Erdbeben mit Ansage

Mit viel Spannung wurden die gestrigen Wahlergebnisse der Landtagswahlen in Brandenburg und in Sachsen erwartet. Viele Fragen waren offen. Würden die Rechtsextremen stärkste Kraft werden? Würde der Höhenflug der Grünen im Osten Fortsetzung finden? Würde der Niedergang der Volksparteien weiter voranschreiten? Nun, da sich der Staub der Schlacht gelegt hat, ist es an der Zeit zu analysieren, was passiert ist und zu fragen, welche politischen Konsequenzen zu erwarten sind. Zunächst jedoch eine kurze Zusammenfassung des Ergebnisses.

Selten ist es so schwierig gewesen, einen „Sieger“ zu benennen. Sowohl in Sachsen als auch in Brandenburg. Wer ist der „Sieger“? Die Partei, die am Ende eine Mehrheit für die Wahl ihres Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten findet? Auch wenn dieser Wahlsieg von dramatischen Stimmenverlusten begleitet wird? Oder ist die Partei Sieger, die erdrutschartig Stimmen hinzugewinnt, während fast alle anderen verlieren? Selbst wenn es am Ende nicht für eine Mehrheit und noch nicht einmal für eine Koalition reicht und man weiteren fünf Jahren Isolation entgegenblickt? Ich bin bekanntermaßen immer ein Fan ersterer Interpretation gewesen. Allerdings fällt es nach dem gestrigen Erdbeben ungewöhnlich schwer, diesen Standpunkt zu verteidigen. In Sachsen verlor die Schwarz-Rote Koalition (man verzeihe mir, dass ich nicht Große Koalition schreibe) satte 12%. Die ehemalige Volkspartei SPD landete knapp zweieinhalb Prozent oberhalb der Fünfprozenthürde, während die CDU von Ministerpräsident Kretschmer mehr als sieben Prozent verlor. Kretschmer wird weiterregieren können, weil sich die Grünen einer Keniakoalition, eine sachlich absurde Zusammengruppierung, die nichtsdestotrotz immer häufiger der Normalfall werden dürfte, nicht verweigern werden. Alle (!) Parteien der Mitte zusammengenommen, kommen dann gerade noch auf mickrige 56,3% der Stimmen im Parlament. Hätte das jemand vor 20 Jahren öffentlich vorhergesagt, man hätte ihn in die Irrenanstalt gesteckt.

Massive Verluste von Regierungsparteien werden normalerweise begleitet von massiven Gewinnen, breit verteilt über alle Oppositionsparteien. Allerdings nicht am gestrigen Abend in Sachsen. Die mit weitem Abstand größte Oppositionspartei, die LINKE, knickte dramatisch ein und verlor knapp die Hälfte ihrer Wähler. Gerade mal um 0,4% konnte man die Einstelligkeit vermeiden. Die FDP gewann demgegenüber noch nicht einmal drei Viertel eines Prozents hinzu. Die Grünen durften sich als einzige der demokratischen Parteien über eine signifikante, aber kleine Steigerung freuen. Gemessen an den Hoffnungen (wenn nicht Erwartungen) jetzt auch im Osten möglicherweise Wahlen gewinnen zu können, machten sich die zusätzlichen 2,9%, mit denen die Umweltpartei jetzt insgesamt auf noch nicht einmal 9% kommt, natürlich ziemlich spärlich aus.

Diesem Versagen der Demokraten stand das schockierende, wenn auch nicht ganz unerwartete AfD-Ergebnis von 27,5% gegenüber. Mehr als ein Viertel der Sachsen hat rechtsextrem gewählt.

Sehr ähnlich fielen die Ergebnisse in Brandenburg aus. Die Rot-Rote Regierungskoalition verlor zweistellig (13,6% Verlust). Dennoch wird auch Ministerpräsident Dietmar Woidke in Brandenburg weiterregieren können, weil er – ebenso wie in Sachsen – die Grünen ins Boot holen wird. Interessanterweise konnte auch hier die größte Oppositionspartei, in diesem Fall die CDU, nicht vom Kollaps der Regierungskoalition profitieren, sondern verlor mit 7,4% ähnlich hoch wie die LINKE im Freistaat. Allerdings fielen hier die Zugewinne für die kleineren demokratischen Parteien deutlicher aus. Die Grünen legten 4,6% zu. Die Freien Wähler übersprangen die Fünfprozenthürde. Und selbst die FDP gewann 2,6% mehr Stimmen als beim letzten Mal, wenngleich das trotzdem nicht für den Einzug in den Landtag reichte. Allerdings legten auch in Brandenburg die Rechtsextremen mit über 11% am deutlichsten zu. Auch in Brandenburg entschied sich knapp ein Viertel der Wähler für die AfD.

Welche Schlussfolgerungen können oder sollten wir aus diesem Debakel für die Demokratie ziehen? Wie ist die Situation einzuordnen? Hier sind meine zentralen Takeaways:

1.) Die Erosion der Volksparteien geht weiter. Die SPD ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ich kann mich ehrlich gesagt nicht mehr erinnern, wann die Sozialdemokraten das letzte Mal mal nicht verloren haben. Bei der CDU sieht es mittlerweile nicht mehr viel besser aus. Und das liegt offensichtlich nicht an der Person von Bundeskanzlerin Angela Merkel, deren Beliebtheitswerte stabil und solide sind. Nein, es liegt an der Tatsache, dass in einem sich polarisierenden Umfeld, in dem die Wähler Aktion und Bewegung wünschen und die eine Hälfte nach vorne (zu den Grünen) und die andere Hälfte nach hinten (zur AfD) strebt, apathischer Stillstand in festgefrorenem Schrecken vor der Zukunft kein attraktives Wählerwerbungsmodell ist. Egal wohin es die CDU zieht, sie wird Wähler in die jeweilige Gegenrichtung abbluten. Im Westen werden dadurch die Grünen zur Volks- und möglicherweise Kanzlerpartei. Im Osten jubilieren die Neonazis. Der Kurs des Durchlavierens durch die Mitte wird immer unattraktiver.

2.) Die LINKE steht vor der politischen Sinnfrage. Weder in Brandenburg noch in Sachsen ist die Partei noch Volkspartei. Während sich das im ersteren Fall noch mit der Abstrafung einer Regierung erklären lässt, legt der zweite Fall nahe, dass tatsächlich strukturelle, nicht lokale Ursachen dem Kollaps zugrunde liegen. Bis vor wenigen Wochen tobte ein Machtkampf in der Partei zwischen dem Kipping- und dem Wagenknecht-Flügel. Dann zog sich Sahra Wagenknecht zurück und der Krieg war entschieden. Frau Kipping dürfte noch den süßen Geschmack des Champagners auf der Zunge spüren, der zunehmend jedoch bitter nachhallt. Spätestens heute dürfte klar sein, welch einen Pyrrhus-Sieg der bunt-progressive Parteiflügel da eingefahren hat. Drehte sich das von Frau Wagenknecht repräsentierte Programm ganz um den kleinen Mann, um die Wirtschaft und um soziale Gerechtigkeit, suchte Frau Kipping hingegen die hippe urbane Jugend als Zielgruppe und bot eine alternativere Kopie der Grünen als Programm an. Diese Inhalte kamen bei den Wendeverlierern im Osten, beim kleinen Mann, in etwa so gut an wie Hillary Clinton in den Arbeitervierteln Michigans bei den letzten US-Präsidentschaftswahlen. War die LINKE früher immer auch ein bisschen die nostalgische Kümmererpartei Ost, ist nach dem Abservieren von Sahra Wagenknecht eine andere Partei in das Vakuum Kümmererpartei gestoßen. Und Bedarf für eine Kopie der Grünen scheint es in den neuen Bundesländern nicht zu geben. Besonders viele wollen die Grünen dort eh nicht. Und die, die die Grünen wollen, wählen dann schon das Original.

3.) Der normale politische Prozess, bei dem die Regierung vom Wähler (meist) abgestraft wird, und dafür die demokratische Opposition hinzugewinnt, ist zerbrochen. Demokratische Regierung und demokratische Opposition sind, anders als in fast 70 Jahren Bundesrepublik, keine kommunizierenden Röhren mehr. Die Unfähigkeit der LINKEN in Sachsen oder der CDU in Brandenburg vom Einsacken der Regierung zu profitieren und die korrespondierenden etwa gleich hohen Verluste dieser beiden sonst so ungleichen Parteien, lässt auf ein schweres strukturelles Problem schließen. Mit anderen Worten: Diese Wahlergebnisse finden nicht in der Landes- sondern in der Bundespolitik ihren Ursprung. Eine erschreckend große Zahl von Wählern findet sich inhaltlich im gesamten demokratischen Spektrum nicht mehr wieder. Wer die Europäische Union ablehnt, wer den Euro nicht will, wer der deutschen Einwanderungspolitik kritisch gegenübersteht, wer den Warnungen vor dem drohenden Klimawandel nicht glaubt, der hat außer dem braunen Pöbel niemanden mehr, an den er sich wenden kann. Dabei verzeichnet die AfD dramatische, aber nichtsdestotrotz beeindruckende Zugewinne aus der Gruppe der Nichtwähler, etwas was den etablierten Parteien jahrzehntelang nicht geglückt ist. Wie sehr die demokratischen Parteien im Elektorat alle gemeinsam als Einheitssoße betrachtet werden, lässt sich unter anderem an der absurden Tatsache ablesen, dass die LINKE in Sachsen mehr Wähler an die CDU verloren hat als an die AfD. Diese Bewegungen sind inhaltlich kaum nachvollziehbar und lassen sich nur noch mit Verzweiflung erklären.

4.) Bei allen Gemeinsamkeiten sollten wir nicht vergessen: Sachsen und Brandenburg sind nicht der Rest der Republik. Und in Brandenburg ist das rechtsextreme Problem weniger schwerwiegend als in Sachsen. In den westlichen Bundesländern fristet die AfD mit 7% bis 13% ein Nischendasein. Um nicht falsch verstanden zu werden, auch diese Zahlen sind unerfreulich. Aber sie sind keine Bedrohung der Demokratie und sie machen unsere Parlamente nicht handlungsunfähig. Der Osten ist ein Sonderfall. Bestürzend. Aber ein Sonderfall. Aber auch hier lohnt es sich genau hinzusehen und zu differenzieren. In Brandenburg sind die Verluste der Regierungsparteien und der größten Oppositionspartei signifikant durch demokratische Parteien aufgefangen worden. Grüne, Freie Wähler und FDP gewannen zusammen 9,5% hinzu. Demgegenüber stehen die 11,3% Gewinne der AfD. Es ist nicht so, dass der Protest ausschließlich den Rechtsextremen zugute kam. Das ist in Sachsen anders. Das Ergebnis im Freistaat lässt sich auf keine Weise mehr schönreden. Seit der Wiedervereinigung hat man dort tatenlos und stets beschwichtigend zugesehen, wie sich die Neonaziszene vor Ort festsetzte und Wurzeln schlug. Wie sich „national befreite Zonen“ etablierten. Wie der Hass auf der Straße eskalierte. Ich bin selber nur einmal vor langer Zeit in Sachsen gewesen. Die einzige Erinnerung, die ich daran noch habe, ist dass ich Angst hatte mit leerem Tank in Dresden zu stranden, weil ich die Tankstelle, die ich so dringend brauchte, wegen einer Belagerung von 20 Skinheads nicht benutzen konnte. Das südlichste der neuen Bundesländer hat gestern die Ernte seines politischen Versagens eingefahren. Kaum ein Land braucht so dringend Einwanderung wie Sachsen – Lehrer fehlen, Ärzte fehlen, Pfleger fehlen. Aber den gebildeten (und möglicherweise sogar noch ausländischen) Menschen, der Lust hat sich in diesem Klima niederzulassen, möchte ich erst noch kennenlernen. Ich weiß aus Gesprächen, dass selbst herausragende Wissenschaftsinstitute wie etwa das Max Planck-Institut in Dresden riesige Schwierigkeiten haben noch halbwegs fähige Forscher zu rekrutieren. International ist man nicht mehr wettbewerbsfähig. Trotz gutem Funding. Pegida hängt einfach wie ein Betonklotz am Bein. Die Zukunft von Sachsen dürfte düster sein.

5.) Ein grüner Kanzler ist kein Selbstläufer. Nimmt man die Medienberichterstattung der vergangenen Wochen ernst, musste man glauben, dass Robert Habeck der Wahlsieg 2021 bereits nicht mehr zu nehmen war. Hätten die Grünen Brandenburg gewonnen – wie manche Vorhersagen zumindest nicht ganz ausschlossen – dann hätte ich mich diesem Glauben angeschlossen. So bleibt es aber wie es war. Der Höhenflug der Grünen ist nicht vorbei. Die Umweltpartei ist stark und stabil im Westen. Vielleicht stark genug für einen Kanzler Habeck in zwei Jahren. Und die gegenwärtigen Schlüsselthemen kommen der Partei entgegen. Aber im Osten, in dem viele Regionen von der Kohle abhängen, tun sich die Grünen nach wie vor schwer. Sie gewinnen leicht hinzu. In schwierigem Umfeld. Aber sie haben in den neuen Bundesländern mitnichten abgeräumt. Und werden das wohl auch in Zukunft nicht tun.

