Habeck erschüttert die Gewissheit des Silicon Valley mit norwegischen Ladesäulen und alten Theorien internationaler Politik – Vermischtes 12.12.2024

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Erschütterungen der Weltgewissheit

Die These, dass die Demokratie in Gefahr ist, hat sich von einer strittigen Behauptung zu einer allgegenwärtigen Feststellung entwickelt. Doch wie konnte es soweit kommen? Warum erstarken autoritäre Kräfte global, warum dominieren sie selbst in traditionell stabilen Demokratien? Der Text analysiert die Ursachen und bietet Erklärungsansätze entlang mehrerer Faktoren: 1. Propaganda und Medienwandel Autoritäre Bewegungen setzen systematisch auf Propaganda und Desinformation. Der Zusammenbruch traditioneller Gatekeeper und die virale Dynamik sozialer Medien begünstigen extreme Positionen. Propaganda ist jedoch nicht allein ursächlich – sie wirkt in einem Kontext, der ihre Botschaften aufnimmt. 2. Strukturelle Erklärungen Globale Erschütterungen wie die Pandemie, Russlands Angriffskrieg oder die Klimakrise destabilisieren Gesellschaften. Hinzu kommt der technologische Wandel, der alte Öffentlichkeitsstrukturen auflöst und radikale Meinungen verstärkt. 3. Normalitarismus und Identitätspolitik Der rasche gesellschaftliche Wandel hin zu mehr Diversität und Gleichheit erzeugt Abwehrreaktionen. Der Begriff „Normalitarismus“ beschreibt eine Sehnsucht nach alten Privilegien und Hierarchien, die rechte Bewegungen mobilisieren. 4. Geopolitische Verschiebungen Der Aufstieg Chinas und die militärischen Aggressionen Russlands symbolisieren den Kontrollverlust des Westens. Diese Dynamiken erzeugen Unsicherheiten, die autoritäre Bewegungen ausnutzen. 5. Sozioökonomische Faktoren Wachsende Ungleichheit, steigende Lebenshaltungskosten und die Erosion des Wohlfahrtsstaats verstärken die Anfälligkeit für extrem rechte Parteien. Gleichzeitig schaffen diese Parteien keine Lösungen, sondern instrumentalisieren Unsicherheit. Fazit: Ohnmacht und Unsicherheit Die Weltgewissheit vieler Menschen ist erschüttert. Um Demokratie und soziale Stabilität zu sichern, braucht es neue Strategien zur Herstellung von Sicherheit und Handlungsfähigkeit. Dabei muss die Balance zwischen notwendigen Veränderungen und deren sozialer Akzeptanz gewahrt werden – eine komplexe, aber unverzichtbare Aufgabe. (Jonas Schaible, beimwort)

Jonas Schaible ist einer der größten öffentlichen Intellektuellen, die gerade im Journalismus unterwegs sind. Egal, wie man zu seinen Positionen inhaltlich steht, man kann – und muss – sich mit ihnen auseinandersetzen. Er entwickelt Denkgebäude und strukturelle Analysen und entwickelt diese auch, wie der vorliegende Artikel zeigt, konsequent weiter. Nach wie vor halte ich etwa seine These vom Normalitarismus für einen der besten Erklärungsansätze der Anziehungskraft der Populisten von rechts wie links, und seine Betrachtungen zur Wirkung von Propaganda sind auch differenziert und tragfähig. Manches, was er hier sagt, ist mittlerweile beinahe schon Allgemeinplatz; man darf geradezu dankbar sein, dass er das Wort „Polykrise“ nicht um sich wirft, auch wenn natürlich genau darauf alles hinausläuft. Ich möchte am (unbedingt lesenswerten und nur zusammenfassten!) Artikel noch den Begriff der Weltgewissheit hervorheben, beziehungsweise ihres Verlusts. Wenig dürfte so sehr für Erschütterungen sorgen wie dieser Verlust, was noch viel mehr ins Zentrum von Erklärungen und Analysen rücken müsste, anstatt dass man immer nur die eigenen ideologischen Vorlieben spiegelt.

2) Why did Silicon Valley turn right?

Die Beziehung zwischen progressiven Kräften und der Tech-Branche in Silicon Valley hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Der Artikel kritisiert einfache Erklärungen, wie die These, dass progressive Politik Tech-Eliten entfremdet habe. Stattdessen wird argumentiert, dass diese Entwicklung auf zwei parallele Krisen zurückzuführen ist: den Niedergang des Neoliberalismus und das Ende des „Palo Alto Consensus“ in Silicon Valley. Diese Krisen haben die Interessen und politischen Koalitionen zwischen beiden Gruppen auseinandergetrieben. Historisch basierte die enge Beziehung auf einem gemeinsamen Glauben an neoliberale Grundsätze, wie die Minimierung staatlicher Eingriffe und die Förderung von Innovation. Dieser Konsens erlaubte Tech-Eliten, sich progressiven sozialen Anliegen anzuschließen, während wirtschaftliche Regulation weitgehend ausgeklammert blieb. Gleichzeitig prägte die Überzeugung, dass Innovation die Demokratie weltweit fördern könne, die Identität von Silicon Valley. Dieser Glaube ist jedoch geschwunden. Die Realität autoritärer Regierungen, die Technologien zur Unterdrückung nutzen, sowie die negativen sozialen und politischen Effekte von Plattformen wie Facebook haben das Vertrauen in die Verbindung von Innovation und Liberalismus erschüttert. Gleichzeitig haben sich progressive Kreise in den USA von neoliberalem Denken entfernt, setzen stärker auf Regulierung und kritisieren Monopole. Das führt zu Spannungen mit Tech-Unternehmen, die Regulierung weiterhin ablehnen. Silicon Valley ist zunehmend von Ideen durchzogen, die Innovation als eigenständigen Wert begreifen, unabhängig von liberal-demokratischen Idealen. Manche argumentieren für Innovation als Mittel im geopolitischen Wettstreit, andere sehen demokratische Prozesse sogar als Hindernis. Der Artikel betont, dass die Entfremdung zwischen Progressiven und Tech-Eliten nicht monokausal ist. Vielmehr sind es tiefgreifende ideologische Verschiebungen auf beiden Seiten, die neue, noch instabile Koalitionen formen. Eine einseitige Schuldzuweisung sei daher unzureichend, und es bedürfe einer differenzierten Analyse, um die politischen Möglichkeiten der Zukunft zu verstehen. (Henry Farrell, Programmable Mutter)

Farrells Analyse einer Divergenz zwischen den beiden Richtungen ist sehr spannend. Die Beobachtung, dass die Techindustrie und die Obama-Democrats (for lack of a better word) eine sehr enge Beziehung hatten, ist ja nichts Neues. Das wurde ihnen von linken Rand ja damals beständig vorgeworfen. Die Beziehung ging ja auch bis tief in die Wallstreet hinein. Obama war letztlich der Erbe und, wie sich mittlerweile herausgestellt hat, letzte Verwalter einer Ordnung, die bei Jimmy Carter und Ronald Reagan begann, mit Clinton endgültig Mainstream wurde und mittlerweile von beiden Parteien abgelehnt wird. Chris Hayes nannte ihn nicht zu Unrecht das „crowning achievement“ der meritokratischen Ideologie. Aber der Vertrauensverlust der demokratischen Wählendenschaft (und noch vorher der republikanischen!) – Jonas Schaible würde es wohl einen Verlust von Weltgewissheit nennen – lässt die Leute seither damit hadern. Die spezifisch neoliberale Herangehensweise, die so gut mit dem sozialen Progressivismus harmonierte, existiert in keiner Partei mehr. Dass die Techindustrie dann mehr Überlapp mit den Republicans findet, dürfte wenig überraschen. Farrell hat absolut Recht damit wenn er sagt, dass das Projizieren eigener ideologischer Vorlieben auf Geschehnisse nichts erklärt; pundit’s fallacy indeed.

3) Devant la guerre

E. H. Carrs Buch The Twenty Years’ Crisis 1919-1939 bleibt erschreckend aktuell. Carr analysiert die strukturellen Mängel des internationalen Systems nach dem Ersten Weltkrieg, die zum Zweiten Weltkrieg führten, und zieht Parallelen zur heutigen geopolitischen Lage. Er argumentiert, dass der Versailler Vertrag eine fehlerhafte Ordnung schuf, die einige Nationen privilegierte, während andere ausgeschlossen oder benachteiligt wurden. Dies führte zu tiefem Unmut, insbesondere bei Deutschland, Italien und Japan, und bereitete den Boden für Konflikte. Carr betont, dass internationale Stabilität nur erreicht werden kann, wenn dominante Mächte ihre Macht teilen und ein Gleichgewicht schaffen, das auch benachteiligten Staaten eine faire Teilhabe ermöglicht. Die Parallelen zur Gegenwart sind beunruhigend: Nach dem Ende des Kalten Krieges entstand eine neue Ordnung, in der die westlichen Siegermächte (USA, Großbritannien, Frankreich und ein wiedervereinigtes Deutschland) dominieren, während Russland sich benachteiligt fühlt. Carrs Argument, dass unzufriedene Mächte letztlich militärische Mittel ergreifen, um ihre Interessen durchzusetzen, spiegelt sich im aktuellen Ukraine-Konflikt wider. Russland, ähnlich wie Deutschland in den 1930er Jahren, sieht keinen anderen Weg, die von ihm wahrgenommene Ungerechtigkeit zu korrigieren. Carrs Analyse, die er 1938 verfasste, warnt vor den Folgen eines Systems, das Ungleichheit und Unzufriedenheit institutionalisiert. Die Hoffnung bleibt, dass die heutige Welt nicht denselben Pfad der Eskalation einschlägt wie damals, doch Carrs Werk mahnt eindringlich zur Reflexion über Macht, Gerechtigkeit und internationale Stabilität. (Branko Milanovic, Global Inequality)

Ich bin ehrlich gesagt immer sehr skeptisch, wenn jemand Monografien ausgräbt, die mehrere Jahrzehnte alt sind. Ich habe Carr nicht gelesen, aber der Mann ist ja effektiv Gegenwartshistoriker. Das Buch, von dem Milanovic hier spricht, erschien 1939! Egal, wie gut Carr seine eigene Zeit analysierte, ich kann mir nicht vorstellen, dass es heute noch die Relevanz hat, die Milanovic ihm hier zuspricht. Ich halte auch die These, die er hier aufstellt, indem er Carr auf die Situation 2024 anwendet, für wenig aussagekräftig. Die Ungerechtigkeit, die Deutschland in den 1930er Jahren empfand, war aus ideologischer Verblendung geboren. Der Versailler Vertrag war seit 1932 totes Papier; eine Notwendigkeit zu Krieg gab es nicht. Gegen Gefühle von Benachteiligung lässt sich auch nur schwer angehen. Was genau hätten die Großmächte in den 1930er Jahren tun müssen, um den Krieg mit Deutschland zu vermeiden, bei dem auch noch eine „faire“ Berücksichtigung der Interessen kleiner Staaten eingepreist wäre? Deutschland strebte nach totaler Dominanz, und wir wissen, dass Hitler keine Verbündeten kannte, sondern nur Vasallen. Ob ein Russland, mit dem man Macht geteilt hätte – was nichts anderes bedeutet, als Osteuropa zumindest teilweise seiner Dominanz preiszugeben – weniger aggressiv gewesen wäre, halte ich auch beileibe nicht für ausgemacht. Nein, mich überzeugt weder die Parallele noch die Argumentation.

