Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
Das von Bundesverkehrsminister Volker Wissing in Auftrag gegebene Gutachten zur gescheiterten Pkw-Maut seines Vorgängers Andreas Scheuer bewegt sich juristisch auf neuem Terrain. Wissing lenkt dabei nicht nur die Aufmerksamkeit auf den finanziellen Schaden in Höhe von 243 Millionen Euro, den die CSU mit dem Mautprojekt verursachte, sondern auch auf die von der CSU vernachlässigten Bereiche wie die Deutsche Bahn und die digitale Infrastruktur. Diese Versäumnisse verursachen langfristig weit größere volkswirtschaftliche Schäden. Ein Vergleich der politischen Verantwortlichkeit mit der Haftung von Unternehmensmanagern hinkt jedoch, da Politiker dem Volk und nicht Eigentümern Rechenschaft schuldig sind. Wissing könnte damit einen politischen Coup gelandet haben, da er kurz vor der bayerischen Landtagswahl die Versäumnisse der CSU ins Rampenlicht rückt. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob Koalitionsverträge, die oft Prestigeprojekte einzelner Parteien durchsetzen, überdacht werden sollten, um ähnliche Misserfolge zu vermeiden. (Daniel Deckers, FAZ)
Relevanter Hinweis, dass die wohl schlimmsten Minister der letzten zwanzig Jahre beide von der CSU waren und das Verkehrsministerium innehatten. Das wurde damals schon viel zu wenig thematisiert und wird es auch immer noch. Es ist leider ein Schema, dass vor allem persöhnliche Verfehlungen (siehe Anne Spiegel oder Christine Lamprecht) Grund für Rücktritte sind, nicht aber die wirklich großen Fuck-Ups wie das Mautdebakel, der Maskenskandal oder der ganze Cum-Ex-Kram. Dass jemand wie Olaf Scholz problemlos Kanzler sein kann, aber Baerbock durch den Lebenslauf oder Armin Laschet durch einen Lacher disqualifiziert ist, ist blanker Irrsinn, wenn man sich mal anschaut, was da jeweils auf dem Kerbholz ist. Ich halte allerdings gar nichts von der Idee, Politiker*innen persönlich für Entscheidungen im Amt haftbar zu machen. Das ist ein Weg ins sichere Desaster. Sie sollten von der Öffentlichkeit haftbar gemacht werden, aber das ist ein politischer, kein juristischer Prozess.
2) Trump’s Diabolical Plan for the Federal Workforce
Der Artikel behandelt die potenziellen Folgen von Donald Trumps Plänen für eine zweite Amtszeit, insbesondere seine Absicht, die Bundesverwaltung in ein Werkzeug für politische Loyalität und Vergeltung zu verwandeln. Ein Vorfall auf dem Arlington Nationalfriedhof, bei dem Trumps Kampagne die Regeln missachtete, dient als Beispiel dafür, wie Trump in Zukunft regieren könnte: durch Missachtung von Normen, Einschüchterung von Beamten und den Missbrauch des Staates, um Gegner zu bestrafen. Ein zentrales Thema ist Trumps „Schedule F“-Exekutivanordnung, die während seiner ersten Amtszeit vorgeschlagen wurde. Diese hätte es ihm ermöglicht, unliebsame Beamte zu entlassen und durch loyale Gefolgsleute zu ersetzen, wodurch die Kontrollmechanismen innerhalb der Regierung untergraben würden. Besonders Anwälte und Beamte, die Gesetze und Regeln durchsetzen, wären durch solche Veränderungen gefährdet, da sie durch Personen ersetzt werden könnten, die nur Trumps persönlichen Interessen dienen. Der Artikel betont, dass diese Pläne in der Öffentlichkeit noch nicht ausreichend verstanden werden, obwohl sie das Potenzial für Korruption und Machtmissbrauch bergen. Er fordert die Demokraten auf, diese Bedrohung stärker ins Bewusstsein zu rücken, wie sie es bereits mit „Project 2025“ erfolgreich getan haben. Wenn Trumps Pläne nicht aufgehalten werden, könnte seine Regierung demokratische Institutionen weiter aushöhlen und schwerwiegende Folgen für die Rechtsstaatlichkeit und bürgerliche Rechte haben. (Jason Linkins, New Republic)
Es ist alles offen und liegt da. Die Wünsche hatte Trump bereits in seiner Amtszeit; es haperte nur an der Umsetzung, weil er und sein Personal so inkompetent waren und das kompetente Personal generisch rechts war. Dieses Mal wissen die Extremisten, was sie tun müssen. Ihnen eine zweite Chance zu geben, die Grundlagen von Demokratie und Rechtsstaat zu beseitigen, ist blanker Wahnsinn, und nichtsdestotrotz ist es genau das, was sich gerade anschickt. Natürlich wird das alles seine Zeit brauchen. Aber das Beispiel der PiS in Polen oder Fidesz in Ungarn zeigt, dass es so lange dann auch wieder nicht braucht. Die vier Jahre reichen, wenn kompetente und entschlossene Rechtsextremisten da rangehen. Und anders als beim letzten Mal gibt es die dieses Mal, und anders als beim letzten Mal kommt Trump nicht noch einmal völlig unvorbereitet ins Amt und muss auf die Ersatzbank der Partei zurückgreifen. Die Partei existiert nicht mehr; sie ist eine Bewegung. Da steht einiges düsteres ins Haus. Man kann nur hoffen, dass Harris gewinnt, und alle demokratisch gesinnten Menschen müssten zusammenstehen, um genau das zu erreichen.
