Milliardäre und Demokratie sind unvereinbar

Die Demokratie lebt von mehreren Prinzipien. Eines davon ist „one person, one vote„. Egal, wie einflussreich eine Person auch sonst sein mag, durch Ansehen, Rasse, Geschlecht, Vermögen, Leistung, Wissen, Nähe zu Gott – in der Anonymität der Wahlkabine zählt seine Stimme nicht mehr als die eines Obdachlosen, der aus irgendwelchen Gründen an eine Wahlbenachrichtigungskarte gekommen ist. Doch nur ein Ausbund an Naivität würde annehmen, dass Einfluss auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nur im mehrjährigen Turnus an der Wahlurne ihren Ausdruck finden.

Wenn jemand über Geldmittel verfügt, die die der Hälfte der Staaten weltweit locker übertreffen und in alleiniger Gewalt darüber verfügen kann, wenn die Entscheidungen einer Person das Wohl und Wehe Hunderttausender betreffen, wenn diese Personen keinerlei Kontrolle unterliegen – dann ist das ein Problem. Wir haben dieses Problem viel zu lange ignoriert.

Zugegebenermaßen habe ich eine ziemlich poppige Überschrift gewählt. Sie ist allerdings keine Zuspitzung des Punktes, den ich in diesem Artikel machen will. Ich stelle das vielmehr als Disclaimer voran, weil ich keine Ungewissheit darüber lassen will, um was es mir hier geht. Noch möchte ich irgendein Argument für die Enteignung „der Reichen“ vorbringen. Ich habe kein Problem mit Millionären, nicht einmal mit Multimillionären. Trump ist also sicher. Mir geht es ausschließlich um Milliardäre, und ich will zeigen, warum ihre Existenz in einer Demokratie ein grundlegendes Problem ist.

Beginnen wir im Kleinen

Lang, lang ist’s her. Im April 2019 brannte die alt-ehrwürdige Kathedrale Notre Dame in Paris. Der Aufschrei war groß, und schnell gab es einen gesellschaftlichen Konsens, das Bauwerk zu restaurieren. Die Kosten dafür gingen in die zig Millionen. Doch dann geschah etwas Bemerkenswertes: Neben dem Überweisen zahlreicher Kleinspenden versprachen die Superreichen dieser Welt gewaltige Summen für den Wiederaufbau. Es schien, als ob die Kosten allein durch Philanthropie gedeckt werden könnten. Es folgte jedoch bald die Ernüchterung. Im Guardian berichtet Aditya Chakrabortty, wie die Spendenzusagen von Superreichen zum Aufbau der Notre Dame sich verflüchtigten:

Weeks go by, then months, and Notre Dame sees nothing from the billionaires. The promises of mid-April seem to have been forgotten by mid-June. “The big donors haven’t paid. Not a cent,” a senior official at the cathedral tells journalists. Far humbler sums are sent in, from far poorer individuals. “Beautiful gestures,” says one charity executive, but hardly les grands prix. […] “It is more blessed to give than to receive,” said Jesus. To which anyone surveying the Notre Dame debacle might advise the son of God to get a better brand manager. Because the billionaires who promised those vast sums have received all the credit while not giving more than a fraction of the money. […] They have banked the publicity, while dreaming up small print that didn’t exist in the spring. As another charity executive, Célia Vérot, said: “It’s a voluntary donation, so the companies are waiting for the government’s vision to see what precisely they want to fund.” It’s as if the vast project of rebuilding a 12th-century masterpiece was a breakfast buffet from which one could pick and choose. Meanwhile, the salaries of 150 workers on site have to be paid. The 300 or so tonnes of lead in the church roof pose a toxic threat that must be cleaned up before the rebuilding can happen. And pregnant women and children living nearby are undergoing blood tests for possible poisoning. But funding such dirty, unglamorous, essential work is not for the luxury-goods billionaires. As the Notre Dame official said last month, they don’t want their money “just to pay employees’ salaries”. Heaven forfend! Not when one could endow to future generations the Gucci Basilica or a Moët Hennessy gift shop, so you, too, can enjoy the miracle of sparkling wine, or a nave by L’Oréal (tagline: Because Jesus is Worth It). For the super-rich, giving is really taking. Taking power, that is, from the rest of society. The billionaires will get exclusive access to the “vision” for the reconstruction of a national landmark and they can veto those plans, because if they don’t like them they can withhold their cash. Money is always the most powerful casting vote, and they have it. Never mind that much of this cash actually comes from the public, as French law grants a whopping 66% tax relief on any donation – the power is entirely private. The annual cap on such contributions doubtless constitutes a prudent reason for the big donors to stagger their generosity.

Es ist diese Egozentrik, die die Idee, dass Milliardäre ein gesellschaftliches Plus sein könnten, weil sie ja – zumeist nach Erlangung ihres Vermögens – beträchtliche Teile davon über Spenden und Stiftungen wieder zurückgeben, so untauglich macht. Selbstverständlich gibt es genügend Beispiele, anhand derer wir solches Wirken erkennen können Rockefeller und Carnegie, zwei der zerstörerischsten Kräfte der amerikanischen Geschichte (sowohl im Schumpeter’schen als auch im umgangssprachlichen Sinne) haben ihr Vermögen am Ende ihres Lebens in Stiftungen eingebracht. Bill Gates widmet sich seit geraumer Zeit dem Wirken seiner Stiftung. Reinhold Würth finanziert alle möglichen Projekte in Künzelsau. Und so weiter.

Doch das Beispiel der Notre Dame zeigt bereit das große Problem mit dieser „Großzügigkeit“ der Superreichen. Einerseits handelt es sich um Vanity-Projects, wie der Angelsachse sagen würde, also pure Eitelkeit. Es ist ja kein Zufall, dass auf jedes gute Werk immer gleich die Plakette mit dem eigenen Namen geklebt werden muss. Das ist natürlich nicht das größte Problem; wenn Gutes geleistet wird, sollen sie ihre Plakette haben.

Eine Frage der Verteilung (nicht, was ihr jetzt denkt)

Das Problem ist vielmehr die im obigen Stück über die Restaurierung der Notre-Dame angesprochene Selektivität der Milliardäre. Ihr Geld fließt nicht dorthin, wo es gebraucht wird, sondern dorthin, wo ihre Interessen liegen. Das ist kein Problem, wenn wir von philantropischen Multimillionären reden; deren Beträge versickern eben im Zweifel in irgendwelchem Blödsinn, wie sie es so häufig tun. Aber Milliardäre bewegen solch gewaltige Summen, dass ihre Einsätze verzerrend wirken.

Bill Gates‘ Stiftung etwa hat unzweifelhaft viel Gutes geleistet, aber gleichzeitig hat sie es geschafft, die weltweite westliche Entwicklungspolitik zu verschieben. Wer so viel Geld investiert, verschiebt zwangsläufig Maßstäbe und Schwerpunkte, das lässt sich praktisch nicht vermeiden. Gleiches gilt ja auch für staatliche Investitionen: Wenn das Entwicklungshilfeministerium beschließt, künftig nur noch Straßen zu bauen, werden Sekundäreffekte bei der Ansiedlung deutscher Unternehmen in Entwicklungsländern blockiert – und gleichzeitig trocknen Finanzierungsquellen bisheriger Projekte aus, die von deren Sponsoring abhängig waren (um ein hypothetisches Extrembeispiel zu wählen).

Diese Verzerrungseffekte können zu Kopfschütteln anregen, wie im Fall der Notre-Dame, oder dem Kulturkampf dienen, wie im Falle David Kochs. Er gab eine Spende an das Smithsonian Museum, das damit eine Evolutionsausstellung finanzierte. Koch bestand darauf, dass rechtsradikale Klimawandelleugnung in die Erklärtexte und Plaketten eingebaut wurde (was das Museum auch tat). Nicht, dass die mit dem Thema was zu tun gehabt hätten. Oder sie schaffen ein eigenes kleines Feudalreich in der schwäbischen Provinz, wie die völlig von Würth’schen Finanzierungen abhängige Stadt Künzelsau, der mit dem nahenden Tod des Firmengründers ein größerer Umbruch ins Haus stehen dürfte.

Und dieses Phänomen ist größer als je zuvor. James Bruno schreibt in Washington Monthly:

Now, we are in a Second Gilded Age, facing many of the same problems, and, in some ways, to an even greater degree. The gap between the rich and everyone else is even greater than it was during the late 19th Century, when the richest two percent of Americans owned more than a third of the nation’s wealth. Today, the top one percent owns almost 40 percent of the nation’s wealth, or more than the bottom 90 percent combined, according to the nonpartisan National Bureau of Economic Research. The first Gilded Age saw the rise of hyper-rich dynastic families, such as the Rockefellers, Mellons, Carnegies, and DuPonts. Today, three individuals—Jeff Bezos, Bill Gates, and Warren Buffett—own more wealth than the bottom half of the country combined. And three families—the Waltons, the Kochs, and the Mars—have enjoyed a nearly 6,000 percent rise in wealth since Ronald Reagan took the oath as president, while median U.S. household wealth over the same period has declined by three percent.

Solche Verzerrungseffekte sind häufiger und häufiger. Ich hoffe, damit klar gemacht zu haben, dass das Problem nicht in ineffizienter Ressourcen-Allokation liegt. Das Problem ist auch nicht, dass die Superreichen ihr Geld ausgeben, für was sie wollen, anstatt für das, was man bräuchte. Ich gebe mein Geld ja auch nicht im Dienste der Allgemeinheit aus, sondern für Plastikraumschiffe.

Das Problem ist, dass Milliardäre über so viel Geld verfügen, dass jede ihrer Handlungen Sekundäreffekte hervorruft, die niemand – auch und gerade die Milliardäre nicht – überblicken und voraussehen kann. Solche Macht haben neben den Milliardären nur Staaten.

Eine Frage der Legitimation

Und das führt zum Kernproblem. Denn Staaten sind, zumindest in der westlichen Welt, demokratisch legitimiert. Ihre Fähigkeit, solch fundamentalen Wandel hervorzurufen, ist inhärent durch demokratische Kontrolle überwacht und erschwert. Das andauernde Drama um den Bau des BER, Stuttgart21 oder eine zusätzliche Startbahn am Frankfurter Flughafen zeigt das deutlich. Der Staat kann nicht einfach Millionenbeträge bewegen, ohne dass die Bürger die Chance hätten, dies gegebenenfalls zu verhindern. Das macht das Handeln ineffizient und langwierig, aber demokratisch legitimiert.

Milliardäre und ihre Handlungen haben davon nichts. Die Bevölkerung von Künzelsau hat keinerlei Kontrolle darüber, wo der gütige Patriarch Würth seine Großzügigkeit auszuschenken gedenkt. Sie sind (vermutlich dankbare) Empfänger dieser Großzügigkeit auf die gleiche Weise, in der Untertanen früher huldvoll den Bau eines Brunnens in ihrem Dorf entgegen nehmen durften. Und Würth ist da noch eine rühmenswerte Ausnahme; die meisten Superreichen orientieren sich nicht eben an seinem Beispiel, oder dem Rockefellers, Carnegies oder Gates‘, und glauben überhaupt nicht an eine gegenseitige Verpflichtung. Das Axiom des Grundgesetzes, wonach Eigentum verpflichtet, ist nur eine hohle Phrase.

Einzelpersonen aber, die durch die Höhe der ihnen zur Verfügung stehenden Finanzmittel mehr Macht haben als ein Großteil der Staaten dieser Erde, sind für eine Demokratie ein Problem. Das ist selbsterklärend. Das System der Demokratie basiert darauf, dass jede Stimme im politischen Prozess gleich viel wert ist. Diese Prämisse ist ohnehin verwässert – wer Zugang zu den Machthabern hat, hat auch mehr Einfluss – aber bei Milliardären kommt die Dimension hinzu, dass diese nicht darauf angewiesen sind, Zugang zu haben. Sie müssen die verschiedenen Akteure nicht durch zahlreiche Anreize dazu bewegen, ihre bevorzugten Handlungen durchzuführen, sie können das ohne Umweg selbst tun.

Übergroßer Einfluss

Und Milliardäre nutzen diesen Effekt nicht nur zu philantropischen Zwecken. Die wenigsten tun das. Einige Exemplare, vor allem die Erben, verprassen ihren Reichtum schlichtweg. Allzu oft wird das auch noch in dekadenten TV-Serien gefeiert. Diese Kategorie soll uns hier nicht berühren. Die Ausgaben dieser Leute halten zwar eine kleine Luxusökonomie am Leben (und das Fürstentum Monaco), sind aber nicht sonderlich problematisch. Problematisch sind vielmehr die Exemplare, die ihr Geld dazu einsetzen, aktiv Schaden anzurichten – entweder, um noch mehr Geld zu verdienen, oder aus ideologischen Motiven.

Kernbeispiele hierfür sind (beziehungsweise waren, einer ist mittlerweile tot) die Koch-Brüder. Sie sind Erben und Ausbauer eines Imperiums der fossilen Energieträger – Kohle, Öl, Gas, überall hatten sie ihre Finger drin. In dieser Funktion waren sie nicht zufrieden damit, politische Regulierungsprozesse in ihrem Sinne zu beeinflussen. Sie drehten am großen Rad und verwendeten ihr exorbitantes Vermögen, um die amerikanische Politik nachhaltig und allen Ebenen zu beeinflussen. Und erneut: Das ist problematisch genug, wenn es „gewöhnlich“ reiche Menschen tun. Bei Milliardären wird es wegen der gigantischen Einflussmaßnahmen schnell zersetzend. Und Leute wie die Kochs sind bereit, ihren Zielen gewaltige Dimension zu geben, wie Ryan Cooper in The Week schreibt:

The Kochs‘ place in funding climate denial is covered well in the recent book Kochland by Christopher Leonard. They were big funders of a key 1991 Cato Institute conference, which mobilized furiously after President George H.W. Bush announced he would support a climate change treaty. They went on to spend gargantuan sums boosting up the handful of credentialed scientists who deny climate change, funding climate-denying „think tanks“ and publications, donating to climate-denying politicians (and refusing money to those who don’t), and so on. Greenpeace estimates that between 1997 and 2017 the Koch family spent more than ExxonMobil funding climate denial, and thus established climate-change denial as conservative dogma. While conservative parties in almost every other country have endorsed at least some kind of climate policy; the reason Republicans still do not is to a great degree the responsibility of just two men. The Kochs were also key players in the successful effort to beat back a cap-and-trade bill in 2010, the closest the U.S. government has ever come to any kind of emissions policy. The main reason they did all this, of course, was to protect and expand their gigantic fortunes — which were and are heavily based on fossil fuels. (In classic libertarian John Galt fashion, they inherited their money from their father, who was a founding member of the John Birch Society, and made most of their additional money paying other people to dig up natural resources they neither created nor found.)

Dabei ist der Feldzug der Kochs nicht nur auf die Zerstörung von Klima und Umwelt zur Steigrung ihrer Profite beschränkt. Die Brüder führen einen fanatisch-ideologisierten Kreuzzug gegen den Staat (sofern er nicht ihren Zweck dient, versteht sich, dann wird er gefördert, wie jeder republikanische Abgeordnete nur zu gut weiß). So zerstörten die beiden auch das Ansehen der amerikanischen Behörde für die Versorgung der Veteranen (VA), wie man von Lee Drutman lesen kann:

As documented in these pages, the VA health care system is—by most metrics—faster, more holistic, and of higher quality than the private sector. Veterans routinely say that they’re very satisfied with the care they receive. But in 2012, the Koch brothers began running an aggressive campaign to tar the VA system and undermine faith in government-run health care. They didn’t have to work that hard. A gullible mainstream press picked up on a few cherry-picked and unrepresentative examples of long wait times to confirm the stereotype that government can’t do anything right. Before these stories, the VA was one of the federal government’s most popular agencies. But in 2017, it was dead last in a Pew survey—ranked less favorably than even the IRS.

Da die Kochs selbst kaum in diesen Feldern tätig sind, ist ihr Ressourcenaufwand hier einzig und allein der ideologisch motivierten Umformung des Landes geschuldet. Nun kann jeder Bürger versuchen, in seinem Sinne die Gesellschaft mitzugestalten (in einer pluralistischen Demokratie ist das sogar explizit erwünscht). In dem Moment aber, in dem selbiger Bürger in der Lage ist, die komplette Debatte in seinem Sinne zu drehen, wird das für jede Demokratie ein tödliches Problem.

Und ich will mich gar nicht nur an den Kochs abarbeiten oder insinuieren, dass es sich um ein einzigartiges Problem unserer Zeit handle. Nicholas Kulish and Mike McIntire etwa schreiben in der New York Times über die Milliardenerbin Cordelia Scaife May, die vor allem Mitte des 20. Jahrhunderts aktiv war:

An heiress to the Mellon banking and industrial fortune with a half-billion dollars at her disposal, Mrs. May helped create what would become the modern anti-immigration movement. She bankrolled the founding and operation of the nation’s three largest restrictionist groups — the Federation for American Immigration Reform, NumbersUSA and the Center for Immigration Studies — as well as dozens of smaller ones, including some that have promulgated white nationalist views. […] Unlike her more famous brother, the right-wing philanthropist and publisher Richard Mellon Scaife, Mrs. May largely stayed out of the public eye. A childless widow who lived alone outside Pittsburgh, she instructed associates not to reveal her philanthropic interests and in some cases even to destroy her correspondence. While her unlikely role as the quiet bursar to anti-immigration organizations has been previously reported, her motivation and engagement in the immigration issue remained largely hidden.

Auch hier gilt: Verbindungen zu ihrem Vermögen gibt es nicht, stattdessen wird das gewaltige Geldvolumen eingesetzt, um die eigenen ideologischen Ziele durchzusetzen. Und bevor das Argument aufkommt: Das ist auch ein Problem, wenn Warren Buffet oder George Soros das tun, überhaupt keine Frage.

Schuster, bleib bei deinen Leisten

Doch es bleibt nicht bei den demokratietheoretischen Problemen. Ein weiterer einschneidender Faktor bei diesen Allokationen ist, dass die Milliardäre sich in Bereiche einmischen, von denen sie keine Ahnung haben. Diese Hybris liegt in der Natur der Sache. Wer täglich über das Wohl und Wehe zehntausender Menschen gebietet, ohne irgendwelcher Kontrolle zu unterliegen, irgendwelche Opposition oder Widerspruch zu erleiden, der muss eine verzerrte Wahrnehmung von der eigenen Brillanz bekommen. Nirgends wird das so deutlich wie bei den Technik-Evangelisten des Silicon Valley.

