Polizisten arbeiten mit Saskia Esken und Donald Trump in der Logistik bei Amazon – Vermischtes 12.06.2020


Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) AfD fällt auf niedrigsten Wert seit September 2017

So mies wie in diesen Tagen dürfte die Stimmung in der AfD selten gewesen sein. Die Partei ist im „Sonntagstrend“ der „Bild am Sonntag“ auf den niedrigsten Wert seit September 2017 gefallen. In der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar verliert die Partei zum vierten Mal in Folge einen Prozentpunkt im Vergleich zur Vorwoche und liegt nun bei acht Prozent. Beobachter sehen verschiedene Gründe für diesen Trend: Die Führung der AfD ist zerstritten. Die Angst vor einer möglichen Beobachtung der gesamten Partei durch den Verfassungsschutz sorgt für zusätzliche Unruhe. (dpa, Welt Online)

Ich sage es seit 2017 in einem Fort: Wenn man einfach aufhört, ständig über die Flüchtlinge zu reden, hat sich das Thema. Der Erfolg der AfD war eine Schimäre des „besorgen Bürgers zuhören“ und der willfährigen medialen Bereitschaft, ihr Thema zu bedienen. Das sieht man ja auch deutlich bei den Grünen: Seit Corona das Klimathema wieder aus den Schlagzeilen verdrängt hat, hat die Partei in den Umfragen auch verloren.

Spannend indes ist übrigens die andere Seite des politischen Spektrums: Die Linke scheint wie festgenagelt, befindet der Spiegel. Gründe sind effektiv unbekannt. Die Partei ist wie festbetoniert. Mir ist auch etwas unklar, woher der Sinkflug der FDP kommt. Ich meine, ich weiß, warum ich die Partei nicht mag, aber was hat sich für den Rest der Republik im letzten halben Jahr geändert?

2) Polarized Politics Has Infected American Diplomacy

If that seemed like a new low in reflexive partisan opposition, President Donald Trump—as with most everything else he does—proved he could dig even deeper. He has scrapped one agreement after another, with disruptive glee and no regard for Plan B. The Iran nuclear deal (“an embarrassment”), the Paris climate accord (“very unfair”), and the Trans-Pacific Partnership (“a rape of our country”), all negotiated by the administration of his Democratic predecessor, wound up on the trash heap. New START, following the president’s exit from the Open Skies Treaty, may be next. Meanwhile, the administration is channeling General Buck Turgidson in Dr. Strangelove, threatening to resume nuclear testing and spend rivals “into oblivion” in a new arms race. […] First, America’s credibility, reliability, and reputation for competence are damaged. Credibility is an overused term in Washington, a town prone to badgering presidents into using force or clinging to collapsing positions to prop up our global currency. But it matters in diplomacy, especially when America’s ability to mobilize other countries around common concerns is becoming more crucial, in a world in which the U.S. can no longer get its way on its own, or by force alone. (William J. Burns, The Atlantic)

Das beherrschende Motiv Trumps Handlungen ist alles rückgängig zu machen was Obama gemacht hat. Er hasst den Mann mit der Glut von tausend Sonnen. Das steckt hinter den Kehrtwenden zu Kuba und Iran, das steckt hinter New Start, hinter der Abschaffung von Umweltschutzregulierungen und so weiter. Nur sind persönliche Ressentiments halt ein schlechter Ratgeber, in der Diplomatie aber ganz besonders. Denn hier wird besonders viel Porzellan zerschlagen, und hier ist der Aufbau selbigen Porzellans besonders langwierig und schwierig.

3) Biden Has Changed—For the Better

In the face of upheaval, he’s given reason to hope that the traits that were his supposed weaknesses could prove to be his great strengths. If one of the ultimate purposes of protest is to push politicians, he’s shown himself a politician willing to be pushed. His tendency to channel the zeitgeist has supplied him with the potential to meet a very difficult moment. […] What was so striking about his speech in Philadelphia was that it acknowledged that he had gotten it wrong. The country couldn’t return to a prelapsarian state of tolerance, because one didn’t exist. “I wish I could say that hate began with Donald Trump and will end with him. It didn’t and it won’t. American history isn’t a fairy tale with a guaranteed happy ending.” Faith in progress is the nostrum of liberal politics, yet Biden broke with that faith in Philadelphia, and by so doing, he seemed to concede his own failure to appreciate the depths of American racism. (Franklin Foer, The Atlantic)

Das ist eben der Vorteil, den man mit einem Kandidaten wie Biden hat. Der Mann ist nicht für irgendwelche spezifischen Überzeugungen bekannt und kann deswegen recht flexibel zu den Parteiflügeln Kompromisse eingehen. Darin ist er ein bisschen wie Merkel, die konnte auch die Kandidatin des Leipziger Parteitags und die Kanzlerin der Großen Koalition sein, ohne in einer der beiden Rollen unglaubwürdig zu sein – einfach, weil sie sich nie festlegte.

Da in den USA gerade der linke Flügel der Democrats im Aufwind ist, kann Biden nun denen Zugeständnisse machen, ohne dass das wie eine Kapitulation wirken würde. Er kann sich hinstellen und sagen, dass er dazugelernt hat, und dann auch noch Applaus dafür bekommen. Das ist ein Pfad, der Trump nicht offen steht. Dafür positioniert er sich wesentlich zu absolut und aggressiv. Er kann nicht eingestehen, etwas bisher nicht oder falsch gesehen zu haben. Das ist eine Schwäche, die kein Staatschef haben sollte.

4) The Christians Who Loved Trump’s Stunt

A few hours after the dystopian spectacle, I spoke on the phone with Robert Jeffress, a Dallas megachurch pastor and indefatigable Trump ally. He sounded almost gleeful. “I thought it was completely appropriate for the president to stand in front of that church,” Jeffress told me. “And by holding up the Bible, he was showing us that it teaches that, yes, God hates racism, it’s despicable—but God also hates lawlessness.” “So,” he added, “I’m happy.” […] “I don’t know about you but I’ll take a president with a Bible in his hand in front of a church over far left violent radicals setting a church on fire any day of the week,” wrote David Brody, a news anchor at the Christian Broadcasting Network. (Trump selected St. John’s, which has hosted presidents since James Madison for worship services, because protesters had set a fire in its nursery the night before.) “I will never forget seeing [Trump] slowly & in-total-command walk … across Lafayette Square to St. John’s Church defying those who aim to derail our national healing by spreading fear, hate & anarchy,” wrote Johnnie Moore, the president of the Congress of Christian Leaders. […] That Trump’s religious posturing has little to do with religion has long been a matter of conventional wisdom (see: Corinthians, Two); fewer have grasped the extent to which that’s true of Trump’s “religious” base as well. […] To Trump, the Bible and the church are not symbols of faith; they are weapons of culture war. And to many of his Christian supporters watching at home, the pandering wasn’t an act of inauthenticity; it was a sign of allegiance—and shared dominance. (McCay Koppins, The Atlantic)

Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass der beherrschende Faktor nicht Religiosität ist; es geht um Identitätspolitik. Trump ist der Avatar der christlichen Rechten, ihr Champion. Seine Werte und eigene Religiosität sind ihnen völlig egal, es geht ihnen um den performativen Akt. Der Kontext des performativen Akts ist ihnen dabei völlig egal. Das ist wahrlich kein auf die christliche Rechte beschränktes Phänomen, aber wegen deren selbst ernannten moralischen Status‘, wegen ihrer über mittlerweile Jahrzehnte immer wieder aggressiv und offen behaupteten moralischen Überlegenheit besonders auffällig und kritikwürdig.