4) Der Verbrenner ist død

Der Artikel beschreibt Norwegens Weg zur Elektromobilität und beleuchtet dabei die strukturellen, politischen und kulturellen Voraussetzungen, die das skandinavische Land zum weltweiten Vorreiter machen. Bereits 95 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge in Norwegen sind elektrisch, was auf strikte Steuerpolitik und wirtschaftliche Anreize zurückzuführen ist. Seit 2025 wird der Kauf von Verbrennern durch hohe Steuern unattraktiv gemacht, ein indirektes Verbot, das den Umstieg auf Elektroautos fördert. Gleichzeitig profitieren E-Auto-Besitzer von steuerlichen Vorteilen und günstigem Strom, der etwa die Hälfte dessen kostet, was in Deutschland berechnet wird. Trotz dieser Erfolge zeigt der Artikel, dass auch in Norwegen Vorbehalte gegen Elektroautos bestehen, vor allem in ländlichen Regionen, wo die „Reichweitenangst“ ein Thema bleibt. Dennoch hat sich eine breite Auswahl an gebrauchten E-Fahrzeugen etabliert, was den Umstieg für viele erleichtert. Infrastrukturprobleme wie eine begrenzte Anzahl von Ladepunkten existieren, werden jedoch durch eine bessere Verfügbarkeit von Schnellladestationen kompensiert. Norwegens Erfolg beruht auch auf seinem wirtschaftlichen Wohlstand, der durch Öl-Exporte gesichert ist. Die Regierung kann großzügig in die Elektromobilität und die notwendige Infrastruktur investieren, ohne Rücksicht auf eigene Autohersteller nehmen zu müssen, da diese fehlen. Ironischerweise bleibt Norwegen einer der größten Öl-Exporteure weltweit, während der Inlandskonsum auf Elektromobilität umgestellt wird. Zusammenfassend zeigt der Artikel, wie Norwegen durch kluge politische und wirtschaftliche Entscheidungen eine Vorbildfunktion im globalen Wandel zur Elektromobilität einnimmt, aber auch, dass der Erfolg stark von den spezifischen Gegebenheiten des Landes abhängt. (, ZEIT)

Ich finde vor allem den Teil der Reportage spannend, der auf die Befürchtungen abzielt, weil diese so sehr denen in Deutschland ähneln (und, das darf man vermuten, weitgehend universell sind). Auf der einen Seite ist es immer wieder auffällig, dass die „Reichweitenangst“ in meinen Augen vor allem auf einem gefühlten Nutzungsprofil beruht, das wenig Verankerung in der Realität hat. Im Durchschnitt werden Autos in Deutschland rund 38km pro Tag bewegt. Das ist nur knapp über der Reichweite von niedrigpreisigen Elektro-Scootern. Für längere Fahrten ist ohnehin nicht die Batterie das entscheidende, sondern das Ladenetz. Bei Verbrennern schaut ja auch keiner auf die Tankgröße. Die Verfügbarkeit von Schnellladesäulen ist entscheidend. Offensichtlich kommt man in Norwegen sowohl mit den eAutos als auch mit Wärmepumpen trotz kälteren Klimas gut zurecht. Auch der Weg dorthin überrascht mich wenig: eine konsequente Besteuerung von Verbrennern zugunsten der eMobilität. Man hatte einen Plan und hat ihn umgesetzt. Das ist immer hilfreich. – Auf der anderen Seite zeigt das norwegische Beispiel aber auch, dass die individuelle Mobilität, sprich: der Privatbesitz von Autos – zumindest auf absehbare Zeit unabdingbar für unsere Gesellschaften ist. Die Träume mancher Radikaler aus dem progressiven Spektrum, rein mit Öffentlichen und dem Fahrrad zu arbeiten sind zwar grundsätzlich schöne Ideale, aber politisch wie pragmatisch unrealistisch und schaden vermutlich mehr, als sie nutzen.

5) Habecks triste Subventionsbilanz

Der Artikel kritisiert Robert Habecks industriepolitische Strategien, die auf gezielten Subventionen und dem Streben nach Autarkie basieren. Der Bau einer Batteriefabrik von Northvolt in Schleswig-Holstein, mit über 300 Millionen Euro gefördert, steht dabei exemplarisch für die Probleme. Nachdem Northvolt Gläubigerschutz beantragt hat, drohen dem Bundeswirtschaftsminister massive Verluste und der deutschen Autoindustrie weiterhin Abhängigkeit von China. Auch andere Projekte wie die Intel-Chipfabrik oder der Solarkonzern Meyer Burger scheiterten oder wurden ins Ausland verlagert. Die Subventionspolitik wird als ineffizient kritisiert, da sie oft wenig zukunftsträchtige Unternehmen und Produkte unterstützt. Beispiele sind Fahrzeugchips, deren Nachfrage angesichts der Flaute der Elektromobilität gesunken ist. Habecks Ziel, Europas Subventionsniveau an die USA und China anzugleichen, wird ebenfalls als problematisch angesehen, da die EU bereits durch den Emissionshandel eine innovative Klimaschutzstrategie hat, die stärker ausgebaut werden könnte. Zusätzlich belastet die grüne Industriepolitik Unternehmen mit bürokratischen Vorgaben, was die Wettbewerbsfähigkeit mindert. Die staatliche Förderung bleibt wichtig, müsse jedoch auf eine klimagerechte Infrastruktur und Entlastungen abzielen. China habe parallel zur Elektrooffensive Millionen Ladesäulen installiert, während es in Europa große Lücken gibt, insbesondere in Süd- und Osteuropa. Es gibt Anzeichen, dass Habeck seine Politik überdenkt. Neue Ansätze wie Investitionsprämien, niedrigere Stromkosten und die Vereinfachung von Regulierungen deuten auf ein Umdenken hin. Dennoch wird infrage gestellt, ob Deutschland sich einen Minister leisten kann, der drei Jahre für solche Einsichten benötigt. (Michael Sauga, Spiegel)

Subventionen sind, wie alles andere, ein Werkzeugkasten. Sie können positive Effekte für die eigene Wirtschaft haben oder negative (oder schlicht versanden und gar keine haben). Mir fehlt zugegebenermaßen der Überblick um sagen zu können, wie die Bilanz hier tatsächlich aussieht – Sauga listet einige Negativbeispiele auf, aber es fehlen auffällig jegliche Gesamtzahlen. Wie viele Unternehmen haben Subventionen erhalten, und wie geht es denen? Ohne eine empirische Analyse kann man wenig zur Bilanz sagen, denn das nicht alle Subventionen klappen werden ist klar. Niemand, der am Aktienmarkt investiert, wird erwarten, dass sich jedes Investment auszahlt; das wäre auch hier ein blödsinniger Maßstab. Ich bleibe aber bei meiner grundsätzlichen Haltung, dass das Geld weniger in Einzelunternehmen fließen sollte, sondern in den Ausbau der Infrastruktur. Wir brauchen, siehe Fundstück 4, eine dichtere Ladesäuleninfrastruktur, und das Thema Glasfaser ist eines, bei dem man nur vor Schmerzen schreien möchte. Da wir drei Jahre einen Finanzminister hatten, der noch immer keine Einsicht zu irgendeinem dieser Themen hat, nehme ich lieber einen Wirtschaftsminister, der Einsichten hat, auch wenn sie drei Jahre brauchen. Lernfähigkeit ist besser als keine Lernfähigkeit.

Resterampe

a) Kamala Harris bombed with Hispanic voters. That’s the whole story. (Kevin Drum) Wie 2016. Massenhaft Erklärungen, jede plausibel, aber keine Möglichkeit, das festzulegen – und letztlich auch fruchtlos.

b) Ich glaube, Trump hat Recht (X).

c) Thread zu Mercosur (X).

d) Ist natürlich nur ein Wahlkampfstunt. (Tagesschau)

e) American bureaucracy is pretty good (Kevin Drum). Zahlen von der Weltbank, auch spannend wegen der Positionierung Deutschlands. Methodik recht unklar.

f) Pardon them all. Do it now. (Kevin Drum) Echt ein katastrophales Dilemma.

g) Carsten Linnemann: CDU-Generalsekretär will Bundesbehörden deutlich verkleinern (Spiegel). Heiße Luft, Wahlkampfgetöse, opportunistisches dummes Geschwätz. Mehr ist das nicht.

h) Diese Zahlen zum Vertrauen in Wahlen sind so krass… (X)


Fertiggestellt am 11.12.2024

{ 119 comments… add one }
  • Thorsten Haupts 12. Dezember 2024, 08:32

    Zu 1)

    … These vom Normalitarismus für einen der besten Erklärungsansätze …

    Und ich nicht. Sie kollidiert massiv mit der beobachtbaren Realität: Die inzwischen lange vollständig umgesetzte Gleichberechtigung von Frauen war DIE grösste sichtbare gesellschaftliche Veränderung zwischen 1970 und 2000. Trotzdem rief sie keine der heutigen Populismen auf den Plan. Was die Normalitarismus-These ihrer Grundlage beraubt.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2024, 15:05

      Ich glaube, du solltest die nochmal lesen. Jonas hat da schon gute Erklärungen warum jetzt.

      • Thorsten Haupts 12. Dezember 2024, 17:24

        Wenn die Kernthese einer Theorie durch Evidenz widerlegt wird, interessieren mich die Rettungsversuche durch Argumentation oder Hilfskonstrukte nicht die Bohne, sorry.

  • Thorsten Haupts 12. Dezember 2024, 08:36

    Zu b) Trump hat Recht

    Ja, hat er. Theoretisch. Genau solange, wie keine syrischen bewaffneten Machtgruppen amerikanische Interessen in den Nachbarländern bedroht (remember ISIS?). Europa kann sich diese Haltung allerdings überhaupt nicht leisten.

  • Thorsten Haupts 12. Dezember 2024, 08:38

    Zu 3)

    Milanovic nervt ebenso, wie aller Paniker, die Parallelen von heute zu 1929 bis 1939 ziehen. Die existieren realiter einfach nicht, in keiner Dimension und für kein relevantes politisches Thema. Angstunternehmer, alle miteinander.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2024, 15:06

      Parallelen gibt es schon, nur halt nicht so umfassend.

      • Thorsten Haupts 12. Dezember 2024, 17:25

        Okay. Man kann natürlich alles mit allem vergleichen, aber überzeugender wird´s dadurch nicht.

  • VD 12. Dezember 2024, 08:50

    5) Habecks triste Subventionsbilanz
    …Da wir drei Jahre einen Finanzminister hatten, der noch immer keine Einsicht zu irgendeinem dieser Themen hat, nehme ich lieber einen Wirtschaftsminister, der Einsichten hat, auch wenn sie drei Jahre brauchen. Lernfähigkeit ist besser als keine Lernfähigkeit.

    Was dem einen sin Uhl, ist dem anderen sein Nachtigall.

    Lernfähigkeit kann Herr Habeck gut simulieren und gut reden und symphatisch „rüberkommen“ kann er auch. Wenn er dann noch fähig wäre, wäre er ein guter Minister.

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2024, 15:06

      Ich würd’s ihm schon zugestehen. Ging bei Gas etwa ja auch, oder?

      • Erwin Gabriel 22. Dezember 2024, 23:00

        @ VD
        5) Habecks triste Subventionsbilanz

        … Da wir drei Jahre einen Finanzminister hatten, der noch immer keine Einsicht zu irgendeinem dieser Themen hat, …

        Obwohl unser Land weit mehr Baustellen hat, als wir zu aktuellen Bedingungen aus der Portokasse finanzieren könnten, bin ich weiterhin für die Einhaltung der Schuldenbremse. Denn die weit verbreitete Annahme, dass man „nur“ Geld braucht, um Probleme lösen zu können, ist falsch.

        Bestes Beispiel ist das Sondervermögen für die Bundeswehr. Aus den 100 Mrd. Euro stehen nur knapp 90 Mrd. zur Verfügung, der Rest geht für Zinsen weg. Das gesamte Geld ist praktisch schon jetzt verplant, spätestens ab 2028 ist das Sondervermögen verbraucht. Die geplanten Projekte sind aber weitgehend ohne klare Rahmen für Zeit- und Geldbedarf festgelegt. Als Beispiel sei hier die Anschaffung eines Nachfolgers für den Eurofighter genannt. Entweder man lässt sich bei den Amis, die um unseren Handlungsdruck und vom Sondervermögen wissen, die F35 anpassen, oder wir entwickeln zusammen mit Frankreich und Italien eine neue Maschine. Wer soll jetzt schon wissen, was das eine oder andere kostet, wie lange es dauern wird?

