettel haben musste, um aus dem Familiengericht NICHT als Sorgeberechtigte rauszugehen. Von den Anekdoten von 2 Rechtsanwältinnen nicht zu reden, was Mütter alles anstellten, wenn es auch nur so schien, als bekämen sie nicht das alleinige Sorgerecht …
Falls es also einen Pendelausschlag in die Gegenrichtung gibt – woher soll die „Kampagnenmacht“ stammen? Die Masse deutscher Medien war bis vor 10 Jahren Väterrechtlern nicht besonders gewogen?
Gruss,
Thorsten Haupts
Pendelausschlag in die Gegenrichtung?
Ja, das war vorher keinesfalls eine gute Situation. Stefan hat das ja auch gut beschrieben, das man früher einfach davon ausging, die Mutter könnte das schon am besten und der Rest ist nicht so wichtig.
woher soll die „Kampagnenmacht“ stammen
Ich meinte damit etwas anderes, ich denke, es ist ein ähnliches Phänomen wie zb bei Querdenkern oder ähnlichem. Das sind gar nicht soviele Menschen, aber enorm laute und zumindest bei den Väterrechtlern (haben die keinen anderen Namen eigentlich?) auch noch oft mit relativ viel Geld/Einfluss.
Um das nochmal klarzustellen: ich meine damit keine Leute mit berechtigten Anliegen, gerade im Bereich Familie gibts für Männer wirklich noch viele Vorurteile und Nachteile, Stefan hatte dazu mal eine Artikelserie, falls du die noch nicht kennst.
Aber diese „Väterrechtler“ die Journalisten beschimpfen und das ganze als Kreuzzug gestalten, erweisen dem ganzen ja einen Bärendienst. Die Studie beweist ja, dass man damit nichts besser macht. Und um die Kinder gehts dabei ja schon mal erst recht nicht mehr. Es wäre aber wichtig, den Fokus wieder auf sie zu legen und nicht andere (womöglich sogar gefährliche siehe Aggressionen) Ungerechtigkeiten zu produzieren.
… und zumindest bei den Väterrechtlern (haben die keinen anderen Namen eigentlich?) auch noch oft mit relativ viel Geld/Einfluss.
Beweis durch Behauptung? Dafür hätte ich gerne Belege gesehen – echter Einfluss setzt wirklich massig Geld (Multimillionär) oder Führungspositionen in Medien, Politik oder Behörden voraus. Mir wäre da kein Väterrechtler geläufig, aber vielleicht kenne ich mich nur schlecht aus?
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich hab das ja mal selbst mitgepusht, von daher Asche auf mein Haupt.
Naja, du hast deine Position weiterentwickelt und warst meiner Meinung nach auch nie so radikal unterwegs. Generell ist es ja auch nichts Verwerfliches, sich um Ungerechtigkeiten gegenüber Männern zu kümmern, solange man nicht in eine absurde Opferrolle verfällt. Während ich btw Arne Hofmann irgendwo unter Meisners Thread entdeckt und wüten gesehen habe. Auch da gibts Radikalisierungspotenzial ohne Ende.
Ja, aber ich war da schon recht tief drin. Ich hatte ja auch sehr guten Kontakt zu Arne.
5) Ich sag das sehr oft: Wir schauen zu naiv auf andere Teile der Welt und es existiert eine Neigung, Transformationsprozesse deutlich unterkomplex zu betrachten.
Neben dem von Stefan erwähnten Saudi Arabien wäre auch Libyen ein deutlicher Kandidat. Gilt allerdings für eher linke und eher rechte Sichtweisen. Ich betrachte die Auswirkungen des chilenischen Oktober 2019 Aufstands – bei dem ich ja 2x selbst mit-demonstriert habe – aktuell mit mehr Sorge als Hoffnung.
Ich halte das für keine Frage der politischen Gesäßgeografie.
zu 8) mehr Sorgen bereitet mir die erfolgreiche Unterwanderung twitters durch russische Propaganda auf Lateinamerikaner und Inder. Spiel da manchmal mit den Trolls.
Nie provozieren lassen und möglichst freundlich bleiben. Sehr anstrengend.
Hintergrundinfos: https://twitter.com/marcowenjones
Das in dem Kontext auch interessant. Vor allem der Chinese: https://www.journalismfestival.com/programme/2022/keeping-quiet-self-censorship-in-todays-media-environment