Es zeigt auch, dass die christliche Rechte eine in sich abgekapselte, fanatische Gruppe ist, die für Argumente oder Überzeugung überhaupt nicht mehr zugänglich ist. Wenn ihre Anführer (und es sind alles Männer) sich durch Trumps bisheriges Verhalten, seine bisherige Performance, seine bisher offen, geradezu herausfordernd zur Schau gestellte Unkenntnis, Ignoranz und Respektlosigkeit für die eigentlichen Inhalte und Symbole des christlichen Glaubens nicht in ihrer Treue erschüttern lassen, dann gibt es nichts, was sie davon abbringen wird.

5) Die Schattenkanzlerin

Esken ist tatsächlich eine positive Überraschung aus dem halben Desaster des Mitgliedervotums zur SPD-Parteiführung. Ihre Arbeit am Konjunkturpaket hat ihm einen deutlich sozialdemokratischen Anstrich gegeben; angesichts der Schwäche der Partei ein klarer Erfolg und sicherlich in einer klugen Nutzung der Ministerien begründet, über die die Partei dank ihrer starken Verhandlungsposition 2017 verfügt. Ariane würde jetzt sicher noch das Loblied auf Frau Giffey anstimmen.

Generell sind Esken und Giffey hier symptomatisch für die SPD: Stille Verantwortung und Sachkompetenz, das ist die SPD in der Großen Koalition. Und das ist auch ihr Fluch. Denn es ist ja toll, dass die Partei dem Konjunkturpaket so ihren Stempel aufdrücken konnte. Das macht es deutlich besser und näher an den Wünschen der Leute, denn wenn etwas seit Merkels Amtsantritt 2005 wahr ist, dann dass die Sozialdemokratisierung der CDU und ihrer Regierungspolitik populär ist.

Nur, wer weiß schon, dass die SPD verantwortlich für die populären Teile ist? Keiner. Erfolge werden immer der KanzlerInnenpartei zugeschrieben. Ein „wir machen Merkels Politik besser“ ist kein Grund, die SPD zu wählen. Das war es nicht 2009, nicht 2013, nicht 2017. Und das wird es auch 2021 nicht sein. Schon allein, weil Merkel da nicht mehr zur Verfügung stehen wird.

6) Der ewige Vorwurf des Generalverdachts

Der Versuch, strukturelle Missstände zu thematisieren, die über Verfehlungen von einzelnen Beamten hinausgehen, wird durch den Vorwurf des Generalverdachts personalisiert und moralisiert. Aus der Problematisierung von Strukturen wird Misstrauen gegen Individuen, ein Angriff auf die Ehre und Integrität jedes Beamten. Und die Polizei, die staatliche Gewalt ausübt und deshalb in einem Rechtsstaat selbstverständlich durch das Gesetz eingeschränkt wird und immer besonders rechenschaftspflichtig ist, wird dabei zu einer Ansammlung von Bürgern. Das ist sie, aber sie ist eben auch mehr. […] Da ist viel Raum für politische Uneinigkeit, gute Ideen, ernsthafte Auseinandersetzung und politische Tätigkeit. Nur kann Politik nichts anderes, als abstrakte, überindividuelle Regeln festzulegen. Sie ist immer generell in ihrem Vorgehen, nie persönlich. Solange ihr daraus im Zusammenhang mit der Polizei der Vorwurf gestrickt wird, sie hege Misstrauen und behandle den Einzelnen ungerecht, ist die einzige Alternative: Untätigkeit. (Jonas Schaible, SpiegelOnline)

Wir hatten dieselbe, moralisierende Debatte in den vergangenen Jahren hier im Blog schon öfter, wenn ich oder andere eher liberalere und progressive Kommentatoren und Autoren hier festgestellt haben, dass es schon Probleme mit strukturellem Rassismus und Sympathien nach Rechts in Polizei und Bundeswehr gibt. Jedes Mal kam aus dem rechtsdemokratischen Spektrum hier im Blog sofort der moralinsaure Zeigefinger, mit dem voller Empörung der Vorwurf zurückgewiesen wurde.

Aber wie Schaible richtig schreibt, ist die Polizei durch die Gewalt, die sie ausüben kann, darf und muss, einer besonderen Rechenschaftspflicht unterliegend. Man kann nicht so tun, als seien die PolizistInnen des Landes einfach nur lauter Individuen, die nur zufällig die gleiche Kleidung anhaben, wenn es um Fehlverhalten geht. Es gibt nun einmal institutionelle Verhaltenskodexe, systemische Probleme und so weiter. Die gibt es in jedem Beruf, in jedem Unternehmen, in jeder Institution. Die Augen davor zu verschließen hilft halt nicht. Als Ergänzung sei noch dieser Artikel aus Süddeutschen Zeitung über Rassismus in der Polizei beigefügt.

7) US-General nennt Trumps Abzugsbefehl „kolossalen Fehler“

Die Kritik des Topmilitärs ist beißend. Die Entscheidung von Donald Trumps Kernteam im Weißen Haus geißelte er als „rein politisches Manöver“. Niemand in der Administration habe vorher einen militärischen Rat eingeholt, was der Truppenabzug für die US-Präsenz in Europa eigentlich bedeutet. „Die Entscheidung illustriert, dass der Präsident nicht verstanden hat, wie essenziell die in Deutschland stationierten US-Truppen für die Sicherheit Amerikas sind“, sagte Hodges. […] Amerikanische und deutsche Militärs zeigten sich verwundert über die Obergrenze, da man sich aus Sicht der Strategen damit selbst in seinen Möglichkeiten limitiere. Die USA nutzen Deutschland wie eine Art Brückenkopf für Militärmissionen und Übungen in ganz Europa. Auch die Missionen im Irak oder Afghanistan werden über Deutschland versorgt. Dabei sind teils Tausende US-Soldaten kurzzeitig in Deutschland, dies wäre durch die Obergrenze wohl nicht mehr möglich. […] Der erfahrene General Hodges wertete den Abzug auch außenpolitisch als fatales Signal in Richtung Russland. „Der Kreml hat nichts getan, um ein solches Geschenk zu bekommen, weder in der Ukrainekrise noch in Syrien hat Moskau auch nur ein bisschen eingelenkt“, erläuterte er. Dass die USA nun ausgerechnet aus Deutschland gut ein Viertel ihrer Soldaten abziehen, müsse für Moskau wie ein Zeichen der Schwäche und der Uneinigkeit innerhalb der Nato wirken. (Matthias Gebauer, SpiegelOnline)

Trump ist ein hirnverbrannter Idiot. Er macht das, weil er seine eigene Rhetorik von der NATO als Schutzgelderpressungsorganisation glaubt und mittlerweile Deutschland als seinen Hauptgegner ausgemacht hat, hauptsächlich aus falsch verstandenen wirtschaftspolitischen Gründen. Es ist der Wahnsinn, einen so ungebildeten und lernunwilligen Typen solche Entscheidungen treffen zu lassen. Und das war offensichtlich eine nicht abgesprochene Entscheidung! Weder Pentagon noch Kongress noch Botschafter noch Bundesregierung wurden informiert, der Präsident tweetete es einfach raus. Diese Art Diplomatie ist der blanke Wahnsinn. Dass die LINKE es zum Anlass nimmt, den kompletten Abzug der US-Truppen zu fordern, setzt der ganzen Spinnerei nur noch die Krone auf.