Ich möchte vor allem zwei Konkurrenten aus dieser Sphäre hervorheben, Elon Musk und Jeff Bezos. Beide haben mit Zukunftstechnologien ein gewaltiges Vermögen angehäuft und immer wieder in ihre Unternehmen reinvestiert. Musk selbst gehört rein vom Geldvolumen her nicht in die gleiche Kategorie wie Bezos, macht das aber durch ein ungeheures Sendungsbewusstsein wett. Wenn sich Musks Pläne erfüllen, könnte er der einflussreichste Superreiche der Geschichte werden, denn an Hybris mangelt es ihm wahrlich nicht. Man sieht das an seinen Plänen zur Politik einer Marsbesiedlung:

Elon Musk has been pretty focused on setting up a colony on Mars, so naturally he has a few ideas as to the type of government the Red Planet should have. Speaking at ReCode’s Code Conference on Wednesday night, the SpaceX CEO said he envisions a direct democracy for Martian colonies, as a way to avoid corruption. Most likely the form of government on Mars would be a direct democracy, not representative,“ said Musk. „So it would be people voting directly on issues. And I think that’s probably better, because the potential for corruption is substantially diminished in a direct versus a representative democracy.“ Musk also suggested that on Mars it should be harder to create laws than it is to get rid of ones that aren’t working well. „I think I would recommend some adjustment for the inertia of laws would be wise. It should probably be easier to remove a law than create one,“ said Musk. „I think that’s probably good, because laws have infinite life unless they’re taken away.“ As an example, Musk envisioned a scenario in which a bill would need 60 percent of the vote to become a law, but it could be removed at any time with more than 40 percent of the vote. He also argued that all laws should have a built-in sunset provision — a clause that basically establishes an expiration date for the law unless it’s approved again. „If it’s not good enough to be voted back in, maybe it shouldn’t be there,“ said Musk. Perhaps Musk has been thinking a lot about how a government would run on Mars, because he’s not too happy about the current state of politics in America. 

Es gehört schon einiges dazu, davon auszugehen, dass man quasi aus eigener Kraft die Marsbesiedlung vorantreiben wird. Und man muss Musk immerhin zugestehen, dass er sich Gedanken darüber macht, wie dies jenseits der in seinem Kompetenzfeld liegenden technischen Herausforderungen machbar sein soll. Aber natürlich holt er sich dazu nicht den Rat von sozial- und gesellschaftswissenschaftlichen Experten, sondern stellt seine eigenen Theorien für die Techno-Utopie auf. Würde Musk alle seine Pläne erfüllen können, bestimmte er das Leben nicht nur von Abermillionen auf der Erde (wo er etwa die komplette Internetinfrastruktur neu aufbauen will), sondern auch das der ersten menschlichen Kolonie auf einem anderen Planeten. Angesichts dessen, was man über Musks Persönlichkeit weiß, muss das mehr als besorgt stimmen.

Wohin mit dem Geld?

Eine andere Kategorie ist Jeff Bezos, der nicht weiß wohin mit seinem Geld:

Döpfner: Last week we had Bill Gates for dinner here and he said in a self-ironic manner that he has a ridiculous amount of money and it is so hard to find appropriate ways to spend that money reasonably and to do good with the money. So what does money mean for you, being the first person in history who has a net worth of a three-digit amount of billions.

Bezos: The only way that I can see to deploy this much financial resource is by converting my Amazon winnings into space travel. That is basically it. Blue Origin is expensive enough to be able to use that fortune. I am liquidating about $1 billion a year of Amazon stock to fund Blue Origin. And I plan to continue to do that for a long time. Because you’re right, you’re not going to spend it on a second dinner out. That’s not what we are talking about. I am very lucky that I feel like I have a mission-driven purpose with Blue Origin that is, I think, incredibly important for civilization long term. And I am going to use my financial lottery winnings from Amazon to fund that.

Auf der einen Seite ist es natürlich bewundernswert, dass diese Leute sich nicht auf die Zerstörung des Planeten verlegen wie die Kochs oder das Geld einfach nur verprassen, sondern tatsächlich etwas erreichen wollen. Aber die ungeheuerliche Hybris, die damit einhergeht, ist für eine demokratische Gesellschaft fundamental ungesund. Es ist „schwer, angemessene Wege zu finden, das Geld sinnvoll auszugeben und Gutes zu tun“, wie Gates es formuliert? Die „einzige Art, so viel finanzielle Ressourcen einzusetzen“, wie Jeff Bezos es formuliert, ist die Expansion ins Weltall?

He considers the work so important because the threat it aims to counter is so grave. What worries Bezos is that in the coming generations the planet’s growing energy demands will outstrip its limited supply. The danger, he says, “is not necessarily extinction,” but stasis: “We will have to stop growing, which I think is a very bad future.” While others might fret that climate change will soon make the planet uninhabitable, the billionaire wrings his hands over the prospects of diminished growth. But the scenario he describes is indeed grim. Without enough energy to go around, rationing and starvation will ensue. Over the years, Bezos has made himself inaccessible to journalists asking questions about Amazon. But he shares his faith in space colonization with a preacher’s zeal: “We have to go to space to save Earth.”

Solch pessimistischen Zukunftserwartungen sind nicht neu, das 19. Jahrhundert ist auch voll ihnen (man denke nur an den legendär falsch liegenden Malthus). Wenn allerdings ein Individuum wie Jeff Bezos, der reichste Mensch der Welt, mit Unternehmen an den meisten neuralgischen Punkten der Weltwirtschaft, der Überzeugung ist, dass seine Erwartungen richtig sind und nach ihnen gehandelt werden muss – der Schaden, den solche Hybris angesichts der vorhandenen Machtfülle anrichten kann, schlägt praktisch jeden Diktator dieses Erdballs.

Damit schließen wir den Kreis zur Renovierung der Notre-Dame, wo die Reichen auch keine andere Möglichkeit sahen ihr Geld einzusetzen repräsentative Aspekte, auf die sich ihr Name kleben lässt. Die Beseitigung und Linderung von Armut und Krankheit, die Bekämpfung der Folgen des Klimawandels und die Förderung nachhaltigen Wirtschaftens, der Ausbau und die Reparatur der Infrastruktur, der Schutz der Meinungsfreiheit und die Förderung der Demokratie sind alles Ziele und Vorhaben, die weit drängender sind als eine Marskolonie oder der Start einer neuen Rakete.

Aber das interessiert die Milliardäre nicht, weil diese Vorhaben unsexy sind. Auf einer Interstate-Baustelle ein Schild „Finanziert von Jeff Bezos“ aufzustellen ist uninteressant; mit dem Start von Raketen zum Mond in die Schlagzeilen kommen – drunter macht es ein Bezos nicht. Die Finanzierung der notwendigen und unglamourösen Aufgaben, die das Leben der überwältigenden Mehrheit tatsächlich verbessern, bleibt dagegen dem Staat überlassen – demselben Staat, den diese Milliardäre verteufeln, sabotieren und aussaugen, wo sie nur können.

Was tun?

Wenn also die Milliardäre sich hinstellen und sagen, dass sie, leider, leider, keine Möglichkeit sehen, ihr Geld sinnvoller auszugeben als für ihre Vanity-Projekte und Hybris-Befeuerungsmaschinen, dann liegt die Antwort offensichtlich auf der Hand: Dann sollten sie dieses Geld nicht haben. Denn es gibt demokratisch ausgewählte und kontrollierte Institutionen, die die Verpflichtung haben, für die gesamte Bevölkerung oder gar die gesamte Menschheit notwendige Maßnahmen zu finanzieren.

Diese Ansicht schiebt sich von links außen langsam, aber sicher in Richtung Mainstream. Bernie Sanders etwa fordert mittlerweile auch deutlich die (schleichende) Abschaffung von Milliardären:

“Let me be very clear: As president of the United States, I will reduce the outrageous and grotesque and immoral level of income and wealth inequality,” Mr. Sanders said in an interview. “What we are trying to do is demand and implement a policy which significantly reduces income and wealth inequality in America by telling the wealthiest families in this country they cannot have so much wealth.” Asked if he thought billionaires should exist in the United States, Mr. Sanders said, “I hope the day comes when they don’t.” He added, “It’s not going to be tomorrow.” “I don’t think that billionaires should exist,” he said, adding that there would always be rich people and others with less money. “This proposal does not eliminate billionaires, but it eliminates a lot of the wealth that billionaires have, and I think that’s exactly what we should be doing.”

Die erste Gilded Age am Ende des 19. Jahrhunderts, in der die Ungleichheit ähnliche Ausmaße erreichte und wenige Superreiche überwältigenden Einfluss besaßen wie heute (wenngleich nicht ganz so krass), endete mit der ersten Progressive Era, innerhalb derer die Muckracker die Missstände aufzeigten und einzelne Politiker bereit waren, ihr politisches Kapital in die Waagschale zu werfen und Monopole zu zerschlagen und die Einkommensverteilung anzupassen. Die Entstehung der heutigen Mittelschichtengesellschaft ist darauf zurückzuführen, und mit ihr das Goldene Zeitalter unsere Zeit.

Krude Enteignungen sind sicherlich nicht der Weg, um die Machtverteilung unserer Gesellschaft wieder zu korrigieren. Vielmehr wird man, wie Sanders das vorschlägt oder, wenn man an die Quelle will, Keynes mit seinem „Tod des Rentiers“, auf einen Abschmelzungsprozess setzen müssen. Aber das ist notwendig, um unser System zu erhalten. Wir wollen keine Dystopie, in der einige wenige Superreiche die Macht an sich gerissen haben. Egal wie unperfekt und ineffizient unsere demokratischen Strukturen sind, sie sind den unperfekten und ineffizienten, aber von Hybris und Sendungsbewusstsein getränkten Plänen einiger Superreicher vorzuziehen.

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  • Noname 17. Oktober 2019, 21:47

    „cht den Rat von sozial- und gesellschaftswissenschaftlichen Experten, sondern stellt seine eigenen Theorien für die Techno-Utopie auf“

    Du schreibst an gegen die Macht der Milliardäre und befärderst dabei nebenbei die Macht der Expertokraten.
    Die Sozialwissenschaftler (sozial und Gesellschaft ist ja das selbe) haben auch nicht mehr Ahnung, wie das menschliche Zusammenleben funktioniert als Normalos. Sie wissen nur viel besser, was sie alles nicht wissen.

    Demokratie heißt, sich auch von der Macht der Experten verabschieden.

    • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 06:40

      Nein, heißt es nicht. Wirklich nicht. Es gilt nicht, je dümmer und uninformierter, desto demokratischer.

  • CitizenK 17. Oktober 2019, 21:56

    Der „Souverän“ macht ein Gesetz, das dem Feudalherrn nicht passt? Ein Wink von ihm und schon ist es weg:
    https://www.zeit.de/2019/42/amazon-tax-seattle-armut-steuer-jeff-bezos-kshama-sawant

    Houston kriegt ein Problem: Die Marsmission wird von der Erde aus nicht mehr steuerbar sein:
    https://www.heise.de/newsticker/meldung/Starlink-Co-Astronomen-besorgt-ueber-Plaene-fuer-Satelliten-Internet-4439728.html

  • Stefan Pietsch 17. Oktober 2019, 22:44

    Leider ist das einer Deiner oberflächlichsten Artikel ever. So hast Du Dich weder damit beschäftigt, woher die Vermögen kommen noch ob es Unterscheidungsmerkmale zwischen USA und Europa gibt.

    In den USA befinden sich in den Top 20 beispielsweise nur Milliardäre, die ihr Vermögen selbst erwirtschaftet haben. Und so vermögend wird jemand nur durch Gründung und Aufbau eines oder mehrerer Unternehmen. Wenn Du sagst, solche Vermögensakkumulationen, die im wesentlichen durch Bewertungen zustande kommen, dürfe es nicht geben, so sagst Du, es darf keine Milliardenkonzerne geben.

    Gerade der Vergleich zeigt doch, die wirtschaftliche Krise Westeuropas hat ganz elementar damit zu tun, dass wir keine Innovationskraft mehr besitzen, aus Nichts Giganten zu schaffen. Damit steigt Europa ab, wird zum Spielball zwischen den USA und Ostasien. Symbol dafür ist das Versinken unserer Banken in der Bedeutungslosigkeit. Während rund um den Globus Milliardenunternehmen gehandelt, entwickelt, verkauft und gekauft werden und selbst der Mittelklasseamerikaner seine Beteiligungen hält, ist in Europa und insbesondere Deutschland Dürre. Die Milliardäre hierzulande verstecken sich, weil sie sonst öffentlich beschimpft werden. Der Wechsel im Ranking der reichsten Deutschen hat sich vor kurzem in aller Stille vollzogen.

    Nein, viele Milliardäre beteiligen sich nicht am Gemeinwesen in Deutschland. Das ist verständlich. Dabei wäre ihre Expertise, ihr Know-how und ihr unternehmerisches Können so dringend notwendig.

    Das Problem ist vielmehr die im obigen Stück über die Restaurierung der Notre-Dame angesprochene Selektivität der Milliardäre. Ihr Geld fließt nicht dorthin, wo es gebraucht wird, sondern dorthin, wo ihre Interessen liegen.

    Die staatliche Verteilung funktioniert doch nicht, wie Du Sie hier idealisierst! Der Staat lenkt riesige Beträge dorthin, wo die meisten Wähler sitzen – rechte Tasche, linke Tasche. Während inzwischen sogar international geklagt wird, wie in Deutschland die Infrastruktur verfällt, verauslagt der Staat seit 2013 jährlich höhere Milliardenbeträge zusätzlich für die Polsterung der Renten. Während man sich weltweit um Bildung und Sicherheit sorgt, ist die größte Sorge der Deutschen die Sicherung der Renten.

    Wenn der Staat nur noch an die Alten und deren finanzielle Absicherung denkt – wer denkt da an Investitionen in die Digitalisierung, in die Kultur, in den Breitensport. Gutes Stichwort: seit vielen Jahren kassieren die Öffentlich-Rechtlichen Sender hohe Milliardenbeträge aus einer Quasisteuer für die „mediale Grundversorgung“. Was sie damit finanzieren, lässt sich in 3 Stichworten zusammenfassen: Spitzenfußball, hohe Gehälter für Bürokraten und Pensionen. Viele Sportarten und Vereine würden ohne großzügige Mäzene nicht mehr existieren.

    Die Verteilung des Staates nach demokratischen Prinzipien funktioniert nicht nach dem Prinzip der höchsten Nutzenstiftung. Baut der Staat überhaupt mal eine Straße, dauert dies nicht selten unzählige Jahre. Private Konsortien sind wesentlich schneller. Das Leid der Anrainer zählt nicht in der Kosten-Nutzenkalkulation von Landräten, Landesministern und Bundesministern. Du stellst ein Ideal, das es nicht gibt, einer Verzerrung von wenigen Privaten gegenüber. Lässt sich das noch mit unredlich beschreiben?

    Milliardäre sind keine netten Menschen. Wer nette Menschen treffen will, sollte sich wochenends in die Einkaufszonen begeben und ein paar Euros in verbeulte Pappbecher spenden. Ich habe einen oberflächlich kennenlernen können und würde das generalisieren: Milliardäre sind ein anderer Schlag. Sie sind nicht selten im Privaten sehr zurückhaltend und bescheiden. Aber auch in diesem Fall gilt: ohne diesen Mann, Anthony Langley, ging es sehr vielen Menschen wesentlich schlechter.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Anthony_Langley

    • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 06:42

      Du stimmst vielleicht nicht zu, aber das macht den Artikel nicht oberflächlich.

      • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 10:06

        Der Artikel ist oberflächlich, weil Du Dich nicht damit beschäftigst, wie das entstanden ist, was Du kritisierst, noch Alternativen hast. Keine Erbschaftsteuer und keine Vermögensteuer kann erhebliche Vermögensakkumulationen verhindern. Das funktioniert in der Theorie der Linken, aber nicht in der Realität. Seien wir froh, dass wir im Westen keinen Carlos Helú haben.

        • Marc 18. Oktober 2019, 10:40

          Toll! Wenn Erbschafts- und Vermögensteuer nicht funktionieren, dann können wir sie sofort einführen bzw. masssivst erhöhen.

          • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 15:00

            Wir können auch sagen, heben Sie mal eine Grube aus und schütten sie wieder zu. Hat ungefähr den gleichen Sinn: Sie sind beschäftigt.

            Steuern sind dafür da, Einnahmen für den Staat zu generieren, nicht Gelegenheit zu bekommen, zusätzliche Beamten einstellen zu können, damit diese sich mit tiefsinnigen Fragen zu beschäftigen, wie Vermögen eigentlich zu messen und zu erfassen ist.

            Im Grunde sagen Sie nur eins: ich gönne Reichen ihren Reichtum nicht. Es gibt ein kurzes Wort dafür: Neid (eine der sieben Todsünden).

            • Rauschi 18. Oktober 2019, 15:49

              Im Grunde sagen Sie nur eins: ich gönne Reichen ihren Reichtum nicht. Es gibt ein kurzes Wort dafür: Neid (eine der sieben Todsünden).
              Nur für Katholiken und deswegen sind die meisten nich sündenfrei, sind halt nur andere, wie Masslosigketi auch eine er Todsünden, mal nebenbei.
              Nö, sagt er nicht, denn die werden laut Ihren Aussagen nicht mal weniger reich, es ändert sich ja nichts an der Vermögensverteilung.

              Dann her mit der Kohle, es findet sich sicher noch der ein oder andere Spielplatz oder Kindergarten, in den man das stecken kann.

              Wenn eine Steuer erhoben würde mit dem entsprechende Grenzwert, dann wüsste man aber endlich, wieviel Vermögen es wirklich gibt. Das weiss ja heute keiner, weil es keiner erhebt.
              Aber immer mit dem Neidvorwurf zu kommen ist ja zum Gähnen langweilig.

            • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 17:04

              Ich gönne reichen Menschen ihren Reichtum. Ich gönne ihn sogar Milliardären. Ich sehe nur den Schaden. Und der ist zu hoch.

              • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 17:20

                Du siehst nur eine Seite der Medaille. Die Frage war ja ernst: welchen Schaden richtet ein Milliardär an, der sich nur auf seinen Job konzentriert und sich aus der Politik heraushält? Weil er der Allgemeinheit neben hohen Steuerzahlungen noch etwas schenkt?

                Sei bloß vorsichtig bei Deinen Kindern: das nächste Spielzeug könnte sie für immer korrumpieren.

                • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 21:46

                  Hab ich im Artikel beschrieben wo das Problem liegt. Bei diesen Geldvolumen werden Markteffekte verzerrt, entstehen Monopole, entsteht Korrumpierung der institutionellen Prozesse.

                  • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 10:00

                    Es werden keine Markteffekte verzerrt und für die Verhinderung von Monopolen sind Ämter zuständig, nicht das einseitig geprägte Gewissen eines Stefan Sasse.

                    • Rauschi 19. Oktober 2019, 11:38

                      So ein Quark, die Behörden verhindern Kartelle, aber nicht die Macht eines Unternehmens. Schon gar nicht, wenn die Eigentümer dagegen arbeiteten. Wenn da Versprechen (wir sind danach zwar das Monpolunternehmen, werden das aber nciht ausnutzen) reichen würden, würden Sie dagegen auch argumentieren wollen?

                      Das Gewissen der Menschen ist ziemlich gleich entwickelt, nur bei Soziopathen ist das anders.

                      Die Ungleichheit hat viele verheerende Folgen, wer das wider die Evidenz bestreitet, vertritt auf keinen Fall das Gemeinwohl, soviel steht fest.

                    • Stefan Sasse 19. Oktober 2019, 12:24

                      Ich schwinge mich, wie ich jetzt mehrfach deutlich gemacht habe, auch nicht dazu auf, diese Entscheidungen zu treffen (ganz im Gegensatz zu dir, dem solche Bescheidenheit fremd scheint). Und es hat auch nichts mit Gewissen zu tun, auch wenn du deinen Standardvorwurf gerne immer loswerden möchtest, egal wie angemessen. Ich bin dafür, dass diese Ämter das machen. Und dazu muss man ihnen den Rahmen geben.

                      Und selbstverständlich werden Markteffekte verzerrt.

