Bohrleute 7: Kommt doch noch die Große Koalition?

Am Tag nach der Bundestagswahl analysieren Stefan und Marcel das Wahlergebnis. Diese Folge hat der Natur der Sache nach eine geringere Halbwertszeit als sonst, denn die Lage ist volatil. Die Gründe dafür debattieren wir auch ausführlich im Podcast. Über Wählendenwanderungen zu regionalen Faktoren zu strukturellen und historischen Determinanten streifen wir so ziemlich alles, was es zu streifen gibt.

Da darf natürlich auch die Koalitionsfrage nicht zu kurz kommen. Während alle Zeichen auf Ampel zu stehen scheinen, sollte man auch eine Neuauflage der Großen Koalition unter veränderten Vorzeichen nicht zu vorschnell als unwahrscheinlich abschreiben. Es gibt fünf Koalitionsoptionen, und auszuschließen ist keine. Die Gründe dafür: im Podcast!

Shownotes:

~
~
{ 75 comments… add one }
  • Hias 28. September 2021, 01:04

    Danke für die interessante Folge. Ja, sind spannende Zeiten.

    1.) Jamaika
    Halte ich aktuell sogar noch für die wahrscheinlichste Option, solange Laschet es schafft, die Union intern stillzuhalten, einfach weil die Union inhaltlich ein leeres Blatt ist und es jetzt um Posten geht. Das will sich vorerst keiner versauen.
    Absurderweise wäre aber Jamaika mMn auch ein weiterer Tiefschlag für die Union. Laschet kann zwar alles zusagen, aber welchen Erfolg will er aus den Koalitionsverhandlungen mitnehmen? Was kann er tatsächlich als Erfolg verkaufen? Dass er Kanzler wird? Das wollen so wenige Wählende, dass es gar nicht als Erfolg erschiene. Digitalisierung, Entlastung der Wirtschaft, Klimawandel, bei all diesen Punkten würden nur die Koalitionspartner gewinnen. Mag sein, dass Laschet es über die Zeit schafft anerkannt zu werden, aber leider muss die Union bis zum nächsten Sommer drei(!) Landesregierungen verteidigen, u.a. NRW. Und da wäre Jamaika in meinen Augen eher eine Hypothek.

    2.) Profilierung der Union
    Naja, es gibt zwei Arten, wie man als Partei erfolgreich ist. Entweder über die Person(en) an der Spitze oder über die Programmatik. Leider gilt momentan für die Union weder das eine noch das andere: Laschet war als Kandidat eine Katastrophe und es ist ihm nicht gelungen politische Statements zu setzen, außer halt „Linksrutsch verhindern“. Faszinierend finde ich, dass nicht mal die alte Kernkompetenzen der Union, nämlich Steuern (war Laschet jetzt für Steuersenkungen?) und innere Sicherheit (wurde das überhaupt mal angesprochen?) eine größere Rolle gespielt haben.
    Ja, Laschet kann versuchen, sich über die Regierung zu profilieren. Aber seine unterirdischen Beliebtheitswerte und seine Fähigkeiten zielsicher Fettnäpfchen anzusteuern, zusammen mit einer programmatisch vollkommen ausgelaugten Partei machen das zu einem ziemlich gewagten Versuch und wenn es schiefgeht, fällt die Union mMn eher unter die 20-Prozent-Hürde und auf dem Weg dahin verliert sie wohl bis auf Sachsen und Bayern alle Länder.

    3.) Koalitionsmöglichkeiten
    Ja, da ist noch viel möglich, aber irgendwie fühlen sich alle Optionen bis auf Jamaika und die Ampel eher so an wie R2G: Man kann damit drohen, es bestünde auch die Möglichkeit aber so richtig will es keiner und es erscheint auch nicht realistisch.
    Und ein wichtiger Punkt, den ich aber momentan nicht einschätzen kann, ist auch noch die innere Verfasstheit der Union. Die CDU kann traditionell ziemlich gnadenlos mit ihrem Führungspersonal sein, wenn es zu schwach ist und die Frage ist, schafft es Laschet überhaupt seine Partei in eine mögliche Koalition zu ziehen. Heute wurden schon Stimmen laut, dass er das Tafelsilber nicht verscherbeln darf, aber was meint man damit genau? Und welches Gremium stimmt dann über eine mögliche Koalition ab? Die Fraktion oder der Parteivorstand? Und wie bindet man den Störenfried Söder ein? Das waren ja alles schon Probleme bei der Kanzlerkandidatenkür und ich sehe nicht, dass man diese jetzt gelöst hätte. Da könnten die potentiellen Koalitionspartner auch auf die Idee kommen, dass Laschet nicht die Union hinter sich hat und die CDU/CSU damit als Koalitionspartner ausfällt. Aber ob das kommt, da hängt jetzt viel davon ab, wie es in den nächsten Tagen weitergeht.

    4.) AfD
    Nur ein kleiner Hinweis: Die AfD hat ihre starke Verankerung in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Schon in Brandenburg und MV spielt sie nicht mehr die große Rolle. In beiden Ländern konnte sie bspw. für die BTW kein Direktmandat erringen, in MV für den Landtag nur ein Direktmandat. Und sie ist in den beiden Ländern auch weit davon entfernt stärkste Kraft zu werden, während das in den drei südlicheren neuen Ländern durchaus möglich ist. Sie ist also eher südostdeutsche Regionalpartei als ostdeutsche Regionalpartei wie die LINKE zu ihren besten Zeiten.
    Im Gegensatz dazu greift sie aber stärker in den Westen aus als eben die LINKE. In Bayern ist sie z.B. an der Grenze zu Tschechien ziemlich stark, im nördlichen BaWü und östlichen Hessen ebenfalls mit jeweils teilweise deutlich über 10% Erststimmenanteile. Die hat sich also schon quer durch die Republik eine Basis geschaffen. Und da spielt eben die Union auch rein. Ich sehe da tatsächlich nur die Chance, dass man durch eine stärkere Profilierung der Union, insbesondere bei der inneren Sicherheit, hier die AfD zurückdrängen kann. Und damit meine ich nicht die völlig überzogene Maaßen-Schiene, die war tatsächlich ziemlich dämlich, er hat ja versucht AfD-iger als die AfD zu sein. Aber die Union müsste den Menschen glaubwürdig rüberbringen können, dass sie deren Sorgen bezüglich innerer Sicherheit und Migration ernst nimmt und da eine Lösung suchen will. Da geht es nicht darum die AfD rechts zu überholen, sondern den Leuten glaubwürdig vermitteln zu können, dass man ihre Probleme ernst nimmt und sich darum kümmern wird. Nur ist das halt in einer Jamaika-Koalition mit den Grünen mMn eher nicht so überzeugend.
    Und ich hab einfach auch Bauchschmerzen mit einer AfD, die trotz innerer Querelen immer noch so stabile Ergebnisse holt. Man hat halt jetzt auch gesehen, wie schnell man mit den richtigen Personen deutlich mehr Stimmen holen kann.

    5.) SPD
    Ja, der Hauptgrund für das SPD-Ergebnis ist Olaf Scholz, ich denke aber auch, dass das Wahlprogramm erstaunlicherweise, obwohl deutlich linker als der Kandidat, erst mit ihm zusammen den durchschlagenden Effekt gebracht hat. Da hat man ihm ja anfangs vorgeworfen, dass die Linke ihm da ein Programm aufgedrückt hat, das nicht zu ihm passt. Ich hatte aber eher das Gefühl, dass erst durch die Person Scholz und dass er halt nicht der „linke Spinner“ ist wie Esken, Kühnert und Co Forderungen wie 12 Euro Mindestlohn oder die Vermögenssteuer für viele überhaupt erst als realitätsnah anerkannt wurden.
    Und ja, wenn er die Karten richtig spielt, dann sehe ich da auch eine Chance, dass die Ampel ein Projekt über 8-12 Jahre werden könnte, die der SPD zusätzlich die Möglichkeit bieten würde sich mittelfristig wieder in ihren Kernthemen (v.a. Sozialpolitik) zu profilieren. Dazu müssten die beiden aber erstmal die schwierigere Ampel als bessere Lösung akzeptieren.