6.) Der Neoliberalismus im Osten ist tot. Nicht nur ist die FDP gleich doppelt an der Fünfprozenthürde gescheitert, und das bei katastrophal strauchelnden Regierungen – eigentlich exakt das Umfeld, das man sich als Oppositionspartei normalerweise wünscht. Aber auch die AfD ist im Osten eine andere. War die Partei von Bernd Lucke noch als Partei des offenen Raubtierkapitalismus gegründet worden, schleicht sich zunehmend ein – im wahrsten Sinne des Wortes – ein nationalsozialistisches Programm in die Agenda der Rechten. Man ist die soziale Kümmererpartei des kleinen Mannes. Natürlich nur des arischen Mannes mit deutschem Blut und deutschen Genen. Aber immerhin. Was man dort immer weniger hört, ist der kalte Hauch von Profit und Wettbewerb, von Sozialabbau und Drangsalierung der Armen. Wähler, die sich bei den Hartz IV-Sozialdemokraten (in Sachsen jetzt bei unter 8%) und der grün-bunten Hippie-LINKEN (in Sachsen jetzt bei 10,4%), also zwei vormaligen Volksparteien, nicht mehr wiederfinden, haben jetzt ein neues verführerisches Angebot bekommen. Wir sollten die Gefahr nicht unterschätzen!

7.) Meine Hauptkonsequenz und -forderung aus dem gestrigen Debakel ist, dass wir wieder unterscheidbarere Parteien und klar gegeneinander positionierte Parteiblöcke brauchen. Die LINKE sollte sich auf den unter Sahra Wagenknecht begonnen Kurs zurückbesinnen und aufhören die Grünen zu kopieren. Die Medien sollten aufhören die LINKE, im Gegensatz zur AfD eine absolut demokratische und auf dem Boden unseres Grundgesetzes stehende Partei, zu dämonisieren und auszugrenzen. Die Große Koalition wird 2021 auslaufen. Anschließend sollte sich ein schwarz-gelber und ein grün-rot-roter Block formieren. Die beiden Blöcke sollten dem Wähler deutlich unterschiedliche Zukunftsprogramme vorlegen. Das Zeitalter der Alternativlosigkeit sollte beendet werden. Ebenso wie das Zeitalter der asymmetrischen Demobilisierung. Es sollte wieder lebendig im Parlament gestritten werden. Es sollte im Parlament wieder emotional werden. Statt Schlaftabletten brauchen wir wieder Politiker, die mit Herz und Energie für ihre und unsere Anliegen kämpfen. Und ja, die auch manchmal unterhaltsam sind. Ich kann mir heute noch mit großem Vergnügen Parlamentsdebatten zwischen Herbert Wehner und Franz-Josef Strauß anhören. Dass sich meine Kinder irgendwann nostalgisch die Debatten zwischen Peter Altmaier und Katrin Göring-Eckardt anschauen werden, ist hingegen eher unwahrscheinlich. So begeistert man niemanden. So reißt man niemanden mit. So verliert man eine Generation. Insbesondere bei jungen Menschen konnte die AfD gestern punkten. Wenn sich das verfestigt, haben wir die Rechtsextremen die nächsten vier Jahrzehnte in den Landtagen des Ostens.

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  • Hanni Hartmann 2. September 2019, 22:54

    Koalition Verhandlungen nach dem Sonntag: Die Gruenen spielen nun wieder ihr arrogantes und fieses Spielchen wie bei der geplatzten Jamaika Gesprächen in Berlin.. Sie überzogen derart, das die FDP damals kein andere Wahl hatte als auszusteigen. Übrigens haben die Grüne diesen Charakter Zug der Liberalen dann in voller Verdrehung der Tatsachen manipuliert und missbraucht. Daher sollte und MUSS die CDU die Raelitaeten anerkennen und Gespräche mit der AfD aufnehmen. Die sind mehr bürgerlich und weniger extrem als beispielsweise die Linke und eben Teile der Fundamental Grünen..Das ist uebrigens
    auch-ganz nebenbei- des Volkes Wille und damit praktizierte Demokratie…

    • Ralf 2. September 2019, 23:00

      Daher sollte und MUSS die CDU die Raelitaeten anerkennen und Gespräche mit der AfD aufnehmen.

      Wird gottseidank nicht passieren … ^^

      Nicht nur hat die CDU das sowohl vor als auch nach der Wahl kategorisch und in aller Klarheit ausgeschlossen, es würde die Konservativen auch im Westen zerreissen. Die „arroganten und fiesen Grünen“, wie Sie das so schön ausdrücken, könnten sich schon mal im Bundeskanzleramt einmieten, wenn die Sachsen-CDU diesen Schritt ginge und Kretschmer zur schwarzen Ypsilanti würde …

      • Hanni Hartmann 3. September 2019, 01:04

        Derzeit werden diese Realitäten NOCH nicht anerkannt. Es wird aber kommen. genas wie wir uns mal von der Sog „DDR“ getrennt haben; Genaus wie wir mittlerweile Kommunisten in diversen Regierunge haben ( die halte Ich immer noch unterm Strich fuer gefährlicher als die paar bekloppten Hansel bei der AfD) und genauso wie wir andauernd Wahl Versprechen ( SPD= Keine GroKO/Martin Schulz/ Soli längst abgeschafft use usw…) gebrochen bekommen; kann und muss und wird sich die CDU-vielleicht nicht schon jetzt- irgendwann auch dazu durchringen. Oder ist Ihnen das gewuerge mit einer Jamaika Koalition denn lieber? Das ist doch schon jetzt eine Missgeburt fuer eine attraktive und zügige und konstruktive Politik in D und in der EU..

        • Ralf 3. September 2019, 02:30

          Oder ist Ihnen das gewuerge mit einer Jamaika Koalition denn lieber?

          Eine Koalition unter Demokraten ist der übergroßen Mehrheit der Deutschen lieber.

          • Hanni Hartmann 3. September 2019, 02:34

            Die Masse der AfD Wähler waren frühere Waehler-sogar Mitglieder- bei CDU/SPD/Gruenen/FDP und sogar der Linken. Sind das alles nun Nazis und Un Demokraten??? Sie plappern doch hier nur nach was uns von den Etablierten -und auch div. Medien- so eingeflüstert wird weil eben die AfD in offene Wunden zeigt.

            • Ralf 3. September 2019, 02:49

              Sind das alles nun Nazis und Un Demokraten???

              Ein Großteil der Führungsebene ist hochgradig gefährlich und politisch kristallklar und tief im extremistischen Spektrum verankert.

              Das macht die Wähler nicht “alle zu Nazis und Undemokraten”. Die Wähler sind meist nur ungebildet und deshalb einfach mit großen Sprüchen und simplistischen Lösungen zu komplexen Problemen zu beeindrucken.

              Die Masse der AfD Wähler waren frühere Waehler-sogar Mitglieder- bei CDU/SPD/Gruenen/FDP

              Dass die Masse der AfD-Wähler früher nicht nur Wähler sondern sogar Mitglieder in demokratischen Parteien waren, ist eine freie Erfindung Ihrerseits.

              Der Crossover zwischen Grünen und AfD dürfte im übrigen gegen Null gehen.

              Die größte Wählergruppe, die zum starken Abschneiden der AfD in Sachsen und Brandenburg beigetragen hat, waren neu mobilisierte, vorherige Nichtwähler, nicht Wähler anderer Parteien.

              • Hanni Hartmann 3. September 2019, 03:10

                Dream on; wir können hier tagelang weiter palavern…Leute wie Sie sind eingerastet und oftmals verbetoniert. Sie werden sehen; das Ich in nicht all zu ferner Zukunft Recht habe ( wie so oft…) So long; Schaue mir die US Open in NY an; ist erspriesslicher..

                • Ralf 3. September 2019, 07:37

                  Wohin das führt, wenn man rechte Spinner an die Macht lässt, kann man gegenwärtig überall bestaunen. In den USA, in Großbritannien, in Ungarn, in Polen, in Italien, in Österreich, in Brasilien. Nirgends ist auch nur ein Problem gelöst worden. Nirgends ging es gerade dem kleinen Mann langfristig besser. Nur Geschirr ist zerbrochen worden. Internationale Beziehungen sind zerstört worden. Normen sind degradiert. Und der Anstand hat überall verloren, wo die Rechtsextremen in die Regierung gekommen sind.

                  Dass die CDU in naher Zukunft Appetit haben könnte, Steigbügelhalter für ein neues 1933 zu spielen, darf man gottseidank anzweifeln.

                  • Hanni Hartmann 3. September 2019, 10:42

                    Guter Mann; Wie schon gesagt: „Dream on“ und verbleibe in dieser schon „mildly brainwashed“ Denkstarre, die wir mittlerweile so weit verbreitet in D zu bedauern haben. Wenn Dir eben diese geballte Ignoranz und Inkompetenz der Regierungen und Koalitionen aus GroKO, R2G und Schwarz.Gruen zusagt; so it be. Beschwere dich dann aber nicht wenn der Strom der Immigranten aus Africa und Nahost, die Bauskandale von BER, stuttgart 21, Brexit und weltveränderten Aktionen der Chinesen und auch der Inder gleich sind..Dream on; fella…

                    • Ralf 3. September 2019, 10:59

                      Man kann nun sicherlich viel an der deutschen Politik kritisieren. Aber die “geballte Ignoranz und Inkompetenz” der etablierten Parteien hat dem Land einen beispiellosen wirtschaftlichen Boom, fast mit Vollbeschäftigung, beschert. Da kann man über lokale Kleinigkeiten wie Stuttgart 21 oder BER auch hinwegsehen.

                      Was den Strom der Migranten angeht, mir ist unklar, worauf Du Dein Urteil stützt, dass ich mich darüber beschwere. Ich bin dezidiert für mehr Einwanderung.

                    • Hanni Hartmann 3. September 2019, 11:50

                      Wenn Du „dediziert“ fuer mehr Einwanderung bist; dann ist Dir nicht mehr zu helfen. Das nennt man dann einen hoffnungslosen Fall.

                    • Ralf 3. September 2019, 11:53

                      Yep, wir finden hier nicht zueinander.

            • Stefan Sasse 3. September 2019, 12:58

              Die AfD ist eine rechtsextremistische Partei. Wo die Mitglieder früher waren ist bedeutungslos.

    • Stefan Sasse 3. September 2019, 12:57

      Ja klar…

    • Erwin Gabriel 3. September 2019, 15:55

      @ Hanni Hartmann 2. September 2019, 22:54

      Daher sollte und MUSS die CDU die Raelitaeten anerkennen und Gespräche mit der AfD aufnehmen.

      Ich würde das für einen Fehler halten.

      Ich vermute, dass die AfD – selbst wenn man sich auf einen brauchbaren Koalitionsvertrag einigen könnte – nicht in der Lage wäre, den umzusetzen. Ein Teil der AFD würde auch in der Regierung eine Oppositionspartei bleiben, die außerhalb des Bundestages auf die Regierung eindreschen würde. Da kann die CDU nur verlieren.

      Zu dieser Einschätzung bin ich gekommen, als ich mir mal eine Rede von Bernd Höcke angehört habe:

      https://www.youtube.com/watch?v=WWwy4cYRFls

      Der sagte ganz klar, dass es sein Ziel sein, Deutschland auf den Kopf zu stellen und die Verhältnisse grundlegend zu verändern. Er beschwerte sich über Parteikollegen, die sich mit weniger zufrieden gäben, und deren einziges Ziel es sei, „an die Tröge“ bzw. in eine Regierung zu kommen; diese müssten aus der Partei entfernt werden etc.

      Ich kenne einige AfD-Wähler, die eigentlich nur genervte konservative Wähler sind, und denen die Selbstkasteiungen der Regierung, die vielen Worte und die wenigen Taten, oder auch die inzwischen in weiten Bereichen (oder bei einigen Themen) eingeschränkte Meinungsfreiheit gegen den Strich gehen – alles Punkte, bei denen ich halbwegs folgen kann.

      Doch jemanden wie Bernd Höcke in eine gestaltende Funktion in eine Regierung zu lassen, birgt (selbst aus meiner konservativen Sicht) wirklich enorme Gefahren für unser Land, und wird meiner Einschätzung nach viel Gewalt auf die Strasse bringen. Das ist eine Person, vor der man Angst haben kann, vor der man Angst haben sollte, und die mir Angst macht.

  • CitizenK 2. September 2019, 23:46

    Ganz ohne Braunkohle wird man das nicht erklären können.

    • Ralf 2. September 2019, 23:51

      Ja, allerdings gibt es die Braunkohle ja nicht nur in diesem Jahr. Und die Braunkohle hat noch andere Probleme als das Klima und Greta Thunberg. Sie wird zunehmend umprofitabel und der Veränderungsdruck liegt somit so oder so auf den betroffenen Regionen.

  • derwaechter 3. September 2019, 10:25

    „wer den Warnungen vor dem drohenden Klimawandel nicht glaubt, der hat außer dem braunen Pöbel niemanden mehr, an den er sich wenden kann“

    Das illustriert doch genau das Dilemma der etablierten Parteien. Soll sich die CDU oder die SPD jetzt wieder besseren Wissens als Klimaleugner positionieren?

    Oder den Ausländer die Schuld geben, oder anfangen von der EUDSSR zu schwadronieren? Usw, usf.

    • Ralf 3. September 2019, 11:06

      Ich hab auch keine gute Antwort auf das Problem. Sicher sollten die Parteien nicht den Tod des Planeten riskieren, nur um ein nach rechts eierndes Elektorat im Osten happy zu machen. Aber eine Partei wie die CDU sollte die wirtschaftlichen Folgen der kommenden Transformationen stärker thematisieren und Lösungen für die vielen Menschen finden, die ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Das gilt auch nicht nur für die Folgen der Klimapolitik sondern auch für die Folgen der Digitalisierung, die beide voraussichtlich schwere Verwerfungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt anrichten werden. Es müssen Lösungen für die Menschen gefunden werden, die nicht “Hartz IV und tschüss” bedeuten. Darin liegt die Aufgabe einer konservativen Partei wie der CDU.

