Corona in norddeutschen Schrebergärten und palästinensischen Flüchtlingslagern – Gemischtes 12.04.2020

Da es mir ein bisschen zu mühsam wurde, immer lange Frontberichte in die Kommentare zu schreiben und dann nichts mehr wiederzufinden, habe ich mal Stefans Idee geklaut und aus meinen Frontberichten eine Linksammlung gebaut und nenne sie zur Unterscheidung Gemischtes, bis mir ein besseres Wort einfällt.
Auch hier gilt: „Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.“

1) Das Spargel-Dilemma
Erste Spargelhelfer in Deutschland angekommen

Die Helferinnen und Helfer sollten am Flughafen zunächst medizinisch untersucht werden. Anschließend gilt für alle eine quarantäneähnliche Phase. Die Betriebe seien dafür verantwortlich, die Helfer in kleinen Teams zu organisieren, die während dieser ersten Zeit in Deutschland unter sich bleiben, leben und arbeiten, sagte eine Sprecherin des Deutschen Bauernverbands. Die Agrarbetriebe chartern zudem die Flugzeuge und sollen die Helfer auch vom Flughafen abholen. „Durch diese Regelung bleiben unsere Betriebe arbeitsfähig“, sagte Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied. „Wir hoffen auch, dass die ein oder andere helfende Hand aus Deutschland mit in der Landwirtschaft Hand anlegt.“

Ich will gar nicht verhehlen, dass fehlende Spargelstecher aus Osteuropa wirklich ein Problem für Bauern sind. Das ist eine Arbeit, die Deutsche nicht machen und die man auch nicht einfach so mal eben machen kann. Nur weil man für etwas nicht studiert haben muss, kann das nicht jeder einfach mal so. Und Spargel ist ein hochkompliziertes Gemüse, das einzeln per Hand korrekt gestochen werden muss. Aber die Macht, die die Bauernlobbies mitten in der Coronapandemie entfalten ist atemberaubend und die Lösung des Problems nicht die beste – gelinde gesagt. Mal davon abgesehen, dass der deutsche Bauernverband auf die Idee kam, mitten in den größten Wirren mit Streik zu drohen, wenn die EU sich bei den Nitratregeln nicht einsichtig zeigt. Tja, auf diese Idee muss man erstmal kommen, ich möchte nicht wissen, was in Deutschland los ist, wenn die Pflegekräfte, die gerade massiv gefährdet sind, erstmal einen Streik ankündigen.

Wie auch immer, beim Spargelstechen konnte sich die Bauernlobby durchsetzen und mehrere Zehntausend Erntehelfer aus Osteuropa dürfen während des vollständigen Lockdowns einreisen. Von guter Organisation kann man aber beileibe nicht reden, am Flughafen Cluj kam es zu so einem Gedränge, dass man das ganze zwischenzeitlich abbrechen und neu organisieren musste, weil die rumänische Bevölkerung protestierte. Wenn die Rumänen und Polen dann in Deutschland sind, hat man sich großartige Regeln ausgedacht. Die Erntehelfer wohnen weiterhin in Sammelunterkünften, sollen aber versuchen, sich aus dem Weg zu gehen. Außerdem wurde extra eine Quarantäne mit Arbeitsmöglichkeit erfunden, damit das Spargelstechen auch in Quarantäne weitergehen kann. Schließlich werden die Bauern nicht müde zu betonen, dass studentische Helfer nicht zu gebrauchen sind, weil sie die Knochenarbeit einfach nicht gewohnt sind.

Bei aller Liebe, aber die ganze Aktion ist mitten in einer Pandemie völliger Wahnsinn. Während Steinmeier und Merkel wieder und wieder betonen, dass die Pandemiesituation fragil und weiterhin gefährlich ist und die Bürger doch bitte solidarisch und diszipliniert zu Hause sitzen sollen, werden Zehntausende zusammengepfercht und durch die Gegend gekarrt, um dann einsam und allein hier Spargel zu stechen. Wer glaubt denn bitte, dass sowas funktioniert? Und was passiert, wenn sich bei dieser Massenansammlung an den Flughäfen Covid ausbreitet? Die Leute werden nur auf Symptome getestet? Packen wir die dann alle wieder schnell ins Flugzeug nach Rumänien oder werden sie zumindest in Deutschland versorgt und behandelt? Liebe Regierung, so geht das nicht. Wenn man die Bevölkerung zu Solidarität aufruft, muss man mit gutem Beispiel vorangehen und sollte weder deutsche noch osteuropäische Bürger willentlich in Gefahr bringen, nur damit das traditionelle Spargelessen theoretisch vonstatten gehen kann. Schließlich wird ja auch dazu aufgerufen, Familienfeiern eben gerade nicht abzuhalten.

2) Anarchie in Niedersachsen
Kommunen wollen schärferes Kontaktverbot

Die Anfang April kurzzeitig in der Verordnung des Landes aufgenommene Formulierung, Kontakte in der eigenen Wohnung sollten „auf den eigenen Hausstand beschränkt“ werden, ist offensichtlich noch nicht landesweit vom Tisch. Zwar hat das Sozialministerium auf Druck der Staatskanzlei die Vorgabe wieder aus der Verordnung getilgt. Einige Städte (etwa Braunschweig und Wolfsburg) erwägen jetzt aber nach Rundblick-Informationen, diese Bestimmung trotzdem zu erlassen – da die Polizei anders gar keine Handhabe habe, größere Feiern über Ostern wirksam unterbinden zu können. Paragraph 11 der Landesverordnung gestattet es den Kreisen und kreisfreien Städten, über das Regelwerk des Landes hinauszugehen.

Und wo gibt es besonders viele Spargelfelder und die Tradition des Spargelessens im Familienkreis? Richtig, in Niedersachsen, das sich bisher nicht gerade als Hort der guten Krisenorganisation erwiesen hat. Da die Zahl der absoluten Fälle noch relativ gering ist (ca. 8.000) führt Stephan Weil mit Besonnenheit und einem Faible für nautisches Vokabular durch die Krise. Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen sind die einzigen Bundesländer mit Küsten und Inseln und schaffen es nicht, sich auf einheitliche Regeln für Touristen zu einigen. Während SH und MV ihre Länder einfach für Touristen gesperrt haben, erließ Niedersachsen nur ein Touristenverbot für seine Inseln. Nebenbei verhedderte man sich noch in einem verrückten Baumarktkrieg. In Niedersachsen waren die Baumärkte zunächst für Privatpersonen gesperrt, woraufhin sich Bremen über Baumarkt-Tourismus beschwerte. Also machte man sie wieder auf, um die Heimwerker und Gärtner besser zu verteilen. Woraufhin sich Mecklenburg-Vorpommern nun beschwerte, weil die Mecklenburger alle nach Niedersachsen strömen.

Während sich die Länderchefs über Touristen und Baumärkte streiten, wird es den Kommunen langsam zu viel und sie nehmen die Sache mehr und mehr selbst in die Hand, denn schließlich müssen sie die wirren und ständig wechselnden Vorgaben des Kapitäns Weil umsetzen und Baumarktunternehmen und Polizisten beraten.
Ich muss zugeben, dass ich als niedersächsische Bürgerin nicht sehr zufrieden mit meiner Landesregierung bin. Während die Infektionszahlen auch hier steigen und wir massive Probleme in mehreren Altenheimen haben, die kurzzeitig das ganze Krankenhaus in Wolfsburg lahmlegten, rät Stephan Weil zu Besonnenheit und kümmert sich um Baumärkte und Spargelstecher, während ich zwischendurch lese, dass nicht mal die Meldungen meines Landkreises täglich durchgeführt werden. Es wäre wirklich nett, wenn zumindest der Eindruck erweckt würde, dass man in Niedersachsen das eigentliche Pandemieproblem nicht ganz aus den Augen verliert.

3) Kleinkrieg um die Küsten
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten

Ein Stadtstaat und ein Flächenland liegen im Clinch. Der Preis für den Corona-Krieg im hohen Norden ist hoch. Er vertreibt Tausende Hamburger von liebgewonnenen Orten, nimmt ihnen Ferienhaus und -hof. Erfüllt das Einreiseverbot nur den Tatbestand der seelischen Grausamkeit? Oder kann man schon von Folter sprechen? „Ich habe jetzt sehr viel mehr Verständnis dafür, wie sich Asylbewerber fühlen müssen, wenn sie eine Ausweisungverfügung erhalten“, lässt sich ein UKE-Professor mit Datscha am Schaalsee in einer Hamburger Zeitung zitieren. Wochen-, vielleicht monatelang nicht an den geliebten See: Manche müssen ihr Leid in drastischen Bildern ausdrücken.

Nicht nur Niedersachsen leidet am Föderalismus-Chaos, weiter oben im Norden ist ein erbitterter Streit um Tourismus und Land- und Stadtbevölkerung ausgebrochen, der Tag für Tag seltsame Blüten trägt. Dazu muss man sagen, dass Schleswig-Holstein in der Coronakrise in einer komfortablen Lage war. Karneval und Skifahren sind den Urnorddeutschen eher suspekt und so hatte man schon bei den ersten zehn Fällen herausgefunden, dass Covid hauptsächlich bei skiurlaubenden Ärzten ein Problem darstellte, noch bevor Ischgl als Superspreaderort bekannt wurde. Daniel Günther, der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, ist kein besonnener Schiffskapitän wie Stephan Weil, sondern machte schnell Nägel mit Köpfen, schließlich ist ein eher ländlicher Flächenstaat mit Inseln und ländlichen Küsten nicht so ganz der beste Ort für eine Pandemie. Womit man nicht gerechnet hatte, war das Tourismusproblem. Kaum wurden die Schulschließungen in ganz Deutschland verkündet, strömten vor allem Hamburger an die Küsten, um die Saison mit Corona-Ferien früher zu starten. Da man sich schon dem Problem gegenüber sah, wie man die zahllosen Kur- und Rehakliniken leeren und für wichtigere medizinische Zwecke verwenden sollte, konnte man keine weiteren Menschenmassen an den Küsten und vor allem Inseln gebrauchen.

Nachdem man zunächst die Inseln rigoros abriegelte und die Hotels schloss und auch das nicht half, um Tagesausflügler in Hamburg zu halten, erließ man schließlich ein komplettes Einreiseverbot für Touristen. Ich berichtete ja bereits davon, dass mich das als Niedersächsin mit Familie in Schleswig-Holstein als Kolleteralschaden in die Bredouille brachte. Da das Großproblem nun gelöst war, folgte ein erbitterter Kleinkrieg um Zweitwohnsitze und Polizeikontrollen an der Landesgrenze, den die Lokalmedien begeistert aufnahmen. Die Streitereien zwischen Englands und Deutschlands Boulevardpresse sind nichts dagegen.

Es ist amüsant und beängstigend zugleich, was für Konflikte in dieser Pandemiekrise aufbrechen. Reiche Hamburger und Bauerndeppen aus Plön, Stadt und Land, Arm gegen Reich und im Kleinen ein gutes Beispiel für die großen Unterschiede in unserer Gesellschaft. Es ist ja vollkommen verständlich, dass die großstädtischen Hamburger die Pandemie lieber im Grünen verbringen wollen, nur sind es zuviele auf einmal, um die Organisation der gesundheitlichen Problematik effizient durchzuführen. Schließlich sind die richtigen Krankenhäuser auf die einheimische Bevölkerung ausgelegt und sportmedizinische Kurkliniken sind bei einer Lungenkrankheit nur eine Notlösung, um in den richtigen Kliniken Platz zu schaffen. Mal ganz davon abgesehen, dass die Küstenländer sich schon mit Inseln, Kreuzfahrtschiffen und Spargelstechern beschäftigen müssen. Und wer kommt denn bitte auf die Idee, eine Pandemie für einen verfrühten Sommerurlaub zu nutzen? Das sind doch keine Sonderferien aus Jux und Dollerei, während Angela Merkel zum allerersten Mal eine Sonderansprache hält und die Bürger auffordert, zu Hause zu bleiben und jeglichen Kontakt zur Außenwelt auf das absolute Minimum zu beschränken? Von Eigenverantwortung und Solidarität ist da nicht viel zu sehen und sollte sich die Krise verschärfen ist auch fraglich, ob Hamburg nicht ebenfalls dazu übergeht, seine Krankenhäuser nur für die einheimische Bevölkerung zu nutzen.

4) Keine Lust mehr auf Lockdown – die Exitdebatte

Die Auswertung der aktuellen Befragung ist beunruhigend: Langsam schwindet die Angst der Menschen vor dem grassierenden Coronavirus. Die Zuversicht, dass das Gesundheitswesen die Zahl der Covid-19-Kranken bewältigen wird, ist gewachsen. Das spiegelt sich auch in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Civey. Demnach sind 62 Prozent der Deutschen „eindeutig“ oder „eher optimistisch“, dass das Land gut durch die Krise kommt.

Nachdem man im Norden mit Müh und Not Touristen, Heimwerker, Jugendliche und klönschnackende Senioren endlich nach Hause geschafft oder zumindest gut verteilt hat, stellt sich schon das nächste Problem. Der Spiegel berichtet von beunruhigenden Anzeichen einer Lockdown-Müdigkeit. Nun. Das ist ja nicht verwunderlich, es ist ja eben kein Zusatzurlaub, sondern eine Maßnahme, um eine globale Pandemie in den Griff zu bekommen, keiner macht das aus Spaß. Was mir in diesem Artikel fehlt, ist eine gewisse Selbstreflektion. Scheinbar ändern Menschen ihre Meinungen und Stimmungen einfach so aus dem Nichts heraus oder durch göttliche Eingebungen. Das ist natürlich Quatsch, auch die Medien und Politiker haben einen gehörigen Anteil daran, dass das Verständnis für den Lockdown gerade schwindet, neben dem hochsommerlichen Wetter.

Kaum hat man alle nach Hause geschafft und die Covid-Zahlen soweit im Griff, dass die Krankenhäuser nicht vor Überlastung in die Knie gehen, stürzt sich die mediale Öffentlichkeit in eine Exitdebatte, dass einem Hören und Sehen vergeht. Und natürlich muss man überlegen, wie es weitergehen kann. So ein brutaler Shutdown, wie wir ihn jetzt haben, ist nicht lange durchzuhalten. Aber mich ärgern die Prioritäten, während woanders verzweifelt versucht wird, Patienten angemessen zu versorgen, gesundheitliche Sicherheit für Medizinpersonal und andere systemrelevante Berufsgruppen herzustellen und die zahlreichen Probleme, die durch den Lockdown entstehen (keine Sanitäranlagen für LKW-Fahrer zum Beispiel) und Kinder, Jugendliche und Senioren besonders unter der Isolation leiden, geht es in der Debatte hauptsächlich darum, die Wirtschaft wieder ans Laufen zu bringen und die Kinder wieder „loszuwerden“ und zwar durch Regelunterricht und pünktliche Abschlussprüfungen bitte!

Und wieso ist die Herdenimmunität plötzlich wieder überall in den Medien zu finden, nachdem vor allem Großbritannien gerade erst festgestellt hat, dass das überhaupt keine gute Idee ist und die Bundeswehr mit Beatmungsgeräten aushelfen muss? Es scheint leider etliche Menschen zu geben – vor allem in den Medien und Politik – die der Meinung sind, Deutschland hätte das ganze Coronaproblem schon gelöst, nur weil wir bisher in keine absolute Katastrophe geraten sind wie Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien oder die USA. Medien und Politik haben die Aufgabe, an der öffentlichen Meinungsbildung mitzuwirken, Menschen ändern ihre Meinungen nicht durch göttliche Eingebung. Wer sich also über die beunruhigende Lockdown-Müdigkeit beschwert, sollte vielleicht erstmal selbst überlegen, welchen Anteil er an einem Meinungsumschwung hat. Und in einer Staatskrise solchen Ausmaßes geht es auch bei Medien und Oppositionspolitikern um gesellschaftliche Verantwortung. Sie haben nicht ohne Grund verfassungsrechtliche Sonderrechte.

5) Wie weiter mit den Schulen?

Jetzt sollen also bald die Schulen wieder geöffnet werden, fordern viele. Auch dafür gibt es nachvollziehbare Gründe. Aber für mich, einen Menschen mit Vorerkrankungen und Vater zweier schulpflichtiger (Grundschul-)Kinder, sind geöffnete Schulen ein Horrorszenario. Denke ich daran, kann ich nicht mehr schlafen.
Alles, was ich in den letzten Wochen zum Schutz meiner selbst und meiner Familie unternommen habe, würde sinnlos in dem Moment, in dem ich meine Kinder wieder zur Schule schicken müsste, wo sie einer völlig unkontrollierbaren Anzahl an sozialen Kontakten ausgesetzt wären.

Wie schwierig der Exit aus dem Shutdown in Bezug auf die Schulen ist, zeigt dieser anonyme Erfahrungsbericht eines Vaters. Es ist mir völlig unverständlich, dass immer noch über Prüfungen und Regelunterricht debattiert wird, als hätten wir es nur mit einem unbedeutendem Problem zu tun. Dabei ist völlig unklar, wie man Kindergärten und Schulen irgendwie infektionssicher gestalten kann. Schließlich werden normalerweise ein Haufen Kinder zusammen in Bussen in die Schule hin- und zurückgefahren, um dann gemeinsam in überfüllten Klassenzimmern mit absolut unzureichenden Sanitäranlagen zu hocken. Gleichzeitig sollte jedem sofort einleuchten, dass man weder Kleinkinder noch Jugendliche dazu bringen kann, sämtliche Sicherheitsvorschriften mit Abstand halten, Hände waschen und vielleicht noch Mundschutz (stundenlang?) einzuhalten. Mit fünf Toiletten ohne Warmwasser und Seife und Handtücher noch dazu. Und Kinder sind keine Inseln, sie treffen auf ältere Lehrer, die vielleicht selbst zu Risikogruppen (deren Definition eher unklarer wird) gehören und haben Familien. Wie auch LehrerInnen selbst wieder Familien haben.

Das ist ein dramatisches Problem und es hat sich ja schon gezeigt, dass Schulen Infektionsherde sind. Gleichzeitig leiden auch Kinder und Jugendliche unheimlich daran, zu Hause mit ihren Eltern und Geschwistern eingepfercht zu sein ohne direkten Kontakt zu Gleichaltrigen oder andere Menschen, auch dieses Problem müsste eigentlich dringend gelöst werden. Es ist eigentlich dringend an der Zeit, seine Gedanken mal weg von Noten, Prüfungen und Kinderbetreuung zu lenken und die Menschen und ihre individuellen Probleme in den Blick zu nehmen. Wie kann man den Kindern helfen, ohne dass man Infektionsherde baut? Regelunterricht wie früher kann hier keine Lösung sein, wir brauchen Kreativität. Kleinstgruppen, die KiTa-ähnliche Strukturen in Fußreichweite nutzen und die die Möglichkeit haben, zusammen zu essen und über ihre Situation zu diskutieren. Es ist nämlich nicht so, dass alle Kinder und Jugendlichen gerade gechillt vor dem Fernseher sitzen und die nächsten Coronaparties planen. Sie leiden genauso unter der Pandemiekrise wie Erwachsene, nur anders. Ich erzählte ja, dass ich aktuell Notbetreuung von einer 5jährigen mache und wir haben wirklich viel Spaß zusammen, aber es bricht mir das Herz, wie traurig sie ist, dass sie weder ihre Großeltern noch ihre Spielkameradinnen sehen kann. Diese Probleme müssen gelöst werden, nicht Prüfungen oder Betreuungsprobleme der Eltern.

6) Die Heinsbergstudie

Die Schlagzeilen waren voller Euphorie: „Jeder Siebte könnte bereits immun sein“, schrieb der Spiegel. „Lockerung von Einschränkungen wegen Corona möglich“, titelte die FAZ. Dass all diese Schlussfolgerungen, wenn überhaupt, nur für Heinsberg – und nicht bundesweit – gegolten hätten, ging weitgehend unter.
Nun gibt es außerdem inhaltliche Zweifel an der Studie, die zu diesen Titelzeilen geführt hat. So ist nicht sicher, ob der Test, den die Forscher benutzt haben, eine sichere Aussage über eine Infektion mit dem neuen Coronavirus Sars-CoV-2 treffen kann. Außerdem gibt es Verbindungen zwischen dem Bonner Studienleiter und dem PR-Unternehmen Storymachine, welches eine Dokumentation zur Studie selbst finanziert. Zu deren Mitbegründern zählt Ex-BILD-Chefredakteur Kai Diekmann. Aber der Reihe nach.

Einen großen Anteil an der fehlgeleiteten Exitdebatte hat aktuell die Heinsberg-Studie von Hendrik Streeck, der den ersten Infektionsort Gangelt (ein kleines Dörfchen im Kreis Heinsberg) genauer untersuchte und seine Ergebnisse schließlich in einer Pressekonferenz vorgestellt hat. Die ZEIT zeichnet die recht dubiosen Umstände nach, soweit sie sich klären lassen. Kai Diekmann, der ehemalige Bildchef ist mit einer Agentur darin verwickelt und hat die Vermarktung(?) geleitet. Die Taz machte daraus gleich einen Battle um Virologen als wenn Drosten und Streek sich in den Kampf um die Kanzlerdiktatur bewerben wollten.

Von der medizinischen Seite hab ich ja keine Ahnung, außer Dr. Streek vermutlich auch niemand sonst, wenn selbst der Top-Virologe Drosten um mehr Informationen bittet, weil er nicht weiß, ob es sich um Diagnosen oder Labortests handelt. Außer den Presseschnipeseln „Alles nicht so schlimm“ und „0,37 Mortalität ist gar nichts, los mit der Herdenimmunität“, scheint niemand Genaueres zu wissen. Das ist ungewöhnlich, gelinde gesagt. Gerade da sonst sämtliche Daten und Studien und Zahlen über Covid öffentlich zugänglich sind.

Also was ist hier bitte los? Wieso wird eine Studie mit einer großen Pressekonferenz präsentiert und es gibt nicht mal eine zweiseitige Zusammenfassung, während die Schnipsel und Dr. Streek einmal durch die gesamte Presselandschaft gejagt werden. Das ist so ungewöhnlich, dass es nach einem Coup riecht, von der Presse oder dem Wahlkampfteam um Laschet. Man weiß es nicht, aber eine wissenschaftliche Debatte ist dies nicht mehr. Es ist zu einem politischen Meinungskampf geworden als wenn es hier um die Höhe der Grundrente geht. Ich halte das für höchst beunruhigend, wir sitzen hier in einer globalen Pandemie inklusive Wirtschaftszusammenbruch, Einschränkung von Grundrechten und einem völlig verändertem Alltag und es bricht in den Medien ein Streit aus, der das eigentliche Gesundheitsproblem zu einem Nebenthema degradiert, als wäre der Coronavirus ein politischer Player, den man mit Reichweite und Argumenten besiegen könnte. Das kann man nicht anders bezeichnen als völligen Wahnwitz.
Natürlich ist der Shutdown und der Exit daraus eine politische Entscheidung. Aber sie muss sich zwingend an der gesundheitlichen Expertise und Situation orientieren, schließlich wäre es eine völlige Katastrophe, wenn die Kanzlerin sich einfach dem politischem Druck, der hier aufgebaut wird, beugt und damit die deutsche Bevölkerung in Lebensgefahr bringt. Das scheint abseits der Regierung noch nicht überall angekommen sein und wir können froh und dankbar sein, dass Merkel immer wieder darauf hinweist, dass sie die Verantwortung trägt und niemand ihr diese abnehmen kann. Es wäre schön, wenn diese Haltung auch bei anderen Politikern und Medien zu finden wäre.