    Ich gebe Dir bei der Zeitschiene Recht, ich sehe das Ergebnis auch schon Ende November kommen. Jamaika muss schnell auf den Weg gebracht werden, ansonsten gehen Laschet die Argumente aus und es droht ne Palastrevolution innerhalb der CDU. Und FDP und Grüne, da bin ich mir sicher, haben schon längst erste Punkte ausgelotet.

    • Marcel Weiß 28. September 2021, 09:19

      „Da geht es nicht darum die AfD rechts zu überholen, sondern den Leuten glaubwürdig vermitteln zu können, dass man ihre Probleme ernst nimmt und sich darum kümmern wird.“

      Naja, genau das hat die Union, und auch die SPD!, versucht, als die AfD Medien und Parteien beim Flüchtlingsthema vor sich her getrieben hat. Es hat der AfD nachweislich bei diesem, ihrem Kernthema, nicht geschadet.

      Wie ich im Podcast sagte: Die meisten Wählenden der AfD werden von Ressentiments getrieben. Diese Ressentiments verschwinden nicht einfach durch „vernünftige Lösungen“.

      Wie man zum Beispiel an der massiven Verschärfung des Asylrechts sehen konnte. (siehe u.a. https://www.tagesschau.de/bilanz-fluechtlingspolitik-verschaerfung-101.html )

      • Dennis 28. September 2021, 10:40

        Nun ja, bei dieser Wahl muss es aber logischerweise netto eine Wanderschaft weg von der AfD gegeben haben, gab es natürlich auch. Wo ging der relativ größte Batzen hin? Zur SPD. Peinlich, aber wahr, könnte man/frau sagen, aber vielleicht doch nicht so peinlich, denn der Maßstab von weltanschaulich gefestigten Angehörigen der politischen Klasse ist da draußen womöglich nicht der immer richtige.

        • Stefan Sasse 28. September 2021, 12:31

          Es gab Leute, die von der AfD zu den Grünen gewechselt haben. Mehrere Zehntausend sogar. Da bin ich einfach blank, was die antreibt.

          • Ariane 29. September 2021, 17:12

            Schön auch, die einzigen Zuwächse der Union waren sowohl von der Afd als auch der LINKEn (glaub einige würfeln da wirklich^^)

      • Stefan Sasse 28. September 2021, 12:24

        Exakt. Hat noch nie funktioniert, wird nie funktionieren.

        • Stefan Pietsch 28. September 2021, 13:01

          Fehlt nur noch eine Strategie, wie die Anteile der AfD deutlich reduziert werden können. Denn Fakt ist, im Osten sind kaum noch „normale“ Koalitionen möglich. Bisher habe ich nur gehört: Ignorieren.

          So richtig scheint das auch nicht zu funktionieren. Wer die Wahlanalysen aufmerksam verfolgt hat (ich tue das immer), der weiß, dass die Wählerschaft der AfD sich verhärtet. Verhärtet in dem Sinne, dass ihre Anhänger nicht einfach mehr Protest wählen, sondern der Partei Kompetenzen zumessen. Da hat sich längst eine Stammwählerschaft herausgebildet, die anders als bei der LINKEN nicht einfach wegstirbt.

          Wo ist der demokratische Ansatz? Ich sehe ihn nicht. Brandmauern scheinen nicht zu funktionieren. In Österreich sind die Rechtspopulisten so zu Regierungspartnern und, ja, führende Regierungspartei geworden. Und so wird in Frankreich eine Rechtspopulistin zur veritablen Präsidentschaftskandidatin.

          Rechtspopulisten für tumb zu halten, die man einfach ausschließen könne, war in der Geschichte selten erfolgreich. Schlimmstenfalls übernehmen sie irgendwann die Regierung.

          Populismus hat einen Kern, einen Grund, und der ist, wie das in der Demokratie so ist, immer berechtigt. Auch hier würde es sich empfehlen, den Leuten im Osten zuzuhören, warum sie denn AfD wählen. Oder wollen wir doch die Mauer wieder?

          • Stefan Sasse 28. September 2021, 14:27

            Integrieren kannst du sie nicht. Gerade Österreich zeigt, wohin das führt. Was mache ich denn, wenn ich Rechtsextremisten zugehört habe? Was kann ich da noch lernen, was ich nicht schon weiß? Das ist die Frage, die ich stelle.

            • Stefan Pietsch 28. September 2021, 15:28

              Wieso nicht? Bei Migranten stellst Du so eine Behauptung nie auf, obwohl ersichtlich ist, dass ein Teil nicht in die westlichen Gesellschaften integrierbar ist. Aber da geht es ja „nur“ um kulturelle Unterschiede, sonst um politische.

              Österreich wurde zweimal von einer ÖVP / FPÖ-Koalition regiert. Es waren nicht die schlechtesten Jahre des Landes. Und hier waren die meisten Jahre unter einer SPD-Regierung gesellschaftspolitisch sehr aufwühlend und nicht allerhöchste Regierungskunst.

              In Deutschland sind nicht 11 Prozent der Bevölkerung rechtsextrem. Und nicht bis ein Drittel der Ostdeutschen sind Rechtsextremisten. Und wenn sie es wären, wäre es kein Grund, sich nicht um sie zu kümmern. Darum geht es nämlich in einer Demokratie.

              Die AfD ist in Ostdeutschland in Teilen stärkste politische Kraft geworden, weil Parteien wie die CDU sie vernachlässigt haben. In diesem Wahlkampf wurde die AfD gewählt, weil ihr Kompetenz in Sicherheitsfragen zugebilligt wurde. Welche andere Partei hat sich in diesem Bundestagswahlkampf um eines der Kernthemen des Staates, der Gewährung von Sicherheit, gekümmert? Lieber versuchen wir ja das Gendern im öffentlichen Sprachraum durchzudrücken.

              SPD und Grüne haben, nicht zuletzt auf Druck der Linkspartei, sämtliche Kernpunkte der Arbeitsmarktreformen von 2005 abgeräumt. Druck von einer Partei, die in der Nachfolge der SED-Diktatur steht. Das war für Dich überhaupt kein Problem, man muss ja den Leuten zuhören. Setzt sich Rot-Grün durch, stehen wir bei der arbeitsmarktpolitischen Rechtslage noch vor dem Jahr 1998.

              Eine Woche vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt verkündete die bundesweite Spitzenkandidatin der Grünen, man müsse Autofahren deutlich verteuern und den Verbrennungsmotor abschaffen. Die Politikerin hatte von den Lebensverhältnissen in dem Bundesland, wo kurz danach Wahlen stattfanden, offensichtlich überhaupt keine Ahnung. Das Ergebnis war eindeutig: ihre Partei sackte auf den letzten Platz, zweiter wurde die AfD. Übrigens eine Politikerin, die selbst von dem Wahlkreis, in dem sie kandidierte geographisch ziemlich wenig wusste. So skizziert man politische Abgehobenheit.

              Nochmal: ich habe mir die Wahlanalysen am Sonntag genau angesehen. Toll war, dass die ARD an einer Stelle die Themen in Berlin denen in Mecklenburg-Vorpommern gegenüberstellte. Während sich die Berliner um Mieten und Verkehr grämen, sind es einige Kilometer weiter Arbeitsplätze und Soziales. Die Union läuft jedoch lieber den Grünen nach, statt sich mit ihren Kernkompetenzen zu befassen. Das ist das Ergebnis von 16 Jahren Merkel-Regierung, die Ziele anstrebte (mehr Stimmen bei Frauen und in den Städten, gesellschaftspolitische „Modernisierung“), wo sie nicht interessierte, ob diese für ihre bisherigen Wähler von Belang sind. Und dann nominiert man mit Laschet einen Politiker, der am wenigsten in Ostdeutschland vermittelbar ist. So viel Ignoranz war selten.