8) Tweet

Niemand macht den Rechten was vor, wenn es um Identitätspolitik geht. Nach dem von linken Aktivisten betriebenen Statuensturz in Bristol und der Beschmierung von Churchills Standbild plustern sich nun in Großbritannien die Konservativen auf, um ihre Idole zu verteidigen, wenngleich das hier in geradezu schmerzhafter Weise die Probleme verdeutlicht werden. Aber der gleiche Unfug ist ja mit der Verteidigung konföderierter Menschenrechtsverbrecher in den USA durch die Republicans oder mit den irregeleiteten Versuchen deutscher Konservativer, die von-Trotha-Straßen dieser Welt zu retten, zu beobachten. Der Bullshit findet sich zu beiden Seiten des Spektrums, immer.

9) Polizei wehrt sich gegen Rassismus-Vorwurf

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, hat die deutsche Polizei gegenüber Rassismusverdächtigungen in Schutz genommen. Er sehe in der Polizei „erheblich weniger“ Rassismus als in der Gesamtbevölkerung, sagte er. „Polizistinnen und Polizisten leisten einen Amtseid auf unsere Verfassung und fühlen sich an diesen Eid, der die Würde des Menschen ins Zentrum stellt, ein Leben lang gebunden.“ In den vergangenen Jahrzehnten habe sich die Polizei als rechtsstaatliche, demokratische Bürgerpolizei bewiesen. Zahlreiche interne Kontrollinstanzen seien darauf bedacht, diskriminierende, rassistische oder andere menschenverachtende Einstellungen zu identifizieren, sagte er. „Die Polizei duldet keine Extremisten in ihren Reihen.“ Bei Verstößen würden die erforderlichen straf- und dienstrechtlichen Konsequenzen gezogen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft stehe zu diesen Kontrollmechanismen, sagte Wendt. „Deshalb sind wir empört darüber, wie leichtfertig beispielsweise Frau Esken über latenten Rassismus in der Polizei schwadroniert.“ Die SPD-Vorsitzende verunsichere die Einsatzkräfte und hetze diejenigen auf, die ohnehin schon „ein gestörtes Verhältnis zum Staat und seinen Institutionen“ hätten. Die Polizei sei auf Rückhalt in der politischen Führung angewiesen und habe auch einen Anspruch darauf. (dpa, ZEIT)

Dass die DPolG mit harschen Worten Stellung bezieht ist natürlich Teil seiner Jobbeschreibung, von daher will ich das Wendt gar nicht vorwerfen, schon allein, weil er damit endlich mal für sein Geld arbeitet. Aber die Vorstellung, dass die Realität auf eine bestimmte Weise sein muss, weil wir sagen, dass sie so ist, ist völlig behämmert. Wir Lehrer sind ja auch den Prinzipien der Gleichbehandlung verpflichtet, und jedeR kennt aus seiner oder ihrer Schulzeit irgendeine Geschichte, wo man sich unfair benachteiligt gefühlt hat.
Der Amtseid ist ein Ideal, ein Zielpunkt, nach dem man strebt. Nur weil der Amtseid abgelegt wird, heißt nicht, dass er erfüllt wird. Das zu behaupten ist völlig lächerlich. Dementsprechend harsch muss man auch über Wendts Aussage urteilen, Esken habe „ein gestörtes Verhältnis zum Staat und seinen Institutionen“. Denn wenn Wendt behauptet, er und die Polizei hätten „Anspruch auf Rückhalt“, dann offenbart er ein gestörtes Verhältnis. Aus großer Macht wächst große Verantwortung, und von der spricht Wendt bezeichnenderweise überhaupt nicht.

10) Firmen besorgt wegen Amazon in Achim: „Wir werden Mühe haben, unsere Leute zu halten“

In einigen Firmen der Region, besonders in Achim, geht bereits die Sorge um. „Wir werden Mühe haben, unsere Leute zu halten“, heißt es schon vereinzelt. Der Bammel ist nicht unbegründet. „Wir halten Kontakt zur Arbeitsagentur Winsen, dort ist zuletzt ein Amazon-Center entstanden“, sagt Büge, „das war und ist eine besondere Herausforderung.“ Auswirkungen habe die Ansiedlung des Versandriesen nicht nur auf vergleichbare Unternehmen, sondern auch auf Gastronomie, Hotelerie und Logistik-Unternehmen. Die Vorgehensweise der Amazon-Personalbüros kennt man bereits an der Aller. „Sie werden sich den örtlichen Arbeitsmarkt anschauen, sie werden das Lohngefüge sondieren, sie werden mit ihren Gehalts-Angeboten leicht über dem Durchschnitt liegen.“ Ein Irrglaube sei es jedenfalls, Amazon werde lediglich den Mindestlohn von gegenwärtig 9,35 Euro pro Stunde zahlen. „Da gehen sie in der Regel drüber.“ (Heinrich Kracke, Kreiszeitung)

Man könnte fast meinen, der Arbeitsmarkt unterliege gelegentlich den Prinzipien von Angebot und Nachfrage. Ich weiß gar nicht, was ich perverser finden soll: Dass die ganzen Unternehmen urplötzlich die Marktwirtschaft blöd finden, wenn sie ihnen Probleme macht, dass Amazon in der Lage ist, in einer Region mit knapp 10 Euro pro Stunde unschlagbar gut zu bezahlen oder dass bereits seit Monaten in dieser Region Vollbeschäftigung herrscht und der einzige Lohndruck von Amazon kommt, die einen so miesen Ruf als Arbeitgeber haben, dass sie gar keine andere Wahl als höhere Löhne haben. Es ist alles zum Heulen.

