Als die Linke in den westlichen Ländern in den 1980er Jahren keine Fuß mehr auf den Boden bekam, passte sie sich an den herrschenden Zeitgeist an. Von Mitterand zu Schröder, von Blair zu Clinton, wo auch immer Ende des 20. Jahrhunderts Regierungschefs aus dem sozialdemokratischen Lager kamen, hatten sie den Trend der Zeit zu Privatisierungen und Co übernommen. Vorher war dasselbe unter umgekehrten Vorzeichen geschehen: keynesianische Prinzipien, eine Stärkung des Sozialstaats, Ausbau der Infrastruktur und eine aktive staatliche Steuerungsrolle waren für die bürgerlichen Regierungen der 1950er und 1960er Jahre der einzige Weg gewesen, selbst wieder Wahlen für sich entscheiden zu können. Und mit der Finanzkrise ab 2008 begann allenthalben der Abschied der Parteien von der Bevorzugung des Finanzsektors, der einmal als ultimativer Arbiter gegolten hatte, ob nun durch eine programmatische Neuausrichtung à la Merkel oder durch einen Regierungswechsel wie den Sieg Francois Hollandes. Eine Auffälligkeit in den USA ist, dass solche programmatischen Neuausrichtungen ausbleiben. Stattdessen haben wir zwar Wahlausgänge, die die Mehrheiten grundsätzlich und radikal ändern und massive Verwerfungen hervorrufen, die aber nichts entscheiden: bereits zwei Jahre später bei den Midterms, spätestens vier Jahre später mit der nächsten Präsidentschaftswahl steht alles auf dem Prüfstand, kann jederzeit wieder umgeworfen werden.
Das ist eine neue Entwicklung. Noch 2000 führte George W. Bush mit einem „compassionate conservatism“ Wahlkampf, der mit Ronald Reagan nicht mehr allzu viel am Hut hatte und in dem er sich als der bessere Verwalter von Clintons Erbe empfahl (wie Clinton sich als besserer Nachlassverwalter von Reagans Erbe inszeniert hatte), während die Democrats 2001/2002 auf die geänderte Situation (und das Desaster der Midterms 2002) mit einem scharfen Schwenk in Richtung einer falkenhaften Außenpolitik reagierten (was angesichts des Irakdesasters dann für Hillary Clinton 2008 der Sargnagel wurde).
Doch seit 2008 ist diese Dynamik aus den Fugen geraten. Die entschiedene Ablehnung der Bush-Präsidentschaft führte 2008 zu einer Situation, in der die Democrats einen Kartoffelsack hätten aufstellen und die Wahlen trotzdem gewinnen können. Es war das historische Glück des Landes, gleich zwei Titanen zur Auswahl zu haben, von denen sich Barack Obama zwar recht knapp, aber entscheidend gegen Hillary Clinton durchsetzen konnte. Die Reaktion der Republicans war zerstörerischer Trotz: Obama, der mit einer Botschaft und einem Programm der überparteilichen Zusammenarbeit angetreten war, sollte ein „one-term president“ bleiben. Diesem Ziel wurde alles untergeordnet. Die destruktive Strategie ging nicht auf: Obama siegte bei seiner Wiederwahl 2012 überzeugend gegen Mitt Romney.
Nun schien zu geschehen, was in solchen Situationen normal ist: eine Moderierung und eine Anpassung an die neue gesellschaftliche Mehrheit. Die Parteiführung veröffentlichte einen „autopsy report„, in dem sie eine Reihe von Policy-Anpassungen für die Zukunft plante. Sichtbarster Ausfluss dieses Projekts war die Gründung der „Gang of Eight“, einer Gruppe demokratischer und republikanischer Senatoren, die die Verabschiedung einer großen Einwanderungsreform vorantreiben sollten. Für einen Moment schien es, als würde der bipartisan dream doch noch Wirklichkeit.
Doch dann vollführten die Republicans, erneut unter Führung ihres spiritus rector Mitch McConnell, erneut eine harte Kehrtwende. Totale Obstruktionspolitik, wie sie sich dann auch im Shutdown von 2013 niederschlug, wurde das Gebot der Stunde. McConnell erkannte in zynischem Kalkül, dass eine Totalblockade und eine sich verschlimmernde Situation den Democrats angelastet werden würde, nicht den Republicans – mit deren politischen Zielen ein völliger Vertrauens- und Handlungsfähigkeitsverlust der Regierung ohnehin überlappte. Damit war die Bühne gesetzt.