              Was machen Menschen, wenn sie ignoriert werden? Was würdest Du machen, wenn Du ignoriert würdest? Deine Logik auf AfD-Anhänger aufgesetzt, würdest Du sofort beginnen, Dein Leben und Deine Einstellungen zu ändern. Doch so ist es nicht.

              Wenn ein gewichtiger Teil der demokratischen Gesellschaft ignoriert wird, schrumpft sie nicht. Sie wächst. In Demokratien ist das fatal, sie ändern sich bis zu einem Punkt, wo sie nicht mehr von mittigen Parteien (allein) regiert werden können. In Frankreich, immerhin mit das wichtigste EU-Land, gibt es zwei tragende Parteien: Eine linksliberale Wahlplattform und die Rechtspopulisten. Italien, dem Land, dem unsere „Rettungspakete“ gelten, lässt sich seit Jahren nur noch mit Unterstützung von Populisten regieren. In Südamerika gibt es fast nur noch populistische Regierungen und man fragt sich, welche eigentlich schlimmer ist.

              Leider begreifen viele in der Mitte der ach so aufgeklärten gegenderten Bourgeoisie nicht, dass Populisten der Eiter der demokratischen Gesellschaft sind. Eiter entsteht aber nicht aus dem Nichts. Seine Ursache sind Wunden und Fehlentwicklungen.

              Also sollte man den Menschen zuhören und sie nicht ignorieren.

      • Hias 28. September 2021, 18:13

        Einen bestimmten Prozentsatz wird man nie kriegen, da gebe ich Dir Recht, aber für viele ist das halt auch eine Protestwahl, genauso wie früher bei der LINKEN.

        Diese Verschärfung des Asylrechts erinnert mich irgendwie an den Versuch der SPD, die Agenda 2010 schrittweise zu entschärfen. Viel Kleinklein ohne klare Richtung oder Idee was man eigentlich will. Das verkompliziert alles ohne dass es interessant ist für die Wählenden.

        • Stefan Sasse 28. September 2021, 18:29

          Jein, es schließt die eigene Flanke.

          • Hias 28. September 2021, 20:05

            Naja, aber auch nur kurz und nur für die eigenen Leute. Wenn man es erst groß erklären muss, funktioniert es nicht!

            • Stefan Sasse 29. September 2021, 08:26

              Richtig, aber wie gesagt, die CDU spielte ja Verteidigung.

      • Erwin Gabriel 1. Oktober 2021, 18:29

        @ Marcel Weiß 28. September 2021, 09:19

        [„Da geht es nicht darum die AfD rechts zu überholen, sondern den Leuten glaubwürdig vermitteln zu können, dass man ihre Probleme ernst nimmt und sich darum kümmern wird.“]

        Naja, genau das hat die Union, und auch die SPD!, versucht, als die AfD Medien und Parteien beim Flüchtlingsthema vor sich her getrieben hat.

        Nein, genau das haben SPD und Union nicht getan, gleich zweimal nicht beim Flüchtlingsthema. Sie haben alle, die sich gegen die Eindämmung des Flüchtlingsstroms ausgesprochen haben, mit Unterstützung der Medien zu Rechten und Nazis erklärt. Sie haben jede Erklärung für die 180°-Wende ihrer Politik vermieden, keine vernünftigen Erklärungen und Konzepte geliefert, Wählerbeschimpfung betrieben, während (gerade bei der Union) die Ortsverbände Sturm liefen gegen diese Politik. Das hat viele in die Arme der AfD getrieben.

        Dann hat man die Politik der offenen Türen, des unbeschränkten Bleibens nach und nach geschlossen. Aber nicht, um zuzugeben, dass man einen Fehler gemacht hat, sondern leise, g’schamt, so dass es die für Flüchtlinge offenen Wähler nicht mitbekommen.

        Mit so einem Verhalten holt man Wähler nicht zurück.

        Die Regierung hatte damals keinen Plan, obwohl sie einen hätte haben müssen. Sie tat überrascht, obwohl schon seit Beginn des arabischen Frühlings das Risiko solch einer Flüchtlingsbewegung bekannt war>/s> hätte bekannt sein müssen. Man hat die UN durch praktisch Null Unterstützung ins Messer laufen lassen und durch absolut amateurhaftes Verhalten die Flüchtlingsströme noch angefacht, hat die Regierungen der umliegenden Länder bereits im Vorfeld erzürnt, nun auch noch beschimpft, war erschreckend handlungsunfähig, und ist es jetzt, sechs Jahr später, noch immer. Auch für die Probleme, die durch den enormen Zuzug in kürzester Zeit entstanden, gibt es immer noch keine Lösungsansätze.

        Wie ich im Podcast sagte: Die meisten Wählenden der AfD werden von Ressentiments getrieben. Diese Ressentiments verschwinden nicht einfach durch „vernünftige Lösungen“.

        Ich kenne einige wenige AfD-Wähler, war selbst mal einer (noch zu Zeiten von Parteichef Bernd Lucke). Ich habe viele Ressentiments, die durch die Politik der Frau Merkel ausgelöst wurden, habe den größten Teil meines Vertrauens in den Staat, in die Regierung oder unsere Medien verloren.

        Ich weiß nicht, ob meine „Ressentiments“ durch „vernünftige Lösungen“ verschwinden werden; ich habe die letzten zehn Jahre keine vernünftigen Lösungen gesehen. Den Respekt für Union, SPD, „Qualitätsmedien“ und den öffentlich-rechtlichem Rundfunk verloren habe, kommt jedenfalls nicht dadurch wieder, dass die Betreffenden so tun, als wäre nichts gewesen. Und Personal wie Peter Altmaier, Helge Braun, Jens Spahn, Andi Scheuer, Olaf Scholz, Saskia Eskens & Co. machen es nun wirklich nicht besser.

    • Stefan Sasse 28. September 2021, 12:19

      1) Wen interessiert, was die Wählenden wollen? Keine Sau wollte 2005 Angela Merkel als Kanzlerin. Sie verlässt das Amt mit den größten Zustimmungsraten ever. Wir wählen Parteien, keine Kanzler, und das wird bei dieser Wahl deutlicher denn je.

      2) Wie gesagt, „Linksrutsch verhindern“ war ein defensiver Verzweiflungszug, um die Basis zu mobilisieren. Im Endeffekt fuhr die CDU erfolgreicher die Strategie, die die Grünen hätten fahren müssen, als ihnen die Felle davonschwammen. Was einmal sehr zeigt, wie grottig der grüne Wahlkampf war…

      3) Söder scheint mir kein Störenfried zu sein. Wenn eine Jamaika-Koalition möglich ist, scheitert die mit Sicherheit nicht an der CSU. Generell: die Union will an der Regierung bleiben. Die wissen, wie gefährlich die Opposition ist.

      4) Letzthin eine sehr gute Definition für die Kerngebiete der AfD gelesen: das MDR-Sendegebiet. – Ich halte generell wenig von der Idee, eine „Profilierung“ der CDU könnte die AfD zurückdrängen.

      5) Völlig korrekt, was Scol und das Programm angeht. Und ebenfalls Zustimmung zur Ampelprognose.

      • Hias 28. September 2021, 17:15

        1.) Prinzipiell ja, nur wenn die Partei halt ein Kanzlerwahlverein ist. Und bei der Union war alles darauf ausgelegt, dass Laschet Kanzler werden soll, das war das ganze Programm. Nur blöd, dass er in Sachen Zustimmungswerten deutlich(!!) hinter denen von Merkel 2005 zurückliegt!

