Ein fetter Bär kann die Klimakrise nicht lösen

Donnerstag vergangener Woche erlebte der Westen der Republik eine Naturkatastrophe historischen Ausmaßes. Tief Bernd, nicht zu verwechseln mit dem CDU-Vorsitzenden Armin (Laschet), ließ teilweise 200 Liter Regen pro Quadratmeter herniederprasseln und sorgte dafür, dass die Flüsse in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Belgien über die Ufer traten und Flutwellen auslösten. Wochenlanger Regen über Deutschland hatte dabei gute Voraussetzungen geschaffen, dass die Böden keine größeren Mengen Wasser mehr aufnehmen konnten. Es dauerte nicht lange, da erkannten die wahlkämpfenden Parteien die Chance, die Katastrophe in ihrem Sinne umzudeuten und zu nutzen. Die Grünen, eben noch in der Defensive ob einer Kanzlerkandidatin ohne Selbstkritik, wittern Morgenluft, mit ihrem Megathema Klimawandel katapultgleich aus der Krise zu kommen. Derweil versuchte sich Armin Laschet als Schröder Reloaded mit Gummistiefeln und Designer-Jacke als Krisenmanager, landete aber vorerst nur als Karnevalsprinz im Schlamm. Aber was hat das alles mit dem Klimawandel zu tun?

Lesezeit: 5 Minuten

Ist die Hochwasserkatastrophe 2021 Folge des von Menschen verursachten Klimawandels? Die Antwort wird Sie verstören: wahrscheinlich nicht, auch wenn Grüne und Klimaaktivisten in der Hoffnung auf Krisengewinne dies schon in den Morgenstunden des Donnerstags behaupteten. Solche Ereignisse, gerne subsummiert unter dem Begriff „Jahrhundertkatastrophen“, hat es immer gegeben. Sie sind nicht neu und daher im historischen Kontext nicht überraschend. Die schlechte Nachricht: wir werden uns darauf einstellen müssen, dass solche Ereignisse gehäufter auftreten. Und das hat dann doch etwas mit dem Klimawandel zu tun.

Die Sache mit dem Klimawandel

Um diese seltsame Erklärung zu verstehen, vergegenwärtigen Sie sich die Restbestände Ihres Wissens aus dem frühen Erdkunde- und späteren Physikunterricht. In Mitteleuropa sind die Temperaturen seit dem Industriezeitalter um 1,5°C angestiegen. Dies befördert die Wolkenbildung, die mehr Wasser aufnehmen können als bei niedrigeren Temperaturen. Dazu werden Tiefs und Hochs stabiler, sie werden seltener durch neue Wetterlagen verdrängt, was uns hierzulande zuletzt eine Reihe schöner Sommer beschert hatte. Nur läuft das Spiel auch in die andere Richtung und beides verändert die Wetter- und Bodenverhältnisse in unseren Breitengraden.

Hitze staut sich und verursacht Dürren. Und ständiger Regen mit Wolkennachschub lässt das Risiko von Hochwasser und Überschwemmungen ansteigen. Damit lassen sich die Flutmassen der vergangenen Woche zwar nicht direkt dem Klimawandel zurechnen. Das Plus an Umweltkatastrophen aber sehr wohl. Von daher hatte Laschet auch nicht unrecht, wenn er auf die langfristige Klimapolitik der Union verweist, die nicht wegen einer Naturkatastrophe der Revision bedarf. Eher schon der Katastrophenschutz und da sind sowohl Konservative wie Grüne blank. Zumindest kennt die Suchmaschine der Grünen den Begriff nicht.

Die Rechnung der Grünen ist in diesen Tagen denkbar einfach: Wenn sich die Menschen vor dem Klimawandel ängstigen, zahlt das auf ihr Konto ein, so wie damals bei Fukushima. 2011 wurde der erste und bis heute einzige Grüne zum Regierungschef eines Bundeslandes gewählt, nachdem in der japanischen Küstenstadt das Tōhoku-Erdbeben zum Ausfall eines Kernkraftwerkes geführt hatte. Durch die Umweltkatastrophe verloren 22.000 Menschen ihr Leben, durch die Reaktorkatastrophe niemand. Dennoch wurde das Unglück hierzulande als atomarer Fallout gewertet, der die Abschaltung sämtlicher Kernreaktoren in Deutschland dringlich machte.

Es ist verständlich, dass die Grünen versuchen, auf der Basis von selbstgestrickten Legenden politische Ländegewinne zu erzielen. Vor allem ist es aber zynisch. Was einmal funktionierte, kann wieder funktionieren. Doch würden sie und die Klimaaktivisten ihre eigenen Prophezeiungen ernst nehmen, müssten sie endlich ihre Rollen wechseln und die Schwerpunkte ihrer Politik verändern. Diesen Aspekten wollen wir uns zu Beginn dieser Artikelserie widmen.

Warum wurde nicht gewarnt?

Wir leben nicht mehr im Jahr 79 n.Chr., als der Ausbruch des Vesuvs die damals prosperierende römische Stadt Pompeji mit Lavaströmen vernichtete. Forschungseinrichtungen aller Art versetzen uns in die Lage, Ungemach der Natur Wochen, zumindest Tage vorherzusehen. So war der Ausbruch der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr Monate im voraus erkennbar, jedenfalls theoretisch. Doch politische Implikationen und das träge Regieren des Staates mit seinen Verwaltungen verhindern schnelles Agieren. Es ist praktisch ein Widerspruch in sich.

Dass die Menschen in den Überschwemmungsgebieten ihr Hab und Gut in den Schlammmassen verlieren mussten, ließ sich kaum verhindern. Dass 165 von ihnen, Stand heute, ihr Leben verloren sehr wohl. Bereits vier Tage vor der Katastrophe warnte das European Flood Awareness System (EFAS). Der Klimawandeldienst Copernicus sandte Warnungen an alle relevanten nationalen Behörden. Bis zum 14. Juli wurden demnach mehr als 25 weitere Warnungen mit fortlaufend aktualisierten Vorhersagen für spezifische Regionen des Rheins und der Maas herausgegeben. Dennoch wurden die Bürger an Nord- und Niederrhein nicht gewarnt. Selbst im fernen Norwegen fragten Medien deshalb: Warum wurde die Bevölkerung nicht gewarnt?

Als am 10. September 2020 alle Warnsirenen heulen sollten, versagte das Katastrophensystem. In der Bevölkerung hinterließ das nur ein müdes Lächeln, zu sehr ist man in Deutschland auf staatliches Versagen eingestellt. Wir können keine Flughäfen bauen, keine Züge auf Pünktlichkeit programmieren. Wir bauen Warn-Apps, die nicht warnen und outsourcen die Beschaffung von überlebenswichtigen Impfstoffen, die in Deutschland entwickelt wurden, an eine EU-Kommissarin im Vorruhestand. Unsere Impfzentren in staatlicher Verwaltung impfen nicht und Schutzmasken sind gegen Covid-19-Viren nur sinnvoll, wenn ausreichend Kontingente beschafft werden können. Warum also sollten Warnsirenen eigentlich funktionieren?

Dieses Staats- und Behördenversagen ist im wahrsten Sinne des Wortes inzwischen tödlich. Bundesinnenminister und die deutschen Behörden schliefen auch letzte Woche den Schlaf der Gerechten, der Staatsfunk WDR, ausgestattet mit einem Milliardenbudget aus Zwangsgeldern, lieferte dazu das Einschlafprogramm aus trivialen Musiksendungen. Keine Sondersendungen in den späten Abendstunden, keine Berichte vor Ort. Die teuersten Journalisten des Landes waren früh zu Bett gegangen als sich ein Jahrhundertereignis über Deutschland ankündigte.

Längst wissen es die meisten Deutschen, die nicht im Staatsdienst beschäftigt sind: unser Staat funktioniert nicht mehr. Vor allem nicht, wie er eigentlich sollte. Die Kernaufgaben eines Staates, die Menschen zu schützen, kann dieses überdimensionierte und überfinanzierte Gemeinwesen nicht mehr leisten. Hört sich für Sie ungewöhnlich an? Ein fetter Bär tanzt nicht. Die Politik und die meisten der führenden Parteien haben sich angewöhnt, auf jedes Problem mit „mehr Geld“ zu antworten. Und wenn das Plus im Budget geringer ausfällt als angefordert, dann wurde „kaputtgespart“. Wer heute die Reden von Sozialdemokraten, Politikern der Linkspartei wie der Grünen hört, meint, Deutschland sei Jamaika. Der Staat sichert sich längst einen historisch hohen Anteil am Erwirtschafteten. Im vergangenen Jahr betrugen die Konsumausgaben des Staates (ohne Sozialversicherungen) unvorstellbare 22,4% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach zuvor 20,4%. Nie zuvor war dieser Staat teurer, nie zuvor hat er soviel Geld der Bürger rausgehauen.

Vor dem Klimaschutz

Doch ein fetter Bär tanzt nicht. Er ist träge bis hin zur Bewegungslosigkeit. Es fehlen die Prioritäten, weshalb jeder versorgt wird, der die Hand hebt. Doch wer Probleme lösen will, braucht das Gegenteil: Flexibilität und Prioritätensetzung. Genau das fehlt Parteien, Staat und Behörden in Deutschland. Das spät aufgestellte Wahlprogramm der Union umfasst knapp 140 Seiten um die programmatische Leere der Konservativen zu verdecken. Das grüne Programm steht dem im Umfang in nichts nach und liest sich wie die Flickschusterei eines Buches von Annalena Baerbock. Das Wort Fonds findet sich 44 mal, jeweils an den Stellen, wo das Geld ausgegangen ist. Also ziemlich oft.

So ist kein Staat zu machen. Vor den Klimaschutz hat die Natur den Schutz vor ihren Urgewalten gestellt. Die bisherigen Schäden, das Ausmaß der durch die industrielle Karbonisierung verursachten klimatischen Veränderungen sind aller Voraussicht nach irreversibel. Es gibt keine Rückkehr zum Status quo ante, finden wir uns damit ab. Doch damit ist das erste Problem bereits beschrieben. Das Land, aber insbesondere seine umweltpolitischen Vorkämpfer von den Grünen wie die Klimaaktivisten haben das offensichtlich nicht begriffen. Sie reden vom Jahr 2050 und einer klimaneutralen Menschheit ohne scheinbar zu merken, dass wir das Jahr 2021 schreiben mit auf der Hand liegenden Problemen.

Schon immer hat die Natur den Menschen umgebracht, wenn man sie denn ließ. Gegen Sturmfluten helfen Dämme und Deiche, gegen Dürren Bewässerungssysteme. Warum Israel die Wüste bei 40°C ergrünen lassen kann, aber in Deutschland bei 28°C über Ernteausfälle geklagt wird, hat seinen Ursprung in der Unfähigkeit zur Anpassung hierzulande. Die Kosten der klimatischen Katastrophen sind so in die Höhe geschnellt. Immer mehr Menschen wollen am Fluss oder am Meer wohnen, die Gebäude sind fünfmal isoliert, nur stabiler sind sie damit nicht geworden. Wer sich in Frankfurt-Sachsenhausen am Main keine Wohnung leisten kann, zieht halt in die Trabantenstadt Offenbach und baut dort. Im Ergebnis wohnen mehr Menschen am Fluss. Und haben bessere Chancen, bei Überschwemmungen abzusaufen.

Wer also als nächstes Deutschland regieren will, muss nicht nur Kapital für den Klimaschutz auftreiben. Vor allem braucht es zwischen Mensch und Natur Stauraum, Rückbauten in gefährdeten Gebieten, Entsiegelung der Böden, mehr Dämme. Das ist nicht vor allem teuer. Es ist unbequem. Es erfordert Planung und organisatorische Fähigkeiten. Und den Willen, sich mit den Interessengruppen anzulegen, welche gerade die Parteien der Union wie der Grünen stützen.

 

Im nächsten Teil lesen Sie, warum Klimaaktivisten keine Aktivisten sind, was wir stattdessen brauchen und warum Annalena Baerbock ein Symbol ihrer Generation ist.

{ 182 comments… add one }
  • Thorsten Haupts 19. Juli 2021, 20:15

    Irgendwo auf twitter wurde heute ein interessantes Interview mit einem Prof. verlinkt, der sich seit vielen jahren mit dem Ahrtal beschäftigt. Die einzig wesentlichen Fakten aus dem Interview:

    1) Nach der Hichwasserkatastrophe 1910 gab es Planungen für ausreichend grosse Flutbecken. Sie wurden 1927 zugunsten des Nürburgringes aufgegeben, politische Prioritäten bei knappen Kassen …

    2) Ohne Rückhaltebecken gibt es keine Massnahme, die das Ahrtal vor dem nächsten Hochwasser schützen. Die bestimmt kommt, unbestimmt ist nur, wann

    Dieses Staats- und Behördenversagen ist im wahrsten Sinne des Wortes inzwischen tödlich.

    Mein Reden seit anno tobak. In einem wohlhabenden Staat und nicht Sozialhilfeempfänger brauche ich den Staat essentiell, lebens- und gesundheitsrettend, nur an einer Stelle: In der inneren und äusseren Sicherheit. Und die umfasst selbstverständlich einen ausreichend dimensionierten und trainierten Katastrophenschutz.

    Wir werden einfach so richtig Sch*** regiert. Und das schon seit vielen Jahren. Sehr bedauerlich, dass der kalte Krieg vorbei ist, lautet mein zynisches Fazit.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Ariane 20. Juli 2021, 07:31

      Dieses Interview meinst du wahrscheinlich?
      https://www.riffreporter.de/de/umwelt/hochwasser-ueberschwemmung-ahr-tal-ursachen

      Allein das Bild weiter unten zeigt da schon gut die Problemlage.

      Ich meine Stefan hatte am Anfang von Corona mal einen Artikel, der hier auch passt. Deutschland ist wirklich nicht mehr krisenerprobt. Irgendwie hat man das mit dem Ende der Geschichte ernst gemeint und solange die Gefahr gebannt war, dass der Russe einmarschiert, hat man alles abgebaut, was vorhanden war und steht jetzt dumm da.

      Mit – mal wieder – einer theoretisch guten, im Praktischen aber schwierig komplexen Lage des Föderalismus. Das geht ja jetzt schon wieder los, die Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums (das für Wetterkram zuständig ist), wusste zb nicht, ob die EFAS-Meldung, die an die Natioalstaaten geht, irgendwo angekommen ist und was damit denn gemacht wurde.

      Und da geht es ja nicht nur um langfristige Sachen wie Dämme, sondern auch um grundlegende Dinge des Katastrophenschutzes. Find ich leider nicht wieder, aber es war und ist zb ein riesiges Problem, dass in den betroffenen Gebieten die Kommunikation total zusammengebrochen war.

      • Stefan Sasse 20. Juli 2021, 07:50

        Jepp. Ich schreib auch die Tage noch was Größeres dazu.

      • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 09:57

        @ Ariane 20. Juli 2021, 07:31

        Deutschland ist wirklich nicht mehr krisenerprobt.

        So etwas von richtig, schreibe ich seit Jahren.
        War übrigens auch vor Finanz-, Flüchtlings-, Flut- und Corona-Krise deutlich erkennbar.

        Und da geht es ja nicht nur um langfristige Sachen wie Dämme, sondern auch um grundlegende Dinge des Katastrophenschutzes. Find ich leider nicht wieder, aber es war und ist z.B. ein riesiges Problem, dass in den betroffenen Gebieten die Kommunikation total zusammengebrochen war.

        Ja. So bitter für die Leute vor Ort. Deutschland ruht im Dornröschen-Schlaf (oder wie immer die Frau in Berlin heißen mag, die seit 16 Jahren die Kanzlerin spielt)

        • Ariane 20. Juli 2021, 12:08

          Jep, obwohl man fairerweise sagen muss, dass der Prozess schon früher begonnen hat. Das meiste wurde wohl im Rahmen der Wiedervereinigung eingestampft.

          • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 17:38

            Eingestampft wurde so viel nicht. Es ging nur nicht weiter.

        • Stefan Sasse 20. Juli 2021, 14:29

          Gesteh ihr mal mehr zu, es gehört schon einiges dazu konsequent 16 Jahre zu verhindern dass was gemacht wird.

          • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 18:25

            @ Stefan Sasse 20. Juli 2021, 14:29

            Gesteh ihr mal mehr zu, …

            Was denn?

            … es gehört schon einiges dazu konsequent 16 Jahre zu verhindern, dass was gemacht wird.