                    • Jens Happel 22. Oktober 2019, 13:05

                      Blödsinn! Lies den Artikel nochmal.

                      Glaubst du die „Ämter“ arbeiten im luftleeren Raum. Die Besetzung der Ämter geschieht von oben.

                      Und natürlich werden Markteffekte verzerrt. Wenn die Hälfte des Vermögens der Welt in der Hand weniger Menschen liegt, reduziert sich de facto die Anzahl der Marktteilnehmer. Allein dadruch hast du schon weniger Wettbewerb.

                      Gerade bei kleinen und mittelständischen Firmen blicken die Ämetr doch überhaupt nicht durch. Weil sie viel zu knapp besetzt sind, zu knapp mit Finanzen ausgestattet sind. Teilweise werden Ihnen bewußt die Mittel genommen um effektif vorgehen zu können siehe hier:

                      http://norberthaering.de/de/27-german/news/907-verflechtung

                      Dein Vorstellung sind mehr als naiv.

                      Hier ist die Rote Pille:
                      http://norberthaering.de/de/die-fuenfte-gewalt?layout=list&types%5B0%5D=1&tag_list_language_filter=de-DE

                      Hier ist die Blaue Pille:
                      https://www.insm.de/insm.html

                      Allein in meiner kleinen Firma habe ich mitbekommen, wie ein HedegFonds mehrer Konkurenten von mir geschluckt hat in Frankreich, Deutschland und England. Plötzlich haben die alle ähnliche Produkte.

                      Über die Freihandelsverträge geht das Spiel noch weiter. Bei Ceta soll ein Gremium installert werden, dass erstens bei Streitfragen den Vertrag bindenden interpretiert und für zukünftige Produkte Verfahren und Zulassungen verbindlich festschreiben kann. Die Parlamente der Länder dürfen gar nicht mehr darüber entscheiden. Firmen eher Konzerne dürfen Leute in die Gremien entsenden. Gewaltenteilung war gestern.

                      Das Gewissen von Sasse intressiert die nicht die Bohne. Gewissen und Moral sind völlig übewertete Begriffe für die Leute die so was druchdrücken.

                      Du hast dich für die Blaue Pille entschieden, was dir niemand verübeln kann. Somit bleibst Du unwissend und weiterhin ein Opfer der Illusion.

                      Bis dahin… Schlaf gut!

                    • Stefan Pietsch 22. Oktober 2019, 17:24

                      Glaubst du die „Ämter“ arbeiten im luftleeren Raum.

                      Ich glaube, dass Beamte gesetzestreu handeln.

                    • Rauschi 23. Oktober 2019, 10:35

                      Abgesehen davon, das dort nicht nur Beamte arbeiten, sind ja nun wahrlich nicht alle oder sogar die wenigsten Gesetze so geschriebn, das es keinen Interpretationsspielraum gibt.
                      Sonst bräuchten wir nicht so viele Anwälte.

                      Wer sagt denn, das die Regierung nicht genau das will, was die machen?
                      Ist nur leider nicht im Sinne des Bürgers, jedenfalls nicht des „Normalen“.

            • CitizenK 19. Oktober 2019, 02:28

              Einen Christen an seine Christenpflicht nach Lukas 3:11 zu erinnern ist eine Todsünde?

              • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 09:58

                Nun, die Christenpflicht haben wir ja institutionalisiert: Statt dem Zehnten nimmt der Fiskus die Hälfte und gibt es den Armen. Oder so ähnlich.

                • Rauschi 19. Oktober 2019, 11:41

                  Ach so, die Einkommensteuer geht also an die Armen? Na sowas.
                  Ich schlage vor, sie gehen in die Schweiz, da ist es weniger als die Hälfte.
                  Wer nur auf den Eigennutz bedacht ist, sollte bei einer Debatte um das Gemeinwesen vielleicht gar nicht mitreden?

                • Stefan Sasse 19. Oktober 2019, 12:23

                  Dass ihr die Legende vom Zehnten nie loswerdet…der Zehnte war eine reine Kirchensteuer. Die kam ON TOP auf die anderen Steuern. Die Steuerbelastung mittelalterlicher Bauern lag eher bei 60-80% als bei 10%. Der moderne Staat nimmt weniger Geld als der mittelalterliche.

                  • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 12:30

                    Stefan, nicht im Ernst. Wer hat Dir das erzählt? Bis ins 19. Jahrhundert hinein gab es praktisch keine Einkommensteuer und Umsatzsteuer schon gar nicht. Was hätte man auch besteuern sollen? Was besteuert wurde, war fast ausschließlich Vermögen. Nun ist die Vermögensbesteuerung für den modernen Staat zu beschwerlich geworden, da Vermögen eben zu wesentlichen Teilen nicht aus Grund und Boden besteht. Nicht ohne Grund werden diese Komponenten noch im Süden Europas fleißig besteuert.

                    • Rauschi 19. Oktober 2019, 14:09

                      Ach so, nur auf Besitz?
                      [Mittelalter und frühe Neuzeit
                      Im Mittelalter wurde die Erhebung von Steuern durch das Fehlen verwaltungstechnischer Mittel erschwert und die Fürsten füllten ihre Kassen mit anderen Mitteln. Hier wurden Stadt- oder Marktrechte verkauft und auch Monopole wie das Gewürzmonopol sorgten dafür, dass die Staatskassen sich stetig füllten. Die Kirche erhob allerdings durch das gesamte Mittelalter hinweg eine Kirchensteuer in Form eines Zehnten. Die Eintreibung dieser Steuer wurde durch die kirchlichen Institutionen vor Ort überwacht und kontrolliert und bis ins 19. Jahrhundert konnte sich diese Form der Besteuerung halten. Im Hochmittelalter zogen die Herrscher dann vermehrt Besitzsteuern ein und vor allem der Landbesitz und Vermögen in Form von Vieh oder Vorräten wurden zur Bemessung der fälligen Steuern herangezogen. Da nur wenige einen solchen Besitz vorweisen konnten, führte man gleichzeitig die Kopfsteuer ein, mit der auch besitzlose Leibeigene oder Pächter erfasst werden konnten. Hier setzte man ohne Rücksicht auf das Einkommen einen bestimmten Betrag fest, der erbracht werden musste, denn es gab keine verwaltungstechnischen Mittel, die eine Berechnung der Steuern aufgrund des Einkommens ermöglicht hätten.

                      Im späten Mittelalter begann man dann Steuern und Zölle auf Bier, Salz oder Wein erhoben. Der Grund dafür ist ebenfalls in der Verwaltung zu suchen, denn es gab nur wenige Salzhändler oder Brauereien und man setzte auf deren Ehrlichkeit. Zusätzlich spülten die erhobenen Zölle Geld in die Kassen der Herrschenden, die dann Städte anlegten, Verkehrswege bauten und die Straßen und Brücken mit Gebühren belegten. 1776 stellte dann Adam Smith die vier Grundsätze auf, die heute noch im modernen Steuersystem leicht angepasst ihre Verwendung finden. Praktikabilität, Gerechtigkeit, Ergiebigkeit und Unmerklichkeit bestimmen seitdem die Steuergesetze und dass die Höhe der Besteuerung der wirtschaftlichen Leistung angepasst werden muss, wurde auch vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. ]
                      https://www.genealogie-mittelalter.de/die-geschichte-der-steuern/
                      Nur so nebenbei.

                    • Stefan Sasse 19. Oktober 2019, 19:57

                      Mag sein, dass ich Geschichte studiert habe. Das hilft.

                • CitizenK 19. Oktober 2019, 18:41

                  „Wer zwei Kleider hat, der gebe eines dem, der keines hat“ – ein Vermögensteuer-Satz von 50 % 😉

                  • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 18:54

                    Könnte man so interpretieren, ja. 🙂

                    Allerdings einmalig und, da Jesus es weder kannte noch davon sprach, keine Einkommensteuer und keine Sozialabgaben.

                    Andere Interpretation: Jesus hob ausdrücklich auf die Freiwilligkeit ab, im Gegensatz zu der Pflicht der Zahlungen an die Obrigkeit.

                    • Rauschi 20. Oktober 2019, 16:08

                      Noch immer ist Deutschland ein säkularer Staat, was soll Ihr Einwurf?

                      Jesus hat auch gesagt: Was Ihr dem Geringsten unter Euch getan habt, das habt Ihr mir getan.
                      Ist vielleicht eine Überlegung wert, wenn Sie wieder gegen die da unten meckern wollen!

    • Rauschi 18. Oktober 2019, 09:48

      Milliardäre sind keine netten Menschen.
      Sie liefern das schlagende Argument, warum die keine Macht (jedenfalls nicht mehr als jeder normale Bürge, der ja auch ein Ar*** sein kann) haben sollten.
      Da das aber nur geht, wenn sie nicht mehr über das Vermögen verfügen können, das die Mtarbeiter der Unternehmen erwirtschaften, dann ist das also die Zustimmung zur Enteignung.

      Das ich das noch erleben darf, wer hätte das gedacht. 😀

    • Rauschi 18. Oktober 2019, 17:46

      Leider ist das einer Deiner oberflächlichsten Artikel ever.
      Darf ich daraus schliessen, das auch die Weltbank, der IWF und die OECD oberflächlich arbeiten oder am Ende gar neidisch sind?
      https://www.blickpunkt-wiso.de/post/die-ungleichheit-in-der-oecd-ist-auf-einem-rekordniveau-darunter-hat-die-gesellschaft-zu-leiden–2324.html?q=feed
      Die kommen nämlich auch zu dem Schluss, das die enorme Ungleichheit schädlich ist und zwar auf ganz vielen Ebenen. Demokratie ist nur ein kleiner davon.

      In den USA befinden sich in den Top 20 beispielsweise nur Milliardäre, die ihr Vermögen selbst erwirtschaftet haben.
      Ach so, dannn macht es ja nichts, das die mehr Macht und Einfluss haben als jeder normale Mensch. Das gehört so? Ist das die Vorstelleung von Demokratie?

      Wenn Du sagst, solche Vermögensakkumulationen, die im wesentlichen durch Bewertungen zustande kommen, dürfe es nicht geben, so sagst Du, es darf keine Milliardenkonzerne geben.
      Jedenfalls nicht in der Hand eines Einzelnen, ja, das würde ich so sehen.
      Wie hat Erhard schon gemeint? „Macht lässt sich nicht begrenzen, sondern nur verhindern?“

      Gerade der Vergleich zeigt doch, die wirtschaftliche Krise Westeuropas hat ganz elementar damit zu tun, dass wir keine Innovationskraft mehr besitzen, aus Nichts Giganten zu schaffen.
      Komisch, die Forscher meinen, das wäre genau umgekehrt, wegen der enormen Ungleichheit gäbe es kein Innovationen und kein Wachstum mehr.
      Aber was wissen die Forscher schon, sicher wissen Sie im Zweifelsfall mehr.

      Dabei wäre ihre Expertise, ihr Know-how und ihr unternehmerisches Können so dringend notwendig.
      Wofür? Haben das nur Millardäre, die Millionäre können nichts? Was sollte sich denn ein Staat von denen abschauen?

      Und von wegen Arbeitsplätze:
      Kein Unternehmer stellt Menschen aus Altruismus ein, der will damit zusätzlichen Gewinn machen, sonst stellt der niemanden ein. Können wir uns darauf einigen? Also so im Sinne von „dann würde es den Menschen schlechter gehen“ . Mayby, aber er wäre auch nicht so reich, thats life!

  • Ralf 18. Oktober 2019, 00:14

    Vielen Dank für den Artikel. Hundert Prozent Zustimmung! Milliardäre sind toxisch für jede Gesellschaft. Wir mussten nicht auf Notre Dame warten, um das in unserem täglichen Leben zu sehen. Man kann nur hoffen, dass endlich, endlich, endlich eine Politikwende kommt, die diese perversen Vermögen abschmilzt und die groteske Ungleichheit, die unsere Gesellschaften immer weiter spaltet, vergiftet und verarmt, abbaut. Und da ist vielleicht der einzige Dissens, den ich mit Dir habe. Wir brauchen nicht nur keine Milliardäre, sondern auch keine Multimillionäre. Eine Gesellschaft, die letzteren erlaubt zu existieren, bekommt früher oder später erstere. Obere Mittelklasse ist völlig genug. Ein Eigenheim. Eine schöne Einrichtung. Ein beeindruckendes Auto. Ein unvergesslicher Urlaub. Mehr Materielles braucht man nicht. Ansonsten kann ich wie gesagt Deinen gesamten Artikel unterschreiben.

    • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 06:42

      Von mir aus sollen sie auch Yachten und Villen und was weiß ich haben. Das will ich gar niemand vorschreiben. Aber so viel Geld, dass man es tatsächlich ausgeben kann, sollte schon eine sinnige Grenze sein, statt Leute dasitzen zu haben, die allen Ernstes erklären, sie KÖNNTEN es nicht.

      • Ralf 18. Oktober 2019, 12:00

        Aber so viel Geld, dass man es tatsächlich ausgeben kann, sollte schon eine sinnige Grenze sein, statt Leute dasitzen zu haben, die allen Ernstes erklären, sie KÖNNTEN es nicht.

        Das ist kein gutes Argument. In Eigentumsrechte einzugreifen, nur weil manche ihr Geld nicht ausgegeben kriegen, ist schwer zu rechtfertigen.

        Das wirkliche Argument gegen Superreiche ist, dass diese Bürger zu mächtigen politischen Playern werden, denen es immer wieder gelingt die Demokratie zu überwinden. Einzelne Individuen werden dabei so mächtig wie mittelgroße Staaten. Das gehört abgestellt. Und die richtige Frage ist, welche Maximalhöhe an Vermögen kann eine Gesellschaft tolerieren, bevor einzelne Superreiche so toxisch für das gesamte System werden, dass die gesamte Gemeinschaft zu kollabieren droht. Und mit toxisch meine ich hier auch bereits, dass sie die Mittel haben Politik dahingehend zu kaufen, dass einmal festgelegte Maximalhöhen an Vermögen wieder abgeschafft bzw. (falls das der Weg ist, den Du gehen willst) Vermögenssteuern wieder massiv gesenkt oder eliminiert werden. Eine demokratische Reform gegen den perversen Einfluss der Reichen durchzukämpfen, wird sehr, sehr schwer werden. Und das wichtigste Element wird sein müssen, die Veränderungen so unumkehrbar wie möglich für die Oberklasse zu machen. Wie das geschehen soll, wenn Du Vermögen im hohen dreistelligen Millionenbereich belassen willst, solltest Du erklären.

        • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 13:30

          Das ist auch nicht mein Argument, es ist nur ein Symptom. Und irgendwo musst halt eine Grenze ziehen.

          • Ralf 18. Oktober 2019, 13:41

            Richtig. Nur die Grenze sollte man so ziehen, dass die Übel, die man beseitigen will, auch beseitigt werden. Ansonsten ist nichts gewonnen.

            • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 14:27

              Ja. Ich denke, wir ertragen 100 Millionen. 999.999.999 sind natürlich ein Problem.

        • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 14:33

          Und? Wenn Milliardäre versprechen, ihr Vermögen nur für sich selbst auszugeben, dann dürften Sie ja kein Problem damit haben. Mein Beispiel ist Anthony Langley, wir könnten aber auch Dietmar Hopp nehmen. Dürfen die ihr Milliardenvermögen, festgelegt und Anteilen und Wertpapieren, behalten?

          • Ralf 18. Oktober 2019, 14:35

            Nein.

            Gesetze werden grundsätzlich nicht individuell speziellen Bürgern angepasst.

            • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 14:45

              Jemanden auf Verdacht zu bestrafen, ist in einem Rechtsstaat nicht möglich. Es war Ihre Begründung, dass so enorme Vermögen Schaden für die Demokratie begründen würden. Daran müssen Sie sich in den Konsequenzen messen lassen.

              • Ralf 18. Oktober 2019, 15:47

                Es geht überhaupt nicht um’s “bestrafen”, sondern darum Leitplanken einzuziehen, ohne die eine Demokratie nicht existieren kann.

                • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 15:51

                  Eine Leitplanke ist nicht, Einkommen, Vermögen, Anzahl der Flüge etc. auf eine feste Zahl pro Person zu begrenzen. Das ist gegen jeden Freiheitsgedanken und deswegen in keinem OECD-Land, in keiner Demokratie, in keinem Rechtsstaat möglich.

                  Das wirft die Frage auf, welche Staatsform schwebt Ihnen überhaupt vor, nachdem Sie immer solch diktatorischen Beschränkungen das Wort reden.

                  In einem Rechtsstaat gilt das Prinzip, eine Maßnahme muss sich an der Begründung messen lassen. An der Stelle sind Sie sofort aus der Kurve geflogen. In einem Rechtsstaat bedeutet das: nicht durchführbar.

                  • Ralf 18. Oktober 2019, 16:22

                    Das ist gegen jeden Freiheitsgedanken

                    Nein, das ist lediglich gegen Ihren ganz persönlichen Freiheitsgedanken.

                    In einem Rechtsstaat gilt das Prinzip, eine Maßnahme muss sich an der Begründung messen lassen.

                    Gegenwärtig steht unsere Demokratie schutzlos da zum Ausverkauf. Geeignete Maßnahmen zu ergreifen, diesen Zustand zu revidieren und unsere Demokratie wieder für alle Bürger zu realisieren, ist eine völlig ausreichende Begründung.

                    • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 16:35

                      Nein, das ist lediglich gegen Ihren ganz persönlichen Freiheitsgedanken.

                      Meinetwegen. Dann deckt sich mein Freiheitsgedanke zufällig mit den verfassungsrechtlichen Postulaten so z.B. dem Grundgesetz. Besser als umgekehrt.

                      Gegenwärtig steht unsere Demokratie schutzlos da zum Ausverkauf.

                      Es wird Ihnen wohl in diesem Leben nicht mehr verständlich gemacht werden können, dass Demokratie und Rechtsstaat zwei Erfordernisse sind, die nebeneinander stehen. Das Demokratiegebot hat nicht den Zweck, den Rechtsstaat zu schützen (schauen Sie mal in die Türkei) und der Rechtsstaat hat nicht das Ziel, die Demokratie zu schützen. D.h., jemand kann sich auf eine rechtsstaatliche Regel berufen, die der überwältigenden Mehrheit zuwider läuft. In manchen Bereichen nennen wir das „Minderheitenschutz“.

                      D.h., die Demokratie ist nicht dazu bestimmt, die Rechte von Minderheiten – und Milliardäre sind in der Minderheit, haben aber umfassende Rechte von der Unversehrtheit bis hin zum Eigentumsschutz – zu unterhöhlen oder gar zu beseitigen.

                      Also das, was eigentlich Ihr Anliegen ist.

                    • Ralf 18. Oktober 2019, 16:51

                      Milliardäre sind in der Minderheit, haben aber umfassende Rechte von der Unversehrtheit bis hin zum Eigentumsschutz

                      Keine Ahnung wieso Sie hier das Recht auf Unversehrtheit einbringen. Niemand möchte Milliardären dieses Recht nehmen.

                      Und selbstverständlich hat auch ein Milliardär ein Recht auf Eigentumsschutz, insofern der Staat nicht willkürlich kommen kann und ohne gesetzliche Basis Dinge aus dem Besitz des Milliardärs entwenden kann. Auch dieses Recht auf Eigentumsschutz will niemand dem Milliardär nehmen.