7)Maulkörbe und Regieanweisungen

In der Krise offenbart sich nun immer deutlicher die Gefahr hinter Lindners Strategie: Der innere Zwang zur Verschrillung, zur ständigen Eskalation. Die nächste Zuspitzung muss noch schärfer, die Wortwahl noch drastischer sein. Wer die Provokation zum Prinzip erhebt, der darf nicht stehenbleiben. Und vom „Maulkorb“ bis zur „Meinungsdiktatur“ ist es nur noch eine halbe rhetorische Umdrehung.
Dabei müsste es Lindner eigentlich besser wissen. Aus nächster Nähe hat er erlebt, wie zunächst Jürgen Möllemann und schließlich auch Guido Westerwelle mit einer ähnlichen Strategie der rhetorischen Enthemmung und des Ressentiments erst aufgestiegen und sodann umgehend gescheitert sind. In diesen Tagen allerdings scheint es, als habe er daraus seine ganz eigenen Lehren gezogen.

Und damit zu Christian Lindner, der sich jetzt zum Wortführer der Exiters aufgeschwungen hat. Und vor kurzem auch einen Gastbeitrag in der FAZ veröffentlicht hat und sich dann einen bizarren Streit auf Twitter um das Wörtchen „sofort“ mit ebenjener geführt hat.

Wir haben hier im Blog ja schon oft über Christian Lindner, die FDP und die Staatskrisen diskutiert, an denen Lindner beteiligt war. Die abgebrochenen Jamaika-Verhandlungen aus nebligen Gründen, von denen nur hängengeblieben ist, dass er lieber nicht regiert als falsch. Im Nachhinein hat Christian Lindner mit dieser Aktion der deutschen Bevölkerung wohl einen großen Gefallen getan. Die völlige Staatskrise in Thüringen ist tatsächlich erst zwei Monate her und wurde hier in allen Einzelheiten diskutiert. Nachdem die FDP auch hier hauptursächlich beteiligt war und man das ganze Drama schließlich mit Müh und Not rechtzeitig zum Pandemieausbruch gelöst hatte, bleibt wiederum der Satz in Erinnerung, dass die FDP übermannt wurde und einige Tage lang den politischen Verstand verloren hat. Man müsste meinen, dass Lindner sich erst einmal demütig in sein Kämmerchen zurückzieht, schließlich hinterließ er nicht nur in Thüringen einen Scherbenhaufen, sondern destabilisierte auch die Bundes-CDU durch den Rücktritt von Kramp-Karrenbauer und dem Kampf um die Kanzlerinnen-Nachfolge.

Aber Pustekuchen. Nach einer kurzen Rede, in der er tatsächlich zu Solidarität aufrief, hat Lindner die Exitdebatte für sich entdeckt und muss mittlerweile als treibende Kraft der Exiters gesehen werden. Und Lindner ist ja schon ein Phänomen, der Gastbeitrag in der FAZ lässt mich völlig ratlos zurück. Ich hab keine Ahnung, ob da schon wieder ein Verstandes-Aussetzer geschehen ist oder Lindner tatsächlich eine Pandemie zum Anlass nimmt, um seine FDP endlich zur weniger verstaubten AfD-light zu machen.

Der Artikel beginnt folgendermaßen:
Das Coronavirus war eine unbekannte Gefahr. Virologen und Mediziner verfügten über kaum gesicherte Erkenntnis. Wendungen in den Einschätzungen waren zu beobachten

Hab ich was verpasst? Haben wir schon genaue Erkenntnisse? Medikamente, Impfstoff, Wunderheilung? Für Lindner scheint die ganze große Corona-Pandemiesache jedenfalls schon abgehakt. Weiter gehts! Natürlich nimmt er auch Bezug auf die fragwürdige Heinsbergstudie und bezichtigt Angela Merkel auch noch einmal der Alternativlosigkeit und Verhinderung einer Exit-Debatte. In einem Gastartikel der FAZ! Ich verstehe nicht, wieso es den Leuten nicht peinlich ist, so eine Möglichkeit zu haben und dann zu jammern, man dürfe ja nichts mehr sagen? Ich kann zufälligerweise nicht meine Meinung in der FAZ, Bild und sonstwo herausposaunen Herr Lindner!

Aber nachdem er das ganze Pandemieproblem als gelöst betrachtet, hat er natürlich auch eine Lösung parat:

Wir werden Abstand halten müssen – aber statt wie bisher „hart“ jeden Kontakt auszuschließen, müssen wir ihn ab sofort wieder „smart“ ermöglichen.

Aha. Das ist ja ein schöner Wahlkampfspruch. Smarte Kontakte, soso. Es folgt ein wilder Ritt mit massenhaften Schnelltests und Apps und Ausgangsbeschränkungen, die nur für einzelne Personengruppen greifen, wären hier nicht der richtige Weg. Wir werden aber über Differenzierungen sprechen müssen. Außerdem fordert er einen Expertenrat für die Öffnung und schließt mit der Forderung nach Wachstum und Freiheit. Man muss dazu sagen, der ZEIT-Kommentar mit der Diagnose der Eskalation erschien noch vor dem Gastkommentar Lindners und ich habe die Vermutung, dass es noch schlimmer ist. Das ist nicht mehr Verschrillung, das ist völliger Realitätsverlust. Am Anfang stand ich Stefan Sasses Analyse, dass die FDP eine AfD-light durch Lindner werden soll noch skeptisch gegenüber, mittlerweile stimme ich ihm völlig zu. Das ist AfD-Sprech in etwas höflicherer Form und von einem jungen Kerl erzählt, der sich selbst auch ganz smart findet.

Es sieht zumindest so aus als hätte Lindner keine Ahnung über die Weltlage, über die er da redet und so tut, als wäre das Coronaproblem erledigt und die Regierung hätte nichts besseres zu tun als eine Debatte über den Exit zu unterdrücken, die dermaßen laut und breit geführt wird, dass man ihr gar nicht entkommen kann. Und nachdem wir tatsächlich eine Staatskrise haben, an der Lindner unschuldig ist, tut er alles, um auch hier eine Rolle zu spielen, um die fragile Situation zu destabilisieren. Zwei Staatskrisen und Beteiligung an einer weiteren, das ist mal ein Rekord und ein Ausmaß an Verantwortungslosigkeit und Unernsthaftigkeit, das atemberaubend ist. Dass die FDP diesen Kurs so bereitwillig mitträgt, ist ebenfalls ein beunruhigendes Zeichen.

8) Das Soforthilfen-Chaos

Die Liste lässt sich fortsetzen. Wie viel Geld Selbstständige und kleine Firmen derzeit über die sogenannte Corona-Soforthilfe beantragen können, hängt erheblich davon ab, in welchem Bundesland sie sitzen. Es gilt die Gnade des Standorts. Zwar reichen alle Bundesländer die vom Bund bereitgestellte Corona-Soforthilfe weiter: Betriebe mit fünf oder weniger Vollzeitkräften können eine Liquiditätsspritze von 9.000 Euro beantragen, bei bis zu zehn Vollzeitkräften können Unternehmen maximal 15.000 Euro bekommen. Darüber hinaus aber fällt die Großzügigkeit von Land zu Land recht unterschiedlich aus. Wer in dem Geldregen-Wirrwarr ein System finden will oder gar Gerechtigkeit, kann lange suchen.

Und damit zur Wirtschaft. Der Föderalismus bricht Deutschland aktuell das Genick, er führt nämlich nicht nur zu Baumarktkriegen, sondern auch zu einem Chaos der so wichtigen Soforthilfen, das eigentlich unbeschreiblich ist. Ja, die Situation war vor allem anfangs sehr hektisch und man hatte da ja auch noch das Pandemieproblem, aber ich habe erwartet, dass der Staat den vollständigen Lockdown nutzt, um endlich mal etwas Ordnung in dieses Chaos zu bringen und die Fehler zu korrigieren, die in der Hektik passiert sind. Schließlich wurde ja vollmundig angekündigt, dass Herr Scholz eine Megabazooka hat und allen helfen will, koste es was es wolle. Während die Großunternehmen wie kik, adidas, TUI, Lufthansa & co. sofort ihre Rechtsabteilungen losschickten und Mieten einfach stornierten und den staatlichen Rettungsschirm beanspruchten, saßen die Kleinstunternehmer noch in der Warteschlange zur Warteschlange zu den Berliner Staatshilfen oder versuchten irgendwie herauszufinden, ob der Bund oder das Land für sie zuständig waren. Oder erstellten Businesspläne und Bilanzen für Einmann-Betriebe.

Stattdessen vergrößert sich das Chaos Tag für Tag. Es ist nicht nur so, dass jedes Land mal wieder sein eigenes Ding durchzieht und Anträge und Summen willkürlich festlegt. Nordrhein-Westfalen musste die Soforthilfe stoppen, weil es Phishingattacken gab und sehr viele verzweifelte Menschen ihre Daten nun an Betrüger gesandt haben, die ihre Soforthilfe einstreichen. Als wäre das nicht schlimm genug, haben NRW und andere Länder still und leise die so oft genannten Soloselbständigen aus den Soforthilfen herausgestrichen. Die sind nämlich nur für Betriebsausgaben, aber nicht für den Lebensunterhalt gedacht. Aha. Welcher Soloselbständige bezahlt mit seinem Einkommen denn bitte nicht auch den Lebensunterhalt, viele Betriebskosten fallen da eigentlich gar nicht an. Sie werden plötzlich im Regen stehengelassen und gnädig auf HartzIV hingewiesen. Das ist natürlich völliger Unsinn, zwar hat man auch hier die Regeln gelockert und ist so gnädig auf 35seitige Vermögens- und Mietüberprüfungen zu verzichten, aber der Regelsatz hat sich ja nicht geändert. Womit man wieder ein Schuldenproblem anhäuft, denn ein normal gut verdienender Soloselbständiger kann nicht plötzlich auf HartzIV-Niveau leben, der hat nämlich ganz andere Ausgaben und irgendwelche Sonderkündigungsrechte für Telefonverträge, Versicherungen oder ähnliches gibt es ja nicht. Alles in allem sind die vollmundigen Ankündigungen von Altmeier und Scholz bislang für die Großunternehmen günstig (und ja, die müssen auch gerettet werden), aber wenn hier nicht schleunigst nachgebessert wird, haben wir in zwei Monaten den gesamten Mittelstand, Kleinstunternehmer und Soloselbständige in den Ruin getrieben. Und die haben übrigens keine Rechtsabteilungen mit studierten Juristen, die den ganzen Rettungskram für sie erledigen, sondern müssen sich selbst kontaktlos durch den Dschungel kämpfen.

9)Masken vom Staat

Markus Mailinger aus Hessen, dessen Firma Meltblown-Vliese herstellt, hält die Pläne des Corona-Kabinetts für Unsinn. „Wir bekommen in vielen Regionen Deutschlands bereits Zuschüsse“, sagt er. In Nordhessen, wo er produziere, gebe es 30 Prozent vom Staat. Zudem werde kein Unternehmen teure Maschinen anschaffen, wenn die Käufer hochwertiger Schutzmasken sich in einigen Jahren wieder günstig in China bedienten.
Mailinger hat Gesundheitsminister Spahn einen anderen Weg vorgeschlagen. Statt insgesamt 40 Millionen Euro Subventionen in Aussicht zu stellen, solle der Bund selbst eine Großanlage zum Preis von zehn Millionen Euro anschaffen.

Wenig überraschend hat die Bundesregierung festgestellt, dass Schutzmasken, Medikamente und Beatmungsgeräte zu strategisch wichtigen Gütern gehören, die man vielleicht besser im eigenen Land produzieren sollte, um die Abhängigkeit von China zu verringern. 90% der Schutzmasken kommen derzeit aus chinesischen Fabriken und wie man im Artikel erfährt, ist die Herstellung recht aufwendig und braucht auch noch ein bestimmtes Vlies-Produkt, das man ebenfalls beschaffen muss. Das ist ein gewaltiges Problem, das sich natürlich nicht von heute auf morgen lösen lässt. Zunächst hat die Bundesregierung Fördergelder ausgelobt, um die heimischen Unternehmen mit Zuckerbrot zur Herstellung von Schutzmasken oder Vlies zu bewegen. Viele tun dies auch, aber auf zu große Begeisterung stößt der Vorschlag nicht.

Irrigerweise soll der Bund selbst eine Fabrik für Vlies und Masken bauen, die man nach Bedarf hoch- und runterfahren kann. Das ginge schneller und günstiger. Dass der Staat selbst eine Fabrik bauen und betreiben soll und das auch noch besser kann als Unternehmen, würde ich als linke Sozialdemokratin ja nicht einmal behaupten. Wer soll das machen? Herr Altmeier persönlich als Fabrikchef oder schaffen wir erstmal eine Fabrik-Betreibungs-Behörde? Sonst heißt es doch immer, der Staat könnte nicht mal Autobahnen bauen und Krankenhäuser betreiben, ohne dass überall Geld verschwendet wird und alles in die Hose geht. Sehen wir ja gerade, wie gut das funktioniert, wenn Krankenhäuser und Altenheime auf unternehmerischen Profit ausgerichtet sind. Und jetzt wollen die Unternehmen nicht mal mehr die Fördergelder haben und mit Maskenproduktion in einer globalen Pandemiekrise bitte nicht behelligt werden. Vielen Dank auch. Könnten wir nach der Krise bitte verpflichtende Einführungskurse über Solidarität und Staatsverantwortung von Bürgern, Medien und Unternehmen anleiern. Das scheint völlig in Vergessenheit geraten zu sein, dass alles mit allem zusammenhängt und weder Menschen noch Unternehmen Inseln sind.

10)Hilfsorganisationen in Pandemiezeiten

Anfang März, als die ersten Fälle im Nahen Osten bekannt wurden, hätten sie gerechnet, sagt Schmale: In Gaza gibt es 87 Intensivbetten mit Beatmungsgeräten. In dem Küstenstreifen leben 1,9 Millionen Menschen, zumeist in engen Gassen, viele mit Vorerkrankungen, schlecht ernährt. „Bei 1.500 Corona-Infektionen ist hier Schluss“, sagt Schmale. Dann dürfte die Gesundheitsversorgung kollabieren. Ende März erfuhr Schmale: Das Virus ist da. Zwei Männer aus Gaza hatten sich auf Reisen infiziert und weitere angesteckt. Inzwischen gibt es 13 bestätigte Infektionen – „vielleicht auch viel mehr“, schätzt Schmale. Dies ist das erste Dilemma, vor dem Helferinnen und Helfer derzeit stehen: Sie haben kein klares Bild der Lage. Es fehlt an Tests und Kontrollen.

Wenn man sich zu sehr in deutschen Luxusproblemen suhlt, hilft übrigens ein Blick ins Ausland. Wir haben ja schon mehrmals festgestellt, dass Deutschland zu den besten Orten der Welt gehört, wenn eine globale Pandemie wütet. Und wir können sicher sein, dass es überall schlimmer aussieht als hier. Ob wir auf das Flüchtlingslager in Moria gucken, aus dem Deutschland sage und schreibe 50(!) unbegleitete Kinder aufnimmt, nach Osteuropa, das zwar Erntehelfer mit dem Flugzeug schickt, aber viel viel schlechter auf eine Pandemie vorbereitet ist. Oder eben nach Palästina, das nicht einmal ein eigener Staat ist. In dem die Hilfsorganisationen selbst festhängen, unter Lebensgefahr weitermachen und auch keine Möglichkeit haben, wie Touristen aus Ägypten nach Hause geholt zu werden. Es gibt keine Zahlenspielereien, weil es weder Tests noch Informationen gibt, lediglich die Bestatter werden irgendwann einmal Auskunft geben können, wie schlimm es wirklich ist. Es gibt auch keine Beatmungsgeräte, Schutzmasken oder Intensivbetten, nur überfüllte Krankenhäuser mit unzureichender Ausstattung. Das einzige, was von den Verantwortlichen und Hilfsorganisationen in Angriff genommen werden kann, ist der hilflose Versuch zu große Massen zu verhindern, wirkliche Separation mit guten hygienischen Möglichkeiten ist unmöglich. So sieht es in Palästina aus, so sieht es in Moria und allen anderen großen Flüchtlingslagern aus.

So sieht es übrigens auch in Deutschland aus, es gibt immer noch keine Lösung für Obdachlose oder Flüchtlingsheime (von denen bereits mehrere unter Quarantäne stehen) oder für gestrandete Crews auf Kreuzfahrtschiffen, die im offenen Meer geparkt sind, von den Tafeln, fehlendem Schüleressen und anderen Hilfen für Bedürftige, die jetzt alle ausgefallen sind, ganz zu schweigen. Das wird – wenn überhaupt – privaten Initiativen überlassen.
Aber zum Einen ist das unmöglich, grausam und scheinheilig, gerade wenn beständig dazu aufgerufen wird, wir müssen die Seniorenrisikogruppe schützen. Ja mensch, dann dürfen wir andere Schutzbedürftige nicht schutzlos alleine lassen? Und zum anderen ist es natürlich auch brandgefährlich, was die Gesundheitsgefahren angeht. Wie sollen wir nur in Deutschland die Pandemiegefahr dauerhaft einfangen, wenn wir weiter darauf bestehen, dass Obdachlose auf der Straße schlafen und Flüchtlinge sich Bäder und Küchen in Heimen teilen? Genauso werden wir auf Jahre nicht mehr in eine Normalität zurückkehren können, wenn wir die schlimmen Zustände und Infektionsherde in Europa und der Welt einfach ignorieren. Auch Deutschland ist keine Insel, wenn wir dem Sturm entkommen und die Pandemie im Rest der Welt unkontrolliert ihr Unwesen treibt, werden wir das Problem nicht lösen. Das ist nämlich das Problem mit Solidarität. Sie ist nicht separiert auf freundliche Rentner, die jetzt gerade nicht gemeinsam Kaffee trinken können. Sie gilt ausnahmslos für alle und besonders für die Schutzbedürftigsten. Und wenn die Regierung von den Bürgern verlangt, solidarisch zu sein, muss auch sie diese Solidarität vorleben und sichere Lösungen für vergessene Schutzbedürftige suchen und finden. Auch arme Menschen, Flüchtlinge und Obdachlose stehen unter ihrem Schutz.

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  • Stefan Sasse 12. April 2020, 09:50

    Grandioser Artikel, und gerne weiterhin machen 🙂
    1) Die Bauernlobby war schon immer stark. Gerade auch auf europäischer Ebene. Den Beschäftigten im Dienstleistungssektor fehlt eine ähnlich starke politische Vertretung, wie die Bauern sie in CDU/CSU (und neuerdings Grünen) gefunden haben. ver.di ist damit ja eher kläglich gescheitert.
    2) 3) Oh mein Gott…der deutsche Föderalismus zeigt sich seiner Verantwortung gerade echt nicht gewachsen.
    4) Ja, diese Diskussion ist absolut gespenstisch. Der Ernst der Lage wird überhaupt nicht richtig gesehen. Und die Medien übernehmen wieder mal überhaupt keine Verantwortung für ihr eigenes Vorgehen.
    5) Ich hab auch keine Ahnung, wie die sich das mit den Schulen vorstellen. Die verbissene Priorität auf den Abschlussprüfungen ist total quatschig, aber ich fürchte, da spielt viel Prestigedenken eine Rolle. Wenn die Prüfungen einfach ausfallen können, warum machen wir die dann? Ich glaube, die Diskussion soll vermieden werden.
    6) Das scheint echt ein Desaster zu sein, aber ich kann es nicht beurteilen. Ich finde es nur so furchtbar, dass Drosten da jetzt so reingezogen wird.
    7) Ich fühle mich durchgehend bestätigt. Merz bläst übrigens, glücklicherweise weitgehend erfolglos, ins selbe populistische Horn.
    8) Klingt nicht gut. 🙁 Da würde ich auch wieder zu Stefan Pietsch schielen: Was müsste hier passieren?
    9) 10) Echt froh, dass ich in Deutschland wohne…

    • Ariane 12. April 2020, 11:24

      1) Ja, ist hier in Niedersachsen auch ein riesiges Problem, wir haben mit Abstand immer die schlechtesten Boden- und Wasserwerte und egal wer regiert, hier ist die Regierung immer abhängig von den Bauernlobbies. Und Polen, Rumänen usw haben keine Lobby. Aber das ist jetzt völlig verrückt. Gerade weil die Bauern die einzigen sind, die noch halbwegs weitermachen können, während die ganze Restwirtschaft langsam zum Erliegen kommt. Da müssten sie dann halt auch mal ihre Ansprüche herunterfahren.
      4) Ich werde langsam auch wirklich sauer, ich sitz hier diszipliniert und solidarisch herum, es findet kein Familienfest statt, ganze Branchen gehen den Bach runter (die dummerweise keine Großunternehmen sind) und freu mich, dass ich einen Osterspaziergang und einen Besuch beim traurigen Kind und dessen Eltern machen kann. Und telefoniere die ganze Verwandtschaft einmal von oben nach unten durch.
      Während die Medien wahlkämpfende Riesenegos pusht und herumnörgelt. Und das neben neuen Totenrekorden. Da frag ich mich wirklich, auf welchem Planeten die leben? Nicht mehr auf meinem.
      5) Ich vermute, das hängt auch viel mit Vorurteilen gegen Kinder und Jugendliche und LehrerInnen zusammen. Da wird ja immer so getan, als wenn alle sich einen faulen Lenz machen. Corona-Ferien
      6) Ich hatte mit ein paar Leuten auf Twitter drüber diskutiert. Wirtschaftsleute, aber die kennen sich zumindest besser mit Zahlen und Statistiken aus als Medien. Ich meine, es gibt ja keine Informationen. Die Zeit hatte einen Link zu eine NRW-Seite und der ist mittlerweile tot (?). Und im Dorf Gangelt sind ganze 7 Leute gestorben, die weil sie als erste dran waren, von zig Spezialisten bestimmt versorgt wurden zum Lernen, wurden übrigens in der Düsseldorfer Uniklinik behandelt. Hm, ist jetzt vielleicht nicht ganz so repräsentativ, aber weiß man ja nicht ohne was Schriftliches. Es wirkt auf jeden Fall wie ein totaler PR-Stunt mit Unmengen von Medienpräsenz und Pressekonferenzen und null Informationen. Also Wissenschaft ist das nicht. Und wenn Drosten dann um eine Einschätzung gebeten wird, kann er ja nichts anderes machen, als darauf hinzuweisen, dass er nichts sagen kann, ohne die Daten zu kennen. Und das mitten in einer Pandemie! Wo wir alle zwingend auf gute Wissenschaftler angewiesen sind und auch darauf, dass die Bevölkerung ebenfalls den wissenschaftlichen Expertisen glaubt. Ich halte es für ziemlich gefährlich, dass dann ein PR-Stunt abgezogen wird, der die ganze Arbeit wieder zunichte macht. Und die Gründe sind mir echt egal, Mediengeilheit, Kohle, Wahlkampf. Das ist absolut verantwortungslos, die Zeit ist da mittlerweile noch ein Leuchtturm, der versucht das ganze wieder einzuordnen, aber wenn ein Qualitätsmedium das alleine macht, ist das ja aussichtslos.
      7, 8) Mir geht da langsam wirklich die Geduld aus, die sollten mal schleunigst aus ihren komfortablen Heimen und Büros raus und sich eine systemrelevante Aufgabe suchen, anstatt ständig zu erzählen, dass das Problem schon wieder erledigt ist. Nur weil hier bisher keine Triage angewendet werden musste! Das ist wirklich schlimm, es wirkt so, als wenn zig Millionen langsam an der gewaltigen Verantwortung kaputt gehen und die Leistungsträger sich noch über die mokieren und herumnörgeln oder sich mit Klüngelkram beschäftigen.