            „Verhindern“ ist doch gar nicht der Punkt. Schau, nur als Beispiel, auf Deinen Job. Was hat sich die letzten fünf oder acht Jahre verändert? Wärst Du nicht mitgegangen, wo ständest Du jetzt? Da geht es nicht um „Verhindern“, sondern um „Stehenbleiben“.

            Wir haben in Sachen Bürokratie / Verwaltung der öffentlichen Hand bestenfalls den Stand von 2000 – läuft doch, bloß nichts anfassen. Aber wenn es mal nicht mehr so läuft, wie ab 2008 mit der Finanzkrise, ab 2010 mit der Staatsfinanzkrise innerhalb der EU, 2011 mit dem Atom-Ausstieg, 2015 mit der Flüchtlingskrise, seit 2020 mit Corona, oder jetzt mit der Flut, dann ist’s aus.

            Versteh mich da nicht falsch: Man kann sich von solchen Ereignissen überraschen lassen. Aber wie geht man damit um?

            • Finanzkrise 2008: Nimm Obama, der die amerikanischen Banken an die Leine legte und aus der Krise Maßnahmen ableitete, die den US-Bankensektor wieder auf gesunde Beine stellten. Gab es etwas Vergleichbares in Deutschland? Nö

            • EU-Staatsfinanzkrise ab 2010 (Stichwort „Griechenland“); Sind die südeuropäischen Staaten jetzt auf sicherem Boden? Keinesfalls, sie werden mit enormen Summen aus Brüssel künstlich auf Kurs gehalten (für die EU ist die Kanzlerin nicht zuständig, aber sie lässt laufen).

            • Atomausstieg 2011 (in der Folge von Fukushima, so die offizielle Begründung): Haben wir seitdem eine sichere Stromversorgung? Nein, wir sind auf Atomstrom aus dem Ausland angewiesen. Sind wir mit den erneuerbaren Energien auf einem Stand wie geplant? Nein, weit entfernt. Haben wir die Energiekosten in den Griff bekommen? Keinesfalls – zwar wurde alles deutlich teurer, aber weder sicherer noch besser.

            • Flüchtlingskrise 2015 (das mit den infrastrukturellen oder sozialen Problemen lasse ich mal weg): Hätte ohne freiwillige Hilfe zur Katastrophe geführt, weil die Behörden trotz allen zeitlichen Vorlaufs nicht vorbereitet waren.
            Haben wir sechs Jahre danach eine vernünftige Einwanderungsgesetzgebung, mit Spurwechsel-Option etc.? Natürlich nicht. Haben wir es in den letzten sechs Jahren geschafft, einer europäischen Lösung näherzukommen? Nein, die Fronten sind verhärtet wie nie, und Großbritannien hat die EU verlassen.

            • Pariser Klimaschutz-Abkommen 2019: Hat es was gebracht? Nein; Merkel schwingt Reden, während ihre Minister Fortschritte verhindern.

            • Corona-Krise seit Anfang 2020: Das können wir kurzhalten – Ministerien und Behörden hoffnungslos überfordert (gerade viele Behörden, die nichts mit Corona am Hut hatten, stellten fast komplett den Betrieb ein), und vom Testen bis zum Impfen ist es auch heute ein großes Gestochere (wo wären wir bloß ohne Bundeswehr gelandet?).

            • Flut 2021: Unzureichende Warnungen, unzureichende Schnellhilfen. THW und BW scheinen halbwegs zu klappen, aber natürlich zu wenig. Zu früh für ein Fazit, zugegeben.
            Hätte man besser vorbereitet sein können? Ja, nach der oder-Flut, die auch Schröder wieder ins Kanzleramt spülte, oder nach der Katastrophe durch den Hurricane Katharina und das Missmanagement der Regierung Bush hätte man wacher sein können.

            Was soll ich ihr also zugestehen? Dass sie nichts falsch gemacht hat? Gerne. Aber fürs Nicht-Falschmachen brauchen wir keine Bundeskanzlerin.

            Sie hat sehr wenig richtig gemacht, fast nichts nach vorne getrieben, hat nicht gehandelt, sondern verzögert. In einer derart schnelllebigen Welt ist dsa ein Riesen-Problem.

            Auch durch mich unbestritten bleibt, dass sie die ganzen Jahre wohl Beschäftigung hatte. Aber das gilt ja wohl für jeden Job, dass man sich derart mit dem Drumherum beschäftigen kann, dass man den eigentlichen Job nicht schafft (bzw. war offenbar ihr Job, wiedergewählt zu werden, und das hat sie immer hingekriegt).

            • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:42

              Du missverstehst mich: ich rede hier nicht Pro Merkel. Meine Aussage ging eher in die Richtung, sie nicht zu unterschätzen. Ich sehe das ein bisschen wie Mitch McConnell: ein ernstzunehmender Gegner, der viel geleistet hat. Praktisch nichts davon positiv, vieles destruktiv, aber ernstzunehmend.

              • Erwin Gabriel 21. Juli 2021, 09:30

                @ Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:42

                Meine Aussage ging eher in die Richtung, sie nicht zu unterschätzen. Ich sehe das ein bisschen wie Mitch McConnell: ein ernstzunehmender Gegner, der viel geleistet hat. Praktisch nichts davon positiv, vieles destruktiv, aber ernstzunehmend.

                Ja, dann habe ich Dich missverstanden.

                Aber Mitch McConnell hat(te) eine eigene politische Agenda, eine Vorstellung, die er auszuformen suchte. Kann ich bei Merkel (außer Wiederwahl) nicht erkennen.

                • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 10:05

                  Nah, McConnell hat auch nicht wirklich eine andere Agenda als Merkel. Wandel blockieren, die Mächtigen glücklich machen. Ihre Strategie ist nur anders. McConnell scheißt auf Konsens und DEmokratie, aber er kann sich das wegen des kaputten Wahlsystems auch leisten.

                  • Erwin Gabriel 25. Juli 2021, 19:55

                    @ Stefan Sasse 21. Juli 2021, 10:05

                    McConnell hat auch nicht wirklich eine andere Agenda als Merkel.

                    McConnell will ein bestimmtes Politik-Ergebnis; Merkel wollte wiedergewählt werden – egal, mit welcher Politik. Sie hat keine eigene Agenda.

                    • Stefan Sasse 25. Juli 2021, 20:10

                      Ich halte das für ein Missverständnis. Merkel ist recht flexibel in ihren Politiken, aber nicht beliebig.

    • Stefan Sasse 20. Juli 2021, 07:50

      Man kann sich der Schlussfolgerung immer weniger erwehren, nicht?

      • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 11:04

        @ Stefan Sasse 20. Juli 2021, 07:50

        Man kann sich der Schlussfolgerung immer weniger erwehren, nicht?

        Nein. Die einen schnallen es schneller, die anderen langsamer, und bis genug Leute es geschnallt haben, ist es zu spät (ich rede nicht vom Klima, sondern von unserem Staat).

        • Thorsten Haupts 20. Juli 2021, 12:31

          Da bin ich deutlich zuversichtlicher als Sie. Wir werden uns anpassen, ggfs. beschleunigt durch eine zunehmende Zahl kleinerer Regionalkatastrophen (wie die jetzige). Kann ein paar tausend oder zehntausend Menschen das Leben kosten, aber ohne das hat sich Politik noch nie radikal geändert. Menschheitskonstante.

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 18:33

            @ Thorsten Haupts 20. Juli 2021, 12:31

            Da bin ich deutlich zuversichtlicher als Sie. Wir werden uns anpassen, ggfs. beschleunigt durch eine zunehmende Zahl kleinerer Regionalkatastrophen (wie die jetzige). Kann ein paar tausend oder zehntausend Menschen das Leben kosten, aber ohne das hat sich Politik noch nie radikal geändert.

            Ich war auch mal so jung wie Sie 🙂

            Ich verstehe den Punkt, aber weder die Flut 2002 noch Flüchtlingskrise noch sonst was hat in den letzten Jahren jemanden in der Regierung aufwecken können.

        • Stefan Sasse 20. Juli 2021, 14:29

          Korrekt, aber das sag ich seit Jahren.

          • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 18:27

            Stefan Sasse 20. Juli 2021, 14:29

            Korrekt, aber das sag ich seit Jahren.

            Ja, nee, is‘ klar 🙂

            • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:49

              Dass wir erst eine Mehrheit für die notwendigen Maßnahmen kriegen, wenn richtige Klimakatastrophen treffen hab ich hier wahrlich schon öfter geschrieben….

              • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 08:00

                Ein naiver Irrglaube. Ich gehe noch darauf ein.

              • Erwin Gabriel 21. Juli 2021, 09:33

                @ Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:49

                Dass wir erst eine Mehrheit für die notwendigen Maßnahmen kriegen, wenn richtige Klimakatastrophen treffen, hab ich hier wahrlich schon öfter geschrieben….

                Ja, aber ich teile Deine Einschätzung nicht.

                Zum einen sind die Klimakatastrophen schon da, wenn auch nicht hier. Zum anderen werden unsere Politiker nicht die richtigen Maßnahmen ergreifen, sondern die wählerwirksamen.

                • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 10:05

                  Ich bin ein klein wenig optimistischer, dass Leidens- und Handlungsdruck entsprechend wirken werden.

    • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 11:25

      Das Wesen unseres Lebens ist Knappheit. Das beginnt bei der Lebenszeit. Ein Staat, der darüber klagt, dass die Gelder knapp seien, hat das nicht verstanden und ist unfähig zur Prioritätensetzung. Doch nur erfolgreiche Menschen verstehen zu priorisieren.

  • Stefan Sasse 20. Juli 2021, 07:53

    Ich stimme der generellen Kritik des Artikels voll zu. Wir sind uns in der Bestandsaufnahme denke ich einig, weniger allerdings in der Ursachenanalyse und Lösungsstrategien. 🙂

    • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 11:23

      Ich denke der zweite Teil wird Dir am wenigsten gefallen. 😉 Danach wird’s nicht besser.

      • Ariane 20. Juli 2021, 11:55

        Im nächsten Teil lesen Sie, warum Klimaaktivisten keine Aktivisten sind, was wir stattdessen brauchen und warum Annalena Baerbock ein Symbol ihrer Generation ist.

        Es klingt schon wie eine Drohung 😉

        • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 11:58

          Alles hat zwei Sichtweisen. 🙂

        • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 18:29

          @ Ariane 20. Juli 2021, 11:55

          Es klingt schon wie eine Drohung 🙂

          Für Stefan überwiegt sicherlich die Vorfreude 🙂

      • Stefan Sasse 20. Juli 2021, 14:32

        Oh, ich habe daran keinen Zweifel. Aber wenn du noch ein bisschen Grünen-Ablehnung aus dem System spülen musst, bitte. 🙂

  • CitizenK 20. Juli 2021, 09:52

    Der Staat (das Gemeinwesen) als fettes Raubtier an der Kette mit Nasenring? Das tanzt – nach wessen Pfeife?

    Wo blieb hier die „Eigenverantwortung der Bürger“? War ja nicht die erste Überschwemmung in der Gegend. Katastrophenschutz dem schlanken Staat geopfert – Nürburgring (Autoland!) statt Rückhaltebecken. Sowas kommt von sowas.

    • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 11:13

      @ CitizenK 20. Juli 2021, 09:52

      Der Staat (das Gemeinwesen) als fettes Raubtier an der Kette mit Nasenring? Das tanzt – nach wessen Pfeife?

      Nach der Pfeife der Parteien.

      Wo blieb hier die „Eigenverantwortung der Bürger“? War ja nicht die erste Überschwemmung in der Gegend.

      Gegen so etwas hilft keine Eigenverantwortung.

      Katastrophenschutz dem schlanken Staat geopfert …

      Du liest hier seit Jahren mit, und hast offenbar immer noch nicht verstanden, was einen schlanken Staat ausmacht. Nicht der Entfall des Katastrophenschutzes steht für den schlanken Staat, sondern ein effizienter, rasch handelnder und funktionierender Katastrophenschutz.

      Das ständige Versagen in so vielen wichtigen Funktionen hat auf der einen Seite damit zu tun, dass die Parteien den Staat als Selbstbedienungsladen verstehen, in dem sie die Brötchen klauen, die sie anschließend ihren Wählern so großzügig anbieten, anstatt sich um ihre Jobs zu kümmern.
      Auf der anderen Seite, dass der Beamtenapparat, der eigentlich nur funktionieren soll, über seine erhebliche Teilhabe am Parlament sich selbst kontrolliert, aufbläst und füttert; wenn Du das verstehst, kannst Du den von Stefan P. beschriebenen Bären gut erkennen.

      • CitizenK 20. Juli 2021, 17:01

        Es gab dort schon 1910 eine große Flut (und mehrere in den Jahrhunderten davor). Trotzdem haben die Bürger Gemeinderäte und Landespolitiker gewählt, die lieber eine Auto-Rennstrecke bauen wollten statt Rückhaltebecken, die zu wesentlich geringeren Schäden geführt hätten.

        Die Verantwortung jetzt allein „beim Staat“ abzuladen, erinnert an die Methode „Haltet den Dieb“. Selbst hier im Flachland wurden welche gebaut. (Eines, gleich bei mir um die Ecke, war in den letzten 20 Jahren auch nur einmal gefüllt.) Dafür braucht es aber Steuern oder Gebühren.

        Dass nicht rechtzeitig gewarnt wurde, ist tatsächlich ein Versagen der Behörden (des Staates). Dass der Staat effizient sein sollte, ist ja nicht strittig.

        • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 18:37

          @ CitizenK 20. Juli 2021, 17:01

          Es gab dort schon 1910 eine große Flut (und mehrere in den Jahrhunderten davor). Trotzdem haben die Bürger Gemeinderäte und Landespolitiker gewählt, die lieber eine Auto-Rennstrecke bauen wollten statt Rückhaltebecken, die zu wesentlich geringeren Schäden geführt hätten.

          Da klammerst Du Dich wieder an das eine Detail, dass fürs große Ganze keine Rolle spielt.

          Dafür braucht es aber Steuern oder Gebühren.

          Die werden ja auch über die Maßen erhoben. Man macht nur nichts Vernünftiges draus.

          Dass nicht rechtzeitig gewarnt wurde, ist tatsächlich ein Versagen der Behörden (des Staates). Dass der Staat effizient sein sollte, ist ja nicht strittig.

          Ich höre die Worte …
          Dennoch argumentierst Du gegen jeden Vorschlag, der in diese Richtung geht.

    • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 11:22

      Tja, das verrät mehr über Sie als das eigentliche Problem.

      1. Ich denke bei Bären als erstes nicht an Raubtiere, sondern Balou. Bären tanzen und brauchen dafür keine Pfeife. Zur Balz und beim Kampf mit einem Gegner (übertragen: Problem).

      2. Das Gemeinwesen ist nicht nur der Staat. Es sind auch Vereine, Kirchen, alles, wo Menschen sich ohne kommerzielle Interessen treffen und organisieren.

      3. Wenn der Staat weit mehr als die Hälfte des Volkseinkommens wegnimmt und für seine eigene Disposition verlangt, ist es wohlfeil, bei Naturkatastrophen auf die „Eigenverantwortung“ zu verweisen, die man den Bürgern nicht einmal bei privaten Treffen zubilligt. Und selbst in den USA liegt die Bewältigung von Naturkatastrophen in der Hand gemeinschaftlicher Stellen.

      4. Es durfte nicht fehlen, dass Sie mit dem Unsinn vom „Kaputtsparen“ kommen. Dazu steht etwas im Artikel, bitte lesen.

      • Thorsten Haupts 20. Juli 2021, 13:34

        Staaten wie Unternehmen werden heute zunehmend als Elternersatz betrachtet. Unter dem Gesichtspunkt ist das mit dem „Kaputtsparen“ verständlich – kindliche Anspruchshaltung. Betreuter Kindergarten ist eh meine Einschärtung moderner westlicher Gesellschaften.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:47

          Werden sie das, hm?

          • Erwin Gabriel 21. Juli 2021, 09:39

            Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:47

            Werden sie das, hm?

            Nicht zu 100 Prozent, aber in hohem Maße, zunehmend.

            Wann immer etwas passiert, jemand in Not gerät, eine Veränderung angestrebt wird, wird nach dem Staat geschrien. Überlege einmal, was der Staat alles schützen und retten soll, und was nicht (soll hießen: wo nicht irgendeine Gruppe nach dem Staat schreit): Umwelt, Klima, Rente, Sprache, Erziehung – was auch immer.

            Mir fällt gerade auf die Schnelle kein Lebensbereich ein, wo die einheitliche gesellschaftliche Meinung da ist, dass man sich selbst drum kümmern soll.

            • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 10:06

              Weil halt kein anderer Bereich dafür in Frage kommt. Es ist hochgradig naiv, sich auf freiwillige Leistungen oder die heilende Macht des Marktes zu verlassen.

              • Thorsten Haupts 21. Juli 2021, 14:26

                Stimmt.

                Also ausser „man selbst“, der „Familie“, den „direkt Betroffenen“, den „Schadensverursachern“ sowie der Stefan Sasse gar nicht erst eingefallenen Version „niemand sollte sich darum kümmern müssen“ stimmt es, meinte ich.

                Und letzteres ist inzwischen parteiübergreifend Mainstream – der Pawlowsche Reflex „Problem? Staat!“.

                Gruss,
                Thorstren Haupts

              • Erwin Gabriel 22. Juli 2021, 22:22

                @ Stefan Sasse 21. Juli 2021, 10:06

                Weil halt kein anderer Bereich dafür in Frage kommt. Es ist hochgradig naiv, sich auf freiwillige Leistungen oder die heilende Macht des Marktes zu verlassen.

                Manchmal hat es heilende Wirkung, wenn man mal den eigenen Arsch in Bewegung setzt. Es geht ja nicht um Selbstheilung im Krankenfall statt Krankenhaus, sondern darum, ob der Staat erst im Notfall eintritt oder schon bei einem geringen Mangel an Bequemlichkeit.

                Ganz klar geht der Trend letztere Richtung.

                • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 06:39

                  Klar, und auf manchen Feldern ist das auch absolut das Richtige. Auf anderen aber halt nicht.

                  • Erwin Gabriel 23. Juli 2021, 11:35

                    Stefan Sasse 23. Juli 2021, 06:39

                    Klar, und auf manchen Feldern ist das auch absolut das Richtige. Auf anderen aber halt nicht.

                    Du tust immer so, als würde ich fordern, dass der Staat sich aus allem raushalten soll, sich nie für die Menschen einsetzen soll, dass nie Schulden gemacht werden sollen. Mitnichten.

                    Du forderst immer wieder das Gegenteil, und wenn man Dir sagt, dass das falsch ist und auf Dauer nicht funktionieren kann, kommt ein „Ja, aber“, so wie hier. Das ist schade.

                    • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 15:46

                      Ne, eigentlich tue ich das nicht ,sorry, wenn es so rüberkam.
                      Ich finde es aber von dir auch nicht eben fein zu behaupten ihch fordere Schulden machen und Staatsintervention aus Spaß an der Freude.

                    • Erwin Gabriel 25. Juli 2021, 21:15

                      @ Stefan Sasse 23. Juli 2021, 15:46

                      Ich finde es aber von dir auch nicht eben fein zu behaupten ich fordere Schulden machen und Staatsintervention aus Spaß an der Freude.

                      So krass habe ich das nie unterstellt, aber Du bist da schon sehr großzügig.

                      Von 1990 bis 2019 stiegen die Steuereinnahmen von 281 auf 799 Mrd. Euro, also um etwa 184 %. Die Inflation im gleichen Zeitraum betrug etwa 67 % (kumuliert).

                      Das bedeutet, dass die Steuereinnahmen 2019, um nur die Inflation auszugleichen, etwa 470 Mrd. Euro hätten betragen müssen. Die Differenz zu den 799 Mrd. Euro (329 Mrd Euro) sind zusätzliche, über den Inflationsausgleich hinausgehende Einnahmen – nur für das Jahr 2019, wohlgemerkt (bereits 1991 betrug der Überschuss im Vergleich zu den inflationsbereinigen Steuereinnahmen von 1990 über etwa 47 Mrd. Euro).

                      Bei solch permanent hohen Mehreinnahmen auf einer schwarzen Null zu bestehen, ist gelinde gesagt eine Frechheit; man hätte deutlich in den Schuldenabbau oder in gewaltige zusätzliche Investitionen ohne Schuldenaufnahme (!) gehen können. Tat man aber nicht.

                      Und dann bitte ich um Verständnis, dass ich diejenigen, die mehr Steuern vielleicht nicht aus Spaß, aber aus einer gewissen Ahnungslosigkeit oder Leichtfertigkeit fordern, doch auf die krasse Situation hinweise, dass ich den Staat einen ineffizienten Verschwender nenne, die Regierungen als Versager bezeichne und den Parteien vorwerfe, viel zu viel Geld für die Wählerbestechung auszugeben.

                    • Stefan Sasse 25. Juli 2021, 21:29

                      Was mich mal wirklich interessieren würde: funktioniert das elektoral überhaupt? Ich meine, wie viele Stimmen hat die Mütterrente der CSU gebracht? Nur als Beispiel. Ich hab das Gefühl, da profilieren die sich eher untereinander. Weißt wie ich meine?

                  • CitizenK 23. Juli 2021, 11:52

                    Welche sind das? Und in welchem Umfang?
                    Darum geht doch der ganze Streit. Fast niemand will nur das eine oder das andere.

                    • Erwin Gabriel 25. Juli 2021, 21:38

                      @ CitizenK 23. Juli 2021, 11:52

                      Welche sind das? Und in welchem Umfang?
                      Darum geht doch der ganze Streit. Fast niemand will nur das eine oder das andere.

                      Nicht ganz richtig, was Du schreibst.

                      Wenn ich auf dies oder jenes zeige, oder einen Betrag nenne, gibt es endlose, zu nichts führende Diskussionen (besonders mit Dir 🙂 ).

                      Meiner Meinung nach ist es wichtiger, über Prioritäten als über einzelne Maßnahmen zu sprechen.

                      Die Priorität, Elternhaus-unabhängige Chancen für Bildung und Beruf anzubieten, halte ich für wichtiger als die Versorgung von Menschen, die es nicht geschafft haben – die Vermeidung von materieller Not ist effizienter, als die Not entstehen zu lassen und dann im Nachgang abzufedern.

                      Altersversorgung ist auch so ein Thema. Wer mit 25 Jahren in das Berufsleben ein- und mit 65 Jahren aus das Berufsleben aussteigt, hat 40 Jahre gearbeitet. Wenn die Person 85 wird, möchte sie noch 20 Jahre Altersvorsorge beziehen, die im Idealfall den Lebensstandard erhalten soll. Man müsste also 40 Jahre lang ein Drittel seines Einkommens zurücklegen, um diesen Zustand zu erreichen. Tut man das nicht, hat man während der Arbeitsdauer einen hohen Lebensstandard, anschließend einen deutlich niedrigeren.

                      Grundsätzlich sollte jeder für sich selbst verantwortlich sein. Zu jedem Problem, zu jeder Notsituation sollte zuerst die Frage geklärt werden, was man selbst tun kann. Es ist nicht „gerecht“, zuerst von anderen (der Staat sind wir alle) zu verlangen, großzügig zu sein.

                      Das wird für viele auf einen Rückschritt an Lebensstandard hinauslaufen, aber das ist „gerechter“ und „fairer“, als von anderen zu verlangen, die Zeche zu zahlen.

                      Das soll Dir die Richtung zeigen und keine absolute 100-Prozent-Maßnahme sein, die uneingeschränkt für alle gelten soll.

                  • Thorsten Haupts 23. Juli 2021, 14:02

                    Hat jemand auf die Schnelle mal ein Beispiel, wo der Staat (manchmal NICHT das Richtige) seine Regelungs- oder Interventionsdichte in irgendeinem gesellschaftlichen Bereich ZURÜCKgefahren hätte? Mir ist da keiner erinnerlich – also bleibt summa summarum:

                    Betreuter Kindergarten ist eh meine Einschätzung moderner westlicher Gesellschaften.

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

                • CitizenK 23. Juli 2021, 11:58

                  „….bei einem geringen Mangel an Bequemlichkeit.
                  Ganz klar geht der Trend letztere Richtung.“

                  Was spricht dagegen? Ich bin noch mit Ofenheizung (Kohle schleppen) aufgewachsen.

                  Auch beim technischen Fortschritt in Verbindung mit dem Wettbewerb auf dem Markt „geht der Trend in diese Richtung“. Der Erfolg von Apple beruht darauf, der von Daimler und BMW zum großen Teil auch. Bosch hat ein ganzes Werk für Kleinmotoren für Sitzverstellung und Scheibenheber.

                  • Thorsten Haupts 23. Juli 2021, 14:08

                    Bequemlichkeit durch bessere Technik ist das eine, Bequemlichkeit aufgrund zunehmender Staatseingriffe das andere. Das erstere hat fast nur positive Nebenwirkungen, beim letzteren ist das höflich formuliert strittig.

                    Aber ich kenne das Sentiment exemplarisch aus der Diskussion um die Wehrpflicht. „Was spricht denn gegen Berufssoldaten“ ist abgehakt, „Was spricht denn gegen Söldner“ hat begonnen, sobald wir den Punkt auch als erledigt betrachten können, sind wir dann leider übergangslos bei „Was spricht denn gegen eine nichtdeutsche Diktatur auf deutschem Boden“ und selbstverständlich will niemand den Zusammenhang erkannt haben.

                    Mir ja offen gestanden egal, ich bin dann ziemlich sicher tot, aber das wäre eine der geschichtlich bereits mehrfach beobachteten Folgen zunehmender gesellschaftlicher Bequemlichkeit.

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

                    • Erwin Gabriel 25. Juli 2021, 21:44

                      🙂

                      Zustimmung

                      Hab ich ehrlich gesagt nie drüber nachgedacht, aber sooo logisch.

    • Thorsten Haupts 20. Juli 2021, 12:33

      Wenn wir heute in Deutschland einen „schlanken Staat“ haben, wie sähe dann nach Ihrer Auffassung ein fetter aus? Nur 75% Staatsquote oder sollen es gleich 100% sein?

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 18:39

        @ Thorsten Haupts 20. Juli 2021, 12:33

        Wenn wir heute in Deutschland einen „schlanken Staat“ haben, wie sähe dann nach Ihrer Auffassung ein fetter aus? Nur 75% Staatsquote oder sollen es gleich 100% sein?

        Warum denn bei 100 % Schluss machen?

        Hat doch jeder gelernt, dass das Geld zwar nicht auf der Straße liegt, sondern aus der Wand kommt.

      • CitizenK 23. Juli 2021, 13:14

        Die Gelder aus dem Staatshaushalt gehen doch wieder zu einem erheblichen Teil als Aufträge an die private Wirtschaft.

        • Thorsten Haupts 23. Juli 2021, 13:58

          Bereits bei einer Staatsquote von 75% wird es keinen nennenswerten „privaten“ Bereich mehr geben, das ist schon definitorisch ausgeschlossen. Abgesehen davon finde ich das Modell „Gib alle dem Staat, er teilt Dir ein Taschengeld zu“ nicht nur wenig attraktiv, es wird für die wirklich Cleveren und/oder Mächtigen natürlich auch niemals funktionieren (q.e.d. Geschichte).

          Passt aber gut zu Staat als Mutter- und Vaterersatz (Hallo Herr Sasse).

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • Marc Schanz 23. Juli 2021, 14:45

            Bereits bei einer Staatsquote von 75% wird es keinen nennenswerten „privaten“ Bereich mehr geben, das ist schon definitorisch ausgeschlossen.

            Da unterliegen sie einem Denkfehler. Eine Relation begrenzt nichts. Das einzige, dass begrenzend ist, sind Ressourcen. Da der Staat aber vor allem umverteilt, verbraucht er wesentlich weniger Ressourcen als die private Wirtschaft. Durch die Umverteilung schafft er jedoch Nachfrage, was natürlich wiederum ressourcenverbrauchend ist.

            • Thorsten Haupts 23. Juli 2021, 21:46

              Tschuldigung, aber der Denkfehler liegt erst einmal bei Ihnen. Eine 75% Staatsquote heisst, der Staat nimmt sich 75% der gesamten Wirtschaftsleistung, um damit zu machen, was er für richtig hält. Damit fehlt sowohl bei Unternehmen wie auch bei Privatleuten (im Vergleich zu heute) massiv Geld für Konsum wie Investitionen.
              Natürlich wird das Geld dann vom Staat wieder irgendwo für irgendwas ausgegeben. Ich bezweifle, gestützt auf langjährige historische Erfahrungen mit Hochabgabenstaaten (ab 75% war das i.d.R. Planwirtschaft, geht auch gar nicht anders), dass der Staat das Geld genauso sinnvoll einsetzt, wie Privatpersonen oder Unternehmen im Privatbesitz das tun.

              Der Privatwirtschaft nutzt das … gar nicht. Wenn der Staat irgendwo massiv investiert, dann schon heute vorwiegend dort, wo er staatsbürokratiekompatible Strukturen vorfindet – grosse Konzerne oder ebenso grosse Organisationen. Es gibt einen Grund, warum ausgerechnet eine Simpelst-App (Corona) für einen vielfachen Millionenbetrag von den dafür ungeeignetsten Unternehmen (SAP und TELEKOM) entwickelt wurde und nicht viel günstiger von den darauf spezialisierten App-Entwicklern des deutschen Mittelstandes. Die Privatwirtschaft wäre wie Privatpersonen mit einer niedrigeren Staatsquote deutlich besser bedient.

              In Deutschland ist die Diskussion zumindest im Moment müssig, da gilt (noch) der Halbteilungsgrundsatz des Bundesverfassungsgerichts in Auslegung des Grundgesetzes.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Stefan Sasse 24. Juli 2021, 09:40

                Nein, die Staatsquote gibt das Verhältnis der Ausgaben zum BIP an, nicht dessen, „was der Staat nimmt“. Das ist dafür völlig irrelevant. Get your facts straight.

  • Marc 20. Juli 2021, 10:26

    Dennoch wurden die Bürger an Nord- und Niederrhein nicht gewarnt.

    Das ist falsch. Es gab ausreichend Berichte über das Tief Bernd und mehrere Warnungen bezüglich des Hochwassers. Im Netz konnte man sich jederzeit informieren. Die Frage ist: Warum hat die Eigenverantwortung nicht funktioniert? Und weshalb haben die staatlichen Stellen versagt?

    Die richtige Analyse ist daher: Die Fakten und Warnungen waren vorhanden, die richtigen Konsequenzen daraus haben weder die Betroffenen noch die staatlichen Akteuren getroffen. Die einzig richtige Handlung wäre eine selbst- oder staatlich organisierte Evakuierung gewesen.

    Die echte Frage ist: Hatte niemand die Gefährlichkeit der Situation richtig eingeschätzt oder traute sich nur niemand, den letzten Schritt der Evakuierung zu vollziehen? Meine Vermutung ist, dass wahrscheinlich ersteres zutrifft, aber zweiteres ebenso aufgetreten wäre.

    • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 11:16

      Wer kommunizieren will, muss die Kanäle wählen, auf die die Gemeinten auch empfangsbereit sind. Über 60jährige lesen nicht Online Spezialseiten, sondern die ÖR und glauben Politikern. Nach sieben Monaten Impfstoff klagen immer noch Interessenvertreter, dass viele der gefährdeten Gruppen nicht geimpft seien, kein Angebot hätten und mit den Online-Registrierungen überfordert seien.

      Man kann natürlich auch eine Fachinformation nehmen und sagen: friss oder lass es. Die Deutschen zahlen 8 Milliarden Euro für einen öffentlichen Rundfunk. Die Mindestanforderung ist, dass dieser adäquat informiert. Das ist nicht geschehen.

      In den USA schalten sich die vier größten Sender an Tagen, wo Hurrikans drohen, zusammen und senden hauptsächlich Live-Berichte. Bei uns schlafen die Journalisten lieber.

      • Stefan Sasse 20. Juli 2021, 14:31

        Hätten sie gewarnt wärst du unter den ersten gewesen die den ÖR Parteinahme für die Grünen vorgeworfen hätten. Die BILD fährt das jetzt seit mehreren Wochen.

        • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 15:04

          Ich war z.B. zu Zeiten von Katrina in den USA und oft während der Hurricanes. Wetter läuft da auf vielen Kanälen rauf und runter. Was ist daran Parteinahme? Die haben wir so andauernd. Wie gesagt, der Skandal ist, dass man beim WDR einfach geschlafen hat als der Sturm tobte. Da kann es keine zwei Meinungen geben. Und das ist eben permanent. Die ÖR verschlafen jedes außerordentliche Ereignis wenn es nicht wie eine Fußballweltmeisterschaft Jahre vorher angekündigt ist.

          • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:39

            Ich muss die eindringlichen Warnungen auf Pro7 verpasst haben. – Ansonsten musst du die BILD fragen, es ist dieses Kampagnenblatt, das diesen Unfug behauptet hat.

    • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 11:20

      @ Marc 20. Juli 2021, 10:26

      Das ist falsch. Es gab ausreichend Berichte über das Tief Bernd und mehrere Warnungen bezüglich des Hochwassers.

      Nun ja, es gibt da Unterschiede zwischen einem Hochwasser, dass Deinen Keller volllaufen lässt, und einem Hochwasser, dass gleich das ganze Haus abreißt, Straßen wegspült, Krater öffnet.

      Im Netz konnte man sich jederzeit informieren.

      Es gibt ja immer wieder Hochwasser da unten. Ich habe keine Meldung mitbekommen, die besagt hat: „Lauft um Euer Leben“ oder „Verschwindet, solange Ihr noch könnt“.

      Aber wem will man was vorwerfen? Die Intensität und Gewalt hat wohl alle überrascht.

      Die einzig richtige Handlung wäre eine selbst- oder staatlich organisierte Evakuierung gewesen.
      Da hast Du vermutlich Recht.

      Die echte Frage ist: Hatte niemand die Gefährlichkeit der Situation richtig eingeschätzt oder traute sich nur niemand, den letzten Schritt der Evakuierung zu vollziehen? Meine Vermutung ist, dass wahrscheinlich ersteres zutrifft, aber zweiteres ebenso aufgetreten wäre.

      Auch hier stimme ich zu. Hatten wir in der Heftigkeit und Schnelligkeit noch nicht, also war niemand auf eine solche Realität vorbereitet.

      • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 11:26

        Aber wem will man was vorwerfen? Die Intensität und Gewalt hat wohl alle überrascht.

        Warum? Genau davor haben internationale Stellen gewarnt.

        • Marc Schanz 20. Juli 2021, 11:57

          Das ist die Frage. Leider sind die EFAS Warnungen nicht öffentlich, obwohl sie Bürger warnen sollen. Hier haben wir schon einmal ein heftiges Problem: Intransparente europäische Strukturen.
          Bezogen sich die EFAS Warnungen nur auf Niederschlagsmengen oder auch auf die exorbitanten Pegelstände? Dieses Detail ist entscheidend. Ich konnte zu dieser Frage bisher keine Antwort finden.

          Der Zusammenhang zwischen Niederschlag und Pegelstand ist nicht so einfach. Modellierungen zeigen meist eine große Streuung.

          • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 12:38

            Die wenigsten sind in der Lage, aus mehreren Quellen, dazu noch internationalen, resultierende Informationen so zu analysieren und zu bewerten, dass sie dazu noch geeignete Handlungen ableiten. Soweit es nicht um den Einkaufszettel geht, lautet die einfache Frage an die Experten: Was soll ich tun?

            Die EFAS-Auswertungen sind nicht etwas für Tante Erna. Sie sind für das Bundesinnenministerium, den Katastrophenschutz und die Medien. Wenn die den Job nicht machen, brauchen wir sie nicht. Wir brauchen sie jedenfalls nicht für die Vermittlung gendergerechter Sprache.

            • Ariane 20. Juli 2021, 12:55

              Ja, sehe ich ähnlich. Das ist ja auch nichts für Laien, die da irgendwie mal fix in Selbstverantwortung Berechnungen zu Bodentiefe und Niederschlägen anstellen, nachdem sie fünf Warnapps installiert haben, die vermutlich noch alle was anderes sagen. Insofern ähnlich wie in der Corona-Krise, man braucht einfache Wege zu den Bürgern, am besten mit Handlungsanweisungen. (bitte, bevor wir irgendwie noch einen MeteorologInnen-Wettkampf haben^^)

              Die EFAS-Meldungen gingen ja auch über 10 Tage, wurden aber erst in den letzten 24-48 Stunden wirklich präzise. Und nochmal: Zuständigkeiten. Wenn der Scheuer immer noch in seinem Büro rumsucht, wo denn diese Meldung ist, weil er ganz überrascht davon ist, dass die da landet, hilft das ganze Vorhergesage genau nichts.

            • Marc Schanz 20. Juli 2021, 13:04

              Ich habe nicht gesagt, dass die EFAS die alleinige Informationsquelle sein soll. Ich habe nicht gesagt, dass die Meldungen nicht „übersetzt“ werden sollen. Ich sprach nur von Intransparenz. Weil die Meldungen nicht öffentlich sind, was sie ganz einfach sein könnten, wird man zur Spekulation gezwungen. Waren die Warnungen ausreichend oder nicht? Es ist ja auch wichtig zu verstehen, wie die mediale „Übersetzung“ aussieht. Haben sie den Kern wider gegeben oder eben nicht.
              Nur wenn man die Fakten kennt, können Verantwortlichkeiten zugeschrieben werden. Dass sie an Fakten nicht interessiert sind, ist mit schon aufgefallen.

      • Ariane 20. Juli 2021, 12:27

        Nun ja, es gibt da Unterschiede zwischen einem Hochwasser, dass Deinen Keller volllaufen lässt, und einem Hochwasser, dass gleich das ganze Haus abreißt, Straßen wegspült, Krater öffnet.

        Das wird man noch genauer aufdröseln müssen, aber ich denke auch, hier liegt das eigentliche Problem. Wer evakuiert sich denn selbst, weil es eine Unwetterwarnung bzw Warnung vor Starkregen gibt?

        Mein bisheriger (vorsichtiger) Eindruck ist, dass man zu spät und zögerlich wirklich den letzten Schritt mit der Evakuierung gegangen ist. Und da geht es ja eben nicht um Leute, die topinformiert im Internet hängen, sondern solche, die weniger leicht erreichbar sind und/oder Hilfe brauchen. Da denke ich zb auch an die Einrichtung des betreuten Wohnens, in dem 14 Menschen ertrunken sind.
        Da braucht man eben auch genügend Vorlauf, weil so etwas nur in Zusammenarbeit mit den Rettungskräften geht.

        In Wuppertal hat man – meine ich – auch spätabends ca. um Mitternacht die Evakuierung beschlossen, das ist auch nicht unbedingt die beste Zeit, um viele Menschen zu erreichen.

        Das ist auch ein schmaler Grat, weil es ja meistens dauert, bis die Prognosen genau genug sind, um zb Ortschaften und Zeitpunkte einzugrenzen. Und ich denke, wir brauchen da auch eine andere Auffassung von „Glory in prevention“. Die kostet zunächst mal Kohle, die am besten gar nicht eingesetzt wird. Und kann eben auch bedeuten, dass man evakuiert wird, obwohl dann gar nichts ist.

        Ich hatte zwischendurch irgendwo einen Ausschnitt gesehen, da ging es um den letzten Orkan. Der war doch nicht so schlimm und irgendwer hat dann dem Wetterdienst oder den Medien wirtschaftsschädliche Panikmache vorgeworfen. Das ist natürlich auch eher kontraproduktiv.

        • Marc Schanz 20. Juli 2021, 12:33

          Und kann eben auch bedeuten, dass man evakuiert wird, obwohl dann gar nichts ist.

          Oder dass man vor einer 3. Corona-Pandemie-Welle warnt, die dann doch nicht kommt. Wie man sieht, gibt es allerdings wenig Verständnis für solche Falsch-Alarme.

          • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 12:48

            Die Modulatoren konnten vor allem keine komplexen Modelle konstruieren. Irgendwie sollte die 3. Welle anders verlaufen als die erste und zweite. Nicht mit einem bald gefundenen Plateau, sondern exponentiell bis zum Himmel.

          • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 19:58

            @ Marc Schanz 20. Juli 2021, 12:33

            Oder dass man vor einer 3. Corona-Pandemie-Welle warnt, die dann doch nicht kommt. Wie man sieht, gibt es allerdings wenig Verständnis für solche Falsch-Alarme.

            Was in Deinem Falle vielleicht hindeutet, dass auch Deine Aussagen zu den ersten beiden Wellen (höflich gesagt) unpräzise waren.

            Aber das sollte auf einem anderen Kanal laufen.

            • Marc 20. Juli 2021, 20:48

              Die Verläufe der 1. und 2. Welle können nicht allein mit Saisonalität erklärt werden. Die aktuelle 4. Welle findet mitten im Sommer statt. Die Modellierung als Dämpfungsfaktor war zu jederzeit richtig, nur der Modellparameter war zu niedrig geschätzt.

              • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 20:51

                Die erste Welle war im März 2020. Die dritte Welle im März 2021. Das ist ein saisonaler Unterschied. Ansonsten verweise ich darauf, dass das hier ein weitgehend Corona-freier Thread sein soll. Anmerkungen zur Virenplage stehen nur dem Autor des Artikels zu. Kommentierungen bedürfen der Erlaubnis.

                Ich bitte um Beachtung.

                • Marc 20. Juli 2021, 23:19

                  .. im Winter gab es zwei Wellen und jetzt eine im Sommer. So etwas gibt es nicht bei endemischen Verläufen.

                  • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 08:06

                    Sie möchten doch der Experte für Corona sein und wissen nicht, dass die erste Welle im März 2020 stattfand und nicht im Winter 2020/2021? Warum redeten wir sonst Sommer 2020 von der zweiten Welle? Alle ahnungslos außer Ihnen oder sind das Erzählungen vom Pferd?

                    • Marc Schanz 21. Juli 2021, 15:11

                      Erste Welle März 2020. Zweite und dritte Welle Winter 2020/2021 und aktuelle Welle Sommer 2021. Dieses Muster passt nicht zum saisonalen Auftreten einer endemischen Grippe, denn sie hat im Winter immer nur eine Welle und im Sommer keine.

                    • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 15:33

                      Gut, jetzt haben Sie sich schon etwas korrigiert. Die zweite Welle war im Oktober / November 2020, die dritte Welle im März 2021. Wenn Sie’s nicht glauben, lesen Sie’s im Netz nach. Das ist mir nämlich wirklich zu blöd, dass Sie selbst historische Daten verbiegen, um Ihre Legende erhalten zu können.

                    • Marc Schanz 21. Juli 2021, 15:38

                      Die gemessene Spitze der 2. Welle war am 23.12, die echte sehr wahrscheinlich ein paar Tage später. Der Abfall der 2. Welle war bis Mitte Februar.

                    • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 15:52

                      Das mag alles sein, hat mit dem Thema nur noch am Rande zu tun und spart das wesentliche aus: Die dritte Welle war wie 2020 im Frühjahr, damit ließ sich aus den Erfahrungswerten sowohl die Saisonalität erkennen als auch aufgrund der Kurvenverläufe der 1. Welle (Frühjahr 2020) und der 2. Welle (Herbst / Winter 2020) mit Plateaubildung Annahmen für den Verlauf im Frühjahr 2021 treffen. Tatsächlich verlief die 3. Welle ja auch wie die beiden vorherigen, nur hatten die Modellierer etwas völlig anderes erzählt.

                      Und damit ist für mich die Debatte hier zu Ende, zumal Sie nicht auf die Fakten gehen wollen. Nicht, weil Sie nicht kennen – ich bin sicher, Sie kennen sie sehr gut – sondern einen vom Pferd erzählen, um welches politische Ziel auch immer zu erreichen. Allein zu den Zeitpunkten der Wellen haben Sie jetzt so viele verschiedene Punkte angeben, dass selbst gutwillige Leser dem kaum noch folgen können. Das bringt nichts.

                    • Marc Schanz 21. Juli 2021, 16:32

                      Tatsächlich verlief die 3. Welle ja auch wie die beiden vorherigen, nur hatten die Modellierer etwas völlig anderes erzählt.

                      Unsinn, die 3 bzw jetzt 4 Wellen sind nicht vergleichbar.

                    • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 16:52

                      Es gibt keine 4. Welle.

                      Sie mögen nicht vergleichbar sein, sind aber jeweils gleich verlaufen. Übrigens auch in Österreich, Frankreich und der Schweiz. Ist aber nur Zufall und Modellierer arbeiten nicht mit Zufällen, sondern nur mit Kurven, die gegen Unendlich laufen.

              • Erwin Gabriel 22. Juli 2021, 22:25

                @ Marc 20. Juli 2021, 20:48

                Die Verläufe der 1. und 2. Welle können nicht allein mit Saisonalität erklärt werden.

                Wer hat das gemacht? Ich jedenfalls nicht. Du hast die Saisonalität jedenfalls geleugnet.

                • Marc 24. Juli 2021, 10:38

                  Nein, habe ich nie. Das ist eine infame Lüge.

                  • Stefan Pietsch 24. Juli 2021, 12:23

                    ein seriöser Wissenschaftler widerspricht der Wirkungsweise von NPI’s, die Saisonalität von Covid-19 existiert, ist aber gerade bei hohen Inzidenzen vernachlässigbar.
                    http://www.deliberationdaily.de/2021/04/sind-wir-nicht-alle-ein-bisschen-undicht/#comment-215551

                    Dass wir binnen anderthalb Monaten von einem Inzidenzwert von 130 auf 5 runtergerauscht sind, hat hauptsächlich mit Impfen und den Notfallmaßnahmen zu tun? Soso.

                    Oder Mitte April:
                    Im Moment ist kein saisonaler Effekt erkennbar, dafür ein deutlich exponentieller Verlauf.
                    http://www.deliberationdaily.de/2021/04/corona-die-intelligenzbestie/#comment-214228

                    Oder Anfang April schrieben Sie:
                    In den Modellierungen gibt es wenig Unbekannte, der saisonale Effekt ist z.B. berücksichtigt.
                    http://www.deliberationdaily.de/2021/04/hinter-den-16-bergen-bei-den-16-zwergen/#comment-213707

                    Seltsamerweise erklärten Sie dann Ende Mai (endlich), dass die Kurven dann doch unter anderem wegen der Saisonalität anders verlaufen wären.

                    Doch auch Ende März erklärten Sie:
                    Wir befinden uns im exponentiellen Wachstum der dritten Welle, das den erhofften saisonalen Effekt hinweg fegen wird.
                    http://www.deliberationdaily.de/wp-admin/edit-comments.php?s=Marc&comment_status=all&pagegen_timestamp=2021-07-24+10%3A01%3A38&_total=65280&_per_page=20&_page=1&_ajax_fetch_list_nonce=c66056e8ec&action=-1&comment_type&paged=16&action2=-1

                    Tja, das war dann ja nicht so mit dem Hinwegfegen.

                    Im Februar meinten Sie:
                    Ein saisonaler Effekt kann nicht die Ursache dafür sein. Trotzdem muss man auf den saisonalen Effekt hoffen, ansonsten hilft nur ein schärferer Lockdown gegen die Mutanten-Welle [hier bitte Horrormusik abspielen].

                    Dabei muss man heute davon ausgehen, dass im Februar die Infektionsraten eben wegen dem saisonalen Effekt stiegen. Soviel zu Ihrer Seriosität und angeblichen „infamen Lügen“. Das Bild, das sich jeder aufgrund der Zitate von Ihnen machen kann, ist schon ziemlich klar.

                    • Marc Schanz 24. Juli 2021, 13:45

                      Danke, ich habe also niemals einen saisonalen Effekt geleugnet.

                      Dass wir binnen anderthalb Monaten von einem Inzidenzwert von 130 auf 5 runtergerauscht sind, hat hauptsächlich mit Impfen und den Notfallmaßnahmen zu tun? Soso.

                      Ja, natürlich hat das auch mit der Impfkampagne zu tun. Was denn sonst? Die Saisonalität kann nicht allein die Verläufe erklären. Das ist ein Fakt.

                      Tja, das war dann ja nicht so mit dem Hinwegfegen.

                      Ja, das war falsch prognostiziert. Darüber habe ich einen Artikel verfasst und es erklärt.

                      Dabei muss man heute davon ausgehen, dass im Februar die Infektionsraten eben wegen dem saisonalen Effekt stiegen.

                      Was für ein Unfug.

                    • Stefan Pietsch 24. Juli 2021, 16:10

                      Ich habe nie behauptet, dass der saisonale Effekt alles sei. Das haben Sie mir aber im April unterstellt (nicht von mir kopiert). Sie sind keinen Deut besser als das, worüber Sie sich beklagen. Einfach mal im Kopf behalten.

                      Sie haben über Monate den saisonalen Effekt gering geredet, obwohl nun zwei Corona-Sommer zeigen, dass die Wärme offensichtlich einen starken Einfluss auf die Verbreitung das Virus haben. Dafür braucht man kein Modellierer und kein Virologe zu sein.