                    • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 17:36

                      Es gibt tatsächlich Zeitgenossen, die meinen, Reiche müssten nicht durch die Polizei geschützt werden, die könnten sich selbst um ihre Sicherheit kümmern.

                      Auch die Erschießung von Menschen erfolgt auf Basis von Gesetzen. In Rechtsstaaten ist das keine ausreichende Begründung. Wenn Sie sagen, jemand darf nur 1 Million besitzen, nicht jedoch 2 Millionen, so schneiden Sie das Eigentumsrecht für die andere Million ab. Er darf daran kein Eigentum besitzen, auch wenn er dafür gearbeitet und dies aufgebaut hat. Es ist eigentlich keine Logik vorstellbar, wie dies in Einklang mit Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz zu bringen ist.

                    • Ralf 18. Oktober 2019, 17:48

                      Alles letztlich eine Interpretationsfrage des Grundgesetzes.

                    • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 17:54

                      Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. So wie der, das Demokratiegebot stände über dem Rechtsstaatsgebot.

                      Doch selbst wenn es Interpretationsfrage wäre: Über die Interpretation entscheidet eine kleine Kaste Rechtsgelehrter, nicht die Mehrheit. Und die lassen sich nicht durch Proteste beindrucken, siehe „Skandalurteile“ der Vergangenheit.

                      Irgendwie auch undemokratisch, oder nicht?

                    • Ralf 18. Oktober 2019, 19:10

                      Mich hat die Dehnbarkeit der Verfassung in der Vergangenheit schon immer wieder überrascht, so dass ich nun wirklich überhaupt keine Zweifel habe, dass sich dieses eine Mal ein Interpretation im Sinne unserer Gesellschaft finden wird.

                    • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 19:33

                      Nun gut, dann glauben Sie halt, dass rechtlich alles möglich ist, wenn wir es nur demokratisch bestimmt wollen. Ich werde Sie nicht davon abhalten können zu glauben, dass Demokratie und Rechtsstaat unterschiedliche Paar Schuhe sind.

                      An Ihrer Stelle würde mir das nur erhebliche Sorge bereiten. Denn was ist, wenn die AfD mal mehrheitsführende Partei würde? Mit Ihrem Verständnis von Recht würde dem Durchmarsch rechtsnationalistischem Gedankenguts jedenfalls kein Stoppschild gesetzt. Armes Deutschland.

                      Für Leute wie mich gestaltet sich das weit optimistischer. Und das ist irgendwie gut.

        • CitizenK 19. Oktober 2019, 19:15

          @ Ralf

          Wie stellst Du Dir das praktisch vor? Enteignen? Läden von ALDI und LIDL-Schwarz verstaatlichen?

          Darüber brauchen wir nicht nachzudenken. Rechtlich und politisch unmöglich. Für Dein berechtigtes Anliegen, die politische Macht großer Vermögen zu kontrollieren, brauchen wir andere Wege.

          In den USA die Anti-Trust-Gesetzgebung, SO wurde zerschlagen, immerhin, wenn auch nicht mit nachhaltigem Erfolg.

          Außerdem hast Du die Milliardäre mit unmittelbarem Einfluss auf Meinungen und damit auf die Politik gar nicht erwähnt: fb, Google & Co. Die brauchen gar keine Lobby. Auch hier sollte über eine Zerschlagung nachgedacht werden. Das bestehende Kartellgesetz ist ja mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes vereinbar. Milliarden-Strafzahlungen von VW, Daimler, Google greifen ja auch in dereb Vermögen ein, ohne dass Herr Pietsch die GG-Eigentumsfahne schwenken kann.

          • Ralf 20. Oktober 2019, 13:40

            @ CitizenK

            Ich bin kein Wirtschafts- oder Finanzexperte und ich höre mir gerne Vorschläge an, wie sich die Vermögen der Superreichen substantiell verringern lassen und wie sich die politische und wirtschaftliche Macht nichtgewählter einzelner Individuen, die nichtsdestotrotz einen immensen Einfluss auf Wirtschaft, Medien und Politik haben, effektiv brechen lässt. Wenn das ohne Enteignungen möglich ist, können wir das aus meiner Sicht gerne machen. Wenn das nur mit Enteignungen möglich ist, dann sollten wir uns auch vor diesem Mittel nicht scheuen. Die Priorität muss sein, dass die Demokratie wieder hergestellt wird, dass also der Wähler die deutsche Politik an der Wahlurne mit seiner Stimme bestimmt, nicht der Multimillionär mit seinem Scheckbuch, und dass dabei jeder Wähler gleich viel Einfluss hat. Alles andere ist zweitrangig.

      • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 14:57

        Hier zeigt sich die Schwäche Deines Artikels. Diese Milliardäre haben die Milliarden ja nicht auf der Bank. Sie werden täglich reicher, weil der Wert ihrer Unternehmensanleihen steigt. Und sie werden täglich ärmer, weil diese Werte fallen. Würdest Du Dein Sparvermögen in Aktien anlegen, würdest Du Dich dagegen wehren, dass Du täglich, monatlich, jährlich nur deswegen höher oder niedriger taxiert würdest, weil Dein Depot im Wert geschwankt hat.

        Doch das ist genau das, was Du hier fabrizierst. Ein Milliardär hat selten einen wesentlichen Teil des Kapitals auf der Hand zum freien Abheben. Es ist weitgehend gebunden. Du musst Dich also schon mit dem schwereren Teil beschäftigen, wie Du eigentlich das Milliardenvermögen feststellen und wie Du es konfiszieren willst. Einen Spruch raushauen, ist da schon einfacher.

        • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 17:03

          Ich bin kein Experte für Steuer- und Vermögensrecht, noch für Anlagen und Unternehmensbilanzierung. Ich werde dir sicher nicht den Gefallen tun, irgendwelchen halbgaren Blödsinn vorzuschlagen. Wozu? Du selbst hast diese Kenntnisse ja genausowenig. Für so was gäbe es Experten, wenn der politische Wille denn da ist. Mein Artikel dient dazu, die argumentatorische Grundlage zu schaffen, nicht, Policy zu schreiben. Schuster, bleib bei deinen Leisten und so.

          • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 17:26

            Du selbst hast diese Kenntnisse ja genauso wenig.

            Nun ja, schon ein bisschen, schließlich werde ich auch dafür bezahlt.

            Für so was gäbe es Experten, wenn der politische Wille denn da ist.

            Das ist das, was Du oben schreibst, und was doch so verbreitet ist. Es gehört zum Rechtswesen, ja ist eine der tragenden Säulen, dass im Namen des Rechts eben bei weitem (!) nicht alles möglich ist, so groß der politische Wille auch sein möge. Genau deshalb bin ich ja so begeistert vom Rechtsstaat. Er beschränkt die Möglichkeiten des Staates und die Phantasie der Politik.

            Da lasst Ihr Euch so schöne Ideen einfallen, was wäre, wenn wir bei Wünsch-Dir-Was wären, dabei sind wir bei „So is‘ es!“. Herrlich, wenn die Schneidemaschine über solche Auswüchse darüber rast. 🙂

            • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 21:47

              Du arbeitest im Bereich „Wie nimmt man Milliardären ihr Geld weg“?

              Der Rechtsstaat würde diese Maßnahmen übrigens erlauben.

  • CitizenK 18. Oktober 2019, 08:07

    „….die allen Ernstes erklären, sie KÖNNTEN es nicht.“

    Dem Manne kann geholfen werden. Die Hilfsmittel gibt es, sie müssen nur angewendet werden: Erbschafts- und Vermögensteuer.

    Der von Stefan Pietsch gelobte billionaire hat auch eine Möglichkeit gefunden: „Among Langley’s possessions are 2 super yachts and a £20 million Gulfstream G550 private jet.[4]. Weitere Wohltaten für die Menschheit nennt Wikipedia nicht.

    Aber genug der Polemik. Die Rhein-Neckar-Region profitiert sehr von den Milliarden der SAP-Gründer Plattner und Hopp. Multimillionäre (Maguerre, Lautenschläger) finanzierten einen neues Theater (und befriedigen ihre Eitelkeit durch Benennung eines Saales) oder Breitensport, z. B. Schwimmenlernen für Grundschüler.

    Aber hier zeigt sich das Problem: Wenn die nicht mehr wollen oder können, enden die Programme. Im Etat der Stadt ist kein Geld dafür da. Die Betriebskosten des Hallenbads zu finanzieren bringt halt nicht so viel Ehre für die Ehrenbürger.

    @ Ralf
    Nicht das Kind mit den Bade ausschütten.

    • Rauschi 18. Oktober 2019, 09:54

      Die Rhein-Neckar-Region profitiert sehr von den Milliarden der SAP-Gründer Plattner und Hopp. Multimillionäre (Maguerre, Lautenschläger) finanzierten einen neues Theater (und befriedigen ihre Eitelkeit durch Benennung eines Saales) oder Breitensport, z. B. Schwimmenlernen für Grundschüler.
      Wäre es nicht viel sinnvoller, die würden verlässlich hohe Steuereinnahmen generieren, von denen der Kreis dann die Sachen bauen und unterhalten kann? Jeder Verein würde immer eine Mitgliedschaft und damit verlässliche und einplanbare Einnahmen über Beiträge den einmaligen Spenden vorziehen.
      Warum sollte das für eine Stadt, eine Kommune oder ein ganzes Land nciht gelten?

      • CitizenK 18. Oktober 2019, 18:02

        Ja, aber. Nach einigen Erfahrungen mit politischen Entscheidungen hier in der Region bin ich nicht sicher, ob die politischen Gremien besser entscheiden würden. Die Steuer ist halt anonym, die Bereitschaft zu stiften ist größer, wenn das Stadion so heißt oder der Theatersaal. Nicht konsequent, ich weiß. Ist aber so.

        • Rauschi 19. Oktober 2019, 11:51

          Die Steuer ist halt anonym, die Bereitschaft zu stiften ist größer, wenn das Stadion so heißt oder der Theatersaal.
          Deswegen bin ich für ein Steuer, die das Vermögen automatisch abschöpft. Da braucht keiner zu warten, ob die Vermögende gerade Lsut haben, was abzugeben.
          Der Staat hat eine verlässliche Einnehmequelle, gerade für Betriebskosten enorm wichtig. Was nützt eine Spende, die ein Gebäude dahin stellt, aber die Betriebskosten für die Zukunft nicht? Das muss dann immer der Bürger bezahlen, aber der Stiftername steht immer noch drauf.

          • CitizenK 19. Oktober 2019, 18:55

            Das stimmt. Mit einem richtig gestalteten Stiftungsrecht könnte das Problem zumindest gemindert werden.

            Ich würde Dir ganz zustimmen, hätte ich nicht diese positiven Beispiel vor Augen.

            • Ralf 20. Oktober 2019, 13:46

              Wir brauchen keine Stiftungen, wir brauchen Steuerzahler. Ich kann mir auch nicht aussuchen, welchen Teil der Gesellschaft ich mit meinen Steuern sponsere und es druckt auch niemand meinen Namen auf Regierungsgebäude, obwohl ich die mit meinen Steuern mit bezahlt habe.

              Das allerwichtigste ist vielleicht, dass wir erstmal feststellen, dass Reiche keine Menschen erster Klasse sind, die über allen anderen stehen und denen Sonderrechte zustehen. Sie sind auch nicht wichtiger als der Rest.

              • Stefan Sasse 20. Oktober 2019, 22:02

                Das ist genau mein Punkt.

              • CitizenK 20. Oktober 2019, 22:36

                Wenn ich Dein Argument auf mich als Durchschnittsverdiener anwende, dann dürfte ich auch nicht entscheiden, ob ich für ein Blindenheim, UNICEF oder den BUND spende. Ich müsste also so viel Steuern zahlen, dass mir dafür nichts bleibt – und die Entscheidung würden dann Beamte treffen?

                Hätte man den „roten Bosch“ quasi enteignet, gäbe es heute keine Bosch-Stiftung. Das gleiche gilt aktuell für Hopp. Beide platzieren ihre Gelder überwiegend sinnvoll im Sinne der Gesellschaft. Die Entscheidungsqualität unseres Gemeinderats liegt jedenfalls oft darunter.

                Wenn das Stiftungsrecht missbraucht wird, muss man die Gesetze verbessern.

                Warum so Schwarz-Weiß? Beides kann sinnvoll nebeneinander existieren.

                • Stefan Sasse 21. Oktober 2019, 06:47

                  Ich sehe das Problem auch nicht so sehr bei Stiftungen per se, sondern darin wenn die dahinterstehende Macht zu groß wird und Verzerrungseffekte entstehen.

                  • CitizenK 21. Oktober 2019, 08:16

                    Zu allgemein. Wieviel ist „zu groß“ und wodurch? Lobbyisten? Parteispenden? Persönliche Kontakte, Einladungen auf die Yacht oder ins Ressort?

                    Haben bzw. hatten die ALDI-Brüder zu viel Macht, obwohl ihnen mit ihrer zwangsneurotischen Geiz-Mentalität nur am Geldverdienen lag? Hat LIDL-Schwarz zu viel Macht, weil er in Heilbronn die gesamte Hochschullandschaft finanziert und die Stadt von ihm abhängig wird – oder muss sie ihm zutiefst dankbar sein?

                    Wir müssten konkrete Fälle und Maßnahmen diskutieren und auf positive und negative Effekte abklopfen.

                    Die staatlichen Mittel, die Tycoons zu bändigen, gibt es. In den USA fehlt es bei der Mehrheit halt am politischen willen dazu.

                    • Rauschi 21. Oktober 2019, 09:25

                      Haben bzw. hatten die ALDI-Brüder zu viel Macht, obwohl ihnen mit ihrer zwangsneurotischen Geiz-Mentalität nur am Geldverdienen lag?
                      Nicht obwohl, sondern weil denen nur am Geldverdienen liegt, haben die zuviel Macht.
                      Gerade Aldi ist berüchtigt für die Ausnutzung der Marktmacht zur Erpressung der Lieferanten. Noch nie gehört?
                      Warum sollte man den überhaupt die Möglichkeit zum Missbrauch geben?

                      Hat LIDL-Schwarz zu viel Macht, weil er in Heilbronn die gesamte Hochschullandschaft finanziert und die Stadt von ihm abhängig wird – oder muss sie ihm zutiefst dankbar sein?
                      So so, zutiefst dankbar, wie sollte eine Stadt das denn ausdrücken? Womit macht der sein Geld? Mit Wohltaten? Oder doch eher mit echt miesen Arbeitsbedingugne? Sollen die ignoriert werden, weil der Herr anschliessend ein paar Heller springen lässt? Ist das so einfach? Also doch mehr Macht für die Reichen, oder was ist die Vorstellung von Dankbarkeit?

                      Wir müssten konkrete Fälle und Maßnahmen diskutieren und auf positive und negative Effekte abklopfen.
                      Wir? Wer ist wir? Machen wir die Gesetze?
                      Nein, das muss von uns kleinern Lichtern keiner mehr abklopfen, wie schädlch die grossen Vermögen und damit die Ungleichheit ist, wurde ausreichend fest gestellt. Was fehlt, ist die Handlung der Politik.

                    • Stefan Sasse 21. Oktober 2019, 15:39

                      Ok, da kann ich mitgehen.

                • Ralf 21. Oktober 2019, 21:10

                  Wenn ich Dein Argument auf mich als Durchschnittsverdiener anwende, dann dürfte ich auch nicht entscheiden, ob ich für ein Blindenheim, UNICEF oder den BUND spende.

                  Ja, wend das Argument mal auf Dich an. Ist es nicht ein grauenvoller Skandal, dass das Blindenheim, die Hungernden in Afrika und der Schutz der Umwelt auf Deine Freigiebigkeit angewiesen sind? Aufgaben dieser Tragweite dürfen nicht Geisel Deiner Barmherzigkeit sein, sondern hier müsste der Staat dafür sorgen, dass z.B. das Blindenheim hat, was es zum operativen Funktionieren braucht. Schon deshalb, weil sich Dein Nachbar sonst einen schlanken Fuß macht und sich entscheidet die Gemeinschaftsaufgabe nicht mitzufinanzieren. Was dann bedeutet, dass Du entweder doppelt und dreifach geben musst oder aber dass das Blindenheim die Betroffenen nicht mehr anständig versorgen kann. Genau an diesem Punkt der Ungerechtigkeit sind wir ja heute auch bereits in vielen Bereichen angekommen. Nimm einfach mal die Tafeln als Beispiel.

                  Und ganz nebenbei: Für Aufgaben die nicht essentiell sind; also nicht für das Blindenheim; nicht für UNICEF; nicht für den Umweltschutz; sondern meinetwegen für die private Förderung eines geschätzten Künstlers: Dafür bleibt auch in dem von mir favorisierten System, in dem die Reichsten nicht mehr als 999.999 Euro frei verfügbares Vermögen besitzen und in dem nicht mehr als 150.ooo Euro jährlich verdient werden können, noch sehr, sehr viel übrig. Stell Dir mal vor, Du hättest ein 150.000 Euro-Gehalt. Wieviel könntest Du davon für schöne Zwecke spenden? Ich für meinen Teil unterstütze schon heute Künstler, die ich mag, und ich unterstütze auch Anliegen finanziell, die mir am Herzen liegen und ich spende für politische Parteien und Politiker. Und dabei ist mein Gehalt sehr deutlich unterhalb der von mir Schallgrenze.

                  Und mal ganz ehrlich. Wenn man weniger hat und trotzdem etwas gibt, dann bedeutet die Gabe dem Beschenkten auch viel, viel mehr. Weil man dann eben ein wirkliches Opfer gebracht hat. Eine 1000 Euro-Spende von einem Bill Gates hingegen, der sich mit den Scheinen ansonsten den Hintern abgewischt hätte, ist ein lächerlicher Akt.

                  • Stefan Sasse 22. Oktober 2019, 08:49

                    Das sind ehrlich gesagt moralische Kategorien, in denen ich mich nicht sonderlich wohl fühle. Der erste Teil deines Arguments ist viel bedeutender. Es kann nicht sein, dass man von der Largesse eines Menschen abhängig ist, der jederzeit aus einer Laune heraus den Hahn abdrehen kann.

                    Schlimmer wird das Ganze noch durch zwei andere Faktoren aus dem Artikel: einerseits, dass die wichtigen Aufgaben von den Reichen nicht bespendet werden, weil sie nicht glamourös genug sind, und andererseits wie man im Fall Würth sieht, dass die ganzen Gentleman’s agreements von den unverdienten Erben nicht gehalten werden müssen.

                    • Stefan Pietsch 22. Oktober 2019, 10:24

                      Die entscheidende Frage ist doch, wie es sich verhält, wenn der Staat alle möglichen anderen Aufgaben verfolgt, aber nicht jene, die wir in öffentlichen Debatten und Blogs als dringlich ansehen und dafür über die Hälfte der Einkommen aus Löhnen und Gewinnen vereinnahmt.

                      Würden wir z.B. eine Mindestrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, welche auch eine bestens versorgte Ehegattin abdeckt, die nur sporadisch in ihrem Leben gearbeitet hat, als dringlicher ansehen als die Finanzierung eines Blindenwerkes? Nur mal so: die von der SPD verfolgte Mindestrente ohne Bedürftigkeitsprüfung würde 5-7 Milliarden Euro jährlich verschlingen, jene der Union, die sich nur auf echte Bedürftige konzentriert, nur ein paar hundert Millionen Euro. Ist uns die grundlose Gewährung einer Rente so viel wert, dass wir derzeit z.B. auf eine umfangreiche Finanzierung von Blindenwerken verzichten?