        2.) Klar, Linksrutsch verhindern ist das letzte Aufgebot. Aber das war alles nicht mehr als nur den Dammbruch verhindern. Damit konnte die Union sich kurzfristig stabilisieren, aber sie wird dann erklären müssen, warum Jamaika nicht derselbe Linksrutsch wie die Ampel ist, v.a. wenn man selber keine konservativen Punkte machen kann (ich seh zumindest stand jetzt keine).

        3.) Unterschätze nie die Fähigkeit von Söder als Störenfried! Und aktuell ist er ja auch nur einer. Die ganze Union ist momentan ein Minenfeld!
        Und zum Thema Opposition oder Regierung: Die SPD ist 2005 personell und programmatisch ausgezehrt in die erste GroKo gegangen und hat dann 2009 ein Drittel der Stimmen verloren! Das ist der Punkt auf den die Union schauen sollte! Schlimmer ist Opposition auch nicht (vgl. mal die BT-Wahl 2013!).

        4.) Man sollte Unterscheiden zwischen „Profilierung“ und „Rechts überholen“. Vielleicht als Gegenbeispiel die SPD jetzt. Die konnte die LINKE auch nicht links überholen (siehe 12 vs 13 Euro Mindestlohn). Aber dennoch war das Angebot der SPD wohl so gut, dass über 800.000 der 4,2 Mio. Wählende der Linkspartei zur SPD abgewandert sind! Aber das geht nur, wenn man sich wieder ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzt und eine sinnvolle und nachvollziehbare Lösung anbietet.

        • Stefan Sasse 28. September 2021, 18:27

          1) Tut er nicht. Seine Zustimmungswerte sind 2% besser als die Merkels nach der Bundestagswahl 2005. Absurd, aber ist so.

          2) Einen Scheiß müssen die erklären. Das ist ja das Absurde. Jeder wusste, dass das Bullshit war, aber man hat einfach so getan als ob nicht.

          3) Ich unterschätze ihn keinesfalls, nur: aktuell (!) ist er keiner. Und die Gefahr für die Union ist der Richtungsstreit. In der Regierung wäre der Laden diszipinliert; in der Opposition nicht.

          4) Good point.

          • Hias 28. September 2021, 20:03

            1.) Hast Du da Zahlen? Ich hab das hier gefunden: https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=efefbdcc-0da2-7d90-b5d6-323c6f7b8c16&groupId=252038

            Und danach ist Merkel deutlich besser als Laschet, der nur zu seinen „besten Zeiten“ Ende Juni an Merkels Tiefpunkt rankommt:
            https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-2653.html

            2.) Doch muss er. „Linksrutsch verhindern“ ist für die Unionsanhänger dasselbe wie „staatsbürgerliche Verantwortung“ übernehmen für die Sozis. Ein Signal, jetzt kurz zusammenzuhalten. Damit hat man jetzt mal kurz die Leute zusammengehalten, aber das war es dann auch. Ja, die Funktionäre gehen mit, die kriegen ja die Posten, aber die Basis in den Kreis- und Ortsverbänden, die sich von ihm eh schon übergangen fühlt, die muss er jetzt überzeugen.

            3.) Söder will der nächste Kanzlerkandidat werden und er muss bis dahin endlich mal eine Wahl gewinnen (die Europawahl zählt nur so semi, da der Spitzenkandidat ein Niederbayer gewesen ist). Wenn Laschet Kanzler wird, wird es auch keine Kanzlerkandidatur Söder 2025 geben. Alternativ könnte er auch versuchen, Laschet jetzt auszubooten und sich für eine Jamaika Koalition zur Verfügung zu stellen (auf Vorschlag der CDU natürlich, wie heute bspw. auch schon kolpotiert). Und genau das macht ihn jetzt so gefährlich für Laschet.
            Ja, die CDU ist deutlich disziplinierter in der Regierung, aber auch nur dann wenn Kanzler und/oder Parteivorsitzender erfolgreich ist. Wenn er das nicht ist, ist die Partei gnadenlos selbst gegenüber Idolen wie Ludwig Erhard. Und Laschet hat den großen Fehler gemacht, nicht dem Beispiel Kohl und Merkels zu folgen: immer erst die ungestümen Bayern vorlassen, erst wenn die sich eine blutige Nase geholt haben, ist der Weg zur Kanzlerschaft frei 😉

            • Kirkd 28. September 2021, 23:14

              Kohl hat vor Strauss als Kanzlerkandidat kandidiert – erfolglos. Er kam schliesslich durch konstruktives Misstrauensvotum an die Macht, nicht durch eine Wahl.

              • Hias 29. September 2021, 00:39

                Ja, aber er hätte als Oppositionsführer 1980 nochmal kandidieren können. Stattdessen hat er Strauß, der ihn mehrmals heftig angegangen war (Aufkündigung Fraktionsgemeinschaft, Wienerwalt-Rede, etc.) den Vortritt gelassen. Und dieser holte sich eine blutige Nase und hielt sich von da an eher zurück.

                • Stefan Sasse 29. September 2021, 08:25

                  Faszinierend übrigens, was damals als Niederlage halt 😀 Wenn man sich anschaut, was Strauß an Prozenten geholt hat…

              • Stefan Sasse 29. September 2021, 08:24

                1) Eine Kanzlerwahl ist auch das konstruktive Misstrauensvotum. Mehrheit ist Mehrheit.
                2) Kohl rief Neuwahlen aus und gewann sie 1983 spielend, kann sich also durchaus mit Recht auf ein demokratisches Mandat berufen.
                3) So oder so hing es davon ab, mit wem die FDP koaliert. Hätten sie bis 1984 gewartet und die FDP dann die Seiten gewechselt, wäre Kohl auch Kanzler geworden.

            • Stefan Sasse 29. September 2021, 08:16

              1) Nicht gespeichert. Ich hatte einen approval rating Vergleich gesehen.

              2) Ja, offensichtlich muss er nicht. Diese kognitive Dissonanz war von Anfang an eingepreist.

              3) Stimmt schon. Nur darf Söder halt auch nicht wirken, als wäre er derjenige, der Laschet killt. Da es an Königsmördern nicht mangelt, spielt er gerade den loyalen Parteisoldaten. Darauf wollte ich raus.

              • Hias 30. September 2021, 23:54

                3.) Ich weiß nicht. Beim Thema Sondierungen ist es ja jetzt auch nicht so gut, wenn man die möglichen Koalitionspartner warten lässt. Und da kann Hr. Söder nicht wegen des 80. Geburtstags von Stoiber und einer Basiskonferenz? Und kaum findet man einen suboptimalen Termin, stichelt Blume zurück „wir hätten die Woche schon gekonnt“.
                Ne, Söder ist gerade dabei ganz offen Laschet und auch die CDU zu zerstören, dass selbst einem Rezo die Freudentränen kommen. Ich glaube ja, da spielt auch eine gewisse Wut über Laschets unprofessionellem Verhalten eine Rolle (Söder ist Medienprofi durch und durch und so dämliche Szenen wie Laschet wären ihm niemals passiert) aber auch der Blick auf die nächste Landtagswahl und die nächste Bundestagswahl. Und er zerstört den Laschet lieber jetzt endgültig, in der Hoffnung, dass es in drei/vier Jahren vergessen ist und er unbesorgt Kanzlerkandidat werden kann.

                • Stefan Sasse 1. Oktober 2021, 20:26

                  Ich hab keine Ahnung, was in Söder vorgeht. Aber wenn er glaubt, unbesorgt Kanzlerkandidat werden zu können, ob jetzt oder in 3, 4 Jahren, dann ist er naiv. Da kann viel passieren.

    • CitizenK 28. September 2021, 12:40

      5) Sehe ich auch so. Scholz pur (als Parteichef) hätte nicht funktioniert. Die These „der Kandidat muss zum Programm passen“ – wurde widerlegt. So entstand eine produktive Spannung. Wenn sie die halten können, leben die Totgesagten (Stefan Sasse: „mausetot“) länger.