2015 erntete Donald Trump die Früchte dieser Strategie. Seine Regierung versuchte, das Amerika Obamas völlig zu zerstören – und scheiterte weitgehend damit, nicht ohne eine „Resistance“ der Progressiven auszulösen, die 2018 einen erneuten Umschwung bei den Midterms mit sich brachte. Dank des katastrophalen Missmanagments der Corona-Krise gewann Joe Biden mit einer zentristischen Botschaft knapp die Wahl 2020, nur um 2024 seine designierte Nachfolgerin Kamala Harris gegen Trump unterliegen zu sehen. Biden trat mit dem Versprechen an, von Trumps Agenda genau nichts fortzusetzen; seine Plattform firmierte unter der Botschaft der Wiederherstellung der Vernunft (nicht zu Unrecht, aber das tut hier nichts zur Sache). Trump seinerseits versprach 2024, nicht nur die letzten vier Jahre der Biden-Regierung rückabzuwickeln, sondern noch wesentlich stärker einen permanenten Bürgerkrieg zu führen – was eine erneute Ankündigung von „Resistance“ seitens der Progressiven und eine wohl berechtigte Erwartung an einen Umschwung bei den Midterms 2026 mit sich brachte.
Um es kurz zu machen: ein Backlash folgt dem nächsten, in immer kürzeren Abständen. Die Wahlen bringen zwar massive politische Richtungswechsel mit sich, aber keiner davon hat irgendeine Substanz, keiner ist beständig, weil beide Parteien die Setzungen der anderen nicht akzeptieren. Natürlich gehört die Revidierbarkeit von Entscheidungen nicht erst seit Gustav Radbruch zum Kernbestand der Demokratie; aber wenn überhaupt nicht akzeptiert wird, was die Vorgängerregierungen getan haben, entsteht eine Situation, in der sich niemand auf irgendetwas verlassen kann. Unsicherheit dieser Art hat gesellschaftliche wie wirtschaftliche Folgewirkungen – und bleibt auch in der Sicherheitspolitik nicht spurenlos, wie Putins leider berechtigtes Kalkül zeigt, in der Ukraine so lange einen Abnutzungskrieg zu führen, bis sein Asset im Weißen Haus sitzt.
Bleiben wir für einen Moment bei diesen Kollateralschäden der Unsicherheit. Wenn sich Unternehmen, Bürger*innen und andere Staaten bei Gesetzen, Verordnungen, Regulierungen und internationalen Abkommen nicht darauf verlassen können, dass diese über den nächsten Wahltermin hinaus Bestand haben, kann das System schlicht nicht funktionieren. Das ist in der Außenpolitik am augenfälligsten, wo lange Linien regieren und eine gewisse Berechenbarkeit ein Garant für Stabilität und Sicherheit ist. Wenn ich nicht weiß, was ein Land als nächstes tut und in welche Richtung es sich entwickelt, kann ich mit ihm de facto nicht zusammenarbeiten.
Dasselbe gilt für Unternehmen. Wie will ich mich auf eine neue Regulierung oder gesetzliche Situation einstellen, wenn diese niemals irgendwann abgeschlossen sicher ist? Die Republicans wollen immer noch Obamacare abschaffen, das mittlerweile seit 2010 Gesetz und seit 2014 implementiert ist. Die Verwerfungen, die das auf dem Versicherungs- und Gesundheitsmarkt allein hervorrufen würde, von den Konsequenzen für die Versicherten einmal ganz abgesehen, sind unüberschaubar. Wie soll je eine Transformation der Wirtschaft gelingen, wenn alle vier Jahre das Ruder um 180° herumgeworfen wird?
Auch für die Gesellschaft ist das eine Katastrophe. Sind Schwangerschaftsabbrüche nun erlaubt oder nicht? Kann ich meine Waffensammlung morgen noch auf die Schießbahn tragen? Wird meine Heirat morgen annulliert, meine Familie übermorgen deportiert? Kann ich meine Religion noch frei leben, meinem Jagdhobby nachgehen? Alles ist ständig zu 100% zumindest in der Theorie verhandelbar und wird öffentlich verhandelt.