                      Es sind solche Fragen nach Prioritäten, die wir uns immer stellen müssen und nicht, wo sich immer noch ein paar Milliarden herholen lassen. Natürlich lassen die sich immer herholen, nur wird damit die Gesellschaft keinen Deut gerechter noch bekommen die ausreichend Mittel, die wir in den Debatten als dringlich ansehen.

                      Das ist eine Debatte, die sich an Scheinheiligkeit nicht überbieten lässt.

                    • Stefan Sasse 22. Oktober 2019, 11:44

                      Hörst mich nicht widersprechen.

                    • CitizenK 22. Oktober 2019, 10:53

                      Deshalb halte ich mein Plädoyer für Stiftungen aufrecht. Deren Gemeinnützigkeit kann dann politisch-demokratisch bewertet und kontrolliert werden. Auch wenn es dabei, wie bei allen politischen Entscheidungen, Probleme gibt. Derzeit wird ja versucht, politisch missliebigen Organisationen (z. B. abgeordnetenwatch) die Gemeinnützigkeit abzuerkennen.

                    • Stefan Sasse 22. Oktober 2019, 11:45

                      Ja, nur rennst du da halt wieder sofort in das Problem, dass bei diesen Beträgen die Stiftungen selbst so mächtig sind, dass sie sich jeder Kontrolle entziehen können.

                    • Rauschi 22. Oktober 2019, 12:31

                      Würden wir z.B. eine Mindestrente ohne Bedürftigkeitsprüfung, welche auch eine bestens versorgte Ehegattin abdeckt, die nur sporadisch in ihrem Leben gearbeitet hat, als dringlicher ansehen als die Finanzierung eines Blindenwerkes?
                      Nur mal zur Richtigstellung, NEIN; die bestens versorgte Ehefrau, die nur sporadisch gearbeitet hat, würde keine Mindestrente bekommen!
                      [Das Konzept von Arbeitsminister Hubertus Heil sieht vor, kleine Renten langjähriger Versicherter aufzuwerten. Voraussetzung sind 35 Versicherungsjahre, zu denen auch Zeiten der Kindererziehung, Pflege und eingeschränkt der Arbeitslosigkeit zählen. ]
                      Ausserdem, seit wann gilt für Bezahlung das Prinzip Bedürtigkeit? Dann dürfte kein Millionär noch einen Heller für seine Arbeit bekommen, der hat ja ausgesorgt. Ist das so gedacht? Oder bekommen zwei Superverdienende weniger Rente, weil die ja auch mit einer auskommen könnten? Wenn jemand so lange eingezahlt hat, verdient er eine Rente, von der man leben kann, auch wenn man momentan nicht davon leben muss.

                      Warum wäre denn die der CDU so viel niedriger? Weil es so viele Arztgattinen gibt, oder weil die wissen, das gut 40% es bei Bedürtigkeitsprüfung nicht beantragen würden, obwohl die Anrecht hätten?
                      Entlarvend (in Bezug auf demokratishes Verständniss) finde ich aber:
                      [Rund zwei Drittel der Bundesbürger finden Umfragen zufolge das Konzept für eine Grundrente gut, das Hubertus Heil vor einem Monat vorgelegt hat. Weniger gut kommt der SPD-Arbeitsminister damit jedoch beim Koalitionspartner an – CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat klargestellt, dass das Vorhaben mit ihrer Partei nicht zu machen ist.]
                      Im Klartext, mir ist egal, was das Volk will, ich mache was anderes.

                  • Rauschi 22. Oktober 2019, 12:20

                    @citizen
                    Derzeit wird ja versucht, politisch missliebigen Organisationen (z. B. abgeordnetenwatch) die Gemeinnützigkeit abzuerkennen.
                    Wurde ja Campact schon aberkannt und es werden da noch einige folgen. Wer darunter ganz sicher nicht fallen wird, ist mal wieder Bertelsmann, obwohl die auch enormen Einfluss haben, aber in die gewollte (von der Wirtschaftslobby unterstütze) Richtung.
                    Aber anstatt auf die Idee zu kommen, das man endlich dafür sorgen muss, das die Demokratie wieder funktioniert, wollen Sie das kapputte System beibehalten und weiter einem vermeintlichen Gönner dankbar sein müssen? Nochmal die Frage, wie soll diese Dankbarkeit aussehen?

                    Wenn die Anamese von Herrn Pietsch stimmt, das die Politk nicht das tut, was die Bevölkerung will, sondern etwas anderes, nicht gewolltes, sind wir dann wirklich noch eine Demokratie?
                    Demokratie, in der der Wille des Volkes keine Rolle mehr spielt, ist schlicht keine, egal, was Herr Sasse wieder meint.
                    Allein schon der Gedanke, das ein Partei-programm den Volkswillen wieder gibt, ist so absurd.
                    Der Unterschied zwischen : Ich äussere meinen Willen und ich darf zwischen verschiedenen vorgegebenen Willensbekundungen wählen ist keinem klar? So sad!

    • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 10:02

      Es gibt nur wenige Ökonomen, die behaupten, mit einer (normalen) Vermögensteuer ließe sich die Vermögensungleichheit nennenswert verändern. Und die Einnahmen daraus bleiben bescheiden, sieht man den internationalen Vergleich. Die meisten OECD-Länder haben nämlich spezielle Vermögensteuern, die am Grundvermögen ansetzen. Millionäre und Billionäre gibt es aber, weil es große Unternehmen gibt – und gleichzeitig die meisten Deutschen es ablehnen, sich daran zu beteiligen.

      Die Erbschaftsteuer greift nach dem Tod. Für die Amerikaner und die meisten anderen Billionäre auf dieser Welt bringt das wenig bis gar nichts, sie bauen ihr Vermögen zu Lebzeiten auf. Für Deutschland wäre es eine kleine Korrektur. Nur: Stefan ging es gar nicht um den Aspekt der Verteilung auf Erben.

      Anthony Langley lebt sehr zurückgezogen. Als Mäzen ist er mir nicht bekannt. Seine Spezialität besteht darin, insolvente Industrieunternehmen aufzukaufen. So betreibt er sein Private Equity-Geschäft. Anders als branchenüblich versilbert er seine Industrieperlen jedoch nicht nach 3-5 Jahren, sondern hält sie mit eigenem Kapital. Obwohl seine Gruppe 2017 bei einem Umsatz von rund 1 Milliarde Euro ein PBT (Profit Before Taxes) von 10% erwirtschaftete, presst er die Unternehmen nicht aus. Die Ergebnisziele sind sehr maßvoll und sollen nicht durch Restrukturierungen erzielt werden.

      Bei dem deutschen Maschinenbauer, der im Rhein-Main-Gebiet zur Langley-Gruppe gehört, waren so manche altgedienten Recken erbost, dass sie, so wörtlich, Gewinne erwirtschaften sollten, damit Mr. Langley noch hinter einer Yacht Wasserskifahren könnte. Nur ist Anthony Langley mit weit über 70 deutlich betagt und eines seiner Boote ist eine Segelyacht.

      Langley bezahlt Unternehmensakquisen selbst, er nimmt traditionell keine Bankkredite auf. Sein Vermögen hat sich durch geschickte Zukäufe und die Entwicklung der einst maroden Unternehmen entwickelt. Der genannte Maschinenbauer hatte eine Historie von Verlustjahren aufgebaut, bevor er insolvent ging, weil sich kein neues „Wirtstier“ fand, das den Mitarbeitern die Rechnungen bezahlte. Daran waren die nämlich samt Betriebsrat und Gewerkschaft gewöhnt. Man war dafür da, schöne Maschinen zu bauen, nicht Gewinn zu machen. Seit Anfang des Jahrzehnts hat man nun als einziger in einer sterbenden Branche in jedem Jahr Gewinne und einen positiven Cash-Flow erwirtschaftet. Die Leute haben einen weit überdurchschnittlich bezahlten Arbeitsplatz, obwohl sie in einer darbenden Industrie mit wenig Gewinnmöglichkeiten arbeiten. Das hat ihnen Herr Langley ermöglicht, denn andernfalls wäre das Unternehmen ausgeschlachtet oder gleich geschlossen worden.

      Anthony Langley hat ja die £1,320 Milliarden nicht auf der Bank, das ist weitgehend der Wert seiner Unternehmen. Es ist sein Vermögen, wie er dieses Vermögen aufgebaut hat. Das hätten die meisten gekonnt, würden sie seine Fähigkeiten besitzen. Langley lehnt Subventionen ab und dass er sich in die britische Politik einmischt, halte ich für ausgeschlossen. Dafür ist er schon zu unkommunikativ und geizig. Er verschenkt kein Geld um sich Gunst zu kaufen.

      Seine Söhne sind noch nicht so weit, in seine Fußstapfen zu treten, beide sind noch in ihren Zwanzigern, der jüngere sogar gerade Mitte 20. Müssten sie für den deutschen Maschinenbauer in Rhein-Main Erbschaftsteuer in erheblichem Umfange zahlen, würde das Unternehmen zum Ausschlachten verkauft oder schneller geschlossen. Das sind die Alternativen.

      Dietrich Mateschitz hat mit RB Leipzig etwas geschaffen, woran die gesamte ostdeutsche Vereinsmeierei drei Jahrzehntelang gescheitert ist und den Menschen nicht nur in Sachsen Spitzenfußball beschert ohne dafür Millionen zu erhalten. Ähnlich Dietmar Hopp mit der TSG Hoffenheim. Doch genau dafür werden diese Menschen mit dem Tod angefeindet.

      Das sind alles Beispiele für eine ausgesprochene Neidkultur in Deutschland. Und Sie irren: wir machen das Gemeinwesen nicht reich, in dem wir Milliardäre und Millionäre arm machen. Anthony Langley, der nicht mäzenatisch unterwegs ist, ist dafür ein eindrucksvolles Beispiel. Hopp und Mateschitz umso mehr.

      • Ralf 18. Oktober 2019, 11:42

        Es gibt nur wenige Ökonomen, die behaupten, mit einer (normalen) Vermögensteuer ließe sich die Vermögensungleichheit nennenswert verändern. Und die Einnahmen daraus bleiben bescheiden,

        Kein Problem. Ich bin offen für eine unnormale Vermögenssteuer. Und was die Einnahmen angeht, die sind völlig sekundär. Wichtig ist allein die Wiederherstellung von Demokratie.

        • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 14:42

          Wie sollte diese „unnormale“ Vermögensteuer aussehen? Der wesentliche Wert sind Unternehmensanteile. Sollten Milliardäre gezwungen werden, einen Teil davon jährlich zu verkaufen oder zu verschenken? Und wenn, warum versetzen wir nicht einfach Otto Normalverbraucher in die Lage, Aktien zu kaufen? Und wie bringen wir diesen Spar-Spartanisten dazu, nicht sein Geld zu Minuszinsen auf die Bank zu bringen, sondern einen Dauerauftrag zum Erwerb von Aktien einzurichten?

          Irgendwie wirkt das so unausgegoren wie Ihr Text. Dass wir keine Demokratie hätten, ist übrigens AfD-Geplapper.

          Das Wesen von Steuern ist, dass sie dem Staat Einnahmen verschaffen sollen. Das ist keineswegs sekundär, sondern die Hauptaufgabe. Alles andere würde einer tiefen Rechtfertigung bedürfen. Das Argument, besonders Vermögenden einfach etwas zusätzlich wegnehmen zu müssen, aus Verteilungsgründen und so, trägt vielleicht für ein paar Prozent, nicht jedoch grundsätzlich. Zumal da irgendwo noch das mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes steht. Und da steht nicht, ein Bürger darf nur 100 Millionen Euro besitzen.

          • Ralf 18. Oktober 2019, 15:55

            Das Wesen von Steuern ist, dass sie dem Staat Einnahmen verschaffen sollen. Das ist keineswegs sekundär, sondern die Hauptaufgabe. Alles andere würde einer tiefen Rechtfertigung bedürfen.

            Dir Einnahmen sind mir in diesem Fall vollkommen gleichgültig. Selbst wenn die Null wären oder wenn wir die gesamten Einnahmen im Kamin verbrennen würden, würde das kein Jota an der Notwendigkeit ändern, große Vermögen massiv und drakonisch zu beschneiden.

            Und der Schutz unserer Demokratie und unserer Gesellschaften ist eine Rechtfertigung, die tief genug ist. Es ist sogar die tiefstmögliche. Also keine Sorge.

            • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 17:06

              Sehe ich auch so. Von mir aus auf einen Stapel und Verbrennen, wenn dir das lieber ist als sinnvolle Ausgaben davon tätigen. Es geht um das systemische Problem.

          • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 17:01

            Der Allgemeinwohl-Teil dagegen schon.

            • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 17:31

              Das ist das Totschlagargument von allen, die kein Wort vom Grundgesetz verstehen. Ein Analytiker, der nichts von Recht versteht, würde immerhin feststellen: oh, der Allgemeinwohl-Teil steht ja nur an zweiter Stelle. Ist wohl nicht so wichtig. Der Sprachwissenschaftler würde die Sätze zensieren und käme zu dem Schluss: am Anfang steht, etwas ist zwingend zu tun, während im zweiten Teil nur etwas der Form „sollte“ steht. Könnte auch nicht.

              Wie es auch sei: Wenn von einem Erwirtschafteten über die Hälfte für Steuern, Abgaben, Bezahlung von anderen Menschen, für die man Verantwortung trägt („Allgemeinwohl“) abfließt, ist wohl dem Verlangen in Artikel 14 Abs. 2 Grundgesetz Genüge getan.

              Es wird immer jemanden geben der das anders sieht. Aber wir sind hier nicht bei „Wünsch-Dir-Was“, sondern „So is‘ es!“

              • Rauschi 18. Oktober 2019, 18:18

                Wie es auch sei: Wenn von einem Erwirtschafteten über die Hälfte für Steuern, Abgaben, Bezahlung von anderen Menschen, für die man Verantwortung trägt („Allgemeinwohl“) abfließt, ist wohl dem Verlangen in Artikel 14 Abs. 2 Grundgesetz Genüge getan.
                Dann gäbe es auch keine rechtliche Grundlage für eine Vermögensteuer. Genau das hat aber das Verfassungs-gericht nicht gesagt.
                Wie lässt sich das in Einklang bringen?
                Steht das so da? Da steht auch: [Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.]
                Bei 50% ist Schluss, das steht da nicht.
                Komisch, unter Kohl gab es 52% Spitzensteuersatz, bei dem gleichen GG? War das Verfassungswidrig?

    • Ralf 18. Oktober 2019, 11:38

      @ Ralf
      Nicht das Kind mit den Bade ausschütten.

      Mal ganz hypothetisch. Falls 999.999 Euro zum Maximalvermögen würden, welchen Verlust würdest Du für unsere Gesellschaft befürchten? Es wäre doch kaum jemand von einer solchen Regelung überhaupt betroffen.

      Und wiederum hypothetisch, wenn Du 999.999.999 Euro zum Maximalvermögen machen würdest, wie würdest Du sicherstellen, dass diejenigen, die im oberen Bereich dieser Schallgrenze liegen, nicht genauso wie heute Politik kaufen und diese Maximalvermögensgrenze wieder abschaffen?

      • Erwin Gabriel 18. Oktober 2019, 15:32

        @ Ralf 18. Oktober 2019, 11:38

        Mal ganz hypothetisch. Falls 999.999 Euro zum Maximalvermögen würden, welchen Verlust würdest Du für unsere Gesellschaft befürchten?

        Bist Du wirklich so naiv? Diese Summe wird schon durch das Erben eines mittleren Hauses in guter Lage in München erreicht. Was mache ich denn, wenn ich (etwa als App-Programmier) ein erfolgreiches Unternehmen gründe, und nach einem Jahr mit über 1 Mio. bewertet werde?

        • Ralf 18. Oktober 2019, 15:56

          Anteile verkaufen.

          • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 16:12

            Setzt voraus, dass es Käufer gibt. Wenn diese jedoch auch Milliardäre sind, gibt es ein Problem. Wenn diese Ausländer sind, herzlichen Glückwunsch zum Ausverkauf von Volksvermögen. In allen anderen Fällen stellt sich die Frage: warum haben sie nicht zuvor gekauft? Und letztendlich: wie stellen wir bei nicht börsengehandelten Unternehmen den Wert fest? Was heute schon ein heroischer, und nicht zuletzt sehr teurer Akt ist, nämlich die Feststellung, was ein Unternehmen und was letztendlich ein Besitz wert ist, würde allein zur Vermeidung von „zu viel Vermögen“ zu einer einzigen staatlichen Wahnsinnstat.

            Jemand, der heute das Werk eines unbekannten Künstlers kauft, das sich in 10 Jahren als Meisterwerk für 100 Millionen Euro herausstellt, was soll der machen? Ach so, ich weiß: an ein Kunstmuseum für 5.000€ verkaufen. So ungefähr, richtig?

            P.S.: Wir können das mit vielen Vermögenswerten machen, die volatilen Wertentwicklungen unterliegen.

            • Ralf 18. Oktober 2019, 16:18

              Setzt voraus, dass es Käufer gibt.

              Na, dann arbeiten wir mal dran, dass die Löhne des kleinen Mannes steigen, damit der die Ressourcen hat zum Käufer zu werden.

              • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 16:20

                Da gibt es genügend Ressourcen. Sprechen Sie mal in Ihrer Bank vor und fragen Ihren Berater, was er schon unternommen hat, seine Kunden in Aktien zu quatschen. Die reden sich den Mund fusselig. Die Kunden fragen immer nach Festgeld. Echt dumm.

                Selbst mit 50€ sparen im Monat können Sie in Wertpapieren investieren. Sie müssen es nur wollen. Bis auf eine dünne Schicht will niemand. Und bleibt in der Vermögensbildung zurück. Selbst schuld.

                • popper 19. Oktober 2019, 09:26

                  Sie werden in hundert Jahren nicht begreifen, dass man aus Geld nicht mehr Geld machen kann. Das Nettogeldvermögen der Welt ist immer null. Wenn es heute noch institutionelle Zocker wie BlackRock & Co gibt, die von diesem fatalen Irrglauben leben, beweist das doch nur, dass Menschen ein religiöses Verhältnis zum Geld haben. Würden die Zentralbanken den Finanzmarkt nicht mit Billionen Liquidität fluten, hätte der Spuk längst ein Ende. Wer heute mit seinen Spargroschen Aktien oder Aktienfonds kauft, bildet kein Vermögen, sondern liefert zusätzlichen Stoff für die Börsenjunkis. Die mit ihren Märchenerzählungen vom reich werden mit Aktien vielleicht bei Ihnen punkten können. Sie glauben doch an die Marktwirtschaft oder das, was Sie dafür halten, Herr Pietsch. Dann sollte Ihnen klar sein, dass vermehrtes Sparen den Preis für die Ware Geld senkt. Wenn das so ist, dann kann die Rendite nur bei null oder, wie wir sehen, unter null liegen. Es kommt dann zwar immer noch zu Insiderspekulationen mit Aktien und Währungen. Der Sparer mit seinen 50.- € profitiert davon nicht.