      • Stefan Sasse 28. September 2021, 14:25

        Jepp.

      • Ariane 29. September 2021, 17:21

        Auf jeden Fall, dieser „harmonische Ausgleich“ wird mir auch immer noch unterschätzt. Von „Esken und NoWaBo werden im Keller versteckt“ über die Frage in der Elefantenrunde, ob Scholz denn jetzt auch Vorsitzender werden will.

        Wozu? Sollen alle froh sein, dass man da jetzt was gefunden hat, was funktioniert. Kann für ihn auch gut sein, dass andere jetzt für Unschönes vorgeschickt werden können, hat man jetzt für die taktischen Spielchen ja auch gesehen. Never change a winning team oder so^^

  • Hias 28. September 2021, 07:54

    Achja, vergessen.
    Zur Wählerwanderung. Ich glaube, man darf hier nicht nur auf diese Wahl und ihre Wählerwanderung schauen, sondern muss auch die vorherigen Wahlen betrachten. MMn hat die Union bereits früher, insbesondere 2017 die konservativeren Wähler verloren und nur durch die Person Merkel konnte die Union über die 30% kommen.
    Jetzt, nachdem Merkel nicht mehr angetreten ist und man es nicht geschafft hat, den Konservativen ein attraktives Angebot zu machen (und nein, weder Maaßen noch Merz waren ein attraktives Angebot) wählten nur noch die Treuesten der Treuen die Union plus einige wenige, die sich tatsächlich vor einem Linksrutsch fürchteten.

    • Dennis 28. September 2021, 09:59

      Sehr interessante Betrachtungen, sowohl im Podcast als auch von Hias.

      Ein Dreibund ist – um mit Merkel zu sprechen – „Neuland“, was in diesem Fall auch tatsächlich zutrifft. Die Grünen passen nicht zu Jamaika und die FDP nicht zur Ampel. Innerparteilich ist jeweils beides schwer zu verkaufen. In beiden Fällen müssen die jeweiligen Parteien also einen Hochsprung wagen, wobei man/frau leicht die Latte reißen kann. Verlangt jedenfalls – mal ganz ernsthaft und ohne Spaß – ein hohes Maß an Staatskunst.

      Wenn ich Union wäre, würd ich den Grünen unterderhand einen Kanzler Söder anbieten und eine grüne Bundespräsidentin für 2022 als Bonbon dazu. Söder ist grüner als Laschet, gegenüber der FDP gemäß der Uralt- CSU-Tradition kritischer und für’s Gendern und all sowas wird sich auch noch ’ne Lösung finden. Die Unionschristen können dem Wahlvolk erklären: Wir haben verstanden; euer eigentlicher Herzenskanzler kommt jetzt doch ran. Im CDU-Teil wird Laschet sodann ähnlich honorig wie weiland Erhard, Kiesinger und Barzel kaltgestellt^.

      Im Übrigen stellt sich für Union und SPD jeweils die Frage: Wenn wir der gesellschaftlichen Umstände wegen nicht mehr Volkspartei sein können indem das Volk und nicht zuletzt auch das Parteivolk dieses Traditionsmodell nicht mehr wünscht – was dann stattdessen? Mein Tip^ : Gegen den Wind den Volksparteimodus durchhalten. In der Politik ist alles zyklisch; gestern ist morgen.

      Der mit Abstand fetteste Anteil (7stellig) an der Wanderschaft weg von der Union ging zur SPD und NCHT zur FDP oder AfD. Wegen Scholz natürlich und nicht wegen des linken Programms. Der Vorgang ist also klassisch-mittig zu sehen; die Volkspartei ist noch nicht ganz tot – nur weitgehend^, meiner Meinung nach aber mit Wiederauferstehungsoption.

      Interessant auch der ausgeprägte Regionalismus am Beispiel AfD. Dergleichen gab’s allerdings schon früher. Schon zu Adenauers Zeiten waren die Städte, namentlich nördlich der Main-Linie, SPD-Hochburgen. Diese Tradition wird heutzutage vielfach auf das Konto der Grünen umgebucht ist aber grundsätzlich weiter wirksam. Und Strauß zum Beispiel hat 1980 die Wahl südlich der Mainlinie deutlich gewonnen (50 % plus x) , in NRW und anderwärts im Norden krass verloren, im Durchschnitt mttelprächtig verloren.

      • Dennis 28. September 2021, 10:20

        Und übrigens auch das noch: Der deutlich zweitstärkste Posten (nach SPD) bei der Unionsabwanderung ging zu den Grünen; dann kommt ne ganze Weile nichts und erst dann die FDP. Passt alles nicht so ganz zu der beliebten konservativen Theorie über die angebliche CDU-Zerstörerin Merkel und dass das Volk da draußen die Union weiter rechts sehen wolle.

        • Stefan Sasse 28. September 2021, 12:27

          Natürlich nicht, das war schon immer Unsinn.

        • Erwin Gabriel 3. Oktober 2021, 19:25

          @ Dennis 28. September 2021, 10:20
          Passt alles nicht so ganz zu der beliebten konservativen Theorie über die angebliche CDU-Zerstörerin Merkel und dass das Volk da draußen die Union weiter rechts sehen wolle.

          @ Stefan Sasse 28. September 2021, 12:27
          Natürlich nicht, das war schon immer Unsinn.

          Ihr Schlaumeier …

          Zu den starken Unionszeiten hatte die CDU linke Genossen wie Hans Katzer, sich eher mit Norbert Walter-Borjans als mit Olaf Scholz vertragen hätte; am rechten Spektrum saßen Leute wie Alfred Dregger, die sich mit Alexander Gauland gut verstanden haben.

          Diese Flügel hat Angela Merkel gekappt, es gibt sie in der inhaltsleeren CDU von heute nicht mehr, und die entsprechenden Wähler sind zu den Grünen oder zur AfD gewandert.

          Packt 5 % von den Grünen und 10 % der AFD zur CDU, und die kratzen wieder an ihren früheren 40 %.

          • Stefan Sasse 3. Oktober 2021, 22:06

            Klar. Pack 5% von der FDP zur SPD, 6% von den LINKEn, alles von den Grünen, bumm, stärkste Partei im Bundestag. Nur, so einfach ist es halt nicht. Diese Dynamiken sind ja viel komplexer, und viel zu universal über alle westlichen Demokratien, als dass diese monokausalen Erklärungen verfangen könnten. Die Volksparteien waren die Aberration, nicht das, was jetzt passiert.

      • Stefan Sasse 28. September 2021, 12:26

        Erstens: niemand kann einfach „Kanzler Söder“ anbieten. Das müssten die CDU-Gliederungen gemeinsam beschließen.
        Zweitens: Wie grün Söder tatsächlich ist, ist nicht wirklich klar. Das letzte, was die Grünen wollen, ist ein türkis-grünes Szenario.
        Drittens: Den BuPrä kann die CDU nicht anbieten, weil sie nicht auch nur annähernd die Stimmen in der Bundesversammlung dafür hat.

        Zustimmung zum Rest.

        • Dennis 28. September 2021, 19:19

          Na ja, das Ding mit Söder wird ja vorläufig wohl auch nicht kommen. Die hören ja nicht auf meinen Rat^.

          Das „Beschließen“ geht aber ruck zuck, wenn die Großkopferten das anschieben. Schäuble z.B. könnte leicht den Schalter umdrehen, der hat ja nichts mehr zu verlieren.

          Grünens könnten sich Jamaika-mäßig draußen im Lande besser profilieren als unter einem linken Konkurrenten SPD, meine ich. Auf Kretschmann hören! Söder-Jamaika wäre ausgewogener und etwas weniger wackelig, IMHO.