3) The NHS is in critical condition – but with the right care, it can make a recovery
Lord Darzi bewertet den Zustand des NHS in England als „kritisch“ und macht in seinem Bericht die jahrelange Unterfinanzierung durch die konservative Regierung verantwortlich. Die tiefen Narben, die durch Andrew Lansleys Gesundheitsreformen 2012 und die Folgen der Covid-19-Pandemie entstanden, haben den NHS anfällig gemacht. Darzi betont, dass die Finanzierungsprobleme nicht durch das öffentliche Finanzierungssystem selbst, sondern durch mangelnde Investitionen in die Infrastruktur verursacht wurden. Die Labour-Partei plant, den NHS durch ein 10-Jahres-Programm zu reformieren, das den Schwerpunkt auf Prävention und den Ausbau von Gemeindediensten legen soll, um Krankenhausaufenthalte zu reduzieren. Allerdings wird der Mangel an Betten und die Überlastung der Krankenhäuser thematisiert. Richard Meddings fordert eine öffentliche Debatte über den Zweck von Krankenhäusern und den Umgang mit dem Lebensende, da viele ältere Patienten unnötig in Krankenhäusern verbleiben. Darzi plädiert dafür, Sozialpflege zu stärken, da dies dem NHS mehr helfen würde als zusätzliche Krankenhausbetten. Gleichzeitig wird betont, dass gesellschaftliche Faktoren wie Armut und ungesunde Ernährung die Gesundheit der Nation stärker beeinflussen als das Gesundheitssystem selbst. Eine Rückkehr zu Präventionsprogrammen wie Sure Start könnte langfristig eine bessere Investition sein. (Polly Toynbee, Guardian)
Der NHS in Großbritannien ist immer ein super Thema für beide Seiten. Die Rechten können argumentieren, dass er eine ineffiziente Verwaltung mit hohen Kosten und niedriger Effizienz ist, was sicherlich seine Berechtigung hat, und die Linken können argumentieren, dass die Rechten ihn kaputtgespart haben, was definitiv richtig ist. Die Kürzungen der Tories waren ohne Sinn und Verstand, geradezu eine Karikatur dessen, was man den Bürgerlichen gerne vorwirft. Dazu kommt in Großbritannien die große Legitimationswirkung des NHS: er ist (ob berechtigt oder nicht) ein nationaler Schatz. Die Tories selbst feierten ihn 2012 bei der Olympiade an zentraler Stelle! Die Zerstörung des NHS durch die Tories war ein zentraler Grund für die massive Wahlniederlage 2024. Genauso spielte der NHS und die angeblich für die EU aufgewendeten Gelder eine zentrale Rolle im Brexit-Wahlkampf; diese Lüge dürfte als entscheidend für das Ergebnis angesehen werden. Für die neue Labour-Regierung ist die Reparatur des NHS daher ein Make-or-Break-Moment.