    • Stefan Sasse 3. September 2019, 13:04

      Solange die CDU eine vernünftige und verantwortungsvolle Partei bleibt – und daran besteht aktuell wenig Zweifel – gibt es diese Gefahr nicht. In dem Moment, wo Leute wie Maaßen plötzlich die Oberhand gewinnen und die CDU in eine deutsche Variante der Tories oder der Republicans verwandeln wollen, sieht die Lage düster aus.

      • Erwin Gabriel 3. September 2019, 15:22

        @ Stefan Sasse 3. September 2019, 13:04

        Solange die CDU eine vernünftige und verantwortungsvolle Partei bleibt – und daran besteht aktuell wenig Zweifel – gibt es diese Gefahr nicht.

        Das sehe ich eben nicht, oder wir haben grundlegend andere Vorstellungen von Vernunft und Verantwortung.

        Nenn mir mal ein großes Thema, bei dem die CDU in den letzten 15 Jahren erfolgreich war bzw. nicht gescheitert ist.

        • Ralf 3. September 2019, 19:08

          Nenn mir mal ein großes Thema, bei dem die CDU in den letzten 15 Jahren erfolgreich war bzw. nicht gescheitert ist.

          Wirtschaft, Arbeit, Wohlstand, Stabilität.

          Als vor 11 Jahren die globale Wirtschaft zu kollabieren und in der Bankenkrise unterzugehen drohte, als Länder wie die USA z.B. erbarmungslos in einen Abwärtsstrudel gerissen wurden, gelang es der Bundesrepublik mit Ruhe, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an die Erfordernisse durch das Debakel zu steuern. Wir kamen erfolgreicher und wohlhabender aus diesem Fiasko heraus als praktisch alle anderen großen Wirtschaftsnationen. Trotz der Bankenkrise und den damit verbundenen turmhohen staatlichen Ausgaben ist unsere Verschuldung moderat geblieben und die Investoren leihen Deutschland trotz Negativzinsen gerne Geld. Auch hier lohnt sich ein Blick ins Ausland, um festzustellen wie wenig selbstverständlich das ist. Im letzten Jahrzehnt hatten wir praktisch einen Dauerboom. Die Löhne zogen endlich nach langer Zeit wieder an. Wir hatten praktisch Vollbeschäftigung. In Deutschland gibt es sicherlich viele Baustellen, aber es ist nur fair festzustellen, dass es dem Land auch schon mal schlechter ging. Und vor allem ist die Bundesrepublik stabil. Einst mächtige Länder wie die USA oder Großbritannien werden derzeit von Clowns regiert und verlieren zunehmend an Einfluss. Und wohl auch bald an Wohlstand. Italien wurde von Rechtspopulisten an den Rand des Absturzes geführt. Frankreich wurde monatelang von gewaltsamen Protesten in Atem gehalten. Polen, Ungarn und die Türkei sind kaum mehr als Demokratien zu bezeichnen. An allen Ecken und Enden der Welt brennt es. Bei uns hingegen ist es ruhig. Die Mehrheit kommt über die Runden. Unser Land und speziell die Bundeskanzlerin sind geachtet in aller Welt.

          In welcher großen Wirtschaftsnation hättest Du denn in den letzten 15 Jahren lieber gelebt?

          • Erwin Gabriel 5. September 2019, 00:18

            @ Ralf

            Wirtschaft, Wohlstand, etc, Bankenkrise

            Da kannst Du Schröder, Müntefering und Steinbrück für danken.

            Bestenfalls hat sich die CDU nicht quergestellt

            • Ralf 5. September 2019, 00:27

              Deine These ist dann, dass Angela Merkel 15 Jahre lang nichts mit der Politik der Regierungen zu tun hatte, die sie leitete. Besonders überzeugend klingt das nicht. Und es passt auch nicht zu den solide hohen Beliebtheitswerten, die die Bundeskanzlerin über die letzten 15 Jahre hatte. Und zu ihrer Beinahe-Absoluten Mehrheit 2013.

              • Erwin Gabriel 5. September 2019, 19:07

                @ Ralf 5. September 2019, 00:27

                Deine These ist dann, dass Angela Merkel 15 Jahre lang nichts mit der Politik der Regierungen zu tun hatte, die sie leitete.

                Meine These ist, dass für die aktuell gute, stabile Wirtschaftslage – soweit die Gründe aus deutscher Politik abgeleitet werden können – in erster Linie die durch Schröder und Müntefering geprägten Hartz-IV-Reformen verantwortlich sind, genauso, wie „Konzept“ und „Vermarktung“ der „Bankenrettung“ durch Steinbrück erfolgte. Frau Merkel hat, gelinde gesagt, nicht im Weg herumgestanden (aber, wie ich zugebe, lief Letzteres unter einer Merkel-Regierung).

                Auf Frau Merkels Kappe sehe ich eher Energiewende, Griechenland-Rettung, Flüchtlingskrise, Ehe für alle. Man kann sich für jedes dieser Themen erwärmen, aber auch unter dieser Annahme sehe ich eher den guten Willen als die gute Umsetzung (selbst wenn die uncharmante Umsetzung der „Ehe für alle“ ausnahmesweise keine relevanten Auswirkungen hatte).

                Bei weiteren Themen (eher unbefriedigende Situation für Bildung, Kranken- und Altenpflege, schlechte Infrastruktur, Bundeswehr, Verkehr, Wohnungsnot etc) haben sicherlich Fachminister die Verantwortung gehabt, aber auch hier hat sich die Kanzlerin weitgehend rausgehalten.

                • Ralf 5. September 2019, 22:38

                  Ich glaube, Du bist da ein bisschen selektiv bei Deiner Auswahl bezüglich wer da für welches Projekt in der Großen Koalition verantwortlich war.

                  Als 2008 die Einlagensicherung verkündet wurde, traten Merkel und Steinbrück gemeinsam vor die Kameras. Und auch als eine Woche später die Bankenrettung erfolgte, agierten die Kanzlerin und ihr Finanzminister im Gleichschritt. Die Maßnahmen wurden im übrigen ausdrücklich von allen Parteien gestützt und mitgetragen – von der FDP bis hin zur LINKEN …

                  siehe z.B. hier: https://taz.de/500-Milliarden-Euro-zur-Bankenrettung/!5174408/

                  … In einem solchen Fall ist es dann einfach nicht ganz fair zu sagen, das sei alles Steinbrücks Privatprojekt gewesen, während Merkel nur zufällig im Raum stand und ihrem Minister nicht in die Arme fiel.

                  Was damals notwendig war, war schnell zu einer Einigung zu kommen, eine parteiübergreifende Koalition zu bauen, Zuversicht und Ruhe auszustrahlen und professionell zu agieren. Und als Regierungschefin hatte Merkel in letzter Instanz die volle Verantwortung für den Erfolg oder Misserfolg dieses Unterfangens. Stell Dir mal vor eine ähnliche Krise würde die USA unter Trump erschüttern. Oder Großbritannien unter Johnson. Oder Italien in seiner Salvini-Zeit.

                  Ähnliches lasst sich auch über andere Projekte der Großen Koalition sagen. Die Kurzarbeit hat Deutschland z.B. enorm geholfen die Bankenkrise zu überstehen und ist mit ein Hauptgrund dafür, dass wir so stark aus dem Debakel herausgekommen sind. So konnten Unternehmen auch in schweren Zeiten ihre Angestellten binden und umgehend den Vorwärtsgang einlegen, als die Wirtschaft wieder anzog. In den USA war so etwas z.B. nicht möglich. Da wurde „Sozialismus“ geschrieen und Hunderttausende verloren ihre Arbeit. Viele wurden obdachlos. Viele haben nie mehr den Weg zurück in ihr Leben gefunden. Dazu kamen kleinere Maßnahmen wie die Autoprämie. Auch die hat einer wichtigen Industrie in einer schweren Zeit die Absätze gesichert. Und als nach Auslaufen der Prämie im Inland die Autokäufe bei uns dramatisch zurückgingen (kein Wunder!), zogen gerade wieder die Absätze im Ausland an. Die Prämie baute den Unternehmen also eine Brücke bis wieder ein freundlicheres Umfeld herrschte. Alles das war sicherlich nicht nur die Kanzlerin alleine, aber eben doch auch die Kanzlerin.

                  Aber auch die Projekte, die Du „auf Merkels Kappe“ siehst, sind meines Wissens nach absolut im Konsens in der Großen Koalition getragen worden. Die Griechenlandrettung etwa. Da erinnere ich mich nicht, dass es da stark gegensätzliche Meinungen zwischen der Bundeskanzlerin und den SPD-Ministern gab. Und die Griechenlandrettung war auch tatsächlich alternativlos. Hätte man Griechenland fallen gelassen, wären auch Portugal, Spanien, Irland und Italien aus dem Euro gestürzt. Und in der kollabierenden Eurozone wäre Frankreich das nächste Ziel der Spekulanten gewesen. Deutschland ist in Europa aber der Hauptprofiteur des Euro. Wäre unsere Währung zerbrochen, hätte es statt Boom und Stabilität für uns Massenarbeitslosigkeit und Armut gegeben. Auch bei der Energiewende erinnere ich mich nicht, dass die SPD-Minister sich für den Erhalt der Atomkraft ausgesprochen hätten. Im Gegenteil. Die SPD war ja bereits zuvor schon einmal ausgestiegen und freute sich immens, dass die Konservativen im Zuge der Fukushima-Katastrophe, die der ganzen Welt vor Augen geführt hatte wie hochgefährlich diese Technologie war, nun endlich auch begriffen hatten, was getan werden musste.

                  Und die Ehe für alle, die Du Merkel ans Revers heftest, war ironischerweise nun tatsächlich ein reines SPD-Projekt. Siehe z.B. hier

                  https://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Die-Runde-geht-an-Martin-Schulz-aber–article19910235.html

                  Nun ist diese ganze Diskussion ein bisschen absurd für mich, denn ich bin nun eigentlich der letzte, der ein Fan der Bundeskanzlerin wäre. Und dass ich hier in der Rolle bin ständig die Kanzlerin meines politischen Gegners zu verteidigen, fühlt sich merkwürdig an. Mir fallen Dutzende handwerkliche Fehler ein, die die Regierungen der letzten 15 Jahre gemacht haben. Zu kritisieren gibt es weiß Gott genug. Und auch an der Flüchtlingspolitik, die Dir so übel aufstößt, gibt es viel zu bemängeln. Vieles hätte man besser machen können. Vieles hätte man besser machen müssen.

                  Aber trotzdem sollten wir nicht die Gesamtsituation aus den Augen verlieren. Und uns geht es gut. Uns geht es im Vergleich zu unseren Nachbarn und Partnern im Westen verdammt gut. In den USA ist die Gesellschaft völlig gespalten, an der Spitze des Landes steht ein seniler Clown, der sich für nichts interessiert außer Golf, der Supreme Court ist gefüllt mit Extremisten für die kommende Jahrzehnte, die Verschuldung steigt dramatisch, das Vertrauen des Volkes in das Parlament, in die Wissenschaft, in die Presse ist auf einem erschreckenden Tiefpunkt und an der Grenze werden Kinder in Käfige gesperrt, während die Regierung vor Gericht darum kämpft diesen Kindern keine Zahnpasta geben zu müssen. In Großbritannien ist die Parteienlandschaft ebenfalls zerfallen, drei politische Lager bekriegen sich auf’s Blut, das Land erstarrt im Stillstand, während die Wirtschaft einbricht, die Währung an Wert verliert und Investoren flüchten, das Gesundheitssystem kollabiert, dringend benötigte Arbeitskräfte wie Krankenschwestern und Ärzte verlassen das Land und Supermärkte und Apotheken warnen vor Nahrungsmittel- und Medikamentenknappheit. In Italien herrschte wiederum bis vor ein paar wenigen Tagen das totale Chaos. Rom war dabei der Europäischen Union den Krieg zu erklären, der Euro war in akuter Gefahr, das Land ist extrem überschuldet, die Dauerinstabilität der Politik und die lähmende Wirtschaft, die einfach nicht vorankommen will, hemmen jeden Fortschritt und der Innenminister zog im permanenten Wahlkampfmodus von Strand zu Strand, anstatt die zahlreichen Probleme anzugehen. In Frankreich brannten über Monate die Straßen. In Österreich zerfiel die Regierung in einem beispiellosen Korruptionsskandal. In den Niederlanden wäre ein Rechtsextremist fast Ministerpräsident geworden. Belgien und Frankreich wurden von schweren Terrorwellen getroffen, was sehr viel mit Jahrzehnten gescheiterter Integrations- und Sozialpolitik in diesen Ländern zu tun hat.

                  Dagegen geht es uns – bei allen berechtigten Klagen – vergleichsweise gut. Wir dürfen uns über Stabilität, eine solide Wirtschaft und fast Vollbeschäftigung freuen. Und die Polarisierung ist bei uns weit weniger drastisch als in anderen Ländern. Zu behaupten, die führende Politikerin an der Spitze des Landes würde seit 15 Jahren immer nur zufällig neben diesen Erfolgen stehen, greift aus meiner Sicht zu kurz.