11) Die Zeit der Neutralität ist vorbei

Als Donald Trump vor fünf Jahren als Präsidentschaftskandidat die politische Bühne betrat, ist nicht nur die „New York Times“ mit ihrem Ausgewogenheitsanspruch an ihm zerschellt. Das Zulassen anderer Meinungen und Sichtweisen funktioniert nur so lange, wie man sich innerhalb einer Bandbreite gemeinsamer Fakten befindet. Dadurch ließen sich früher Propaganda, Verschwörungstheorien und Hassreden als Unsinn aus dem öffentlichen Diskurs im Wesentlichen aussperren. Die Trump-Regierung mit ihren permanenten Lügen und Fehlinformationen hat diese Grenzen verschoben, und seitdem funktioniert der Neutralitätsjournalismus nicht mehr. Im Trump-Zeitalter gilt das Verbreiten noch so obszöner Verschwörungstheorien – wie zum Beispiel jener, Hillary Clinton betreibe einen Kinderpornografie-Ring aus einer Washingtoner Pizzeria heraus – als Meinungsäußerung. […] Das Scheitern der sogenannten Mainstream-Medien an Donald Trump und seinen Anhängern liegt genau darin begründet. Donald Trump konnte überhaupt nur gewählt werden, weil die „New York Times“ oder der Nachrichtensender CNN mit ihrem Anspruch auf journalistische Fairness den abstrusesten Faktenverdrehungen immer wieder Raum gegeben haben. Michelle Goldberg, selbst Kommentatorin bei der „New York Times“, schreibt: „Die Trump-Präsidentschaft ist demagogisch und weitgehend faktenfrei. Was ist, wenn es gar nicht möglich ist, diese Regierung zu verteidigen, ohne sich der Hetze oder Demagogie zu bedienen – oder sich Sachen gleich auszudenken? Es ist diese Sorte Frage, der die Meinungsredakteure der „New York Times“ immer versucht haben, aus dem Weg zu gehen. Sie wollten die Frage als unmöglich deklarieren. Und durch den Versuch des Aus-dem-Weg-Gehens und Als-unmöglich-Deklarierens hat James Bennet erst die Orientierung und dann seinen Job verloren.“ (Philipp Oehmke, SpiegelOnline)

Über dieses Problem in der New York Times habe ich hier ja auch schon oft genug geklagt. Es ist über die letzten Jahre auch hinreichend deutlich geworden, in einer epistemologischen Krise nach der anderen. Geändert hat sich nichts – bis jetzt. Tom Cottons Op-Ed ist zwar wahrscheinlich der Höhepunkt einer langen Kette von Geschmacksentgleisungen, die diese Seiten haben hinnehmen müssen, aber sicherlich nicht die einzige. Die NYT sah sich ja auch als deutlich über der Kritik an Bret Stephens erhaben, dem sie im Rahmen der „Meinungspluralität“ eine Bühne für Klimawandelleugnung zu geben müssen glaubte.

Wir haben hierzulande eine ähnliche Reise in die intellektuelle Wildnis beobachten können. Höhepunkt dieses Bullshits war in meinen Augen die ZEIT, die ergebnissoffen mit Pro und Contra die Frage diskutierte, ob man Füchtlinge im Mittelmeer ersaufen lassen sollte („Oder soll man es lassen?„). Wer derart die Orientierung verliert und sich in seine eigene, selbst-besoffene Neutralitätsidee verrennt, der muss von der Zivilgesellschaft durch Protest zur Ordnung gerufen werden. Diese Art von Neutralität ist die die, die die Schweiz im Zweiten Weltkrieg vertreten hat. Sie ist letztlich eine intellektuelle und moralische Bankrotterklärung.

{ 46 comments… add one }
  • TBeermann 12. Juni 2020, 09:50

    1. Mir ist auch etwas unklar, woher der Sinkflug der FDP kommt. Ich meine, ich weiß, warum ich die Partei nicht mag, aber was hat sich für den Rest der Republik im letzten halben Jahr geändert?

    Na ja, Kemmerich und Thüringen ist jetzt gerade mal drei Monate her, Linders pausenloses Dummgeschwalle zu Corona und die „Wir retten den Diesel un Feuerwerk“ um den Jahres wechsel könnte auch noch mit reinspielen.

    3. Ich interpretiere das eher als Verzweiflung. Biden und sein Umfeld wissen, dass er der Notnagel ist und sich niemand aus Begeisterung hinter ihn stellt. Wirklich glauben wird ihm die Kehrtwende niemand (und er muss hoffe, dass frühes Aussagen und Abstimmungsverhalten nicht in der Fokus gerückt werden). Letztendlich ist es die Hoffnung, dass die Perspektive vier weiterer Jahre Trump und dem aktuellen Trend nicht im Weg zu stehen ausreicht.

    4. Ich glaube, die religiöse Rechte ist das sehr viel rationaler, als man ihr zugestehen möchte. Die interessiert Trumps Charakter und Handeln deshalb nicht, weil er ihnen verschafft, was sie brauchen: Die Mehrheiten in der Judikative.

    Trumps Regentschaft und den dabei angerichteten Schaden sehen sie als Preis, den sie temporär zahlen müssen, um langfristig eine Brandmauer gegen eine weitere Liberalisierung ihrer Kernanligen zu verhindern bzw. früher oder später vermutlich sogar zu versuchen die Zeit zurück zu drehen.

    All die Erklärungen und Interpretationen, mit denen Trump jetzt verklärt wird, sind nur „Smoke & Mirrors“. Die Anhänger mögen das teilweise glauben (wenn sie nicht leichtgläubig wären, wären es keine Evangelikale), dir führenden Köpfe eher nicht.

    • Stefan Sasse 12. Juni 2020, 12:46

      1) Ich fürchte ich bin zu pessimistisch was die Auswirkungen von so was angeht, aber ich hoffe du hast Recht.

      3) Wenn Biden gewinnt, dann einfach nur, weil er nicht Trump ist. Das ist ja auch seine Strategie. Und ich denke eine weise Entscheidung.

      4) „Rational“ ist ein merkwürdiger Begriff hier, weil wenn du tief religiös bist, dann spielen ja die Glaubensinhalte eine Rolle. Was du meinst ist „zynisch“. Daran habe ich keinen Zweifel.

      • TBeermann 12. Juni 2020, 13:17

        1. Wie lange das Gedächtnis da am Ende anhält, wird man sehen. Die Wahl ist ja noch rund 15 Monate hin (im Moment kann man wohl davon ausgehen, dass die Koalition bis zum Ende des Legislaturperiode halten wird).

        Was vermutlich auch eine Rolle spielt, ist die relative Zufriedenheit mit der Regierung, von der vor allem die CDU profitiert und sich wesentlich an der Kanzlerin hängt. Das hat SPD und Grünen wieder einige Prozentpunkte gekostet, aber auch FDP und AfD. In beiden Lagern haben sich vorher eben auch Unzufriedene gesammelt.

        Spannend wird es was passiert, wenn die Union nächstes Jahr eben nicht mehr mit Merkel an der Spitze antritt und wer dann als Spitzenkandidat auftritt und ob diese Person dann eine ähnliche Anziehungskraft entwickelt.