                      Wir machen alle Fehler. Was niemand leiden kann, ist, wenn man einmal im Besitz der absoluten Wahrheit auftrumpft um dann in wesentlich gedimmter Tonlage zurückzurudern. Bei Gegendarstellungen gilt schon lange: Sie sind so zu publizieren, wie die angegriffene Behauptung.

                    • Marc Schanz 24. Juli 2021, 18:40

                      Das sind nicht meine Modelle, ich habe sie nicht gemacht. Die Modelle basieren auf dem aktuellen wissenschaftlichen Konsens und darüber habe ich berichtet. Er war falsch und hat sich inzwischen geändert und auch darüber habe ich berichtet. Haben sie das jetzt verstanden?

  • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 11:01

    Ist die Hochwasserkatastrophe 2021 Folge des von Menschen verursachten Klimawandels? Die Antwort wird Sie verstören: wahrscheinlich nicht.

    Zustimmung – kein einzelnes Wetterereignis kann ausschließlich am Klimawandel festgemacht werden. Aber hätte die Frage gelautet, ob das Unwetter auch ohne die fortlaufende Erderwärmung in gleicher Macht und Stärke über uns hereingebrochen wäre, müssten wir mit hoher Wahrscheinlichkeit verneinen. Das ist verstörend.

    Das Wetter verändert sich derzeit dramatisch.

    • Durch die Erwärmung der letzten 20, 30 Jahre verdunstet deutlich mehr Wasser in den Himmel. Das bedeutet, dass die Böden spürbar trockener werden. Wenn dann Wasser fällt, kann der trockene Boden es nicht schnell genug aufnehmen, so dass es als Oberflächenwasser abfließen muss; es geht dem Grundwasser verloren, die Pflanzen leiden.
    • Es müsste etwa 10 bis 15 % mehr Regen geben, um die Folgen dieser höheren Verdunstung auszugleichen, so dass die Pflanzenwelt genauso versorgt wäre wie damals.
    • Nun fällen sogar etwa 10 % mehr Regen als vor 20 oder 30 Jahren, aber die Verteilung hat sich zeitlich und räumlich verändert. Zum einen bekommen Gebiete mehr ab, die vorher normal versorgt waren, andere, die vorher gut versorgt waren (etwa der Nordosten Deutschlands), trocknen langsam aber sicher aus.
    • Wenn es dann regnet, gibt es inzwischen DEUTLICH häufiger als früher sogenannte Starkregen-Ereignisse, die teilweise lokal eng begrenzt sind. So kann die beispielsweise die Innenstadt von Dresden komplett absaufen, während die Vororte trocken bleiben. Das ist ein riesiges Problem für viele Kommunen.

    Die Hersteller von Rohren und Kanälen bieten daher immer größere Produkte an. Und wenn man vor vier oder fünf Jahren auf einer bayerischen Wiese ein Auslieferzentrum gebaut hat, dass man nun erweitern möchte, sind die Anforderungen der Kommunen an die Entwässerung ganz andere.

    Der Klimawandel ist auch hier in Deutschland deutlich spürbar, und er kam viel heftiger und schneller, als man vor zwei, drei Jahrzehnten berechnet hat. Ich glaube anhand der Geschwindigkeit der Entwicklungen in meiner Branche nicht, dass wir das noch irgendwie in den Griff kriegen können.
    Noch haben wir es zwar in der Hand, aber ab einer gewissen Erwärmung reagiert die Erde losgelöst von unserem Handeln – etwa durch Auflösung des in den Ozeanen und als Eis gespeicherten CO2s, durch Absterben der Wälder aufgrund von Trockenheit, Abschmelzen der Polkappen mit den dadurch sich verändernden Meeresströmungen, die wieder gewaltige klimatische Veränderungen nach sich ziehen, die wir mit keinem Einsatz, mit keinem Mittel aufhalten können.

    0Und alles, was wir hinkriegen, sind eine Handvoll Windräder (gleichzeitig zu viel und zu wenig), das kontraproduktive Firmenwagen-Geschäftsmodell „Hybrid“, oder eine lahme Diskussionen darüber, wer von den CO2-Einschränkungen ausgenommen ist.

    KEINE Partei hat das Problem verstanden. Es ist so bitter …

  • Ariane 20. Juli 2021, 12:17

    Ach, hier nochmal der Thread, bei dem es um die Kommunikation bei Katastrophen geht, sowas ist eben auch absolut essentiell:
    https://twitter.com/HenningMarianna/status/1416135229639741441

    • Marc Schanz 20. Juli 2021, 13:19

      Ja, aber wir sind im 21Jahrhundert. Kilometerlange Kabel zu verlegen dauert lange und dann ist die Vermittlung wahrscheinlich noch manuell. Ich fände solche Lösungen besser:
      https://www.maclife.de/news/drohnen-sollen-lte-verbindungen-verbessern-10080066.html

      • Ariane 21. Juli 2021, 00:22

        Wie das gemacht wird, ist ja zweitrangig. Hauptsache man hat mal das Problem im Blick, dass Kommunikation absolut unerlässlich ist bei einer Katastrophe. Auch schön wie die Mobilfunkfirmen es nicht schaffen, sich zu einigen, ihre Netze für andere zu öffnen, damit nicht jeder seinen eigenen Mast braucht, der hoffentlich noch nicht weggespült wurde.

        • Marc 21. Juli 2021, 09:22

          Weggespült wurden die eigentlich nicht. Masten müssen auf erhobenen Punkten stehen und sind daher kaum Hochwasser gefährdet. Das Problem ist die Stromversorgung. Da die Telcos aus Kostengründen auf eine Notstromversorgung verzichten, sind sie ausgefallen. Der freie Markt macht keine Katastrophenvorsorge.
          Klar, ein paar wurden auch weggespült. Aber hätte der Staat Notstromversorgung in Risikogeleiteten verpflichtend gemacht, gäbe es das Problem im Grunde nicht.

  • Thorsten Haupts 20. Juli 2021, 12:21

    … ohne die fortlaufende Erderwärmung in gleicher Macht und Stärke über uns hereingebrochen wäre, müssten wir mit hoher Wahrscheinlichkeit verneinen.

    Das ist angesichts der Fakten früherer Hochwasserkatastrophen im selben Gebiet sehr unwahrscheinlich:

    https://pbs.twimg.com/media/E6ujjPCWYAw4Dz5?format=png&name=small

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Erwin Gabriel 20. Juli 2021, 20:08

      @ Thorsten Haupts 20. Juli 2021, 12:21

      Das ist angesichts der Fakten früherer Hochwasserkatastrophen im selben Gebiet sehr unwahrscheinlich:

      Nicht bös sein, ich bin da durchaus gut im Thema. Das Wetter hierzulande hat sich in den letzten Jahren nachweislich deutlich verändert, und zwar in Richtung „extrem“.

      • Thorsten Haupts 21. Juli 2021, 14:59

        Glaube ich Ihnen unbesehen. Ist nur im konkreten Fall (Ahrtal) nicht überzeugend.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Erwin Gabriel 22. Juli 2021, 22:29

          @ Thorsten Haupts 21. Juli 2021, 14:59

          Ist nur im konkreten Fall (Ahrtal) nicht überzeugend.

          Ich verstehe den Punkt – Geschichte und Lage lassen den Schluss zu, dass es hier vorher Hochwasser gab, und auch im Anschluss Hochwasser geben wird.

          Es war ja nicht mein Punkt zu behaupten, dass das Hochwasser ohne Klimawandel nicht aufgetreten wäre. Aber aus den Starkregenereignissen der letzten Jahre lässt sich der Schluss ziehen, dass der Klimawandel ein verstärkender Faktor ist.

          Eine stärkere Aussage wollte ich nicht treffen.

          • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 06:39

            Tut auch niemand ernstzunehmendes, soweit ich das überblicken kann.

  • Dobkeratops 20. Juli 2021, 15:47

    In der Überschrift fehlt entweder am Ende des zweiten Worts ein „r“ oder am Ende des ersten ein „e“.

    In letzterem Fall würde ich anmerken wollen, dass es zwar stimmt, dass Doro „Flugtaxi“ Bär nichts gegen die Klimakrise unternimmt, dass sie mir jedoch nie als so übergewichtig aufgefallen ist, dass es die Verwendung des despektierlichen Adjektivs rechtfertigen würde.

    • Stefan Pietsch 20. Juli 2021, 19:59

      Sie haben recht, wie konnte mir das passieren? 🙂

      Das ist wirklich eine sehr attraktive Politikerin und wurde von mir nicht bedacht.

  • Olaf Kroeger 20. Juli 2021, 22:03

    „Eher schon der Katastrophenschutz und da sind sowohl Konservative wie Grüne blank. Zumindest kennt die Suchmaschine der Grünen den Begriff nicht.“

    Im Wahlprogramm ist die Union hier unerwartet der Einäugige unter Blinden. Sie haben als „9.8. Wirksamer Bevölkerungsschutz“ zwei Seiten mit plausiblen Forderungen, die sie in 16 Jahren offenbar nicht durchsetzen konnten. Die Grünen haben immerhin einen Absatz mit Überschrift „Bevölkerungsschutz krisenfest machen“.

    Die anderen Parteien im Bundestag haben in den Wahlprogrammen (laut Thomas Vitzthum in der WELT, paywalled, der sich alles durchgelesen hat) weniger oder nichts.

    • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:50

      Danke!

    • Erwin Gabriel 21. Juli 2021, 09:43

      @ Olaf Kroeger 20. Juli 2021, 22:03

      Im Wahlprogramm ist die Union hier unerwartet der Einäugige unter Blinden. Sie haben als „9.8. Wirksamer Bevölkerungsschutz“ zwei Seiten mit plausiblen Forderungen, die sie in 16 Jahren offenbar nicht durchsetzen konnten.

      Ist schon lustig, wer gerade alles schreit, dass man JEtzt SCHNELL handeln müsse.

  • CitizenK 20. Juli 2021, 22:06

    „Das ist nicht vor allem teuer“.

    Doch, ist es. Allein die Renaturierung der Emscher im Ruhrgebiet hatte ein Investitionsvolumen von 5,38 Mrd. Euro. Und der mündige Bürger wird sich entscheiden müssen, ob er das Geld dafür ausgeben oder doch wieder für ein größeres Auto oder die Kreuzfahrt.

    Und es wird zu Eingriffen in Eigentumsrechte führen, wie dem in BW angedachten Verbot der Versiegelung von Vorgärten! Oder wie will man Supermärkte und Unternehmen sonst dazu bringen, ihre riesigen Parkflächen aufzubrechen? Nur so als Beispiel.

    „Ohne Verbote wird es nicht gehen“, so der Bundestagskandidat in meinem Wahlkreis – von der CDU.

    • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:52

      Es ist absolut faszinierend, wie die gleichen Leute, die vollmundig beim Kündigungsschutz und Gehältern anderer Leute davon reden, dass „wir über unsere Verhältnisse gelebt“ haben und „den Gürtel enger schnallen müssen“ nicht auch nur die geringste Veranlagung zeigen, die gleiche Schlussfolgerung hier zu ziehen. Ein Schelm wer auf den Gedanken kommt, dass es um die persönliche Betroffenheit geht.

      • Erwin Gabriel 21. Juli 2021, 09:50

        @ Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:52

        Es ist absolut faszinierend, wie die gleichen Leute, die vollmundig beim Kündigungsschutz und Gehältern anderer Leute davon reden, dass „wir über unsere Verhältnisse gelebt“ haben und „den Gürtel enger schnallen müssen“ nicht auch nur die geringste Veranlagung zeigen, die gleiche Schlussfolgerung hier zu ziehen.

        Wer tut das? Die Steuern sind zu hoch, ja. Aber die Gehälter regelt weitgehend der Markt. Jetzt herrsch Personalmangel, also steigen die Gehälter; ist doch in Ordnung.

        Ich habe übrigens, als es um den Soli ging, nicht nur heftig gegen den Wortbruch und die jahrzehntelange ungerechtfertigte Aufrechterhaltung gewettert, sondern stets gesagt, dass man auch den Aufbau West hätte betreiben müssen.

        Wenn wir nicht die Politiker hätten, die wir haben, würde ich mich für eine zweckgebundene Wiedereinführung starkmachen.

        • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 10:06

          Stefan hat für niedrigere Gehälter und weniger Schutz plädiert, schon öfter.

          • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 11:12

            Ich habe mal gekramt, durch welche meiner Positionen (Plädoyers und Forderungen stelle ich ja eher seltener auf) Du zu diesem Eindruck gekommen sein magst.

            1. Ich habe öfters darauf verwiesen, dass in der makroökonomischen Kennzahl „Volkseinkommen“ der Anteil Lohnquote auf einem Rekordhoch steht. Das Volkseinkommen besteht nur aus Lohneinkommen und Gewinn- / Vermögenseinkünften. So weit dürfte klar sein, wenn die Lohnquote steigt, sinkt zwangsläufig die Gewinnquote.

            Jetzt wird es mathematisch komplizierter, aber wir bewegen uns immer noch im Stoff der 6. Klasse (zumindest war das im Jahr 1978 so).

            Die Lohnentwicklung berechnet sich aus Lohn in Periode 0 zu Lohn in Periode 1. Oder formelhaft ausgedrückt: (Lohn t1 ./. Lohn t0) / Lohn t0. Bei den Gewinnen läuft es analog. Wenn – und das ist nun sehr wichtig – die Löhne um 5% steigen und die Gewinne ebenfalls, dann steigt das gesamte Volkseinkommen um 5%. Und vor allem: Die Lohnquote bleibt gleich.

            Wer darauf verweist, dass die Lohnquote sehr hoch ist, plädiert keineswegs für fallende Bruttolöhne.

            Ich gebe zu, das war schwierig. Deswegen an dieser Stelle eine Pause.

            • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 13:45

              Nein, du hast mehrfach und explizit gesagt dass die Bruttolöhne unter anderem meines Berufsstands zu hoch sind und sinken müssen. Gleiches Argument kam bei der Pflege.

              • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 15:29

                Soll ich noch einmal wiederholen, was ich damals geschrieben habe? Deutschlands Lehrer erhalten die höchsten Gehälter in der OECD. Haben wir den Eindruck, dass wir auch die besten Lehrer haben, eine Top Lehre? Nominelle Lohnsenkungen sind nicht nur in Deutschland ausgeschlossen, relative Anpassungen sehr wohl möglich.

                Das Gleiche funktionierte ja auch umgekehrt bei der Pflege. Anpassung nach oben. Dagegen ist nichts zu sagen nur solle man nicht behaupten, eine solche Anpassung in Form schneller steigender Löhne in Pflegeberufen habe es nicht gegeben.

                Hat alles nichts mit dem zu tun, was Du von mir behauptet hast.

          • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 11:32

            Weniger Schutz: Über 90% der arbeitgeberseitig ausgesprochenen Kündigungen landen mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht. Offensichtlich sind die Regeln nicht geeignet, die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer so zu regeln, dass die beiden Parteien ohne die staatliche Schiedsstelle auskommen. Die Ironie an der Geschichte: die meisten Arbeitsverhältnisse enden dann doch mit der Scheidung gegen Zahlung einer Abfindung.

            Die Frage ist, lässt sich das nicht unkomplizierter lösen? Linke sagen: Auf gar keinen Fall! Der Neoliberale sagt, passe die Regeln doch an das an, was die Bürger als Lösung gefunden haben. Das bedeutet, arbeitgeberseitige Kündigungen im Rahmen der vereinbarten Kündigungsfristen lösen einen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers aus. Das ist kein „Fire“, es beendet aber auch die Illusion, dass der Kündigungsschutz vor Kündigungen schützt. Ob man dies nun mit „weniger Schutz“ beschreibt, ist Ansichtssache. Vor allem, wenn man sich die naiven linken Sichtweisen zu eigen macht.

            Jede Kündigung ist ein persönliches Drama für den Gekündigten. Dazu kommt die fatale Illusion gerade einfacher, wenig informierter Menschen, mit einem „guten“ Anwalt könne man die Sache aus der Welt schaffen und seinen Arbeitsplatz zurückerlangen. Diese Illusion tut weh, gerade wenn sie Wochen später langsam, langsam anfängt zu platzen. Während dieser Zeit lebt der Gekündigte in einem Zustand der Verzweiflung. Zusätzlich muss er zu einem Anwalt, die Kosten hierfür vorschießen.