                  • Stefan Pietsch 6. September 2019, 10:52

                    Nun ist diese ganze Diskussion ein bisschen absurd für mich, denn ich bin nun eigentlich der letzte, der ein Fan der Bundeskanzlerin wäre.

                    Ich denke, hier sind Sie nicht ehrlich. Sie waren in den letzten Jahren ein starker Verteidiger der Bundeskanzlerin und das ohne Not. Sie lobten sie in verschiedenen Aspekten und ich wüsste nicht, wo Sie zuletzt in klarer Opposition zur Kanzlerin gestanden hätten. Mehr noch, Sie zeigten sich stolz auf Deutschlands ultraliberale Zuwanderungspolitik. Erst als sich die Konflikte häuften und selbst Teile der LINKEN Zweifel beschlichen, passten Sie sich an. Genau das macht dann aber die Politik von Angela Merkel fragwürdig, wenn selbst ein tief links empfindender Mensch ihre Politik toll findet.

                    Die SPD war ja bereits zuvor schon einmal ausgestiegen und freute sich immens, dass die Konservativen im Zuge der Fukushima-Katastrophe, die der ganzen Welt vor Augen geführt hatte wie hochgefährlich diese Technologie war, nun endlich auch begriffen hatten, was getan werden musste.

                    Deswegen machte sich kein anderes Land die Hysterie der Deutschen zu eigen. Komische Argumentation. Anscheinend hat die Welt immer noch nicht begriffen…

                    Und uns geht es gut.

                    Auch das sagt die von Ihnen eigentlich präferierte Partei so nicht, im Gegenteil. Wobei ich inzwischen zweifle, dass Sie immer noch der LINKEN anhängen und nicht eher gewechselt sind. Aber das wissen Sie wenn am Besten.

                    Zu behaupten, die führende Politikerin an der Spitze des Landes würde seit 15 Jahren immer nur zufällig neben diesen Erfolgen stehen, greift aus meiner Sicht zu kurz.

                    Gute Politik wird von langen Linien geprägt. So kann ein Politiker eben von der guten Vorarbeit seiner Vorgänger verhältnismäßig lange profitieren, so lange er nicht selbst aktiv ins Räderwerk eingreift. Das ist weitgehend die Politik Angela Merkels gewesen. Das können Sie als Leistung abtun. Doch Fakt ist auch: Immer, wenn die langjährige CDU-Vorsitzende aktive Sachpolitik betrieb, gings schief. So war’s bei der Einführung des Gesundheitsfonds 2006, ein Projekt, das das Kanzleramt an sich gezogen hatte. Nach dem Desaster präsidierte Merkel weitgehend und überließ die Sachpolitik Vertrauten. Bis die Flüchtlingskrise kam und auch da konnten wir großes Missmanagement bis hin zu Nichtstun beobachten. Und wieder hatte das Bundeskanzleramt eine Sachfrage an sich gezogen.

                    Ihre Vorgänger waren da weit besser, ob sie Kohl oder Schröder oder Schmidt hießen. Mir ist kein Spitzenpolitiker erinnerlich, der sich über eine so lange Zeit seines politischen Wirkens so passiv verhalten hat.

                    Selbst bei der Auswahl ihrer Nachfolgerin zeigte Merkel kein Fortüne. Kramp-Karrenbauer zeigt Tag für Tag, dass die Bundespolitik für sie mindestens zwei Nummern zu groß ist. Davon konnten sich Millionen von Fernsehzuschauern gestern bei Maybrit Illner überzeugen. Eine Schlaftablette erzeugt nicht eine solche Wirkung wie die aktuelle CDU-Vorsitzende.

                    • Stefan Sasse 6. September 2019, 13:15

                      Wir haben keine ultraliberale Zuwanderungspolitik. Das ist genauso Blödsinn wie das quatschige Narrativ vom „Grenzen öffnen“. Wir haben maximal eine liberale Flüchtlingspolitik. Aber Zuwanderung? Oder Asyl? Das ist ultrarestriktiv.

                    • Stefan Pietsch 6. September 2019, 15:07

                      Es ist zweifellos ultraliberal, Einwanderer unbekannter Zahl ohne jede Kontrolle von Ausweispapieren ins Land zu lassen. Was wäre denn sonst ultraliberal?

                    • Stefan Sasse 6. September 2019, 16:18

                      Es. Sind. Keine. Einwanderer. Sondern. Flüchtlinge.

                    • Ralf 6. September 2019, 15:25

                      Sie machen den selben Fehler, der Ihnen stets an dieser Stelle passiert. Sie setzen eine Sonderregelung in einer ungewöhnlichen Situation bedingt durch eine akute Krise mit dem Normalzustand gleich. Und wundern sich dann, dass dieser “Normalzustand” in einer Normallage irgendwie unpassend zu sein scheint.

                      Um Ihnen eine Analogie anzubieten: Ihr Argument ist in etwa so, als wenn Sie aus der Tatsache, dass ein Polizeiauto im Notfall mit Blaulicht über rote Ampeln und mit Tempo auf dem Standstreifen vorbei an Staus fahren darf schließen, dass in Deutschland die Verkehrsregelungen generell ultraanarchisch seien und grundsätzlich niemand irgendwelche Regeln zu beachten hat.

                    • Stefan Pietsch 6. September 2019, 15:36

                      Wir haben das oft ausgiebig diskutiert: der Notzustand, so es einen wirklich gab, wurde bis weit in das Jahr 2016 ausgedehnt. Die Bundesregierung musste erst durch Drohung einer Verfasssungsklage und durch Wahlniederlagen gezwungen werden, von ihrer „Notfall-Politik“ abzugehen.

                      Für Ihre Analogie: niemand hat etwas dagegen, wenn Polizisten bei Gefahr in Verzug mit Blaulicht durch die Gegend rasen. Wenn sie das jedoch wochenlang ununterbrochen tun und der Zustand sich erst dann ändert, wenn zahlreiche Anzeigen bei den Gerichten eingegangen und zahlreiche Unfälle unter Beteiligung von Verkehrsregeln missachtenden Polizeiwagen passiert sind, stimmt halt eben etwas nicht.

                    • Stefan Sasse 6. September 2019, 16:27

                      Kannst du da kurz ein paar Stichworte geben, woran du das festmachst? Also die entsprechenden Klagen (so sie erfolgreich waren)? Mir wäre neu, dass es da eine rechtliche Feststellung gegeben hätte.

                    • Stefan Pietsch 6. September 2019, 16:34

                      Der Freistaat Bayern bereitete Anfang 2016 auf Basis eines Gutachtens des ehemaligen Verfassungsrichters di Fabio eine Klage in Karlsruhe vor. Zudem gab es meiner Erinnerung nach den Antrag, dass die Landesregierung selbst den Grenzschutz organisiert. Zwischen Bundesregierung und bayrischer Staatsregierung gab es dann ein Agreement, wonach der Grenzschutz wieder normalisiert wurde und Bayern im Gegenzug auf eine Klage verzichtete. Seehofer zeigte sich damals „erleichtert“.

                    • Stefan Sasse 6. September 2019, 17:01

                      Ein Gutachten macht keinen Sommer. Du wirfst mit großen Worten um dich, aber letztlich erzählst du auch nur eine Story. Weder gab es eine „Normalisierung“ – die bayrischen Show-Grenzkontrollen waren ein eklatanter Verstoß gegen den Geist von Schengen und stellten somit nichts Normales, sondern vielmehr einen Ausnahmezustund dar. Deine starken Begrifflichkeiten suggerieren Gesetzeslosigkeit, wo keine bestand.

                    • Stefan Pietsch 6. September 2019, 16:40

                      Wenn ich eine Grenze überschreite, wandere ich in dem Moment ein. Ob als Flüchtling, Tourist oder Steueroptimierer ist erstmal egal.

                    • Stefan Sasse 6. September 2019, 17:00

                      Das ist kompletter Unfug. Worte haben eine Bedeutung. Unternehmer und Räuber nehmen auch erst mal in dem Moment Geld, ohne dass die Unterscheidung egal wäre. Das sollte ausgerechnet einem so auf korrekte Begrifflichkeiten und Rechtsstaatlichkeit wie dir bedachten Menschen einleuchten.

                    • Ralf 6. September 2019, 16:53

                      Der Begriff “einwandern” bedeutet, dass man kommt um zu bleiben. Das ist bei Touristen nie der Fall. Und bei Flüchtlingen ist es seltener der Fall als etwa bei Arbeitsmigranten.

                    • Stefan Pietsch 6. September 2019, 17:07

                      Das Gutachten wurde beauftragt, um eine Klage vorzubereiten. Das ist die Grundlage. Eine Klage galt für nicht wenige Grundgesetzkommentatoren als aussichtsreich. Letztendlich wurde die Frage politisch entschieden.

                      Es ändert aber nichts daran, dass die Bundesregierung Grenzkontrollen erst auf externen Druck wie der Drohung mit Verfassungsklage und den im Frühjahr erfolgten Wahlniederlagen einsetzte.

                      Über ein halbes Jahr lang hatte man den Notfall zum Normalzustand erklärt. Darum ging es.

                    • Stefan Sasse 6. September 2019, 21:24

                      Ich muss übersehen haben, dass wir seither durch massive Grenzkontrollen einen „Normalzustand“ hergestellt haben. Denn die gibt es weiterhin nicht, wie seit 1995 nicht mehr.

                    • Stefan Pietsch 6. September 2019, 17:12

                      @Ralf @Stefan

                      Leute, Leute, welche Rauchbomben werft Ihr denn?

                      Es ist zweifellos ultraliberal, Einwanderer unbekannter Zahl ohne jede Kontrolle von Ausweispapieren ins Land zu lassen. Was wäre denn sonst ultraliberal?

                      Es ändert sich materiell an der Aussage wenig, wenn das Wort „Einwanderer“ durch „Flüchtlinge“ ersetzt wird. Unkontrolliert überschreiten Personen die Landesgrenze. Das ist für jedes Land ein grundsätzliches Problem.

                    • Stefan Sasse 6. September 2019, 21:24

                      Das ändert eine Menge. Du bist der Rauchbombenwerfer. Aus welchen Gründen die Leute kommen ist wichtig.

                    • Ralf 6. September 2019, 17:31

                      Es ändert sich materiell an der Aussage wenig, wenn das Wort „Einwanderer“ durch „Flüchtlinge“ ersetzt wird. Unkontrolliert überschreiten Personen die Landesgrenze. Das ist für jedes Land ein grundsätzliches Problem.

                      Vieles kann für ein Land zum Problem werden. Deshalb sollte man trotzdem nicht alle ungleichen Herausforderungen in den selben Topf werfen.

                      Und materiell ändert sich Erhebliches, wenn man das Wort “Einwanderer” durch das Wort “Flüchtlinge” ersetzt. In ersterem Fall ist klar, dass die Personen permanent im Land bleiben werden, ohne dass die Erwartung (oder Pflicht) besteht, dass die Betroffenen wieder heimkehren. In letzterem Fall ist die Default-Annahme, dass die Mehrheit der über die Grenze Gelangten auch wieder zurückreisen wird, wenn ihre Heimat befriedet ist. Diese Default-Annahme kann sich im Laufe der Zeit ändern, wenn langfristige Hinderungsgründe für eine Rückführung bestehen oder wenn Deutschland Interesse an der permanenten Einbürgerung eines Teils der Betroffenen entwickelt (z.B. weil diese eine Ausbildung abgeschlossen haben, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt benötigt wird oder weil sie nach langer Zeit gut integriert und in der deutschen Gesellschaft verwurzelt sind). Aber das wird immer nur einen Teil der Menschen betreffen und mit Sicherheit sehr viel weniger als 100%.

                    • Ralf 6. September 2019, 22:15

                      Kramp-Karrenbauer zeigt Tag für Tag, dass die Bundespolitik für sie mindestens zwei Nummern zu groß ist. Davon konnten sich Millionen von Fernsehzuschauern gestern bei Maybrit Illner überzeugen. Eine Schlaftablette erzeugt nicht eine solche Wirkung wie die aktuelle CDU-Vorsitzende.

                      Oh mein Gott! Das schaue ich mir gerade an. Das kann man ja wirklich nur in Etappen ertragen.

                      Als politischer Gegner drücke ich Frau Kramp-Karrenbauer ganz fest die Daumen, dass es mit der Nominierung zur Kanzlerkandidatin klappt … 😛

                    • Stefan Pietsch 6. September 2019, 22:45

                      Okay, wenigstens einmal wieder einer Meinung. 🙂

                      Ich hatte AKK lange nicht mehr live und ungeschnitten gesehen. Gestern war ein Desaster. Die Frau ist vielleicht gut im Saarland aufgehoben, aber sicher nicht in der Bundespolitik. Und man darf schon fragen, wie Merkel und die CDU-Funktionäre auf die Idee kommen konnten, eine solche Politikerin ohne jede Ausstrahlung an die Spitze zu bringen. Schlimm!

                      Dazu passt, dass ihre Umfragewerte desaströs sind. Ihre Zustimmungswerte in der Bevölkerung sind so, dass sie eine 7%-Partei anführen könnte, mehr aber nicht.

                    • Erwin Gabriel 9. September 2019, 12:39

                      @ Stefan Sasse 6. September 2019, 13:15
                      Wir haben keine ultraliberale Zuwanderungspolitik. Das ist genauso Blödsinn wie das quatschige Narrativ vom „Grenzen öffnen“.
                      Es gab eine Vorgabe, alle aus Syrien ohne Kontrolle einzulassen. Damit konnte jeder unkontrolliert rein, wenn er nur vorgab, aus Syrien zu kommen.