Und das natürlich von den lautesten Stimmen beider Seiten. Radikale aktivistische Kleingruppen pushen die Agenda der Politik, machen Lärm für drei und scheinen jeweils für das gesamte Spektrum zu sprechen. Irgendwelche studentische Splittergruppen in Columbia oder eine obskure Sekte in Kansas wirken plötzlich wie Repräsentanten für die gesamte Wählendenschaft. Würden ihre Forderungen umgesetzt, bedeutete dies meist nicht nur gewaltige Verwerfungen, sondern ruft bereits präventiv den nächsten Backlash hervor. Das Project25 etwa kann in seiner Radikalität nur Ablehnung hervorrufen, kann nur Forderungen nach dem nächsten Backlash produzieren – und die Democrats schicken sich an, denselben Fehler ebenfalls wieder zu machen.
Wie in den USA üblich, ist diese Dynamik nicht spiegelsymmetrisch – die Republicans sind sowohl radikaler als auch aggressiver. Aber die Dynamik betrifft grundsätzlich beide Seiten, geht von beiden Seiten aus. Inzwischen ist kaum mehr vorstellbar, dass eine der anderen entgegen kommt. Vielmehr steht der nächste Backlash bereits in den Startlöchern, mit all den Unsicherheiten, die daraus produziert werden, all der Bitterkeit, alle dem Hass. Das ist für eine Demokratie kein gesunder Zustand.
Der Vergleich mit Deutschland ist hierbei durchaus instruktiv. Immer wieder gab es hier die großen Übernahmen: die SPD mit der Westbindung, die CDU mit der Ostpolitik, die Grünen mit der Interventionspolitik. Übernahm eine Partei große Reformwerke nicht und versuchte diese zurückzudrehen, endete dies üblicherweise erfolglos: die SPD konnte das Zurückdrehen der schwarz-gelben Rentenreform 1999 nur ungefähr ebenso lange feiern wie Schwarz-Gelb den Atomausstiegsausstieg. Auch in der jüngsten Zeit ist diese Dynamik auffällig: die FDP hatte den Mindestlohn stets als Weg in die sozialistische Knechtschaft verteufelt, unternahm aber nach seiner Einführung keine Versuche, ihn abzuschaffen. Genauso ist die Übernahme einer harten Linie in der Asylpolitik durch die Grünen im letzten Jahr in geradezu halsbrecherischer Geschwindigkeit vollzogen worden.
Noch immer orientieren sich wenigstens die zweifellos demokratischen Parteien in Deutschland an einem moderaten, mittigen Konsens. Das führt, wie die Merkel-Ära gezeigt hat, oft genug in eine von Stillstand kaum unterscheidbare Langsamkeit der Entscheidungsprozesse, in einen Kompromiss, der gerne einmal die schlechtesten Aspekte aller Positionen in sich vereinigt. Aber die Entwicklung der USA zeigt, dass scharf voneinander abgetrennte Positionen auch nicht zwingend die bessere Alternative sein müssen. Ich kann auch für mich in Anspruch nehmen, bereits während der Merkel-Jahre davor gewarnt zu haben, dass aus einem schärferen Gegensatz von Positionen und ebenso schärferem Meinungsstreit weder zwingend eine Belebung der Demokratie noch bessere Ergebnisse entstehen müssen.
Dies bringt uns zurück in die USA. In diesen herrscht im Gegensatz zu Deutschland auch noch der verschärfende Faktor des Mehrheitswahlrechts, das bereits kleine Schwünge bei den Wählenden in riesige Verschiebungen der Machtverhältnisse übersetzt. Solange die Parteien sich selbst regulieren und in einem gewissen Rahmen der moderaten Mitte verbleiben, ist das wenig schlimm: an Clinton vs. Dole entscheidet sich nicht das Schicksal der Republik. Aber das Wahlsystem verdeckt die realen Kräfteverhältnisse. Der Trump-Wahlsieg ist beeindruckend, aber vor allem für die Zustände, in denen sich die USA aktuell befinden: bedenkt man, wie rasiermesserdünn die Mehrheiten 2016 und 2024 ausfielen, ist das aktuelle geradezu komfortabel – ist aber auf der Rangliste der größten Wählendenstimmenanteile gerade einmal auf Platz 41 von 53. Es ist wohl ein Zeichen der Zeit, dass geringe Mehrheiten mit radikalen Positionsverschiebungen korrelieren – dieses Jahr wechselten gerade einmal 3-4% der Wählenden ihre Partei. Das reicht natürlich für einen Wahlsieg aus, stellt aber kaum eine gesellschaftliche Positionsverschiebung dar.