        Beispiel Infrastruktur: Im Wohnungsbau ist der Staat nicht selbst aktiv, erschwert aber durch ständige Gesetzes- und Regelungsverschärfungen kommunale und private Aktivitäten erheblich. Im Fernstraßenbau fehlen schlicht die Kapazitäten, um schneller voranzukommen. Gleiches gilt für den Glasfaserausbau. Hier hat der Staat viele Milliarden bereitgestellt, die aber nur herumliegen und bestenfalls spärlich abgerufen werden. Wichtigstes Infrastfkturproblem ist aber der Tiefbau, die Erneuerung und Erweiterung der teilweise fast 200 Jahre alten Kanalisation, um unsere Städte und Kommunen besser gegen Starkregen-Ereignisse zu schützen. Hier ist neben fehlenden Planungskapazitäten und Baupersonal u.a. ein Riesenproblem, dass es kein zentrales Kataster für bereits verlegte Rohre oder Kabel gibt; immer wieder reißen Bagger irgendetwas kaputt, dass dann den Bahnverkehr, den Flugverkehr oder das Mobilnetz (das immer noch nicht ordentlich ausgebaut ist) lahmlegt. Es dauert auch immer noch mehrere Jahre, ein Windrad genehmigen zu lassen und aufzubauen.

        Die Digitalisierung der Schulen kommt viel zu langsam voran, weil jeder sein eigenes Süppchen kocht und in den meisten Fällen kein Fachmann, sondern ein Lehrer zur Betreuung abkommandiert wird, dem pro Woche dann zwei, drei Stunden zugestanden werden. Grundsätzlich ähnliche Situation in den Kommunen.

        Mit unserer Mischung aus Ignoranz, fehlendem Know-how, Kompetenzgerangel, Naivität, mangelndem Verständnis von organisatorischen Abläufen etc. ist es reines Glück, ob etwas funktioniert. In der Regel klappt es nur dann, wenn ein Individuum kompetent genug ist zu verstehen, was geleistet werden muss und kann, das genug Willen und Initiative besitzt, sich nicht abschrecken zu lassen und loszulegen, und das über ausreichende Social Skills verfügt, um Kollegen, Vorgesetzte, Ansprechpartner in anderen Behörden und Geschäftspartner mitzunehmen; es gibt da leider keine feste „Mechanik“.

        Ohne Geld geht gar nichts, das mag stimmen. Aber Geld reicht nicht, und wenn man derart viel Geld wie gefordert in den Markt gibt, ohne den Rest zurecht zu zupfen, ist es halt weg.

        Lindner hat als Finanzminister viele Projekte genehmigt, aber eben nicht alle. Er hat sich in der Regel bei allzu ideologielastigen Projekten quergestellt. Er versteht zum Beispiel, das die Klimaziele von der Gesamt-EU erreicht werden müssen, und das Vorturnereien der Deutschen unsere Wirtschaft schädigen, anderen Ländern aber Verzögerungen und Spielräume ermöglichen.

        PS: Auch das die jetzt anstehenden Steuersenkungen erst nach dem Scheitern der Ampel möglich waren, lag sicherlich nicht an einer damaligen Sperre durch den Finanzminister, sondern an Scholz‘ Wahlkampf.

  • Dennis 12. Dezember 2024, 09:29

    4)

    klingt niedlich.

    Mal hier gucken:

    https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/energie-17-milliarden-euro-in-oel-und-gas-norwegen-bewilligt-19-neue-projekte/29230172.html

    Die Einnahmen der Wikinger aus dem o.g. Geschäft betragen locker über 100 Milliarden Euronen p.a.

    Die Schnapsbrenner zweigen aus dem Profit ’n bissle was für die Guttempler ab. Gute Idee.

    • Thorsten Haupts 12. Dezember 2024, 09:53

      Danke. Erspart mir meinen Beitrag.

      • derwaechter 12. Dezember 2024, 13:37

        Das ändert doch überhaupt nichts daran, dass im kalten und großen Norwegen Elektroautos und Wärmepumpen funktionieren, während einem Schlaumeier aus Deutschland heut noch erzählen, dass man im Winter nicht fahren und unter 5 Grad nicht Heizen könnte.

        Es sind dich nicht fehlende Öleinnahmen, die Deutschland davon abhalten Steuern auf Fossilautos zu erheben oder Gasheizungen zu verbieten.

        Im Spiegel gab es zum „norwegischen Paradoxon“ den schönen Kommentar „Das Land folgte dem goldenen Dealer-Leitspruch: Don’t get high on your own supply. Sei nicht abhängig von dem Zeug, das du verkaufst.“

        • R.A. 12. Dezember 2024, 15:16

          „im kalten und großen Norwegen Elektroautos und Wärmepumpen funktionieren, “
          Ja natürlich funktionieren sie. Weil über 80% der Bevölkerung im eigenen Haus lebt, mit eigenem Stellplatz und Platz für die Wärmepumpe. Und dank der Wasserkraft ist der Strom günstig.

          Wer bei uns ein freistehendes Eigenheim hat, der hat meist schon umgestellt, weil das da technisch einfach ist.
          Aber für die Masse der Mieter irgendwo in Etagenwohnungen mit wenig Platz auf dem Grundstück – da wird die Umstellung sehr schwer und teuer.

          „Es sind dich nicht fehlende Öleinnahmen, die Deutschland davon abhalten Steuern auf Fossilautos zu erheben oder Gasheizungen zu verbieten.“
          Deutschland erhebt Steuern auf Fossilautos und das Gasheizungsverbot ist ja nur aufgeschoben.
          Das sind halt erhebliche zusätzliche Belastungen für die Bürger – und die können halt nicht über Öleinnahmen wegsubventioniert werden.

          Das Problem ist halt auch daß die Mehreinnahmen der „Öko“-Steuern sofort in irgendwelche Wahlgeschenke gesteckt wurden. Der Staat nimmt ja krass mehr Geld ein als vor 10 Jahren (auch inflationsbereinigt). Aber das versickert sofort in Bereiche, die mit den teuren „Wenden“ nichts zu tun haben.

          • CitizenK 12. Dezember 2024, 15:36

            Schweden ist nicht weniger groß und kalt. Trotzdem hatte Volvo sich noch im März auf ein Verbrenner-Aus festgelegt. Inzwischen zwar relativiert (noch Hybride).
            Wenn auch Auto-Manager auf den E-Trend aufgesprungen sind, kann man das doch nicht der „Propaganda und Desinformation“ der Grünen anlasten.

          • derwaechter 12. Dezember 2024, 16:05

            Die Deutschen sind echt Ausredenweltmeister.

            Norwegen hat nicht 80 % eigene Häuser sondern Wohneigentum. Davon leben viele in Einfamilienhäusern, das stimmt. Ich glaube der Anteil liegt bei knapp 50% und in Deutschland bei über 30%. Nun ist ja nicht so, dass die in D nenneswert E-autos und Wärmepumpen hätten.

            Die Luft-Luftwärmepumpen, die in Norwegen ganz überwiegend genutzt werden, nehmen übrigens sehr wenig Platz ein.

            Aber klar, Norwegen hat Vorteile. Aber auch Nachteile, insbesondere Kälte, schwieriges Terrain, weite Wege und sehr geringe Bevölkerungsdichte.

            • CitizenK 12. Dezember 2024, 20:28

              Die Entfernungen sind nicht mehr das Problem. Erfahrungen z. B. von Italien (Test-) Urlaubern zeigen, woran es hakt: Ladesäulen sind besetzt, defekt, nicht kompatibel oder lassen nur bestimmte Zahlungsmittel zu,

              • derwaechter 12. Dezember 2024, 21:44

                Da ist was dran. Wobei ich die Artikel dieser Testurlauber glaube ich auch gelesen habe und die auch z.T. hanebüchend dumm fand.

                Aber manchmal stimmt das schon, weshalb Tesla da einfach noch so überlegen ist. Da ist auch der Langstreckenurlaub völlig problemlos machbar.

              • Stefan Sasse 14. Dezember 2024, 08:59

                Ich kann in meiner Urlaubserfahrung dieses Jahr nur für Deutschland sprechen, da war es null Problem.

          • Stefan Sasse 12. Dezember 2024, 18:17

            Man kann die Ladesäulen auch woanders bauen. Dort, wo die Leute bei der Arbeit parken. Oder auf Supermarktparkplätzen. Ich lade mein Auto auf Arbeit. Easy.

            • derwaechter 12. Dezember 2024, 18:52

              Auf jeden Fall. Auf dem Land, mit eigener Auffahrt und Steckdose ist das schon einfacher und billiger als in der Stadt. Aber es geht trotzdem.

              War auch wieder so ein Moment in dem ich dachte ich wäre in einer Zeitmaschine. Interview mit aufgebrachten VW Mitarbeitern die meinten Elektro sei doch nur was für die Stadt, hier auf den Land (Wolfsburg??) seien die Autos doch gar nicht geeignet. Die sind argumentativ beim eGolf mit 100 km Reichweite stehen geblieben. Als Arbeiter aud der Automobilindustrie. Wahnsinn!

              • Stefan Sasse 14. Dezember 2024, 08:54

                Ja. Das sind alles Befindlichkeiten und Identitätsfragen.

              • Erwin Gabriel 22. Dezember 2024, 23:23

                @ derwaechter

                Aber es geht trotzdem.

                Gehen tut alles, wenn man genügend Zeit hat; auch Bus, auch Fahrrad, auch Pferdefuhrwerk.

                Es gibt halt Gründe und auch Ängste, die gegen Elektro sprechen. Meine Frau ist dagegen, weil sie, wenn der Tank leer ist, nicht von der nächsten Tankstelle mit dem 5-l-Kanister weiterkommt. Sie fährt kaum mehr als 150 km am Stück, und ich habe mir für potentielle Besucher schon eine Wallbox angeschafft. Nützt nichts.

                Bei zwei Freunden hat es in der Carport gebrannt. Bei einem gingen drei Fahrzeuge drauf: der eGolf komplett, der davor stehende C-Klasse-Kombi von hinten, der neben dem Golf stehende Wagen ging ebenfalls in Flammen auf. Tipp des von VW abgestellten Gutachters war übrigens Brandstiftung, der eGolf wurde als Brandursache ausgeschlossen.

                Die sind argumentativ beim eGolf mit 100 km Reichweite stehen geblieben.

                Meine eigene Erfahrung mit unserem Pool-Tesla war, dass ich im Sommer bei moderater Fahrweise gut 500 km schaffe, im Winter bestenfalls 300 km; ich kam gerade so noch nach Hause (Restladung 2%). Mein VW Passat Diesel macht bei gleicher Fahrweise und ebenfalls vollem Tank um die 1.100 bis 1.200 km, da denkt man nicht über solche Sachen nach.

                Natürlich geht das auch, alle 300 km für 30 bis 40 Minuten Pause zu machen, aber man muss halt Planungen und Gewohnheiten umstellen.

                • Stefan Sasse 23. Dezember 2024, 23:25

                  Wann hast du denn das letzte Mal an einer Tankstelle einen 5l-Kanister für den leeren Tank holen müssen?! Mir ist das in 20 Jahren Verbrenner fahren nicht einmal passiert.

          • CitizenK 15. Dezember 2024, 19:58

            „Ja, so etwas schmeckt doktrinären Libertären vielleicht nicht, die der Ansicht sind, der Markt müsse und werde alles entscheiden, und wenn es ewig dauert, dann ist es so. Fakt ist aber, dass der Markt konservativ ist und blind; er kann sich per definitionem keine Ziele setzen. Das können visionäre Unternehmer; das kann auch die Politik. Norwegen ist kein Land rot-grün-versiffter Idealisten und Bürokraten.“
            https://www.welt.de/debatte/kommentare/article254875856/Mobilitaet-Norwegen-zeigt-wie-man-E-Autos-richtig-foerdert.html?source=puerto-reco-2_ABC-V43.1.C_new_interest_model

            • derwaechter 15. Dezember 2024, 22:49

              Danke!

            • Thorsten Haupts 16. Dezember 2024, 00:06

              Mmmmh… Am Markt setzen sich Produkte/Dienstleistungen durch, wenn sie a) besser sind, b) billiger sind, c) einen bisher unbedienten Bedarf erfüllen. Das ist übrigens weder konservativ noch blind.