                      Aber Zuwanderung? Oder Asyl? Das ist ultrarestriktiv.
                      Dann schau Dir mal die Einwanderungspolitik der USA, Kanada, Australien, Singapur an.

                      @ Ralf 6. September 2019, 15:25
                      Sie setzen eine Sonderregelung in einer ungewöhnlichen Situation bedingt durch eine akute Krise mit dem Normalzustand gleich.
                      Auch wenn man Flüchtlinge aufnimmt, sollte man grundsätzlich ihre Personalien erfassen, bringt sie erst mal an einem bestimmten Ort unter, und schaut dann weiter. Man hat weder Daten aufgenommen noch darauf geachtet, dass sie blieben, wo sie waren. Das war in jedem Falle falsch.

                      @ Stefan Sasse 6. September 2019, 17:01
                      Die bayrischen Show-Grenzkontrollen waren ein eklatanter Verstoß gegen den Geist von Schengen und stellten somit nichts Normales, sondern vielmehr einen Ausnahmezustand dar.
                      Sorry – dummes Zeug. Der Verstoß gegen den „Geist von Schengen“ waren die Flüchtlingsströme aus Syrien und Afrika. Das Schengen-Abkommen soll innereuropäische Freizügigkeit zwischen den teilnehmenden Ländern regeln, keine Flüchtlingsströme, keine Zuwanderung.

                      @ Stefan Sasse 6. September 2019, 21:24
                      Aus welchen Gründen die Leute kommen ist wichtig.
                      @ Ralf 6. September 2019, 17:31
                      … materiell ändert sich Erhebliches, wenn man das Wort “Einwanderer” durch das Wort “Flüchtlinge” ersetzt.
                      Unabhängig von den Gründen sollten die Personalien jeder Person, ob Flüchtling oder Zuwanderer, registriert werden – erst recht, wenn es materielle Unterschiede gibt.

                    • Stefan Sasse 9. September 2019, 17:47

                      Schau dir mal Einwanderung nach Deutschland an. Die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben ist ein Riesenaufwand.

                    • Erwin Gabriel 12. September 2019, 13:33

                      @ Stefan Sasse 9. September 2019, 17:47

                      Schau dir mal Einwanderung nach Deutschland an. Die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben ist ein Riesenaufwand.

                      Ist zumindest viel Bürokratie – ja. Aber es ist vergleichsweise einfach, einen Aufenthaltstitel zu bekommen und Hartz-IV zu erhalten. Von denen, die abgelehnt werden, kann warum auch immer nur ein kleiner Teil zurückgeschickt werden.

                      Mag sein, dass andere Länder weniger Bürokratie haben. Aber diese Länder haben klare regeln, und wer nicht unter diesen regeln bleiben darf, fliegt ohne wenn und aber raus.

                    • Ralf 12. September 2019, 13:45

                      Mag sein, dass andere Länder weniger Bürokratie haben. Aber diese Länder haben klare regeln, und wer nicht unter diesen regeln bleiben darf, fliegt ohne wenn und aber raus.

                      Du übersiehst hier elegant, dass es Gründe dafür gibt, dass viele Menschen bei uns nicht einfach “rausfliegen” können.

                      So dürfen wir beispielsweise nicht abschieben in Länder, in denen den Betroffenen Tod oder Misshandlung droht. Würde des Menschen und so weiter. Möchtest Du das Grundgesetz diesbezüglich ändern?

                      Außerdem nehmen viele Länder in Afrika zum Beispiel ihre Geflohenen nicht mehr zurück. Möchtest Du mit militärischen Mitteln einen Brückenkopf in diesen Ländern erobern, um Abzuschiebende dort abladen zu können? Oder welche anderen Wege schlägst Du vor, um Kooperation in diesen Fällen zu erzwingen? Was wenn diese Wege fehlschlagen, was realistisch ist, denn die europäischen Regierungen verhandeln ja bereits seit Jahren?

                      Und was machen wir in den Fällen, in denen sich die Nationalität der Abzuschiebenden nicht ermitteln lässt? Welches Land zwingen wir die aufzunehmen, damit sie bei uns “rausfliegen” können?

                    • Erwin Gabriel 13. September 2019, 10:29

                      @ Ralf 12. September 2019, 13:45

                      Du übersiehst hier elegant, dass es Gründe dafür gibt, dass viele Menschen bei uns nicht einfach “rausfliegen” können.

                      Dass ich irgendetwas mit Eleganz mache, wäre mir neu.

                      Ich übersehe nicht, ich nehme realitäten zu Kenntnis, die Du übersiehst. Ich rede nicht von Asyl, ich rede nicht von subsidiären Schutz. Ich rede vom Rest. Habe ich die letzten Jahre hier immer wieder deutlich gemacht.

                      Ich habe mich vor zwei Tagen mit einer Grünen-Wählerin unterhalten. Ihr Standpunkt war, jeden, der anklopft, hineinzulassen. Ich fragte, warum. Sie sagte, dass sie angesichts der Einzelschicksale niemandem ins Gesicht sehen und „Du nicht“ sagen könne. Ich fragte, ob sie denn jemandem ins Gesicht sehen und ihm sagen könne, dass er jetzt dafür aufkommen müsse. Konnte sie natürlich auch nicht. Deswegen sei sie nicht in der Politik, erklärte sie. Wasch‘ mich, aber mach‘ mich nicht nass dabei – irgendwo werden der Wohnraum, das Geld, die Betreuer schon kommen.

                      Außerdem nehmen viele Länder in Afrika zum Beispiel ihre Geflohenen nicht mehr zurück. Möchtest Du mit militärischen Mitteln einen Brückenkopf in diesen Ländern erobern, um Abzuschiebende dort abladen zu können?

                      Nein. Ich möchte einen militärischen Brückenkopf in den Wohnzimmern von Dir und Deinesgleichen, um die Leute dort unterzubringen. Ich würde mir wünschen, dass Leute wie Du und Deinesgleichen selbst die Verantwortung für ihre Wünsche, Forderungen und Entscheidungen übernehmen, selbst die Folgen tragen, anstatt die Lasten irgendjemandem aufzubürden, den man schnell vorher noch zum ‚Reichen‘ deklariert.

                      Abgesehen davon verstehe ich diese Länder. Sie sind ein Problem los, das wir nun haben.

                      Und was machen wir in den Fällen, in denen sich die Nationalität der Abzuschiebenden nicht ermitteln lässt? Welches Land zwingen wir die aufzunehmen, damit sie bei uns “rausfliegen” können?

                      Erst gar nicht reinlassen. Der Betreffende bleibt, wenn es nicht anders geht, in einem exterritorialen Lager, bis alles geklärt ist. Lässt es sich nicht klären (was immer auch an demjenigen selbst liegt), bleibt er dort. Macht er nachweislich falscher Angaben, war es das.

                      Die Zahl der Leute, die Anspruch auf Asyl nach europäischem Recht haben, überschreitet die Bevölkerung von Europa um den Faktor 2. Wenn man bestimmte Leute hier hereinlassen oder hierbehalten möchte, muss man Regeln definieren. Regeln, die in der Theorie ermöglichen, dass hier die doppelte EU-Bevölkerung Asyl, Schutz oder Aufenthalt erzwingen kann, funktionieren nicht. Regeln, die theoretisch einer so großen Zahl von Flüchtlingen hier Platz gewähren, dass sich unsere Gesellschaft in kürzester Zeit massiv verändert, dass viele hier enorme Nachteile zu erleiden haben (in Kitas und Schulen, besonders in den Städten, geht es schon los), funktionieren nicht.

                      Und solange Du und Deinesgleichen keine mehrheitsfähigen Problemlösungen vorzeigen, sondern nur mit wohlfeilen Worten Wunschvorstellungen und Träumereien herbeten, solange Ihr immer auf andere zeigt, wenn es um das Lösen dieser Probleme geht, kann ich Eure Vorstellungen nicht ernst nehmen.

                  • Stefan Pietsch 6. September 2019, 18:01

                    Also, wer nach eigenen Angaben vor Krieg und Hunger flieht, hat an der Grenze im Zweifel geringere Kontrollen zu vergegenwärtigen als jemand, der bei Einreise die Absicht hat, dauerhaft im Land zu bleiben. Das ist wohl politischer Slapstick, was Sie da sagen. Bei der Einreise lässt sich nicht sagen, aus welchen objektiven Gründen jemand die Grenze überschreiten will: zum Urlaub machen, Komasaufen, aus Angst oder weil’s so toll ist.

                    Was macht eigentlich der Flüchtling, der es sich nach vereinfachter Einreise anders überlegt und eventuell doch dauerhaft bleiben möchte? Zurück zur Grenze, Pass gezückt und erklärt: „Ich möchte immigrieren“?

                    • Ralf 6. September 2019, 18:20

                      Keine Ahnung wen Sie da konkret ansprechen, da sich hier niemand dahingehend geäußert hat, dass ständig immer offene Grenzen herrschen sollten, für jeden der irgendwelche Gründe hat gerne nach Deutschland emigrieren zu wollen. Sie unterhalten sich da weitestgehend mit sich selbst, indem Sie mal wieder einen Standpunkt konstruieren, den keiner vertritt und anschließend erklären, wieso dieser Standpunkt unsinnig ist.

                      Zu Ihrem Problem was der Flüchtling macht, der sich nach der Einreise überlegt, dass er gerne längerfristig bleiben möchte: Der stellt einen entsprechenden Antrag und muss dann hoffen, dass dieser Antrag positiv beschieden wird. Wer eine permanente Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland bekommt und wer nicht, entscheiden unsere Behörden. Nicht wie Sie vermuten der Antragsteller.

                    • Stefan Sasse 6. September 2019, 21:25

                      Zum Immigrieren muss ich mich Kontrollen unterwerfen, Anträge ausfüllen, Tests machen und und und. Wenn ich flüchte muss ich das alles nicht. Um deine Frage zu beantworten, was der Flüchtling macht: er stellt Anträge. Und die werden wegen unserer sehr restriktiven Einwanderungspolitik vermutlich abschlägig beschieden.

                    • Erwin Gabriel 13. September 2019, 10:35

                      @ Ralf 6. September 2019, 18:20

                      Keine Ahnung wen Sie da konkret ansprechen, da sich hier niemand dahingehend geäußert hat, dass ständig immer offene Grenzen herrschen sollten, für jeden der irgendwelche Gründe hat gerne nach Deutschland emigrieren zu wollen.

                      Dummes Zeug. Das wurde hier oft genug vertreten und oft genug verteidigt, als die Grenzen offen waren.

                      Wer eine permanente Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland bekommt und wer nicht, entscheiden unsere Behörden. Nicht wie Sie vermuten der Antragsteller.

                      Hängt vom Herkunftsland ab, hängt oft von den Unterstützern ab und von der Zeit, die sich der Betreffende hier mit Hilfe von Anwälten erzwingen kann.

                      Es ist nicht so, dass wir klare, eindeutige Gesetze haben, die klar ausgelegt und einheitlich angewandt werden.

                  • Erwin Gabriel 9. September 2019, 12:12

                    @ Ralf 5. September 2019, 22:38

                    In einem solchen Fall ist es dann einfach nicht ganz fair zu sagen, das sei alles Steinbrücks Privatprojekt gewesen, während Merkel nur zufällig im Raum stand und ihrem Minister nicht in die Arme fiel.

                    Das Konzept kam von Steinbrück; der Kanzlerin fehlt in diesen Dingen schlicht die Kompetenz; und ja, sie war klug genug (=kein Zufall), nicht im Weg herumzustehen. Und natürlich ist es besser, wenn solch ein Vorschlag aus linker Ecke kommt (ein Projekt wie die ‚Ehe für alle‘ hatte auch dadurch bessere Chancen, dass es von der Kanzlerin initiert wurde)

                    Und als Regierungschefin hatte Merkel in letzter Instanz die volle Verantwortung für den Erfolg oder Misserfolg dieses Unterfangens.

                    Ja. Und?

                    Stell Dir mal vor eine ähnliche Krise würde die USA unter Trump erschüttern. Oder Großbritannien unter Johnson. Oder Italien in seiner Salvini-Zeit.

                    Du unterschätzt die Populisten. Bei allen schlechten Manieren – die sind nicht nur blöd.

                    Alles das war sicherlich nicht nur die Kanzlerin alleine, aber eben doch auch die Kanzlerin.

                    Das bestreite ich nicht. Ich sehe aber, welche Projekte sie selbst mit angetrieben hat (u.a. Griechenland-Rettung, Kompetenzen nach Europa, Ehe für alle, Flüchtlingskrise, Atom-Wiederein- und Wiederausstieg), und bei welchen Sie sich treiben lässt bzw. nicht aktiv agiert (Umsetzung Agenda 2010, Bankenrettung, Null-Zins-Politik, Verhinderung Brexit, Zustand Infrastruktur, Bundeswehr etc.).

                    Und die Griechenlandrettung war auch tatsächlich alternativlos.

                    Nichts ist alternativlos. Und selbst eine richtige Lösung kann man schlecht umsetzen, was Griechenland-Rettung, Energiewende, Atom-Aus- und Wiedereinstieg beweisen.

                    Auch bei der Energiewende erinnere ich mich nicht, dass die SPD-Minister sich für den Erhalt der Atomkraft ausgesprochen hätten. Im Gegenteil. Die SPD war ja bereits zuvor schon einmal ausgestiegen.

                    Nun ja, lassen wir die Unterschiede zwischen einer ‚gefährlichen Technologie‘ und einem ‚gefährlichen Atomkraftwerk‘ á la Fukushima mal beiseite – ich will nicht kleinlich sein.