Der Artikel thematisiert die Gefahren eines möglichen Wahlsiegs von Donald Trump im Jahr 2024 und warnt vor schwerwiegenden Folgen für die amerikanische Demokratie. In seiner ersten Amtszeit wurde Trump noch von Beratern wie John Kelly und Mark Esper in seinen extremen Vorhaben eingeschränkt. Doch bei einem erneuten Wahlsieg könnte Trump ungebremst handeln, da er sich zunehmend mit treuen Anhängern umgibt, die bereit wären, seine radikalen Pläne umzusetzen. Zentral im Artikel ist Trumps Wunsch nach Vergeltung, der bereits in seiner ersten Amtszeit deutlich wurde. Er habe sich wiederholt für Massenhinrichtungen und brutale Maßnahmen gegen Kriminelle ausgesprochen, diese Ideen jedoch nicht durchsetzen können. In einer zweiten Amtszeit könnten solche Vorhaben realistischer werden, da die institutionellen Schutzmechanismen weitgehend fehlen würden. Zudem plant Trump, die Einwanderungspolitik drastisch zu verschärfen, einschließlich der Massendeportation von Millionen illegaler Migranten. Diese Pläne erinnern laut Experten an „ethnische Säuberungen“ und könnten zur Errichtung von „Konzentrationslagern“ an der Grenze führen. Der Artikel warnt auch vor Trumps Bestrebungen, das Militär gegen inländische Proteste einzusetzen, und zeichnet das Bild einer drohenden Gewalt gegen Zivilisten. Trump könnte auf rechtliche und institutionelle Unterstützung zählen, um oppositionelle Stimmen zu unterdrücken. Gleichzeitig wird betont, dass die Republikanische Partei mittlerweile vollständig hinter Trump stehe und keine internen Korrektive mehr existieren. Der Artikel beschreibt Trump als eine Bedrohung für die amerikanische Demokratie und betont, dass die USA bei einem Wahlsieg Trumps auf einen gefährlichen autoritären Kurs zusteuern könnten. Es wird infrage gestellt, ob die demokratischen Institutionen des Landes eine zweite Amtszeit Trumps überleben würden. (Tim Dickinson/Asawin Suebsaeng, Rolling Stone)
Wir haben bereits in Fundstück 2 detailliert die Folgen eines Trump-Siegs für den bürokratischen Apparat diskutiert. Aber natürlich hat das zahllose Folgeeffekte, die in diesem detaillierten Artikel sehr ausführlich erklärt werden. Die Rhetorik Trumps ist die eines bestenfalls autokratischen und teilweise ins Völkisch-Faschistoiden abrutschenden Extremisten. Ist es möglich, dass, wie so gebetsmühlenartig von viel zu vielen Leuten betont wird, das alles reine Rhetorik, Scherze, pointierte Übertreibungen sein könnten? Aber klar. Kann es sein, dass das System stark genug ist, vier weitere Jahre Trump zu überstehen? Aber klar! Könnte es sein, dass das nicht der Fall ist und ein solches Horrorregime in den USA etabliert wird? Aber klar! Das Ausmaß der Bedrohung wird glaube ich auch überschätzt, weil wir alle dank der im Kommentar zu Fundstück 2 beschriebenen Hemmnissen mit einem blauen Auge davongekommen sind. Es ist höchst fahrlässig anzunehmen, dass das noch einmal passieren wird. Siehe auch Beispiele in der Resterampe.
5) Luke Mockridge: Nach ganz unten kommt peinlich
Der Artikel thematisiert die aktuelle Debatte um Humor, insbesondere im Kontext von politischer Korrektheit, Cancel Culture und moralischen Grenzen in der Comedy. Stephan Anpalagan reflektiert über den Humorwandel und die Herausforderung, in Zeiten von Social Media und öffentlichem Diskurs Witze zu machen, die über Minderheiten oder sensible Themen gehen, ohne in menschenverachtendes Verhalten abzurutschen. Er zitiert Otto Waalkes, der feststellt, dass der Humor sich nicht verengt habe, sondern manche Comedians auf Tabubrüche setzten, um erfolgreich zu sein. Beispiele wie Luke Mockridge und Chris Tall verdeutlichen, wie Witze über Behinderte, Frauen oder Schwarze genutzt werden, um Aufmerksamkeit zu erregen. Mockridge geriet wiederholt wegen geschmackloser Witze über behinderte Sportler in die Kritik. Der Artikel stellt fest, dass diese Art von Humor zwar monetären Erfolg bringt, aber oft handwerklich schlecht und intellektuell anspruchslos ist. Der Autor kritisiert insbesondere die Weinerlichkeit von Komikern wie Dieter Nuhr, die Tabubrüche feiern, aber nicht mit der Kritik umgehen können. Der Vergleich von Shitstorms mit Pogromen wird als unangemessen und überzogen dargestellt. Abschließend hebt Anpalagan hervor, dass viele der Witze keinen tieferen Sinn haben, sondern lediglich als leicht verdientes Geld dienen. Er betont, dass moralische und ethische Grenzen in der Comedy nicht endlos gedehnt werden können und irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem es nur noch unangenehm wird. Otto Waalkes‘ Feststellung, dass der Humor sich nicht verengt hat, sondern sich lediglich der Ton geändert habe, fasst die Kernbotschaft des Artikels treffend zusammen. (Stefan Anpalagn, Stern)
Anpalagan bringt hier einen zentralen Punkt, auf den ich auch immer wieder verwiesen habe, etwa im Zusammenhang mit der Aiwanger-Affäre: wer permanent die Regeln bricht und immer wieder versucht, die Grenzen auszutesten und den gesellschaftlichen Konsens anzugreifen, schlägt irgendwann fast automatisch zu tief, übertreibt irgendwann. Das ist eine eigene Dynamik. Wenn mein Humor zu guten Teilen daraus besteht, dass ich Tabus verletze, geht das oft sehr lange gut: das Spiel mit Tabus ist ja immer reizvoll, und das halb-erschrockene Auflachen über „der sagt das wirklich“ ist ein guter Teil dessen, warum dieser Humor funktioniert. Die Balance zu wahren ist aber extrem schwer, und schon viele Leute sind auf dieser „slippery slope“ ausgerutscht. Der zweite relevante Punkt ist die eigene Kritikunfähigkeit: austeilen, aber nicht einstecken können ist ein super unschöner Zug, der leider immer wieder auftaucht (Böhmermann etwa ist davor ja auch nicht gerade gefeiht).