              Nun können Sie sich gerne ein politisches Ziel setzen und dem folgend über Steuern/Gebühren, Subventionen und Vorschriften dafür sorgen, dass sich ein Produkt durchsetzt, obwohl es keine der Voraussetzungen a), b), c) erfüllt. Das Risiko, dass Sie damit einen (schweren) Fehler machen, ist nur sehr, sehr hoch. Weil Sie nicht in die Zukunft blicken können (Sie sind de facto viel blinder als der Markt), lenken Sie eine Menge von Resourcen (am Ende Kapital, also Geld) in eine potentielle Sackgasse und würgen alternative Entwicklungen ab.

              Das alles hat mit „doktrinär“ überhaupt nichts zu tun. Mich amüsiert viel eher der Grössenwahn überwiegend noch nicht einmal adäquat ausgebildeter Menschen, genau zu wissen, welches (exakte) Produkt das „richtige“ ist, aber ich neige auch nur zu Arroganz und nicht zu Grössenwahn.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • CitizenK 16. Dezember 2024, 08:49

                Sind „visionäre Unternehmer“ Teil des Marktes? Wir sollten nicht über Definitionen streiten. Auch sie können Ressourcen falsch lenken. Nehmen wir die autonomen Taxis, hier wurden schon Milliarden verballert. Kein Steuergeld, ja, aber volkswirtschaftlich macht das nicht den entscheidenden Unterschied.
                Ich will nicht das Betamax-Beispiel aufwärmen, aber die auch Rolle von Big Oil beim Ausbremsen von Public Transport und Elektroantrieb nicht vergessen. Ob der Markt in der Klimakrise das richtig (und vor allem: rechtzeitig) lenkt, ist mehr als fraglich. Zertifikatehandel, staatlich verordnet, ist ja auch nicht „Markt“.

                • derwaechter 16. Dezember 2024, 09:42

                  Im bisher ungedeckten Bedarf c lokal emissionsfreier Automobiliät sind Elektroautos in Punkt a und b viel besser und haben darüber hinaus auch noch andere Vorteile.

                  Wichtig im Hinterkopf zu haben, das Norwegen nicht Elektroautos sondern „emissionsfreie“ Autos fördert und die Vorteile z.B. genauso für Hydrogenautos galten und gelten. Die haben sich nur überhaupt nicht durchgesetzt. Es gab eine Handvoll auf den Straßen und ein paar Tankstellen (diese hier hatte es sogar in deutsche Medien geschafft: https://www.spiegel.de/auto/aktuell/norwegen-wasserstofftankstelle-explodiert-toyota-reagiert-a-1271980.html )

                  Mittlerweile gibt es glaube ich so gut wie gar keine mehr hier.

                  • CitizenK 16. Dezember 2024, 10:36

                    Hier in Heidelberg gibt es noch eine, die derzeit mal wieder außer Betrieb ist.
                    Der hiesige Verkehrsverbund testet aber unverdrossen Hydrogenbusse und Daimler baut weiter welche.

                  • Thorsten Haupts 16. Dezember 2024, 16:02

                    Es existiert kein ungedeckter „Bedarf“ an E-Autos. Es existiert ein politisches Ziel, dem E-Autos besser dienen, als ihre Vorgänger.

  • CitizenK 12. Dezember 2024, 10:15

    „rein mit Öffentlichen und dem Fahrrad zu arbeiten sind zwar grundsätzlich schöne Ideale“

    Nicht mal das. Selbst in Kopenhagen und Amsterdam geht das nicht. Aber weniger wäre mehr, auch bei Autos.

  • R.A. 12. Dezember 2024, 10:32

    1.) „Autoritäre Bewegungen setzen systematisch auf Propaganda und Desinformation.“
    Richtig. Sieht man z. B. exemplarisch bei den deutschen Grünen.

    „Der Zusammenbruch traditioneller Gatekeeper …“
    Die sind nicht zusammengebrochen, sondern verwenden ihre Funktion zur Unterstützung der grünen Propaganda. Die Leute suchen sich neue Informationsquellen, weil sie den altgewohnten Quellen nicht mehr vertrauen können.

    „Der rasche gesellschaftliche Wandel hin zu mehr Diversität und Gleichheit erzeugt Abwehrreaktionen. “
    Es gibt diesen Wandel nicht. Sondern es gibt den Versuch einer militanten Minderheit einen solchen Wandel durchzudrücken. Und die Abwehrreaktionen kommen weil die Mehrheit diesen Wandel für ungerecht hält und nicht akzeptiert. Siehe auch die völlig korrekte Bemerkung von Thorsten Haupts.

    2.) Diese Sichtweise blendet völlig aus, daß linke Themen heute weitgehend andere sind als vor 20 Jahren. Mit sozialen Themen konnten sich die Tech-Nerds identifizieren, mit Wokeness nicht.

    3.) Daß die vielen Fehler und Ungerechtigkeiten der Vorortverträge maßgeblich zum zweiten Weltkrieg beitrugen ist inzwischen Konsens.
    Der Vergleich mit der aktuellen Situation bzw. dem Zusammenbruch der SU ist ziemlich absurd. Denn der Westen hat sich eben nicht als Sieger geriert und Rußland benachteiligt, sondern im Gegenteil Rußland gestützt und stabilisiert und ihm faire Zusammenarbeit ermöglicht.

    4.) Norwegen ist aus vielen Gründen nicht vergleichbar.
    Deutschland hat vor allem Probleme wegen der grünen Neigung zur 150%-Ideologie. Wenn etwas gemacht wird, dürfen keine Kompromisse gemacht werden. Der Verbrenner muß komplett weg und muß komplett durch E ersetzt werden. Ohne Rücksicht darauf, daß man durch kleinere Lösungen viel schneller und preiswerter große Verbesserungen erreichen könnte.

    Ja, viele Autostrecken sind eher kurz und mit E zu bewältigen. Deswegen fahre ich einen Plug-In-Hybrid und lege 90% meiner Autofahrten elektrisch zurück. Aber ab und zu müssen halt auch längere Strecken sein. Und da ist nicht nur die Ladeinfrastruktur das Problem: Es ist schlicht ökologisch und ökonomisch unsinnig, daß ich wegen dieser 10% das ganze Jahr eine Tonne Lithium-Akku rumschleppe, wenn es auch ein 40-l-Tank tut.
    Die Hybriden sind nur einige tausend Euro teurer als Verbrenner, das war mit Förderung akzeptabel. Die grünen Fanatiker haben die Förderung gestrichen und reine E-Autos sind um Größenordnungen teurer.
    Also wird mein nächstes Auto wieder ein Verbrenner.

    5.) „Subventionen sind, wie alles andere, ein Werkzeugkasten. “
    Ein überaus teurer Werkzeugkasten, der im wesentlichen Mitnahmeeffekte und Fehlförderungen produziert. Keine wesentliche Entwicklung war auf Subventionen angewiesen. Wenn etwas taugt, setzt es sich auch ohne Subventionen durch.
    Das größte Hindernis für zukunftsfähige Entwicklungen sind irgendwelche politischen Subventionen für konkurrierende Lösungen, die dann am Ende scheitern.

    • derwaechter 12. Dezember 2024, 13:52

      4)
      „Norwegen ist aus vielen Gründen nicht vergleichbar.
      Deutschland hat vor allem Probleme wegen der grünen Neigung zur 150%-Ideologie. Wenn etwas gemacht wird, dürfen keine Kompromisse gemacht werden. Der Verbrenner muß komplett weg und muß komplett durch E ersetzt werden. Ohne Rücksicht darauf, daß man durch kleinere Lösungen viel schneller und preiswerter große Verbesserungen erreichen könnte.“

      Nein. Norwegen hat Hybride nie gefördert, sondern nur reine E-Autos. Deutschland hingegen hat auch Hybride gefördert. Norwegen hat sich frühzeitig für Verbrenner komplett weg entschieden, Deutschland ja immer noch nicht so recht.

      • R.A. 12. Dezember 2024, 15:06

        Norwegen ist anders strukturiert. Die meisten Fahrten gibt es innerhalb relativ weniger Bevölkerungsballungsräume (insbesondere rund um Oslo). Da kommt man rein elektrisch mit 200 km Reichweite bequem hin.
        Wenn der Osloer in die Finnmark will, fliegt er sowieso.

        Deutschland ist ganz anders verteilt. Da gibt es eben nicht nur die vielen regionalen Fahrten, sondern viele Leute haben auch immer wieder mal mittlere oder längere. In Deutschland ist ein Hybrid daher in vielen Fällen sinnvoll (natürlich nicht in allen).
        Die komplette Umstellung auf E ist bei uns deutlich schwieriger und so kurzfristig wie derzeit beschlossen kaum möglich. Übrigens auch weil sehr viele Leute in einer Etagenwohnung leben und gar keinen Stellplatz mit Wallbox-Möglichkeit haben.
        Das Verbrenneraus ist alleine ideologisch begründet und wurde nie mit einer echten Verkehrsstrategie unterfüttert. Und deswegen wird es nach der Bundestagswahl auch fallen (bzw. verschoben und verändert).

        • derwaechter 12. Dezember 2024, 16:23

          Sorry, das sind einfach Ausreden, die die massiven Unterschiede bei E-autos nicht ansatzweise erklären.
          Die jährliche Fahrleistung unterscheidet sich nicht dramatisch. Die von E-autos ist sogar länger als die deutscher Verbrenner. Und auch hier gibt es viele die weit Pendeln, und Horden die stundenlang zu ihren Hütten am Wochenende fahren. Allerdings weniger auf Autobahnen.

          Aber, wie oben bereits kommentiert hat Norwegen auch handfeste Nachteile bei Klima, Topographie und Bevölkerungsdichte.

          • Lemmy Caution 12. Dezember 2024, 19:10

            Viele Deutsche lieben auch einfach ihre Benziner mit dem kräftigen Wumms, wenn man aufs Gas tritt.
            Gestern haben sich in meinem Büro zwei Kollegen mehr als eine Stunde über ihre neuen BMWs unterhalten. Man kann die ja auch über 6 Jahre voll abschreiben. Ansonsten ist mir einer von denen sehr sympathisch.
            In China wurden im Juli dieses Jahres erstmals mehr Elektroautos als Benziner zugelassen. Dieser Wandel in einigen Ländern hat Auswirkung auf den Ölpreis.
            Ich habe vor Jahren jede Lust am Autofahren verloren und präferiere trotz allem Chaos die Bahn.

      • Stefan Sasse 12. Dezember 2024, 15:15

        „noch nicht so recht“ ist noch untertrieben.

    • Detlef Schulze 12. Dezember 2024, 16:31

      @R.A.
      Deswegen fahre ich einen Plug-In-Hybrid und lege 90% meiner Autofahrten elektrisch zurück. Aber ab und zu müssen halt auch längere Strecken sein. Und da ist nicht nur die Ladeinfrastruktur das Problem: Es ist schlicht ökologisch und ökonomisch unsinnig, daß ich wegen dieser 10% das ganze Jahr eine Tonne Lithium-Akku rumschleppe, wenn es auch ein 40-l-Tank tut.

      Der Plug-In-Hybrid schleppt doch wegen dieser 10% einen kompletten Motor, sowie Getriebe, Kupplung, Auspuff, Katalysator und was sonst noch alles dazugehoert, mit herum. Das erscheint mir auch nicht so sehr oekonomisch. Zumal im Gegensatz zur groesseren Batterie das ganze Zeug gewartet werden muss.

      • derwaechter 12. Dezember 2024, 16:38

        Stimmt. Ein Hybrid ist quasi das schlechte beider Welten 😉

      • R.A. 12. Dezember 2024, 17:45

        Richtig, der zweite Motor kostet auch. Aber eben deutlich weniger als der große Akku von E-Autos.

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2024, 18:26

          Diese ganze Debatte erinnert mich an Betamax vs. VHS. Die technischen Specs sind praktisch egal. Entscheidend ist Verbreitung und Infrastruktur.

          • derwaechter 12. Dezember 2024, 18:59

            Nein. Infrastruktur (Benzin und Strom) ist ja die gleiche für Hybride und Verbrenner bzw. E-autos.

