Die Anhänger einer auf den Ausgleich von Steuereinnahmen und Staatsausgaben bedachten Finanzpolitik sind wegen dieser einfachen Denke nicht einfach phantasielos, wie mancher denken mag. Die Finanzwissenschaft hat einige Theorien entwickelt, nach welchen Prinzipien der Staat seine Finanzen steuern könnte. Die politische Linke präferiert die Konjunkturtheorie des britischen Ökonom John Maynard Keynes, der der Staat eine sehr aktive Rolle bei der Steuerung des Wirtschaftszyklus zumaß. In rezessiven Phasen verausgabt die Finanzpolitik dabei mehr als sie einnimmt und tilgt die aufgenommenen Schulden, wenn die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt. Trotz meines langsam fortgeschrittenen Alters habe ich es in vierzig Jahren politischer Beobachtung nie erlebt, dass Linke für die Rückführung von Krediten plädierten.
Die Gründungsväter der Nachkriegsverfassung schrieben dem Staat die Goldene Regel ins Grundgesetz. Danach sollte der Staat sich nur in Höhe der getätigten Investitionen verschulden dürfen. In der Frühphase der Republik funktionierte das ziemlich gut, weil die ersten Regierungen erst gar nicht in Versuchung kamen, sich zusätzlich am Kapitalmarkt zu bedienen. Aufgrund der hohen Wachstumsraten sprudelten die Steuereinnahmen und der Finanzminister kam mit dem DM-Zählen nicht nach. Der Sozialstaat beschränkte sich auf seinen Wesenskern, die Absicherung existenzieller Risiken. Die schlechte Bonität tat ihr übriges.
Seitdem in der Kanzlerschaft Brandts der Sozialstaat zu einem Wohlfahrtsstaat umgebaut worden war, hat die deutsche Politik nicht mehr die Kurve bekommen. Während in den meisten OECD-Ländern die Bürger ein sehr funktionales Verhältnis zum Gemeinwesen pflegen, scheinen nicht wenige Deutsche in einer libidinösen Beziehung zum Staat zu stehen. In angelsächsischen Ländern zwingen die Bürger die Politik in Wahlen, die Steuern auf einem erträglichen Niveau zu halten und verzichten dafür auf viele soziale Annehmlichkeiten, die für Mitteleuropäer zur Grundausstattung zu zählen scheinen. Südeuropäer schätzen zwar den umsorgenden Staat, zahlen wollen sie dafür aber nicht, weshalb die sogenannte Steuerertragsquote niedrig und die geschätzte Schwarzarbeit in den mediterranen Ländern legendär hoch ist. Die Deutschen schimpfen auf die großen Steuerhinterzieher und gehen am Nachmittag als Bürgergeldempfänger noch ein paar Euro dazuverdienen.
Die Story, der Staat würde durch die Schuldenbremse an einer verantwortungsvollen Investitionspolitik gehindert, ist eine politische Lüge. In vielen Haushaltsjahren verletzte der Staat die Goldene Regel, selbst in so anspruchsvollen Dekaden wie der Bewältigung der Wiedervereinigungsfolgen. Und es war die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, die im Herbst 2023 darauf hinwies, dass der Bund bei alter Rechtslage weniger Spielraum bei der Kreditaufnahme gehabt hätte als zuletzt in den Jahren 2021-2023. Auch die Haushaltsberatungen der Ampelkoalition im letzten und diesem Jahr zeigen: Es geht nicht um Schulden zur Investitionsförderung, sondern zum weiteren Ausbau des Sozial- und Subventionsstaates.
Die Rechtslage legt jeder Bundesregierung auf, über den Stand der Staatsfinanzen Auskunft zu geben. Das Machwerk trägt den Titel „Tragfähigkeitsbericht der Staatsfinanzen“ und wird unter Federführung des Finanzministeriums erstellt. Was Politiker so im Ablauf einer Legislaturperiode äußern, ist im Grunde Lyrik. In dem Tragfähigkeitsbericht stehen die Hard Facts. Es ist für die Parteien ein großes Glück, dass selbst Journalisten selten dort reinschauen und kaum ein Bürger sich für die Finanzlage seines Staates interessiert. Ansonsten wären die vielen Märchenerzählungen nicht möglich, die dem Wähler aufgetischt werden.