      Das ist mir aktuell alles viel zu nett. Angela Merkel kann doch nicht jeden zweiten Tag die Landeschefs bändigen und an die Bevölkerung appellieren. Natürlich glaubt dann niemand mehr daran, dass wir hier mit einem exorbitantem Problem konfrontiert sind. Ich hab die Pressekonferenz gesehen und glaube nicht, dass wir auch nur ansatzweise irgendein Problem gelöst haben, wir sind nur noch nicht im worst case. Und das muss die Regierung auch unter Kontrolle bekommen, bevor wieder jeder macht, was er will, da erwarte ich am Mittwoch wirklich, dass Merkel das Heft notfalls in die Hand nimmt. Ist eh schon egal, es wird sowieso Geschrei geben, denn wenn irgendwas geöffnet wird, heulen wieder die anderen (also Lindner). Das mit Eigenverantwortung, Disziplin, Solidarität und Fürsorge können sie dann gerne mal den Leistungsträgern erzählen und nicht mehr mir.

      • Stefan Sasse 12. April 2020, 12:03

        1) Osteuropa ist sowieso ein ganz eigenes Thema…
        4) Ja.
        5) Das ärgert mich so sehr…
        6) BILD ist ungemein verantwortungslos gerade, aber das ist ja nichts Neues…
        7,8) Ich denke, dass es bei uns so gut geklappt hat ist Hauptgrund für die desaströse Debatte. Wohlstandsverwahrlosung quasi.

        Ja.

        • Ariane 12. April 2020, 22:03

          6) Ja, BILD ist ganz schlimm gerade. Aber das ist ja noch irgendwie normal. Mittlerweile sind Spiegel, FAZ, teils die SZ und die WELT auch auf den Zug aufgesprungen, das finde ich schon bedenklicher. Ich les ja nicht alle Zeitungen der Welt (jetzt schon gar nicht), aber bisher finde ich nur die ZEIT macht einen verantwortungsvollen Job und das ist zuwenig. Und das sind ja nicht mal mehr einzelne Quatschmeinungen, sondern muss man schon als Kampagne sehen. Ich meine, da brauchen wir gar nicht mehr vor russischen Bots warnen, die sitzen eh schon alle in den Zeitungen.

          Ich denke, dass es bei uns so gut geklappt hat ist Hauptgrund für die desaströse Debatte. Wohlstandsverwahrlosung quasi.
          Ja, sagte ich ja schon. Gerade die Intellektuellen und Journalisten sitzen halt in komfortablen Büros, bei denen bricht überhaupt nichts zusammen. Die langweilen sich nur im Shutdown.
          Aber mal ehrlich, das sind Journalisten. Da darf man ja wohl erwarten, dass denen auffällt, dass andere Menschen anders leben. Ich meine, jetzt neigen nicht mehr nur altgewordene Professoren zur Selbstradikalisierung, sondern fast alle. Das ist schon eine besonders absurde Art der Wohlstandsverwahrlosung.

    • Stefan Pietsch 12. April 2020, 12:09

      8) Klingt nicht gut. Da würde ich auch wieder zu Stefan Pietsch schielen: Was müsste hier passieren?

      Wir werden dazu in den nächsten Monaten noch eine wissenschaftlich fundierte Debatte bekommen. Einstweilen geht es für die meisten betroffenen Unternehmen schlicht um Liquidität, egal ob die als Eigenkapital in Form von Beteiligungen oder als Fremdkapital in Form von Darlehen daherkommt. Das muss sich später sortieren und strukturieren. Diese Liquidität muss der Staat bereitstellen und er tut sich damit erkennbar schwer. Denn auch er hat Angst vor den Folgen, vor allem vor den politischen. Die Auflagen sind so streng und damit nicht erfüllbar, weil die Politik selbst Angst hat, an den Pranger gestellt zu werden, wenn es zu vielfältigem Missbrauch kommt und Journalisten dies anprangern werden. NRW ist da nur ein Vorgeschmack.

      Die aus rechtsstaatlicher Sicht sauberste Lösung hatte ich schon früher angeführt, doch sie ist nicht finanzierbar. Der Staat kann nicht jedem Schadensersatz leisten für den Schaden, den er angerichtet hat. Wir gehen daher in einen chaotischen Übergang, das lässt sich – das sei fairerweise gesagt – nicht wirklich verhindern. Läden und Unternehmen werden nach der Krise nicht mehr bestehen, die uns lieb waren. Das ist der Preis für die Sorge um unsere Gesundheit und unser Leben. Ich wiederhole: ich kritisiere nicht, dass die Politik zu drastischen Maßnahmen gezwungen war, die zu Kollateralschäden geführt hat und führen wird.

      Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der Staat Darlehen an Unternehmen zu 100% garantiert. Das tut die Schweiz seit Wochen und auch die Bundespolitik ist inzwischen dort angekommen. Aktuell liegt dem Kabinett eine Gesetzesvorlage dazu vor. Voraussetzung: die beantragenden Unternehmen haben in den letzten 3 Jahren Gewinn erwirtschaftet und die Antragssumme liegt nicht über 800.000 Euro. Auch das ist ängstlich. Ein Drittel der Unternehmen operiert regelmäßig in der Verlustzone. Es sind aber immer andere. In der Folge werden weit weniger als 2/3 antragsberechtigt sein, vielleicht die Hälfte. Für ein Unternehmen mit 20-50 Millionen Euro Umsatz sind aber, wenn der Umsatz weggebrochen ist, 800.000 EUR wenig, das reicht nicht mal für 2 Monate.

      Zudem läuft gerade die Prüfungssaison. Hunderttausende Unternehmen legen in diesen Tagen ihren Wirtschaftsprüfern ihre Bücher vor. „Going Concern“, die Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit, wird da vielfach ein Thema sein. Auch hier agiert man auf unsicherem Terrain. Der Gesetzgeber hat für einen solchen Fall keine Vorkehrungen in den Paragrafen getroffen, wie zu bewerten ist. Das wird noch viel Kopfzerbrechen bereiten. Schwere juristische Fragen sind damit verbunden, wann z.B. ein Unternehmen insolvent ist, wie zu bewerten ist und wie überhaupt mit diesen vielen Stundungen zu verfahren ist.

      Schönes Thema: der Staat stundet bisher nur bis zum 27. Mai 2020. Natürlich erwartet die Politik nicht, dass bis dahin alles wieder seinen gewohnten Gang geht und die Unternehmen vor Gewinnen strotzen. Auch das ist lediglich Ausdruck von Angst. Angst vor der öffentlichen Meinung und der historischen Nachbewertung.

      So sind wir alle in diesen Tagen angstgetrieben.

      • Stefan Sasse 12. April 2020, 13:07

        Ja, da wird demokratisch-transparente Verantwortlichkeit plötzlich echt zum Mühlstein um den Hals. Danke für die Infos!

      • Ariane 12. April 2020, 22:13

        Danke für die Informationen. Ja, man hat mit den Soforthilfen das Problem erstmal nur verschoben – und das auch noch schlecht umgesetzt.

        Es kann ja auch niemand sagen, für wielange er planen soll, das wird spätestens Ende Mai/Ende Juni nochmal richtig böse werden, wenn die Politik nicht schnell ne größere Lösung präsentiert.
        Ich kenne auch viele Kleinunternehmen/Solo-Selbständige, die keine Hilfe beantragt haben, weil sie sie nicht unbedingt brauchen und ein, zwei Monate überbrücken können. Aber dann sind die Reserven eben auch aufgebraucht.

        Ich meine, das Autohaus zb läuft ja auch noch und die werden auch die nächsten Monate nicht pleite gehen. Aber die können außer reparieren nur Gebrauchtwagen und das, was da steht, verkaufen. Die Zulassungsstellen sind alle in Notbetrieb, es werden gerade überhaupt keine Autos mehr gebaut, nur die fertigen noch ausgeliefert. Und die Produktion für das Autohaus meines Mannes ist übrigens in Spanien, da sieht es noch schlechter aus. Und die brauchen dann wieder Teile aus aller Welt.

        Und das ist ja überall eine ähnliche Problematik. Wir Geschenkeheinis haben fast alles zumindest in Deutschland. Und über Ostern wurde in den offenen Läden bestimmt viel Gedöns gekauft. Aber wir wissen nicht, ob Post oder Supermärkte Zeit und Nerven haben, um das wieder aufzufüllen. Und wenn die Läden wieder aufgehen, brauchen die auch Kohle, um einzukaufen. Den Osterkram kann man einfach wegwerfen und gucken, was man als „Frühlingsgedöns“ noch verwenden kann. Also da werden auch eher Restbestände hergenommen.

        Einfach nur wieder irgendwas aufmachen, ist halt auch nicht die Lösung. Damit ist jedem höchstens ein bisschen geholfen. Die einen brauchen Kohle zum Einkaufen, die anderen genug Umsatz, um überhaupt eine Produktion wieder anzuwerfen und jeder braucht dann noch Teilprodukte aus dem Ausland, das gerade ziemlich komplett hinüber ist.

        Also wir würden zuschlagen, wenn die Regierung mit einem Geldkoffer kommt und fragt, ob wir bei wichtigen Dingen helfen sollen.

  • Hannes Niebuhr 12. April 2020, 10:10

    Schöner Artikel, dem ich weitestgehend zustimme, aber zum Kommentar zu Punkt 9 habe ich etwas zu sagen.

    „Könnten wir nach der Krise bitte verpflichtende Einführungskurse über Solidarität und Staatsverantwortung von Bürgern, Medien und Unternehmen anleiern.“

    Ich muss den Unternehmen da teilweise recht geben.
    Im Kapitalismus ist es für Unternehmen schwer, bis unmöglich, solche Investitionen zu verargumentieren. Solidarität und Verantwortung existieren bei Bürgern und Individuen. Bei Unternehmen kann man sie ab einer gewissen größe aus systemischen Gründen nicht mehr erwarten.

    Meiner Meinung nach hat nur der Staat hat die Möglichkeit Anlagen vorzuhalten, die evtl. Jahrzehnte nicht ausgelastet sind.

    Wir sollten beginnen, für Teilbereiche unserer Wirtschaft, über eine Exit-Strategie aus dem Kapitalimus zu diskutieren.

    • Hannes Niebuhr 12. April 2020, 10:12

      Kaufe ein „s“.

    • Ariane 12. April 2020, 10:54

      Danke 🙂
      Ja, ich sehe durchaus ein Problem, das ein Unternehmen keine Fabrik betreiben kann, die mal hoch- und mal runtergefahren wird. Ich hätte auch kein Problem damit, wenn der Staat die gesamten Kosten dafür übernimmt. Aber das ist nun mal ein Problem, das jetzt gerade furchtbar akut ist. Wir haben keine Atemmasken und auch sonst niemand, die ganze Welt braucht die. Und wer stellt sie her? Nur China. Und erpresst damit die ganze Welt und freut sich, dass die reichen Staaten sich mit ihren Geldkoffern ein Wettrennen liefern.

      Bei Unternehmen kann man sie ab einer gewissen größe aus systemischen Gründen nicht mehr erwarten.

      Aso? Ich darf von Großunternehmen keine Verantwortung und Solidarität in Staatskrise wegen globaler Pandemie erwarten? Das ist ja gut zu wissen, dann kommen die ja hervorragend alleine klar und brauchen keine Staatshilfen von meinen Steuergeldern, die demnächst eh nicht mehr fließen.
      Aber hallo, da kommt der nette Staat mit einem riesigen Geldkoffer an und fragt freundlich um Hilfe und Unterstützung und bekommt zu hören, er soll selber eine Fabrik bauen und betreiben? Sind wir jetzt in der DDR oder was? Wozu haben wir denn deutsche Unternehmen? Die Masken sind ja auch für die Unternehmer und deren Angestellten und den Familien wichtig und dann wollen die nicht? Das ist nicht nur egoistisch, sondern auch dumm. Sollte sich die Situation verschlimmern, wird der Staat nämlich gezwungen sein, Fabriken einfach zu beschlagnahmen und die Maskenproduktion anzuordnen und dann wird wieder Zeter und Mordio geschrien. In Kriegszeiten war das übrigens gang und gäbe, eine existenzielle Bedrohung für einen Staat setzt zur Not auch andere Grundrechte außer Kraft. Das wird gerne vergessen, solange es nur Coronaparties betrifft.

      • Stefan Sasse 12. April 2020, 12:04

        In den USA denken sie ja drüber nach, dass der Präsident die Firmen anweisen soll, das Zeug zu produzieren, was er teilweise ja auch gemacht hat. Der kann das ja mit seinen War Powers einfach.

        • Ralf 12. April 2020, 16:48

          Ich bin da skeptisch, ob das zeitlich passt. Klar, der Präsident kann GM vorschreiben Beatmungsgeräte zu bauen. Aber wie schnell lässt sich das umsetzen? Und welche Qualität werden diese Beatmungsgeräte dann haben?

          Ich denke, dass am Ende kein Weg daran vorbeiführt, dass man lokal (das kann in Deutschland sein oder in der EU sein) die Kapazitäten zur Notfallproduktion hat und zwar in Betrieben, deren Maschinen bereits laufen und die Experten in der Herstellung ihrer Güter sind.

          • Stefan Sasse 12. April 2020, 18:41

            Ok, aber Kapazitäten für was wären das dann? Ich meine, wenn wir jetzt Kapazitäten für Masken aufbauen und die nächste Pandemie aber nicht über Atemwege geht…?

            • Ralf 12. April 2020, 18:53

              Dass die nächste Pandemie auch wieder über die Atemwege gehen wird, ist wahrscheinlich, weil gerade das die enorme Übertragbarkeit befördert.

              Außerdem ist es mit der Pandemievorsorge so ähnlich wie mit der Arbeitslosenversicherung. Die wird nicht betrieben, weil man sie in Anspruch nehmen will, sondern die wird betrieben, mit der Hoffnung nie beansprucht zu werden, um aber im Notfall ein Weiterleben zu gewährleisten. Ich bin auch für das Unterhalten einer Feuerwehr, auch wenn mir persönlich noch nie ein Haus abgebrannt ist.

          • Ariane 12. April 2020, 22:32

            Jep, ich denke auch, der Zeitfaktor ist gerade entscheidend. Die Masken braucht man eben jetzt und nicht in fünf Jahren. Deswegen kann der Staat auch nicht erstmal eine Fabrik selber bauen. Der muss schon bestehende Fabriken dazu bewegen, da mal konstruktiv mitzuarbeiten.
            Das geht nicht anders, man kann sie nicht einfach einkaufen. Und der Staat hat nun mal die Aufgabe, das Leben seiner Bürger zu schützen, ob das nun eine Pandemie ist oder Krieg. Und ganz ehrlich, ich gehe auch davon aus, dass Merkel die Unternehmen zur Not zwingt, ihre Produktion erstmal umzustellen, wenn sich keine freiwillige Lösung findet.

            Auf lange Sicht gesehen kann man das ja machen mit eigenen Fabriken, der Staat könnte das ja finanzieren und damit die eignen Krankenhäuser etc. ausstatten statt weiter in China einzukaufen. Und dann baut man das als Notfallvorsorge eben so, dass man das schnell ausbauen kann und genug Teile da hat. Das wäre schon eine gute Lösung, aber eben für die nächste Krise und nicht für jetzt.

    • CitizenK 12. April 2020, 16:19

      Ich sehe keinen Gegensatz. Feuerwehrautos werden doch auch privatwirtschaftlich (mit Gewinn) produziert und von der Gemeinschaft bezahlt und für den Notfall vorgehalten.

      Es gibt eine interessante Entwicklung: Nicht wenige Unternehmen spenden Material (z. B. Desinfektionsmittel) oder verzichten auf Preiserhöhungen trotz rasant gestiegener Nachfrage, verteilen nach Notwendigkeit und nicht nach Gewinnkriterien, Gastronomen verpflegen Klinikpersonal kostenlos. Das zeigt, dass auch in der Unternehmerschaft Gemeinsinn vorhanden ist. Nach dem neoliberalen Paradigma wären das Deppen, AG-Vorstände dürften gar nicht so handeln, weil es auf Kosten der Aktionäre geht.

      Mein Eindruck: Es gibt ein Bedürfnis, etwas Sinnvolles, Nützliches für die Gemeinschaft zu tun, weg vom Rattenrennen und Ichichich. Dieses Moment gilt es zu nutzen.

      • Ariane 12. April 2020, 22:38

        Auf jeden Fall, ich hab auch einige Bekannte, die fleißig zu Hause selber nähen, die haben schon bald Stoffprobleme^^
        Und es ist ja auch sinnvoll, Großteile der Wirtschaft stehen still und die können damit ihre Arbeiter weiterbeschäftigen, wenn sie wie Becks auf Desinfektionsmittel umstellen. Ist glaub ich ähnlich wie bei mir, ich mach sonst auch nichts Systemrelevantes und freu mich eigentlich, wenn ich zumindest mit Babysitting, Blogartikeln und Rumtelefonieren etwas Kleines beitragen kann.

        Es wäre nur schön, wenn das möglichst alle so sehen würden. Das ist ja wirklich wie Parallelwelten. Wenn ich in meinem Umfeld gucke, sind alle total überlastet, machen sich Existenzsorgen oder fühlen sich isoliert, aber jeder sagt: egal, hauptsache alle kommen gesund durch.
        Und dann mach ich die Medien auf: Herdenimmunität! Pandemie erledigt! Wir wollen in den Sommerurlaub!
        Das ist schon arg widersprüchlich. Und natürlich wirkt das zurück und die Menschen nehmen das dann nicht mehr ernst. Ich sitz manchmal das halbe Abendessen da und ordne alles ein, was mein Mann so aufgeschnappt hat (aus den Medien!).

  • sol1 12. April 2020, 11:16

    Drosten ist mit seiner Reaktion auf den taz-Artikel weiter in meiner Achtung gesteigen:

    /// Liebe #taz, wenn ein Wissenschaftler um Vorlage eines Manuskripts bittet, ist das kein „Verriss“ oder „Disput“. Es gibt keinen Vorwurf an die Kollegen, nur eine Nachfrage. Diskurs ermöglicht wissenschaftliche Meinungsbildung. Auch wenn sich manche einen Gelehrtenstreit wünschen. ///

    https://twitter.com/c_drosten/status/1248509065090695169

    Und auch Rezo rückt freundlich, aber bestimmt die Maßstäbe der Medien zurecht:

    https://twitter.com/rezomusik/status/1248540043674877952

    • Stefan Sasse 12. April 2020, 12:05

      Drosten ist einfach ein klasse Typ. Wie der seine Integrität und die der Wissenschaft verteidigt und sich gleichzeitig in den Dienst des Allgemeinwohls stellt ist echt beachtlich.

      • popper 12. April 2020, 12:24

        Ja, ganz bestimmt und genau mit den Interessenkonflikten behaftet, die anderen hier unterstellt werden sollen.

    • Ariane 12. April 2020, 22:44

      Danke!
      Die Blogger müssen jetzt hinter den Medien wieder herräumen.. 🙂

      Der Drosten tut mir da auch wirklich etwas leid, der hat selbst überhaupt keine Lust glaub ich, in dieses Mediending hineingezogen zu werden, sondern versucht die Bevölkerung aufzuklären. Hab da wirklich ein bisschen Angst, dass er sich zurückzieht. Und das wäre fatal!

      Und soooo typisch. Wir können echt froh sein, dass wir so einen Hauptwissenschaftler da sitzenhaben, dem es nur um die Sache und keine Wahlstimmen oder Aufmerksamkeit geht. Und das sind leider oft die Menschen, die sich dann auch schneller zurückziehen. Das ist übrigens sehr ähnlich zu Merkel, wenn ihr etwas wirklich wichtig ist, dann macht sie das und nimmt dafür den Flurschaden für sich in Kauf. Ist bedenklich und auch einfach schade, dass die Medien mit so einer sachlichen Art überhaupt nicht umgehen können.

  • Stefan Pietsch 12. April 2020, 11:44

    Ich schätze ja Deine Empathie, liebe Ariane, weil mir Menschen ohne Enthusiasmus suspekt sind. Und dennoch gewinne ich langsam den Eindruck, dass Du die Verhältnismäßigkeit aus dem Auge verlierst. Denn es geht in einem zivilen Gemeinwesen immer um Verhältnismäßigkeiten. Ich will gar nicht so auf die einzelnen Punkte eingehen, denn Du hast nur ein überwölbendes Thema und keine wirklichen Themenblöcke.

    Der Staat greift massiv in Grundrechte wie Versammlungsfreiheit, Koalitionsfreiheit, Schutz von Familien, Eigentumsrechte, Religionsfreiheit ein – im Grunde alle in den ersten 20 Artikeln genannte Grundrechte. Diese sind aber dafür da, dass sie immer gelten und unveräußerlich sind. Denn dafür sind es ja Grundrechte! Der Rechtsstaat hat bei seinen Mitteln immer das geringst Notwendige anzuwenden. Und man kann heftig darüber streiten, ob eine so massive Einschränkung, die Verhältnisse einer Diktatur hat, sachlich geboten war. Andere Länder sind andere Wege gegangen (damit meine ich nicht die USA, UK und Schweden) und hatten Erfolg. Nur hätte dies zu massiven Einschränkungen weniger geführt, aber eben auch das, was wir so leichthin „Diskriminierung“ nennen.