            Einen Monat danach sitzt man im Gütetermin mit dem Noch-Arbeitgeber zusammen, es fliegen die ersten Vorwürfe. Hat sich der Arbeitnehmer als Kläger zu diesem Zeitpunkt und trotz starken Drängens des Richters noch nicht von der Illusion verabschiedet, seinen Job zurückerlangen zu können, folgen hässliche Monate der Unsicherheit. Die gegenseitigen Schriftsätze sind keine harmonische Lyrik. Sie sind persönlich und verletzend. Praktisch immer und das gilt auch für Profis. Nach Monaten, der Arbeitnehmer zählt meist längst als Arbeitsloser, kommt es zum Kammertermin, wo fast immer der Richter eine gütliche Einigung erzwingt. Und die sieht eine Abfindungsregelung von 0,5 – 1,0 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr vor.

            Linke haben kein Interesse, dem Gros der Beschäftigten dieses Drama zu ersparen zu Gunsten einer gesetzlichen Regelung, die das heutige Ergebnis von 80-90 Prozent der Arbeitsgerichtsprozesse vorwegnimmt. Ich nenne eine solche bornierte Haltung garniert mit einem unverantwortlichen Schuss Naivität menschenverachtend. Jeder, der nur einmal einen solchen Prozess durchlaufen hat, muss zu so einem Urteil kommen. Vor allem, wenn der Staat solche menschlichen Dramen befördert statt sie weitgehend zu verhindern.

            • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 13:45

              „Arbeitsverhältnisse unkompliziert auflösen“ ist halt was, an dem nur eine Seite ein Interesse hat. Du tust so, als ob das ein rei ntechnischen Problem wäre.

              • Thorsten Haupts 21. Juli 2021, 15:03

                „Arbeitsverhältnisse unkompliziert auflösen“ ist halt was, an dem nur eine Seite ein Interesse hat.

                No Sir. Fragen Sie einen Entwickler, Systemarchitekten, Anlagenbauer oder Terminplaner Ihres Vertrauens.

                Das bedeutet, arbeitgeberseitige Kündigungen im Rahmen der vereinbarten Kündigungsfristen lösen einen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers aus.

                Yup. Das wäre praxisgerecht – und genau darauf läuft die überwältigende Mehrheit der Arbeitsgerichtsurteile ohnehin hinaus.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 18:42

                  Wenn man wöllte, könnte man das so gestalten, dass solche Gruppierungen die gewünschte Flexibilität bekommen und die Mehrheit den Schutz behält.

              • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 15:25

                Welche Erfahrung hast Du mit Arbeitsgerichtsprozessen?

                Welcher Vorteil liegt konkret im Kündigungsschutz? Und jetzt erzähl‘ bitte nicht die Theorie, die Du gelernt hast.

                Vor einigen Jahren gab es bei der ARD eine Reportage, in der die Arbeitssituation in Deutschland und der Schweiz verglichen wurde. Dort wurden auch Arbeitnehmer in der Schweiz befragt, ob sie gerne einen Kündigungsschutz wie in Deutschland hätten. Die Antwort war: Nein. Was sollte das für Vorteile bringen? Wenn ihnen ihr Arbeitgeber kündigt, dann haben sie halt in ein paar Wochen einen anderen Job.

                Sehr Deutsch Dein Denken. Ein Kündigungsschutzverfahren ist im besten Fall eine Tortur für den Gekündigten. Im schlechteren Fall machen sie den Fehler, einen Aufhebungsvertrag zu schließen, bei dem sie über den Tisch gezogen wurden.

                • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 18:43

                  Nun, ich bin Deutscher.

                  Ich war sehr froh über meinen Kündigungsschutz. An mehreren Stellen.

                  • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 19:46

                    Im öffentlichen und sozialen Bereich ist das ein bisschen anders. Mehr an anderer Stelle.

                • Thorsten Haupts 21. Juli 2021, 19:01

                  Die gleiche Antwort bekommt man übrigens von (gut ausgebildeten) US-Amerikanern. Herr Sasse hat trotzdem einen Punkt – ist man schlecht ausgebildet und regional immobil, kann der Kündigungsschutz tatsächlich ettwas nutzen. Ihre, Herr Pietsch, und meine Beispiele kommen aus speziellen Segmenten des Arbeitsmarktes.

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

                  • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 20:12

                    Nein, das sehe ich ganz und gar nicht so. Bei Organen und sehr hochgestellten Spezialisten greift der Kündigungsschutz de jure bzw. de facto ohnehin nicht. Ich habe auch deswegen immer lange Kündigungsfristen abgelehnt, sie sind nur vorteilhaft für den Arbeitgeber.

                    Nein. Ich habe in meinem Leben vielleicht 90 bis 100 Beschäftigte persönlich gekündigt. Ein einziger davon „überlebte“ es, in dem der seinen Job erhielt. Unter den Gekündigten waren sehr schwere Fälle, Schwerbehinderte, sehr lange Beschäftigte. Es nützte nichts, wenn die Strategie klug aufgebaut ist.

                    Es ist auch nicht so, dass Richter automatisch auf Seiten der Arbeitnehmer wären. Das ist ein Irrtum, Richter sind keine Sozialarbeiter. Sie haben vor allem das Interesse, mit möglichst wenig Arbeit (kein Urteil, kein Kammertermin) die Sachen vom Tisch zu bekommen. Ich habe es mehr als einmal erlebt, dass ein Richter den armen Tropf zu einem Deal gedrängt hat, der keineswegs vorteilhaft für ihn war.

                    Der Arbeitgeber besitzt im Kündigungsschutzverfahren zwei Vorteile: Er ist Herr des Verfahrens und besitzt einen gehörigen Informationsvorsprung. Er agiert und da kann er schon öfters einen Aufhebungsvertrag in einer persönlichen Stresssituation für den Gekündigten verkaufen. Der Arbeitnehmer muss sich einen Anwalt nehmen – gerade einfache Beschäftigte scheuen davor zurück. Nur ist es ein Irrglaube, ein „guter“ Anwalt könne die Uhren wieder auf Null stellen. Zum einen können sich viele richtig gute Anwälte nicht leisten, denn die rechnen nicht nach Gebührenordnung ab. Zum anderen ist ein Anwalt immer nur so gut wie die Informationen, mit denen er gefüttert wird. Und hier ist der Arbeitgeber eindeutig im Vorteil.

                    Am Ende sind der Gütetermin wie der Kammertermin kein Anwaltsgefecht, sondern ein Basar. Wer glaubt, ohne Erfahrung, gute Nerven und Informationen ein gutes Ergebnis herausholen zu können, hat den entscheidenden Fehler begangen.

                    Klare Regeln wären von Vorteil gerade für die Schwächsten. Nochmal: die Kündigung ist in den meisten Fällen unabwendbar in ihrer Endgültigkeit. Gehen Sie einen Tag zum Arbeitsgericht und studieren die Prozesse. Sie werden feststellen: Die Fälle enden mit an 100% Wahrscheinlichkeit mit einer Abfindungsregelung.

                    Der einfache Beschäftigte hätte durch eine Abfindungsregelung mehrere Vorteile: Er braucht nicht mit dem Arbeitgeber zu verhandeln, das ist für ihn besonders schwer, da noch gefühlsmäßig ein hierarisches Verhältnis besteht. Viele nehmen, was ihnen angeboten wird, und das ist manchmal wenig. Die Rechtskosten entfallen größtenteils, es sei denn, der Beschäftigte möchte trotzdem klagen. Und der Beschäftigte kann sich frühzeitig neu orientieren und hat kein Risiko beim Arbeitslosengeld.

                    Das Festhalten am Kündigungsschutz wäre nur unter der Bedingung vorteilhaft für Beschäftigte, wenn tatsächlich realistische Möglichkeiten zum Erhalt des Arbeitsverhältnisses bleiben. Hierzu könnte man ein juristisches Fenster öffnen. Aber wie gesagt, meist besteht diese Möglichkeit nicht. Lasst uns realistisch sein.

                    Im Sozialbereich scheinen Arbeitgeber tatsächlich Kündigungen. Das hat einmal mit der Mentalität der Organisation zu tun, aber auch mit der Scheu vor der Presse.

                    • Stefan Sasse 22. Juli 2021, 07:26

                      Von Abfindungsregeln haben Arbeitnehmende unter den aktuellen Hartz-Gesetzen nichts. Die müsstest du dann auch ändern.

                    • Stefan Pietsch 22. Juli 2021, 08:04

                      Du siehst mich verwirrt: was haben denn die Hartz-4 Gesetze mit dem Kündigungsschutz zu tun?

                      Ein kleiner Blick über die Gesetzeslage: Wer arbeitslos wird, hat Anspruch auf 12, 18, 24 Monate Arbeitslosengeld. Das sind bis zu 67% des bisherigen Bruttolohns. Kurzarbeitergeld Null hat die gleiche Höhe und gilt als wirksames Instrument.

                      Innerhalb eines Jahres muss ein Erwerbsloser wieder einen Job finden, sonst sinken seine Beschäftigungschancen rapide und dauerhaft. Umgekehrt ist der Kündigungsschutz kein Instrument, Menschen in einer Beschäftigung zu halten, wo sie nicht mehr gebraucht werden. Das lässt sich um ein paar Monate verzögern, aber nicht ewig. Und da spielen auch die Gerichte nicht mit.

                      Die hängst an der Überzeugung, der Kündigungsschutz würde Kündigungen verhindern. Mach´ den Praxistest, Stefan und gehe für einen Vormittag zum örtlichen Arbeitsgericht. Und dann zähle, wie viele der verhandelten Fälle mit der Weiterbeschäftigung enden. Alle doof außer Dir?

                    • Stefan Sasse 22. Juli 2021, 14:16

                      Sagen wir ich krieg eine Abfindung in Höhe von vier Monatsgehältern. Ich leg die auf mein Konto, weil ich schlechte Zeiten fürchte. Weil ich vielleicht ein 55jähriger bin oder so. Jetzt komm ich in Hartz-IV. Plötzlich ist das Vermögen, das ich aufbrauchen soll. Es gibt einfach große Bevölkerungsschichten, die bei Jobverlust nicht eine tolle neue Chance haben, sondern bestenfalls einen Abstieg. Und für die ist Kündigungsschutz super. Klar kostet das die Unternehmen. Wen auch sonst?

                    • Stefan Pietsch 22. Juli 2021, 15:09

                      Ich geb’s auf. Du glaubst, der Kündigungsschutz verhindert, dass dieser 55jährige gekündigt werden kann. Das ist gegen die Realität und deswegen kann ich nicht dagegen anargumentieren, wenn Du Dich sowohl dem Argument verschließt als auch der Prüfung auf’s Exempel.

                      Im Gegensatz zu Dir musst Du mit mir nicht die unbestreitbaren Fakten diskutieren. Ich weiß, dass die meisten der Fraktion Ü50 schlechtere Marktchancen haben. Gleichzeitig hat das Gros dieser silver employees ihre Schäfchen weitgehend im Trocknen.

                      Arbeitsgerichte sind Maschinen. Jeden Tag sind hunderte Streitfälle in Deutschland. Der Grund für diese Masse ist, dass der Gekündigte oft keine andere Möglichkeit hat, an eine Abfindung zu kommen als Kündigungsschutzklage zu erheben. Der Gesetzgeber hat zwar in §1a Kündigungsschutzgesetz nun die Möglichkeit zur Abfindung eingebaut. Tatsächlich sind viele betriebsbedingte Kündigungen jedoch konstruiert. Dennoch winken die Gerichte das durch, weil der Gegenbeweis oft nicht zu führen ist.

                      Die meisten Verfahren enden nicht mit Urteil, sondern einer „gütlichen“ Einigung. Du glaubst, Richter würden sich hier vor allem Mühe geben, die Wahrheit zu finden? Dort, wo Aussage gegen Aussage steht? Der Richter hat ein großes Interesse an einem Deal. Zum einen fällt dann der Aufwand für ein Urteil weg, zum anderen ist das Verfahren damit abgeschlossen. Bei einem Urteil gibt es eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass eine der Parteien in die nächste Instanz geht. Die Kollegen beim Landesarbeitsgericht würden sich bedanken, ständig mit Standardverfahren überrollt zu werden.

                      Erfahrene Richter haben eine Palette von Möglichkeiten, die Parteien zur Einigung zu zwingen. Das Gesetz gibt ihnen dann noch die Druckmittel. Beide Parteien müssen eine Niederlage fürchten. Der Arbeitgeber müsste die ganze Chose von vorne starten mit entsprechenden Kosten für Lohnfortzahlung und Auswirkungen aufs Betriebsklima, der Arbeitnehmer verliert immer eine ganze Stange Geld. Je nachdem, wer sich stur zeigt und dem Richter Arbeit macht, bekommt sehr deutlich angedroht, dass das Urteil gegen ihn ausfallen könnte.

                      Wie gesagt, der Druck zur Einigung ist enorm, weswegen im Verhältnis zur Zahl der Klagen die meisten Verfahren nicht einmal den Kammertermin erreichen. Apropos: auch das ist ein Druckmittel der Gerichte: Zeigen sich die Parteien widerspenstig, wird der Termin deutlich über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinausgeschoben. Auf die Art wird der Preis der Niederlage für beide Seiten drastisch in die Höhe getrieben.

                      Aber, das interessiert Dich ja nicht, Du lebst ja gut in Phantasialand.

                    • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 06:37

                      Der kann das natürlich nicht verhindern. Ein AG, der zu allem entschlossen ist, kann jeder Person kündigen. Man denke nur an dieses Oberarschloch (https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwjZ-7HsrvjxAhU-h_0HHfLmChQQFjAAegQIBhAD&url=https%3A%2F%2Fwww.anwaltskanzlei-naujoks.com%2Fkundigung-von-unkundbaren%2F&usg=AOvVaw0jnlMZqnZdZUEJ12fTG6ac), der daraus ein Geschäft gemacht hat. Aber was der Kündigungsschutz tut ist, dem Ganzen einen Preis zu geben. Gäbe es ihn nicht, stünde unser 55jähriger im Beispiel schlechter da. Wenn du mir einen Vorschlag hast, durch was man den Kündigungsschutz ersetzen könnte, was dieser Person einen entsprechenden Ausgleich gewährt, können wir reden. Aber solange du in deinem Fantasieland lebst, indem er frei wie ein Vogel auf einem toll flexiblen Arbeitsmarkt einen neuen, adäquaten Job findet, ist das müßig.

                    • Stefan Pietsch 23. Juli 2021, 11:06

                      Deine Vorstellungen ziehen mir die Schuhe aus. Vor allem, weil Du nur die Mythen wiedergibst, die in breiten Bevölkerungsschichten vorherrschen. Deswegen ist die Ernüchterung regelmäßig groß, wenn solche Menschen selbst durch die Mühlen gezogen werden.

                      Mythos 1: Arbeitgeber haben vor allem Interesse, Beschäftigte zu kündigen
                      Es gibt ja Bienen und Blumen, die nie einen dauerhaften Partner finden, weil sie immer auf der Suche nach jenem sind, der noch besser zu ihnen passt. In Unternehmen arbeiten aber vor allem Profis, die auch den Arbeitsmarkt kennen und wissen, welche Qualifikationen und eben auch Charaktere sich für welchen Preis bekommen. Arbeitgeber kündigen vorrangig aus zwei Gründen: die Position wird nicht mehr gebraucht und die Person passt nicht mehr ins Team. Jeden, den ein Arbeitgeber kündigt, obwohl die Funktion noch gebraucht wird, löst hohe Wiederbeschaffungskosten aus. Allein eine Anzeige bei Stepstone kostet zwischen 4.000 und 10.000 Euro und damit zwei bis drei durchschnittliche Monatsgehälter. Jeder Bewerbungsturnus blockiert mehrere Manntage. Man muss sich also sinnlose Kündigungen leisten können. Und in einem weitgehend leergefegten Arbeitsmarkt kann die Geschichte enden wie die Reise nach Jerusalem.

                      Mythos 2: Sackgasse Kündigung
                      Auch Du schreibst dauernd, wer einmal seinen Job verloren hat, bekommt keinen neuen. Das ist völliger Quatsch. Jährlich kommen zwischen 5 und 6 Millionen Menschen in eine neue Beschäftigung. Auf 35 Millionen Beschäftigte ist das eine ganze Menge. Der Arbeitsmarkt ist eine Drehtür, keine Sackgasse.

                      Man kann natürlich die Drehtür auch blockieren. Das tut der Kündigungsschutz. Du führst ein Argument ein, dass Du scheinbar selbst nicht verstehst: der Kündigungsschutz verteuert Kündigungen und versieht sie mit einem Preisschild. Das ist richtig, der Preis einer Kündigung wird kalkuliert. Daran würde sich aber auch mit einer Reform nichts ändern. Es hat ein Preisschild.