Und das führt zu genau dem zu beobachtenden Phänomen: Wahlen haben gewaltige Folgen, aber sie entscheiden nichts. Bei uns haben Wahlen keine riesigen Folgen, aber sie entscheiden alles.
Ja. Die beiden grössten inhärenten Schwächen demokratischer Systeme sind immer die Dummheit und Uninteressiertheit des Durchschnittswählers (mich eingeschlossen) und die fehlende Beständigkeit.
Trotzdem schliesse ich mich Stefans Fazit nur sehr begrenzt an. Denn die grösste Schwäche der wechselseitigen Übernahme der „grossen Linien“ ist ebenso offenkundig – der sich verfestigende (berechtigte!) Eindruck bei ALLEN Wählern, dass es eigentlich wuscht ist, wen oder was sie wählen. Es ändern sich dadurch Details, aber niemals die grossen Linien. Das stärkt auf Dauer – IMHO unvermeidbar – die radikalen Ränder. Lange kaum bemerkbar, bis der Frust über ausbleibende Änderungen sich irgendwann massiv seine Bahn bricht.
Hier clashen Menschheitskonstanten (auf der einen Seite der Wunsch nach Berechenbarkeit, auf der anderen Seite der Wunsch nach sichtbaren und folgenreichen Änderungen) und ich halte das Dilemma für prinzipiell unauflösbar, solange der Mensch bleibt, was er gestern war und heute ist.
Gruss,
Thorsten Haupts
Aber warum war das jahrzehntelang nie ein Problem und ist es jetzt?
Du kriegst ausnahmsweise mal eine Antwort, die mein Bauch und nicht mein Kopf diktiert:
Weil es den Leuten grosso modo gut geht und sie zuviel Zeit haben, die sie sinnloserweise mit (theoretisierender) Politik füllen. Und weil wir inzwischen einen Akademikeranteil von 27% haben, von denen ein guter Teil in Jobs arbeitet, die nicht wirklich ihren vollen Einsatz erfordern.
Mit 48 Stunden Wochen, einem Akademikeranteil von 5% und deutlich niedrigeren Medianreallöhnen hatten die Leute andere, deutlich drängendere, Probleme.
Den fehlenden Anteil habe ich oben schon geliefert: „Lange kaum bemerkbar, bis der Frust über ausbleibende Änderungen sich irgendwann massiv seine Bahn bricht.“
Gruss,
Thorsten Haupts
Beste Demokratie also, wenn die Bürger wenig gebildet sind und so viel und so schwer schuften, dass sie für Informationen und politischen Austausch (sogenannter „Diskurs“ oder auch „deliberation“) keine Zeit und keine Kraft haben?
Vielleicht doch eher mit dem Kopf als mit dem Bauch argumentieren.
Beste Demokratie also, wenn die Bürger wenig gebildet sind und so viel und so schwer schuften, dass sie für Informationen und politischen Austausch (sogenannter „Diskurs“ oder auch „deliberation“) keine Zeit und keine Kraft haben?
Yup, der Schluss drängt sich mir (leider) immer mehr auf. Ob Demokratie anders dauerhaft funktionsfähig bleiben kann, halte ich ebenso zunehmend für sehr zweifelhaft.
[Edit seitens des Betreibers: persönliche Angriffe fördern die Diskussionskultur hier nicht. Bitte unterlassen.]
Ist das jetzt ein Argument für mehr Elend?
Kommt drauf an, wie wichtig Dir eine Konsensdemokratie ist.
Ich halte das für keine realistische Verknüpfung.
Da sind Sie nicht der Einzige.
Ich halte das für einen Trugschluss: Die Staaten, in denen die Lebensbedingungen schlechter sind, haben deutlich öfter polizeistaatliche Tendenzen, müssen also mit Gewalt stabil gehalten werden.
Total! Ich halte das auch für eine völlig verfehlte These.
Bin mir nicht sicher ob ich Dir folgen kann. Wie Du selbst sagst, ist Obamacare immer noch in Kraft, es war also kein kurzfristiger Schwenk. Auch Trumps Steuersenkungen und Finanzderegulierungen sind immer noch in Kraft. Die von Bidens Investitionsprogramm errrichtete Infrastruktur wird auch nicht verschwinden.