    Nur, Du willst nicht darüber streiten. Die Maßnahmen sind für Dich Datum, nicht verhandelbar. Okay, Deutschland hat sich für den Weg entschieden und ich gehe mit. Aber: eine Strategie muss absehbar zum Erfolg führen. Das ist offensichtlich der Fall. Nur fürchtet die Politik um den Backslash. Der Preis nämlich ist außerordentlich hoch, Menschen verlieren ihre Existenzgrundlage, das Wesentliche, der persönliche Umgang, ist abgeschafft. Höher kann der Preis kaum sein. Wenn die Politik nun lockert und die Fallzahlen doch noch dramatisch ansteigen würden, wäre alles in Frage gestellt. Insbesondere die handelnden Personen.

    Jedem halbwegs vernünftigen Menschen musste von Anfang an klar sein, dass gerade in einer freiheitlichen, offenen Gesellschaft(en) solche massiven Beschränkungen nur eine kurze Zeit durchsetzbar sind, weil sie auf Verständnis treffen. Wäre es anders, hätten wir eine für Diktaturen willfähige Bevölkerung. Selbst in Italien, das mit am härtesten von der Pandemie betroffen ist, regt sich inzwischen großer Unmut ob der Verlängerungen der Beschränkungen.

    Nein, Ariane. Solche tiefgreifenden Maßnahmen müssen entweder schnellen Erfolg zeitigen oder sie sind falsch. Der Stimmungswandel in der Bevölkerung ist nicht medial getrieben, er liegt in der Natur der Sache. Kein Mensch lässt sich lange einsperren und kein Mensch, der zu Freiheit und Offenheit erzogen ist, lässt sich lange des Elementarsten berauben. Unsere Biologie ist so programmiert, dass wir im Angesicht der Gefahr heftig reagieren. Das rettet uns. Aber Notfall ist eine situative Sache, nicht eine von Wochen oder gar Monaten. Dann verlieren wir ein Stück das Gefühl für die Gefahr, wir passen uns an.

    Ich hatte den Artikel von Christian Lindner nicht gelesen. Das habe ich nachgeholt und stimme ihm von Herzen zu. Dann bin ich anscheinend inzwischen AfD-nah, auch eine neue Erkenntnis für mich in diesen Tagen. Deine rigorose Haltung führt zu dem so beliebten Bonmot „Operation gelungen, Patient tot“. Das verlierst Du aus den Augen, liebe Ariane. Mit jedem Tag, den der Shutdown anhält, verlieren wir ein Stück mehr die Welt, die wir liebten.

    Wir müssen Gläubiger verfolgen, weil sie ihren Glauben so leben, wie es seit Menschengedenken praktiziert wurde. Wir überprüfen engste Familien, ob sie dem staatlich verfügten Kontaktverbot Folge leisten. Wir verbieten es Menschen, für ihr Leben zu sorgen, wie zwingen Menschen dazu, auf engstem Raum auszuharren. Und zu dem allen fällt Dir leider nur ein schnödes „Muss so sein, is‘ halt so“ ein?

    Da bin ich doch lieber AfD-nah, das erscheint mir als das geringere Übel.

    • popper 12. April 2020, 12:14

      Sie begeistern mich, Herr Pietsch. Weil Sie in Ihrem Kommentar das Wesentliche in Bezug auf den eklatanten Widerspruch zwischen den grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechten der Menschen in Deutschland und den teilweise willkürlich verordneten Maßnahmen der Exekutive auf den Punkt bringen. Es gibt keine Rechtfertigung aus dem Infektionsschutzgesetz, das quasi als Generalklausel gelten könnte, per Verordnungen unser Grundgesetz außer sukzesive Kraft zu setzen. Vielen Dank für Ihr klares Statement.

      Es müssen dringend juristische Wege aufgezeigt werden, um die Menschen von dieser Hybris zu befreien. Schade nur, dass das BVerfG sich da sich noch ein bisschen zu schnell wegduckt und hoffentlich im Nachhinein die grundrechtlichen Voraussetzungen schafft, dass so etwas nicht ein zweites Mal passieren kann.

      • Stefan Pietsch 12. April 2020, 18:28

        Danke.

        Das Gericht wird in dieser Lage der Politik nicht in den Rücken fallen. Doch das entscheidende Datum ist der 20. April 2020.

    • Ariane 12. April 2020, 23:13

      Der Staat greift massiv in Grundrechte wie Versammlungsfreiheit, Koalitionsfreiheit, Schutz von Familien, Eigentumsrechte, Religionsfreiheit ein – im Grunde alle in den ersten 20 Artikeln genannte Grundrechte. Diese sind aber dafür da, dass sie immer gelten und unveräußerlich sind. Denn dafür sind es ja Grundrechte!

      Ja keine Sorge, ich habe sowohl Stefans Lektionen als auch Verfassungen aufmerksam studiert. Und muss dir da widersprechen. Grundrechte werden immer gegeneinander abgewogen, siehe das Verbot von Holocaustleugnung. Weil nicht alle Grundrechte immer gleichzeitig absolut gelten können. Und der Schutz des Lebens und der Menschenwürde steht nun mal ganz oben, wenn das bedroht ist, müssen auch die anderen Grundrechte zeitweilig(!) zurückstehen.
      Und zwar solange, bis der Schutz der Bevölkerung und ihrer Menschenwürde wieder hergestellt ist – auch hier: koste es was es wolle. Wenn es um Leben und Tod geht, gibt es keine Kompromisse. Toten kann man nicht mehr helfen, bei Depressionen, Geldsorgen, anderen Problemen des Shutdowns kann der Staat noch eingreifen.

      Also ja, tut mir leid, aber das ist wirklich eine Art der Alternativlosigkeit. Das ist doch auch reine Logik, wenn ich dich frage, ob der Staat den Tod von Tausend Menschen in Kauf nehmen soll, damit Tausend Menschen nicht pleite gehen oder sich zu sehr langweilen, würdest du das bestimmt auch vehement ablehnen. Und so ist nun mal gerade die Lage.

      Nur, Du willst nicht darüber streiten. Die Maßnahmen sind für Dich Datum, nicht verhandelbar. Okay, Deutschland hat sich für den Weg entschieden und ich gehe mit. Aber: eine Strategie muss absehbar zum Erfolg führen.

      Ich weiß nicht, mit wem du da denn verhandeln willst? Das ist eine Pandemie, eine Infektionskrankheit. Da ist einfach kein Verhandlungspartner da. Das Problem kann man nicht mit unternehmerischer Verhandlungstaktik oder Diplomatie lösen, da gibt es eben keine Kompromisse, das ist kein Rentenstreit.

      Und die Strategie hat bisher ja zu einem Erfolg geführt, wir sind nicht in so eine absolute Katastrophe geschlittert wie andere Länder, das ist eine ganz enorme Leistung! Nur deswegen ist das Problem ja nicht erledigt, es kann auch immer noch passieren. Die Fallzahlen und Todesraten sind mittlerweile ja schon fast wieder obsolet, die wichtigste Zahl ist die Krankenhausauslastung und da wird gerade erst ein bundesweites Meldesystem eingerichtet übrigens! (Gott, Deutschland ist in manchen Dingen wahnsinnig mittelalterlich). Und Krankenhäuser, Altenheime, Labore etc. können auch nicht dauerhaft in diesem Zustand bleiben, da türmen sich ebenfalls langfristige Probleme auf.

      Also nein, es wird kein Datum und keine Verhandlungen geben. Ich wüsste einfach nicht mit wem? Merkel und die ganze Bundesregierung hat die beste wissenschaftliche Beratung und den besten Einblick in die bundesweite Lage, was die größten Probleme angeht. Die kennen wir vermutlich selbst überhaupt nicht. Wir müssen die Pandemielage im Auge behalten und in der Zeit unser gesamtes Land auf diese Priorität ausrichten, um für ein ganzes Jahr Pandemie gerüstet zu sein.

      Das muss zuerst kommen. Und das steht übrigens sehr wohl in der Verfassung. Ich habe als verfassungstreue Staatsbürgerin den Anspruch, dass die Regierung mein Leben und das meiner Familie schützt. Sorry, aber das kommt vor der wirtschaftlichen Existenzsorge und auch hier sichert die Regierung ja Hilfe zu, es kommt aber eben nicht zuerst.

      Nein, Ariane. Solche tiefgreifenden Maßnahmen müssen entweder schnellen Erfolg zeitigen oder sie sind falsch. Der Stimmungswandel in der Bevölkerung ist nicht medial getrieben, er liegt in der Natur der Sache. Kein Mensch lässt sich lange einsperren und kein Mensch, der zu Freiheit und Offenheit erzogen ist, lässt sich lange des Elementarsten berauben.
      Ja, da bin ich ja völlig bei dir. Es ist auch jedem vollkommen klar, dass so ein brutaler Shutdown nur eine kurzfristige Lösung sein kann. Guckt euch doch mal die O-Töne bitte von Merkel an. Sie hat ganz offen zugegeben, dass sie zwar nicht darüber redet, aber Tag und Nacht darüber nachdenkt.

      Ich versteh gar nicht, wie jemand auf die Idee kommen kann, irgendwer macht das aus Spaß oder diktatorischen Gedanken oder um die Menschheit zu quälen. Jeder ist unzufrieden mit der Situation. Und natürlich plant und organisiert die Regierung pausenlos. Die hat nur keine Zeit, ständig jemanden loszuschicken, der den ganzen Quatsch wieder geraderückt, der überall erzählt wird!

      Niemand hat Spaß daran, Leute „einzusperren“, aber wenn draußen ein Tornado sperrt, ist man zu Hause eben sicherer und wartet auch ab, bis der Sturm vorbei ist. Und eine Pandemie ist ein unsichtbarer Tornado, die Regierung kann nicht alles wieder aufmachen, wenn sie nicht vorher die gesundheitliche Gefahr auf ein Minimum reduziert hat. Und das ist eine Herkulesaufgabe, da gibt es keine einfachen Lösungen. Auch die Lösungen, die gefunden werden, werden übrigens weh tun. Damit müssen wir uns abfinden. Wie gesagt, da ist einfach kein Verhandlungspartner da.

      Ich hatte den Artikel von Christian Lindner nicht gelesen. Das habe ich nachgeholt und stimme ihm von Herzen zu. Dann bin ich anscheinend inzwischen AfD-nah, auch eine neue Erkenntnis für mich in diesen Tagen.

      Nein, bist du nicht. Ihr Konservativen habt nur nicht die Schärfe, Eure eigenen Clubmitglieder objektiv zu sehen und offen zu sagen, wenn sie Blödsinn machen. Wir Linken können das so gut, dass wir uns eher selbst zerfleischen als den politischen Gegner. Da muss man eine Balance finden.

      Und der Artikel ist einfach dumm, sorry. Das Coronaproblem ist nicht auch nur im Ansatz erledigt und das sollte jedem einleuchten.
      Und seine smarten Ideen sind Dinge, die kann man nicht mal eben bis zum 20. April (!) lösen. Die Tests werden gerade eher knapper als mehr und eine App braucht auch Zeit. Der ganze andere Kram wird längst bearbeitet.
      Ich meine sorry, aber das ist doch einfach peinlich, einen Expertenrat für die Öffnung vorzuschlagen! Den gibt es schon längst, morgen oder übermorgen stellt die Leopoldina ihre Überlegungen vor.
      Das weiß selbst ich als Privatbürgerin, es ist außerordentlich peinlich, wenn ich dann lese, dass der Parteichef der FDP! mit seinem Parlamentssitz! etwas fordert, das schon längst erledigt ist. Du willst mir doch bitte nicht erzählen, dass das auch wieder politische Umnachtung und keine Absicht ist?

      Nichts gegen dich und auch nichts gegen FDPler, die gute Arbeit machen, aber etwas mehr Kritik könnte Lindner wirklich vertragen. Soweit sollte die Niebelungentreue eben nicht gehen, dass ihr im in die Nähe der AfD folgt.
      Da ist Selbstdenken und Eigenverantwortung gefragt, so mal als kleine Spitze^^

      • Stefan Sasse 13. April 2020, 10:26

        90% Zustimmung. Linke sind zwar im Selbstzerfleischen gut, aber nicht immer im Erkennen der eigenen Idioten. Darf ich auf die ganzen Venezuela- und Kuba-Fans in der LINKEn verweisen, nur als pars pro toto?

        • Ariane 13. April 2020, 12:27

          Absolut! Das ist meiner Meinung nach allerdings mehr ein Problem von „Radikalität“ als vom politischen Spektrum. Wenn man zu radikal ist, ist man zu sehr von seiner eigenen „Richtigkeit“ überzeugt und verteidigt dann zb bei der LINKEn Linksdiktaturen oder beschwert sich auf der Rechten, dass Angela Merkel versucht, ihnen das Leben zu retten. Im mittigen Spektrum findet man eigentlich beides nicht, zumindest nicht in so einer Extremform.

          Da gibt es irgendwie Punke, an denen die Differenzierung und normales logisches Denken aussetzt.
          Aber wenn Pietsch plötzlich Lindners wirre Thesen verteidigt, scheint das Club-Denken rechts der Mitte gerade um einiges ausgeprägter.

          • Stefan Sasse 13. April 2020, 12:40

            Absolut korrekt. Seit einigen Jahren ist dieses Problem, wie Radikalismus und Extremismus generell, rechts der Mitte wesentlich problematischer. Das liegt aber denke ich auch an der generellen Unattraktivität linker Positionen zur Zeit; das Vermögen dieses Spektrums für denselben Bullshit sieht man gerade an solchen Beispielen immer wieder, oder, wenn man weiter in der Geschichte zurück will, an RAF-Sympathiebekundungen oder Lobhudeleien für Mao und Stalin.

      • Stefan Pietsch 13. April 2020, 20:21

        Ich bin ja schon im anderen Thread auf die meisten Punkte eingegangen, daher zur Ergänzung:

        In den Neunzigerjahren tobte eine heftige Debatte über den sogenannten finalen Rettungsschuss. Darf der Staat das Leben seiner Bürger gegeneinander abwägen. Die Entscheidung Karlsruhes: er darf bei unmittelbarer Gefahr für das Leben eines anderen.

        Um Dir den Unterschied deutlich zu machen: In meinem Umfeld gibt es weit und breit keinen Krankheitsfall, von Infektionen ist nichts bekannt. Im örtlichen Krankenhaus gibt es ein paar Erkrankte. Die Gefahr für mich und meine Familie, mich mit Covid-19 nicht nur zu infizieren, sondern auch zu erkranken und zu sterben, besteht derzeit in einer statistischen Note. Das Verbot, andere Menschen zu treffen, meine Religion auszuüben und meinem Beruf nachzugehen, ist jedoch unmittelbar. Dies schädigt mich, was sich exakt benennen und monetär beziffern lässt.

        Üblicherweise ist dieser Schaden höher zu bewerten. Wenn Eltern sich trennen, darf unter normalen Umständen dem einen Teil der Umgang nicht verweigert werden. Er wäre sonst in dem Grundrecht auf Familie entscheidend verletzt. Dies gilt selbst für einen extremen Fall, wo der eine Ehepartner dem anderen Gewalt angetan hat. Das Umgangsrecht kann nur dann außer Kraft gesetzt werden, wenn andere (also z.B. der ehemalige Ehepartner oder gar das Kind) unmittelbar gefährdet wären.

        Zusammenfassend: das Kriterium der Unmittelbarkeit einer Gefahr fehlt bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie naturgemäß. Folglich muss hier erst recht eine schwere Interessenabwägung getroffen werden und sie kann nicht – auch das liegt in der Natur der Sache – nicht einseitig zugunsten eines völligen Shutdowns ausfallen. Schon gar nicht auf einer längeren Zeitschiene. Davon war ich immer, das heißt bereits im Februar, überzeugt.

        O-Ton von Merkel ist ein Loben und Tadeln ihrer Untertanen, pardon, Mitbürger. Und der Ton war: wenn ihr nicht folgsam seid, werden wir noch härtere Maßnahmen treffen müssen. Liebe Ariane, so bin ich zuletzt mit meiner Tochter im vorpubertären Alter umgegangen. So kann ich nicht mal arbeitsvertraglich gebundene Menschen im Unternehmen behandeln.

        Aktuell profitiert die Union im Allgemeinen und Politiker wie Markus Söder im Speziellen von der Lage. Es ist wohl reiner Zufall, dass ausgerechnet jene Politiker, die in den letzten Wochen zu den Gewinnern zählten, härtere Maßnahmen fordern, während Politiker, die von der Gunst nicht so bedacht wurden – wie z.B. Armin Laschet – für einen anderen Weg plädieren. Ich muss aber nicht an Zufall glauben.

        Und der Artikel ist einfach dumm, sorry.

        Was genau ist dumm? Du hast kritisiert, dass Lindner die Vergangenheitsform benutzt habe. Das habe ich in diesem Satz auch. Heißt das, dass ich davon ausgehe, dass Du Lindner nicht mehr dafür kritisierst? Nein, so funktioniert unsere Sprache nicht. Erst, wenn wir eine der beiden Perfekt-Formen verwenden, ist etwas tatsächlich erledigt.

        Die Einschränkung von Grundrechten muss im demokratischen Rechtsstaat begründet werden. Die Bundesregierung hat sich dagegen eine Diskussion über einen „Exit“ geradezu verbeten.

        Das stimmt uneingeschränkt!

        Allein schon die dort ermittelte Dunkelziffer relativiert die Orientierung an der offiziellen Zahl der Infizierten. Wir alle wissen mehr über individuelle gesundheitliche Risikofaktoren.

        Auch das trifft zu. Mancher mag die Studie kritisieren, aber sie erweitert unser Wissen so wie die empirischen Fälle von Infizierten auf Kreuzfahrtschiffen. Wir gehen heute auch – im Gegensatz zu vor ein paar Wochen – davon aus, dass es sich um keine Schmiereninfektion handelt und wir durch Abstand und Maßnahmen wie Plexiglas gut geschützt sind.

        Jetzt muss im Verfassungsstaat die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen neu gestellt werden – und nach möglichen Strategiealternativen.

        Was ist daran falsch?

        Erstens werden wir nicht sofort zu einem Umgang zurückkehren können, wie wir ihn im Februar noch gewohnt waren. Aber Produktion, Handel, Verkehr, Justiz, Gastronomie, Bildung und das Leben insgesamt können unter Bedingungen wieder geöffnet werden. Sie müssen es sogar, wenn wir nicht dramatische Verwerfungen unserer Gesellschaft riskieren wollen.

        Gerade haben Berater der Bundesregierung empfohlen, die Schulen bald wieder zu öffnen. Doch wenn Christian Lindner zu dem gleichen Schluss kommt, ist das Unsinn?

        Dazu muss der Staat umgehend Regeln definieren. Denn ihre Einhaltung erfordert Vorbereitung.

        Sic!

        Zweitens sind die gesundheitlichen Risiken ungleich verteilt. Müssen dann nicht auch die Maßnahmen differenziert werden? Statt das Land wie jetzt für alle herunterzufahren, sollten nun die besonders gefährdeten Bürger prioritär geschützt werden. Ausgangsbeschränkungen, die nur für einzelne Personengruppen greifen, wären hier nicht der richtige Weg. Wir werden aber über Differenzierungen sprechen müssen.

        Absolut meine Position!

        So, warum ist es Niebelungentreue dem zuzustimmen?

        • Ariane 15. April 2020, 03:21

          Ach Gott, jetzt komm ich hier schon mit den Kommentaren etwas durcheinander:

          Die Gefahr für mich und meine Familie, mich mit Covid-19 nicht nur zu infizieren, sondern auch zu erkranken und zu sterben, besteht derzeit in einer statistischen Note. Das Verbot, andere Menschen zu treffen, meine Religion auszuüben und meinem Beruf nachzugehen, ist jedoch unmittelbar. Dies schädigt mich, was sich exakt benennen und monetär beziffern lässt.

          Ich kann diese Sichtweise durchaus verstehen, aber muss dir leider sagen, dass sie falsch ist.
          Die Auswirkungen des Shutdowns merkst du ganz persönlich am eigenen Leib, ob das jetzt die Kirche oder die Wirtschaft ist.
          Aber die eigentliche Gefahr sieht man nicht. Das ist ein Virus. Einer über dessen Wirken und Übertragung noch nicht viel bekannt ist!

          Ja, das ist wirklich merkwürdig. Finde ich auch. Aber er ist nun mal da. Und nochmal: das heißt Gefahr für Dich, Gefahr für alle, die du kennst und die Gefahr, dass du selbst andere anstecken kannst!

          Ehrlich, wer will denn dieses Risiko ernsthaft eingehen? Das ist nicht einfach eine Statistik! Spinnst du?
          Das sind keine Zahlen, das sind Menschen. Die dich in Gefahr bringen können und die du in Gefahr bringen kannst, wenn du in eine volle Kirche gehst oder auf eine Shoppingtour.

          Was meinst du denn, wie du geschädigt bist, wenn du erkrankst oder jemand aus deiner Familie? Nur weil das noch nicht passiert ist, ist die Gefahr halt nicht gebannt. Setzt du dich dann immer noch hin und sagst, ich will lieber die Kohle oder den Kirchgang? Dann wird das nämlich alles plötzlich absolut egal.

          Zusammenfassend: das Kriterium der Unmittelbarkeit einer Gefahr fehlt bei den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie naturgemäß.

          So ein Quatsch, die Unmittelbarkeit der Gefahr ist das Zusammentreffen von Menschen. Siehe Skiurlaub und Karneval.

          Und der Ton war: wenn ihr nicht folgsam seid, werden wir noch härtere Maßnahmen treffen müssen. Liebe Ariane, so bin ich zuletzt mit meiner Tochter im vorpubertären Alter umgegangen. So kann ich nicht mal arbeitsvertraglich gebundene Menschen im Unternehmen behandeln.

          Oh nein, der Herr FDPler. Der O-Ton war: Wenn ihr nicht eigenverantwortlich handelt, dann sterben Menschen! Ich bin auf Eure Mithilfe angewiesen, denn sonst hat das alles hier keinen Sinn!
          Dass die hohen Herren es nicht gut leiden können, wenn Merkel zu ihnen spricht, ist leider Euer Problem. Und wenn ihr das nicht einseht, dann bin ich und meine Familie darauf angewiesen, dass die Maßnahmen so hart bleiben wie sie sind, damit ihr nicht aus Rebellentum andere Menschen in Gefahr bringt.

          Was genau ist dumm?

          Meine Güte Stefan, hör bitte damit auf, dich für Lindner in die Nesseln zu setzen. Du hast gerade erst die Thüringen-Nummer mit geistiger Umnachtung erklärt.
          Sonst halte ich dich irgendwann selbst genauso für weltfremd.

          Das ganze Pandemieproblem ist null gelöst! Es wird auch ohne Impfstoff überhaupt nicht gelöst werden können. Nur weil wir niemandem den Beatmungsschlauch geklaut haben, ist doch das Problem nicht weg!