                      Was Du nicht verstehst: Dieses Preisschild klebt bereits bei der Einstellung an dem Bewerber. Schau‘, beim Klimaschutz argumentieren selbst Grüne, CO2-Steuern seien notwendig, um den Emissionen einen Preis zu verpassen und dafür zu sorgen, dass der Preis zur Verhinderung von Emissionen führt.

                      Das funktioniert natürlich auch bei der Frage, stellt ein Unternehmen jemanden ein oder nicht. Ein Blüm-Gesetz z.B. sah vor, dass ein einstellendes Unternehmen die kompletten Kosten des Arbeitslosengeldes zu übernehmen habe, wenn es einen über 55jährigen kündigt. Das galt selbst, wenn die Kündigung in der Probezeit erfolgte. Wer unter solchen Bedingungen noch einen Angehörigen der Ü50-Fraktion einstellte, gehörte verprügelt. Das Gesetz ist längst Geschichte dank den Arbeitsmarktreformen von Schröder.

                      In Deutschland ist die Beschäftigungsquote von Schwerbehinderten sehr niedrig. In den USA liegt sie um ein Vielfaches höher. Leute wie Du meinen, das läge an unseren Vorbehalten (moralisches Argument). Doch der Unterschied liegt vor allem darin, dass hier Schwerbehinderte einen besonders hohen Schutz genießen. Selbst Strafzahlungen können Unternehmen nicht dazu bewegen, Schwerbehinderte einzustellen. Auch hier gilt: Wer einen Schwerbehinderten einstellt, gehört verprügelt. Und deswegen sind solche Menschen auf dem Arbeitsmarkt auch kaum vermittelbar.

                      Zu Beginn meiner Managementkarriere habe ich eine Restrukturierung bei einem internationalen Großhändler verantwortet. Über 20% der Beschäftigten kostete das ihren Job. Nur ein einziger Fall landete unter meiner Verantwortung vor Gericht, wo derjenige eine niedrigere Abfindung erhielt als ich ihm zuvor angeboten hatte. Er war nicht besonders gut von einem Verdi-Anwalt vertreten worden. Die anderen bekamen Abfindungen um den Punkt, was auch vor Gericht realistisch gewesen wäre.

                      Eine wenig produktive Filiale wurde auch aufgelöst, den dort beschäftigten Schwerbehinderten konnten wir abfinden, weil wir ihm (natürlich) nur eine Tätigkeit mit einer langen Fahrzeit anbieten konnten. Das war dann plötzlich unkompliziert.

                      Auch bei einem traditionellen Maschinenbauer verantwortete ich mehrere Restrukturierungen. Die Begründungen wurden so konzipiert, das die Low Performer gekippt und die Leistungsträger gewollt durch die Bank gehalten wurden. Auch hier hatte der Kündigungsschutz Null Effekt. Policy bei dem Unternehmen war es leider, grundsätzlich keine Abfindungen anzubieten. Vorm Arbeitsgericht wurden dennoch sämtlich alle Fälle erledigt.

                      Meine letzte Kündigung habe ich gegenüber einem jungen Mann ausgesprochen, der schon aufgrund seiner hohen Fehlerquote auf der Kippe stand. Zum Handeln wurde ich gezwungen, als er im Team ausflippte und mit dem Teamleiter Kopf-an-Kopf stand. Die eigentlich sachlich angemessene verhaltensbedingte Kündigung hätte nicht funktioniert. Also wurde er als einziger betriebsbedingt gekündigt und abgefunden. Sowohl seine Mittel als auch seine persönliche Stabilität haben in vor einer juristischen Auseinandersetzung abgeschreckt, verhandelt hat er auch nicht. Gegenüber dem Geschäftsführer setzte ich eine „normale“ Abfindung durch, er wollte weniger zahlen. Auch dieser junge Mann hätte von der von mir vorgeschlagenen Novellierung profitiert und wäre in seinen Interessen „geschützt“ gewesen, denn er hätte auch die niedrigere Abfindung genommen – so wie die Beschäftigten bei dem eingangs erwähnten Großhändler.

                    • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 15:45

                      Mythos 1: Habe ich nicht, aber es kommt ja unbestritten vor.
                      Mythos 2: Wie ich sagte: viele Leute bekommen recht gut einen neuen (wenngleich häufig schlechteren) Job. Viele andere bleiben beim Jobwechsel gleich gestellt oder verbessern sich sogar. Aber es gibt ja unbestritten auch Leute, die wenig bis keine Chancen auf was Neues haben. Und dazu kommt immer die Konjunkturphase, innerhalb derer man den Job verliert…

                    • Stefan Pietsch 23. Juli 2021, 16:05

                      Es kommt so einiges auf Erden vor, dennoch richten wir nicht unser Handeln danach aus.

                      Du meinst, 5-6 Millionen Jobwechsel tun das unfreiwillig um eine schlechter bezahlte Stelle anzunehmen? Sicher. Die Gastronomie sucht gerade händeringend nach Köchen und Servicekräften. Die haben in der Pandemie (= schlechte Zeit) nicht darauf gewartet, dass der Staat den Lockdown wieder aufhebt. Jetzt haben wir halt weniger Restaurants und Kneipen. Die meisten, so die DEHOGA, haben besser bezahlte Jobs bekommen und kehren nicht zurück. Schlechte Zeiten.

                      Fakten interessieren Dich nicht so, oder? Denn Du gehst auf keinen einzigen ein.

                  • Stefan Sasse 22. Juli 2021, 07:25

                    Klar – gut ausgebildete Leute, die überall einen Job finden, brauchen auch keinen Kündigungsschutz. Aber für die war der ja auch nie da.

                    • Stefan Pietsch 22. Juli 2021, 08:06

                      Die genießen ihn auch seltener, siehe oben. Und wenn, dann ist es meist zur finanziellen Last des Unternehmens. Es gibt nämlich auch solche, die es darauf anlegen, größere Abfindungsbeträge abzugreifen. Legitim, ist nur nicht die Aufgabe des Kündigungsschutzes.

                    • Stefan Sasse 22. Juli 2021, 14:14

                      Klar, Arschlöcher gibt es immer. Es gibt auch Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmenden ausbeuten.

                    • Stefan Pietsch 22. Juli 2021, 15:11

                      Du verstehst halt nicht, worum es beim Kündigungsschutz eigentlich geht. Dealmaking. Und dabei sind die einfachen Menschen immer im Nachteil, weil es ihnen an Cleverness mangelt.

                    • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 06:37

                      Das ist so einfach nicht meine Erfahrung mit diesem Instrument.

                    • Stefan Pietsch 23. Juli 2021, 10:22

                      Du kommst aus einem speziellen Bereich und es ist nicht einmal ein Markt. Deine Erfahrung stimmt weder mit der Statistik noch der Erfahrung auf den Fluren der Arbeitsgerichte überein. Richter interessieren sich nicht dafür, ob jemand zu Unrecht oder zu Recht gekündigt wurde. Sie interessiert allein, was die Basis für einen Deal sein könnte. Und das inkludiert typischerweise Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Abfindung.

                    • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 15:44

                      Inwiefern ist das „kein Markt“? Ich meine, der Arbeitsmarkt ist so oder so kein Markt. Aber ich bin doch gespannt, warum mein Bereich da rausfallen sollte.

                    • Stefan Pietsch 23. Juli 2021, 16:09

                      Ein Markt kennzeichnet sich dadurch, dass Angebot und Nachfrage mit einer gewissen Elastizität auf Preisvariationen reagieren. Doch die Nachfrage nach Arbeit ist weitgehend starr und praktisch ausschließlich politisch determiniert. Auf überdurchschnittliche Lohnsteigerungen reagieren die Arbeitgeber nicht mit Ausweichtendenzen und Stellenreduzierungen, sondern mit Budgeterhöhungen. Wie anders könnten Deutschlands Lehrer auch zu den höchsten Löhnen in der OECD gekommen sein bei gleichzeitig durchschnittlicher Leistung und häufiger Leistungsverweigerung?

                    • Stefan Sasse 24. Juli 2021, 09:38

                      Arbeit kann nie nach Angebot und Nachfrage funktionieren. Die Arbeitnehmenden haben nicht die Option, abzulehnen, weil sie ja von was leben müssen.

                    • Stefan Pietsch 24. Juli 2021, 10:17

                      Im Ort meiner Kindheit sind Putzfrauen rar. Der Stundenlohn beläuft sich mit 15€ weit mehr als 50% über dem gesetzlichen Mindestlohn – schwarz. Niemand will in der Branche angestellt arbeiten. Dennoch können es sich die Anbieterinnen problemlos leisten, Jobs auszuschlagen.

                      Aber was weiß ich schon von Markt. Besser einen Deutschlehrer fragen. 🙂

                      Was Du beschreibst, war Manchester. Schlag im Geschichtsbuch nach, wann das war.

          • Erwin Gabriel 22. Juli 2021, 22:32

            @ Stefan Sasse 21. Juli 2021, 10:06

            Stefan hat für niedrigere Gehälter und weniger Schutz plädiert, schon öfter.

            Bin mir nicht sicher, dass Du Recht hast. Er mag keine subventionierten Löhne, und das kann ich nachvollziehen. Aber per se weniger Lohn, wenn der Unternehmer bereit ist, den zu zahlen?

            Und Kündigungsschutz ist ja gut und schön, um einen hilflosen Arbeiter vor der Willkür des bösen Bosses zu schützen. Aber er schützt auch den faulen, intriganten Sack vor den Versuchen des klugen und gerechten Unternehmers, den Laden zu retten.

            • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 06:41

              Und Kündigungsschutz ist ja gut und schön, um einen hilflosen Arbeiter vor der Willkür des bösen Bosses zu schützen. Aber er schützt auch den faulen, intriganten Sack vor den Versuchen des klugen und gerechten Unternehmers, den Laden zu retten.

              Korrekt. Wie ich an anderer Stelle zu Stefan sagte: gib mir ein Instrument, das Vorteile erhält und Nachteile verhindert, und ich bin sofort dafür, das Ding abzuschaffen. Aber eine ersatzlose Streichung schadet einfach nur den AN.

              • Erwin Gabriel 23. Juli 2021, 11:50

                @ Stefan Sasse 23. Juli 2021, 06:41

                Korrekt. Wie ich an anderer Stelle zu Stefan sagte: gib mir ein Instrument, das Vorteile erhält und Nachteile verhindert, und ich bin sofort dafür, das Ding abzuschaffen. Aber eine ersatzlose Streichung schadet einfach nur den AN.

                Du machst das schon wieder: Weil es nicht schwarz sein soll, muss es weiß sein.

                Stefan Pietsch schreibt sich die Finger wund, dass es eben NICHT um eine ersatzlose Streichung geht, und was der Ersatz sein soll, beschreibt er doch ausführlich.

                Das interesse der Unternehmer ist, ihr Unternehme zu erhalten und zu stärken.

                Bei uns gab es beispielsweise eine innerbetriebliche Altersversogung. Da der Laden schon lange existiert und früher in ein großes Unternehmen eingebunden war, war diese Regelung aus den 70er Jahren recht großzügig. Sie wurde jetzt gekippt, da die Rückstellungen für Altersvorsorge am Schluß über 60 % der Gewinne auffraßen.

                Das sind Situationen aus der Realität; da kann man über den bösen Arbeitgeber schimpfen, aber ohne diese Maßnahme (samt Kurzarbeit) hätten wir Corona nicht überstanden, und Weihnachten 2020 wäre Feierabend für 120 Mitarbeiter gewesen.

                Es gibt das Schwarz-Weiß (was Du zwar nicht explizit, aber von Deinen Argumenten immer wieder propagierst) einfach nicht. Es ist immer leicht, die Trommel zu schlagen, wenn man die Konsequenzen von Entscheidungen nicht selbst ausbaden muss.

                • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 15:47

                  Bezweifle ich doch gar nicht. Ich finde nur die schwarz-weiße Sicht, nach der der Kündigungsschutz IMMER und für beide Seiten negativ ist, Unfug. Es gibt Gewinner.

  • cimourdain 20. Juli 2021, 23:17

    Sie sprechen viele richtige Punkte an, vor allem den letzten Abschnitt kann ich voll unterschreiben. Ergänzend möchte ich auf das Hochwasser 2013 verweisen und wie wenig aus den Dingen, die damals funktioniert haben und den Dingen, die sich als problematisch erwiesen haben gelernt wurde.

    – Warnsysteme: Das allgemein zugängliche, klar bemerkbare und unmissverständliche Warnsystem ‚Sirenen‘ wurde z.B. in München 2014 stillgelegt (zu wartungsintensiv) und durch eine Warn-App ersetzt, die von 6 Personen genau eine nutzt (Quelle: Mikrozensus im Bekannten/Kollegenkreis)

    – Schutzsysteme: Talsperren haben sich als wirksam erwiesen, ebenso Flutwiesen und Polder. Aber auch da schlägt das Nimby-Denken voll zu, welche Gemeinde opfert gern ihre Flächen für die Gebiete flußabwärts? Ganz zu schweigen von den Eigentumsrechten der Grundbesitzer.

    – Bebauung: Hochwasserrisikokarten sind öffentlich verfügbar. Flussnahe Bebauung ist immer ein Sachrisiko.

    – Böden: Verdichtete und Versiegelte Böden können Wasser weder aufnehmen noch in die Tiefe weiterleiten. (ca 20.000 qkm sind in Deutschland versiegelte Fläche = 5,5%. Der überwiegende Teil davon sind Verkehrsflächen)

    -Landschaften : renaturierte Flüsse und Auwälder helfen, eine Flutwelle abzudämpfen.

    • Ariane 21. Juli 2021, 01:23

      die von 6 Personen genau eine nutzt (Quelle: Mikrozensus im Bekannten/Kollegenkreis)
      Und das ist vermutlich schon viel.

      Würde auch noch Bodenbewirtschaftung generell ergänzen, Futtermaisanbau ist zb auch schlechter als ne normale Feuchtwiese. Dazu das „Wüstenphänomen“, weil die Extreme an beiden Enden der Skalen zunehmen und vertrockneter Boden auch nur wenig Wasser aufnimmt.

      Hab mich neulich auch mit einigen Bekannten unterhalten, weil es sich so absolut merkwürdig anfühlt. Da heißt es immer, wir im Norden saufen alle ab, aber die einzigen Hochwasser, an die ich mich erinnere, waren im Süden/Osten. Er nannte mehrere Gründe. a) traditionell wird Hochwasserschutz hier logischerweise schon sehr viel länger ernstgenommen und man kann ganz gut verdeichen. b) Oft wird es eher durch das Meer verursacht, was leichter vorhersagbar ist, c) es ist generell flacher und man hat nicht so krasse Talsenken, in die viel Wasser auf mal reinlaufen kann. d) häufigere Wetterwechsel, lang anhaltender Starkregen kommt hier eigentlich nie vor.

    • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 07:53

      Stichwort App: Ich hab in den letzten zwei Wochen jeden zweiten Tag über die Warn-App eine Unwetterwarnung bekommen, aber jedes Mal war es maximal ein bisschen Wind und Regen. Das Ding schreit zu oft „Wolf“.

      • Marc 21. Juli 2021, 09:27

        Es müsste dringend geklärt werden, wie oft EFAS schon Wolf geschrien hat. Es geht ja auch um die Plausibilität der Warnungen. Oder auch wie detailliert oder großflächig sie waren.

      • Ariane 21. Juli 2021, 10:41

        Jep. Und wie Erwin weiter oben schon sagte, bei einer Unwetterwarnung oder Warnung vor Starkregen denkt man ja eher dran, die Fenster zu schließen statt um sein Leben zu rennen.

        Da braucht man dann wirklich sowas wie „Evakuierung möglich, bereiten sie sich vor“

  • Ariane 21. Juli 2021, 00:39

    Hier auch nochmal ne Gegenüberstellung von Katwarn mit dem aktuellen Geschehen: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/bad-neuenahr-ahrweiler-flutkatastrophe-warnungen-rekonstruktion-100.html?utm_source=Twitter&utm_medium=@tibor

    Und was ich auch wichtig fand, in diesem Thread:
    https://twitter.com/CorneliusRoemer/status/1417382695605317652

    Da geht es eben nicht nur darum, wo die Bevölkerung informiert wird, sondern auch wie und v.a. wie man die passende Dringlichkeit vermittelt. Statt Zahlenangaben wäre vermutlich so etwas wie „bereiten sie sich auf eventuelle Evakuierungen vor oder gehen sie vorsorglich in Sammelunterkunft xyz“ sinniger. (gerade wenn man dann schon rät, in höhere Stockwerke zu gehen und wegen Elektrizität im Wasser aufzupassen, gerade weil man dazu noch bedenken muss, dass man schwer rauskommt, wenn zulange gewartet wird)

    Auch schön: behalten sie das Abflussgeschehen im Auge“ Ähm. Ja.