                  • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 10:08

                    Wenn wir nur das Geldvermögen der Reichen besteuern wollen, sind wir schnell fertig. Das hätten Sie aber mal den Steuerfetischisten Stefan und Ralf sagen sollen und nicht mir. Der Wert von Apple & Co. steht ja nur auf einem Konto, nur eine Zahl. Es ist ziemlich unsinnig so etwas zu besteuern.

                    Aber ich habe zunehmend den Eindruck, Sie mischen sich an den falschen Stellen in eine Debatte ein.

                    Wenn aber die Nullen auf dem Buchbestand doch eine Bedeutung haben wie Ralf es meint, dann würde es auch Sinn ergeben, wenn der mit den 50€ Nullen sammelt. Der Widerspruch ist Ihnen noch nicht klar geworden, gell?

                    • popper 19. Oktober 2019, 11:20

                      Der Widerspruch ist Ihnen noch nicht klar geworden, gell?

                      Sie konstruieren einen Widerspruch wo gar keiner besteht, weil Sie bewusst den Unterschied von Geld- und NETTOgeldvermögen negieren und wieder Mal am Sachgegenstand vorbeischreiben. Geld bildet keinen Wert ab, insoweit ist ihr Hinweis auf Vermögensbewertungen von Apple & Co irrelevant und führt am Thema vorbei und setzen Geld mit Kapital gleich. Aber das ist ja ihre Absicht, um nicht konkret werden zu müssen und sich der Diskussion zu stellen. Sie glauben immer zu wissen, was man meint und was nicht oder weiß oder nicht weiß. Einfach nur Kinderkram.

                    • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 11:57

                      Statt sich immer in Begriffsdefinitionen zu ergehen, denen hier inzwischen selbst die Geduldigsten und Wohlgesonnensten müde sind, gehen Sie bitte auf den Kern ein. Warum sollen Unternehmensanteile als Vermögen besteuert werden, wenn, wie Sie sagen, dies überhaupt kein Vermögen sei?

                      Und wieso wollen Sie auf der einen Seite Nettogeldvermögen wegnehmen (wollen Sie doch, oder?), wenn in der Summe doch ohnehin alles Null ist?

                      Das sind Ihre beiden zentralen Aussagen und sie ergeben im Kontext keinen Sinn, der sich aufdrängen würde.

                    • Stefan Sasse 19. Oktober 2019, 12:24

                      Erneut, du liest überhaupt nicht, was ich schreibe. Ich versteife mich an keiner Stelle auf Steuern. Du kommst mit denen um die Ecke.

                    • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 12:32

                      Stimmt, Du entziehst Dich der Debatte. Vermögen sind unschön, deswegen sollen sie eingeebnet werden. Wie, das ist unserer Phantasie überlassen.

                    • Stefan Sasse 19. Oktober 2019, 19:57

                      Und du denkst, im Interesse intellektueller Ehrlichkeit schreibst du mir einfach die Position zu, zu der die besten Gegenargumente hast oder wie?

                    • popper 19. Oktober 2019, 12:33

                      …und sie ergeben im Kontext keinen Sinn, der sich aufdrängen würde.

                      Ihre Erwiderung für mich auch nicht.

                    • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 12:33

                      Könntest Du bitte die Fettschreibung korrigieren? Auf dem Tablet schreibt es sich nicht so gut.

                    • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 12:43

                      @popper

                      Eine hoffentlich einfache Frage: warum wollen Sie Unternehmensanteile als Vermögen besteuern?

                    • Rauschi 19. Oktober 2019, 14:16

                      Vermögen sind unschön, deswegen sollen sie eingeebnet werden. Wie, das ist unserer Phantasie überlassen.
                      Daran ist so ziemlich alles falsch.
                      Grosse Ungleichheit schadet der Gesellschaft als Ganzes, wer da die vermeintlihce Freiheit eines Einzelnen gegenrechnen will, den muss man nicht ernst nehmen.
                      Deswegen fordern Weltbank, IWF und die OECD etwas dagegen zu tun. Nicht nur ein paar irre, neidsche Linke! Einfach mal die Fakten zur Kenntniss nehmen.
                      https://info.brot-fuer-die-welt.de/blog/weltbank-setzt-sich-bekaempfung-ungleichheit oder
                      https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boerse/iwf-bericht-103.html oder
                      https://www.zeit.de/wirtschaft/2017-06/oecd-einkommensgefaelle-ungleichheit-gesellschaft-spaltung

                    • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 20:06

                      Ich denke, man muss sich viel mehr mit der Frage beschäftigen, wie (große) Vermögen entstehen, statt ihre Existenz zu bekämpfen. Tatsächlich betreiben wir in Deutschland schon sehr lange eine Vermögensverhinderungspolitik, was eben besser zu unserem Naturell des Neides und der Gleichmacherei passt.

                      Im Grunde orientierst Du Dich ein Stück in diese Richtung.

                    • Stefan Sasse 20. Oktober 2019, 10:54

                      Im Grunde tue ich das gar nicht. Deswegen habe ich im Artikel explizit immer nur von den Milliardären gesprochen und nicht von Multimillionären. Vielleicht willst du mal anfangen, dich mit dem eigentlichen Thema zu beschäftigten statt ständig gegen Strohmänner zu fechten.

                    • Stefan Pietsch 20. Oktober 2019, 14:00

                      Eine junge Frau lebt in prekären Verhältnissen. Zur Beschäftigung schreibt sie ein Buch. Irgendwann, nach einigen Misserfolgen, findet ein Verleger das Buch gut. Sie schreibt weiter und landet einen Bestseller. Sie wird zur Millionärin, zur Multimillionärin. Jedes Buch wird ihr aus der Hand gerissen, die Bücher verfilmt und erzielen Milliarden an Einnahmen.

                      Irgendwann nach über 20 Jahren überschreitet sie die Grenze und landet im Club der Milliardäre. Ihr politisches Vergehen ist, sich im Sozialen zu engagieren.

                      Preisfrage: was hat die Frau falsch gemacht und wie stutzt die Gesellschaft sie wieder auf Millionärsgröße?

                    • Rauschi 20. Oktober 2019, 16:01

                      Preisfrage: was hat die Frau falsch gemacht und wie stutzt die Gesellschaft sie wieder auf Millionärsgröße?
                      Stutzt? Merkt jemand wirklich, ob er nun 999 Millionen oder doch 1 Milliarde besitzt? Wann ist genug? Wenn es der Gesellschaft schadet, schon mehrfach geschrieben. Dann ist genug und die haben immer noch vile merh als nur genug.

                      Warum wird jemand, der nichts falsch gemacht hat, aber in einer insolvent gegagen Firma angestellt war, auf Existenzminmun gestutz, wenn er in seinem Alter (ü 55) keinen Job mehr findet? Wofür wird er bestraft, denn die werden Zwangsverrentet?
                      Seltsame Welt, wo 999 Millionen für den einen nicht reichen und für den anderen jeder Cent zuviel erscheint? Kranke Welt!

        • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 17:04

          Ja, das halte ich für wesentlich zu tief gestapelt.

    • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 12:54

      Die Frage ist halt, ob der gleiche Effekt für die Region nicht auch erreicht werden könnte, wenn Einzelpersonen etwas weniger haben.

  • Jens Happel 18. Oktober 2019, 12:38

    Guter tiefgründiger Artikel.

    Theoretisch hönnten die Demokratien ja Regeln auf stellen um das Treiben der Millardäre einzuengen oder in vernünftige Bahnen zu lenken.

    Praktisch haben die Milliardäre und ihre Golems die Hedegfondsmanager sowie Aufsichträte von Großkonzernen, ja durch massive Einflussnahme auf Politik und öffentliche Meinung z.B. über pseudo wissenschaftliche Institute (z.B. Institut für neue Marktwirtschaft), die Medien etc. alle diese Regeln abgeschafft und durch neue langfristige Regeln ersetzt, die eine Wiedereinführung nahezu unmöglich oder sehr kostspielig machen. Die ganzen Freihandelsabkommen mit ihren unsäglichen Schiedsgerichten, die entgangene Gewinne als Enteigung handhaben sorgen dafür, dass die nationalen Parlamente immer weniger ausrichten können.

    In den USA, wo die Abgeordenten extrem auf großzügige Spender für ihren Wahlkampf angewiesen, sind ging das noch schneller als hier.

    Sorry, dass ich auch das Thema immer wieder zurückkomme, die Etablierung einer Pseudo Wissenschaft, dem Neoliberalismus, hat dem ganzen den Weg bereitet.

    Gerade in den USA gibt es einen Drehtüreffekt, zwischen Goldmann Sachs, neoliberalen Eliteunis und dem Wirtschaftsministerium. Die Drehtür wird von Stiftungen wie die von den Koch Brüdern immer schön am laufen gehalten.

    Es gibt keine andere „wissenschaftliche “ Theorie wie den Neoliberlismus der konsequent an seinen Vorhersagen scheitert*, aber immer noch unangreifbar ist, da er von den Eliten protegiert wird, die von ihm profitieren.

    Den Neoliberalismus muss man auch erwähnen, weil mit seiner Einführung die Zuhnahme der Milliardäre sowohl Anzahlmäßig als auch im Gesamtvolumen ihres Vermögens, sich erst so richtig steigerte.

    Ich teile die Befürchtung von Hans Peter Martin, die er in seinem Buch Game Over im Untertitel zum Ausdruck bringt. „Wohlstand für wenige, Demokratie für niemand, Nationalismus für alle“

    Wir maschieren wieder in den Faschismus. Die nötige Bekämpfung des Klimawandels mit seinen absehbaren Verteilungskämpfen, wird diesen Effekt noch verstärken.

    * zuletzt die Vorhersage der Mindestlohn würde 100.000sende Arbeitsplätze in Deutschland vernichten oder die vor Begin der QE Programme geäußerten Meinugen, dies würde zur Hyperinflation führen. Alles nur bla bla, von der Wirklichkeit wiederlegt, und damit unwissenschaftlich.

    Viele Grüße

    Jens

    siehe auch hier
    http://norberthaering.de/de/27-german/news/1180-mindestlohn-ger

    • Rauschi 18. Oktober 2019, 18:28

      Volle Zustimmung

  • Kning4711 18. Oktober 2019, 14:48

    Ich denke die Debatte hat zwei Facetten, die man nicht miteinander vermischen sollte.

    Erstens
    Es gibt Einzelpersonen die es mit Glück, unternehmerischen Gespür, Wagemut und Geschick gelingt beachtliche Vermögen zu erzielen. In manchen Ländern (ich nehme hier mal als Beispiel die russischen Oligarchen) kommt auch noch kriminelle Energie dazu. Aber zunächst einmal haben sich ein Musk, Bezos, Gates oder Buffet Ihr Geld sauer verdient. Selbstverständlich bedienen sich die Herren sämtlicher legaler Gestaltungsmöglichkeiten, um Ihr Vermögen zu mehren. Grundsätzlich ist der Gesetzgeber gefragt die Mechanismen in der Steuergesetzung so zu nutzen, dass er an dem Gewinn dieser Menschen (bzw. deren Unternehmen) profitiert. Nur zu sagen: Diese Reichen üben so viel Einfluß aus, dass die die Entscheidungen zu Ihren Gunsten beeinflussen finde ich zu billig, dann versagen eher Kontrollmechnanismen in unserer Demokratie, die soetwas befördern und dann müssten wir diese korrigieren. Das Thema Neid spielt hier ebenfalls eine gewichtige Rolle.

    Zweitens
    Politische Kraft großer Unternehmen. Es gibt Unternehmen, deren Wirtschaftskraft derer von Staaten entspricht. In meinen Augen wäre es daher nur sinnvoll, wenn internationale Regelwerke / Verträge hier eine Berücksichtigung dieses Umstandes vornehmen würden. Solche Unternehmen müssten in internationale Beziehungsgeflechte integriert werden, bzw. man müsste Ihnen ein vertragliches Rahmenwerk geben, was Sie dürfen und was nicht. Eventuell müssen wir darüber nachdenken solche großen Unternehmen als nichtstaatliche Subjekte des Völkerrechtes anzuerkennen. Warum kann ein Microsoft oder Facebook nicht analog eines heligen Stuhls oder dem Malterorden eine solche völkerrechtliche Anerkennung eingeräumt werden. Es gäbe dann sicherlich deutlich bessere Maßnahmen, diese Player in Vereinbarungen einzubeziehen. Wenn ich bspw. Nestle auf die Einhaltung von Menschenrechte unmittelbar belangen könnte, hätte das einen ganz anderen Hebel, als lediglich über nationale Gesetzgebung ein Transnationales Unternehmen zu bändigen.

    • Ralf 18. Oktober 2019, 16:11

      Nur zu sagen: Diese Reichen üben so viel Einfluß aus, dass die die Entscheidungen zu Ihren Gunsten beeinflussen finde ich zu billig, dann versagen eher Kontrollmechnanismen in unserer Demokratie

      Das Problem ist, dass die Reichen die Kontrollmechanismen in unserer Demokratie kaufen. In den USA ist das ganz besonders pervers. Da ist man als Politiker gezwungen Erfüllungsgehilfe zu sein, denn ansonsten wird man von überlebenswichtigen Spenden abgeschnitten. Die Umsetzung der gekauften politischen Entscheidungen (z.B. die Unterstützung bei der Einsetzung gefälliger Richter am Supreme Court) führt aber wiederum zu einer Vergrößerung der Einfallstore für das Geld der Reichen (z.B. über entsprechende Supreme Court-Entscheidungen über die Maximalhöhe von Spenden). Dadurch werden die Politiker aber noch abhängiger und müssen noch stärker als zuvor Erfüllungsgehilfe sein. Und so verstärkt sich der Effekt zunehmend selbst. Am Ende der Entwicklung steht eine Feudalgesellschaft, in der einige wenige komplett über dem Gesetz stehen (“too big to jail”).

      Und ich wünschte, das würde lediglich wie eine irrationale, böse Zukunftsdystopie klingen.

    • Stefan Sasse 18. Oktober 2019, 17:02

      Ich kann dir versichern, dass ich keinen Neid auf diese Leute empfinde. Ich empfinde brennenden Neid auf verbeamtete Lehrer, die für das gleiche Geld fast das doppelte verdienen wie ich und wesentlich besser abgesichert sind. DA verspüre ich Neid. Auf Milliardäre nicht. Das ist eine völlig andere Liga.

  • popper 18. Oktober 2019, 16:06

    Gerade der Vergleich zeigt doch, die wirtschaftliche Krise Westeuropas hat ganz elementar damit zu tun, dass wir keine Innovationskraft mehr besitzen, aus Nichts Giganten zu schaffen.

    Das ist doch keine Ursachenbeschreibung, sondern eine völlig unzutreffende Behauptung. Sie sollten endlich kapieren, dass wir, die Deutschen, mit unserem Wirtschaftsmodell nicht nur die Volkswirtschaften der EWU ruinieren, sondern darüber hinaus die Weltwirtschaft fortwährend destabilisieren, aber weiter darauf bestehen, dass andere Staaten sich verschulden sollen, weil wir, gegen jede ökonomische Vernunft, unseren merkantilistischen Furor am Leben zu erhalten wollen. Selbst der ehemalige EZB Chef Jean Claude Trichet,äußerte gerade in einer Stellungnahme in der Financial Times, das zentrale Problem der EWU liege in Deutschland und nicht, wie Issing und seine Kumpane es vorziehen, den schwarzen Peter bei der EZB und Draghi abzuladen.

    Während rund um den Globus Milliardenunternehmen gehandelt, entwickelt, verkauft und gekauft werden und selbst der Mittelklasseamerikaner seine Beteiligungen hält, ist in Europa und insbesondere Deutschland Dürre.

    Ja und? Soll Ihr Lamento die deutschen Banken animieren, endlich auch „BlackRock“ zu spielen. Im ganzen westlichen Kapitalismus herrscht säkulare Stagnation. Selbst das Handelsblatt spricht von „Investitionsstreik“, allerdings bei wachsenden privaten Gewinnen und sinkender Arbeits- und Lebensqualität. Wenn man gesehen hat, wie in Davos Lawrence Fink zum WWF einflog und Unternehmer, Banker, Großanleger, Politiker und Ökonomen stramm standen, weiß man, die Weltfinanzgemeinde begrüßte devot ihren Häuptling. Ist das vorbildliche „Investition“ wenn ein Miteigentümer auf den Wertverfall der Aktie eines Unternehmens spekuliert an dem er beteiligt ist, wie es z.B. BlackRock & Co es mit der Lufthansa Aktie machten. Indem sie von anderen Investoren und Banken einen Milliarden-Kredit aufnahmen und damit für eine begrenzte Zeit leihweise 1/5 Aktien der Deutschen Lufthansa kauften. Wegen der Angst vor Brexit und Terroranschlägen spekulierten sie auf weniger Flüge, was auch eintrat. Nach wenigen Wochen gaben sie mit Gewinn, die im Wert gesunkenen Aktien dem richtigen Eigentümer zurück und kauften die gesunkenen Aktien wieder auf, danach stieg der Wert der Aktie wieder. Man nennt das Insiderspekulation.

    Wenn Sie nun behaupten in Deutschland bestünde diesbezüglich Dürre dann haben Sie offensichtlich keine Ahnung, was abgeht. Im Kapitalismus jüngster Form findet das, auch in Deutschland ständig statt. Solche Leerverkäufe dann auch noch Investitionen zu nennen, ist pervers. Was hier passiert ist die Hybris einer einer Politik des von unten nach oben. Ich empfehle Ihnen sich wirklich mal mit den Realitäten vertraut zu machen und nicht immer ihre Standardargumente hervorzukramen, was der Staat für die Rente jährlich zuschießt. Denn auch hier ist Ihre Argumentation von klassenkämpferischem Neid geprägt und setzt auf das Motto: Viel meinen, wenig wissen.

    Die Kraken des Finanzkapitalismus heute sind eben Finanzdienstleister wie BlackRock & Co im Verein mit Ratingagenturen und Wirtschaftsprüfer: PwC, KPMG, EY und Deloitte. Letztere, als Big Four bekannt, kommen samt und sonder aus den USA; sie beherrschen den Weltmarkt. Obwohl man längst weiß, dass sie bei allen Großinsolvenzen falsche Bilanzen gedeckt haben, werden diese Trickser und Täuscher zur Bankenrettung, Sanierung der Staatsfinanzen eingesetzt und prüfen im gesamten Kapitalismus die Bilanzen der größten Unternehmen. Haben Niederlassungen in allen wichtigsten Steueroasen, wo sie Firmen wie BlackRock u.a. bei der Steuergestaltung helfen. Selbst die Europäische Kommission zahlt jährlich 50 Mio. Euro für die Dienste der Big Four.

    Angesichts dieser Gemengelage kann man bei einem Satz wie: Nein, viele Milliardäre beteiligen sich nicht am Gemeinwesen in Deutschland. Das ist verständlich. Dabei wäre ihre Expertise, ihr Know-how und ihr unternehmerisches Können so dringend notwendig. nur den Kopf schütteln, über soviel Naivität und hausgemachte Weltanschaung. In den 90er Jahren gehörten 20% aller Aktien der 30 DAX Unternehmen ausländischen Investoren. 2012 waren es 58% mit steigender Tendenz bis heute. Und da schwafeln Sie von deutschen Unternehmen. Nein, Herr Pietsch, der Staat überlässt BlackRock die Regie. Die Tragik besteht ja mittlerweile darin, dass Deutschland ein Brückenkopf der EU ist in der die Unternehmen, Banken und Berater aus den USA seit Ende des Zweiten Weltkriegs präsent sind. Die drastische Logik daraus ist, die vorhandene und geschaffene Substanz wird ausgezehrt. Von der gut ausgebildeten und erpressbaren Arbeitskraft bis zum modernisierbaren industriellen Rest.