          Außerdem: seine smarten Ideen sind Müll. Es wird nicht so schnell Massentests geben! Die können nicht mal eben auf 80 Millionen hochgefahren werden, wir kriegen nicht mal die wichtigen Leute gerade getestet. Wie soll das gehen?
          Apps! Ja hallo, was meinst du denn, wielange es dauert, hier was Passendes zu erfinden, dass auch nur einen Ticken weiterhilft?

          Jetzt muss im Verfassungsstaat die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen neu gestellt werden – und nach möglichen Strategiealternativen.
          Was ist daran falsch?

          Seufz. Könnt ihr euch bitte alle nochmal die Verfassung durchlesen? Echt, ich kanns nicht mehr hören. Die Menschenwürde und der Schutz auf Leben und körperliche Unversehrtheit sind die ersten zwei Artikel. Aus gutem Grund!

          Die sind gerade nicht gewährleistet! Überhaupt nicht. Ob du das glaubst oder nicht. Und der Staat muss alles beiseite schieben, bis er das auch nur ansatzweise wieder kann. Er ist laut Verfassung! dazu verpflichtet!

          Ausgangsbeschränkungen, die nur für einzelne Personengruppen greifen, wären hier nicht der richtige Weg. Wir werden aber über Differenzierungen sprechen müssen.

          Ähm ja, wie soll das gehen? Praktikabel? Wird nicht erklärt. Merkel, mach mal schnell. Oder wie?

          Den ganzen Rest kommentiere ich nicht weiter. Die Regierung arbeitet bereits an allem, was Lindner so fordert. Und natürlich wird die Debatte geführt. So zu tun, als wenn sie unterdrückt wird, weil Angela Merkel euch nicht sagt, was ihr hören wollt! ist Kindergarten.

          Also nein Stefan ehrlich. Ich halte dich für einen klugen und verantwortungsvollen – gelegentlich sogar empathischen – Menschen. Aber ehrlich, ich muss hier an deine Vernunft und Eigenverantwortung appellieren.

          Wir haben hier eine Pandemie. Die erfordert erwachsene, verantwortungsvolle Menschen. Und ich wünsche mir wirklich, dass du einer davon bist. Und Lindner ist es gerade nicht.

          • Stefan Pietsch 15. April 2020, 10:41

            Der Punkt, Ariane, ist, dass Du Fakten verschiebst und Vorgaben wie Ziele umdeutest. So kommst Du auf eine ganz andere Schiene und wir fahren auf völlig unterschiedlichen Gleisen. Ich sortiere das mal:

            Für das Recht und eben auch unsere Grundrechte wie auch de facto macht es einen erheblichen Unterschied, ob eine Gefahr unmittelbar oder nur mittelbar besteht. Ein Geiselnehmer, der bewaffnet, aber ohne sie direkt zu bedrohen, Menschen in Schach hält, darf nicht erschossen werden. Bei jemanden, der einem anderen direkt die Pistole an den Kopf hält, ist der finale Rettungsschuss erlaubt. Mittelbar und unmittelbar. Das ist der Unterschied.

            Es ist, anders wie Du zu unterstellen scheinst, nicht das Ziel der Regierungen, die Neuinfektionen auf Null zu bringen. Das gilt zudem als nicht erreichbares Ziel. Das offizielle Ziel der Bundesregierung wie auch der anderen europäischen Regierungen ist, die Kurven der Infektionen so zu gestalten, dass keine Überforderung des Gesundheitswesens eintritt. Das ist etwas völlig anderes.

            Solange das so ist, gibt es nur eines, und das ist die Richtschnur all unseres Handelns: die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, sie über die Monate zu strecken und so Zeit zu gewinnen. Zeit, damit die Forschung ein Medikament und einen Impfstoff entwickeln kann. Aber vor allem auch Zeit, damit diejenigen, die erkranken, bestmöglich versorgt werden können.
            Aus der Rede der Bundeskanzlerin

            Wenn ich mich also infiziere, ist das kein Failure, sondern eher wahrscheinlich notwendig. Dagegen sind wirklich gefährdete Menschen wie Ältere und solche mit Vorerkrankungen tatsächlich vor Infektionen zu schützen, um nicht schwere Erkrankungen und schlimmstenfalls ihren Tod in Kauf nehmen zu müssen. Was liegt aber dann näher (und wird in bestimmten Fällen ja längst praktiziert) als genau diese Menschen zu isolieren?

            Die Bundesregierung entscheidet auf Basis von Statistiken. Da darf ich sie wohl auf Basis von Statistiken in ihrem politischen Handeln bewerten, ohne gleich zu spinnen.

            Während in Taiwan Menschen mit Symptomen, insbesondere Einreisende, sofort kontrolliert, untersucht und in Quarantäne gesteckt wurden, sind wir da weiterhin liberal. Untersuchungen gehen ja nicht, wie Du schreibst. Anscheinend liegt Taiwan auf dem Mars. Hier werden Menschen mit Covid-19-Symptomen von Ärzten wie Krankenhäusern abgewiesen: Tests nicht notwendig, bleiben sie zuhause. Das sind Berichte aus den letzten Tagen. Klar, unter solchen Bedingungen ist es besser, wenn alle zuhause bleiben.

            Weiterer Irrtum Deinerseits: die ersten 20 Artikel kennen keine Abstufung in den Grundrechten. Das Recht auf Schutz von Ehe und Familie (Artikel 6) steht nicht über dem Recht auf Eigentum (Artikel 14). Ja, das Recht auf Leben steht über allem, vielleicht mal wieder bei Debatten über Abtreibung daran denken? 😉

            Zur Erklärung, wie ich die Risiken praktisch im Unternehmen behandele und warum:
            Seit Ausbruch der Pandemie sind Teile der Belegschaft ins HomeOffice geschickt worden. Einerseits sollte damit die Zahl der Angriffsmöglichkeiten reduziert werden. Andererseits wurde anderen Mitarbeitern die Arbeit von zuhause nicht genehmigt, um das Büro arbeitsfähig zu halten und ein Mindestmaß an menschlichem Kontakt zu erhalten.

            Die Filialen wurden entsprechend der ordnungsrechtlichen Vorgaben geschlossen, die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Für die Wiedereröffnung sind weitreichende Schutzmaßnahmen für die Kollegen in Vorbereitung. Ähnliche Schutzmaßnahmen habe ich explizit abgelehnt, gestern nochmal. Kein Plexiglas im Büro. Wir gehen alle auf die gleichen Toiletten, in die gleiche Küche, fassen die gleichen Griffe und das gleiche Papier an. Es gibt im Büro keinen Schutz, wenn einer infiziert ist.

            Deswegen geht es auch um Verantwortung. Bleibt der Kreis homogen, bleiben wir alle gesund. Der Mitarbeiter, der nur sich zuhause und im Büro bewegt und dessen Partner ebenfalls zuhause ist und mit dem immer gleichen Kreis Umgang pflegt, ist keine erhöhte Gefahr. Das wiederum, nächster Fehler Ariane, ist eine biologische Tatsache. Der beste Schutz vor Vireninfektionen ist eine homogene Gruppe, wo von außen wenig Zugang erfolgt (und wenn, dann nur kontrolliert).

            Ich habe auch Mitarbeiter, die besonders ängstlich sind. Ich kann damit wenig anfangen. Ich kann es mir nicht leicht machen. Einerseits muss das Geschäft laufen, damit die Menschen auch in ein paar Monaten noch einen Job haben. Andererseits muss ich das Infektionsrisiko gering halten, denn eine Schließung würde das Unternehmen eventuell ins wirtschaftliche Aus manövrieren. Ich muss also Abwägungen treffen und kann es mir nicht einfach machen. Entweder oder und sich dabei noch gut fühlen.

            Tatsächlich, nächster Fehler, hat die Kanzlerin in der Krise wenig zu melden. Sie kann reden, das tut sie erfahrungsgemäß wenig. Was ich als selbstbewusster Bürger, der eben auch nach Eigeneinschätzung Verantwortungsbewusstsein besitzt, überhaupt nicht leiden kann, ist, wenn Politiker oder Beamte mir paternalistisch kommen. Der / die gute Hirte/in.

            Deswegen lassen Sie mich sagen: Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst.

            Jedem, der in den Supermärkten unterwegs ist, möchte ich sagen: Vorratshaltung ist sinnvoll, war es im Übrigen immer schon. Aber mit Maß. Hamstern, als werde es nie wieder etwas geben, ist sinnlos und letztlich vollkommen unsolidarisch.

            Ich appelliere an Sie: Halten Sie sich an die Regeln, die nun für die nächste Zeit gelten. Wir werden als Regierung stets neu prüfen, was sich wieder korrigieren lässt, aber auch: was womöglich noch nötig ist (Appell und Drohung bei Zuwiderhandlung; d.A.).
            https://www.nwzonline.de/politik/berlin-corona-rede-im-wortlaut-lesen-sie-hier-merkels-ansprache-an-die-nation_a_50,7,2821516659.html

  • popper 12. April 2020, 11:52

    Zu 6)

    Bei der Kritik an der Studie in Heinsberg handelt es sich an den entscheidenten Stellen um Glaube und Annahmen. Man nahm an, alle in einem Haushalt wären einbezogen worden, war aber nicht so. Man nimmt einfach an der Antikörper-Test sei nicht valide. Auch der Test von Prof. Drosten ist nicht validiert, wo bleibt hier die Kritik. Man nimmt einfach an, Prof. Streeck würde die Zahlen von Gangelt einfach eins zu eins auf Deutschland ummünzen, hat er aber nie getan. Ganz viele Annahmen also. Ich erinnere nur daran, dass man vor der Krise annahm, Corona sei wie eine Grippe, aber dann pötzlich von COVIT-19 und Millionen Toten in Deutschland sprach. Nun sagt eine Studie im Zwischenergebnis etwas anderes, als das was anscheinend öffentlich unbedingt zu gelten hat. Da darf man selbstverständlich Fragen stellen. Bitte aber sachlich und ohne voreilige Unterstellungen.

    • Ariane 12. April 2020, 23:29

      Bei der Kritik an der Studie in Heinsberg handelt es sich an den entscheidenten Stellen um Glaube und Annahmen.

      Ähm ja. Das ist ja das Problem! Außer einer Pressekonferenz gab es ja nichts, was man sich auch nur mal näher ansehen konnte. Gab ja nur die „Herdenimmunität jetzt doch wieder super“-Berichte, um nachzugucken, ob da auch Brauchbares dabei ist. Und bisher – kann sich ja noch ändern – scheint wenig dabei zu sein, das man zumindest als interessierter Laie für seine eigenen Überlegungen hernehmen kann.
      Das ist ja auch gar nicht schlimm, ich bin ja Privatperson und keine Medizinforscherin. Gott bewahre.

      Mich regt es nur auf, wenn es überhaupt keine Informationen gibt und die Medien laut verkünden, dass der ganze Pandemiekram übrigens kein Problem mehr ist. Was sollen wir Nichtmediziner denn davon halten? Daneben steht, dass die USA einen neuen Rekord an Toten aufgestellt haben. Und dass wieder ein Fußballstadion als temporäre Leichenhalle herhalten muss. Es kann doch nicht beides gleichzeitig wahr sein.

      Und ich bemühe mich übrigens redlich, mir eine eigene Meinung zu bilden und ja, ich erwarte da auch mediale Unterstützung. Weil ich eben keine Medizinfachfrau bin und auch sonst niemand, der gerade zu Hause oder im HomeOffice sitzt und Zeit hat, die Berichterstattung zu verfolgen.

      • popper 13. April 2020, 09:07

        Nun ja, den Vorwurf wegen der Validität der Tests, von Herrn Drosten fand ich in dem Zeit-Artikel besonders dreist. Zumal sein Corona-Test bis heute nicht validiert ist. Hört man da was von interessierter Seite? Prof. Streeck hat in der Pressekonferenz und bei „Lanz“ immer darauf hingewiesen, dass die Studie noch nicht abgeschlossen ist. Warum das alles zum Anlass genommen wurde/wird seine Arbeit massiv infrage zu stellen, könnte daran liegen, was Norbert Häring in seinem heutigen Beitrag im Zusammenhang mit dem Video mit Bill Gates (das ich bereits verlinkt hatte) schreibt: „Ab Minute acht geht es darum, dass Falschinformationen die Anstrengungen untergraben, die Pandemie zu kontrollieren. Das ist interessant um einzuordnen, was wir an Informationsmanagement derzeit wahrnehmen: eine Überflutung mit detaillierten, aber oft nicht aussagekräftigen und nicht untereinander vergleichbaren Daten, Medien, die sich vor allem als Multiplikatoren der Regierungsstrategie zu verstehen scheinen, und eine immer härtere Gangart gegen kritische Stimmen, bis hin zu Zensur auf den sozialen Medien oder gar dem Abschalten von kritischen Webseiten.“ (nachzulesen hier https://norberthaering.de/medienversagen/event-201-fake-news/)

      • Stefan Sasse 13. April 2020, 10:27

        Das hab ich in meinem aktuellen Artikel auch gebrandmarkt.

  • Stefan Sasse 12. April 2020, 12:01

    Ich lass das hier mal noch da, das passt gerade so schön:
    https://twitter.com/aloa5/status/1249269967637188608

    • Ariane 12. April 2020, 23:37

      Jep, der aloa macht da wirklich einen hervorragenden Job. Wir kriegen da auch langsam ein Problem mit dem Meldewesen. Hatte ja auch zufällig auf Twitter gelesen, dass mein Landkreis zwei Tage lang nichts von sich hören lässt. Und hab auch den Verdacht, dass die Schwankungen in den niedersächsischen Zahlen Rückstaus sind. Am Mittwoch, vom Wochenende!

      Also in einigen Dingen müssen wir hier wirklich so ein bisschen bei Null anfangen. Die Bundesregierung richtet auch erstmal ein deutschlandweites Meldesystem ein, um die Krankenhausauslastung im Blick zu behalten. Hoffentlich nicht mehr per Fax! Denn aktuell sind das ja die wichtigen Zahlen, im Shutdown ist ja egal, ob man mit oder ohne Covid zu Hause sitzt. Ich glaub, wir können sehr froh sein, dass die Kreisebenen so gute Arbeit machen, die stemmen ja den ganzen Kram, von Krankenhäusern bis hin zu den Gesundheitsämtern (was ich übrigens auch ergooglen musste), das sind für mich wirklich die wahren, unbekannten Helden. Neben den RedenschreiberInnen von Merkel und Steinmeier^^

      Und heute gab es ja schon wieder etliche fragile Männer, die den Lockdown einfach nicht mehr ertragen. Da könnte ich sofort die nächste bös kommentierte Linksammlung anfangen.

      • Stefan Sasse 13. April 2020, 10:27

        Wohlstandsverwahrlosung, ist meine These. Siehe neuester Artikel.

        • Ariane 13. April 2020, 12:34

          Jep.
          Aber die großen intellektuellen Selbstdenker können sich auch einfach nicht vorstellen, dass man sich bei globaler Pandemie erstmal mit so einem profanen Problem befassen muss, herauszufinden, wieviele Atemmasken, Beatmungsgeräte und Intensivbetten überhaupt überall rumliegen/stehen und das muss man für die Verteilung nun mal wissen.

          Gab neulich so einen Kurzbericht irgendwo. Das Lager musste anonymisiert werden, damit nichts geklaut wird übrigens. Und irgendwer sitzt da und telefoniert im Landkreis alle Krankenhäuser und Altenheime ab und fragt, für wieviel Tage die noch Vorräte haben. Und dann wird das wenige Zeug aufgeteilt und an die gesendet, die am wenigsten haben. Und zwischendurch gibts Notrufe, weil jemand gar nichts mehr hat und dann muss wieder alles umgeplant werden. Und das ist nur die Kreisebene!

          Allein die Infobeschaffung und Verteilung in ganz Deutschland ist hochkompliziert. Da krieg ich echt einen Zuviel, wenn ich dann lese. Hey, mehr Masken für alle, das ist die Lösung!

          • Stefan Sasse 13. April 2020, 12:41

            Absolute Nullphrasen. Als ob Merkel im Kanzleramt einen Artikel in der Welt lesen und sich dann mit der flachen Hand an die Stirn schlagen würde: „Masken für alle! Dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin! Diese Mordskerle bei Springer, ohne die, echt…“

  • Hias 12. April 2020, 12:48

    1.) Ich sehe den jetzt getroffenen Entscheid auch kritisch, aber für Bauernhöfe wäre ein Ernteausfall auch eine massive Belastung. Für die Spargelhöfe würde ja der Großteil der Jahreseinnahmen ausfallen, während ein großer Teil der Kosten schon angefallen sind. Das ist nochmal ne Nummer heftiger als in der restlichen Wirtschaft. Hinzu kommt, dass die Erntehelfer ja auch die Einnahmen brauchen.
    Auf der anderen Seite besteht natürlich die Gefahr, dass der Virus in der Gemeinschaftsunterkunft umgeht, also der worst case deutlich wahrscheinlich wird. Eine schwierige Situation, die man wahrscheinlich nur über umfangreiche Hilfe für die Bauernhöfe hätte lösen können. Was aber wiederum zu massiven Diskussionen geführt hätte, wenn man einer Branche (fast) den kompletten Jahresumsatz gezahlt hätte.

    zu 2.) und 3.) ist nicht gerade ein Beispiel für tolle Arbeit, aber wir sollten immer im Hinterkopf behalten, dass die Krise erst vor gut einem Monat angefangen hat und ich hoffe doch, dass die Politik über wichtigeres nachdenkt (wie weiter mit Lockdown, Staatshilfen besser organisieren, Tests und Maskenproduktion ausweiten), als darüber, wer in welchen Baumarkt darf. natürlich muss man da auch nachsteuern, aber das sieht halt dann auch so aus.

    zu 4.) und 5.) Das ist tatsächlich gespenstisch. Wir sind bislang gut durchgekommen und schon werden die Leute unvorsichtig. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang die Leute, denen es angeblich um die Grundrechte geht. Die wollen natürlich nur möglichst schnell die Grundrechtseinschränkungen beenden, wegen Grundgesetz und so, aber die Risikogruppen, die muss man halt schützen, was bei näherem Hinsehen ebenfalls einer massiven Grundrechtseinschränkung gleichkommt.

    Dabei bin ich sehr wohl der Meinung, dass wir über einen langsamen und sinnvollen Ausweg diskutieren müssen, aber der darf dann nicht nur auf den Rücken der Risikogruppen gehen und es muss dann eine langfristig tragfähige Lösung kommen.

    zu 8.) Okay, beim Thema Solo-Selbstständige kenne ich mich echt nicht aus, daher halte ich mich hier raus. Und ja, es muss nachgebessert werden, kein Zweifel und in Berlin scheint es die Landesregieung mal wieder zu verkacken.
    Aber andererseits finde ich es schon eine Leistung innerhalb von zwei, drei Wochen so eine Förderung aufzubauen und rauszukriegen. Und dann beschweren sich Unternehmer, dass sie auf Platz 65.000 einer Warteliste sind oder dass sie schriftliche Anträge (von 1-2 Seiten!) ausfüllen müssen.
    Also dafür, dass Wirtscahftsvertreter und -verbände immer das unternehmerische Engagement und die Initiative so gelobt haben, sind die jetzt aber schon stark auf den Staat fixiert.

    zu 9.) Ich finde die Idee spitze. Die Kosten für die Anschaffung der Maschine sind zu hoch um sie in ein/zwei Jahren wieder reinzukriegen. Daher fände ich es eine interessante Lösung, wenn der Staat drei / vier dieser Maschinen finanzieren würde. Die werden dann bei einem Großunternehmen aufgestellt, dass den Flies dann zu den HK plus einem kleinen Gewinnaufschlag herstellt. im Gegensatz dazu verpflichtet sich das Unternehmen, die Maschine regelmäßig zu warten und Personal für die Maschine auszubilden, das ganz normal weiterarbeitet in der Firma weiterarbeitet, aber in Krisenzeiten diese Anlage anwirft und produziert. Fände ich eine smarte Lösung. Risiko geteilt, Kosten werden niedrig gehalten und zugleich kann man schnell die Produktion hochfahren.

    zu 10.) Ja, in den Krisenregionen und den ärmeren Ländern wird das Virus bitter wüten und dort hat man nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ausgangssperren und Lock-Downs bringen aufgrund der Enge nur bedingt was, werden wohl aber dafür sorgen, dass Millionen verhungern werden, weil sie keine Gelegenheit mehr haben, Geld zu verdienen.
    Und ja, hier werden wir (Industrieländer) helfen müssen, das wird allerdings auch erst dann möglich sein, wenn wir hier die Situation unter Kontrolle gebracht haben.
    In diesem Zusammenhang bin ich auch bei den Flüchtlingslagern skeptisch. Hier halte ich einen massiven Ausbau der hygienischen Standards und der medizinischen Versorgung für sinnvoller, als die Flüchtlinge auf verschiedene Ländern zu verteilen.
    Und ja, jetzt gerade massiv Flüchtlinge aus Heimen auf andere Unterkünfte zu verteilen macht nur dann Sinn, wenn man dies gut plant und bspw. genau testet, bevor man so eine Aktion macht. Andernfalls konterkariert man damit die Empfehlung, zuhause zu bleiben.

    Und es geht nicht nur darum, dass man den Armen, Flüchtlingen und Obdachlosen helfen muss (womit Du natürlich vollkommen Recht hast), sondern auch darum, dass man das Virus nur dann eindämmen kann, wenn man allen hilft und zwar insbesondere den Schwächsten. Ich finde das sieht man gut an Singapur, wo man dachte, die Lage unter Kontrolle zu haben und dabei die Billigunterkünfte für die Niedriglohn-Arbeiter übersehen hatte.

    • Ariane 13. April 2020, 00:09

      1) Hast mit allem Recht, ich sehe die Probleme durchaus auch. Aber man muss als Regierung nicht einfach die Forderungen der Bauern erfüllen. Gibt ja noch so ein paar andere Problemchen und man hätte das durchaus anders lösen können. Spargel und Erdbeeren gehören nicht zur Grundversorgung, das hätten die Bauern halt mit Freiwilligen lösen müssen und für die Ernten später hätte man dann gesundheitlich sicherere Lösungen vorbereiten können. Dann sollen die eben ein Hotel anmieten, damit nur zwei Leute in einem Zimmer mit eigenem Bad schlafen.
      So schafft man neue Infektionsherde, während alle anderen zu Hause sitzen. Das ist nicht nur dämlich, sondern sendet eben auch falsche Signale aus.

      2&3) Natürlich. Aber es bindet ja unheimlich viel Zeit und Energie, die woanders viel nutzbringender ist. Man müsste in Niedersachsen zum Beispiel dringend mal seine Homepage vernünftig gestalten und das Meldewesen der Fallzahlen in Ordnung bringen. Und jedes Mal, wenn ich etwas von meiner Regierung höre, beschäftigt die sich mit Machtspielchen. Das ist nicht gerade vertrauenserweckend. Und auch völlig sinnlos, die drei Küstenländer haben da ja alle dieselben Probleme und zumindest Niedersachsen zwingt die Landkreise dazu, den ganzen Mist irgendwie sicher und mit Tricks auszuführen. Und wenn hier einfach jede Behörde und jeder Baumarkt macht, was er will, hängt alles von Eigeninitiative ab. Dann brauchen wir die Landesregierung irgendwie nicht mehr, das kanns ja nun auch nicht sein. Und ich hab die alle gewählt und eine Ebene fällt aus, also muss ich hoffen, dass meine anderen Vertreter eine Revolution starten. Hm.