        3. Ich hoffe, das reicht. Sicher bin ich nicht. Eigentlich hätte es schon 2016 klar sein müssen, wer das kleinere Übel ist, trotzdem war die Mobilisierung von Wählern extrem schwach.
        Wenn die rechten Medien, Influencer und Bots erstmal loslegen und Biden richtig bearbeiten, dann bin ich mir nicht sicher, ob es nicht nochmals klappen kann.

        4. Doch, ich meine schon rational. Sie sehen durchaus den Schaden, den Trump anrichtet und die Widersprüche, die dadurch entstehen, aber ihnen ist es wichtiger, bei Themen wie Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften, Gleichberechtigung, Waffen und vor allem Abtreibung für viele Jahre am längeren Hebel zu sitzen.

        • Stefan Sasse 12. Juni 2020, 17:39

          1) Jepp, das unterschreibe ich so.

          3) Oh, ich teile diese Befürchtung, ich sehe nur keine bessere Art für Biden, Wahlkampf zu machen.

          4) Jo, ich denke wir meinen das gleiche, ich würde nur den Begriff hier nicht hernehmen sondern „zynisch“ bevorzugen. Ob das rational ist ist ja gerade gar nicht absehbar; mal angenommen Trumps Präsidentschaft produziert einen riesigen liberalen backlash, dann war es ganz und gar nicht rational.

          • TBeermann 12. Juni 2020, 18:16

            4. Sie haben ihr Ziel schon weitgehend erreicht. Sie konnte zwei Sitze am obersten Bundesgericht neu besetzen. Gorsuch für Scalia hat das Kräfteverhältnis noch nicht all zu sehr verschoben, Kavanaugh für Kennedy war eine spürbare Verschiebung nach rechts.

            Selbst wenn die Demokraten im November und zu den Midterms Erdrutschsiege hinlegen würden, würden sie mit einer extrem liberalen Politik vermutlich nicht durchkommen, zumal Trump schon jetzt knapp ein Drittel der Richterstühle an den Berufungsgerichten neu besetzt hat, insgesamt fast 200 Richter auf Bundesebene. Und ein großer Teil wurde nach politischer Standfestigkeit besetzt.

            Im Moment kann man eigentlich nur hoffen, dass Ruth Bader Ginsburg und Stephen Breyer nicht sterben oder zurücktreten, bevor die Republikaner abgewählt sind.

            • Stefan Sasse 12. Juni 2020, 18:55

              Und dass die Democrats zur Vernunft kommen, term limits für Richter einführen und die courts packen.

  • derwaechter 12. Juni 2020, 10:28

    4) „Wenn ihre Anführer (und es sind alles Männer)“

    Man braucht selbstverständlich nicht lange zu googeln, um herauszufinden, dass das so nicht stimmt. https://www.washingtonpost.com/religion/2020/01/26/paula-white-miscarry-metaphor/

    Aber die meisten natürlich schon. Dass eine Gruppe extrem konservativer Menschen ganz überwiegend von Männern angeführt wird, ist auch wenig überraschend.

    Viel interessanter ist für mich die Frage, warum es überhaupt eine einzige Frau gibt die da auch nur als einfaches Mitglied mitmacht. Stockholm Syndrom?

    • TBeermann 12. Juni 2020, 10:30

      Unter den Predigern gibt es durchaus einige Frauen. Ob die tatsächlich die sind, die Themen setzen und die Richtung vorgeben, ist aber eine andere Frage.

      Und warum sie da mitmachen? Weil sie ein Heidengeld an den ganzen Idioten verdienen, die ihnen nachlaufen

      • derwaechter 12. Juni 2020, 10:37

        „Unter den Predigern gibt es durchaus einige Frauen. Ob die tatsächlich die sind, die Themen setzen und die Richtung vorgeben, ist aber eine andere Frage.“
        Da könnte man jetzt aber versteckten Sexismus rauslesen.

        „Und warum sie da mitmachen? Weil sie ein Heidengeld an den ganzen Idioten verdienen, die ihnen nachlaufen“
        Ich schrieb ja auch von einfachen Mitgliedern

      • Stefan Sasse 12. Juni 2020, 12:48

        Oder weil sie es glauben.

        • TBeermann 12. Juni 2020, 13:03

          In einem gewissen Umfang vielleicht, grundsätzlich eher nicht. Die Leute wissen, dass sie keine göttlichen Stimmen hören (so sie nicht tiefgreifende psychische Probleme haben). Sie wissen, dass das Kauderwelsch, dass sie von sich geben, wenn sie angeblich „in fremden Zungen“ reden, nichts anderes ist, als Kauderwelsch. Ob sie letztendlich simulieren, weil sie absichtlich betrügen oder zum Teil, weil sie meinen, sie müssten diese Stimmen hören, das kann man sicher nur um Einzelfall abfragen.

    • Stefan Sasse 12. Juni 2020, 12:48

      Nö, ich meine es gibt ja auch Schwarze oder Homosexuelle die Trump wählen. Die bewerten einfach nur bestimmte Position höher als andere. Ich müsste ja wenn es um meine persönliche wirtschaftliche Lage geht auch eher CDU oder FDP wählen als progressiv, aber ich wähle „gegen meine wirtschaftlichen Interessen“, weil mir andere Sachen wichtiger sind. Genauso machen das andere auch.

      • derwaechter 12. Juni 2020, 22:20

        „Nö“ bedeutet, dass du die Frage warum Männer etwas wählen was ihren patriarchalischen Interessen dient interessanter als die Frage warum Frauen oder Minderheiten gegen ihre fundamentalen Interessen wählen?

        Wenn ein Schwarzer einen Rassisten wählt halte ich für durchaus bemerkenswerter als wenn ein Lehrer nicht FDP wählt. But maybe that’s just me 🙂

        • Ariane 13. Juni 2020, 01:01

          Gerade in den USA würde ich aber auch noch mit bedenken, dass das so ein Schmelztiegel ist und die Minderheiten untereinander auch Konflikte haben. Genau wie hier in Deutschland, die größten Nicht-Biodeutschen-Rassisten sind meistens die Osteuropäer, weil das da nie aufgearbeitet wurde.

          Und wir das bescheuertste Einwanderungsrecht der Welt haben dank der Union, die niemanden legal einwandern lässt, aber wer nichtvertriebene Deutsche unter seinen Vorfahren hatte, hat direkt die deutsche Staatsbürgerschaft sogar bekommen. Statt der Dolchstoßlegende von unkontrollierter Einwanderung junger Araber hatten wir ab 1990 in dieser konfusen Situation eine recht unkontrollierte Einwanderung von Menschen mit stärkeren rassistischen Vorstellungen als der Durchschnittsdeutsche.

        • Stefan Sasse 13. Juni 2020, 10:03

          „Nö“ zu ob das Stockholm-Syndrom ist.