    • Marc 21. Juli 2021, 10:26

      Dann lasse ich mal diese Analyse der Berichterstattung des SWR da:
      https://twitter.com/mjrieger/status/1416943551666139138

      Camping-Plätze und Hängematten für Enten waren die Schwerpunktsetzung am Vorabend der Katastrophe.

      • Ariane 21. Juli 2021, 10:48

        Ja, der WDR hat sich wohl auch nicht mit Ruhm bekleckert. Als in Wuppertal evakuiert wurde, hatten sie gar nichts. Irgendwann im Laufe der Nacht dann so einen Newsticker unten am Bildschirmrand. Glaub auch Radio war dann hauptsächlich so ein kleiner Stadtsender.

        Und dazu kommt, dass selbst die ÖR nicht mehr die Reichweite von einst haben.

        • Stefan Pietsch 21. Juli 2021, 11:01

          Und dazu kommt, dass selbst die ÖR nicht mehr die Reichweite von einst haben.

          Zwei Punkte. Erstens, warum kostet dieser ÖR mit sinkender Reichweite immer mehr (statt weniger)? Das ist doch widersprüchlich.

          Zweitens: Bei jenen, die zur Risikogruppe „Ersaufen“ und „Herzinfarkt“ gehörten, hat der ÖR noch große Reichweite. Vor allem die größte von allen Medien.

          • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 13:42

            Kein Stück, die saugen Kohle auf weil sie sie kriegen. Und weil sie sich nicht auf ihre Kernaufgaben beschränken.

        • Stefan Sasse 21. Juli 2021, 13:43

          Ich finde es weird, die Verantwortung beim WDR zu suchen. Es ist doch nicht Aufgabe der ÖR, eigenständig Evakuierungswarnungen rauszugeben. Da muss eine Ansage aus der Exekutive kommen und dann breite Sendung auf allen Kanälen, volle Pulle. Aber das Geschrei will ich hören wenn die ÖR anfangen einfach mal auf Basis der Redaktionskonferenz Evakuierungswarnungen zu senden.

          • Dobkeratops 21. Juli 2021, 15:02
          • Erwin Gabriel 22. Juli 2021, 13:41

            @ Stefan Sasse 21. Juli 2021, 13:43

            Ich finde es weird, die Verantwortung beim WDR zu suchen. Es ist doch nicht Aufgabe der ÖR, eigenständig Evakuierungswarnungen rauszugeben.

            Wie oft ich im Radio schon gehört habe: „Im Anschluss folgt eine Unwetterwarnung“ etc.

            Es ist natürlich die gerade die Aufgabe des ÖR, auch solche Themen weiterzugeben …

            Da muss eine Ansage aus der Exekutive kommen und dann breite Sendung auf allen Kanälen, volle Pulle. Aber das Geschrei will ich hören wenn die ÖR anfangen einfach mal auf Basis der Redaktionskonferenz Evakuierungswarnungen zu senden.

            • Stefan Sasse 22. Juli 2021, 14:13

              Genau! Die sollen das aus allen Rohren senden – aber nach einer Ansage der Exekutive, nicht aus eigener Regie. Wo kommen wir denn da hin?!

              • Erwin Gabriel 22. Juli 2021, 22:15

                @ Stefan Sasse 22. Juli 2021, 14:13

                Die sollen das aus allen Rohren senden – aber nach einer Ansage der Exekutive, nicht aus eigener Regie. Wo kommen wir denn da hin?!

                Betrüblich ist, dass Du das ernst meinst.
                Du bist der Erste, der schreit, dass der ÖR kein Regierungsfunk ist. Aber wenn jeder Pubs der Kanzlerin durch alle Programme ausgerollt wird, kann man auch eine Unwetterwarnung des DWD in entsprechender Deutlichkeit durchgeben.

                Es war ja wohl auch keine Regierungsanweisung nötig, im Zusammenhang mit Corona auf das erforderliche Tragen von Masken hinzuweisen. Da hat die Aussage eines Virologen des RKI gereicht, und das liegt sicherlich nicht über der Kompetenz des DWD.

                • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 06:38

                  Erneut: die ÖR haben versagt. Sie haben wesentlich zu wenig das gesendet, was bekannt war. Aber die Forderung, dass sie Evakuierungswarnungen ausgeben sollen, wie das teilweise gefordert wurde, ist Humbug.

            • Ariane 22. Juli 2021, 14:45

              Also amtliche Unwetterwarnungen weiterzugeben ist schon ihre Aufgabe, aber das ist natürlich was anderes und tun sie nebenbei gesagt ja auch.

              Aus eigenem Antrieb Evakuierungen vorzunehmen natürlich nicht (obwohl es gut möglich ist, dass man irgendwo einen Paragraphen findet, der die Exekutive dazu verpflichtet, quasi die Programmgestaltung für Warnmeldungen zu übernehmen, nur muss sie es dann eben auch tun). )

              Gab ja auch lustige Meldungen, dass einige Ortschaften die Sirenen nicht ausgelöst haben aus Angst vor Panik, weil der ÖR noch nicht berichtet hatte (der vermutlich nicht berichtet hatte, weil noch niemand „Alarm“ geschrien hatte).

  • Erwin Gabriel 22. Juli 2021, 08:54

    @ Stefan Pietsch, als Ergänzung aus dem heutigen Morning Briefing:

    • Das Europäische Hochwasserwarnsystem (EFAS) veröffentlichte gestern Daten, die belegen, dass die Behörde zuerst am 10. Juli gewarnt hatte. In der Zeit vom 10. bis zum 14. Juli wurden demnach 25 Warnmeldungen an betroffene Behörden abgesetzt.
    • Auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat frühzeitig gewarnt – zum ersten Mal zwei Tage vor dem Unwetter, am Montag, den 12. Juli. Am Mittwochnachmittag listete der DWD 37 Kreise auf, für welche die höchste Warnstufe galt. Gewarnt wurde vor allem vor „extrem ergiebigem Dauerregen.“ Der Wetterdienst schrieb von Niederschlagsmengen zwischen 80 und 180 Litern pro Quadratmeter, teilweise sogar bis zu 200 Liter pro Quadratmeter.
    • Die Landkreise hingegen stehen nicht gut da. Im akuten Krisenfall ist es in Deutschland die Aufgabe der Landräte und Feuerwehrleitstellen, zu warnen und die Informationen von DWD oder EFAS zügig an die Bürger weiterzuleiten. Die Weitergabegeschwindigkeit aber weist große regionale Unterschiede auf.
    • In Wuppertal funktionierte das lokale Warnsystem und in der Nacht auf den Donnerstag wurden die Sirenen aktiviert. In anderen Landkreisen blieben die Sirenen stumm.
    • Auch der WDR muss sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht wirklich ernsthaft gewarnt zu haben. Das Fernsehprogramm wurde am Mittwoch – als im Kreis Euskirchen die Steinbachtalsperre übergelaufen war und die ersten Ortsteile ihre Stromversorgung verloren hatten – um ein 15-minütiges WDR-Extra ergänzt. Danach liefen die Sendungen „Das Beste im Westen – Daniel Aßmanns Sommer-Highlights“ und „Der Haushalts-Check mit Yvonne Willicks“ ohne Unterbrechungen durch. Im Hörfunk fanden erst um 1:30 Uhr einminütige Sondernachrichten statt.

  • Thomas 22. Juli 2021, 09:50
    • Kning4711 22. Juli 2021, 09:53

      Ja genau, aber bei anderen Spielereien, die der Mobilfunk so bietet (ich sage nur Silent-SMS zur Überwachung) ist der Staat gar nicht so kritisch.

      Es fehlt beim Thema digitaler Infrastruktur ein Masterplan und übergeordnete Koordinierung. Da kocht jeder sein Süppchen und macht sein eigenes Ding.

  • CitizenK 22. Juli 2021, 15:38

    Eindrucksvolle Schilderungen aus dem richtigen Leben. Aus der Sicht der überlasteten Gerichte verständlich – müsste daraus nicht ein Kapazitätsaufbau folgen? Der Arbeitsplatz für für die meisten Menschen ja eine zentraler Punkt in ihrem Leben. Formal noch Rechtsstaat, aber materiell?

    Was Sie schildern, ist für beide Seiten eine Tortur. Aber liegt darin nicht auch ein Schutz vor allzu leichtfertig ausgesprochenen Kündigungen? Diese Hemmschwelle fiele durch die von Ihnen vorgeschlagene Regelung auch weg.

    • Stefan Pietsch 22. Juli 2021, 17:15

      Langjährige Erfahrung. Und die wird Ihnen jeder Arbeitsrechtsanwalt bestätigen.

      Wenn fast jeder arbeitgeberseitige Kündigung zu einer Klage führt, ist das Problem leicht ausgemacht. Ein Rechtsstaat kann nicht überleben, wenn jeder Bürger gegen jede Handlung klagt. Kündigungen sind so normal wie Neueinstellungen. Das ist die Realität.

      Es ist vor allem für Gekündigte eine Tortur. Für jeden. Das weiß ich, ich bin nicht gefühlskalt. Ich habe immer versucht, Prozesse zu vermeiden. Das geht nur mit Fairness (ich nehme das Ergebnis des Verfahrens vorweg) und Realitätssinn auf beiden Seiten. Wer den nicht hat, für den wird es teuer. Entweder für den Arbeitgeber, in dem das Verfahren sich hinzieht und die Abfindung weit höher ausfällt, oder für den Gekündigten, der mit der falschen Strategie weniger Geld bekommt.

      Das Recht jeden Bürgers, gegen eine ungerechtfertigte Handlung zu klagen, kann der Gesetzgeber nicht wegnehmen. Auch in den USA gibt es eine Reihe Arbeitsgerichtsverfahren bei Kündigungen. So kann man weiter wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes oder Diskriminierung klagen. Nur würde die Abfindungsregelung den neuen Standard setzen, Kündigungsgründe wie verhaltensbedingt, personenbedingt und betriebsbedingt wären nicht mehr notwendig.

      Mir geht es an dieser Stelle nicht um die Arbeitgeberseite. Sondern um die Menschen, die in den Prozessen unter die Räder kommen, weil sie sich nicht auskennen.

    • Stefan Sasse 23. Juli 2021, 06:37

      Exakt. Es ist ein Preis für Kündigungen, und wie alle Preise wirkt er abschreckend.

      • CitizenK 23. Juli 2021, 16:42

        Als Alternative wird oft Dänemark genannt, das kaum gesetzlichen Kündigungsschutz kennt, dafür aber relativ großzügige Arbeitslosen-Unterstützung*. Allerdings übersieht man dabei, dass in DK die Tarifverträge Kündigungsschutz-Bestimmungen enthalten.
        https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-auch-daenemark-schuetzt-beschaeftigte-10652.htm
        *deren strenge Voraussetzungen ich nicht übersehe, wie Stefan P. mir hier immer wieder unterstellt.

        Auch die Abfindungs-Alternative sehen das WSI nüchterner:

        „Zwar erhält rund die Hälfte der Klagenden eine Abfindung. Allerdings klagen nur 15 Prozent der Gekündigten; alle anderen nehmen den Jobverlust klaglos hin. Die weit überwiegende Mehrheit der Beendigungen von Arbeitsverhältnissen verläuft damit konfliktfrei. Das würde sich nach Analyse der Wissenschaftlerinnen aber höchstwahrscheinlich ändern, wenn immer wieder diskutierte Abfindungsvorschläge Wirklichkeit würden. „Es ist ein Unterschied, ob man einen Arbeitsplatz aufzugeben bereit ist, der nur gegen den Widerstand des Arbeitgebers fortgesetzt werden könnte, oder ob man auf Geld verzichtet.““

        • Stefan Pietsch 23. Juli 2021, 20:55

          So wie ich Dänemark kennengelernt habe, war der Arbeitsmarkt enorm liberalisiert. Trotz der großzügigen Absicherung bedeutet auch dort Entlassung persönliche Krise und Unsicherheit. Das lässt sich einfach nicht nehmen.

          Ich kannte mal die Zahl 90%. Aber es ist schon richtig: viele, denen ich kündigen musste, waren überrascht, dass sie noch eine Abfindung bekommen sollten. Verhandelt hat fast niemand. Wenn die Wissenschaftler aber die Schlussfolgerung ziehen, die überwiegende Mehrheit der Beendigungen würde konfliktfrei verlaufen, dann ist das nicht richtig.

          Persönlich hat man als Arbeitgeber jemanden gegenüber sitzen, für den gerade eine Welt zusammenbricht. Durch den Wind ist fast jeder. Viele Kündigungen finden in Bereichen statt, wo das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt: in der Probezeit (25-40% der Arbeitsverhältnisse enden vorzeitig), in Unternehmen mit gerade bis zu 20 Beschäftigte.

          Nach meiner Erfahrung ist das Gros der arbeitgeberseitig ausgesprochenen Kündigungen streng am Gesetz orientiert unwirksam. Sie sind getrickst. Beispiel: aufgrund der Arbeitsleistung und des persönlichen Verhaltens wollte sich ein Unternehmen von der unternehmensinternen rechtlichen Beraterin trennen. Die Begründung wäre auch hier betriebsbedingt gewesen. Der Trick: Vor Gericht wäre geltend gemacht worden, dass der Bereich, bestehend aus einer Person, aufgegeben würde. Entsprechend wurde man sich schnell handelseinig.

          Der Punkt ist, klare Regeln sind zum Nutzen einfacher Menschen, die mit komplexen Gesetzen überfordert sind. Der Gesetzgeber meint, der Verlust des Arbeitsplatzes habe keinen Wert, Gekündigte müssten nicht entschädigt werden. Die Rechtsprechung hat mit ihrem Dealmaking diese Ansicht korrigiert. Ich meine, zu Recht. Stefan ist der Ansicht, die Welt ist so in Ordnung, wie sie ist. Dort, wo er arbeitet, sind die Jobs ja geschützt. No more words needed.

          Tatsächlich ist die häufigste Frage des Richters (die meisten Arbeitsrichter sind allerdings weiblich) zu Beginn des Gütetermins: Können Sie sich eigentlich eine weitere Zusammenarbeit vorstellen?

          Paarberater sagen, eine einmal beendete Beziehung sollte man nicht wieder aufwärmen. Aber was wissen die schon vom Zwischenmenschlichen?

        • Stefan Sasse 24. Juli 2021, 09:39

          Solche Systeme bevorzugen außerdem diejenigen, die weiter oben sind, während Kündigungsschutz eher denjenigen weiter unten hilft.

          • Stefan Pietsch 24. Juli 2021, 10:11

            Was hast Du eigentlich von der Debatte der letzten Tage mitbekommen? CitizenK verwies gerade darauf, dass viele Gekündigte sich klaglos ihrem Schicksal ergeben. Die Quintessenz und der Faden war: der Kündigungsschutz verhindert Entlassungen nicht, am Ende ist der Job doch meist weg. Jeder Personaler mit etwas Erfahrung weiß, wie eine Kündigung aufzubauen ist.

            Und Du willst die Leute noch ohne Abfindung gehen lassen. Es ist wie immer: Linke haben vor allem das Wohl der Gutsituierten im Auge. So war das schon vor 30 Jahren. Der Grund, warum ich dieser politischen Richtung Lebewohl gesagt habe.

    • Thorsten Haupts 23. Juli 2021, 10:14

      Das Argument mit dem leichtfertig verstehe ich nicht ganz. 90% der Kündigungsfälle, in denen sich der AN wehrt, enden ohnehin praktisch mit einer Abfindung. Den Kündigungsschutz zu streichen und durch eine mandatorische Abfindung zu ersetzen würde nur die gelebte Praxis zur gesetzlichen Regelung machen.

      Die wirklichen Kosten der Kündigung einer an sich notwendigen Stelle sind auch ohne Kündigungsschutz prohibitiv hoch – fähige AG rechnen hier mit mindestens einem Jahresgehalt (Suche&Einstellung, Einarbeitungszeit des neuen Mitarbeiters). Die einzige Ausnahme mögen hier voraussetzungslose Hilfsjobs sein.

      Gruss,
      Thorsten Haupts
      seit 30 Jahren durch alle Anstellungsverhältnisse, die in Deutschland möglich sein, meist mehrfach

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