Resterampe
a) Spannend zur Geschichte der Klimareporte in den 1990er Jahren und ihrer Prognosefähigkeit.
b) Anna Schneider dreht mal wieder hohl.
c) Guter Artikel zu russischer Einflussnahme auf den US-Wahlkampf.
d) Fact checking Kamala Harris. „Fact checking“, my ass. Was für eine Seuche.
e) Zur Exklusion der Haitianer.
f) Stand der wissenschaftlichen Arbeit in der USA auch krass.
g) Großartiger Rant gegen Pläne zur Marskolonisierung.
h) Diese Flugtaxiobsession ist echt weird.
i) Spannender Thread zum Gewicht antiker Militärausrüstung.
j) Kritik aus China: Deutsche Kriegsschiffe nehmen Kurs auf Straße von Taiwan. Sehr gut.
k) Auch mal wieder guter Punkt beim Thema Deregulierung.
l) Zu VW.
m) Die Affäre um Stark-Watzinger brodelt auch so vor sich hin, mit scheibchenweise neuen Enthüllungen. Doppelstandard, wer gehen muss. Siehe auch FAZ.
n) Pete Buttigieg ist echt ziemlich gut.
p) Kubicki outet sich als Wagenknecht-Fan. Passt leider.
q) Direkte Demokratie ist eben nur cool, wenn sie die gewünschten Ergebnisse liefert. Sag ich immer wieder.
r) Trump startet Pogrome. Siehe auch hier.
Fertiggestellt am 15.09.2024
Zu 5) Er betont, dass moralische und ethische Grenzen in der Comedy nicht endlos gedehnt werden können und irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem es nur noch unangenehm wird.
ROFLMAO. Das fällt einem Linken natürlich erst auf, nachdem Comedians jede ethische und moralische Grenze in Comedy in den letzten 40 Jahren längst eingerissen haben und dabei von Linken immer verteidigt wurden (Freiheit der Kunst, Satire). Weil es dabei praktisch immer gegen die „Richtigen“ ging, also die katholische Kirche, das Militär, Unternehmer, rechtsdemokratische Politiker, traditionelle Familien.
Ich glaube einem Progressiven, der sich über die „Überdehnung“ moralischer und ethischer Grenzen beschwert, kein Wort.
Gruss,
Thorsten Haupts
Du bewegst dich in Deinen Antworten wirklich oft in einer bemerkenswert einfachen Schwarz-Weiß-Welt und einer (imaginierten oder idealisierten) Vergangenheit alter Kulturkriege.
Die hier besprochene Kritik am Humor über z.B. Behinderte, Ausländer, Frauen, Schwule usw. kommt schon lange von Teilen der Linken. Anpalagan selbst nennt ja politische Korrektheit aus den 90gern. Das ist mittlerweile auch schon gute 30 Jahre her und kam definitiv von links.
… bemerkenswert einfachen Schwarz-Weiß-Welt …
Prima, dann ist der Nachweis ja umso einfacher. Man weise mich auf explizite linke Kritik an der „Satire“ linker Comedians in den neunzigern oder 2000ern hin.
Die hier besprochene Kritik am Humor über z.B. Behinderte, Ausländer, Frauen, Schwule usw. kommt schon lange von Teilen der Linken.