          • derwaechter 14. Juni 2020, 17:14

            Das war natürlich überspitzt formuliert 🙂

    • Ariane 13. Juni 2020, 00:55

      Weil sektierisches Eifern geschlechtsunabhängig sind, die Frauen neigen nur seltener zu den Extremen, deswegen sind sie an beiden extremen Enden normalerweise viel seltener zu finden. Oder an anderen Fronten (Ess-Störungen, Impfleugnen, Esoterik etc. sind zb typische Frauendinge)

      Bei Religion und Politik sind Frauen daher häufiger auf irgendeiner unteren Hilfs-Ebene zu finden. Und im konservativen Milieu hält man auch nicht viel von Frauen in Führungspositionen.

  • sol1 12. Juni 2020, 13:14

    Die Linke und die FDP sind sich ja ziemlich ähnlich. Ein Teil der Politiker ist kompetent und macht Sacharbeit (natürlich auf der jeweiligen ideologischen Grundlage), ein Teil ist mit dem Aluhut unterwegs und glaubt jeden Unsinn über die bösen Machenschaften des Kapitals bzw. der Klimalobby.

    Die FDP ist vermurtlich deshalb volatiler in ihren Umfragewerte, weil im Gegensatz zur Linken Solidarität dort keinen hohen Stellenwert hat, dafür aber das Bestreben, auf der Seite der Gewinner zu stehen.

    Interessant auch der Blick auf die Größe der potentiellen Wählerschaft:

    https://www.insa-consulere.de/insa-analysis-potentiale/

    • Stefan Sasse 12. Juni 2020, 17:35

      Das kann natürlich sein, aber es ist letztlich nur ein educated guess. Da müssen erst noch Wahlforscher ran, und das ist ein Thema, das in Deutschland leider bei weitem nicht so viel Aufmerksamkeit erfährt wie in den USA.

    • Ariane 13. Juni 2020, 01:03

      Mein Tip wäre, dass die FDP und die LINKE stark populistische Anteile haben und die auch in den Medien viel stärker mit Aufmerksamkeit belohnt werden (in unterschiedlichen natürlich), die sind quasi die Hauptfeinde mit Grund. Während die Grünen bei Konservativen die eigentlichen Hauptfeinde sind, aber nicht so doof.

  • Ralf 12. Juni 2020, 17:13

    zu 1)

    Dass FDP und Grüne Wähler verlieren, ist eigentlich nicht so verwunderlich. Krisen sind immer Zeiten für die Regierung, die sich mit Maßnahmen profilieren kann, während die Opposition zuschauen muss. Außerdem definieren Krisen auch die Schlüsselthemen der Zeit. Das sind im Augenblick Covid-19 und der wirtschaftliche Wiederaufbau. Klima (Grüne) und Steuersenkungen für Reiche (FDP) sind erstmal out. Und sowohl die Wähler der Grünen als auch die Wähler der FDP sind überwiegend dem politischen Mainstream zuzuordnen und damit im Spektrum der Mitteparteien einigermaßen fluide. Bei der LINKEN und bei der AfD, die beide gegen den Mainstream stehen, ist die Situation normalerweise starrer. Erfreulich also, wenn die AfD trotzdem Wähler verliert.

    • Stefan Sasse 12. Juni 2020, 17:41

      Mich freut die Entwicklung absolut auch! Ich finde es nur auffällig, dass die Bewegung bei manchen Parteien deutlich stärker ist als bei anderen.

    • Hias 12. Juni 2020, 20:09

      Ich denke mal, dass bei der AfD der interne Grabenkampf zwischen Vorstand und dem Flügel mehr zum Absturz in den Meinungsumfragen beigetragen hat als die Corona-Pandemie.
      Eventuell hatte die AfD sogar Glück im Unglück, da die interne Auseinandersetzung medial kaum Niederschlag fand.

      • Stefan Sasse 12. Juni 2020, 20:32

        Aber warum? Ich höre das so oft als Erklärung, aber belegt scheint mir das nicht wirklich.

        • Hias 13. Juni 2020, 13:57

          Naja, mit dem Ausschluss von Kaulitz greift der Vorstand den rechten Flügel frontal an und kündigt damit zunächst mal direkt das alte Einverständnis auf, dass man nach rechts offen ist. Hinzu kommt, dass interne Streitigkeiten nie gut ankommen. Das ergibt jetzt erstmal eine Delle.
          Ich würde das aber nicht überbewerten, die AfD ist noch weit entfernt davon in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden oder sich zu spalten.

        • Ariane 14. Juni 2020, 00:52

          Ich glaube, die sind beide zu weit weg von der Gesamtstimmung in der Bevölkerung. Hat gerade jeder zuviel eigene Probleme als Zeit für so Populistenquatsch zu haben. Deswegen verlieren AfD, LINKE und FDP. Bzw die LINKE und SPD bleiben einfach festgenagelt, die rechten Populisten verlieren.

          Wer hat denn grad Zeit, sich mit Flüchtlingen bei geschlossenen Grenzen, Steuersenkungen bei sozialen Problemen (wo dies Jahr eh vermutlich keiner Steuern zahlt) oder der Abschaffung der Bundeswehr/Polizei(?) zu kümmern. Nur Leute ohne Großprobleme. Stunde der Pragmatiker.

          Deswegen gewinnen CDU/CSU und die Grünen. Und die SPD hat keinen eigenen Willen mehr, die macht einfach alles mit (zumindest medial gesehen).

          Das wäre meine Analyse.

  • Ariane 13. Juni 2020, 02:22

    2) Trump vs Obama
    Ich finde, das ist klassische Konterrevolution und die Parallelen zum Bürgerkrieg werden auch immer offensichtlicher, nur dass es damals mit dem Wahlsieg Lincolns losging und das jetzt zeitlich versetzt ist, aber diese „Trotzreaktion“ dass der Feind gewählt wurde ist derselbe finde ich. Passt auch dass er meinte, der Süden wäre siegreich oder sowas.

    5) Ariane würde jetzt sicher noch das Loblied auf Frau Giffey anstimmen.

    Eigentlich auf alle SPD-Frauen, Schwesig und Dreyer machen auch einen sehr guten Job. Das weiß nur keiner. Und kaum fällt mal auf, dass eine Frau in der SPD gute Arbeit macht und sich vorwagt und richtige Dinge sagt und tut, bekommt sie sämtlichen Hass der Welt und vor allem aus der eigenen Partei ab. Schon wieder. Damit am Ende Scholz der strahlende Kanzlerkandidat ist. Gott geht mir die Partei manchmal auf den Keks.

    Passt ja auch auf 6) weil sie ja doch mal erwähnt hat, dass wir ein Rassismusproblem innerhalb der Polizei bzw Deutschlands haben. Das rein zufällig von Leuten wie Scholz, Tschentschner und Pistorius mit verursacht und gedeckt wurde.