            Der große Akku kostet vielleicht mehr, hält aber bei gleicher Nutzung (weniger Ladezyklen) auch länger. Und im Vergleich zum Verbrenner-Teil des Hybriden viel weniger Wartung.

  • Sören Schmitz 12. Dezember 2024, 10:46

    zu 4)
    Norwegen hat halt den großen Vorteil, dass es auf der einen Seite Öl verkaufen, aber gleichzeitig seinen Energiebedarf mit sauberer Wasserkraft decken kann. Das sind schon mal gute Start Vorausetzungen.

    Auf der anderen Seite gehen die Norweger in der Energiepolitik seit vielen Jahren strategisch vor, während es in Deutschland ja noch immer ein strategischer Plan fehlt. Es gab keinen Plan einen CO2 reduzierenden Strommix zu erreichen, ohne die Wirtschaft abzuwürgen – Netzausbau und Speicherausbau sind ein Flickenteppich,

    • R.A. 12. Dezember 2024, 12:58

      „Netzausbau und Speicherausbau sind ein Flickenteppich,“
      Exakt.
      Und das gilt nicht nur für die „Energiewende“, sondern auch für „Verkehrswende“, „Wärmewende“ und allen anderen grünen Visionen.
      Nichts davon wirklich zu Ende gedacht und geplant. Unglaublich viele Milliarden aus dem Fenster gehauen, CO2-Effekt minimal, angerichtete Schäden enorm.

      • Thorsten Haupts 12. Dezember 2024, 13:21

        Ich gehe da inzwischen noch einen Schritt weiter: Niemand hat dem Ziel, den CO2.Ausstoss zu senken, so viel Schaden zugefügt, wie die westliche Anti-Atomkraft-Bewegung der letzten 50 Jahre. Und die ist in Deutschland nahezu deckungsgleich mit den GRÜNEN.

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2024, 15:08

      Richtig. Strategie fehlt an allen Ecken und Enden.

  • cimourdain 12. Dezember 2024, 11:35

    b) Ich habe zur Dokumentation einen Screenshot gemacht. Am 12.12.2024 hat Stefan Sasse unironisch geschrieben „Ich glaube, Trump hat recht“

    f) Januar 2021 hat Trump kurz vor seinem Abgang noch einmal eine große Zahl seiner Anhänger begnadigt (z.B. Paul Manafort und Steve Bannon). Daran sollte man sich erinnern. Schade dass die Democrats nicht die Gelegenheit nutzen, sich davon radikal abzusetzen.

    h) 2018 hattest du zu den midterms mehrfach Gerrymandering und voter suppression thematisiert. Diese strukturellen Systemfehler sind immer noch da und in der Praxis wirkmächtig. Ist so eine Wahl „well-administered“ ?

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2024, 15:10

      b) Blindes Huhn und so.

      f) Ich verstehe die.

      h) Das sind ja völlig verschiedene Themen.

      • cimourdain 12. Dezember 2024, 16:38

        f) Verstehen ja, du hattest dich schon öfter grundsätzlich gegen Amtshaftung von Politikern ausgesprochen. Aber die Botschaft, die ankommt, ist ein verheerendes Stützen der „Die da oben sind alle korrupt“ These.

        h) Jein, die Wahlorganisation wird v.a. von den Einzelstaaten durchgeführt. Und da ist je die Hälfte republikanisch und die andere Hälfte demokratisch. Und wenn die Umfrage so stimmt, dann bedeutet das, dass sich beide Seiten mehrheitlich einfach damit abgefunden haben, dass diese Manipulationsmöglichkeiten existieren – die einen weil sie gewonnen haben und die anderen, weil sie das System nicht in Frage stellen wollen (in der Hoffnung, beim nächsten Mal zu gewinnen?).

        • Stefan Sasse 12. Dezember 2024, 18:24

          f) Ja, aber da gibt es keine gute Lösung.

          h) Darum geht es mir ja gar nicht. Es sind ja offensichtlich NICHT beide Seiten!

        • Thorsten Haupts 13. Dezember 2024, 16:03

          Zu f)

          Radikal absetzen kann man sich nur, wenn sich der politische Gegner an die Spielregeln hält. Trump und seine Kultisten haben offen angekündigt, dass sie Gegner wegen deren Meinungen bzw. wegen deren politischen Handlungen ins Gefängnis werfen wollen. Welche Wahl hat man in einer solchen Situation, bitte? Auf das Glück vertrauen?

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • Stefan Sasse 14. Dezember 2024, 09:02

            Exakt das, danke!

          • cimourdain 16. Dezember 2024, 15:24

            Naja, wenn sich der Trump-Kult tatsächlich so weit vom Rechtsstaat entfernt hat, dann nützt auch eine Begnadigung nicht mehr viel (und Deutschland sollte die USA von der Liste ’sicherer Herkunftsländer‘ nehmen).

            • Thorsten Haupts 16. Dezember 2024, 15:59

              Nicht unbedingt. Es hilft auf jeden Fall gegen eine Pseudo-Legalisierung entsprechender Verfolgung durch Kongress-Legalisierung bei Aufrechterhaltung des Anscheins „Rechtsstaat“. Es hilft nur dann nicht, wenn sich der Trump-Kult direkt in eine totalitäre Diktatur verwandelt, was ich für wirklich extrem unwahrscheinlich halte.

              Ich halte übrigens selbst die Wahrscheinlichkeit für gering, dass es einer Trump-Regierung gelingt bzw. sie ernsthaft vorhat, gegen politische Gegner „rechtsstaatlich“ vorzugehen. Aber eben nicht mehr nahe genug an Null, um sich nicht gegen die daraus entstehenden Risiken abzusichern.

  • cimourdain 12. Dezember 2024, 11:39

    1) In der Tat ein – in jedem Punkt diskussionswürdiger (positive Qualifikation) Artikel. Was mir aber fehlt, um es auf einen Diskussionspunkt und den Begriff „Weltgewissheit“ zu reduzieren, ist die Perspektive, dass es sich um mehrere verschiedene „Weltgewissheiten“ handelt, die schwinden:
    i) Die der „breiten Masse“, dass es ihnen weiterhin immer besser (oder zumindest genauso gut) gehen wird.
    ii) Die der politisch interessierten, die Welt substanziell verbessern zu können
    iii) Die der „Politischen Klasse“ (Politiker, Journalisten, „Funktionäre“), dass sie weiterhin die Deutungshoheit behalten können und sie nicht teilen müssen mit: Eliten aus nichtwestlichen Ländern, Populisten und „non-embedded media“

    3) Auch wenn ich der Aussage „Ein 80 Jahre altes Buch über die damalige Zeit lässt sich nicht auf die Verhältnisse heute übertragen“ zustimme, machst du gleich drei fundamentale Fehlannahmen:
    i) Gegenwartsgeschichte ist wertvoll, WEIL sie nicht vom bias späterer Entwicklungen geprägt ist sondern die Betrachtung „von innen“ liefert.
    ii) Eine Fehlentwicklung über 20 Jahre bedeutet eben nicht, dass es in den 30er Jahren „Schuldige“ gab, die etwas anders hätten machen können oder müssen, sondern nur, dass dieser Faktor bei der Analyse nicht vernachlässigt werden darf.
    iii) Du betrachtest (betriebsblind) nur Deutschland. Dass zum Beispiel auch Japan, das als eine der fünf Großmächte an den Pariser Verhandlungen antrat, dort ziemlich untergebuttert wurde, und wie weit das zum aggressiven (faschistischen?) japanischen Nationalismus beitrug, ist auch eine eigene Analyse wert.

    4) Dazu kommt noch, dass die Stromerzeugung Norwegens fast komplett regenerativ ist (89 % Wasser und 10 % Wind) und ausreicht, dass das Land ein starker Nettostromexporteur ist. Wenn das Geld (zugegebenermaßen aus Exporten fossiler Energieträger) und der politische Wille da ist, geht viel.

    5) Für das, was du fragst, gibt es alle zwei Jahre den Subventionsbericht des Finanz(!)ministeriums, in dem die wichtigsten Subventionen und Steuervergünstigungen aufgeführt werden. Supertrockene Lektüre. Aber die wichtige Zahl ist, dass Direktsubventionen des Bundes sprunghaft angestiegen sind. Die deutsche Wirtschaft hat sich dennoch weniger gut entwickelt als in anderen Ländern und wichtige „Baustellen“ des Landes (z.B. Infrastruktur) „fühlen“ sich immer noch brachliegend an. Deshalb wäre die richtige Antwort gegen Saugas Argumentation eine Positivliste anstelle einer Schwarzer-Peter Verschieberei zum Finanzministerium. Ladesäulen betreffen Verkehrs- und Energieresort, Glasfaser Verkehr,etc..

    • R.A. 12. Dezember 2024, 11:49

      „Aber die wichtige Zahl ist, dass Direktsubventionen des Bundes sprunghaft angestiegen sind. Die deutsche Wirtschaft hat sich dennoch weniger gut entwickelt als in anderen Ländern …“
      Nicht dennoch.
      Die deutsche Wirtschaft hat sich u. a. WEGEN dieser Subventionen schlechter entwickelt.
      Weil diese Subventionen dafür sorgen, daß Ressourcen falsch allokiert werden. Nicht nur die Steuermilliarden selber, sondern auch die Fachkräfte, die für die subventionierten Bereiche tätig sind. Bereiche, die qua definitionem keinen ausreichenden produktiven Beitrag leisten (sonst müßten sie ja nicht subventioniert werden).
      Mit anderen Worten: Bis auf Fehler und Mitnahmeeffekte finanziert die Politik mit Subventionen gezielt Sachen, die nicht funktionieren. Je mehr Subventionen, desto schlechter für die Zukunftschancen einer Volkswirtschaft.

    • Stefan Sasse 12. Dezember 2024, 15:11

      1) Ja, aber vor allem die Gewissheit, zu verstehen, wie alles funktioniert und zusammenhängt.

      3) i) Richtig, das ist eine historische Quelle. Aber Milanovic überträgt 1:1
      ii) richtig
      iii) Total!

      4) Exactly.

      5) Danke!

    • Lemmy Caution 13. Dezember 2024, 07:19

      1) iii)
      Was soll denn hier an Deutungshoheit geteilt werden? Wir sollen Kant mit wem zusammendenken?
      Alexander Dugin, Konfuzius, hinduistische Ideen zu den Kasten, Ideologen der chinesischen Kommunisten, wonach die US-Dominanz eine Fortführung des Römischen Reiches wären, das nun durch eine neue Dominanz Chinas abgelöst wird, der Wahabismus, Margarita Simonjan ?

      Mehr Lao-Tse oder Paul Tshibanda (ein in der Frankophonie recht bekannter kongo-stämmiger Komiker) im Weltgeist wären mir übrigens sehr recht.

      • cimourdain 16. Dezember 2024, 16:34

        1) iii) Eigentlich weniger „Kant“ vs. „Konfuzius“, sondern mehr
        „Spiegel Leitartikel“ vs. „Internetkommentator, der seine Sicht auf lateinamerikanische Wirtschaftspolitik von spanischsprachigen Quellen hat“

  • derwaechter 12. Dezember 2024, 13:44

    4) Ist die Zusammenfassung AI-generiert? „Seit 2025 wird der Kauf von Verbrennern durch hohe Steuern unattraktiv gemacht“ ist auf jeden Fall falsch und steht auch nicht um Artikel.

    Deiner Aussage „Für längere Fahrten ist ohnehin nicht die Batterie das entscheidende, sondern das Ladenetz.“, würde ich widersprechen. Die Reichweite, stark abhängig von der Größe der Batterie, ist bis zu einem gewissen Grad schon entscheidend. Alle 100 km Laden ist unpraktikabel. Ab 300 km aufwärts (also Pause so alle drei-vier Stunden) wird das Auto für lange Fahrten gut geeignet.

  • Lemmy Caution 12. Dezember 2024, 19:39

    zu 1) Jonas Schaible stellt die richtigen Fragen. Für mich ist dieser Artikel der interessanteste Text des Jahres 2024.

    Meine Hoffnung zu dem Aufstieg der autoritären Staaten besteht darin, dass wirtschaftliche Auswirkungen langfristiger Wirken als viele denken. Vielleicht stösst Xi-China an eine Grenze.