Die Storyline jeden Berichts bisher war, dass die Finanzen kurzfristig stabil seien, in der näheren und weiteren Zukunft jedoch der Absturz auf den Status von Ländern mit Ramschstatus drohe. Bereits vor 8 Jahren prognostizierten die Beamten des Finanzministeriums für das Jahr 2025 eine Schuldenquote von rund 60 Prozent. Das galt, obwohl die zweijährige Lahmlegung der Wirtschaft nicht erwartbar war und auch die Entwicklung der Steuereinnahmen eher pessimistisch eingeschätzt wurde. Die Schätzungen für das kommende Jahr gehen von einem Schuldenstand von 62,7 Prozent aus.
Mit anderen Worten: Die Vorausberechnungen der Prognostiker über lange Zeiträume sind außerordentlich präzise. Und genau diese Präzision muss jedem Angst machen, der es gut mit dem Land, seinen Menschen und seinen Institutionen meint. Denn die längerfristige Entwicklung bis zum Jahr 2050 und darüber hinaus bereitet große Sorgen. So erwartet die Finanzplanung einen Anstieg der Renten- und Pensionsausgaben von heute 9,6 Prozent auf 11,9 Prozent im Jahr 2050. Die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung um +1,8 Prozentpunkte auf 9,3 Prozent und die Ausgaben für Pflege um +0,9 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent. In Summe lassen allein diese drei großen Bereiche der sozialen Sicherung, die maßgeblich vom demographischen Wandel – im Woke-Sprech besser als demographische Katastrophe bezeichnet – einen zusätzlichen Finanzbedarf des Staates von zusätzlichen fünf Prozentpunkten auf das BIP erwarten.
Die wenigsten Leser werden sich darunter etwas vorstellen können. In heutigen Preisen bedeutet das einen Mehrbedarf des Staates von über 200 Milliarden Euro, der von Steuer- und Beitragszahlern zu stemmen wäre – pro Jahr. Das ist eine Größenordnung, die selbst in den optimistischsten Szenarien nicht näherungsweise durch eine Vermögensteuer aufzubringen wäre. Die Einnahmen aus der Einkommensteuer belaufen sich heute auf 340 Milliarden Euro. Soweit allein der erwerbstätige Teil der Bevölkerung dies stemmen sollte, müsste die Steuer für Unternehmen und Arbeitnehmer um 60 Prozent steigen – und es würde nicht reichen.
Nach den Vorausberechnungen wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20 – 67 Jahre) in den kommenden 25 Jahren von 51 auf weniger als 45 Millionen Menschen sinken. Bis 2070 werden noch einmal 4 Millionen aus der Rechnung fallen. Das bedeutet, das zu erbringende Steueraufkommen wird sich auf eine um 6 Millionen verringerte Bevölkerungszahl verteilen.
Das effektivste Mittel zur Bekämpfung der demographischen Verwerfungen wäre eine Erhöhung der Fertilität der Frauen. Vorteilhaft wäre auch, wenn die Deutschen sich angewöhnen würden früher zu sterben. Neben diesen etwas realitätsfernen Entwicklungen blieben noch die Migration und die Erhöhung der Lebensarbeitszeit.
Der Versuch mit der Massenzuwanderung war bisher kein Erfolgsmodell, wenn nach Jahren nicht einmal die Hälfte der Zugewanderten erwerbstätig ist und das dann hauptsächlich in schlecht entlohnten Bereichen. Deutschland müsste hier schleunigst sein Modell umstellen: Offene Grenzen nur für jüngere Migranten mit Aussicht auf durchschnittliche und höhere Bezahlung, Abschiebung aller anderen Kostgänger.
Die Erhöhung der Lebensarbeitszeit ist auch nicht realistischer, wie die Debatten in diesem Forum zeigen. Selbst konservative Kommentatoren träumen davon, Bürohengsten mit gepflegtem Sitzfleisch einen smoothen Übergang in den Ruhestand zu erhalten. You wish! Für die SPD ist die Erhaltung der Rente mit 63 ohnehin eine heilige Kuh, die sie nicht einmal bei Besetzung des Willy-Brandt-Hauses aufgeben würde.