      4/5)Die wollen natürlich nur möglichst schnell die Grundrechtseinschränkungen beenden, wegen Grundgesetz und so, aber die Risikogruppen, die muss man halt schützen, was bei näherem Hinsehen ebenfalls einer massiven Grundrechtseinschränkung gleichkommt.

      Ja. Ich meine, es ist natürlich eine Situation, die höchstselten und für uns eigentlich nie vorkommt. Aber ich finde das beängstigend, weil diese Menschen dem Kern der Verfassung so widersprechen. Die ist eben nicht nur zum Schutz des Eigentums, sondern zum Schutz der Bevölkerung vor Gefahren gedacht. Und diese selbsternannten Verfassungsschützer suchen sich einfach das passende raus und stellen das an die erste Stelle, ohne den eigentlichen (unvermeidlichen) Verfassungsbruch zu sehen. Und gerade weil das ja von den Intellektuellen und Journalisten und Politikern kommt, finde ich das so bedenklich. Vom Mann auf der Straße erwarte ich ja keine grundlegenden Verfassungskenntnisse, aber von der Elite eben schon.
      Da haben wir bzw die Gesellschaft in den letzten Schönwetterjahren irgendwie den Sinn fürs große Ganze ein wenig vergessen, scheint mir.

      8) Auf jeden Fall, die ausführenden Behörden haben da schier Unglaubliches geleistet, diese unteren Ebenen nehme ich von Kritik aus. Das klappt auf jeder Ebene hervorragend und flexibel. Wirklich große Klasse. Ich sags ja, im Wegverwalten von Problemen ist Deutschland einsame Spitze.
      Die Vorgaben von oben sind halt das Problem. Und ich kenne sehr viele Soloselbständige und Kleinstunternehmer. Und natürlich leben die alle von ihrem Umsatz und Gewinn, das geht ja gar nicht anders. Es sind ja eben keine Angestellten. Und die tragen eh schon viel mehr Risiko, weil sie zb eine längere Krankheit aus ihren Reserven bezahlen müssen. Und eben auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Ist mir völlig unverständlich, wie man da die Lebenshaltung rausnehmen und auf HartzIV verweisen kann. Von dem Regelsatz kann ein Normalverdiener doch nicht von heute auf morgen leben und soviel Cashreserven hat auch keiner. Da brauchen die gar nix mehr beantragen, sondern können direkt Privatinsolvenz beantragen. Und das sollte ja eigentlich verhindert werden, die alle in die Pleite zu treiben.

      9) Stimmt, das wäre wirklich eine gute Idee. Ich hab ja von Vlies und Maskenproduktion nciht soviel nähere Ahnung. Aber erstmal eine neue Fabrik via Staat bauen, ist ja nun so gar keine schnelle Lösung. In fünf Jahren brauchen wir das Zeug nicht mehr so dringend, das muss jetzt eben wirklich schnell gehen. Wäre übrigens eine perfekte Aufgabe für EU oder vielleicht sogar NATO, wenn die alle mal wieder den Verstand einschalten. Schließlich geht es hier um strategische Interessen, die gerade existenziell sind und nicht um Kleinigkeiten.

      10)Und es geht nicht nur darum, dass man den Armen, Flüchtlingen und Obdachlosen helfen muss (womit Du natürlich vollkommen Recht hast), sondern auch darum, dass man das Virus nur dann eindämmen kann, wenn man allen hilft und zwar insbesondere den Schwächsten.

      Ja eben, es ist ja auch im gesamtgesellschaftlichen Interesse, diese Menschen vor Ansteckung zu schützen, auch damit sie das Virus nicht weiterverbreiten. Ist nicht nur reine Mildtätigkeit. Und dass Sammelunterkünfte und überfüllte Lager nicht so toll sind, ist ja logisch. Ich meine, wir haben überall leere Hotels rumstehen, die wären ideal, weil sie kleine Zimmer für wenige haben und eigene Bäder und Essensgelegenheiten. Dann mietet der Staat da halt ein paar an und hilft damit auch den Hoteliers. Da kann man auch gut eine Quarantäne überstehen. Ungenutzte praktische Gebäude haben wir gerade wie Sand am Meer, würde ich auch für die Schulen machen. Alle ab in Restaurants und Hotels. Die sind für Pandemiezeiten einfach besser ausgestattet.
      Dieses Klein-klein ist nicht gerade effektiv.

      • Hias 14. April 2020, 00:27

        zu 1) Naja, wenn die in den Unterkünften unter sich bleiben und da die nächsten Wochen quasi unter Quarante arbeiten, dann ist das Risiko schon überschaubar. Es geht ja darum das Ansteckungsrisiko zu minimieren, indem man die Zahl der unterschiedlichen sozialen Kontakte möglichst gering hält. Und so gesehen dürfte es wohl sinnvoller sein, wenn da wochenlang die gleiche Gruppe abgeschottet arbeitet, als wenn da über die gleiche Zeit verschiedene Freiwillige, die kommen und gehen, helfen. Dennoch, ist es natürlich ein Risiko. Ich hoffe mal, dass die Erntehelfer regelmäßig getestet werden und dann notfalls auch die Ernte abgebrochen wird.

        zu 2&3) Joa, da hoffe ich, dass da ab nächster Woche etwas mehr Klarheit herrscht und auch über die Landesregierungen hinweg klare Regeln gelten.

        zu 10) Bei Sammelunterkünfte und Obdachlosen stimme ich dir zu, dass man die am Besten auf Hotels aufteilt. aber dass man tausende Flüchtlinge quer über Europa verteilt, da habe ich (aus medizinischer Sicht, ähnlich wie bei den Erntehelfern) meine Probleme. Da wäre es sinnvoller, das man als EU massiv Geld in die Hand nimmt und die Lager in Griechenland deutlich besser und hygienischer ausbaut.

  • Ralf 12. April 2020, 16:43

    zu 4)

    Das Schwinden der Unterstützung für den Lockdown ist eine direkte Konsequenz der Berichterstattung der privaten Medien. Private Medien sind eben nicht eine „vierte Gewalt“, also eine Institution im Dienste unserer Gesellschaft. Vielmehr sind sie rein profitgeleitet und berichten das, wofür sie die meisten Käufer bekommen. In den Zeiten vor dem Privatfernsehen konnten sich öffentlich-rechtliche Medien leisten unpopulär zu sein. Im Wettbewerb mit den Privaten hingegen muss man sich anpassen und um Quoten kämpfen, ansonsten geht das Publikum zur Konkurrenz.

    Und mit dem Verkaufen von News ist es halt so, dass die Kundschaft ständig Neues, Aktuelles hören will. Auch dann, wenn die Situation unverändert ist. Ein, zwei Wochen konnte man mit immer höheren Neuinfektionsraten und Todeszahlen punkten. Jeden Tag wurde irgendwo ein neuer Rekord gebrochen. „Deutschland mehr als hundert Fälle“. „Deutschland mehr als tausend Fälle“. „Deutschland mehr als hunderttausend Fälle“. „Frankreich mehr Fälle als Deutschland“. „Spanien mehr Fälle als Italien“. „USA mehr Tote als alle anderen“. Um die Kundschaft bei der Stange zu halten und Quoten und Klicks zu bekommen, brauchen die Medien nun aber ein neues Narrativ. Also wird der Exit gepusht. Auch wenn es für uns alle lebensgefährlich ist.

    Es ist die direkte Folge der Existenz privater, profitgeleiteter Medien.

    zu 5)

    Gleichzeitig leiden auch Kinder und Jugendliche unheimlich daran, zu Hause mit ihren Eltern und Geschwistern eingepfercht zu sein ohne direkten Kontakt zu Gleichaltrigen oder andere Menschen, auch dieses Problem müsste eigentlich dringend gelöst werden. […] Ich erzählte ja, dass ich aktuell Notbetreuung von einer 5jährigen mache und wir haben wirklich viel Spaß zusammen, aber es bricht mir das Herz, wie traurig sie ist, dass sie weder ihre Großeltern noch ihre Spielkameradinnen sehen kann.

    Sorry, mein Verständnis für diese Nichtprobleme geht gegen null. Aus der Generation meiner Großeltern habe ich Geschichten gehört, wie die gesamte Familie vor Bomben fliehen musste. Mein Vater ist als Kind aus seiner Heimat fortgerissen und zwei Jahre lang in einem Dorf eingesperrt worden, in dem er noch nicht einmal die Sprache verstand. Jedes Kind, das in den Nachkriegsjahren aufgewachsen ist, weiß noch von Hunger und Kälte zu berichten. Ich persönlich kenne einen alten Freund von meinen Eltern, der unter furchtbaren Bedingungen im Waisenhaus aufwachsen musste, weil sein Vater und seine Mutter nach Sibirien in die Arbeitslager verschleppt worden waren.

    Und jetzt muss ich hier von dem „Leiden“ der Kinder lesen, die daheim im Überschuss versorgt mit Lebensmitteln der ersten Welt auf der Couch liegen, fernsehgucken und Nintendo spielen können. Dabei haben die meisten Kinder auch noch ihr eigenes Zimmer. Zum Vergleich: Meine Eltern haben als etwa 30jährige zu acht in einem einzigen Zimmer gelebt, mit nichts als Vorhängen zwischen den Betten der drei Ehepaare. Mal für ein paar Tage nicht ausgehen zu können, ist für die übergroße Mehrheit nicht mehr als eine kleine Ärgerlichkeit. Also bitte die Kirche im Dorf lassen.

    Es gibt echte Probleme genug.

    zu 6)

    Also die Heinsbergstudie ist grundsätzlich keine schlechte Idee. Dass man in so ein Epizentrum der Katastrophe geht und die Folgen studiert, macht Sinn. Das Problem liegt mehr im Detail. Erstens hat die Studie erhebliche methodische Schwächen. Für Laien verständlich erklärt, ist das unter anderem in der Süddeutschen Zeitung gut zusammengefasst:

    https://www.sueddeutsche.de/wissen/heinsberg-studie-herdenimmunitaet-kritik-1.4873480?fbclid=IwAR16Kl6dKTHaqbPfw4yOjmfwOfYxYnB5GLl9VbUEtKqGJV5S0IDGvLTZukI

    Zweitens ist der Antikörpertest, der in der Studie verwendet wird, von fragwürdiger Aussagekraft. Gegenwärtig gibt es schlicht keinen Antikörpertest, der nachweislich ausreichend sensitiv und spezifisch ist. Das bedeutet, dass manche Probanden möglicherweise Antikörper im Blut haben, der Test sie aber nicht zu detektieren vermag. Auf der anderen Seite kreuzreagieren viele der gegenwärtig erhältlichen Coronavirus-Antikörpertests mit Antikörpern gegen andere Coronavirusstämme, die sehr häufig sind und meist milde Erkältungen beim Menschen verursachen. Es ist also völlig unklar, wieviele dieser 15% Positiven in der Heinsbergstudie tatsächlich mit SARS-CoV-2 infiziert waren und wieviele davon vielleicht einfach irgendwann einmal eine leichte Erkältung mit einem verwandten Virus durchlaufen haben. Diese Probleme haben im übrigen alle Antikörpertests, nicht nur die in der Heinsbergstudie verwendeten. Die Wissenschaft arbeitetet im Augenblick Tag und Nacht einen aussagekräftigen Test zu finden und zu validieren.

    Das nächste Problem ist, dass sich die Ergebnisse von Gangelt, wie gesagt ein Epizentrum der Epidemie, nicht auf ganz Deutschland übertragen lassen. Während es durchaus möglich ist, dass eine hohe Zahl von Menschen in Heinsberg jetzt immun ist (vermutlich auch in Bergamo oder Madrid), gilt das sicherlich nicht für Erfurt oder Worms. Darauf hätte in der Pressekonferenz bei der Präsentation der Studie hingewiesen werden müssen. Und es ist ja auch wieder und wieder von den Journalisten danach gefragt worden. Dass sich die beteiligten Wissenschaftler da wie glitschige Fische aus den Fragen herausgewunden haben, ohne sie zu beantworten, ist ein Tiefpunkt und zieht die Neutralität der Studie in ernste Zweifel.

    Und überhaupt war diese Präsentation per Pressekonferenz aus wissenschaftlicher Hinsicht unterirdisch. Eine wissenschaftliche Studie durchläuft vor der Präsentation in der Regel ein Peer-Review-Verfahren, im Kontext dessen unabhängige Gutachter die Arbeit prüfen, Schlussfolgerungen hinterfragen, wo nötig Änderungen und Modifikationen des Textes verlangen. All das ist hier nicht geschehen.

    Insofern muss man die Heinsbergstudie als das sehen, was sie gegenwärtig ist. Eine ungeprüfte Studie mit teilweise eigenwilligen bis fragwürdigen Methoden und nichtvalidierten Tests. Das heißt nicht, dass die Ergebnisse automatisch wertlos sind. Aber man tut gut daran, die Ergebnisse sehr, sehr vorsichtig zu bewerten. Millionen Menschen sollte man in gar keinem Fall in Lebensgefahr bringen, aufgrund so dünner und ungeprüfter Resultate.

    zu 9)

    Zudem werde kein Unternehmen teure Maschinen anschaffen, wenn die Käufer hochwertiger Schutzmasken sich in einigen Jahren wieder günstig in China bedienten.

    Ich denke hier gibt es zwei gangbare Wege für die Zeit nach der Krise. Der erste ist auf medizinisch kritische Produkte dramatische Zölle zu erheben, wenn sie nicht vollständig in der EU hergestellt worden sind. Damit würde man einen europäischen Markt schaffen, der nach wie vor (innereuropäisch) nach Marktmechanismen arbeiten würde, aber eben der Billigkonkurrenz aus China nicht mehr ausgesetzt wäre. Das wäre die Lösung, die ich bevorzugen würde. Die Alternative wäre, dass die EU-Staaten langfristige Abnahmegarantien geben für europäische Medizinprodukte und diese dann zu stark subventionierten Preisen an Krankenhäuser und andere Abnehmer weiterverkaufen. Auch das würde die Herstellung dieser Güter in Europa zu einem sinnvollen Geschäft machen.

    Diese Ansätze fände ich effektiver als Hias‘ Vorschlag, dass der Staat privaten Unternehmen Maschinen in die Fabriken stellt, die im Notfall angeworfen werden sollen. Diese Maschinen wären schnell veraltet und würden im Notfall auch nicht mit dem erforderlichen Durchsatz produzieren, um den gesamten europäischen Kontinent versorgen zu können.

    • Stefan Sasse 12. April 2020, 18:40

      4) Da schreibe ich gerade auch was dazu, kommt morgen!
      5) Dann beruhig du bitte meine Kids mit Vergleichen zu 1955.
      6) Das Thema ist halt dass das, unter anderem wegen der Mechaniken aus 4), zu Unsicherheit führt, und die ist schlecht gerade.

      • Ralf 12. April 2020, 18:48

        zu 5)

        Auch im Supermarkt an der Kasse kann man immer mal wieder beobachten, wie Kinder quengeln und manchmal sogar wild rumschreien, wenn ihnen der Wunsch nach einem Schokoriegel nicht erfüllt wird. Und ich zweifele nicht, dass das Kind in dem Augenblick emotional aufgewühlt ist. Aber wir sind uns hoffentlich darüber einig, dass mal einen Schokoriegel nicht bekommen, auch nicht der Weltuntergang ist. Und manchmal muss man das quengelnde Kind dann eben auch mal einfach ignorieren und das wird sich schon wieder einkriegen. Es gibt Schlimmeres.

        Ich bin sicher, wenn wir in 50 Jahren zurückblicken, wird niemand, der heute 5-10 Jahre alt ist, mit Schrecken und Entsetzen an die Zeit zurückdenken, wo er mal 50 Tage lang Nintendo spielen musste. Und das ist eben der Unterschied. Die Kriegsgeneration blickt tatsächlich mit berechtigtem Schrecken und Entsetzen zurück auf das Leid, das ihr im Kindesalter widerfahren ist.

        • Stefan Sasse 12. April 2020, 19:06

          Gott, wer behauptet denn auch so was?! Ich will nur nicht, dass so getan wird, als ob das einfach kein Effekt wäre.

          • Ralf 12. April 2020, 19:13

            Es ist eben genauso ein Effekt wie der von Ariane oben erwähnte UKE-Professor mit Datscha am Schaalsee, der jetzt nicht zu seinem geliebten See kann und der deshalb jetzt seine Bürde mit der eines abgelehnten Asylbewerbers vergleicht. Auch den Ärger von dem UKE-Professor kann ich subjektiv verstehen. Nur sollten wir aus einem solchen Nichtproblem jetzt bitte nicht eine Tragödie machen. Nicht solange wir echte Tragödien haben, die unserer Aufmerksamkeit bedürfen …

            • CitizenK 12. April 2020, 22:16

              Ich zitiere mal Amelie Fried:

              „Ganz ehrlich, die Debatte darum, ob unsere Grundrechte derzeit zu Recht eingeschränkt sind oder wir uns schon auf dem Weg in eine Diktatur befinden, geht mir unglaublich auf die Nerven. Vor allem, wenn sie damit begründet wird, die Zahlen seien doch rückläufig und die Maßnahmen völlig übertrieben. Ja, die Zahlen sind rückläufig, und zwar w e i l es die Maßnahmen gibt. Gäbe es sie nicht, hätten wir bereits ein Vielfaches an Toten zu beklagen, und es würden täglich sprunghaft mehr werden. Und übrigens würden dann der Besuch im Theater, im Kino oder beim Lieblingsitaliener über kurz oder lang auch ausfallen, weil nämlich Schauspieler, Kartenabreißer und Kellner in so großer Zahl krank wären, dass die wirtschaftliche Infrastruktur ebenfalls in die Knie gehen würde.
              Wer beim Blick nach Italien, Spanien und in die USA allen Ernstes das Konzept der mehr oder minder ungesteuerten Herdenimmunität verteidigt, demonstriert ein erschütterndes Desinteresse am Leiden und Sterben anderer. Und eine geheime Verachtung für die Alten und Schwachen, deren Verlust in hoher Zahl in Kauf genommen würde. Die scheinheilige Formulierung, man müsse diese Gruppen eben „besonders schützen“ heißt in Wahrheit: Sperrt sie ein, damit wir endlich ungehindert unser bequemes Leben fortsetzen können. Wer in Deutschland alle über 65 und Menschen mit Vorerkrankungen isolieren möchte, hätte damit übrigens rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung isoliert. Ob das mit unserem Grundgesetz vereinbar wäre?
              Das Ausmerzen des Schwachen ist ein genuin faschistischer Gedanke, auch wenn man einem Virus diese Arbeit überlässt. Da sind wir ganz schnell beim „unwerten Leben“ und der Selektion, die der medizinischen Triage vorausgeht. Was für ein verächtliches (und verachtenswertes) Menschenbild sich da offenbart!
              Die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise sind für viele verheerend, und natürlich muss alles getan werden, um diese Schäden möglichst zu begrenzen. Ich habe aber den Eindruck, dass unsere Regierung diese Herausforderung überaus ernst nimmt. In rasender Geschwindigkeit wurden Beschlüsse gefasst und nun werden Milliarden in die Wirtschaft gepumpt. Aber trotzdem wird schon wieder gemeckert: weil dies nicht gleich klappt, weil das ein bisschen länger dauert. Meine Güte, was ist das für eine infantile Anspruchshaltung? Wir alle haben uns dieses Virus nicht ausgesucht. Anstatt zu jammern, sollten wir uns besser gegenseitig unterstützen. Und begreifen, dass diese Situation auch für Politiker neu ist. Dass man nicht erwarten kann, dass sie den fertigen Masterplan in der Tasche haben. Und dass es deshalb notwendig ist, auf den Rat von Experten zu hören, die etwas von ihrem Fachgebiet verstehen.“

              • Ralf 12. April 2020, 22:22

                Uneingeschränkte Zustimmung.

              • Ariane 13. April 2020, 00:52

                Von mir auch absolute Zustimmung. Und jetzt muss ich erstmal rausfinden, wer Amelie Fried ist. ^^

              • popper 13. April 2020, 08:51

                Ja, die Amelie Fried, war mal sehr populär. Ihre Beweisführung beruht leider auf einem Zirkelschluss: Die Maßnahmen helfen, weil die Zahlen rückläufig sind. Die Zahlen sind rückläufig, weil die Maßnahmen helfen.

                Wir alle haben uns dieses Virus nicht ausgesucht. Anstatt zu jammern, sollten wir uns besser gegenseitig unterstützen. Und begreifen, dass diese Situation auch für Politiker neu ist.

                Ja, ist das so? Kennt Frau Fried nicht Event 201 eine von der Bill & Melinda Gates Stiftung, dem Weltwirtschaftsforum und der Johns Hopkins University im Oktober 2019 durchgeführte Simulation einer Corona-Pandemie. Oder den unter der Leitung des Robert Koch-Instituts (RKI) vor Jahren beschrieben „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012“ der im Januar 2013 veröffentlicht und ist bis heute auf den Internetseiten des Bundestages zu finden ist. Wo, oh wie neu, ein Coronavirus auf einem Markt in Südostasien ist und von einem Wildtier auf einen Menschen übergespringt und sich in der Folge weltweit ausbreitet.

                An dem Virus jetzt ist, was seine Wirkungsweise betrifft, gar nichts neu. Er verursacht Atemwegserkrankungen wie ander Viren und wird in der endgültigen Übersterblichkeits-Jahrestatistik, nach der Einschätzung von Prof. Püschel in der Sendung von Markus Lanz am 09.04.2020, keine besondere Rolle spielen. Neu ist, dass diese Planspiele jetzt umgesetzt werden. Zu welchem Zweck, da gehen die Meinungen inzwischen sehr weit auseinander (s. FAZ, Norbert Häring u.v.a.). Warten wirs ab.

                • CitizenK 13. April 2020, 11:17

                  Kein Zirkelschluss: Die Ursache (Maßnahmen) liegt ZEITLICH eindeutig VOR der Wirkung (Fallzahlen sinken).

                  Es ist überaus bedauerlich und schmerzlich, dass die frühen Warnungen nicht ernst genommen wurden. Aber das kann nicht nur der Politik angelastet werden. Auch die Fachwelt hat das ignoriert. Als ich am am 15. März in der Notaufnahme eines „Akademischen Lehrkrankenhauses“ einer bedeutenden deutschen Universität war, hat das Personal noch Witze über Corona gemacht. Inzwischen ist die gesamte Klinik umgebaut, alle planbaren OPs abgesagt, Begleitpersonen verboten – das volle Programm, in weniger als 4 Wochen.