Das gleiche gilt in der Aussenpolitik. Die Rieseninterventionen der Bush-Ära sind passé. Die Umorientierung on Europe/Naher Osten auf China ist unter allen Präsidenten konstant. Freihandelsabkommen sind seit Trump Geschichte. Biden hat Trumps Abzug aus Afghanistan umgesetzt und die US Botschaft in Jerusalem gelassen.
Ich sehe, was du meinst. Den Punkt hätte ich vielleicht noch ausbauen sollen: angesichts der Backlashs und der kurzen Zeitrahmen KÖNNEN die ja auch gar nicht die Änderungen machen, die sie wollen und propagieren. Das gehört in den Clusterfuck ja mit rein.
Ein paar Takes zu Lateinamerikanischen Ländern, in denen die Dysfunktionalität politischer Systeme ja bereits tiefere Wurzeln hat. Der traditionelle Westen scheint gerade zu lernen, damit zu leben.
Da gibts eigentlich nur Präsidialsysteme wie in den USA, aber die Ergebnisse sind unterschiedlich.
Chile: frisch gewählte Regierung wird in einer immer kürzeren Zeit zur lame duck. Konnte Pinera Ende der 10er zumindest 12 Monate regieren, wurde Boric aufgrund des Desasters der Ablehnung des neuen Verfassungsvorschlags nach 6 Monaten entmannt. Unter Pinera drückte die Straße noch erfolgreich zu einigen kostspieligeren Sozialreformen gegen den eigentlichen Willen des Präsidenten. Wirtschaftspolitisch folgte man unter Boric einen Stabilisierungskurs, um externe Schocks abzufedern.
Es entstehen häufiger lechts wie rinks neue Parteien mit hochtönenden Programmen, aber jeder weiß, dass die Chilenen in der praktischen Politik die Vorsicht bevorzugen.
In Uruguay wechseln sich manchmal gemäßigt rechte und linke Regierungen ab. Letzten Monat haben sich die Uruguaschos weitgehend unbeachtet nach 8 Jahren mitte-rechts wieder für die alte mitte-links Koalition entschieden. Wirkliche Unterschiede im Kurs des Landes ergeben sich daraus aber nicht.
In Brasilien konnte Lula da Silva nochmal knapp gegen Bolsonaro gewinnen. Aktuell sieht es so aus, als würde Bolsonaro die nächste Wahl gewinnen. Ihm ist zwar politische Betätigung noch verboten, aber 2026 wechselt ein wichtiger Richter-Posten und der neue Richter ist Bolsonarista full.
In Argentinien war die Lage letztes Jahr so dermassen hoffnungslos, dass man vorher 2 bis 3 mal gescheiterten Bankern ein Schockprogramm durchführen ließ, obwohl die eigentlich nur 15% wirkliche Unterstützer im Parlament haben. Draussen stiftet ein schlecht frisierter Freak durch eine gute Show Verwirrung. Es gibt horrende soziale Verwerfungen, aber die Unterstützung in Umfragen hält. Aktuell gibt es Anzeichen für konjunkturelle Aufheiterungen und die gestern gemeldete Großhandels-Inflation betrug nur noch 1,2% im Monat. Sollte das so stabil bleiben, könnte die Midterm-election zu einem knappen Sieg Milei-freundlicher Kräfte führen.
Fazit: Kursänderungen sind möglich (Bolsonaro II und Caputo/Sturzenegger in Argentinien), aber dafür müssen die Probleme schon groß sein.
Vielleicht ziehen die demokratischen Politiker an einen Strang, wenn etwas noch größeres passiert wie moskowische Truppen nehmen Warschau ein oder der Golfstrom reißt. Vielleicht ist es dann zu spät.
Du haderst mit einer der wichtigsten Funktionen einer Demokratie: Die Herrschaftselite gewaltfrei durch Abwahl loswerden zu können. Das ist der Kern hinter dem ganzen: Ich bin unzufrieden, also wähle ich nicht mehr die Regierung Und da liegt der Pferdefuß: Je mehr Krisen, desto mehr Unzufriedenheit. Wir hatten noch vor nicht allzu langer Zeit eine ewige Kanzlerin (16 Jahre Amtszeit), die erst aufgrund einer extern entstandenen Krise weggegangen wurde.
Nein, mit der Funktion hadere ich keineswegs.