Ach was? Weiss ich. Hat nur absolut überhaupt nichts mit meiner Kritik zu tun – die bezog sich sichtbar auf die nicht vorhandenen Standards von Progressiven. Natürlich wollen die „ihre“ Gruppen gegen dumme Witze schützen, nur geht´s dabei eben nicht um Prinzipien oder ethische Grenzen. Sondern nur um „Ich darf gegen Dich so ausfällig werden, wie ich will, aber meine Schäfchen lässt Du in Ruhe.“
Gruss,
Thorsten Haupts
„… bemerkenswert einfachen Schwarz-Weiß-Welt …
Prima, dann ist der Nachweis ja umso einfacher. Man weise mich auf explizite linke Kritik an der „Satire“ linker Comedians in den neunzigern oder 2000ern hin. „
Genau das meine ich doch. Mir erschließt sich dieses Schwarz-Weiß, bzw. in diesem Fall link-rechts, progressiv-konservativ, nicht.
Sind Behinderten- oder Frauenwitze rechter Humor? Sind diejenigen die wegen solcher Witze kritisiert wurden (aus dem Gedächtnis z.B. Mockridge, Pocher, Raab, Schmidt, South Park, Chapelle, Monty Python usw. usf.) konservativ?
Oder ganz konkret, ist der Witz, um den es hier geht: „Es gibt Menschen ohne Arme und Beine, die wirft man ins Becken. Und wer als Letzter ertrinkt, hat gewonnen“, konservativ?
Sind diejenigen die das Kritisieren (z.B. https://www.krone.at/3521299 „Para-Schwimmer empört“) links? Sind die, mit deinem Worten, die „Schäfchen» der Progressiven?
Und selbst wenn das alles perfekt ins links-rechts Schema passen würde. Soll ein linker Kommentator heute nicht Luke Mockridge kritisieren dürfen weil vor 40 Jahren „die linken“ die katholische Kirche nicht gegen Satire verteidigt hätten?
„Die hier besprochene Kritik am Humor über z.B. Behinderte, Ausländer, Frauen, Schwule usw. kommt schon lange von Teilen der Linken.
Ach was? Weiss ich (…)»
Also nachdem ich das hier gelesen hatte war mir nicht klar, dass du das weißt.
«nachdem Comedians jede ethische und moralische Grenze in Comedy in den letzten 40 Jahren längst eingerissen haben und dabei von Linken immer verteidigt wurden (Freiheit der Kunst, Satire)“
Verstanden. Ich denk drüber nach.
Danke 🙂
Ich lieb euch dafür, wisst ihr das?
Jetzt werde ich ganz rot 🙂
Die einen Leute stoeren sich halt an Witzen ueber diese Gruppen, andere ueber jene Gruppen. Ist doch normal, oder?
Abgesehen davon: Ist ein Comedian der nicht ausloten kann, welche Witze im herrschenden gesellschaftlichen Klima gut ankommen und welche nicht, nicht einfach inkompetent?
Was ich furchtbar finde ist nach unten treten.
Gegenthese: Ein Comedian, der nur Witze macht, die „im herrschenden gesellschaftlichen Klima gut ankommen“ ist schlicht totenlangweilig (und damit mit Sicherheit inkompetent).
Loriot war inkompetent?
Zu Beginn seiner Karriere wurde Loriot tatsächlich mal gecancelt:
https://www.spiegel.de/geschichte/tragische-anfaenge-eines-komikers-a-947258.html
Ah, die gute alte Zeit in der man noch tun und sagen konnte, was man wollte 😉
Wahnsinn über was sich die Leute damals aufgeregt haben.
In nicht zu ferner Zukunft wird man dasselbe über unsere Zeit sagen.
Jein. Das ist m.E. keine lineare Entwicklung bei der einfach immer mehr akzeptiert wird.
Es gibt ja auch genügend Beispiele, bei denen man sich fragt warum sich die Leute früher nicht aufgeregt haben.
Total! Ich war da etwas fatalistisch: entweder schütteln die Leute 2100 in diesem Sinne den Kopf, oder so, wie die Nazis sich über die liberale Zeit vorher wunderten.
„…also die katholische Kirche, das Militär, Unternehmer, rechtsdemokratische Politiker, traditionelle Familien…“
Humor, der sich gegen Hierarchien und gegen Mächtige richtet? Wie unerhört!
In einem demokratischen Rechtsstaat ist niemand mehr „mächtig“. Und Familien oder Soldaten einer Parlamentsarmee fallen unter überhaupt keine Definition von „Macht“.
Davon abgesehen gibt es keine unhierarchischen Gruppen. Wo es keine formale Hierarchie gibt, bildet sich automatisch und unvermeidbar eine informelle. Also ist das „Hierarchie“-Argument eine Nebelkerze.
Also, jetzt stellst du dich absichtlich blöd.