                  Hinterher ist man immer klüger. So wichtig es ist, Gründe für das Versagen zu ermitteln und Verantwotlichkeiten (meinetwegen auch: Schuld) zu benennen: Das sollten wir klar trennen von der Beurteilung der nun mal bestehenden und zu bewältigenden Probleme.

                  • popper 13. April 2020, 12:37

                    Kein Zirkelschluss: Die Ursache (Maßnahmen) liegt ZEITLICH eindeutig VOR der Wirkung (Fallzahlen sinken).

                    Es wird ein Kausalnexus behauptet, der nicht besteht. Die Zahlen können aus vielen Gründen rückläufig sein. Die Deduktion: Wenn die Maßnahmen wirken, dann gehen die Zahlen zurücken. Die Zahlen gehen zurück, also wirken die Maßnahmen wäre eine sogenannte Bejahung des Konsequenz und insoweit ein Fehlschluss. Aus einer Implikation und einem wahren Konsequens kann man nicht auf die Wahrheit des Antezedens schließen, da keine notwendige sondern eine hinreichende Bedingung vorliegt.

                  • Stefan Sasse 13. April 2020, 12:37

                    Genau das.

              • Stefan Sasse 13. April 2020, 10:22

                Völlige Verantwortungslosigkeit der Wohlstandsverwahrlosten.

                • popper 13. April 2020, 10:48

                  Lol! Wenn Sie Beschimpfung zum vorrangigen Mittel Ihrer argumentativen Auseinandersetzung machen, sollten Sie Ihre Diskussionsfähigkeit und Vorurteile überprüfen. Besser noch, Sie sollten sich an die Personen selbst wenden und den Meinungsaustausch suchen. Hank und Häring sind renomierte Journalisten, die sogar auf Anfragen antworten, sogar zum persönlichen Gespräch bereit sind. Dazu haben Sie wahrscheinlich nicht den Mumm und verstecken sich lieber in Ihrem Blog. Ihre Einlassung lässt jeglichen Stil vermissen.

                  • popper 13. April 2020, 10:52

                    Könnte es sein, dass Sie Gates meinen und nich Hank und Häring meinen ? Dann nehme ich meinen Post wegen falscher Adressierung zurück und entschuldige mich.

    • Hias 12. April 2020, 19:10

      Ich denke hier gibt es zwei gangbare Wege für die Zeit nach der Krise. Der erste ist auf medizinisch kritische Produkte dramatische Zölle zu erheben, wenn sie nicht vollständig in der EU hergestellt worden sind. Damit würde man einen europäischen Markt schaffen, der nach wie vor (innereuropäisch) nach Marktmechanismen arbeiten würde, aber eben der Billigkonkurrenz aus China nicht mehr ausgesetzt wäre. Das wäre die Lösung, die ich bevorzugen würde.
      Die Alternative wäre, dass die EU-Staaten langfristige Abnahmegarantien geben für europäische Medizinprodukte und diese dann zu stark subventionierten Preisen an Krankenhäuser und andere Abnehmer weiterverkaufen. Auch das würde die Herstellung dieser Güter in Europa zu einem sinnvollen Geschäft machen.

      Alternative eins wird wahrscheinlich von der WTO nicht genehmigt werden, ist ja ein klarer Verstoß gegen die Freihandelsregeln, auch wenn er vernünftig wäre (ich bin in Sachen Handel mit China eh für eine deutlich härtere Gangart). Die zweite Alternative ist nicht schlecht, wenn man das mit einer Notfallreserve kombiniert, die aufgebaut und dann über billige Weitervergabe regelmäßig umgewälzt wird.

      Trotzdem bleibt ein Problem. Das alles sind Vorschläge, wie man die Nachfrage in relativ normalen Zeiten abdeckt. In einer Krisensituation wie jetzt braucht man ein Vielfaches der Masken und PSA (persönlichen Schutzausrüstung). Diese Produktionskapazitäten aufrechtzuerhalten ist extrem teuer, das machen die Hersteller nicht. Und selbst die Bevorratung von diesen Riesenmengen (Wir reden von Milliarden von Masken und PSAs) ist keine Lösung, da in einem Fall wie jetzt, die ganze Welt das braucht.
      Der Clou ist ja, dass man nur die Maschine für das Grundprodukt (Vlies) einsatzbereit hält. Die Herstellung der Masken daraus machen dann die Unternehmen selbst. So schnell veraltet die Anlage nicht und selbst wenn, wäre es auch egal, sie soll ja nicht möglichst effizient und kostengünstig produzieren sondern in einer Notsituation Nachfragespitzen abdecken. Und das sollte man auch nicht mit nur einer Anlage in Deutschland, sondern mit mehreren über Europa verteilten Anlagen machen.

      • Ralf 12. April 2020, 19:26

        Alternative eins wird wahrscheinlich von der WTO nicht genehmigt werden, ist ja ein klarer Verstoß gegen die Freihandelsregeln

        Ich habe den Verdacht diese Freihandelsregeln werden nach der Krise einer deutlichen Neubewertung unterzogen werden …

        Wir reden von Milliarden von Masken

        Schön wäre, wenn die Bundesländer jeweils wenigstens Millionen Masken vorhalten würden. Und bestehende Produktionskapazitäten lassen sich – so zumindest mein Glaube – relativ schnell deutlich steigern, falls der Markt das erfordert. Wir sehen das ja bereits heute.

        Auch wäre es super vor der nächsten Pandemie einen Plan zu haben, wer eigentlich was im Notfall produzieren kann. Heute morgen habe ich z.B. gelesen, dass Melitta nun Schutzmasken herstellt. Auch dass die Autoindustrie möglicherweise Beatmungsgeräte herstellen kann, war mir unbekannt vor dieser Krise. Als ich klein war wurden noch alle paar Wochen die Sirenen getestet und heulten dann minutenlang an irgendeinem Samstag. Man wollte ausprobieren, ob man im Notfall bereit ist. Vielleicht sollte man alle paar Jahre die Autohersteller verpflichten eine gewisse Zahl an Beatmungsgeräten herzustellen, um sicherzustellen, dass im Notfall die Expertise, die Pläne und die Kapazitäten vorhanden sind. Alles Dinge, die man möglicherweise für die Zukunft im Auge haben sollte …

        • Stefan Sasse 12. April 2020, 20:04

          Ich denke, Freihandel ist effektiv tot.

          • Ariane 13. April 2020, 00:58

            Ja, ein Wettrennen und Schlägereien mit Geldkoffern auf chinesischen Flughäfen ist definitiv der Beweis dafür, dass der Freihandel nicht mehr existent ist.^^

            Wir können eigentlich nur hoffen, dass das nicht völlig zusammenbricht. Wir haben innerhalb Europas einfach gar nichts mehr da, was man gerade gebrauchen kann. Außer Geld, immerhin. Aber wir sind völlig erpressbar.
            Uns fehlt ja nicht einfach Produktionskapazität, scheinbar ist es ja wirklich möglich, Fabriken umzustellen. Aber wir haben kein Know-How, uns fehlen die Produkte zum Herstellen von Masken und Beatmungsgeräten, auch für die Tests fehlen ja demnächst Grundstoffe, die wieder aus dem Ausland kommen. Und jeder auf der ganzen Welt braucht gerade das Gleiche.
            Langfristig bekommt man das locker gelöst, wenn man will. Aber jetzt ist das ein riesiges Problem und wenn die Unternehmen (die meisten machen es ja gerne) da nicht mitspielen und sagt, die Politik solle sie doch bitte nicht mit strategischen Interessen behelligen, dann ist das schon ein starkes Stück. Ich hätte ihnen den Geldkoffer um die Ohren gehauen, ganz ehrlich. Das ist ja auch oder vor allem in deren Interesse, selbst wenn sie das gerade nicht sehen.

            • Hias 14. April 2020, 00:03

              Uns fehlt ja nicht einfach Produktionskapazität, scheinbar ist es ja wirklich möglich, Fabriken umzustellen. Aber wir haben kein Know-How, uns fehlen die Produkte zum Herstellen von Masken und Beatmungsgeräten, auch für die Tests fehlen ja demnächst Grundstoffe, die wieder aus dem Ausland kommen. Und jeder auf der ganzen Welt braucht gerade das Gleiche.

              Da bin ich optimistischer. Ich trau mich wetten, dass die meisten dieser Produkte oder zumindest deren Grundstoffe auf Anlagen von europäischen Herstellern produziert werden. Der Grund, warum diese Anlage in China steht, ist, dass das Endprodukt ohne viel Know-How herstellbar ist, so dass dann die Lohnkosten des Arbeiters an dieser Maschine der ausschlaggebende Faktor sind. Das ändert sich aber, wenn die Preise für das Endprodukt steigen, dann wird die Produktion hier auch interessant. Und die Fachleute um da schnell ne vernünftige Produktion aufzubauen hat man auch massenweise. Hier ist es von Vorteil, dass die europäischen Ländern noch ne starke Industriebasis, insbesondere beim Maschinenbau, haben.

          • Hias 13. April 2020, 23:52

            Ich denke, Freihandel ist effektiv tot.

            Da halte ich gegen. Die einzelnen Länder werden jetzt mehr oder weniger darauf setzen, dass bestimmte Grundprodukte bei ihnen produziert werden, aber ansonsten wird eher das Gegenteil eintreten. Mein Tipp für die Zukunft ist, dass die Unternehmen verstärkt auf Zweit- und Drittlieferanten aus verschiedenen Erdteilen und mehr Zwischenlager setzen werden. Und das wird eher dazu führen, dass die Handelsströme zunehmen, mit dem entsprechendem Druck auf die nationalen Handelsregime sich zu öffnen.

            • Stefan Sasse 14. April 2020, 10:14

              Ich meine auch nicht, dass Handel generell tot ist, der bleibt natürlich. Ich meine die Handelsordnung à la WTO.

              • Hias 14. April 2020, 23:58

                Ich meine auch nicht, dass Handel generell tot ist, der bleibt natürlich. Ich meine die Handelsordnung à la WTO.

                Mir ist schon klar, dass es um das Freihandelsregime geht. Aber ich sehe das nicht, weil alle Staatschef, nachdem sie die Pandemie einigermaßen erfolgreich eingegrenzt haben, nun damit beschäftigt sind, die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Und das geht am schnellsten, wenn man die bestehenden Strukturen wieder aufbaut. Ich glaube nicht, dass in den nächsten Jahren irgendein Regierungschef es wagen würde, noch mehr Wohlstand aufs Spiel zu setzen (unabhängig davon, dass man in einigen strategischen Gütern nationaler denken wird). Ich glaube bspw. nicht, dass Trump im Sommer wieder mit nem Handelskrieg gegen China anfängt.

                • Stefan Sasse 15. April 2020, 03:11

                  Wie gesagt, ich sehe das schon seit Jahren passieren und wüsste nicht, warum da jetzt eine Trendwende einsetzen sollte.

                  • Ariane 15. April 2020, 03:38

                    Ganz ehrlich, ich bin da nicht so sicher. China und Russland geht es nicht nur um Kohle. Die wollen auch strategische Macht.
                    Und die haben sie in den letzten Jahren massiv ausgebaut und jetzt kippt die Welt und der Westen in so eine Pandemiekrise.

                    Das muss ja nicht so chaotisch bleiben. Ich halte den Westen für extrem anpassungsfähig und es ist ein riesiger Vorteil, dass die Bevölkerung nicht unterdrückt wird und auf Anweisung wartet, sondern selbst in Eigeninitiative losrennt.
                    Aber in dieser Phase scheint mir die jetzige Ordnung erstmal kurzfristig außer Kraft gesetzt und mir will doch keiner erzählen, dass Russland und China kein Gespür für solche Knackpunkte haben?

    • Ariane 13. April 2020, 00:50

      4) Ja, hast du Recht, aber das ist nicht der einzige Grund. Ich guck ja mittlerweile auch regelmäßiger die Tagesschau und das ist gerade erbärmlich, was da von der öffentlich-rechtlichen Nachrichtenshow kommt. Teilweise kann ich das sogar verstehen, die Journalisten sind ja eigentlich auch systemrelevant (ebenso wie Lehrer) und arbeiten mit halber Kraft und Schichten, um einen Totalausfall zu vermeiden.

      Ich warte mal Stefans Bericht ab. Aber die Medien haben nun mal eine verfassungsrechtliche Aufgabe – und zwar alle – und der kommen sie nicht nach. Im Gegenteil, sie destabilisieren die Lage und bieten Verschwörungstheoretikern und Verharmlosern eine Plattform. Mitten in einer von Pandemie ausgelösten Staatskrise. Da braucht gar keiner mehr vor russischer Einflussnahme warnen, das machen wir einfach selbst. Das grenzt schon eher ans Verfassungsfeindliche und ich wäre gerade nicht sehr erfreut, wenn mir jetzt noch jemand was von Pressefreiheit erzählt.

      5) Nein, da muss ich dir deutlich widersprechen. Ja, die meisten Kinder haben genug zu essen und ein Zuhause. Aber nicht alle, es gibt genug Kinder, die unter schlechten Bedingungen leben. Und auch für alle anderen ist das keine leichte Sache. Und diese Situation ist absolut einzigartig, es ist noch nie vorgekommen, das man Kinder isoliert hat, noch nie! Und es ist für alle ein Problem, für die kleinen ebenso wie für die Älteren, die gelten als Gefahr und sollen zu Hause sein und am besten nur ihre Eltern sehen. Die ganz bestimmt gerade selber Angst, Sorgen und Probleme haben. Kinder merken sowas, das sind keine Puppen. Die machen sich eigene Gedanken darüber.
      Wir haben das Problem am anderen Ende genauso, auch für die Senioren ist das nicht einfach. Die bekommen ständig zu hören, dass sie die Risikogruppe sind und bitte in Isolation leben sollen und dass wegen ihnen jetzt alles den Bach runtergeht.
      Während die mittlere Generation – also wir – unter der Last zusammenbricht, weil sich ja nun irgendwer um die Kinder kümmern muss, die hochgefährlich sind, um die Alten, die hochgefährdet sind, und um das ganze Wirtschaftszeug und alles andere auch noch.
      Das ist für niemanden leicht. Und das sollten wir alle dringend einsehen, selbst wenn vermutlich niemand alle Probleme auf mal hat. Aber es gibt absolut niemanden, der unter dieser Situation nicht leidet.
      Und wenn wir uns beschweren, dann doch bitte über die elitären Leistungsträger, das sind gerade die einzigen, die eigentlich weder Schutz noch Betreuung brauchen.

      6)
      Aloa (der Datenexperte, den Stefan verlinkt hat) hat immerhin triumphierend verkündet, dass er die Studie endlich irgendwo aufgetrieben hat. Vorläufige Zusammenfassung: Nicht, das wir aneinander vorbei schreiben. Es geht um eine gerade einmal 2 Tage alte Studie, in welcher 8 Testkits verschiedener Hersteller getestet wurden mit „neutralen“ Blutproben sowie gezielt mit verschiedenen Antikörpern versetzten.

      Ja nun ja, sicherlich eine gute Idee. Praktischer Nutzen vermutlich erstmal nicht so vorhanden.

      Das ist ja eh meistens so speziell, dass normale Menschen nichts damit anfangen können. Aber die Präsentation und die Presseberichte waren unterirdisch. Und das hat mich echt sauer gemacht. Da hab ich gerade mein bräsiges Umfeld auf „Pandemie, großes Problem, schön aufpassen und Hände waschen“ eingeschworen und dann höre ich plötzlich in jedem zweiten Gespräch, dass die Lösung gefunden wurde und alles nicht so schlimm ist. Ähä. Ja danke, kann ich wieder von vorne anfangen.

      Und das ist auch ein Problem, weil es eben kein Erdbeben ist, das man intuitiv versteht, sondern schon um etliches komplizierter. Ich bin in meinem Umfeld die einzige, die etwas mehr als schnödes Allgemeinwissen über Infektionskrankheiten hat. Frauen haben da schon etwas bessere Kenntnisse. Aber Männer sind nun mal überhaupt keine Gesundheitsexperten. Und es sind auch nicht alle Newsjunkies, die meisten gucken einmal am Tag die TAgesschau oder lesen mal fix die Überschriften bei SpOn oder ntv. Da kommt null Information rüber. Sieht man ja auch an Popper (sorry, nicht böse gemeint) und wir sind hier schon ne Nerdveranstaltung. Und während die Medien die Exitdebatte führen, bin ich noch bei Aufklärung über Viren und Bakterien und Infektionskrankheiten und Inkubationszeit und Ansteckungsgefahren. Und hab null Autorität im Rücken, ich kann nur auf die Kanzlerin verweisen. Und rate mal, wieviele Leute eine zwangsurlaubende Hausfrau ernst nehmen, nur die, die mich sehr gut kennen. Und auch nur mit Mühe, weil ich nicht das sage, was jeder hören will. Oh Gott, ich bin die Kanzlerin im Kleinen 😮 Seelenverwandtschaft!

      9) Ich denke, man muss zwischen Akutlösung und langfristigen Ideen unterscheiden. Erstmal muss das extrem schnell gehen, eigentlich wäre das wirklich eine Aufgabe für die NATO, wenn die internationale Zusammenarbeit mal wieder anläuft. Zur Not muss Merkel die Unternehmen einfach zwingen, mitzumachen. Das ist strategisches Interesse und zwar existenzielles. Wenn das nicht freiwillig klappt, dann eben anders.

      Langfristig kann man ja durchaus eigene Fabriken betreiben und das Zeug, das man außerhalb der Krise kauft, einfach daher beziehen. Das ist ja eine gute Lösung, dann haben wir die Fabriken, das Know-How und zumindest einige Produkte da.
      Aktuell haben wir einfach gar nichts. Ich war schon sehr positiv überrascht, dass es tatsächlich noch möglich ist, Autofabriken für Beatmungsgeräte (oder zumindest Teile davon) umzurüsten. Das ist ja meistens so spezialisiert und kompliziert, dass man da nicht einfach Atemmasken herstellen kann. Aber bevor wir die großen Sachen angehen, muss erstmal die Akutkrise gelöst werden.

  • cimourdain 12. April 2020, 22:42

    1) Das Landwirtschaftsministerium vermittelt auch Deutsche ohne entsprechende Erfahrung mit „Das Land hilft“ an Bauern. Zumindest das Drähteziehen beim Hopfen hat damit anscheinend ganz gut funktioniert.
    4) Tut mir leid, aber jetzt rächt sich das, was von Anfang das Problem bei der Kommunikationsstrategie war. Die Regierung hat immer den Zeitplan verschleiert. Jeder, de ein bisschen rechnen konnte (oder die Stellungnahme der DGEpi gelesen hat) wusste, dass die schöne „Flatten the curve“ Garphik in der Zeitachse grotesk verzerrend dargestellt war.
    6) Hört bitte auf, Wissenschaft nach dem Schema der Politik mit „Meine Partei gut, die andere falsch“ zu beurteilen. Wissenschaft lebt vom Konflikt unterschiedlicher Ansätze und Betrachtungsweisen, die sich gegenseitig ergänzen (Denk in diesem Fachbereich zum Beispiel an Robert Koch und Louis Pasteur). Und die Neigung, alles zu verdammen, was dem einen wahren Virologen widerspricht, finde ich etwas gruselig.
    9) Organisatorisch gibt es da ein so breites Spektrum an Möglichkeiten, von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen in öffentlicher Hand, wie der Bundesdruckerei GmbH bis zu Public-private-Partnership ( diesmal unter anderen Vorzeichen als während der Privatisierungswelle). Mit der Neuregelung des Infektionsschutzgesetzes könnte Jens Spahn wahrscheinlich sogar (gegen den Virus) kriegswichtige Betriebe im Alleingang enteignen.

    • Ariane 13. April 2020, 01:11

      1)Ja, das ist auch wirklich eine gute Idee, die Bauern haben ja den Vorteil, dass alles im eigenen Land ist und sie weitermachen können. Zur Not halt mit ungelernten Kräften, die das nicht gewohnt sind. Spargelstechen ist leider wohl wirklich sehr kompliziert, aber meine Güte. Das ist Spargel, Restaurants sind eh geschlossen, also die volle Ernte bekommen sie vielleicht eh nicht verkauft. Da muss man schon Abstriche machen.

      4) Die Regierung hat immer den Zeitplan verschleiert.
      Nein sorry, aber das hat sie nicht. Sie hat immer den 20.April genannt und immer wieder darauf hingewiesen, dass sie selbst keinen Zeitplan haben, weil sie die dynamische Lage im Blick behalten müssen.
      Also tut mir leid, aber wenn niemand der Regierung zuhört, kann sie nichts machen und es ist ein bisschen wohlfeil, Vorwürfe zu erheben, die gar nicht zutreffen. Wirklich, ich rate dazu, sich die Pressekonferenzen der Kanzlerin oder sonstwem direkt anzuhören. Zumindest Merkel kommuniziert gerade sehr offen und klar. Ist echt schade, dass das keiner mitbekommt.

      6)Hört bitte auf, Wissenschaft nach dem Schema der Politik mit „Meine Partei gut, die andere falsch“ zu beurteilen.

      Also bitte, das ist doch genau das, was ich kritisiert habe. Ich kenn die ganzen Virologen doch gar nicht. Aber das ist eine Naturwissenschaft, da gibt es keine Kompromisse und Abwägungen. Auch keinen Gelehrtenstreit, wie man ihn in Geisteswissenschaften führen kann. Ich hab auch keine Ahnung von irgendwelchen Kits und PCR-Tests, das sind böhmische Dörfer für mich. Aber wenn in all diesen öffentlichen Daten plötzlich jemand daherkommt und eine Pressekonferenz gibt und alle Medien ihre Schlussfolgerungen verbreiten, während es nach zwei Tagen nicht ein einziges Schriftstück gibt, das man sich selbst angucken kann. Nicht mal für die anderen Wissenschaftler. Dann kann ich das nicht ernst nehmen. Sorry, das ist eben nicht wissenschaftlich, das ist einfach PR.

      9)Jep, natürlich gibt es viele Möglichkeiten, aber keine schnellen.
      Ist halt ein bisschen die Frage, wie die Gesetzeslage ist. Weil wir ja immer noch keinen Notstand verkündet haben. Wie gesagt, gefällt mir nicht. Wir können nicht sämtliche Krisenorganisationen über das Infektionsschutzgesetz regeln. Das ist gut, wenn es schnell gehen muss, wie die letzten Wochen. Aber als Dauerlösung einfach nicht geeignet.
      Und vor allem kann das wieder jeder anwenden, morgen kommen Söder und Laschet auf die Idee, das selbst zu machen. Also nein, ich bleibe dabei, wenn Grundrechte eingeschränkt, Unternehmen enteignet werden oder sonstwas, dann soll das bitte die Regierungschefin machen. Das ist ja ein gesamtdeutsches Problem und kein bayrisches.