          Die Mehrheit für den/die BuPrä entsteht natürlich durch das Addieren von schwarz, grün, gelb, wobei die Union zwingend ein Summand ist. Ist bei der Kanzlerwahl ja auch nicht anders^. Die SPD würde ihren Steinmeier natürlich nie opfern. Das wäre also nur jamaikamäßig ein schmackhafter Köder für Grünens bzw. ein bargaining chip 🙂 . Da bis zur Bundesversammlung im Februar keine Landtagswahlen mehr sind, steht diesbezüglich alles fest. Jamaika hätte dort ca. 56 %, die Ampel 52. Lindner kriegt in (oder auf^) Jamaika seinen geliebten Finanzminister, wenn er bei der BuPrä (wbl.)-Wahl mitmacht. Das grüne Umweltministerium wiederum heißt zukünftig „Super-Ministerium“ und wird deutlich fetter gemacht. Der Laschet kriegt von mir das Auswärtige Amt, das dann erstmals seit 55 Jahren wieder einen Unionschristen sieht. CDU-Vorsitzender wird der Brinkhaus. So machen wir das^.

    • Stefan Sasse 28. September 2021, 12:24

      Die Union hat vor allem die Wählenden verloren, die die modernisierte Merkel-CDU gewählt haben. Die braucht sie wieder. Der AfD hinterherzurennen ist Irrsinn. Und das scheint die Partei auch zu verstehen, wenn man sich ihre aktuellen Reaktionen anschaut.

      • Hias 28. September 2021, 17:57

        Und wie will sie die Merkel-Wähler wieder kriegen? Die haben die Union gewählt, weil die Merkel für die SPD-Politik der GroKo stand. Die wählen jetzt im Zweifel Grüne oder SPD.
        Und natürlich geht es nicht darum, der AfD hinterherzurennen. Das Ziel sollte nicht sein, die AfD rechts zu überholen, sondern schlicht und einfach wieder sprechfähig zu werden im Bereich Migration und innere Sicherheit. Aktuell hört man dazu genau eins: „2015 darf sich nicht wiederholen“. Das ist alles was die Union zu ihrem einstigen Kernthema zu sagen hat!
        Das wäre wie wenn die SPD zur gesamten Sozialpolitik nur sagen würde: „Die Agenda 2010 darf sich nicht wiederholen!“

        Ernsthaft, ich sehe aus der jetzigen Situation heraus keine Möglichkeit, die Merkel-Wähler wieder zu kriegen, wenn nicht Scholz ganz massive Fehler macht.

        • Stefan Sasse 28. September 2021, 18:28

          Dass sich 2015 nicht wiederholen darf, sagt die CDU seit 2015. Ihre Politik spricht eine deutliche Sprache. Und doch hilft es nichts. Gleiches Problem hatte die SPD jahrelang. Warum sollte das plötzlich anders werden?

          • Hias 28. September 2021, 20:12

            Bei der Union? Das wird nicht so schnell anders. Aber wenn die Basis sich dazu nicht ausko**en kann, und man nicht eine klare prägnante Vorgehensweise findet, kommt aus diesem Dilemma auch nicht raus.

            • Stefan Sasse 29. September 2021, 08:26

              Exakt. Ich halte mein Popcorn auch schon bereit für die kommenden vier Jahre CDU-Infighting.

      • Ariane 29. September 2021, 17:30

        Die Union hat vor allem die Wählenden verloren, die die modernisierte Merkel-CDU gewählt haben

        Ich würde übrigens nicht mal sagen, dass sie die modernisierte Merkel-CDU gewählt haben, sondern dass sie wirklich Merkel gewählt haben (und jetzt halt Scholz, weil neue Merkel^^) Ganz typische WechselwählerInnen, die nach Sympathie gehen. Und da ist die Union ja quasi noch blanker als sowieso schon, vor allem wenn diese testosterontriefenden Machtkämpfe jetzt so weitergehen.

        • Stefan Sasse 29. September 2021, 20:22

          Ja, gut möglich. Man neigt ja dazu, den politischen Kenntnisstand der Durchschnittsdeutschen zu überschätzen.

  • Kirkd 28. September 2021, 10:32

    Ich denke auch, dass die Ampel am Wahrscheinlichsten ist. Schwarz-rot kommt nicht, schlicht aus dem Grund, weil Laschet dann eben Jamaica machen kann.

    Bei den Wählerwanderungen ist es meines Erachtens so, dass die Union 2017 die rechten Wähler verloren hat und 2021 die Wähler, die Merkel von der SPD gefischt hat. Und ja, es wird für die Union sehr schwierig werden, diese Wähler zurückzugewinnen.

    Generell werden CDU und SPD auf Bundesebene das erleben, was auf Länderebene schon jetzt so ist: 20%+ sind der Standard, 15% sind nicht mehr undenkbar und über 30% gibt es nur bei starken Perösnlichkeiten mit Amtsbonus.

    Was die Kritik an Laschet angeht, bist Du ein wenig zu weit Politikinsider. Natürlich zögert Laschet das unvermeidliche hinaus, weil der Kas noch nicht gebissen ist und er noch einen Strohhalm hat. Aber deswegen ist Kritik daran natürlich legitim und auch nicht naiv. Jemand der mit so einer Ausgangsposition so einen Wahlkampf hinlegt und alles vergeigt, den darf man schon dafür kritisieren, dass er nun beansprucht, weiter im Spiel zu bleiben.

    • Stefan Sasse 28. September 2021, 12:30

      Ich verstehe die Logik von Jamaika und Rot-Schwarz nicht. Da sind doch völlig unterschiedliche Parteien involviert.

      Die meisten Stimmen verlor die Union 2017 an die FDP. Aber ja, ein gehöriger Batzen ging auch an die AfD. Das zeigt aber auch, dass dieses einfache Narrativ von „Union verliert an AfD“ so nicht haltbar ist. Das größte Wählendenreservoir der AfD waren die vorherigen Nichtwählenden!

      Ja.

      Vielleicht. Ich halte die Kritik nur trotzdem für falsch 🙂

      • Stefan Pietsch 28. September 2021, 13:06

        Die FDP hatte sich seit 1998 auf 14,6% bei der Bundestagswahl 2009 aufgepumpt. Danach gingen für eine Wahl zahlreiche FDP-Wähler zur Union, so dass diese in zwei Jahrzehnten das beste Wahlergebnis einfuhr. Das war ganz offensichtlich eine Sondersituation. 2017 gingen diese wieder zurück.

        Das Narrativ der CDU geht genau umgekehrt, nur belegen die Zahlen, dass die FDP zahlreiche Wähler hat, die nur auf dem zweiten Bildungsweg CDU wählen (würden). Fakt ist, dass die FDP seit Westerwelles Zeiten Jungwähler attrahiert, deren Eigenschaft ist, dass sie zuvor gar nicht gewählt haben. Das können also gar keine „Leihstimmen“ von der Union sein.

        • Stefan Sasse 28. September 2021, 14:28

          Die AfD-Wanderung scheint ja auch ein Einmaleffekt zu sein.

          • Stefan Pietsch 28. September 2021, 15:00

            Die liefen seit 2012 bis so 2018. Die AfD schmerzt vor allem das Stigma der Beobachtung. Aber ich frage mich, was für ein Demokratieverständnis Du hast.

            • Stefan Sasse 28. September 2021, 18:22

              Geht der Blödsinn schon wieder los? Dein freizügiger Umgang mit dem Vorwurf des „problematischen Demokratieverständnisses“ ist einfach nur beleidigend.

              Davon abgesehen: Was meinst du mit „Stigma der Beobachtung“?

              • Stefan Pietsch 28. September 2021, 19:15

                Ich halte es für höchst problematisch, zwischen 16 (aktuelle Bundestagswahl) und 22 Prozent der Wähler vom demokratischen Diskurs auszuschließen. Mein Demokratieverständnis ist das jedenfalls nicht.

                Die AfD wird durch den Verfassungsschutz beobachtet. Für viele bürgerliche Wähler ist das das sichtbare Zeichen, dass die AfD in Teilen verfassungsfeindlich sein könnte. Anders als für Wähler des linken Spektrums ist so ein Kainsmal eine Hürde, sich für die Partei in Wahlen zu entscheiden.