„Humor, der sich gegen Hierarchien und gegen Mächtige richtet?“ ist eine absolute Seltenheit geworden.
„Das Problem an Luke Mockridge und Konsorten sei nicht der Tabubruch, schreibt Kolumnist Stephan Anpalagan. Sondern: schlechtes Handwerk, intellektuelle Tiefflüge und Weinerlichkeit. “
Mich nervt diese Argumentation, die man so oder so ähnlich oft findet, immer wieder. Und zwar völlig unabhängig davon, ob ich der Kritik am Tabubruch nun zustimme oder nicht.
Das, angeblich oder tatsächlich, schlechte Handwerk ist doch völlig egal. Würde es die Sache in irgendeiner Weise besser machen, wenn Mockridge Meister seines Faches wäre? Würde rechtsradikale Musik weniger problematisch, wenn sie musikalisch hochwertig wäre?
Nein!
Ähnlich ist es mit dem Vorwurf der Weinerlichkeit und Kritikunfähigkeit. Würde es besser, wenn die jeden Angriff gegen sich selbst einfach an sich abprallen ließen? Wäre ein Schläger weniger schlimm, wenn er Schläge auch gut einstecken könnte?
Nein!
Es geht einzig und allein um Den Tabubruch. Ohne diesen würde das Thema doch gar nicht aufkommen. Den gilt es zu diskutieren, alles andere ist nebensächlich und dient höchstens dazu den Kommentator besser aussehen zu lassen.
Ja, völlig korrekt! Gute Punkte.
zu 1)
Dass jemand wie Olaf Scholz problemlos Kanzler sein kann, aber Baerbock durch den Lebenslauf oder Armin Laschet durch einen Lacher disqualifiziert ist, ist blanker Irrsinn, wenn man sich mal anschaut, was da jeweils auf dem Kerbholz ist.
Ich könnte Dir nicht mehr zustimmen. Allerdings geht genau dieses Problem auf die Dynamiken und Anreize unseres gescheiterten privaten, kommerzgesteuerten Mediensystems zurück. Wie berichtet wird und was berichtet wird und wieviel Kontext gegeben wird, ist kein Zufall, sondern vorhersagbarer Output definierter Umstände.
Zu q)
Die in einem völlig intransparenten Verfahren installierten, handverlesenen, grundgesetzlich nicht vorgesehenen, Bürgerräte sind „direkte Demokratie“? Oh wow, interessantes Demokratieverständnis eines Lehrers. Ist der exakt genauso ausgewählte iranische Wächterrat auch Ausdruck „direkter Demokratie“?
Ja, falsches Wort, sorry. Ich bring in einem der nächsten Vermischten mehr dazu.
5) „Beispiele wie Luke Mockridge und Chris Tall verdeutlichen, wie Witze über Behinderte, Frauen oder Schwarze genutzt werden, um Aufmerksamkeit zu erregen.“ Das ist ja prima gelungen. Eines der detailliert behandelten Fundstücke, die ersten paar Kommentare im Forum – und das ist jetzt nur dieser thematisch randständige Politikblog.
Da macht ein laut Artikel mäßig begabter Komiker arschige Witze über Spitzensportler (die zufällig auch „behindert“ sind) – da wäre es das Beste, ihm keine Aufmerksamkeit (mit „ich wurde gecancelt“ Bonus) zu gönnen.
Ja. Das wünsch ich mir für vieles andere. Jeder Hirnfurz von Trump schlägt Wellen bis über den Atlantik. Oder braucht man das, um ihn einschätzen zu können?
Nein, wir brauchen das, um uns anderen Ländern (hier USA) überlegen zu fühlen.
h) 1) Endlich eine Zukunftstechnologie, die brummbrumm macht, da muss doch Deutschland zuschlagen. 2) Es geht nicht um Zahlung, sondern nur um eine Bürgschaft.
i) Ganz ohne Theorie, die Ausrüstung der Legionäre ist gut dokumentiert und ihre Belastung experimentell getestet worden. 40 bis 50 kg – deutlich mehr als das Marschgepäck bei „modernen“ Armeen.
https://www.museumaargau.ch/blog/artikel/der-roemische-legionaer-und-seine-ausruestung
j) Was genau verspricht sich das Militär von dieser Veranstaltung außer ein „Wir machen es, weil wir es dürfen und damit provozieren können“ (siehe Fundstück 5). Im Gegenzug die Frage nach den Kosten der Kaffeefahrt – finanziell („Kaputtgesparte BW“), ökologisch („nachhaltige BW“) und organisatorisch („Für die Verteidigung Europas“). Bin gespannt mit welcher Akrobatik du da ein positives Nettoergebnis herausbekommst.