                    Die Schröder/Trittin-Lösung war von gewisser Eleganz, in Abstimmung mit den Stromerzeugern entwickelt, und bot für die großen Stromerzeuger genug Spielraum für einen halbwegs schmerzfreien Ausstieg, für die kleinen Stromerzeuger genügend Zeit und Spielraum, um innovative Ideen zu entwickeln.

                    Der Widereinstieg von Frau Merkel hat bei den großen Anbietern ein gewisses Chaos ausgelöst, da man schon in die andere Richtung unterwegs war; sicherlich ein verschmerzbares Chaos, da der Atomstrom eben auch gute Verdienstmöglichkeiten bot. Aber viele kleine innovative und progressive Projekte fuhren krachend an die Wand; viele kleinere Unternehmen gingen Pleite, viele Startups scheiterten, viele Kommunen verloren Millionen.

                    Dann der neue Umschwung lässlich der Katastrophe in Fukushima bzw. anlässlich der Landtagswahl in Baden-Württemberg. Jetzt brach in den großen Unternehmen das große Chaos aus, und kostete dort Zehntausende von Arbeitsplätzen.

                    Man mag das Ergebnis „Atomausstieg“ goutieren, aber ich kann mir kaum ein Szenario vorstellen, dass finanziell schädlicher hätte sein können. Und das beste: Frankreich und Tschechien bauten neue AKWs an unsere Grenzen, um uns mit Strom zu versorgen, den wir selbst nicht mehr produzieren konnten. Die Atom-Gefahr hat sich dadurch für unser Land also eher verstärkt.

                    Und die Ehe für alle, die Du Merkel ans Revers heftest, war ironischerweise nun tatsächlich ein reines SPD-Projekt.

                    Unbestritten. Aber durchgesetzt hat es Frau Merkel, um im bevorstehenden Wahlkampf den Grünen (die mit ‚bunter‘ Gesellschaft deutlich mehr hätten punkten können als die alte Tante SPD) ein Thema zu klauen – selbst wenn Sie nach entsprechendem Tamtam selbst dagegen stimmte.

                    Ich habe nie bestritten, dass Frau Merkel eine exzellente Politikerin ist. Aber diese Fähigkeit hat nichts mit guten Ergebnissen zu tun.

                    Aber trotzdem sollten wir nicht die Gesamtsituation aus den Augen verlieren. Und uns geht es gut.

                    Zu behaupten, die führende Politikerin an der Spitze des Landes würde seit 15 Jahren immer nur zufällig neben diesen Erfolgen stehen, greift aus meiner Sicht zu kurz.

                    Unbestritten, uns geht es gut. Aber nicht, weil Merkel eine gute Politik entwickelt hat und umsetzt. Es liegt meiner Wahrnehmung nach an einer Melange aus der Agenda20 der SPD, aus der braven Bürgerlichkeit des größten Teils unserer Bevölkerung, und an der wirtschaftlichen Struktur, die von familiären, mittelständischen Unternehmen geprägt ist.

                    Da kann man viel weiterführen und viel kaputtmachen. Frau Merkel hat beides nicht geleistet, steht aber eher auf der Soll- als auf der Haben-Seite.

                    Was mich wurmt: Alle wirtschaftlichen Indizes weisen seit Monaten stark nach unten, was an vielen Gründen (Versäumnisse und – bis vor kurzem – Stagnation in Deutschland, Stress in Europa, Brexit, Handelskonflikt mit China) liegt. Für den USA-China-Konflikt kann Frau Merkel nichts, aber an der Spaltung Europas (und der Spaltung hier bzw. dem Erstarken der AfD) hat sie kräftig mitgewirkt.

                    Auswirken wird es sich erst, wenn sie abgetreten ist; so, wie sie die Ernte von Schröders und Münteferings Politik einfährt, wird sich ihr(e) Nachfolger(in) für die Folgen von Merkels Politik verantworten müssen.

                    Nun ist diese ganze Diskussion ein bisschen absurd für mich, denn ich bin nun eigentlich der letzte, der ein Fan der Bundeskanzlerin wäre. Und dass ich hier in der Rolle bin ständig die Kanzlerin meines politischen Gegners zu verteidigen, fühlt sich merkwürdig an.

                    Ich war früher SPD- und, solange er Kanzler war, Schröder-Fan, wurde von Dir aber schon des Öfteren in Nazi-Nähe gerückt. Du wiederum bist erklärter Linker und verteidigst Frau Merkel. Irgendwas machst Du offenbar falsch.

                • Stefan Sasse 6. September 2019, 10:15

                  Merkels größtes Verdienst ist glaube ich, kein Desaster verbrochen zu haben. Was bei der langen Regierungsdauer echt nicht einfach ist, auch wenn man das krisenhafte Umfeld bedenkt. Große Würfe, Visionen oder Fortschritt hat man ihr noch nie wirklich unterstellen wollen.

                  • Erwin Gabriel 9. September 2019, 14:51

                    @ Stefan Sasse 6. September 2019, 10:15

                    Merkels größtes Verdienst ist glaube ich, kein Desaster verbrochen zu haben.

                    Zumindest bei Flüchtlingspolitik/AfD und Energiewende ist meiner Meinung nach noch nicht genug Zeit ins Land geschritten, um das abschließend beurteilen zu können.

                    Was bei der langen Regierungsdauer echt nicht einfach ist, auch wenn man das krisenhafte Umfeld bedenkt.

                    Wenn Du damit sagen willst, dass es hätte schlimmer kommen können – kann es immer, also Zustimmung.

                    Große Würfe, Visionen oder Fortschritt hat man ihr noch nie wirklich unterstellen wollen.

                    Willi Brandt hatte im kalten Krieg die Ostpolitik geändert und die Entspannung eingeleitet. Helmut Schmidt hatte mit dem extremen Druck durch linken Terror oder mit der nacjhrüstungsdebatte dicke Brocken auf dem Tisch und sie bewältigt. Helmut Kohl war, was das Phlegma oder auch die Befindlichkeit der Bevölkerung anging, noch am ehesten mit Frau Merkel vergleichbar; als ihm die Revolte im Osten vor die Füße fiel, schaffte er in kürzester Zeit gegen alle nationalen und internationalen Widrigkeiten die Deutsche Einheit. Schröder stärkte Staat und Wirtschaft mit der Agenda 2010.

                    Seit den 70ern haben wir permanent Druck auf dem Kessel, und jeder Kanzler seitdem hat Visionen umgesetzt, Fortschritte angestrebt, war gezwungen, große Probleme mit großen Würfen zu lösen. Wie bei ihren Vorgängern poppte auch bei Frau Merkel die eine oder andere Krisensituation auf. Sie hat sie entweder schlecht gelöst, oder gar nicht erst angenommen.

                    Wenn Du nun sagst, dass man das auch nicht von ihr erwarten kann, hast Du meine Beschwerden mal wieder besser auf den Punkt gebracht als ich. Denn genau das ist mein Vorwurf.

                    • Stefan Sasse 9. September 2019, 17:57

                      Fair point.

                      Das will ich sagen, ja.

                      Ich hab das auch lange kritisiert. Aber eines dürfte unbestritten sein: durch praktisch ihre ganze Amtszeit hindruch hat sie damit den Willen einer breiten Mehrheit umgesetzt. Ihre hohen Zustimmungswerte kommen ja nicht von ungefähr. So sehr du und ich das auch beklagen mögen.

                    • Erwin Gabriel 12. September 2019, 13:49

                      @ Stefan Sasse 9. September 2019, 17:57

                      … eines dürfte unbestritten sein: durch praktisch ihre ganze Amtszeit hindruch hat sie damit den Willen einer breiten Mehrheit umgesetzt.

                      Wenn Du in ein Restaurant gehst, auf dessen Speisekarte fünf Gerichte stehen, wirst Du Dir eines davon aussuchen und das Restaurant danach beurteilen, ob Dir dieses Gericht geschmeckt hat.

                      Vielleicht hätten Dir andere gerichte noch besser geschmeckt, aber weil die nicht auf der Speisekarte standen, kommst Du gar nicht auf den Gedanken.

                      Eine jede politische Entscheidung hat ihren Erfolg und ihren Preis. Frau Merkel will keinerlei Preis bezahlen, und hat deswegen keine Erfolge. Das werden am Schluß 16 Jahre großes, graues Nichts gewesen sein, vertane Chancen, mit hinterlassenen Politikruinen so groß wie Berlin Brandenburg.

                      Seit Jahrzehnten hat man die Infrastruktur vernachlässigt. Jetzt erst packt man an, hat über die nächsten 50 – 100 Jahre Baustellen, enorme Verkehrsbehinderungen, schwere wirtschaftliche und ökologische Schäden durch Staus, durch Umfahrungen, längere Wege, längere Fahrzeiten.

                      Was glaubst Du, was in zehn Jahren passiert, wenn die Babyboomer in Rente gehen, wenn die Zahl der Betreuungs- und Pflegefälle explodiert, aber weder Heimplätze ncoh Pflegepersonal zur Verfügung stehen?

                      Was glaubst Du, was in zehn Jahren los sein wird, wenn ein Großteil der heutigen Kinder und Jugendlichen aufgrund von gesetzlichen, sprachlichen und kulturellen Problemen ohne Schulabschluss auf der Straße stehen?

                      Was glaubst Du, was in den Städten passieren wird, wenn die Landflucht weiter anhält und der Staat mit dem Wohnungsbau nicht hinterherkommt? Was passiert mit der verbliebenen Landbevölkerung?

                      Steht alles nicht auf der Speisekarte …

                    • Stefan Sasse 12. September 2019, 16:56

                      Es ist, wie ich schon oft geschrieben habe, auch Aufgabe des Souveräns, Forderungen für die Speisekarte zu stellen. Ich stimme dir in allen deinen Punkten zu. Aber es gibt dafür einfach keine Interessengruppen.

                    • Erwin Gabriel 13. September 2019, 10:44

                      @ Stefan Sasse 12. September 2019, 16:56

                      Es ist … auch Aufgabe des Souveräns, Forderungen für die Speisekarte zu stellen.

                      Zustimmung

                      Aber es gibt dafür einfach keine Interessengruppen.

                      Das ist schlicht nicht wahr, die gibt es. Gab es damals gegen die geöffneten Grenzen, gibt es gegen die grauenhafte Null-Zins-Politik, die Besitzende reich und Sparer arm macht. Gibt es immer, zu jedem Thema.
                      Die werden halt entweder ignoriert oder arrogant weggebügelt

                    • Stefan Sasse 13. September 2019, 12:45

                      Wieso? Alle Parteien mit Ausnahme der LINKEn haben die Bedenken aufgenommen und thematisieren seither, wie die Grenzen der EU gesichert werden könnten. Das Thema wird hoch und runter diskutiert. Man muss schon ziemlich verrannt sein, um sich da noch nicht ernstgenommen zu fühlen. Die Nullzinspolitik wird permanent kritisiert, von der CDU, von der Springer-Presse, von der FDP sowieso, selbst von der beknackten SPD. Auch da muss man schon echt verblendet sein, sich in Deutschland als Minderheit zu betrachten.

          • popper 6. September 2019, 13:58

            An diesem Kommentar ist so gut wie alles zweckoptimistisches Gerede, bis hin zu nicht nachvollziehbaren Fehlinterpretationen.

            Die USA haben die Finanz- und Bankenkrise wesentlich besser gemanagt als wir. Auf Europa übertragen, war der deutsche Part desaströs. Wenn Krugman vor Tagen schreibt, die Welt habe ein Deutschland-Problem, dann ist das eine sehr zutreffende Beschreibung dessen, was wir in Europa und in der Welt mit unserem Sparsyndrom anrichten.

            Bei Ihrem Kommentar driften Realität und Wunschdenken weit auseinander. Es ist keineswegs so, dass wir erfolgreicher und wohlhabender aus diesem Fiasko herausgekommen sind. Tatsache ist, dass die Reichen reicher geworden sind und die Armen sind arm geblieben und seit 2005 verfestigt hat. In Deutschland ist die Armutsgefährdung der Bevölkerung im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr zwar um 0,3 Prozentpunkte gesunken. Aber mit 15,5 % liegt die Armutsrisikoquote insgesamt jedoch weiterhin über dem Niveau von 2005 (14,7 %). Hier zeigt sich, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen einem deutlich höheren Armutsrisiko ausgesetzt sind.

            Trotz der Bankenkrise und den damit verbundenen turmhohen staatlichen Ausgaben ist unsere Verschuldung moderat geblieben und die Investoren leihen Deutschland trotz Negativzinsen gerne Geld.

            Die Staatsschulden wurden aufgrund der Austeritätspolitik, die wir ganz Europa aufgenötigt haben und durch das wachsende BIP reduziert. Da wir nur noch geringe oder gar keine Zinsen auf unsere Schulden zahlen, steigt unser Primärüberschuss. Das sind Indikatoren von außen, kein Verdienst der Merkel-Regierung. Sie leiten aus einem temporären Ergebnis etwas ab, was in Wirklichkeit alles andere als positiv ist. Im Gegenteil. Unsere Banken haben noch eine Menge toxischer Papiere im Schrank, die sie fleißig in Bad Banks auslagern, um ihre Bilanzen zu schönen. Allein die Hypo Real Estate lagerte 175 Mrd. in die Bad Bank FMS aus. Ganz abgesehen von den Kandidaten: Commerzbank, West LB, Bayern LB und HSH Nord Bank. Dazu beschloss die Regierung Merkel am 13. Mai 2009 das Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung („Bad-Bank-Gesetz“), um mit dieser Art von Augenwischerei der Öffentlichkeit vorzugaukeln, mit unseren Banken sei alles in Ordnung. Tatsche ist jedoch, hier sind Milliardenfriedhöfe entstanden, die uns noch sehr lange beschäftigen werden. Auch hier haben die USA besser gehandelt und ihre strauchelnden Banken unter staatliche Kontrolle gebracht.