                • Stefan Sasse 28. September 2021, 19:43

                  Ein Argument, das LINKE und AfD gleichsetzt, ist nicht ernstzunehmen.

                  • Stefan Pietsch 28. September 2021, 19:56

                    Stimmt. Die LINKE hat sich eine erklärte Linksextremistin an die Spitze gewählt und im Beisein des Parteivorsitzenden kann man Gewaltphantasien frönen. Ist eine andere Kategorie.

                    • CitizenK 29. September 2021, 09:45

                      Wie gefährlich die sind, zeigt das Wahlergebnis.

                    • Stefan Sasse 29. September 2021, 10:00

                      Oder dass Linksextremisten SPD-Funktionäre ermorden. Oder dass es massenhaft No-Go-Areas für Geschäftsleute gibt. Oder oder. Ich hab null Sympathie für Linksextremisten, aber man muss schon ziemlich verblendet sein, um die Gefahren gleichzusetzen.

                    • Stefan Pietsch 29. September 2021, 12:39

                      Laut dem Verfassungsschutzbericht 2020 gibt es rund 33.300 Rechtsextremisten. Dem stehen 34.300 Linksextremisten gegenüber.

                      In Teilen der gewaltorientierten linksextremistischen Szene zeigt sich eine deutliche Radikalisierung. Linksextremistische Angriffe werden zunehmend gewalttätiger, persönlicher und professioneller ausgeführt. Lange Zeit galt die Eskalation von Demonstrationen als Ausdruck des revolutionären Anspruchs der Szene. Hier zeigt sich seit einigen Jahren ein deutlicher Wechsel weg von demonstrationsbezogenen Formen hin zu Gewalttaten konspirativ agierender Kleingruppen. „Niemand darf linksextremistische Gewalt verklären“, so Haldenwang.
                      https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/verfassungsschutzbericht2020-1929306

                      Noch neigen Linke leider zu sehr zur Verharmlosung von linksextremistischer Gewalt. Vor allem will man nicht sehen, wie sehr Teile linker Parteien mit der Szene vernetzt sind, in der Lina E. nur der bekannteste Name ist. Die Vorgehensweise der linksextremistischen Gruppe: Rechte oder das, was man dafür hält, werden bis in den persönlichen Rückzugsbereich verfolgt und krankenhausreif geprügelt. Nach Ansicht von Extremismusexperten ist es reiner Zufall, dass es bisher keine Todesfälle gab. Kalkuliert wird damit.

                      Das ist organisiert. Und das vergleichen und verharmlosen Linke dann mit irren Einzeltätern, die sich radikalisiert haben.

                      Ja, die Linke (und Teile der Grünen Jugend und Junge Linke) sind vernetzt mit der linksextremistischen, gewaltbereiten Szene. So steht z.B. die LINKE-Politikerin Juliane Nagel im Zentrum der Vorwürfe zur Leipziger Gewaltszene. Und das ist ein Problem.

                      Zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren hat die Bundesanwaltschaft gegen eine mutmaßlich linksextreme Gruppe ermittelt und Anklage erhoben. Der Prozess, der seit Anfang September in Dresden verhandelt wird, gilt als ein Fall von besonderer Bedeutung.
                      https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/prozess-lina-linksextremismus-zeugen-gericht-dresden100.html

                      Gruppe ist das Wort. Gruppe heißt: or-ga-ni-siert.

                      Leipzigs Polizeipräsident Torsten Schultze teilte mit: „Polizeibeamte sind Menschen. Es ist erschreckend, wie skrupellos Personen in der Silvesternacht am Connewitzer Kreuz durch offensichtlich organisierte Angriffe schwerste Verletzungen von Menschen verursachen beziehungsweise in Kauf nehmen.“
                      https://www.welt.de/politik/deutschland/article204698220/Krawalle-in-der-Silvesternacht-Polizist-nach-Angriff-notoperiert-Linksextreme-als-Taeter-vermutet.html

                      Verblendet? Sicher. Vor allem, wenn man Zahlen und Berichte nicht mehr werten kann.

                    • Stefan Sasse 29. September 2021, 17:04

                      Das Gute ist, dass ich linksextreme Gewalt nicht verharmlose.

                    • Stefan Pietsch 29. September 2021, 20:23

                      Eigentlich bescheiden, dass Du meinst, das an dieser Stelle erwähnen zu müssen.

                      Deine These war, Rechts- und Linksextremismus auf gleicher (oder ähnlicher) Ebene zu sehen, sei verblendet. Beim Argumentieren mit Fakten steigst Du dann anscheinend aus.

  • cimourdain 29. September 2021, 09:27

    Der Postillon bietet einige weitere Optionen an, unter anderem eine Möglichkeit, SPD und CDU (aber nicht CSU) in die Opposition zu schicken sowie eine SSW-Minderheitsregierung:
    https://www.der-postillon.com/2021/09/alternative-koalitionen.html

    • Ariane 29. September 2021, 16:37

      Möchte eh bemängeln, dass der SSW-Abgeordnete (oder sie) gar nicht erwähnt wurde!

      • Stefan Sasse 29. September 2021, 17:06

        Ich nicht. Sorry, aber außer euch Nordlichtern ist das echt für niemand interessant. *Fehdehandschuh werf

        • Ariane 29. September 2021, 17:32

          Immerhin mit „Wikingerkoalition“ schon mal einen hübschen Namen gefunden. Muss allerdings auch gestehen, dass ich das mit SSW bundesweit nicht so ganz verstanden hab^^

  • Ariane 29. September 2021, 17:06

    Schöne Folge wieder, obwohl jetzt irgendwie dieses Schema durchbrochen wurde, dass ne Folge zum Wochenende kommt, wo ich diesmal vermutlich doch länger irgendwo im Stau stehe^^

    1) Obwohl Union und SPD jetzt vielleicht „vergangene“ Volksparteien sind, fand ichs doch ganz spannend, wie sehr sich das auf die beiden Parteien konzentriert hat, alle anderen hätte ich eigentlich etwas höher eingeschätzt.
    Die Grünen schon mehr auf 17-18. An 20 hab ich nie richtig geglaubt, aber ja 15% sind schon ne kleine Enttäuschung.
    Die FDP eigentlich okayes Ergebnis, BIS man bedenkt, dass der große Meltdown ja bei der Union stattfand und da finde ich es schon bemerkenswert, dass sie davon quasi gar nicht profitiert haben. Vielleicht ist die Ampel für sie sogar besonders wichtig, um sich mal aus dieser Rolle als „CDU-Anhängsel“ zu befreien. Gut möglich, dass auch deswegen viele eher zur SPD gegangen sind.
    Und ich hab zwar geunkt, war dann doch aber überrascht, dass die LINKE wirklich die 5%-Hürde reißt.

    Viel Momentum drin, weil sich alles auf den Zweikampf konzentriert hat, zeigt aber eben auch, dass diese Zersplitterung nicht zwangsläufig ist.

    2) AfD kommt mir übrigens wirklich ein bisschen vor wie damals die LINKE nach den ersten Wahlen. Im Westen auf niedrigem Niveau stabilisiert (ich glaub außer in Bremen auch überall über 5%?) aber nur durch die Ostergebnisse auf größere Höhen gehievt. Heißt eben leider auch, dass wir sie ohne erneute Spaltung nicht loswerden (oder die nächste Protestpartei).