q) „Bürgerräte“ sind ein Organ der „deliberativen“, nicht der „direkten“ Demokratie. Davon abgesehen ist genau diese Situation tatsächlich das Diskussionsargument gegen Partizipation „Was wenn die Bevölkerung (denn repräsentative Eliten würden sowas ja niemals machen) für Gesetze ist, die Demokratie/Rechtstaat/Menschenrechten entgegenstehen?“ [Die repräsentativen Eliten würden ja niemals (siehe Fundstück b) sowas wie die Meinungsfreiheit einschränken]
t) eigenes Fundstück zum US-Wahlkampf.
https://www.aljazeera.com/opinions/2024/9/11/debate-in-nuclear-armed-former-colony-fails-to-reassure-global-community
„…deutlich mehr als das Marschgepäck bei ‚modernen‘ Armeen…“
Leicht widerlegbar:
„Die durchschnittliche Kampfausrüstung eines Soldaten wiegt 28,6 kg und im Rahmen eines notfallmäßigen Annäherungsmarsches kann das Gewicht bis zu 59,7 kg betragen.“
https://wmm.pic-mediaserver.de/index.php?f=artikel&a=201912_Heinz-Gerngross_der_Einfluss_militaerischer
Danke für die Einordnung. Bestätigt mich aber, die Standardbelastung ist beim Römer deutlich höher. Bei einem notfallmäßigen Marsch dürfte auch der Legionär über 60 Kilo gebuckelt haben , z.B. wenn seiner Zeltgemeinschaft das Maultier ausgefallen ist.
q) Relevant:
https://taz.de/Desinformationskampagne-Russlands/!6034158/
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/russland-propaganda-fakenews-sda-deutschland-100.html
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/propaganda-russland-putin-deutschland-massnahmen-100.html
Fefe ordnet die Relevanz maximalsarkastisch ein:
https://blog.fefe.de/?ts=9816a633
Fefe war schon vor zehn Jahren ein Knalldepp.
Echt jetzt – „Der ist doof“ als Argument ?
Ja.
Daß dieser Fleischklops nicht die Bohne von investigativem Journalismus versteht, hat er schon 2016 unter Beweis gestellt:
https://blog.fefe.de/?ts=a9ff6d87
Auch blinde Hühner finden mal Körner.
Aber was soll hier das Korn sein?
Der Typ hatte ja schon 2016 einen atemberaubend dummen Take zum investigativen Journalismus:
https://blog.fefe.de/?ts=a9ff6d87
Yup, bin bei fefe. Wenn er korrekt zitiert, ist die ganze Aufregung um diese (!) russische Geheimdienstoperation ausgesprochen lächerlich.
Sag ich ja 🙂
o) Link zum Artikel:
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/starnberg-berg-am-starnberger-see-kaeppi-lehrer-aerger-schulamt-marcus-burkert-lux.VETPzX2dJc3WoQL7s6Teqf
p) Es kommt noch schlimmer:
https://x.com/Der_Waeller/status/1834962982339588126
Yup, schlimm. Kubicky würde also weder Harris noch Trump wählen – und begründet auch noch, warum er Harris nicht wählen würde. Was heutzutage so als „vernichtendes“ Argument angeführt wird, amüsiert mich immer wieder.
„Würden Sie lieber dieses zerbrochene Glas oder diese Frikadelle essen?“ – „Da kann ich mich nicht entscheiden, denn ich weiß ja nicht, wie die Frikadelle gewürzt ist.“
(Lach) Aus Ihrer Perspektive ist das überzeugend, weil es für Sie wirklich die Wahl zwischen Frikadelle und zerbrochenem Glas ist. Allerdings gibt es nun mal eine Menge Leute, in den USA mehr als hier, für die das eher eine Wahl zwischen zerbrochenem Glas und verrostetem Schrott ist.
„…für die das eher eine Wahl zwischen zerbrochenem Glas und verrostetem Schrott ist.“
Z. B. Deutschlands größte Phradsendrescherin Sahra Wagenknecht, die Harris für eine „Phrasendrescherin“ hält:
https://www.youtube.com/watch?v=wcQyIN2XUi4
Kubicki & Wagenknecht wären ein ebenso tolles Paar wie Trump & Loomer.
Nee. Das ist sowohl gegenüber Kubicki als auch gegenüber Wagenknecht unfair – Loomer und Trump sind unschlagbar durchgeknallt.
s) Aus aktuellem Anlass habe ich versucht, mir vorzustellen, was wäre wenn ein Politiker vorschlägt, ostdeutschen AfD-Landkreisen die Mittel beim Hochwasserschutz zu kürzen. Gäbe es einen Aufschrei? Bei welchen Gruppen? Und analog zu 5) kann man fragen, was wenn es von einem Comedian käme. Lustig ? Geschmacklos ?
s) Ja.