      • Ralf 13. April 2020, 01:26

        Sie hat immer den 20.April genannt

        Das ist kein einleuchtendes Zeitplankonzept. Warum nicht der 15. April? Oder der 25. April? Eigentlich hätte die Regierung klar definieren müssen, wann welche Lockerungen möglich sind. Das wäre z.B. zu sagen, dass wenn die Zahl offiziell bestätigter täglicher Neuinfektionen unter die Schwelle von 30 sinkt, kleine Geschäfte wieder eröffnen können. Oder es wäre zu sagen, dass wenn in anerkannten epidemiologischen Modellen die Zahl der Toten im Worst Case-Szenario unter 50.000 sinkt – das Doppelte einer besonders verheerenden Grippewelle – Veranstaltungen bis 500 Teilnehmer wieder stattfinden dürfen. Ein Zeitplan muss immer an einen funktionellen Outcome geknüpft sein, nicht an ein willkürlich ausgewähltes Datum. Und weil man das nicht gemacht hat, spricht man jetzt nur noch über das Datum und nicht mehr darüber, was wir mit dem Lockdown eigentlich erreichen wollten.

        • Ariane 13. April 2020, 01:51

          Das ist kein einleuchtendes Zeitplankonzept. Warum nicht der 15. April? Oder der 25. April?

          Weil dann überall die Osterferien enden und bis dahin auf jeden Fall eine Lösung für das Schulproblem gefunden sein muss.
          Und der Zeitplan wird eben nicht alleine von Merkel oder sonstwem bestimmt, sondern von den neuesten Pandemiedaten, die wie wir ja mittlerweile wissen sollten, sich dynamisch entwickeln.

          Ist jetzt reine Interpretation, aber meine Vermutung ist, dass sie noch dabei sind, das Problem zu lösen, das medizinische Personal besser zu schützen. (Denen wurden noch erheblich mehr Grundrechte beschnitten, bis hin zur Menschenwürde, falls das nicht bekannt ist). Die kleinen Zahlen findet man ja meist nur in der Lokalpresse, aber das ist ziemlich dramatisch und zb nicht ungewöhnlich, dass in einem Altenheim auch 50% des Personals infiziert ist. Und die dürfen halt nicht großflächig ausfallen, irgendwo musste schon der Katastrophenschutz über Nacht aushelfen. Und diese Verhandlungen mit China und der Versuch, die Maskenproduktion hier aufzubauen, klingen danach, als hätten sie da etliche Probleme. Ist jetzt wirklich reine Interpretation, aber ich kann mir vorstellen, dass die Lage hinter den Kulissen sehr viel schlimmer ist und sie versuchen, die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Wie gesagt, keine Ahnung ob das stimmt, aber ermutigend war die Pressekonferenz nicht. Zweite Journalistenfrage ging über den Sommerurlaub (bestimmt die Bild) und da musste Merkel lachen, also das wird kein Sprint. Die haben ganz andere Sorgen.

          Und die jetzige Situation will ja niemand, die ist für alle gleichermaßen schlimm. Deswegen reg ich mich über die Pressekommentare und Bankbuchleser so auf, die haben Zeit und Muße für Jammereien, während man wenig bis nichts von den wirklichen Problemen hört. Und die gibt es eben, auch wenn wir noch niemandem den Beatmungsschlau verwehren müssen.

        • Ariane 13. April 2020, 02:00

          Und was wir eben auch bedenken müssen, es fehlt ja nicht nur uns an Informationen. Sondern überall. Die Wissenschaftler wissen noch wenig über den neuartigen Virus. Die Regierung weiß wenig über die Lage, da muss ja erstmal ein Meldesystem aufgebaut werden für Fallzahlen, Intensivbetten, Beatmungsschläuchen, Schutzkleidung.
          Das alleine ist schon eine Mammutaufgabe, jedes Krankenhaus und Altenheim meldet das irgendwohin (vermutlich an den Kreis), die müssen das bündeln und weitergeben und ganz oben muss sich das dann wieder jemand angucken und daraufhin Entscheidungen treffen. Und die täglichen Fallzahlen klappen ja schon mal eher nicht so gut und die sind ja fast schon wieder egal. Was meinst du denn, was für eine Arbeit das ist, überhaupt die Informationsvermittlung der Behörden zu organisieren auch noch im HomeOffice.

          Ganz ehrlich, nervt mich. Wir haben hier zig Staatskrisen auf mal und jeder schaut nur auf sich, seine Branche, seine Grundrechte, seine eigenen Probleme und wirft jedem anderen vor, dass es dem besser geht und der sich nicht beschweren soll oder andersrum, dass Leute übertreiben und man andere Probleme hat. Ja, mein Gott, weil wir gerade alle Millionen Probleme auf mal haben.
          Also tut mir leid, aber so kann man die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg nicht angehen. Da fühle ich mich als verfassungstreue Bürgerin, die versucht zu tun, was die Kanzlerin sagt, aber mal ganz mächtig verarscht.

          • CitizenK 13. April 2020, 10:27

            Treffend beschrieben. Überhaupt: Danke für Deine Beiträge, Ariane!

            Die Beschaffung von Masken und Schutzkleidung läuft hier über Partnerstadt bzw. Geschäftspartner in China. Deshalb müssen Arztpraxen und Pflegeheime vorerst (!) nicht schließen. Erstmal gut, wer die hat, nicht gut, wer nicht.

            Der 20. April ist begründet: Ende der Osterferien. Das KuMi BW wird Dienstag nach Ostern, die Planung für die Schulen bekanntgeben. Vermutlich Teil-Öffnung für Abschlussklassen und Abschlussprüfungen. Davon wird man nicht lassen. Damit ist wieder ein ganzes Stück Chancengleichheit und Vergleichbarkeit weg. Der Alternativvorschlag (Aufnahmeprüfungen der Hochschulen) hat wohl keine Chance.

            • Ariane 13. April 2020, 12:56

              Oh Dankeschön 🙂

              Ja, die Landkreise und Gemeinden machen tolle Arbeit meistens, der ganze Gesundheitskram und Schulplanung und die Mikro-Organisation liegt gerade auf deren Schultern. Keine Ahnung, wie die überhaupt die Leute finden, um das anzugehen.
              Im Landkreis meiner Family in SH haben sie innerhalb von einer Woche mal flugs alle Kurgäste und Touristen, die noch selber laufen konnten, rausgeworfen und waren schon dabei, die leichteren Fälle aus den Krankenhäusern in die leeren Rehakliniken zu verlegen. Ich meine, allein das halbwegs zu organisieren, ist schon eine großartige Leistung. Und ja, ich gestehe auch, ich hab ein Faible für bürokratische Mikro-Organisation^^

              Ja, ich meine alle, Lehrer, Schüler, Eltern müssen ja auch wissen gehen, wie es mit KiTas und Schule weitergeht, um selbst wieder weiterplanen zu können. Und wenn es geht mit etwas Vorlauf und nicht 24 Stunden. Bisher sieht es nicht aus, als wenn überhaupt schon Ideen für gangbare Lösungen gefunden wurden.

              • Stefan Sasse 13. April 2020, 13:41

                Ansage vom KuMi ist, dass es mindestens eine Woche Vorlauf geben wird.

                • Ariane 13. April 2020, 14:14

                  Hm, ähm ja also heute. Und wisst ihr schon Bescheid? 😀

                  • Stefan Sasse 13. April 2020, 15:44

                    Infos sind für „nach Ostern“ angekündigt, ich rechne mit einer Veröffentlichung morgen.

          • Stefan Sasse 13. April 2020, 10:32

            Und völlig zu Recht, bin da ganz bei dir.

        • Stefan Sasse 13. April 2020, 10:31

          Bitte! Es wurde ein Termin in drei Wochen genommen, als arbiträrer Termin, bei dem evaluiert wird. 15. oder 25. wären auch gegangen, weil alle diese Termine arbiträr sind. Man musste halt einen festsetzen. Und das war von Anfang an so kommuniziert.

      • schejtan 13. April 2020, 10:28

        „Aber das ist eine Naturwissenschaft, da gibt es keine Kompromisse und Abwägungen. Auch keinen Gelehrtenstreit, wie man ihn in Geisteswissenschaften führen kann“

        Da muss ich dich leider enttaeuschen. Auch in den Naturwissenschaften gibt es unterschiedliche Interpretationsansaetze und konkurriende Modelle, vor allem wenn es um neuartige Phaenomene wie zum Beispiel Covid-19 geht. Und auch in ihnen wird das wissenschaftliche Ideal durch persoenliche Eitelkeiten und Fehden verletzt. Die Geschichte hat zwar gelehrt, dass sich letztendlich die Fakten durchsetzen, dass kann aber Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern. So ein wissenschaftlicher Streit ist daher ganz normal, durchaus auch in seiner Schaerfe. Das er so stark in der Oeffentlichkeit ausgetragen wird, ist dabei vielleicht nicht unbedingt hilfreich. Und eine Studie ohne Peer-Review in einer Pressekonferenz vorzustellen ist schon ziemlich daneben. Dann noch eine PR-Agentur engagieren…

        • Ariane 13. April 2020, 13:05

          Ja natürlich und ich weiß auch, dass es dauert. Aber es ist eben kein Gelehrtenstreit oder politischer Meinungskampf, wo die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt oder man einen Kompromiss finden kann. Es dauert zwar sehr sehr lange, es herauszufinden, aber in der Naturwissenschaft gibt es eben doch klar richtig und klar falsch.

          Und das ist höchst selten und gerade die Politik und die Medien und die Gesellschaft sind an naturwissenschaftliche Streitereien überhaupt nicht gewöhnt. Die tun einfach so, als wäre das wie die Höhe der Rente und jede Seite baut politischen Druck auf und am Ende hat man einen schmerzhaften Kompromiss.
          Nur geht das mit einem neuartigen Virus halt nicht, der ist nun mal kein politischer oder gelehrter Gegner. Wer hätte gedacht, dass es plötzlich so wichtig ist, eine Physikerin als Kanzlerin zu haben. Die erkennt sofort diese Problematik^^

        • popper 13. April 2020, 15:04

          Prof. Streeck hat keine Studie abgeliefert, sondern einen Zwischenbericht vorgestellt und das auch ausdrücklich kommuniziert. Auch die Übertragbarkeit auf ganz Deutschland im jetzigen Zeitpunkt verneint. Und noch eins, Kritiker von
          Peer-Reviews „bemängeln, das gerade das Fehlen von Transparenz und Öffentlichkeit Fehlurteile produziert. Manche Platzhirsche entpuppen sich unter dem Deckmantel anonymer Kollegenkritik als regelrechte Berserker, die Neulinge und Querköpfe herausschießen, ohne für schlampige und einseitige Gutachten Konsequenzen befürchten zu müssen, oder sie zögern die Begutachtung eines Artikels um Monate hinaus, um dessen zeitige Publikation zu verhindern.“ (Leggewie, Claus, und Elke Mühlleitner. 2007. Übrigens funktioniert letztlich auch Wikipedia nur aufgrund von Peer Review. Und was da so alles schief läuft ist je hinreichend bekannt. Da „Streeck“ Fragen aufwirtft, die das RKI eigentlich beantworten sollte und die Weierführung bzw. Notwendigkeit der politischen Maßnahmen tangiert und teilweise infrage stellt. Wird mit vereinten Kräften dagegen „geschossen“. Im Übrigen hat Prof. Steeck bei „Lanz“ darauf hingewiesen, dass das RKI seine Vorschläge aufnimmt und ebenfalls Gruppen bilden und in derselben Weise testen und untersuchen will. Das das nicht längst geschehen ist, fragen sich prominente Wissenschaftler, die über Viren und Pandemien forschen.

      • Stefan Sasse 13. April 2020, 10:31

        4) Auch hier wieder ein klares Medienversagen. Das sachliche Vermitteln dessen, was die Regierung sagt und tut, ist nicht in das übliche krawallige Überschriftenformat zu kriegen, an das die sich so gewöhnt haben. Also erfinden sie das selbst.

    • Stefan Sasse 13. April 2020, 10:24

      6) Ich weigere mich, diese stupide Debatte überhaupt zu führen. Ich habe das bereits in meinem allerersten Corona-Artikel ausbuchstabiert: Ich bin kein Virologe und kann das alles überhaupt nicht beurteilen. Ich finde dieses Einbauen der Virologen-Diskussion in traditionelle He-said-she-said-Medien-Narrative unglaublich verantwortungslos, weil es eine Aura der Unsicherheit schafft.

      • Ariane 13. April 2020, 14:49

        Ja, die eigentliche Studie wird vermutlich vollkommen egal für die Allgemeinheit sein. Ich bin bei den Drosten-Podcasts schon immer direkt raus, wenn er genauer über die Tests auf mikromolekularer Ebene erzählt. Da weiß ich auch nur noch, dass Aminosäuren sich mit Zellen verbinden.

        Und das ist vermutlich genug, um zu merken, dass die medialen oder auch privaten Schlussfolgerungen dann so vereinfacht sind, dass einfach nur noch Quatsch übrigbleibt und das dann jedem normalen Menschen so erzählt wird. Wir können doch jetzt nicht alle Mikrobiologie studieren, um uns selbst ein Bild zu machen^^

  • Ariane 13. April 2020, 03:14

    Es scheint ja leider für viele Männer mit Pressereichweite ein besonders trauriges Osterfest gewesen zu sein. Haben die ein Glück, dass ich meinen Artikel schon heute morgen fertig hatte. Jedes Mal, wenn ich ins Internet geguckt hab, hat sich wieder jemand über den Lockdown oder Merkel oder die Gesamtlage beschwert, mit völlig abgedrehten Schlussfolgerungen und Übertreibungen. Ein Wahnsinn. Komplette Selbstradikalisierung der Elite.

    Hier mal die FAZ als Beispiel: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/steinmeiers-corona-ansprache-gottesdienst-im-baumarkt-16721674.html?GEPC=s3&premium=0xd57e282cb91c91499ed37bd4dda6a1bb
    Ich meine es tut mir ja leid, falls sich hier jemand zur intellektuellen Elite zählt, aber die hat scheinbar mittlerweile komplett den Verstand verloren. Jasper von Altenbockum nimmt die außerplanmäßige (!) Rede des Bundespräsidenten (!) Deutschlands aufgrund der globalen Pandemie zum Anlass, eine Ideologisierung der Debatte zu beklagen und meint das wäre ein Kampf zwischen Solidarität und Neoliberalismus.

    Die erfolgreiche Bekämpfung der Epidemie deutete er geradezu als gesellschaftspolitischen Auftrag

    Ja tatsächlich. Wie soll man denn sonst eine Epidemie bekämpfen? Das mit jeder in Gefahr und gleichzeitig selbst eine Gefahr für andere, scheint für die Herren ja irgendwie zu hoch zu sein. Will der etwa nicht die beste Versorgung bekommen, wenn er an Covid erkrankt? Oder passiert sowas halt nur dem Fußvolk und dann ist ja egal?

    Ganz ehrlich, ich verstehe das nicht mehr. Der mag ja ein neoliberaler Radikalinski sein, egal. Aber da hält der Bundespräsident Deutschlands eine Rede zu Ostern, weil wir eine exorbitante Krise haben. Und es erforderlich ist, dass die Bürger die verkündeten Maßnahmen befolgen und ernst nehmen, weil Leben davon abhängen.

    Und die FAZ macht daraus einen Ideologiekampf? Gehts noch? Blicken die das nicht oder denken sie, das bekommen nur Rentner, die eh bald sterben? Das ist vollkommen verrückt, die Regierung und die normalen Bürger beißen die Zähne zusammen und versuchen, gut durchzukommen und die Leistungsträger führen einen politischen Meinungsstreit mit einem Virus? Wär ja noch egal, wenn die nicht diese Medienreichweite hätten. Aber das kann nicht so weitergehen, dann bricht das ganze Konzept, das bisher zum Erfolg geführt hat, wieder zusammen. Weil ein paar gut betuchte Männer es einfach nicht ertragen können, mal nicht die wichtigen Meinungsführer zu sein und das jedem ins Ohr heulen. Nach toxischer Maskulinität müssen wir aber dringend mal die fragile Männlichkeit genauer untersuchen, kann ja nicht angehen.

    • Ariane 13. April 2020, 03:23

      https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/hanks-welt/corona-krise-autoritaere-zuege-der-buerger-werden-geweckt-16721293.html?GEPC=s33

      Fast will es scheinen, als ob der Einbruch einer archaischen Seuche, gegen die es weder Therapie noch Impfung gibt, und der gleichzeitige Rückfall des Staates in eine seiner Frühformen einander auf merkwürdige Weise korrespondieren. Eine Pandemie bekämpft man am besten mit dem Polizeistaat, wird uns suggeriert: Der soziale Abstand muss polizeilich überwacht werden. Es geschieht alles nur zu unserem Besten.

      Auch passend. Ich hab ja schon mal gesagt, das ist eine Aufgabe für einfache Landfrauen. Die intellektuellen Herren suchen die Lösungen in Philosophien und Theorien und kommen damit nur zu absurden Schlussfolgerungen. Und beschweren sich, dass sie unter dem Schutz einer einfachen Landfrau stehen, die ja so gemein ist. Das ist Kindergarten, egal wieviele Philosophen man in einem einzigen Text zitiert. Die brauchen keine Hirtin mehr, die brauchen ne Nanny.

      • popper 13. April 2020, 09:48

        Hank hat doch eine absolut zutreffende Argumentation. Und seine Bezüge zu Philosophen sind durchaus angebracht, sie sind zwar keine Mediziner, aber sie beschreiben oder erklären die logischen Zusammenhänge. Die passen offenbar nicht in deine Sicht der Dinge, aber davon wirst Du in diesem Jahr noch einiges zu lesen bekommen.

        • Ariane 13. April 2020, 13:15

          Nein hat er nicht, er ist unfähig, mal zwei Sekunden tatsächlich selber nachzudenken und zu erkennen, dass der ganze Kram dazu da ist, ihm und seiner Familie das Leben und die Gesundheit zu retten. Stattdessen weint er, weil er unter Hausarrest kontrolliert durch Polizeistaat steht.

          Sorry, aber da ist mein 5jähriges Betreuungskind weiter. Die erzählt mir nämlich zwischendurch immer, dass sie ja jetzt alleine zu Hause ist wegen der Krankheit und man aufpassen muss, dass alle gesund bleiben. Scheinbar müssen wir jetzt Kindergärtnerinnen zu den Großphilosophen schicken, die denen das auch mal erklären.

      • Stefan Sasse 13. April 2020, 10:34

        Wohlstandsverwahrlosung und Verantwortungslosigkeit.

        • popper 13. April 2020, 11:10

          Aha, dann lag ich weiter oben doch richtig. Sie besudeln das Renommee von Hank und Häring. Dann ist auch endlich klar wessen Geistes Kind Sie, jenseits ihres intellktuellen und kulturellen Überbaus, in Wahrheit sind. Cui bono?

          • Ariane 13. April 2020, 13:17

            Es wäre wirklich gut, wenn du dich vielleicht mal kurz aus deiner elitären Sicht der Dinge herauswagen würdest. Wir haben hier schnöde Krankheitsprobleme. Ein Virus schert sich nicht um Renommee oder Titel oder Bildungsgrad. Und auf dieser Ebene lässt sich das Problem nun mal nicht durchdringen.

            Ein Kind, das an Masern erkrankt, ist da nun mal die bessere Analogie. Ganz ehrlich.

            • popper 13. April 2020, 15:30

              Das Virus schert sich auch nicht um deine Emotionen, die Du wie eine Montranz vor dir herträgst. Es gibt bis dato keinen einzigen Fall, wo nachgewisen wurde, dass ein Mensch an COVID-19 oder Corona-Viren gestorben ist. Man obduziert ja nicht. Und wo man obduziert hat, z.B. in Hamburg, wurde das bestätigt. Dass Menschen, groß oder klein, alt oder jung, sterben, ist traurig, aber das normalste von der Welt. Ca. 16 Mio. jährlich, heute 13.04.20 sogar mehrere Hunderttausend. Und bis zu 40 Mio. geboren. Diese Untergangsszenario, das hier einige an die Wand malen, ist, man mag es mir nachsehen, grotesk.

              • Ariane 13. April 2020, 19:30

                Ähm ja, das ist mir schon klar, danke für den Hinweis.

                Aber meine Emotionen sorgen dafür, dass ich mich schütze und vor allem andere vor einer Ansteckung durch mich. Dann ist Emotionalität wohl gerade sicherer als intellektuelle Verharmlosung.

                Och bitte, denk doch einfach mal logisch. Niemand ist sterbenskrank, der Übergewicht hat, raucht, Herzprobleme, Asthma oder ein fortgeschrittenes Alter hat. Wenn ich morgen tot umfalle, ist das absolut ungewöhnlich – ganz egal ob Covid oder ein Herzinfarkt die Ursache ist. Und selbst meine Oma hat Stand jetzt noch gut und gerne 10 Jahre zu leben, wenn ich an die langlebigen Frauen in der Familie denke.

                • popper 13. April 2020, 19:59

                  Warum weigerst Du dich so beharrlich, zu verstehen, dass infizieren nicht Krankheit und/oder Tod bedeutet, sondern keinerlei Beschwerden über leichte Krankheitssymptome der Atemwegeorgane. Und das bei jung wie alt. Selbst bei erheblichen Vorerkrankungen ist bis dato ursächlich keine Letalität nachgewiesen aufgrund des COVIT-19. Wir sind durch die medial Panikmache mit Horrormeldungen und emotionalisierende Bilder, aber auch die politische Fehlentwicklung, so desorientiert und falsch informiert, dass wir einer kollektiven Massenpsychose unterliegen, die verheerende Folgen für unsere Freiheit haben wird.

                • Ralf 13. April 2020, 20:27

                  Gib es auf Ariane. Käpt’n Aluhut hat als einziger die Weltverschwörung aufgedeckt. Wahrscheinlich sind die Bilderberger schuld. Zeit dass wir die mehr als 100.000 Toten vergessen …

    • Stefan Sasse 13. April 2020, 10:33

      Das sind ja zwei Seiten derselben Medaille.

  • Ralf 17. April 2020, 15:27

    Mal ein paar gute Nachrichten in dieser schweren Zeit:

    Die Hinweise, dass Gilead’s Medikament Remdesivir COVID-19 erfolgreich behandeln kann, mehren sich und mehren sich. Es gibt sehr positive Gerüchte über möglicherweise erfolgreiche Phase III-Daten aus Chicago …

    https://www.statnews.com/2020/04/16/early-peek-at-data-on-gilead-coronavirus-drug-suggests-patients-are-responding-to-treatment/?utm_source=STAT+Newsletters&utm_campaign=0831571e51-breaking_COPY_01&utm_medium=email&utm_term=0_8cab1d7961-0831571e51-152099670

    (weitere Phase III-Studien zu Remdesivir laufen derzeit parallel in der ganzen Welt, inklusive in Europa. Wir wissen also bald hoffentlich mehr …)

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