    3) Ich denke auch, wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, riecht alles nach einer Ampel und das noch dieses Jahr^^ Das andere sind eher taktische Spielchen und theoretische Möglichkeiten oder ein Notnagel wie GroKo zb.
    Auch weil ne Ampel aktuell viel stabiler wäre als alles, was mit der Union zusammenhängt, die scheinen mir aktuell überhaupt nicht wirklich in der Verfassung für ernsthafte Verhandlungen. Reicht ja, wenn deren Sitzungen live-mitgetwittert werden. Viel Spaß Herr Lindner^^

    Ich kann mir übrigens vorstellen, dass die CDU jetzt auch etwas länger in so eine SPD-Phase rutscht und zb damit fortfährt, alle zwei Jahre ihre Führungsriege austauscht, bis sie da auch irgendwie wieder ein stabiles Machtgefüge hinbekommen. Der nächste, der gegen Merz gewinnt, hätte dann ja vermutlich noch ne kleinere Hausmacht als Laschet jetzt, drängt sich ja keiner auf. Röttgen oder Linnemann wären jetzt dem breiten Publikum auch eher unbekannt. Und dem würden dann auch alle auf der Nase rumtanzen.

    • Stefan Sasse 29. September 2021, 20:21

      Die Aktualität erzwang es.

      1) Ich war etwas optimistischer bei den Grünen, fälschlicherweise. Sonst Zustimmung.

      2) Ja, aber gerade wegen diesem „been there, done that“ sehe ich nicht, was da groß nötig sein sollte. Dass die CDU jetzt den Wanderwitz abgesägt ist auch unter aller Kanone.

      3) Jepp.

      Ich hoffe doch sehr.

      • Ariane 29. September 2021, 21:41

        Ja, aber gerade wegen diesem „been there, done that“ sehe ich nicht, was da groß nötig sein sollte. Dass die CDU jetzt den Wanderwitz abgesägt ist auch unter aller Kanone.

        Ja, das ist einfach der Prozentsatz Frustwähler, die eigentlich nur wählen, um den großtmöglichen Schaden anzurichten. Den parlamentarischen Schaden wird man nur los, wenn sich das aufsplittet.

        Im Osten ist das schon bedenklicher, eben wegen der eigenen Stärke der AfD (die da ja siehe Höcke auch rechtsextremer ist als in Hamburg) und wie mit Wanderwitz eben, weil sie die CDU gleich mitradikalisiert.
        Und die Ostverbände da sind ja eh schon teils nur noch lose mit der CDU verbunden.

        Das ist so eine Todes-Radikalisierungsspirale, dass ich auch wirklich nicht weiß, ob und wie man da wieder rauskommt. Hias hat ja auch recht, dass sich das selbst im Osten jetzt etwas splittet, Brandenburg und MV sind ja deutlich „normaler“ in den Wahlergebnissen.

        • CitizenK 30. September 2021, 14:23

          Warum Sachsen? Bei PISA immer vorne und unter König Kurt politisch sozialisiert. Wieso bloß?

        • Hias 30. September 2021, 19:22

          Und die Ostverbände da sind ja eh schon teils nur noch lose mit der CDU verbunden.

          Stimmt, das haben sie in Thüringen ja Kramp-Karrenbauer auch spüren lassen.
          Ich frage mich, ob die sächsische CDU bei anhaltender Unzufriedenheit den CSU-Weg geht, sprich offiziell unabhängige Partei bei gleichzeitiger Fraktionsgemeinschaft.

          • Stefan Sasse 30. September 2021, 21:30

            Ne, nur Nachteile, keine Vorteile. Und die CDU würde das glaube ich auch nicht mitmachen.

            • Hias 30. September 2021, 23:48

              Ja, eigentlich ne ziemlich dumme Idee. Ziemlich weit hergeholt, aber abhängig von der weiteren Entwicklung in der Bundes-CDU auch nicht ausgeshlossen.
              Das Problem ist halt der Spagat zwischen den CDUler im Mitteldeutschland, die immer deutlicher danach drängen irgendwie mit der AfD zusammenzuarbeiten und den CDUlern im Westen, die das nicht tolerieren würden.
              Hier einen Ausgleich zu finden wird schwierig, aber eine Möglichkeit wäre (in alter DSU-Manier) hier eine Christlich Sächsische Union zu gründen. Nach heftigen verbalen Scharmützeln einigt man sich dann Ende 2024 darauf, dass die CSäU in einer Fraktionsgemeinschaft zusammenarbeiten wird. Krise abgewendet, die CSäU wird den nationalkonservativen Flügel befrieden und einbinden und die AfD wird in die Schranken gewiesen.

  • bevanite 1. Oktober 2021, 18:21

    Positiv:
    – CDU/CSU und SPD kommen zusammen nur noch auf eine winzig knappe Mehrheit. Ich finde, dass ein solches Ergebnis generell das Meinungsspektrum besser wiederspiegelt. Ja, natürlich erschwert das Regierungsbildungen, aber es eröffnet auch Möglichkeiten für z.B. Bildung von Minderheitsregierungen (dieses Experiment muss hier endlich mal gewagt werden, um die alte Skepsis bezüglich fehlender Stabilität über Bord zu werfen) oder eine „israelische Lösung“ mit rotierenden Kanzlern oder Kanzlerinnen.
    – Grüne und SPD als einzige echte Wahlgewinner
    – Maaßen hat sein Direktmandat nicht geholt und sogar gegen einen SPD-Kandidaten verloren. Hoch die Tassen!
    – die Renaissance der SPD in Meck-Pomm und Brandenburg, wo sie bei den Direktmandaten und in den Zweitstimmen nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem platten Land abräumte. Bahnt sich das ein Realignment an?
    – mehrere grüne Direktmandate. Endlich sind die Zeiten vorbei, als der Spruch „Alles andere als CDU- oder SPD-Erststimmen sind verschenkte Simmten“ galt
    – das Direktmandat von Karamba Diaby in Halle und die Etablierung von Chemnitz als einer weiteren roten Insel im blau-braunen Meer
    – der Wiedereinzug des SSW in den Bundestag

    Negativ:
    – das Ergebnis in meinem Bundesland bzw. im „Life-Land“ (Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt) generell. Scheinbar ruhen sich immer noch sehr viele Menschen im Zweifelsfall auf dem „Protestwahl“-Sofa aus, ohne endlich mal Verantwortung für die eigene Stimme zu übernehmen. Vor allem in diesen drei Ländern zeichnet sich die AfD in den Landtagen durch besondere Inkompetenz, miese Intrigenspielchen und nationalrevolutionärer Spinnerei (Höcke und seine Schnellrodaer Kamarilla) aus – und dennoch ist sie in Sachen wieder stärkste Kraft geworden.
    – der Absturz der Linken. Okay, ich bin auch im letzten Moment mit der Zweitstimme zu den Grünen gewechselt (vor allem aus außenpolitischen Gründen), hätte aber gedacht, dass die 5-Prozent-Hürde drin wäre. Ich hoffe, dass damit deutlich wird, dass der nationalistische Kurs, der zeitweise aus der „Lafoknecht“-Ecke kam, nicht funktioniert. Wer der AfD entgegenkommt, indem er sich ihrer Rhetorik anpasst, macht am Ende die AfD stärker (solche Erfahrungen sollten aus Ländern wie Österreich, Italien oder Frankreich bekannt sein). Dennoch wäre ein wenig Druck im Bundestag bezüglich Mindestlohnerhöhung und Mietendeckel erfreulich gewesen, das dürfte sich nun schwieriger gestalten.

    Die Idee einer erneuten GroKo kam mir beim ersten Blick auf das Wahlergebnis ebenfalls, aber ein Kanzler Scholz mit einem Außenminister Laschet klingt irgendwie nach einer Zeitreise in die alte Bundesrepublik… Ich gehe aber davon aus, dass das Thema vom Tisch ist. Spannend wird ohnehin, wer künftig das Auswärtige Amt führt. Außer Cem Özdemir sehe ich da eigentlich niemanden, bei allen Parteien scheint mir die Kompetenz zu fehlen, die großen globalen Aufgaben des 21. Jahrhunderts anzugehen. Der Wahlkampf selbst kam mir diesbezüglich auch seltsam provinziell vor.

Leave a Comment

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.