            […]Investoren leihen Deutschland trotz Negativzinsen gerne Geld.

            Das ist zwar richtig, aber kein Qualitätsnachweis für ein bestimmtes wirtschaftliches Handeln in Deutschland. Wir profitieren von den Schulden anderer Länder, da wir durch unsere „Schwarze Null“ und Schuldenbremse nicht innovativ genug sind und uns darauf kapriziert haben, alle drei Sektoren (Privat, Unternehmen, Staat) zu Netto-Sparern zu machen.

            Im letzten Jahrzehnt hatten wir praktisch einen Dauerboom. Die Löhne zogen endlich nach langer Zeit wieder an. Wir hatten praktisch Vollbeschäftigung.

            Auch das ist völlig überzeichnet. Der Dauerboom ist ein gängiges Narrativ, zuletzt im Spiegel verbreitet. Das Wirtschaftswachstum wurde im Zeitverlauf sogar immer schwächer, sodass man über die letzten 15 Jahre von einer Stagnation der Wirtschaftsentwicklung sprechen muss. Außerdem beruhte das Wirtschaftswachstum Deutschlands seit 2000 durchgehend in sehr großem Umfang auf dem Export. Was heißt, nicht die Regierung generierte dieses Wachstum, sondern das Ausland, es hing ganz erheblich von Entwicklungen der Weltwirtschaft und Veränderungen ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit ab. Das zeigt sich gerade in den Daten der letzten beiden Jahre. Inzwischen sindwir in einer handfesten Rezession, was die Bundesregierung und einige Institutionen (Statistisches Bundesamt) immer noch mit kruden Statistiken zu verschleiern suchen.

            Die Löhne zogen endlich nach langer Zeit wieder an. Wir hatten praktisch Vollbeschäftigung.

            Die Entwicklung des preisbereinigten durchschnittlichen Stundenlohns in Deutschland (Reallohn) zeigt, dass insbesondere die 2000er Jahre eine schlechte Zeit für abhängig Beschäftigte waren. Richtig ist, dass in den letzten Jahren die Reallöhne wieder etwas stärker gestiegen sind, obwohl noch größere Lohnsteigerungen wünschenswert gewesen wären. Denn verrechnet man die Reallohnerhöhungen mit dem Inflationsziel und nicht der niedrigeren tatsächlichen Inflationsrate p.a. bleiben die Reallohnentwicklungen immer noch auf einem kläglichen Niveau von fast unter 1% p.a.

            Und ich bitte Sie, von Vollbeschäftigung kann überhaupt keine Rede sein, schon wenn man die einzelnen Zählkreise der Arbeitsagentur aufdröselt. Wir haben eine Unterbeschäftigung von fast 10 Mill. Arbeitssuchenden und Leuten, die mehr arbeiten wollen. Jeder fünfte arbeitet unter zehn Euro die Stunde. Eine aktuelle Studie des IAQ ergab, das deutsche „Beschäftigungswunder“ basiert in erheblichem Maße auf einer Zunahme der atypischen Beschäftigung. Bei mehr als 1,3 Millionen (rund 36 %) Arbeitsplätze, die seit dem konjunkturellen Tiefpunkt im Jahr 2004 zusätzlich geschaffenen wurden, handelt es sich entweder um befristete Verträge, Leiharbeit, Minijobs oder reguläre Teilzeitbeschäftigung mit maximal 20 Wochenarbeitsstunden. Bei den Normalarbeitsverhältnissen fand eine Verlagerung von Vollzeit- zu Teilzeitarbeit statt, mit mehr als 20 Wochenstunden, die für das Statistische Bundesamte als Normalarbeitsverhältnisse gelten. Diese Teilzeitarbeitsplätze bieten teilweise nur relativ geringe Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten. 77% aller neu geschaffenen Arbeitsplätze sind prekäre Beschäftigungsformen plus reguläre Teilzeit. Der Beschäftigungsaufbau hat insoweit zu keiner qualitativen Verbesserung des Arbeitsmarktes beigetragen. Das Gegenteil ist richtig. Der Anteil atypischer Beschäftigung hat sich deutlich erhöht. Das WSI kommt zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2015 39,3% aller Arbeitnehmer atypisch (Teilzeit, Minijob, Leiharbeit) beschäftigt waren. Zu Beginn der Erfassung durch das WSI – im Jahr 2003 – lag der Anteil nur bei 29,5%. Davon sind in Summe 14,1 Mio. Beschäftige betroffen. Addiert man hierzu noch 3,1 Mio. Vollzeitbeschäftigte, die nur befristete Arbeitsverträge haben, sind insgesamt 17,2 Millionen von 36 Mio. abhängig Beschäftigen atypisch erwerbstätig, das sind 48%. Also jedes zweite Arbeitsverhältnis ist jenseits der klassischen Normalarbeitsverhältnisse- unbefristete Vollzeit – angesiedelt.
            Dies betrifft die Leiharbeit besonders stark, die Zahl der Beschäftigten in dieser Branche hat sich seit ihrer Deregulierung im Jahr 2003 mehr als verdreifacht. Dezember 2015 zählte die Bundesagentur für Arbeit 951.000 Leiharbeiter; ein Allzeithöchststand. Meist sind die Arbeitsverhältnisse nur von kurzer Dauer. Etwa die Hälfte der Leiharbeitsverhältnisse wird nach weniger als drei Monaten wieder beendet. Trotz dieser Unsicherheit und ständig verlangter Flexibilität, verdienen Leiharbeitnehmer deutlich weniger als ihre festangestellten Kollegen, obwohl sie die gleiche Arbeit machen. Auch ihr Verdienst liegt durchschnittlich 20 % unter dem vergleichbarer Festangestellter. Arbeitslose werden seit den Hartz-Gesetzen bevorzugt in Leiharbeit vermittelt, d.h. jede dritte gemeldete offene Stelle ist inzwischen ein Leiharbeitsjob und der einzelne Arbeitslose kann sich gegen die Vermittlung in diese Jobs nicht wehren. Nur die Wenigsten (7 %) werden in eine Festanstellung übernommen. Fakt ist also, Leiharbeit erhöht für Arbeitslose nicht die Chance auf eine reguläre Beschäftigung. Ganz abgesehen davon, dass durch Unsicherheit und permanenten Beschäftigungswechsel das Erkrankungsrisiko von Leiharbeitern deutlich höher ist. Hinzu kommt, dass Unternehmen zunehmend Stammarbeitsplätze durch Beschäftigte von Werkvertragsunternehmen ersetzen. Hier von Vollbeschäftigung zu sprechen ist, vornehm ausgedrückt, abwegig.

            Diese Entwicklung haben die Schröder-Regierung und in zunehmendem Maße die Merkel-Regierungen vorangetrieben und zu verantworten. Da hilft es nichts, darauf hinzuweisen, wie geachtet Deutschland und Frau Merkel in der Welt sind. Zumal das nur sehr eingeschränkt zutrifft. Deutschland ist der Hauptschuldige für die Misere, nicht nur in Europa. Man muss aber sagen, dass nicht nur die schwache Inflation und die niedrigen Löhne den Standort Deutschland begünstigt haben, sondern auch Wettbewerbsvorteile auf der Angebotsseite der Produktion. Eine Rolle spielt auch die deutsche Kombination von restriktiver Geldpolitik der Bundesbank, zurückhaltender oder stabilitätsorientierter Fiskalpolitik und der Lohnzurückhaltung der Tarifparteien. Diese Kombination und ihre Einflüsse haben das Modell eines vermögens- oder stabilitätsorientierten Merkantilismus erzeugt, der die deutsche Wirtschaftsgeschichte nach 1950 insgesamt prägte. Es bestimmt bis heute das Handeln der politischen und ökonomischen Akteure. Die Krux ist, dass sich dieses Modell einer nationalen Wirtschaftspolitik des Beggar the Neighbour sich nicht für eine Währungsunion eignet, weil hier der Mechanismus flexibler Wechselkurse zur Abwehr und zum Ausgleich eines solchen Merkantilismus ausgeschaltet wurde. Deutschland hätte einen anderen Pfad der wirtschaftlichen Entwicklung befolgen müssen. Das war nicht der Fall war, weil die Voraussetzungen und die Wirkungsweise eines gemeinsamen Währungsraums nicht verstanden wurden und bis dato nicht verstanden werden. Jetzt, nachdem das Ausland diesen Pfad verweigert und die Südstaaten sich kaputtgespart haben, funktioniert das alles nicht mehr und die nächste Wirtschaftskrise steht mit einem Bein schon in der Tür.

            • Ralf 6. September 2019, 15:33

              Vieles von dem, was Sie schreiben, ist völlig richtig. Dennoch geht es uns als Gesellschaft verglichen mit anderen Ländern vergleichbarer Wirtschaftskraft hervorragend. Wenn ich Ihnen eine Zeitmaschine baue und Sie anschließend damit 15 Jahre in die Vergangenheit reisen, würden Sie als Mensch der unteren Mittelklasse oder gar der ärmeren “Unterschicht” lieber in den USA oder in Großbritannien leben als in Deutschland? Bei aller berechtigter Kritik an der Politik bei uns, wir stehen immer noch ziemlich solide da.

              • popper 6. September 2019, 21:17

                Aber Ralf, wen und was meinen Sie mit wir. Und was nützt dem Hartz IV Berechtigten oder dem Leiharbeiter und prekär Beschäftigten, dass es Menschen in den USA und Großbritannien noch schlechter geht. Wobei man hier die Realationen in den Ländern betrachten müsste.

                Unsere Wirtschaftskraft ist zum größten Teil das Ergebnis unserer merkantilistischen Wirtschaftspolitik, die ohne Rücksicht auf Verluste, den anderen den Verschuldungspart aufzwingt. Es geht auch nicht darum, Exporte zu verteufeln, sondern um eine auf Dauer ausgeglichene Handelsbilanz, ohne dauerhafte hohe Überschüsse. Seit Einführung des Euro, hat Deutschland die Vorteile seiner Produktion durch Regulierungen am Arbeitsmarkt (größter Niedriglohnsektor) sowie durch exorbitante Steuersenkungen für Unternehmen und Hartz IV ausgeweitet und damit seine Nachbarn in der EWU buchstäblich in die Verschuldung getrieben. Was von denen lange nicht erkannt bzw. ernstgenommen wurde. Weil natürlich keiner damit rechnen konnte, dass Deutschland seine falsch verstande Macht nutzen würde, den Ländern jede angemessene Hilfe zu verweigern. Hinzu kommt, durch die faktische Fremdwährung Euro sind die Länder der EWU geldpolitsch nicht mehr souverain, was man nur als Schildbürgerstreich bezeichnen kann, weil dieser Zustand keine währungstechnischen Maßnahmen mehr zulässt, um diese bewusst herbeigeführte interne Abwertung des Euro in Deutschland zu stoppen.

                Ich war in den letzten 40 Jahren kein Star, aber ein erfolgreicher Künstler und beziehe heute eine Rente, die der Höhe nach nur 7% der Rentner in Deutschland beziehen, d.h. mir ging es in den letzten 15 Jahren ausgezeichnet. Ich konnte und kann mir ein angenehmes Leben leisten und in andere Länder reisen, was aber nichts an den Fakten ändert, dass wir in einem Land leben, das dystrophische Strukturen aufweist, die alles andere als zukunftweisend sind. Und für einen erheblichen Teil der Menschen in Deutschland auch keine Erfolgsgeschichte bieten.

                • Stefan Sasse 6. September 2019, 21:27

                  Nichts nützt das denen, aber Relationen richtig halten sollte man schon.

                • Ralf 6. September 2019, 22:01

                  @ popper

                  Ich bin wieder von meinen politischen Vorstellungen her garnicht so weit weg von Ihnen. Ich würde mich über jedes kleine bisschen mehr an Verteilungsgerechtigkeit freuen. Leider verhindert die Mehrheit der Wähler seit Jahren eine Politik, die mir besser gefallen würde. Als Demokrat muss ich das zur Kenntnis nehmen und hoffen, dass sich irgendwann die Stimmung dreht. Ein bisschen dreht sie sich ja auch schon …

                  Aber das – gerade für Arme – mit zahlreichen Benachteiligungen behaftete Deutschland ist eingebettet in eine „westliche Gemeinschaft“, in der es in den meisten Ländern noch weit schlimmer ist als hier. Sie fragen, was es dem hiesigen Hartz IV-Empfänger nutzt, dass es seinem Pendant in Großbritannien noch schlechter geht. Natürlich nichts. Aber dennoch macht es einen Unterschied, ob ein Individuum zumindest in einer warmen Wohnung sitzt oder ob der Mensch auf einer Lage Pappkarton in einem Hauseingang schläft.