    Denken Sie mal drüber nach, und kämpfen Sie nicht immer in längst verlorene Schlachten.

    • Stefan Pietsch 18. Oktober 2019, 16:17

      In den 90er Jahren gehörten 20% aller Aktien der 30 DAX Unternehmen ausländischen Investoren. 2012 waren es 58% mit steigender Tendenz bis heute.

      Und warum? Weil die Deutschen keine Aktien kaufen. Dann kaufen sie halt andere. Und warum gibt es hier kein BlackRock? Weil wir keine Kapitalsammelstelle benötigen, die Deutschen zahlen einfach in die Rentenkasse an. Sie verstehen nicht, dass BlackRock das Ergebnis dessen ist, dass außerhalb des deutschsprachigen Raums die Altersvorsorge zu einem erheblichen Teil auf Sparen und Sparvermögen investieren besteht. Und irgendwo muss ja investiert werden.

      Sehr einfache Zusammenhänge, die Sie da nicht verstehen.

      • popper 18. Oktober 2019, 16:32

        Ach so, die in Deutschland nicht vorhandenen Klein- und Großaktionäre sind schuld. Selten so gelacht…

  • Arianeq 18. Oktober 2019, 17:50

    Komplette Zustimmung zum Artikel.

    Ich bin allerdings sehr pessimistisch, was irgendwelche Änderungen in größerem Maßstab angeht. Bei den jetzigen Milliardären ist wahrscheinlich eh alles verloren, jeder Eisberg schmilzt schneller ab als solche Vermögen und sonst müsste man doch über großflächige Enteignungen reden.

    Aber auch bei moderaten Eingriffen, bzw der Verhinderung, dass noch mehr Milliardäre entstehen, sehe ich eher scharf. Gerade weil jeder Millionär, Multimillionär und solche, die es werden wollen oder solche, die meinen, man könnte Vermögen, die größer sind als 60% der Staatshaushalte, mal eben „verdienen“, viel Einfluss auf politische Entscheidungen haben und kräftig dagegen arbeiten. Es gab ja schon alarmistische Artikel nach dem Motto „Schützt die Reichen“, weil jemand (glaub ein SPD-Hinterbänkler) nur über die Theorie einer Vermögenssteuer nachdachte. Zwar ist es schon ein Fortschritt, dass das überhaupt wieder denkbar ist – außerhalb linksradikaler Kreise – aber dass da wirklich etwas Nennenswertes passiert, glaube ich nicht. Ich fürchte, dafür bräuchte es wirklich eine tiefgreifende Krise + den dazu passenden Zeitgeist.

  • CitizenK 19. Oktober 2019, 18:50

    „dass Demokratie und Rechtsstaat unterschiedliche Paar Schuhe sind.“

    Ja, aber. Preußen unter dem Alten Fritz war ein Rechtsstaat (wäre einer gewesen, hätte der sich an seine Worte gehalten) aber keine Demokratie. Eine Demokratie ohne Rechtsstaat ist aber schwer vorstellbar. Wenn die Gesetze, die der „Demos“ erlässt nicht gelten – welchen Sinn hat dann Demokratie?

    Für mein Verständnis jedenfalls gehört beides untrennbar zusammen.

    • Stefan Pietsch 19. Oktober 2019, 19:01

      Sie können das auch umdrehen: ohne Rechtsstaat ist moderne Denokratie nicht denkbar.

      Ich denke schon, dass eine Diktatur einen Rechtsstaat bilden kann. Bis zu dem Punkt, wo dieser zur Ablösung des Prinzipals führt. Aber das gilt umgekehrt genauso, die Demokratie garantiert nicht den Rechtsstaat. In den USA können wir derzeit eher beobachten, dass das Recht die größte Stütze der Demokratie ist.

    • Stefan Sasse 19. Oktober 2019, 19:59

      Die Rechtsstaatlichkeit Preußens wird gerne völlig übertrieben.

  • Stefan Pietsch 20. Oktober 2019, 13:55

    Wir haben Steuerzahler. So viele wie noch nie. Wir haben die höchsten Steuereinnahmen ever. Wir haben mit die höchsten Steuereinnahmen in relativen Zahlen. Wir haben mit die höchsten Belastungen der Einkommensteuerzahler und einer der höchsten Unternehmensbelastungen im internationalen Vergleich.

    Wann sagt jemand wie Sie mal: es ist genug!

    • Rauschi 20. Oktober 2019, 15:54

      Wann sagt jemand wie Sie mal: es ist genug!
      Kennt man doch, die Neidhammel haben nie genug.
      Die Reichen allerdings auch nicht.

      Was der Gesellschaft schadet, sollte verändert werden, oder nicht?
      Haben Sie nicht selbst aufgezählt, wo Geld fehlt?
      [ Während inzwischen sogar international geklagt wird, wie in Deutschland die Infrastruktur verfällt, verauslagt der Staat seit 2013 jährlich höhere Milliardenbeträge zusätzlich für die Polsterung der Renten. Während man sich weltweit um Bildung und Sicherheit sorgt, ist die größte Sorge der Deutschen die Sicherung der Renten.]
      Wobei ja der letzte Halbsatz schon wider ziemlich falsch ist, denn die Deutschen sorgen sich nicht darum, das machen die trommelnden Medine und die Versicherungskonzerne.
      Nein, das Volk will nicht, das die Infrastruktur zerfällt.

      Das ganze ist wieder mal nur eine Ablenkung, den Einfluss von Vermögen auf die Politik zu bestreiten ist schon ziemlich dreist.
      Alle serisösen Unterscuhungen kommmen zum glcihen Resutat:
      Ungleichheit schadet Allen, auch den Reichen.
      Einfach mal zur Kenntniss nehmen, wäre in Anfang.

    • CitizenK 21. Oktober 2019, 08:36

      Herr Pietsch, es gibt auch in Deutschland unzählige wichtige soziale Projekte, die nur durch Spenden existieren. Sie sagen, das (viele) Steuergeld werde nur falsch ausgegeben. Statt bei den wirklich Bedürftigen lande es bei denen, die es nicht brauchen (Mütterrente, Frühverrentung, Baukindergeld usw.) Richtig ?

      Ein Sozialstaat funktioniert nur innerhalb einer Gemeinschaft. Darauf weisen Sie zu recht immer wieder hin. Wenn es nun aber in dieser Gemeinschaft noch sehr viel Luxus gibt, während anderswo elementare Bedürfnisse nicht befriedigt werden, dann sind die Grenzen der Belastbarkeit nicht erreicht.

      Zum Beispiel eine Einrichtung für blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche, auf deren Liste ich stehe, müsste ohne Spenden schließen. Die staatlichen Zuschüsse reichen nicht aus. Ist das nicht eine Schande? Und so ist es mit den Tafeln, den „Exit“-Organisationen für Rechtsextreme und vielem mehr. Wo „Linke“ ein Herz haben, sitzt bei Neoliberalen ein Steuerrechner.

      • Stefan Pietsch 21. Oktober 2019, 09:42

        Wenn es nun aber in dieser Gemeinschaft noch sehr viel Luxus gibt, während anderswo elementare Bedürfnisse nicht befriedigt werden, dann sind die Grenzen der Belastbarkeit nicht erreicht.

        Das ist kein Kriterium in einer freien Gesellschaft. Das ist das Diktat einer Autokratie. Die Grenzen der Belastbarkeit in einer freien Gesellschaft wird aus der Perspektive des Individuums betrachtet. Wenn jemand verschwendet und verschwendet ist das kein Grund, ihn zu unterstützen. Wenn also ein Sozialhilfeempfänger seine Stütze in den ersten beiden Tagen versäuft, verspielt, verliert, begründet dies keine höheren Zahlungen. Notfalls muss er unter der Brücke schlafen, auch wenn dort ein Bentley vorbeifährt.

        In Deutschland gibt es keine echte Armut. Was wir skizzieren ist relativ zum Wohlstand. Diese Grenze verschiebt sich aber permanent. Und sie ist definitionsabhängig. Der Staat könnte problemlos aus Steuermitteln die Blindeneinrichtung finanzieren – er will es nicht. Es ist nicht seine Priorität, sondern Baugeld an Leute zu verteilen, die ohnehin bauen wollen. Es gibt ja weder Beleg und schon gar nicht Garantie, dass der Staat mit 100 Milliarden Euro mehr Einnahmen das finanzieren würde, was Ihnen wichtig ist. Es gibt noch so viele Gerechtigkeitslücken zu entdecken. Dann haben Sie die Belastung nach oben verschoben und doch nichts bewirkt. Und Sie kommen wieder um die Ecke mit der Behauptung, die Grenzen der Belastbarkeit seien nicht erreicht.

        • Stefan Sasse 21. Oktober 2019, 15:40

          Auch in Deutschland gibt es echte Armut. Anders sind obdachlose Bettler kaum zu erklären.

          • Stefan Pietsch 21. Oktober 2019, 15:45

            Auch Obdachlose haben den gleichen Anspruch auf Sozialhilfe und Unterbringung. Bei Bettlern liegen meist Probleme vor, die nicht einfach mit Geld zu beseitigen sind.

            Lehnt jemand jede Hilfe ab, kann man kaum von „echter“ Armut sprechen.

            • Stefan Sasse 21. Oktober 2019, 18:33

              Ah, dann ist es keine „echte“ Armut. Soso.

              • Stefan Pietsch 22. Oktober 2019, 10:15

                Ja, seltsam, gell? Es sind diese albernen Regeln des Staates, dem Du so stark anhängst. Dieser Staat hat nämlich die Angewohnheit, Vermögen und Einkommen selbst dann jemanden zuzurechnen, zu besteuern, in der Insolvenz zu berücksichtigen, wenn jemand zwar einen Anspruch hat, diesen aber nicht einfordert.

                So muss ein Unternehmen Umsatzsteuer auf Forderungen zahlen, die der Kunde gar nicht beglichen hat. Selbst wenn er das Jahre lang nicht tut, der Staat hat seine Steuer bekommen und gibt sie nicht zurück.

                Oder: wenn jemand Forderungen gegenüber einem anderen hat, welche seine Situation erheblich verbessern würde, diese aber nicht einfordert, wird sowohl der Insolvenzantrag als auch Zuschüsse abgelehnt.

                Wenn also jeder in diesem Staat sich Ansprüche als Einkommen und Vermögen zurechnen lassen muss – warum nicht Sozialhilfeberechtigte? Kannst Du das erklären?

                • Rauschi 22. Oktober 2019, 13:08

                  Wenn also jeder in diesem Staat sich Ansprüche als Einkommen und Vermögen zurechnen lassen muss – warum nicht Sozialhilfeberechtigte? Kannst Du das erklären?
                  Jeder muss das? Wo steht das? Liest sich für mich, als würde es nur für Unternehmen gelten.

                  Wenn es keine absolute Armut gibt, sodnern nur relative, heisst das dann, es gibt hier „keine „Armut?

        • CitizenK 22. Oktober 2019, 11:15

          Nach unserer verfassungsmäßigen Ordnung hat auch der verschwenderische Säufer notfalls Anspruch auf eine sehr teuere Krankenhausbehandlung. Ihre Forderung, ihn hungern zu lassen, ist grundgesetzwidrig. Menschenwürde, Sozialstaatsprinzip und so. Sie fordern doch hoffentlich nicht, dass Behörden grundgesetzwidrig handeln?

          Ob die vorhandenen Steuergelder besser für andere Zwecke als für Baukindergeld verwendet werden sollen, ist diskussionswürdig. Bei der Grundrente mit Bedürftigkeitsprüfung haben liberale Konservative und konservative Liberale ein logisches Problem: Betonung der Eigenständigkeit der Person verträgt sich nicht mit der Abhängigkeit von einem Partner. Schon jetzt beantragen viele alte Menschen aus Scham nicht, was ihnen zusteht, wie eine aktuelle Studie zeigt. Die Frage ist, wieviel die Gesellschaft sich das kosten lassen will. Ich stimme zu, dass es da eine Reihe von dringlicheren Dingen gibt.

          • Stefan Pietsch 22. Oktober 2019, 17:20

            Nun, das ist wieder der Zeitpunkt, wo ich mich heftigst zur Wehr setzen muss.

            Ausgangspunkt war der Disput, ob es in Deutschland echte, also absolute, Armut gäbe. Stefan verwies dazu auf die Zahl der Bettler und Obdachlosen. Aber wir reden immer noch von an sich gesunden Menschen, nicht solchen, die gerade mal kein Einkommen beziehen, weil sie sehr krank sind.

            Krankheit wiederum definiert kein sozio-ökonomisches Armutskriterium. Ein kranker Mensch kann ohne eigenes Erwerbseinkommen sein, ohne Einkünfte und ohne sozialen Schutz ist auch er nicht. Ich denke, dass wir den Armutsbegriff missbrauchen, wenn wir Mitmenschen, die mehr Wohlstand als 90% der Erdbevölkerung genießen, mit Erdenbürgern gleichsetzen, die einen aufgeblähten Hungerbauch haben oder auch nur, wie selbst in den USA häufiger zu besichtigen, betteln gehen, weil sie von keinem Amt einen Cent bekommen.

            Bleiben wir seriös. Und an Ihre Adresse: unterstellen Sie nicht Diskussionspartnern Behauptungen, die diese nie in nicht annähernder Weise getätigt haben. Diesen Stil finde ich nicht gut.

            • CitizenK 22. Oktober 2019, 22:42

              Hier liegt ein Missverständnis vor. Ich habe Ihnen nichts unterstellt, sondern bezog mich auf Ihr Beispiel mit dem Obdachlosen, der sein Geld „verschwendet“. Was ich sagen wollte: Auch wenn er seine Lage vollständig selbst verschuldet hat, wenn seine Gesundheit oder gar sein Leben in Gefahr wäre, hat er trotzdem Anspruch auf Hilfe. Anders als in den USA, wie Sie selbst schreiben. Und das ist richtig so, auch wenn es manchmal schwer auszuhalten ist.

              • Stefan Pietsch 22. Oktober 2019, 22:57

                Nun, Sie haben in diesem Strang schon einmal die Moralkarte gezogen, Stichwort: Taschenrechner. Allzu oft sollte man dies nicht spielen, wenn man nicht vor hat, das Klima zu vergiften.

                Es geht allein darum, dass auch ein Transferempfänger ein Stück Eigenverantwortung trägt. Ist das Geld weg, ist es weg und wird nicht erneuert. Das Leben in Freiheit ist manchmal hart.

                Es ging mir in der Erwiderung an Stefan allein darum, dass es technisch in Deutschland keine echte Armut gibt, geben kann. Dass es genügend Schutzbedürftige, genügend Schwache gibt, weiß ich mindestens genauso gut wie jene, die immer wieder die Moralmonstranz vor sich her tragen.

                Wer einmal die Verhältnisse in den USA live gesehen hat, kommt nicht auf den Gedanken, dass die Notwendigkeit von Sozialtransfers schwer auszuhalten sei. Doch wer manche Hartz-IV-Sendung in Deutschland sieht, kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass in unserem Sozialsystem so einiges falsch läuft.

                • Rauschi 23. Oktober 2019, 09:55

                  Doch wer manche Hartz-IV-Sendung in Deutschland sieht, kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass in unserem Sozialsystem so einiges falsch läuft.
                  Wer immer noch glaubt, das im TV die Realität wider gegeben wird, dem kann man nicht helfen.
                  Wenn das so wäre, dann macht auch die Forderung, den unteren mehr zu geben überhaupt keinen Sinn mehr.

                • CitizenK 23. Oktober 2019, 10:28

                  Moralkarte? Sie bringen doch ständig die Grenzsteuerkarte. Wenn wir schon von Florida-Rolf reden. Mit solchen Trittbrettfahrern umzugehen war für mich schwer auszuhalten. Beeindruckend fand ich dann die Reaktion von Heinrr Geissler: „Sie sind krank“.

                  • Stefan Pietsch 23. Oktober 2019, 18:48

                    Ja, Moralkarte. Jemand ist nicht schon deswegen sozial kalt, weil er anderen Überzeugungen anhängt, wie Sozialpolitik aussehen sollte, dass sie auch den Betroffenen (!) nützt. Das lasse ich mir ab und zu einmal gefallen, wenn es sich jedoch einschleift, gibt es heftige Gegenwehr gegen solche Herabsetzungen.

                    Welche Grenzsteuerkarte? Mir geht es vor allem um Gesamtbelastungen, ausgewogene Besteuerungen und Rechtskonformität (Stichwort: Soli). Da ist ziemlich wenig Moral drin.

                    Der hohe Anteil an Langzeitarbeitslosen und die Fehlentwicklungen, die nicht zuletzt Sie selbst benennen, zeigen, dass trotz allem Geld vieles in unserem Sozialsystem nicht richtig läuft. Man schützt den Sozialstaat nicht dadurch, dass man seine Schwächen und sein (punktuelles !) Versagen verteidigt.

            • CitizenK 22. Oktober 2019, 22:55

              @ Stefan Pietsch

              Habe den falschen Satz in meinem Beitrag gefunden. Falsch ausgedrückt. Kann als Unterstellung gelesen werden. Nehme ich zurück. Tut mir leid.

              • Stefan Pietsch 22. Oktober 2019, 23:09

                Alles in Ordnung. Ich diskutiere auch hart, wenn man hinterher versteht, das man sich nicht als Feind betrachtet. 😉

  • CitizenK 22. Oktober 2019, 11:30

    @ Rauschi

    „Wir“ sind die Bürger, die dabei sind, sich eine Meinung zu bilden, die in Zukunft ihre Wahlentscheidung beeinflussen wird. Um mehr kann es hier ohnehin nicht gehen.

    Das Thema ist gerade die politische Macht von Milliardären. Die Frage, wie sie zu ihrem Geld gekommen sind, ist ein anderes Thema.

    Ich bleibe dabei: Es ist immer noch viel besser, politisch und moralisch, wenn reiche Bürger ihr Geld in gemeinnützige Projekte stecken als in Yachten oder Villen an der Cote d’Azur oder das Casino antreiben.

    Die Frage, ob man ihnen alles über X wegsteuern sollte, ist eine für’s Ethik-Seminar, nicht für die politische Diskussion.

    • Rauschi 22. Oktober 2019, 12:55

      Ich bleibe dabei: Es ist immer noch viel besser, politisch und moralisch, wenn reiche Bürger ihr Geld in gemeinnützige Projekte stecken als in Yachten oder Villen an der Cote d’Azur oder das Casino antreiben.
      Noch besser ist es, wenn die Einnahmen verlässlich kommen, auch das teht doch wohl ausser frage.

      Die Macht, die so schädlich ist, geht noch genau auf diese Gedanken zurück.
      Schon heute kann jeder sehen, wie wunderbar die Drohnung mit den Arbeitsplätzen funktioniert.

      Die Frage, ob man ihnen alles über X wegsteuern sollte, ist eine für’s Ethik-Seminar, nicht für die politische Diskussion.
      Was ist dann pharagraph 1 GG? Kein Leitpfosten für die Politk?
      Nein, das ist keineswegs für’s Ehtikseminar, liest hier keiner den Einwand, den ich nun zum dritten Mal bringe? Ungleichheit schadet allen Bereichen der Gesellschaft *, deswegen muss der Weg zum mehr Gleichheit gehen, und das geht nur über eine Kappung bei einer Vermögenssumme.