    Wird sich zeigen, ob sich das hier als richtig herausstellt.
    „Es stimmt, dass Freihandel und Globalisierung unterm Strich mehr Wohlstand schafft als Abschottung. Alle profitieren. Aber diejenigen, die die Regeln machten und die beste Ausgangslage hatten, profitierten etwas mehr. Also: wir.“
    Für viele Schwellenländer wird es gegen chinesische nämlich noch schwieriger, ihre wenige Industrie zu halten. Alle Stahlwerke in Chile und Argentinien schließen. China ist heute der wichtigste Handelspartner aller südamerikanischen Staaten, allerdings liefen die letzten 10 Jahre dort alles andere als gut.
    Wir sind auch ein demographischer Vorläufer. Bei uns war 1964 der geburtenstärkste Jahrgang, in China erst Mitte der 80er.

  • Thorsten Haupts 12. Dezember 2024, 20:18

    Vielleicht stösst Xi-China an eine Grenze.

    Nicht vielleicht. Seit Xi´s Amtsübernahme nähert sich China immer stärker einer autoritären Kommandowirtschaft. Und das – lehren sowohl alle historischen Erfahrungen als auch fundamentale theoretische Überlegungen (Hayek, Popper) – kann nur schiefgehen. Und wird auch hier schiefgehen.

    Historisch spannend wird die Frage, ob China aus der Erkenntnis, den Höhepunkt seiner Macht schon erreicht zu haben, nicht wie Russland neoimperiale Abstiegsangst-Aggressionen generiert. Die zu für China wie die Welt desaströsen Kriegen führen.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Lemmy Caution 12. Dezember 2024, 22:32

      Nach Mao sollte kein Führer der Kommunistischen Partei mehr übermächtig werden. Xi hat diese Regeln gebrochen.
      In der europäischen Geschichte war die oberste Macht meistens beschränkt, am wenigstens vermutlich im Französischen Absolutimus, die ja für den Durchschnitts-Franzosen keine gute Zeit war.

    • Stefan Sasse 14. Dezember 2024, 08:55

      Das ist ja schon länger eine Hypothese von mir – dass China eben nicht mit dem Westen gleichziehen wird, sondern eine (wenngleich höher als bisherige Aufholer-Diktaturen) Grenze erreichen wird. Liberalismus ist eben doch überlegen.

      • Lemmy Caution 14. Dezember 2024, 10:34

        Wäre schön, wenn Xi an die Wand fahren würde. Hongkong war wichtig für das chinesische Wirtschaftswunder, Xi zerstört es.
        Meine Definition für nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ist die Fähigkeit, in immer komplexere Fertigungsbereich vorzudringen. Da hat China in den letzten Jahren einiges geschafft: Maschinenbau, Autos.
        Wir wissen nicht, ob diese bewundernswerte Dynamik irgendwann abricht.
        Sowieso: Welche Aufholerdiktaturen? Südkorea, Taiwan, Brasilien und Mexiko wurden zu Demokratien.

        • Stefan Sasse 14. Dezember 2024, 14:32

          Sowjetunion etwa. Das Wachstum durch die Industrialisierung und Fünfjahrespläne war durchaus beeindruckend, weswegen damals ja auch diverse Experten der Meinung waren, die UdSSR würde den Westen in den 1990er Jahren überholen. Wir wissen heute ziemlich genau, warum das nicht möglich war.

          • CitizenK 14. Dezember 2024, 14:59

            Das China von heute ist nicht vergleichbar mit der Sowjetunion. Die hatte nie die Chance, die USA wirtschaftlich zu überholen. Bei China sieht das anders aus.

            • Stefan Sasse 14. Dezember 2024, 16:04

              Eventuell auch nicht, wenn der Autoritarismus sich tatsächlich als Bremse auswirkt.

          • R.A. 14. Dezember 2024, 16:12

            „Das Wachstum durch die Industrialisierung und Fünfjahrespläne war durchaus beeindruckend“
            Vorsicht – da war viel Statistik-Fake dabei.
            Ich kann leider keine Quellen dazu verlinken. Aber die SU hat Jahrzehnte gebraucht, um in vielen Bereichen überhaupt nur wieder auf das Niveau des Zarenreichs zu kommen.

            • Thorsten Haupts 14. Dezember 2024, 17:48

              Ja, das ist auch mein Kenntnisstand. Ich wusste es auch mal nicht besser, gehe inzwischen aber davon aus, dass das Zarenreich bei Fortsetzung von dessen Entwicklung vermutlich besser dagestanden hätte, als die Sowjetunion 1975. Durch Propaganda hat sich das Bild eines zutiefst rückständigen und keine Entwicklung durchmachenden Zarenreiches durchgesetzt – chapeau für den sowjetischen KGB.

              Ich wurde das erste mal stutzig, als ich darauf stiess, dass der deutsche (preussische) Generalstab 1914 es wegen der schnellen russischen Entwicklung für die praktisch letzte Gelegenheit hielt, die Russen noch schlagen zu können. Das waren keine zur Panik neigenden deutschen Geisteswissenschaftler 🙂 .

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Stefan Sasse 15. Dezember 2024, 09:37

                Das waren nicht nur die Sowejts. Die Rückständigkeit des Zarenregimes war in ganz Europa Thema. Vielleicht hätten sie sie überwunden – aber nicht ohne Revolution.

                Ne, Geisteswissenschaftler*innen arbeiten solider 😉

                • R.A. 15. Dezember 2024, 12:47

                  „Die Rückständigkeit des Zarenregimes war in ganz Europa Thema. “
                  Schon – aber das beruhte teilweise auf westeuropäischer Arroganz.

                  Im Prinzip war es in ganz Europa so, daß es große Kontraste zwischen den großen Städten mit Industrieproduktion und dem abgelegenen Land gab. Rußland hatte entwickelte Städte, die kaum hinter westeuropäischen Maßstäben zurücklagen. Und Deutschland hatte dörfliche Regionen, die kaum über das Mittelalter hinausgekommen waren (mein Großvater war Landarzt im Donaumoos – die Zustände dort waren noch in den 30er Jahren unglaublich primitiv).
                  Der Knackpunkt war, daß es in Deutschland vielleicht 80% gut entwickelte Gebiete gab neben 20% rückständigen und in Rußland waren es nur 20% entwickelte und 80% rückständige (Zahlen natürlich völlig gegriffen, um die Relation anzudeuten). Dazu kam die in Westeuropa kritisch gesehene politische Rückständigkeit der russischen Monarchie.
                  Aber die Industrieproduktion und Fertigungsqualität der russischen Städte war schon 1914 auf einem hohen Niveau, und das haben die Sowjets erst Jahrzehnte später wieder erreicht.

                  Ähnlich übrigens die deutschen Vorurteile gegen die angeblich so rückständige k-k-Monarchie. Die vor allem nach dem ersten Weltkrieg gepflegt wurden, weil ja angeblich die unfähigen Österreicher maßgeblich schuld waren am verlorenen Krieg.
                  Dabei waren natürlich Wien, Prag oder Krakau auf völlig dem gleichen Niveau wie Berlin oder Frankfurt.
                  Aber die Gesamtmonarchie schleppte halt gerade im Südosten noch viele unentwickelte Gebiete mit, das hat halt den Schnitt gedrückt.

                  • Stefan Sasse 16. Dezember 2024, 12:57

                    Danke, muss ich mich mal weiter einlesen.

                  • Thorsten Haupts 16. Dezember 2024, 16:55

                    Hab für nen Einstieg eine ganz interessante Quelle gefunden:
                    https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/4400/ssoar-1999-gotz-die_kluft_zwischen_ruland_und.pdf?sequence=1&isAllowed=y

                    Zitat:
                    Nachdem Rußland von der weltweiten Depression 1899-1902 ebenfalls betroffen worden war, kam es zu einem erneuten Aufschwung, der bis zum Vorabend des ersten Weltkriegs anhielt.
                    Zwischen 1908 und 1913 wuchs die Industrieproduktion um jährlich 8%. Die Rüstungsproduktion machte einen zunehmenden Teil aus. 1913 produzierte die Industrie elfmal soviel wie
                    1860.6 Dies entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 4,6% über eine
                    Periode von 53 Jahren und damit einem Wirtschaftswachstum, wie es die UdSSR von den 53 Jahren von 1935 bis 1988 ebenfalls behauptet, aber wahrscheinlich nicht erreicht hat.

                    Zum Vergleich: In der gleichen Periode 1860 bis 1913, in der sich die Industrieproduktion verelffachte, betrug der Bevölkerungszuwachs „nur“ das 2,4 fache (74 auf 171 Millionen Menschen).

                    Das Bruttosozialprodukt Russlands war 1913 übrigens in etwa so hoch wie das deutsche und britische. Das ist zwar pro Kopf der Bevölkerung gerechnet noch immer um mehr als 50% niedriger, aber von wirklich „rückständig“ weit entfernt.

                    Yay, habe heute nutzloses Wissen dazugelernt 🙂 .

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

                • Thorsten Haupts 15. Dezember 2024, 21:01

                  … war in ganz Europa Thema …

                  Ah? Okay. Muss nicht heissen, dass es stimmte.

                  Geisteswissenschaftler*innen arbeiten solider …

                  Keine Gruppe auf der Welt hat jemals oder wird jemals solider arbeiten als der preussische Generalstab 8)

                  • Stefan Sasse 16. Dezember 2024, 12:58

                    Schlieffenplan? 😀

                    • Thorsten Haupts 16. Dezember 2024, 14:48

                      Ah. Wo genau war der – militärisch – falsch? Dass er politisch falsch war, hat der Generalstab nicht zu verantworten, Dass er nicht umgesetzt wurde auch nur zum Teil.

                    • Stefan Sasse 16. Dezember 2024, 20:34

                      Der linke Flügel. Die haben nie das logistische Problem gelöst, dass der zu weit außen und effektiv zu schwach besetzt war für den Plan (aber immer noch zu stark für die geplante Logistik).

                    • Thorsten Haupts 17. Dezember 2024, 09:51

                      Das hast Du vermutlich aus Crevelds Buch, richtig, auch wenn Du den rechten Flügel meinst 🙂 ? Ich teile die Analyse nicht und halte die Logistik hier (ausnahmsweise) für überbewertet. Sie war für den eigentlichen Kampfverlauf im Vergleich zu den eigensinnigen Armeeoberbefehlshabern und der signifikant falschen Kräfteverteilung übrigens praktisch irrelevant.

                    • Stefan Sasse 17. Dezember 2024, 13:59

                      Weiß nicht mehr. Mein Wissensstand ist, dass der linke Flügel seine ihm zugewiesenen Aufgaben, u.a. wegen mission creep, nicht erfüllen konnte.

                      Aber grundsätzlich spricht das eh nur eingeschränkt gegen deinen Punkt der sauberen Arbeit, von daher… 🙂

            • Stefan Sasse 15. Dezember 2024, 09:33

              Keine Frage, aber dieses Modell hat ja in diversen Ländern „funktioniert“. Erst kriegst riesige Aufholeffekte durch die forcierte Industrialisierung – und dann prallst du volle Wucht gegen die „Decke“ deines bekloppt ineffizienten Systems.

  • moin 13. Dezember 2024, 14:33

    mamma mia, where’s luigi?

  • Thorsten Haupts 14. Dezember 2024, 17:41

    Ich nehme hier mal eine Diskussion aus einem der letzten Blogeinträge wieder auf, bei der mir damals die Zeit fehlte: Inflation

    Nach derwaechter und Stefan S. ist die Inflation nur „gefühlt“ und nicht real.

    Nun, die aktuellen Zahlen sagen etwas – sehr deutlich anderes:

    https://publikationen.bundesbank.de/publikationen-de/berichte-studien/monatsberichte/monatsbericht-oktober-2024-935528?article=lohnentwicklung-in-deutschland-aktuelle-lage-vergleich-mit-dem-euroraum-und-aussichten-941666
    (Ich habe mehrere ähnliche – seriöse – Quellen)

    Wie man aus dem Schaubild 5.1 überdeutlich entnehmen kann, überstieg die reale Inflationsrate (HarmonisierterVerbraucherpreisindex HVPI) die Reallohnanstiege beginnend im 2. Halbjahr 2021 bis einschliesslich 2023 deutlich.