                  Und wenn wir über den Wohlstand in einer Gesellschaft reden, reden wir auch nicht nur über Hartz IV-Empfänger und das ärmste Dezil. Wir reden hier vor allem auch über die typischen mittleren Verdiener, die einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen. Und denen geht es in Deutschland nicht schlecht. Die sind auch ganz gut abgesichert. In den USA hingegen hätte ein großer Teil selbst dieser Normalverdiener entweder gar keine oder nur eine völlig unzureichende Krankenversicherung, keine Absicherung im Kündigungsfall, keine Subventionierung von Kitas, horrende Kosten um in einem akzeptablen Schuldistrikt zu wohnen, horrende Studienkosten für jedes Kind, das an der Universität ist, keine öffentlichen Verkehrsmittel und damit eine sklavische Abhängigkeit vom eigenen Auto, das nie kaputt gehen darf und so weiter. Bei allen gerne zugestandenen Unzulänglichkeiten unseres Systems muss man dennoch konstatieren, dass es uns als Gesellschaft so schlecht nicht geht. Und auch gerade die Stabilität hier und die bei uns im Vergleich zu unseren Nachbarn noch recht wenig vorangeschrittene Polarisierung, die gegenwärtig so viele Länder zerreißt, ist ein hohes Gut.

        • Stefan Sasse 3. September 2019, 21:00

          Ich rede hier von „nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung zerstören“.

          • Erwin Gabriel 5. September 2019, 00:23

            @ Stefan Sasse

            Ich rede hier von „nicht die freiheitliche Grundordnung zerstören“.

            Ich bin mir nicht sicher, ob das schon final geklärt ist.

  • Jens Happel 3. September 2019, 13:54

    Danke erst mal für den Artikel. Gute Zusammenfassung.

    Für mich ist die AFD der klare Gewinner und zwar genau weil sie NICHT an der Regierung beteiligt sein wird. So muss nichts ihres Programmes auf den Prüfstand. So kann Sie sich weiter in der Rolle des unterdrückten, stets missverstanden Underdogs generieren. Das ihr jetzt ein Mandat nicht zugestanden wird, hilft ihr mehr als es das Mandat hätte.

    Zu bemerken ist auch, dass die AFD nun die neue Arbeiterpartei ist. Sie hat ca. 40% der Stimmen der Arbeiter geholt. Das ist die Konsequenz von 20 Jahren neoliberale Murkspolitik der SPD. Das habe ich schon vor einiger Zeit befürchtet, Augstein auf SPON hat es auch schon vor einiger Zeit thematisiert. Noch ist das Programm der AFD stramm neoliberal im Bund. Man kann sich aber ausrechnen, dass dies auch auf Bundesebene nicht so bleibt.

    Die SPD soll mal nach Dänemark rüber schauen, so geht das!

    Das die Grünen der Antagonist zu der AFD sind sehe ich nicht. Die profitieren auch davon fast überall in der Oposition zu sein. Ihr Programm unterscheidet sich nur in feinsten Nuancen von dem der Groko, siehe Link.

    https://www.zeit.de/2019/33/gruene-grundsatzprogramm-klimaschutz-tierschutz-robert-habeck

    Sobald die irgendwo in die Verantwortung kommen verhaspeln die sich zuverlässig und werden an der hohen aber diffusen Erwartungshaltung ihrer Wähler gepaart mit Unvermögen scheitern.

    Die Linke war blöd genug zu glauben, was die Leitmedien über Wagenknecht geschrieben haben. Der Wähler war nicht so blöd. Das Programm der Linken ist hanebüchen. Offene Grenzen mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen zu kombinieren ist nur logisch für jemanden der zwei Kopfschüsse bekommen hat. Da hatte die als angebliche „Nazi“ verschriene Wagenknecht einfach mehr auf der Pfanne.

    Wird sich irgendwas ändern? Ich bezweifele es.

    Fazit: Im Westen nichts neues.

    • Erwin Gabriel 3. September 2019, 15:28

      @ Jens Happel 3. September 2019, 13:54

      Für mich ist die AFD der klare Gewinner und zwar genau weil sie NICHT an der Regierung beteiligt sein wird.

      Dem schließe ich mich an.

      So, wie meine Frau beim nächsten mal grün wählen wird – nicht, weil sie Partei oder Politiker gut findet, sondern weil sie von deren Gesabbel die Nase voll hat und verlangt, dass die auch mal liefern – sind doch immer wieder viele Wähler so unzufrieden mit der aktuellen Situation, dass sie AfD wählen, um entweder die etablierten Parteien in irgendeiner Weise in Schwung zu bringen, und/oder um zu sehen, was die AfD auf dem Kasten hat.

      Wenn man sich festgefahren hat, ist vielleicht ist ein Schritt zurück (und so würde ich sowohl die Regierungsübernahme durch die AfD als auch durch die Grünen sehen) ein guter Anfang für weitere Schritte nach vorne.

      • Stefan Sasse 3. September 2019, 21:01

        Wie oft muss die Idee, dass Populisten sich an der Regierung selbst entlarven, eigentlich noch widerlegt werden?

        • Erwin Gabriel 5. September 2019, 19:12

          @ Stefan Sasse 3. September 2019, 21:01

          Wie oft muss die Idee, dass Populisten sich an der Regierung selbst entlarven, eigentlich noch widerlegt werden?

          Ich stimme Dir ja zu – unter Formulierungs-Vorbehalt: Du kannst eine Idee nicht widerlegen, sondern nur deren Richtigkeit.

          Zur AfD habe ich mich, denke ich, klar genug geäußert.

          Ansonsten war von den Grünen die Rede – wie gesagt, ich stimme Dir zu.

  • Kning4711 3. September 2019, 15:11

    Eine wichtige Lehre liefert der Wahlkampf in Sachsen aber auch. Die CDU unter dem Ministerpräsidenten hat eine Ochsentour in jedes Dorf und fast jede Turn- oder Gemeindehalle gemacht, um mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Diese Nähe war dann insgesamt ausschlaggebend am Ende die Union noch auf Platz 1 zu bringen. Wer weiter regieren will, der muss für den Bürger ansprechbar sein. Ansonsten fischt ihm die AfD die Leite weg.

    Meine zweite wesentliche Erkenntnis bzw. Bestätigung ist, dass die FDP kein überzeugendes Konzept hat, das abseits einiger westdeutscher Milleus verfängt. Außer Lindner hat die Partei kein Zugpferd und ist außer der schon abgedroschenen „Steuern runter“ Retorik inhaltlich blank.

    • Stefan Sasse 3. September 2019, 21:00

      Das ist zumindest ein schönes Narrativ, aber ich würde mal auf empirische Wahlforschung warten, bevor wir das sicher sagen.

      Auch hier wäre ich unsicher, ob es nicht eher ostspezifisch ist.

    • Hanni Hartmann 4. September 2019, 11:52

      Sachsen und Brandenburg haben gewählt, aber das Votum der Wähler wird von der Politik nicht beachtet. In Sachsen haben sich über 60% der Wähler gegen SPD und Grüne entschieden. Aber Die CDU hat schon am Wahlabend entschieden, genau mit diesen Parteien weiter zu machen. Von Michael Kretschmers Wahlkampf wurde gesagt, dass sich sein Credo, den Menschen, deren Ministerpräsident er bleiben wollte, zuzuhören, bezahlt gemacht hätte. Man kann davon ausgehen, dass er eine Forderung, rot-grün gegängelt zu werden, eher nicht gehört hat. Aber genau das wird passieren. Vor allem die Grünen, aber auch die krachend gescheiterte SPD werden die Latte für eine Koalition hoch hängen. Kretschmer hat sich schließlich selbst in die Position begeben, erpresst werden zu können, weil er andere Optionen, vor allem die einer Minderheitsregierung, mit der er wirkliche Politik zum Wohle Sachsens machen könnte, bereits ausgeschlossen hat.

      Aber es geht eben nicht um das Wohl des Landes, es geht um den Erhalt des Machtklüngels mit allen Mitteln. Die Grünen haben durch ihren Vorsitzenden Robert Habeck bereits angekündigt, dass die Sachsen-CDU sich ändern müsse, damit sich die Partei herablässt, sich an der Regierung zu beteiligen. Für Sachsen heißt das, den von der Merkel-Regierung betriebenen Abstieg Deutschlands zu verstärken.

      • Ralf 4. September 2019, 11:57

        Dass Parteien Bedingungen für Koalitionen stellen, ist die normalste Sache der Welt in einer Demokratie.

        Im übrigen haben sich in Sachsen über 70% der Wähler gegen die Rechtsextremisten entschieden. Gut dass die CDU auch nach der Wahl fest zu ihrem Versprechen nicht mit Neonazis zu verhandeln steht.

  • derwaechter 3. September 2019, 21:57

    Wie passt eigentlich Unterstützung für die (Flügel-) AfD und ihrer deutschen Werte zusammen mit dieser nachlässigen Rechtschreibung, kreativer Zeichensetzung und vielen englischen Ausdrücken?

  • Hanni Hartmann 4. September 2019, 12:36

    Die CDU wird über kurz oder lang auch mit der AfD koalieren… Wird heute zwar noch „empört“ und „aufgeplustert“ zurückgewiesen, es wird kommen…

    • Ralf 4. September 2019, 13:21

      Ich hingegen hoffe, dass die Nazis keinen Fußbreit in die Nähe einer Regierung kommen.

      • Stefan Sasse 4. September 2019, 14:12

        Lass den Hanni, der steht dann feixend neben den Transporten ins Lager und ruft „Geschieht euch ja recht!“

        • Ralf 4. September 2019, 14:34

          Nicht wenn es mir und meinen links-grün versifften Freunden vorher gelingt die deutsche Bevölkerung auszutauschen … ^^

          • Stefan Sasse 4. September 2019, 15:24

            Klappt wahrscheinlich nicht, mein Chemtrail-Plan geht vor.

        • Erwin Gabriel 5. September 2019, 19:17

          @ Stefan Sasse 4. September 2019, 14:12

          Lass den Hanni, der steht dann feixend neben den Transporten ins Lager und ruft „Geschieht euch ja recht!“

          Wenn Du der Meinung bist, dass H.H. eh nicht zum Diskutieren hier ist, dann diskutier nicht mit ihm. Allemal besser, als ihn mit niveaulosen Antworten auch noch zu bestätigen.

  • Hanni Hartmann 4. September 2019, 22:56

    ..wer zuletzt lacht; lacht am Besten…

    • Stefan Sasse 5. September 2019, 08:06

      „Und ich glaube nicht, dass die Gegner, die damals noch gelacht haben, heute auch noch lachen.“

  • Hanni Hartmann 4. September 2019, 22:59

    Ich stehe wohl kaum feixend „neben den Transporten ins Lager“; allerdings werde Ich mir ein „klammheimliche Freude“ nicht verkneifen wenn ihr weiterhin und immer noch mehr persönliche Freiheiten verloren habt. Das schau‘ ich mir dann aus der Ferne mit denkbarem Vergnügen an wie ihr wie die Lemminge in den Abgrund rauscht..

    • Stefan Sasse 5. September 2019, 08:06

      Jupp, das haben deine Gesinnungsgenossen 1933 auch so gehandhabt, da stehst du in einer langen Tradition.

  • Hanni Hartmann 5. September 2019, 00:54

    Leute und Genossen; ihr amüsiert mich…Eure Ansichten bestätigen lediglich den mittlerweile schon zum Klassiker gediehenen Spruch des ehrenwerten Wladimir Iljitsch Lenin: „Ihr seid die nützlichen Idioten…“QED…

  • Hanni Hartmann 5. September 2019, 11:21

    Tja, es bedarf keiner weiteren Beweise das Ich Rech habe.1. Alberner, ja verzweifelter Versuch meine Argumentation/Schlussfolgerung ( Du bist der Nützliche Idiot) Umzug kehren. 2. Meine „Nützlichkeit“ manifestierte sich das ich in meinem sehr erfolgreichem Leben hunderten von Mitmenschen gut bezahlte Jobs und Arbeit generiert, erhalten und sogar neu geschaffen habe. 3. Dafür bin Ich stolz und erfüllt wie „Nützlich“ Ich fuer die Gesellschaft war/bin. 4. Du benutzt die ach so oft benutzte NaziKeule mit der total aus der Luft gegriffenen -und total beweislosen- Unterstellung meiner Gesinnungs Genossen von 1933. Du armer Wicht; ich bin seit Jahrzehnten Mitglied bei der FDP. 5. Tja, Nazikeule rausholen wenn man keine Argumente mehr hat und man eine intellektuelle Bankrott Erklärung abgeben muss..

  • Ralf 5. September 2019, 11:29

    Die sinnvollste Reaktion auf Trolle ist sie in der Ecke stehen zu lassen. Je mehr man auf sie eingeht, desto zerstörerischer wirken sie sich auf die Debatte aus.

    • Stefan Sasse 6. September 2019, 10:13

      Na, ich mach lieber vom Hausrecht Gebrauch. Nach den Erfahrungen mit anderen dieser Art. Ich hab keine Lust auf den Blödsinn.

  • Stefan Pietsch 6. September 2019, 15:10

    Lieber Hanni, das ist leider völlig daneben. Stefan ist mit Sicherheit kein Sozialist und von „Typen“ reden wir hier auch nicht. Auch bezeichnen wir andere Menschen nicht als „Schädlinge“ und „Parasiten“. Das ist eine Wortwahl einzig geeignet, das Klima zu vergiften.

  • popper 6. September 2019, 15:23

    Sie waren in Marburg Auf der Uni, wie hieß die denn? Ich hätte eher Baumschule vermutet.

    • Stefan Pietsch 6. September 2019, 15:31

      Die Hochschule in Marburg heißt Philipps-Universität. Man kann da echt klasse studieren, allerdings war sie in den Siebziger und Achtzigerjahren wirklich linksverseucht. 🙂

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