Die nicht so langfristigen Aussichten sind also außerordentlich düster. Die Idee, für manches Wunschkonzert wie die Vätermonate Milliarden auszugeben und die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz zu streichen, wirkt da wie die Verabreichung einer Morphiumspritze gegen die Realität. Und nein, die vor kurzem beschlossene Cannabis-Freigabe wird nicht reichen, dazu ist der Betäubungseffekt einfach zu gering. Weiterreichende Vorstellungen wie das bisherige Modell der klimaschonenden Transformation der Wirtschaft mit einem Billionen Euro teuren Programm aus Steuermitteln wirkt da schon nicht mal mehr wie Träumereien aus dem Phantasieland. Da hat die ausgeprägte Rechenschwäche von Klimaaktivisten und sozial Bewegten bisher enorm geholfen.
Haushaltsvorstände, die angesichts der drohenden dramatischen Erhöhung der familiären Ausgaben noch schnell bei der Bank einen Kredit der Hälfte es Jahreseinkommens beantragen würden, hätte Chancen in der Nervenheilanstalt zu landen. Genug der Vergleiche, die nicht überzogen genug sein können, um die Lage darzustellen. Deutschland steht heute als Hort der soliden Staatsfinanzen in der Welt da. Auch wenn das eine Momentaufnahme ist, für die EU und die gemeinsame Währung ist die finanzwirtschaftliche Stabilität der Bundesrepublik eine conditio sine qua non. Doch wie sieht es 2050 aus? Wie sind die globalen Perspektiven, wenn alle Wirtschaftsblöcke in eine andere Richtung marschieren?
Hallo Stefan,
vielen Dank für diesen Überblick. Schon in den 1990er-Jahren ist mir aufgefallen, mit welch unterschiedlichen Geschwindigkeiten sich Länder und Gesellschaften in anderen Gegenden der Welt bewegen. Nach der Agenda 2010 ist nicht mehr passiert, das Land nach und nach aufs Sofa zurückgesunken. Und während in anderen aufstrebenden Ländern viel dafür getan wird, Staat und Gesellschaft voranzubringen, scheint sich unsere Gesellschaft Stück für Stück aufzugeben; der Trend geht zum Individuum. Für mich erschreckend.
Ich hatte vor langem Jahren mal ein dolles Angebot in den USA zu arbeiten, Das habe Ich mal-auch aus Abenteuerlust- angenommen. Amerika ist sicherlich nicht das Land in dem Milch und Honig fliesst. Aber mittlerweile bin Ich heilfroh das der damalige Schritt- durchaus mit der Absicht zurückzukehren- sich in ein Auswanderer Szenario veraendert hat. Mein Gott bin Ich so froh das Ich da weg bin aus meinem immer noch geliebten Deutschland..
Staatsschulden sind ein Vorgriff auf künftige Einnahmen. Bei den meisten Staaten also auf Steuern.
Nach Ihrem Ansatz dürfen diese – langfristig und im Durchschnitt – nur sehr niedrig sein. Regelmäßig müssten sie also auch auf Null zurückgeführt werden. Trotzdem haben auch wohlhabende und gut regierte Staaten Schulden. Warum ist das so?
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Staatsschuldenquote
Nach der allgemeinen eine konkrete Frage: Wenn die anstehenden Herausforderungen, die Ralf (im anderen Thread) aufgezählt hat, ohne Schulden und mit Steuersenkungen bewältigt werden sollen – woher kommt das Geld? Die Einsparungen bei Sozialleistungen werden nicht reichen.
Ich nenne ja ausdrücklich zwei Alternativen. Klar ist, wo meine Präferenz liegt. Allerdings kann ich auch mit der zweiten Alternative gut leben. Mir geht es allein um das Ehrlichmachen. Die Befürworter der Aufhebung der Schuldenbremse – so muss man das ja klar formulieren – wollen eine Teilfinanzierung der Sozialausgaben über Kredite. Das machen Franzosen und Italiener schließlich genauso. Warum das so ist? Weil das immer so war und weil die Verhandlungen zu den Haushalten 2024 und 2025 das von linker Seite überdeutlich gezeigt haben.
Man sagt das bei SPD und Grünen nur nicht in dieser Klarheit, weil es als Verkaufe nicht funktionieren würde.