    Die Jamaika-Koalition in SH darf jetzt den ganzen Dreck aufräumen, Weiß nicht, ob ich das schon verlinkt hatte: Der Polizeigewerkschaftschef (ja gleiche wie Wendt, warum ist der noch im Amt eigentlich?) ist im Dezember zurückgetreten: https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Polizeigewerkschafts-Vize-Nommensen-tritt-zurueck,polizeigewerkschaft130.html

    Der Innenminister auch gerade, Nazis, Rocker, Geheimnisverrat und Verbindungen zu Rockern heißt eigentlich immer Menschenhandel, Drogen, alles. Deswegen möchte ich auch das Wort Clankriminalität durch Mafia / Bandenkriminalität ersetzen. Und nö, ist kein Geheimwissen, heutzutage sind Polizeiwagen blau, weil der Schill und sein Kumpel sich das mal überlegt haben. War live im Fernsehen zum Gnochwas-Gipfel.
    Die SPD bekommt das nicht aufgeräumt, da brauchen wir schon bessere Koalitionspartner oder noch mehr Druck.
    Ach, heute gerade einer der größen Drogenhändler des Darknets in Hamburg aufgeflogen, wurde gelobt für seinen professionellen Service.
    https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/50367/4622140

    Trump ist nicht der einzige, dessen Vorbild Al Capone ist. Und der Kiez ist auch grad keine Touristenattraktion mehr (obwohl das natürlich auch gerade überlegt wird, wie man St. Pauli wieder aufmacht)

    8) Churchill-Statue

    Erinnert mich irgendwie an die peinlichen Niebel-Fotos als er mal auf Besuch in Afrika war. Hoffe, das war die Statue, die in der Themse versenkt wurde dann? Wundere mich ja immer, dass ihnen nicht selbst auffällt wie peinlich daneben das ist.

    10) Amazon in Achim

    Mir kam noch viel Schlimmeres zu Ohren sogar: (war aber vor Pandemie) Es gibt in Winsen/Luhe einen Betriebsrat, es wird Tariflohn bezahlt und Gewerbesteuern im Ort bezahlt. Von der ganzen Infrastruktur-Investition in der heruntergekommenen Pampa gar nicht erst zu reden. Sogar ein Mobilitätskonzept gehört dazu (vermutlich mies geplant, aber Leihfarräder an den Bahnhöfen und so)!

    Das ist das Problem mit dem Klassenkampf der Vorstadt (natürlich gab es eine Bürgerinitiative dagegen). Weil die Leute hier ihre Ruhe wollen, aber nicht im Ort leben und arbeiten und dann soll das bitte auch kein anderer vernünftig tun dürfen, man hatte hauptsächlich Angst vor Verkehrslärm und ja die Unternehmer (nein, nicht die Kleinselbständigen wie mein Friseur oder mein Fußballcafé, die keinen rausgeschmissen haben) wollen gerne von den Billiglöhnen profitieren, die sie (Logistik) gerne den Migranten oder Schülern/Studenten zahlen. Die miesesten Jobs werden übrigens von Bremern ausgeübt, weil – logischerweise – es hier quasi NULL Wohnraum außer Einfamilienhäusern gibt und wir direkt neben dem Industriegebiet nur drei Neubauviertel für Eigenheime haben. Insofern bin ich sehr froh über komische, undurchsichtige Verträge, sonst würde schon alles hier dem Lindner-Freund dem weißrussischen Immobilienkonsular-Mogul gehören.

    11) Bothsiderismus/Neutralität

    Bei der ZEIT hat da schon eine erhebliche Verbesserung stattgefunden, ist mir schon seit Thüringen oder Hanau aufgefallen, da hat die Empörung was gebracht. Mein neuestes Hassobjekt ist der Layouter von Spiegel-Online, der Horrornachrichten über Tote problemlos neben die Frage packt, ob der Sommerurlaub teurer wird oder ob die Mehrwertsteuersenkung nun gut oder schlecht wird.

    Und diese Beobachtung der Lokalpresse (und damit meine ich den NDR!) der sonst ja einen guten Job macht, frustriert mich absolut total. Da findet man überhaupt nichts kritisches auf der Seite über Werften, Kreuzfahrten, Tourismus, Bauernverbände, Schlachtbetriebe. Irgendwo mal ne Meldung, es hat drei Tote gegeben. Fertig. Und weil ÖR vielleicht wenn man Glück hat, einen Link zur Tagesschau. Aber die ÖR-Begeisterung für Kreuzfahrten ist sowieso abartig, für Pharmagedöns auch. Die sind mitverantwortlich für den Trend, weil Rentner das gut finden. Die mögen aber auch Butterfahrten einmal an die dänische Küste, die sind viel unproblematischer. Aber ist ein Grund, warum ich den ÖR lieber ganz aus dem Kostendruck raushätte als abzuschaffen. Dann könnten sie nämlich viel unabhängiger agieren und müssten nicht immer die Rentner unterhalten wollen und auf merkwürdige Ideen wie Luxuskreuzfahrten, Tablettenmissbrauch oder böses Internet bringen. Die machen ja durchaus dazwischen auch mal gutes Fernsehen.

    • Stefan Sasse 13. Juni 2020, 10:02

      2) Ja, die Parallelen sind stark.

      5) 😀

      6) Die Pro-Polizei-Haltung der SPD mit maximaler Härte nach innen hat ihnen unter Rot-Grün die rechte Flanke decken geholfen, das wirkt bis heute nach. Haben Clinton und Blair ja auch so gemacht. Und die Akteure wurden mittlerweile etwas vom geänderten Zeitgeist überrollt.

      8) Identity politics is hell of a drug.

      11) Ich glaub das ist bei SpOn eine Algorithmus.

      • Ariane 13. Juni 2020, 11:17

        6) Ja, das braucht glaube ich wirklich einen vollständigeren Generationswechsel. Glaube deswegen ist das mit Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken gerade nicht so schlecht, weil die vorher nie im Rampenlicht standen und es eher gewohnt sind, mit normalen Menschen und nciht mit der Medienblase zu reden. Und deswegen bekommt Esken das auch gerade ab, weil die Medienblase auch aus solchen Leuten besteht.

        Diese alte Riege der SPDler muss schon weg und generell sollten wir mal sämtliche Länder-Innenministerien von vorne bis hinten neu besetzen glaub ich. Der aus NRW hat zur Pädophiliesache in Münster von psychischem Mord der Opfer gesprochen. Das widert mich genau so an. Mittlerweile scheint Seehofer der vernünftigste Innenminister Deutschlands zu sein.

        Was schlecht ist, weil die CSU selbst gerne Identitätspolitik betreibt und leider bei sich selbst nur so halb aufräumt. Der Gerd Müller scheint ja wirklich gute Ideen zu haben. Aber dann müssen die korrupte Leute wie den Scheuer und den Dobrindt halt mal kaltstellen. (und dann gerne bundesweit antreten, bis die CDU sich berappelt hat).