    Für Lebensmittel ist der Preisanstieg sogar deutlich stärker:
    https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Tabellen/sonderauswertung-nahrungsmittel.html
    (Excel xls Datei. Für alle, die Excel nicht öffnen können: Preisentwicklung 2020 bis November 2024 + 34% für Nahrungsmittel einschliesslich nichtalkoholische Getränke).

    Damit bleibe ich dabei – da ist nichts gefühlt, das war und ist real und bis heute durch Lohnentwicklung überwiegend nicht aufgeholt. Das Leben IST teurer geworden.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • derwaechter 14. Dezember 2024, 23:14

      „Nach derwaechter und Stefan S. ist die Inflation nur „gefühlt“ und nicht real.“

      Ich antworte mal in Hauptscher Manier:

      Ab dem Satz habe ich nicht weiter gelesen. Das haben weder ich noch Stefan S. gesagt. Da erübrigt sich für mich jede weitere Diskussion.

      Im Ernst. Wir diskutieren hier jetzt, ob die Preisanstiege bereits komplett oder nur noch nicht ganz aufgeholt wurden. Das ist halt ganz was anderes, als die „gefühlte“ Mega-Inflation oder ihr Butterbeispiel. Die unterschlagen nämlich völlig die Lohnanstiege und auch Preisrückgange, wie eben zeitweise bei Butter oder ganz aktuell bei Treibstoff oder (von ein paar Spitzen abgesehen) Strom.
      Das, und nur das, ist der Punkt.

      Ich diskutiere das übrigens sehr gerne wie jetzt auf Basis vernünftiger Quellen und mit angemessenem Ton.
      Wenn aber jemand mit Gschichten ausm Supermarkt gepaart mit einer ich weiss alles, ihr gar nichts Haltung kommt, eher nicht.

      • Thorsten Haupts 15. Dezember 2024, 00:53

        Das, und nur das, ist der Punkt.

        Den haben Sie vielleicht nicht ausreichend deutlich gemacht?

        Wenn aber jemand mit Gschichten ausm Supermarkt …

        Diente der lebenspraktischen Veranschaulichung meiner These. Kann man natürlich lächerlich machen – nur ist auch das nicht wirklich seriös.

        • derwaechter 15. Dezember 2024, 12:33

          „Das, und nur das, ist der Punkt.

          Den haben Sie vielleicht nicht ausreichend deutlich gemacht?“

          Also ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie ich das noch deutlicher hätte machen sollen.

          Z.B. hier:

          „Vorneweg: Ich bezweifele in nicht, dass die Inflation viele Leute hart trifft und getroffen hat. Durchschnittliche Betrachtungen verdecken natürlich viele Einzelheiten (allerdings durchaus in beide Richtungen).

          Wie ich letztens bei dem ziemlich sinnlosen Butterpreis“argument“ auch schon angemerkt habe, ist es doch zu kurz gesprungen Inflation einseitig (und anekdotisch!) zu betrachten. Die Reallöhne sollten doch eigentlich viel entscheidender sein. Und da hat die Politik ja durchaus auch gewisse Einflussmöglichkeiten.

          In den USA liegen die Reallöhne hoch wie nie. In Deutschland steigen sie übrigens auch seit langen wieder und zwar kräftig.

          https://www.americanprogress.org/article/americans-wages-are-higher-than-they-have-ever-been-and-employment-is-near-its-all-time-high/

          Wieso sich das nicht ausreichend im Wahlergebnis niedergeschlagen hat, hat Paul Krugman sehr pointiert, aber nicht ganz unwahr, dargestellt:

          https://bsky.app/profile/pkrugman.bsky.social/post/3laqs7jzcbd25

          Oder hier:

          „Nur sind Butterpreise allein nicht sonderlich aussagekräftig und selbst allgemeine Preissteigerungen sind es nicht, ohne dass die Einkommensseite berücksichtigt wird. Der Reallohn ist da deutlich aussagekräftiger,“

          _—————-

          „Wenn aber jemand mit Gschichten ausm Supermarkt …

          Diente der lebenspraktischen Veranschaulichung meiner These. Kann man natürlich lächerlich machen – nur ist auch das nicht wirklich seriös.“

          Als „Gegenargument“ für nur gefühlte Inflation anekdotisch (also quasi gefühlt) den Preis einer einzelnen Ware zu nennen, ist halt schon einigermaßen lächerlich oder zumindest definitiv nicht seriös.

          Ich habe das damals auch gar nicht lächerlich gemacht sondern mit Argumenten und Zahlen belegt, warum das Quatsch war und v.a. mit dem ungeeigneten Beispiel Butter.

          Zum nachlesen :


          Butterpreise sind im Moment übrigens sogar ein sehr schlechter Indikator, da sie sich gegenläufig zu anderen Lebensmittelpreisen auf ein Rekordhoch entwickelt haben und nur einen sehr kleinen Teil des Warenkorbes ausmachen.

          Als sogenannter Eckpreisartikel (wie z.B. auch ein Liter Milch) trägt sie allerdings stark zum gefühlten Preisanstieg bei.

          Butter kostet im Moment trotz Rekordhoch nur etwas mehr als vor „2 Jahren“, weil damals die Preise ebenfalls stark gestiegen, danach aber auch enorm gefallen waren.

          Und zu guter Letzt sind die Preise nicht von 2 auf 3 Euro sondern auf im Schnitt 2,39 (Stand Oktober 2024) gestiegen.

          Mit anderen Worten, das hat offenbar sehr viel mit Gefühlen zu tun.

          derwaechter

          Und bei Gefühlen stören Fakten halt auch. So gesehen kann man das schon gut verstehen.“

          • Thorsten Haupts 15. Dezember 2024, 12:59

            Die Reallöhne sollten doch eigentlich viel entscheidender sein. Und da hat die Politik ja durchaus auch gewisse Einflussmöglichkeiten.
            und
            In den USA liegen die Reallöhne hoch wie nie. In Deutschland steigen sie übrigens auch seit langen wieder und zwar kräftig.

            Womit Sie zumindest bei mir den Eindruck erweckten, zu argumentieren, dass die Reallöhne die Inflation ausgeglichen haben. Genau das haben sie – nachweislich – nicht.

            Und zu guter Letzt sind die Preise nicht von 2 auf 3 Euro sondern auf im Schnitt 2,39 (Stand Oktober 2024) gestiegen.

            Ebenso nachweislich falsch:
            In der von mir verlinkten XLS Datei des Statistischen Bundesamtes wird der Preisanstieg bei Butter zwischen 2020 und 2024 mit 65,8% verortet! Der von Ihnen angegebene „Durchschnittspreis“ im Oktober 2024 ist kein Durchschnittspreis, sondern der Mittelwert für die billigst erhältliche Butter. Der Durchschnittswert liegt wegen der deutlich – deutlich – teureren Markenbutter weit darüber.

            Damit gebe ich die „Unseriosität“ ungeöffnet zurück.

            Gruss,
            Thorsten Haupts

            • derwaechter 15. Dezember 2024, 13:32

              Hier mangelt es entweder an Leseverständnis, am Willen oder an beidem.
              Und das Zitat ist ja auch nur ein Ausschnitt aus meinen Kommentaren. Ihr Vorwurf war übrigens nicht, ich hätte behauptet die Inflation sei durch Lohnerhöhung ausgeglichen, sondern sie sei „nur „gefühlt“ und nicht real.“. Das ist und bleibt ein völlig unbelegte Vorwurf.

              Meine Quellen waren Zeitungsartikel (die ich leidr vergessen hatte zu verlinken) und es ging um den von ihnen aufgebrachten Zweijahreszeitraum, nicht vier Jahre mit denen sie jetzt kommen.
              Ich werde aber nicht weiter in die Tiefen der Butterpreise und Markenbutter einsteigen und Vergleichsjahr 2020 oder 2022 einsteigen, den der Punkt den ich gemacht hatte geht ja weit darüber hinaus. Einfach mal nachlesen!!
              Quintessenz: sich auf den Butterpreis und ein paar Zehncent mehr oder weniger zu versteifen ist völlig am Thema vorbei.

              Zur Butter
              „Im November 2021 kosteten 250 Gramm Markenbutter noch 1,65 Euro im Supermarkt. Drei Jahre später werden 2,39 Euro fällig. Woran liegt dieser krasse Preissprung?“
              https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/butter-preis-warum-ist-die-butter-gerade-so-teuer-wie-nie-02/100075079.html

              Oder hier“ gleicher Preis, und auch die Erklärung mit Eckpreisartikel von der ich sprach. Und der gleichzeitige Preisrückgang bein anderen Waren
              https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/butterpreise-104.html
              .

              Was daran unseriös sein soll bleibt ihr Geheimnis.

            • Lemmy Caution 16. Dezember 2024, 09:20

              Nach dieser Statistik sanken die Reallöhne April 21 bis Februar 23. Danach gingen sie aber für 20 Monate wieder ins Plus.
              https://www.statista.com/statistics/1351276/wage-growth-vs-inflation-us/
              Es gibt für Nominallöhne durchaus unterschiedliche Statistiken, aber so dramatisch waren die Reallohnverluste über den Zeitraum 21 bis 24 dann eben genau nicht.

              • derwaechter 16. Dezember 2024, 10:28

                Eben. Danke!

                Deshalb ist der Gedanke, dass die gefühlte Inflation (bzw. der gefühlte Reallohn) eben doch eine große Rolle spielt gar nicht so dumm.
                Und so gesehen ist das Butterbeispiel sogar ziemlich lehrreich.

                Richtig interessant wird es, sollten die Löhne wirklich so stark weiterwachsen wie die Tarifforderungen gerade implizieren und die Inflation gleichzeitig weiter fallen bzw. niedrig bleiben. Dann gäbe es einen so kräftigen Sprung in den Reallöhnen, dass ihn vielleicht sogar mehr Wähler „fühlen“ würden. Allerdings schrieben sie das dann wahrscheinlich Kanzler Merz zu 🙂

              • derwaechter 16. Dezember 2024, 10:58

                Mein letzter Kommentar (den ich irgendwie nicht sehen kann) bezog sich auf Deutschland, während der Link von Lemmy Caution ja US Zahlen zeigt. Hier was ähnliches für Deutschland. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/152761/umfrage/entwicklung-der-loehne-in-deutschland/

                • Lemmy Caution 16. Dezember 2024, 11:16

                  Wobei man sich hier genau anschauen muss, was die Statistik genau als Grundlage der Nominallöhne nimmt. Die Tariflöhne sind in den letzten beiden Jahren stark gestiegen, aber es arbeiten ja immer mehr Leute außerhalb dieser. Ich konnte die Inflationsverluste bisher nur teilweise ausgleichen. Außerdem sind die Stundensätze für freiberufliche Informatiker spätestens seit dem 2. Halbjahr 2024 unter einem gewissen Druck, aber halt auf einem hohen Niveau.

                  • derwaechter 16. Dezember 2024, 12:07

                    Auf jeden Fall! Ich schrieb ja beim letzten mal schon, dass Ich nicht bezweifele, dass die Inflation viele Leute hart trifft und getroffen hat und das durchschnittliche Betrachtungen natürlich viele Einzelheiten verdecken (allerdings durchaus in beide Richtungen).

                    Das gleiche gilt für verschiedene Quellen und Daten.

                    In der konkreten Statisktik weiss ich die Quelle nicht. „vollzeit-, teilzeit- und geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich“ deutet allerdings darauf hin, das relativ breit erfasst wird.

      • Stefan Sasse 15. Dezember 2024, 09:40

        Richtig.

    • Stefan Sasse 15. Dezember 2024, 09:35

      Moment, ich glaube du wirfst zwei Dinge durcheinander. Ich bezweifle nicht, dass das Leben seit 2021/22 deutlich teurer wurde. Aber im Wahljahr 2024 war die Inflation weitgehend wieder runter. Das ändert natürlich nichts am vorher gestiegenen Preisniveau.