Kommt auf den Kontext an.
Zu j) Was genau verspricht sich das Militär von dieser Veranstaltung …
Nichts. Es hat die Entscheidung gar nicht getroffen, das war die Politik. Und was die sich davon verspricht, ist ganz einfach die erneute und widerholte Demonstration der Tatsache, dass es sich bei dem Seegebiet um ein international offen zugängliches Meer handelt. Nur China betrachtet das Gebiet als seines.
Gruss,
Thorsten Haupts
Korrekt. Es geht um die Demonstration.
Ok, auf eine lokale Ebene übersetzt, bedeutet das in etwa:
Am anderen Ende der Stadt gibt es einen jahrzehntealten Erbschafts-/ Nachbarschafts-/ Immobilienstreit. Jetzt hat einer der Beteiligten an eine Straße ein „Privatweg“ Schild gemacht. Die Weisheit der Bundesregierung äußert sich darin, in dieser Situation regelmäßig (quer durch die Stadt) zu der Straße zu fahren um dann mit aufjaulendem Motor diese entlang zu brettern. Und für diese Posse soll ich das Benzingeld zahlen?
Äh nein. Mitten in der Strasse gibt es einen Größenwahnsinnig en, der behauptet, die Strasse gehöre ihm. Ab und an nutzen Behördenmitarbeiter die Strasse, damit die Anlieger dem Größenwahnsinnigen nicht nachgeben.
Das stimmt – wenn Sie mit dem „Größenwahnsinnigen“ den Spread-Eagle-Staat zwischen Nordatlantik und Pazifik meinen, der sich internationalen Regularien verweigert und dennoch meint, mit seiner Gang als „Behörde“ aufzutreten.
Schön, nur ging´s darum grade nicht, wir sind geographisch woanders. Ihre Fähigkeit, sich unangenehmen Erkenntnissen zu entziehen, ist faszinierend 🙂 .
zu s)
Kalifornien macht 14 % des US-Brutto-Inlandsprodukts aus – geht der Druck nicht auch in die andere Richtung. Ich bin kein Experte für das Verhältnis zwischen US Bundesstaaten und US Bundesregierung – aber wenn Trump die Gelder für die Feuerwehr streichen würde, könnte Kalifornien einfach keine Bundessteuern nach Washington überweisen?
Naja…klar könnten die?
Das ist kaum möglich. In den USA gibt es m.W. keine Gemeinschaftsteuern. Und für die Erhebung von Bundessteuern ist die IRS als Bundesbehörde selbst zuständig.
t) In den 80ern wurde unsere Wirtschaft schon einmal gegen bestimmte Konkurrenten nicht mehr konkurrenzfähig erklärt. Damals waren das Süd-Korea und Japan. Das stimmte so natürlich nicht. Es gibt ja viele Märkte und in manchen behielten die traditionelleren Industrieländer Vorsprünge.
Jedenfalls übernahmen seit damals unsere Organisationen agile ostasiatische Managementmethoden. Kaizen Prinzip. Toyota Produktionssystem. Die heute extrem gebräuchlichen „Scrum“ und „Kanban“ sind offensichtlich von diesen Ideen inspiriert. Ich konnte bei einigen dieser Bemühungen mitmachen. Oft war es gut. Manchmal trug es sekten-artige Blüten, aber wir Büro-Bewohner brauchen halt auch Unterhaltung.
Was werden wir nun von China übernehmen?
Bin kein Experte. Vielleicht Karma-Konten? Wer „vergisst“, den Code von seinem Kollegen zu reviewen oder wer für 5 Zeilen Code ständig nachfragt und Endlos-Diskussionen startet, verliert Karma-Punkte. Kollegen mit unter 50 Karma Punkten können zum Expresso- oder Eis holen in die Kantine oder das nächste Eiskaffee geschickt werden. Mit 0 Karma-Konten fliegt man aus dem Projekt. Wirklich krass, aber die Idee hat was. Wenn ich was hasse, dann sind das diese Review-Blockaden.
h) und o) Gerade realisiert, dass beide Geschichten in unmittelbaren Nachbargemeinden stattfinden. Die holländische(!) Firma Lilium sitzt in Oberpfaffenhofen bei Weßling und der Lehrer in Gauting. Zumindest sind im Kreis Starnberg genügend potentielle Flugtaxikunden.