        8) Das letzte, was ich von der Churchill-Front sah und las war übrigens, dass eine Bande von weißen Polizisten jetzt rund um die Statue permanent Wache steht. Das ist noch bekloppter 😀

    • Hias 13. Juni 2020, 14:17

      Sry, aber dass die SPD-Frauen nicht wahrgenommen werden, das würde ich so nicht unterschreiben. Giffey hat innerhalb der Partei sehr viele Unterstützer, meiner Wahrnehmung nach mehr als Heil oder Maas (um mal andere Bundesminister zu nennen).
      Und dass Schwesig und Dreyer kaum medial wahrgenommen werden hängt halt mMn auch damit zusammen, dass beide schwer krank waren bzw. sind. Und obwohl beide meiner Beobachtung nach einen sehr guten Job machen, halten sie sich aus diesen Gründen halt auf Bundesebene zurück.
      Und Essen und Borjans haben beide als Parteispitze nicht so glücklich agiert, so dass man jetzt auch nicht erwarten kann, dass nach einer Wortmeldung alle vor Freude jubilieren.

      Und auch wenn ich kein Freund einer Scholzschen Kanzlerkandidatur bin, er hat einen massiven Vorteil gegenüber allen anderen (bis auf Dreyer, die leider ausfällt): er hat schon mal Wählen gewonnen!

      • Ariane 14. Juni 2020, 01:14

        Und auch wenn ich kein Freund einer Scholzschen Kanzlerkandidatur bin, er hat einen massiven Vorteil gegenüber allen anderen (bis auf Dreyer, die leider ausfällt): er hat schon mal Wählen gewonnen!

        Ah ja? Wann war denn seine letzte gewonnene Wahl, das ist Ewigkeiten her. Deswegen ist er in Polizeibrutalität und Cum-Ex-Sachen verstrickt bis über beide Ohren. Das wisst ihr Südler vielleicht nicht, aber der braucht überhaupt nicht antreten. Das geht total in Skandalen unter in einem Wahlkampf. Genau deswegen darf es niemand aus der Nord-SPD über 40 werden.

        Und Dreyer und Schwesig sind gut, aber das wissen nur wir Politiknerds, überregional treten die überhaupt nicht in Erscheinung.

        Die Giffey ist perfekt. Die hat das Kindchenschema – wie Greta und Drosten. Wer einen Angriff auf sie wagt, wird von der halben Republik verteidigt, das ist für die Angreifer viel gefährlicher als für sie.
        Esken ist zu herb, wie Nahles (und AKK) – die kommen nicht so hoch, die werden vorher weggemobbt.

        Ich mag AKK, die hat jetzt die richtige Position. Besser als vdL, die kann den Sauhaufen aufräumen, die lässt sich nichts gefallen. Hat mir auch gut gefallen, wie sie mit den ständigen Merz-Herausforderungen umgegangen ist. Aber da gewinnt man in Deutschland leider keine Wahlen mit. Giffey und Merkel – das sind Frauen, die Wahlen gewinnen.

        Mit Scholz oder Mützenich (wer zum Teufel ist das überhaupt, hat der noch andere Programme außer raus aus der NATO?) braucht die SPD nicht antreten, nicht mal gegen Merz und der hat weiß Gott genug eigene Angriffspunkte.

  • schejtan 13. Juni 2020, 11:51

    indirekt zo 2)

    Ist irgendwie schon krass, dass es eine extra Meldung dazu gibt, dass Trump eine Wahlniederlage akzeptieren wuerde…

    • Stefan Sasse 13. Juni 2020, 13:54

      Das wird ohne mit der Wimper zu zucken hingenommen. Eine irrsinnige Verschiebung von Maßstäben.

      • Ariane 14. Juni 2020, 03:34

        Bin ich eigentlich die einzige, die erleichtert ob der Antwort aufgeatmet hat? Ich meine, ich glaube, sie wollen die Wahl einfach manipulieren, aber sonst hätten sie einfach jetzt schon richtigen Bürgerkrieg.

        • Stefan Sasse 14. Juni 2020, 09:47

          Ich fürchte ich muss dich enttäuschen. Diese Antwort ist völlig wertlos, weil Trump die Niederlage ja gar nicht eingestehen würde.

          • Ariane 15. Juni 2020, 04:39

            Schon klar, ich fands unklug von Biden, das Thema JETZT aufzumachen. Der Typ ist halt auch schon im Opa-Alter. Ich finde es sehr eindeutig, dass der Plan ist, die Wahl zu manipulieren und da müssen sie ran. Oder direkt jetzt Bürgerkrieg führen, aber mir wäre es echt lieb, wenn es ohne noch mehr Tote abgeht. 🙁

  • Hannes 13. Juni 2020, 17:27

    Zu Nr. 9

    Die einzig brauchbare Reaktion auf Rainer Wendt ist das Ignorieren und Böhmermanns Lied über ihn anzuhören. 🙂
    https://www.youtube.com/watch?v=QwAm7RnrZyo

    • Ariane 14. Juni 2020, 03:42

      Da waren doch zwischendurch auch zig Skandale? Ich meine, der ist ja schon ähnlich diskreditiert wie Sarrazin oder Clement oder so, aber wieso ist der Typ noch im Amt? Rechts der Mitte scheint Korruption ja kein Thema mehr zu sein, solange man dabei die Springer-Presse nicht verärgert.

      Ja, Al Capone. Alle zuviele Mafiafilme geguckt. Die alten.
      Würde mal eher zur Beschäftigung mit linksalternativen Subkulturen raten, alle die ich kenne – unabhängig vom Alter – waren/sind von der britischen Arbeiterklasse geprägt worden. Oder auch häufig von der französischsprachigen Subkultur. Kosmopolitisch ist Deutschland noch gar nicht solange und das merkt man noch oft finde ich. Glaube die bekanntesten internationalen deutschen sind der Sänger von Rammstein und Fatihi Akin. Und die gehören natürlich zu unterschiedlichen politischen Spektren.

  • Ariane 15. Juni 2020, 04:46

    Hab den Überblick über die Nachrichtenlage ja so ein bisschen verloren, aber die Investitin in mein Korrespondenten-Netzwerk im März hat sich eigentlich gelohnt. (abgesehen von: man erfährt Dinge, die man nie wissen wollte)

    Aber: Es gab eine „Panne“ im niedersächsischen Innenministerium und Verfassungsschutz. Berichtet der NDR (ich bin ja echt etwas skeptisch geworden, ich glaube die stehen finanziell oder so unter Druck, die krassen Themen haben sie kaum noch auf der Seite).

    https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Verfassungsschutz-beobachtet-Falschen,verfassungsschutz702.html

    Und die Zeit ist an der Hamburg-Sache dran:
    https://twitter.com/JuliaKopatzki/status/1271838763698851842

    Also immerhin, Teile der Presselandschaft sind wieder angesprungen und aktuell wird ausgegraben ohne Ende. Auch großes Kompliment an die ZEIT nochmal, die haben sogar eine Lesezeichenfunktion oder so eingerichtet.
    Habe dabei festgestellt, dass ich sogar registriert bin und wurde als erstes informiert, dass mein Passwort nicht sicher ist. Großartig.

    Also das Ziel, jedes Innenministerium umzukrempeln und den ganzen Dreck, der da seit Jahrzehnten oder länger läuft (Baseballschlägerjahre) herauszuholen, scheine zum Glück nicht nur ich zu haben. Go!

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