Die Staatsschulden in den prosperierenden Ländern sind auch niedrig. Und auch den USA ging es wirtschaftlich nie so gut wie mit einer Schuldenquote von 30 Prozent. Ein solider Staat mit einer dynamischen Wirtschaft kann wie solide finanzierte Unternehmen mit einer Wachstumsstory auch, ein gewisses Maß an Schulden tragen. Das gilt für Deutschland allerdings schon nicht, also das mit der Dynamik. Und hoffentlich ist unstreitig, dass eine Schuldenquote von 120 – 300 Prozent ein ernstes Problem darstellt.
Wir haben vor allem Herausforderungen, die Ralf nicht aufzählt. Die sind handfest und greifbar. Schon das wird in den nächsten 20 Jahren die Kräfte der Republik überfordern. Alles andere wäre Augenwischerei. Wir müssen endlich aufhören zu träumen und der doch ziemlich deprimierenden Realität in die Augen sehen.
Wenn Sie das anders sehen, beantworten Sie sich eine einfache Frage: Schauen Sie auf die Prognose der Verschuldungsentwicklung und sagen mir, wo da noch Platz für weitere 50-70 Prozentpunkte sein könnte.
Zitat Citizen:
„Staatsschulden sind ein Vorgriff auf künftige Einnahmen.“
Nicht unbedingt. Man kann bis in alle Ewigkeit prolongieren. Geschieht ja auch. Fällige Anleihen werden mit neuen getilgt und fertig ist der Lack. So kann man zeitliche Brücken bauen, was ja eh der eigentliche Sinn von so genannten Schulden ist: Es wird die Zeit kommen, dass wir Baby-Boomer endlich sterben und der Abgang von alten Rentnern größer sein wird als der Zugang und alles wird gut. Ferner haben wir KEINE abgeschlossene Volkswirtschaft, auch das ist u.a. zu beachten.
Schulden funktionieren so lange wie dran geglaubt wird. Daher der Name Kredit. Wo der etymologisch herkommt, dürfte uns Bildungsbürgern klar sein^. Ca. 260 % Staatsschulden in Japan (gemessen am BIP). Wo ist der „Zusammenbruch “ von Japan? Wo ist die Staatspleite ? Die Glaubwürdigkeit ist offenbar intakt, also nix Zusammenbruch. Es rennt nicht das Volk zu den Banken und plündert Letztere. Auch gibt es keinen Abgabedruck bei den Staatsanleihen. Alle können ruhig schlafen. „Kann morgen anders sein“. Na klar doch; morgen kann alles anders sein – oder auch nicht.
„Geld“ sind ja an sich schon Schulden. Eigentlich zinslose Anleihen ohne Fälligkeitsdatum. Wenn es überhaupt keine Schulden gäbe, hätten wie ein gewisses Problem. Niemand hätte Geld im Portemonnaie oder auf einem Konto. In beiden Fällen „Forderungen“. Wo Forderungen sind, sind auch Schulden. Zufälligerweise in gleicher Höhe^ – nominal. Die Einschätzung der zukünftigen Werthaltigkeit ist also das Problem. Die ist genauso einfach wir die Einschätzung der Zukunft überhaupt^^. Experten wissen da Bescheid. Sie überblicken alle 100.000 Faktoren, insbesondere die subjektiven/psychologischen.
@ Dennis
Ist aus meiner Wahrnehmung heraus etwas schlicht gedacht. Wenn das grundsätzlich so möglich wäre, wo kommen dann die Staatspleiten her, von denen es nicht zu wenige gab?
Bei den enormen Summen (915,9 Mrd. Euro im letzten Jahr, über 20 Mrd. Euro mehr als 2022), die unser Staat einnimmt, sollten keine Schulden nötig sein; Wenn überhaupt, dann nur für einen kleinen Teil der Investitionen. Aber zum einen wird übermäßig viel in den Sozialstaat gepumpt und dort auf Dauer festgeschrieben, zum anderen geht der Staat mit Geld nicht besonders effizient um – nur in sehr seltenen Fällen passt das Ergebnis zum finanziellen Aufwand.
Als Ergebnis muss praktisch alles finanziert werden, und dann reicht es natürlich hinten und vorne nicht, und die Zinsen für die aufgenommenen Schulden kommen noch auf die Ausgaben oben drauf.
Ein auf Dauer unsinniges Spiel.