      • Thorsten Haupts 15. Dezember 2024, 13:01

        Also weil die Inflation in 2024 wieder runter war, sollen Wähler die nicht ausgeglichenen Preisanstiege in den Jahren vorher vergessen haben und sie nicht zur Grundlage einer Wahlentscheidung machen? Scheint mir ein bisschen viel verlangt 🙂 .

    • CitizenK 15. Dezember 2024, 22:17

      Kommt darauf an, was man gekauft hat. Bei Fernsehern und ein Mobiltelefonen gab es deutliche Preissenkungen.
      https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Preismonitor/_Grafik/_Interaktiv/elektrogeraete.html

      • derwaechter 15. Dezember 2024, 22:52

        Aber die Butter!

    • cimourdain 16. Dezember 2024, 11:37

      Ein paar Überlegungen zur ‚gefühlten‘ Inflation aus meiner Sicht:
      1) Es hat Berechtigung, Lebensmittel gesondert zu betrachten. Brot und Butter sollten nicht mit Fernsehern und Mobiltelefonen aufgerechnet werden.
      2) Das statistische Bundesamt hat sich hier die Preisentwicklung seit 2020 angesehen:
      https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Preise/kpre520.html#250160
      Ein Plus von 34,4 %
      3) Man könnte statt des Vergleichs mit Durchschnittslöhnen auch mal dorthin sehen, wo sich Lebensmittelpreise am stärksten auswirken:
      https://de.statista.com/statistik/daten/studie/241114/umfrage/entwicklung-des-hartz-iv-regelsatzes/
      Da ergibt sich über diesen Zeitraum nur ein Plus von 30,3%, diese Gruppe hat einen realen Kaufkraftverlust.

      • derwaechter 16. Dezember 2024, 12:32

        1) Jein. Wer weniger für da eine ausgeben muss, har mehr für das andere.
        Aber klar, Lebensmittel sind wichtig! Allerdings nicht einzelne, sondern der gesamte Warenkorb.
        2) Niemand hat bezweifelt, dass die Preise in den letzten Jahren stark gestiegen sind
        3) Wichtiger Punkt!

        • cimourdain 16. Dezember 2024, 16:21

          1) Ja- deswegen 2)
          2) Mich hat interessiert, wie stark wirklich, unabhängig von gefühlten Effekten, die auch von Wahrnehmungsverzerrung beeinflusst sein können.

      • CitizenK 16. Dezember 2024, 12:34

        „Brot und Butter sollten nicht mit Fernsehern und Mobiltelefonen aufgerechnet werden.“

        Warum nicht? Damit Wut und Politikverdrossenheit weiter unterfüttert werden? Der „Brotpreis“ von heute ist der Spritpreis – und inzwischen der von Heizöl und Heizgas.

        Es kann nicht verkehrt sein, auf die politischen Ursachen hinzuweisen. Nicht nur bei Politikinteressierten. Es war ja nicht (nur) „die Ampel“. Die Fehler der Vorgänger wurden von einer breiten Mehrheit mitgetragen.

        Ich bin auch immer wieder geschockt von den Preissteigerungen im Supermarkt, aber ich will mich davon nicht ins Bockshorn jagen lassen.
        Für meinen ersten Computer habe ich damals das Fünffache bezahlt (einkommensbezogen noch weitaus mehr) – bei ca. 100x weniger Leistung. Bezogen auf die Gegenleistung sinken die Kosten der Kommunikation.

        • cimourdain 16. Dezember 2024, 16:19

          „Warum nicht?“ – Weil man Computer nicht essen kann. Es gibt eine Bedürfnispyramide und da ist Nahrung die absolute Basis.

          „Wut und Politikverdrossenheit“ Könnte man ebenso gut umgekehrt argumentieren: Die „Teuerungsleugner“ wollen den (berechtigten) Unmut klein halten. Deswegen habe ich mir eine imho maßgebliche Zahl genommen (Punkt 2) und in einen imho maßgeblichen, aber unterschätzten Kontext gesetzt (Punkt 3).

          „Es war ja nicht (nur) „die Ampel“ Supergrob vereinfacht ist ja die Argumentationslinie, dass die Vorgängerregierung Preisstabilität (ein politischer Wert) auf Kosten anderer politischer Werte durchgesetzt hat und die jetzige Regierung diese Priorität nicht mehr setzt. Aber ob das eine oder das andere ein „Fehler“ ist, ist dann doch sehr subjektiv.

        • Thorsten Haupts 17. Dezember 2024, 10:24

          Leute kaufen täglich Lebensmittel, aber nur einmal alle 3 bis 7 Jahre einen Computer oder ein Mobiltelephon.

  • Kirkd 15. Dezember 2024, 18:24

    5) Spot on. Ich war ja immer ein Gegner der Schuldenbremse. Aber seit ich Habeck und Scholz habe Geld ausgeben sehen, muss ich zugeben, dass die konservative Doktrin, Linke kein Geld ausgeben zu lassen, schon ihre Gründe hat.

  • Lemmy Caution 16. Dezember 2024, 13:04

    c) Vertrag EU mit dem Mercosur
    Mich nervt einiges an diesem Thread.
    1. Die Mitgliedsländer des Mercosur haben nicht 700 Mio Einwohner.
    220 (Brasilien), 47 (Argentinien), 12 (Bolivien), 7 (Paraguay) 3 (Uruguay)
    Ergibt einen Markt von 289 Mio Einwohner.
    700 Millionen bezieht sich vielleicht auf ganz Lateinamerika, d.h. von Mexiko bis Feuerland, inklusive Karibik.
    2. Als Regionale Integration ist der Mercosur nicht mit der EU vergleichbar. Ich verfolge die Entwicklung seit den 90ern. Die Performance ist enttäuschend. Es gab genug Jahre, in denen linke Regierungen die Politik der beiden entscheidenden Länder Argentinien und Brasilien bestimmten. Der Mercosur stand für die aber weit unten in der Agenda. Unter Milei und einem Bolsonarista oder dem Meister selbst wird das nicht besser werden.
    3. Schieritz hofft auf „Lateinamerika als ordnender Machtpol in der ungeordneten Weltpolitik“.
    Hier bestätigt sich mein Verdacht, dass sich Schieritz nie wirklich mit der Region beschäftigt hat. Bei aller Sympathie ist das völliger Blödsinn.

    Ich bin ja auch für mehr Zusammenarbeit, dann aber bilateral und nicht mit dem Mercosur.
    Als offensichtliche Bereiche für eine konstruktive Zusammenarbeit sehe ich:
    – Verstärkte Zusammenarbeit in Forschung und Ausbildung
    – Professionalisierung der Polizeiarbeit, auch über Ländergrenzen
    – Anti-Korruptionsmonitoring, die ja in Ost-Europa so schlecht nicht zu funktionieren scheint.
    Da müsste sich aber in Europa ein Wandel der Einstellung vollziehen, u.a. die Region als MINT-Partner ernstnehmen und nicht in jeder mitte-rechts oder rechts Regierung eine Wiederauferstehung der Militärdiktaturen der 1970er sehen. Aktuell beschränkt sich die gute Vernetztheit auf linke Soziologen und Politologen. Die sind nicht alle bösartig, den im nördlichen Südamerika agierende Stefan Peters finde ich etwa recht vernünftig, aber der ist auch kein Mann für die oben genannten Felder.

    Die Südamerika Büros der Stiftungen von Grüne, Linke und SPD hatte letztens eine 3-stündige Infoveranstaltung zu Milei.
    https://www.youtube.com/watch?v=NNGJsZM89Fk
    Das Grauen. Gegen öffentliche Kommentare hatten die sich völlig abgeschottet. Im Zoom Chat konnte man Fragen stellen.
    75% der Beiträge stammten von mir und ich war wirklich höflich. Dann gabs noch 10% Fragen von anderen Leuten und 15% Ankündigungen von argentinischen-expat Polit-Aktivisten für Gruppen Aktivitäten in Berlin. Von meinen 20 Fragen wurde nur 1 beantwortet und auf diese eine Frage wurde überhaupt nicht eingegangen 😉 . Ab Minute 53 in dem Video. Während der Ausführung der Dame habe ich im Chat mehrmals auf Spanisch höflich daran erinnert, dass sich die Frage auf die Zustimmung in der Bevölkerung und nicht auf Politikerhandeln bezog.
    Als Redner gab es argentinische Kirchneristen aus Akademia & Politik, linke Aktivistinnen sowie deutsche Linke. Ich lehne solche Leute nicht grundsätzlich ab, aber diese Veranstaltung war 12 Tacken zu einseitig.

    Hintergrundinfo: Die Armut betrug
    Quartal 4 2023 -> 45,2% (vor Milei)
    Quartal 1 2024 -> 54,9%
    Quartal 3 2024 -> 49,9%
    Quartal 4 2024 -> 44,6% (vorläufige Schätzung)
    https://www.argentina.gob.ar/noticias/la-pobreza-y-la-indigencia-estan-bajando-y-las-proyecciones-revelan-que-terminaran-el-2024
    Zum Zeitpunkt der Veranstaltung lag die Information der vorläufigen Schätzung zu Q4 noch nicht vor, aber die zu Q3 schon.

    Ich sehe ja Mileis Politik wirklich durchaus kritisch, aber die Daten zur Verelendung in Folge des Schocksprogramm zeigt sich wie die Inflation aktuell erstaunlich V-shaped, d.h. es erholt sich schnell auf die Vor-Milei-Werte, die natürlich auch schon katastrophal waren. Außerdem hat so ein Schockprogramm äußerst komplexe sekundäre-Effekte und die Milei-Regierung ist noch längst nicht aus dem Quark. Die Daten lassen sich in keinem Fall einfach in die Zukunft extrapolieren. Natürlich waren die Vergleichswerte Mileis von der letzten kirchneristischen Regierung katastrophal, aber warum hätten sich die Werte unter einer hypethetischen weiteren Kirchnerista-Regierung verbessern sollen?
    So wie die das auf der Veranstaltung versuchten darzustellen ist für mich aber echt Agitprop und keine ausgewogene Information.
    Manches was die da erzählen ist schlichtweg falsch, aber das würde zu weit führen.
    Pro-Tip: Auf den Blick von Dr. Svenja Blanke achten.

    • cimourdain 16. Dezember 2024, 14:37

      1. Oder es könnte für die 700 Mio. Mercosur und EU zusammengerechnet worden sein. Das ‚gemeinsam‘ in „Der gemeinsame(!) Wirtschaftsraum umfasst …“ ging dann ‚in Translation‘ flöten.

      • Lemmy Caution 16. Dezember 2024, 19:47

        Quelle traduction ? Désolé, mais je ne comprends pas ça.
        [Welche Übersetzung, sorry, aber ich verstehe das nicht]
        Kann sein, dass sich die 700 Mio auf EU + Mercosur beziehen, aber im Mercosur gibt es außerhalb des von europäischen, US-amerikanischen und ostasiatischen Unternehmen dominierten Automobilsektors sehr viele Binnenzölle. Die EU hatte bereits 1968 sämtliche Binnenzölle abgeschafft. Und danach wurden viele nicht-tarifäre Handelsbeschränkungen abgebaut, dank z.B. gemeinsamer Standards.
        Man kann die beiden Integrationsprojekte nicht miteinander vergleichen. Der Mercosur dümpelt seit 20 Jahren vor sich hin. Die EU auch seit 15 Jahren, aber die steht auf einem ganz anderem Fundament.

        Gegen den jetzigen EU-Mercosur Vertrag laufen die französischen Landeier sturm. Davon gibt es relativ viele. Ich sehe selbst den noch nicht trockenen Tüchern.
        Der zementiert sowieso bestehende Handelsstrukturen. Bringt was für bestimmte und manchmal ökologisch fragwürdige Landwirtschaft im Cono Sur, dem deutschen Maschinenbau sowie italienischen und spanischen Versorgungs-Multis (Strom, Telephonie, Wasser) etwas und vermutlich nicht viel.
        Meine Vorschläge zielen auf eine Kooperation neuen Typs (Bildung, Polizei, anti-Korruption).

  • derwaechter 16. Dezember 2024, 15:22

    c) Threads bei X lassen sich ohne log in übrigens gar nicht lesen.

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