      Wie denn bitte sonst?

      *sagen auch Weltbank, IWF und OECD!
      https://info.brot-fuer-die-welt.de/blog/weltbank-setzt-sich-bekaempfung-ungleichheit oder
      https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boerse/iwf-bericht-103.html oder
      https://www.zeit.de/wirtschaft/2017-06/oecd-einkommensgefaelle-ungleichheit-gesellschaft-spaltung

      • CitizenK 22. Oktober 2019, 23:19

        Dafür müsste die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (Art. 14.1 GG) gekippt werden. Dietmar Hopp erfüllt die Erfordernis von Art. 14.2 GG, der Gebrauch seines Eigentums dient zugleich der Allgemeinheit.

        Dass extreme Ungleichheit schädlich in mehrfacher Hinsicht ist, bestreitet doch keiner. Auch in Deinen Quellen wird Begrenzung, Verminderung der Ungleichheit gefordert, durch Vermögen- und Erbschaftsteuern. Voll einverstanden. Aber gar nicht so leicht zu verwirklichen. Ich habe mit Jugendlichen aus nicht-privilegierten Verhältnissen gearbeitet, die jegliche Erbschaftsteuer ablehnten. Obwohl sie nicht betroffen wären und davon nur profitieren würden. Nur zum Teil geht diese Einstellung auf Propaganda und Indoktrination zurück. Die Überzeugung sitzt tief, dass man nicht wegnehmen darf, was einem „gehört“. Und damit sind wir wieder doch wieder beim Ethik-Seminar.

        • Rauschi 23. Oktober 2019, 09:47

          Dafür müsste die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (Art. 14.1 GG) gekippt werden.
          Nein, wieso denn? Ich habe noch nie gehört, das der Paragraph der Vermögen- oder Erbschaftsteuer entgegen steht.

          Weil einer dem 2ten Paragraphen nachkommt, gilt das ja offensichltich nicht für alle, sonst müsste die Debatte nicht geführt werden.

          Also „gehört“ jeden das, was er besitzt ganz allein ? Ein Unternehmer verdankt sein Vermögen nur seiner eigenen Leistung und nicht auch den anderen Mitarbeitern? Ein Vermögen in der angesprochenen Höhe kann niemand allein „verdienen“. Deswegen sehe ich nicht, was dagegen spricht, wenn es notwendig ist.
          Oder es ist nicht notwendig.
          Wie beim Klimawandel, entweder sind die Massnahmen erforderlich, egal, was das sonst noch bedeuten könnte, oder sie sind es nicht. Ein „Notwendig, wenn xy“ gibt es nicht.

          Warum gehört jemandem sein Erbe allein? Konnte der Erblasser seinen Erben aufgrund nur seiner Leistung etwas vererben?
          Nein, meist braucht man andere Menschen dazu und die Infrastruktur und die Bildungseinrichtugen und andere Lesitungen, welche die gesamten Steuerzahler bezahlt haben.
          Diese Steuer soll den Vorteil ausgleichen, den andere, die nicht das Glück des Erbens haben, nicht haben, ausgleichen.
          Niemals wird da alles oder auch nur die Hälfte weggesteuert, bei nicht privilegierten schon gar nicht, dafür sind die Freibeträge zu hoch.
          Kann man eigentlich jedem erklären, der nicht ideologisch verbogen ist. (Ala jeder ist seines Glückes Schmied)

          Und damit sind wir wieder doch wieder beim Ethik-Seminar.
          Nö, sind wir nicht, seit wann werden die Steuern nach der Zustimmung der Bevökerung erhoben?
          Einfach soweit nachdenken, was einem gehört und womit dieses Eigentum begründet wird.
          Eher ein Logikseminar, kein Ethikseminar.
          Sind die auch dafür, das Kapitalbesitz weniger besteuert wird als Arbeit? Wenn das der Massstab sein soll, dann brauchen wir wohl nicht mehr weiter zu debattieren.

          • CitizenK 23. Oktober 2019, 14:17

            Richtig: Vermögen- und Erbschaftssteuer sind sehr wohl vereinbar mit der Eigentumsgarantie. Der Konflikt beginnt bei der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Steuersätze.

            Damit die ethischen Forderungen von Dir wirksam werden, müssten sie in Gesetze gegossen werden. Dafür brauchen wir in der Demokratie Mehrheiten. Deshalb sollten wir sehr wohl weiter debattieren.

            • Rauschi 23. Oktober 2019, 15:18

              Nochmal, welche Mehrheiten fehlen denn?
              Wenn kein Partei das im Programm hat, was dann?
              Dann gibt es im Volk eine Mehrheit, die sich im parlament nicht wieder spiegelt.
              Das ist doch permanent meine Frage an den Politiklehrer, wie kommt der Wille des Volkes ins Parlament?
              Bislang kam da nur heisse Luft von der Art:
              Die Abgeordneten vertreten alle Wähler im Wahlkreis etc.
              Warum die dann aus unterschiedlichen Parteien kommen? Kein Ahnung.

              Das sind kein ethischen Forderungen, das sind Ökonomische, deswegen sind auch IWF und OECD dafür. Oder sind das neuerdings moralische/ethische Instanzen?

              Jetzt komme mir doch keiner mit Prioritäten, das ich wählen muss, was mir aus dem jeweiligen Programm wichtig ist.
              Selbst wenn ich das mache, woher wissen die Parteien hinterher, wem was wichtig war? Ich schätze, gar nicht!

              Die Umsetzung von „Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus“ fehlt total, ist keine Spur zu sehen.Da steht auch nciht, der jeweils wichtigste Punkt für die Bürger bestimmt die Politik, aber de facto kann ich nur auswählen, was mir einer vorsetzt. Das ich in Punkt A Partei A zustimme und Punkt B bei Partei B richtig finde, ist nicht vorgesehen.
              Warum sollte ich als Bürger da so eine vorgefasst Meinung haben, die in so ein Korsett passt?
              Wer hat über Hartz IV abgestimmt, so vom Volk? Stand das zur Wahl? Nee, also werden sehr wohl Dinge gemacht, die das Volk nicht will.
              Kann man für richtig halten, das sowas die vermeintlichen Experten machen. Nur muss man dann auch so ehrlich sein und nicht mehr von Demokratie faseln, das passt nicht zusammen.

    • popper 23. Oktober 2019, 08:37

      @CitizenK
      Paternalistische Spendenaktionen von gutbetuchten Gönnern sind so alt wie die Geschichte selbst. Und schon immer dienten sie politischem Kalkül und Machtanspruch. Seit jeher gab und gibt es auch Stiftungen und Wohltätigkeitsorganisationen. Armut als strukturelles geschweige denn globales Phänomen konnten sie jedoch genauso wenig lindern, wie ein flächendeckendes Sicherungssystem gewährleisten. Erst die modernen Sozialstaaten der Nachkriegszeit waren in der Lage, die sozialen Risse zu kitten und für einen breiten gesellschaftlichen Wohlstand zu sorgen.

      • Stefan Pietsch 23. Oktober 2019, 09:23

        Das ist nicht falsch und bedeutet gleichzeitig, dass der heutige Staat allzu oft versagt, wenn er mit den Mitteln des Steuer- und Sozialrechts diese sozialen Risse kitten und für einen breiten gesellschaftlichen Wohlstand sorgen soll.

        In den meisten westeuropäischen Staaten nimmt der Staat über die Hälfte des Volkseinkommens (Arbeitnehmerentgelte und Gewinneinkünfte) und verteilt sie um. Das ist eine solche Masse, dass das Ziel gleichere Lebensverhältnisse damit erreicht werden können muss. Und das gelingt ja auch, gerade in Deutschland und Skandinavien verteilt der Staat massiv die Primäreinkommen um und ebnet die Einkommensungleichheit ein.

        Dennoch sind gerade wir Deutschen mit dem großen Erfolg der Einkommensumverteilung nicht zufrieden, sondern fordern immer mehr. Da liegen für den ökonomisch interessierten Politikbeobachter zwei Schlussfolgerungen nahe, welche durch die wissenschaftliche Erkenntnisse erhärtet werden: Der Staat verteilt an den falschen Stellen, wenn gerade mal 30% der sozialen Mittel an die 20% Bedürftigsten gehen. Er ist passiv und nicht fähig, Menschen in prekären Verhältnissen zu aktivieren ihre Lebensumstände selbständig zu verbessern. Und: Die Bürger nehmen die Einkommensungleichheit als gravierender wahr als sie ist und fordern ein Maß an Gleichheit, das in einer freien Gesellschaft schlicht nicht realisierbar ist.

        • Rauschi 23. Oktober 2019, 09:50

          Die Bürger nehmen die Einkommensungleichheit als gravierender wahr als sie ist und fordern ein Maß an Gleichheit, das in einer freien Gesellschaft schlicht nicht realisierbar ist.

          Die Bürger und die Weltbank und der IWF und die OECD fordern das, nur so nebenbei.

        • Dennis 23. Oktober 2019, 11:59

          Zitate Stefan Pietsch:
          „Und das gelingt ja auch, gerade in Deutschland und Skandinavien verteilt der Staat massiv…..

          …Dennoch sind gerade wir Deutschen mit dem großen Erfolg der Einkommensumverteilung nicht zufrieden…. “

          Was Skandinavien angeht, kann man mal her gucken, zum Beispiel:

          https://www.travelbook.de/ziele/laender/world-happiness-report-das-sind-die-gluecklichsten-laender-der-erde

          Ich vermute jedoch, dass das nicht giltet, also unmöglich mit der Steuer- und Sozialpolitik bzw. mit so einem Schmuddelkram wie Umverteilung zusammenhängen kann, weil dann die Ideologie nicht passt. Da trifft es sich gut, dass bei ökonomischen Begründungen das Pippi-Langstrumpf-Prinzip prävalent ist. Wenn „weil“ nicht passt, gilt halt „trotzdem“.

          Zitat:
          „Da liegen für den ökonomisch interessierten Politikbeobachter zwei Schlussfolgerungen nahe,…..“

          Nur isses halt so, dass die angeblichen Schlussfolgerungen zuerst kommen. Anschließend wird aus der Empirie das herausgefischt, was passt.

          • Stefan Pietsch 23. Oktober 2019, 18:27

            Also irgendwie haben Sie an meinem Kommentar vorbeigeschrieben.

            Erste zentrale Aussage:
            Und das gelingt ja auch, gerade in Deutschland und Skandinavien verteilt der Staat massiv die Primäreinkommen um und ebnet die Einkommensungleichheit ein.

            Laut OECD verteilt der deutsche Staat 30% der Markteinkommen um – und damit sehr stark. Der Gini sinkt von 0,47 auf 0,33. Hat nix mit Zufriedenheit zu tun, ist einfach nur ein objektiver Fakt (falls Sie wissen, was das ist – Pippi Langstrumpf und so).
            https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/3b63e61c-en.pdf?expires=1571848236&id=id&accname=guest&checksum=018A2CE7FB854B24620EEBC8EA63EF02

            Zweite zentrale Aussage:
            Die Bürger nehmen die Einkommensungleichheit als gravierender wahr als sie ist und fordern ein Maß an Gleichheit, das in einer freien Gesellschaft schlicht nicht realisierbar ist.

            Nach einer Vergleichsstudie überschätzen die Deutschen aber extrem die Ungleichheit. Dänen und Schweizer sind weit realistischer in ihrem Urteil:

            Den Befragungsergebnissen zufolge gehen die Deutschen im Durchschnitt davon aus, dass jeder vierte Bürger hierzulande der untersten von – in diesem Vergleich – insgesamt sieben Einkommensschichten angehört. Auf dieses untere Siebtel würde damit zugleich die übliche Definition der sogenannten relativen Armut zutreffen; dies sind Einkommen von weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in der Gesellschaft. Tatsächlich fallen anstelle der vermuteten 25 Prozent jedoch nur 15,6 Prozent der Bürger in diese Einkommensklasse. (..)

            Demgegenüber gehört in der Wirklichkeit fast die Hälfte der Deutschen der Mittelschicht an, die Niehues mit einer Bandbreite von 80 bis 150 Prozent des mittleren Einkommens definiert. Den Wahrnehmungen der Bürger zufolge bewegen sich jedoch vermeintlich nur 30 Prozent in dieser Schicht. Umgekehrt wird der Anteil der Spitzeneinkommen, die oberhalb der Schwelle von 250 Prozent des gesellschaftlichen Mittelwerts liegen, stark überschätzt: Statt der tatsächlichen 3 Prozent ordnet die Öffentlichkeit etwa 8 Prozent der Bürger dieser Gruppe zu.
            https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/armut-und-reichtum/die-deutschen-ueberschaetzen-armut-und-ungleichheit-13055682.html

            Also, das nächste Mal genauer lesen, dann klappt es auch mit dem Kommentieren, Pippilotta Viktualia.

            • Rauschi 25. Oktober 2019, 13:36

              Laut OECD verteilt der deutsche Staat 30% der Markteinkommen um – und damit sehr stark. Der Gini sinkt von 0,47 auf 0,33. Hat nix mit Zufriedenheit zu tun, ist einfach nur ein objektiver Fakt
              Wenn ich die Grafik auf Seite 10 richtig lesen kann, dann sinkt der nach Umverteilung von 0,41 auf 0,28, aber es werden zwar insgesamt 30% umverteilt, das macht aber nur 11% der Markteinkommen aus.
              Ausserdem steht dort (Seite 11), das die Umverteilung seit 1999 zurück gegangen ist, in Deutschland um ca 3%.

              Wenn Sie aber wollen, das die Unterschicht merh vom Sozialbudget erhält, warum dann nicht höhere Hartz IV Sätze und Mindestrente? Das käme auf jeden Fall dort an.
              Bei allen anderen Leistunge gilt das Äquivalenzprinzip, wie Sie wohl wissen dürften:
              [In den Sozialversicherungen herrscht generell eine gruppenmäßige Äquivalenz durch die Beschränkung von Beitragspflichten und Leistungsansprüchen auf im Wesentlichen durch ihren Erwerbsstatus definierte Mitglieder sowie deren Angehörige. In der gesetzlichen Rentenversicherung gilt das Äquivalenzprinzip eingeschränkt; hier bilden die sog. persönlichen Entgeltpunkte (§ 66 SGB VI) den individuellen Faktor der Rentenformel. Dies garantiert, dass die Höhe der Rente auch von der Beitragsleistung des Einzelnen abhängt.
              Beurteilung: Angesichts der wohlfahrtsstaatlichen Zielsetzung, auch bei niedrigen Erwerbseinkommen zu einer ausreichenden Altersversorgung zu kommen, wird dieser Tatbestand kritisiert, weil eine Umverteilung von den hohen zu den sehr niedrigen Renten möglich sein müsste. Dies geschieht auch, z.B. durch die Rente nach Mindesteinkommen und durch andere Formen „versicherungsfremder Leistungen” sowie außerhalb der Rentenversicherung durch die „Grundsicherung im Alter“.
              In der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung stellen die einheitlichen Ansprüche aller Mitglieder auf Sachleistungen sowie die beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen Abweichungen vom Äquivalenzprinzip dar.]
              https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/aequivalenzprinzip-29478

        • CitizenK 23. Oktober 2019, 14:37

          „wenn gerade mal 30% der sozialen Mittel an die 20% Bedürftigsten gehen“

          Dann müssten doch bei der zu Unrecht begünstigten (Mittel-) Schicht noch Mittel für „die Bedürftigsten“ frei sein. Also bei der Gruppe, für die Sie vor allem Steuersenkungen fordern. Und die, wie Sie selbst sagen, das eigentlich gar nicht brauchen.

          Ein Beispiel: Für Zierfelgen und Sound-Auspuffanlagen (damit sie richtig „röhren“) für Sportwagen und Motorräder werden Millionen ausgegeben. Wäre es also so schlimm, wenn Porschefahrer (Q8, 7er, S-Klasse wie die Schlitten alle heißen), zugunsten der „Bedürftigsten“ auf diesen Schnickschnack verzichten müssten? Nur mal so, anekdotisch.

          • Stefan Pietsch 23. Oktober 2019, 18:34

            Also, ich habe nichts dagegen diese Sounddinger zu verbieten. 🙂 Es sind aber doch weniger die Begüterten, die solche Dinger einbauen lassen. Wenn Sie denen ans Leder wollen – meinen Segen haben Sie.

            Zweitens weiß ich nicht, wann ich zuletzt Steuersenkungen gefordert hätte. Daran können Sie erkennen, wie ausgleichend ich bin, Leute wie Ralf und sogar Stefan haben in den letzten 12 Monaten Steuererhöhungen im Dutzend gefordert. Damit dürfte klar sein, wo die Extremisten im Blog sind, oder? 🙂

            Drittens macht die Koalition mit der so sozialen SPD weiter, wo sie nie aufgehört haben: Rente mit 63 wie die Mindestrente („Respektrente“) begünstigen vor allem den Mittelbau. Die sozialen Sozialdemokraten wollen davon nicht lassen und fragen sich danach und vor Wahlen immer, warum eigentlich die unteren 20% stets zu kurz kommen. Vielleicht, weil sie solche Interessenvertreter wie SPD, Grüne und LINKE haben?

            • Stefan Sasse 23. Oktober 2019, 22:20

              Typisch, immer fordert der Stefan nur Verbote statt den Leuten die Freiheit zu lassen, vor seinem Haus nachts den Motor aufröhren zu lassen. 😛

      • CitizenK 23. Oktober 2019, 15:25

        Richtig. Die Antike war die Zeit der Mäzene.

        Den Paternalismus würde ich trotzdem noch nicht ganz in die Tonne treten. Es gibt die „patriarchalischen“ Unternehmer, die auf Gewinne verzichten, um ihre Leute zu halten.

        Das größere Problem sind die von Analysten gehetzten Manager, die es mit den sog. „Finanzinvestoren“ zu tun haben. Da zählt dann jedes Zehntel an Rendite. Und VWL-Professoren, die behaupten, dadurch würden die Ressourcen in die besten Verwendungen gelenkt.

        • popper 23. Oktober 2019, 18:10

          Es gibt die „patriarchalischen“ Unternehmer, die auf Gewinne verzichten, um ihre Leute zu halten.

          Zugegeben, nur bewegen sich diese in einer Preisklasse, die weit von der finanziellen und politischen Macht eines Gates, Zuckerberg, Bono & Co entfernt ist. Und schaut man sich deren Initiativen genauer an, kommt man doch sehr ins Grübeln. Hier wird Solidarität mit Hungernden vorgeschoben, hinter der gewaltige finanzielle und politische Interessen und Einflussnahmen stehen. Von, der mit Bill und Melinda Gates 2002 die Organisation „Debt, AIDS, Trade in Africa“ (DATA), die sich für Schuldenerlass, Freihandel und die Bekämpfung von AIDS in Afrika einsetzt. Durch die Veröffentlichung der Paradise Papers bekam dieses Bild doch starke Risse. Die Superreichen sind Nutznießer eines politischen Systems, das immer freundlichere Rahmenbedingungen für sie schafft – auf Kosten der Gesellschaft. Und wenn man dann sieht, dass ihre Wohltaten Augenwischerei sind, um ihr Image aufzupolieren, dann verblasst der Glanz unter ihrer Scheinheiligkeit.

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