Sie erwähnen nur eine Seite von Krediten, die Glaubwürdigkeit und handeln sie sehr nonchalant ab. Glaubwürdigkeit fällig ja nicht vom Himmel und gerade in Bezug auf die Klimapolitik haben hier einige die Wichtigkeit betont. In Bezug auf Staatsschulden hängt die Glaubwürdigkeit an der Einschätzung der Geldgeber, ob eine Volkswirtschaft die Belastungen tragen kann. Mit Blick auf so wichtige Staaten wie Frankreich und Italien wird diese Frage immer negativer beantwortet.
Das führt dann zur zweiten Seite: Kredite erursachen Zinskosten. Je länger Kredite prolongiert werden, desto teurer werden sie. Wir kennen das aus dem Privatleben: Wenn die Zinsen irgendwann so hoch sind wie der eigentliche Kreditbetrag, empfindet das so ziemlich jeder als sehr belastend und überteuert. Die Prolongation der Corona-Kredite von 2023 auf 2028 kostet den Staat 60 Milliarden Euro. Das ist so viel Steuergeld, dass es der Politik unmöglich erscheint, einen solchen Betrag einsparen zu können.
Ja, Schuldtitel stehen Forderungen gegenüber. Aber nicht für alle Ewigkeit. Wer eine Forderung hat, ist selten zufrieden, wenn sie in seinen Büchern steht. Nach bestimmten Fristen möchte man aus der Forderung den Geldbetrag haben. Ein Schuldner, der nur die Höhe der Verschuldung gleich halten will, muss permanent seine Glaubwürdigkeit (siehe oben) nachweisen und sich bei seinen Gläubigern neu bewerben. Dass das häufig nicht unproblematisch ist, kennen hoch verschuldete Staaten. Dann müssen sie „gerettet“ werden.
Zu Japan: Knapp 44 Prozent der Staatsverschuldung Japans i.H.v. 1,2 Billionen Yen werden von der Notenbank Bank of Japan gehalten. Das nimmt die Wirkung der Staatsschulden aus dem Spiel, weil de facto ist so ein Land dann in weit geringerem Maße verschuldet. Aber das hat natürlich auch Schattenseiten. Nippon lebt seit Jahrzehnten in wirtschaftlich flauen Zeiten, die Japaner müssen, obwohl ihr Staat doch so viel Geld durch Kredite ausgeben konnte, immer länger arbeiten, seit 1990 hat der Yen gegenüber dem Dollar bis zu Zweidrittel seines Werte verloren. Wollen japanische Unternehmen einen amerikanischen Konkurrenten übernehmen, so müssen sie heute in relativen Preisen dreimal mehr bezahlen als vor den Schuldenexzessen. So etwas nennt man gemeinhin Wohlstandsverlust.
Schön, dass du Japan aufführst. Die Staatsschulden dort führen zur Abwertung des yen. Die japanische Notenbank kann nämlich nicht den Leitzins erhöhen, da bei höherem Leitzins die Regierung die Schulden nicht mehr bedienen könnte.
Den USA droht bald ähnliches. Die Zinsen sind mittlerweile der größte Posten im US Haushalt.
Wenn wie in Japan die Produktivität nicht mitzieht, sind die Schulden de facto nicht mehr zu bezahlen.
DAs hört man über Japan seit über 30 Jahren und es geht munter weiter.
Nochmal: Über 40 Prozent der Staatsschulden werden von der Notenbank gehalten. Die sind nicht am Kapitalmarkt.
Aber Leute wie Jens und ich können sich noch an die Zeit erinnern, als Japan die Weltwirtschaft dominierte, Übernahme auf Übernahme folgte. Als die Wirtschaft Anfang der Neunzigerjahre ernstmals richtig schwächelte, legte Tokio ein riesiges Konjunkturprogramm auf. Dann ein weiteres. Und noch eins. Der Effekt? Schau‘ Dir Japan heute an. Aber dazu bräuchte man Vergleiche.
Ich kann diese Verweise auf Japan nicht mehr hören und lesen. Das kommt nur von Leuten ohne Erinnerungsvermögen und Interesse an den Umständen. Japans Schulden sind nicht mehr zu bezahlen. Vor ein paar Jahren hielt die Bank of Japan 40 Prozent der gesamten Staatsschuld. Inzwischen sind es 44 Prozent und in nicht ferner Zukunft 50 Prozent. Die gleiche Entwicklung hatten wir im Zeitraffer bei Griechenland, wo binnen weniger Jahre die Schulden Athens von privaten Anlegern auf staatliche Institutionen verlagert werden mussten.