Karlsruhe setzt die Schuldenbremse wieder instand

Es ist ein Donnerschlag: Das Bundesverfassungsgericht hat vielleicht seine Stimme wiedergefunden. Die obersten Richter untersagen die Zweckentfremdung der zweckgebundenen Schuldenermächtigungen des Bundes im Rahmen der Coronakrise für Klimaschutzprojekte. Die Entscheidung von Karlsruhe hat weitreichende Konsequenzen für die weitere Regierungspolitik wie für das Binnenverhältnis der Koalition. Die von vielen Linken verfolgte Idee, die verhasste Schuldenbremse des Grundgesetzes mit haushaltspolitischen Winkelzügen und juristischen Spitzfindigkeiten aushebeln zu können, ist gescheitert. Die machtbesoffenen Grünen haben einen weiteren schweren Schlag kassiert.

Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP startete ihren Amtsantritt im frühen Winter 2021 mit einem offenen Bruch des Grundgesetzes. Die von Olaf Scholz in seinem früheren Amt als Finanzminister bewilligten Kreditermächtigungen des Deutschen Bundestages zur Bekämpfung der Pandemiefolgen widmeten die Ampelkoalitionäre kurzerhand zu zukünftigen Krediten für Klimaschutzmaßnahmen um. Grundlage für das harvaristische Vorgehen des neuen Kassenwartes Christian Lindner war die Verabredung mit Scholz und Habeck, die beantragten, aber nicht genutzten Kredite flagrant für die geplanten Klimaschutzideen der selbsternannten Fortschrittskoalition zu verwenden.

Jedem im politischen Berlin war klar, dass die Umwidmung ein verfassungsrechtlich fragwürdiges Unterfangen war, schließlich wiederspricht daran alles dem Willen des Verfassungsgebers, als dieser die Schuldenbremse beschloss. Es war auch ein auf der Hand liegender Missbrauch des Willens des Bundestages, der Regierung Handlungsfreiheit zur Bekämpfung der Pandemie und eben nicht für den Klimaschutz zu gewähren.

Entsprechend lass Lindner in seiner ersten Bundestags-Rede als frisch ernannter Finanzminister jedes Wort zur Begründung des Nachtragshaushaltes vom Blatt ab. Natürlich war klar, dass Karlsruhe seine Begründung im Detail sezieren würde. Das Bundesverfassungsgericht hat heute entschieden: Die Ampel führte einen schwerwiegenden Rechtsbruch durch. Das wird beim Wähler nicht ohne Folgen bleiben, insbesondere die FDP verliert weiter an Ansehen, wurde sie schließlich gewählt, um den Rechtsstaat unter Roten und Grünen zu schützen.

Lindner wird versuchen, die Rechnung an die ungeliebten Koalitionspartner weiterzureichen. Die Gelegenheit zur Revanche bietet sich schon bald. Die Absichten des Klimaschutzministers, den von ihm intendierten Industriestrompreis über den Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu finanzieren, der mit den 60 Corona-Milliarden gefüttert werden sollte, haben sich mit dem heutigen Tage erledigt. Habeck muss eine neue schier unerschöpfliche Finanzierungsquelle für sein Faß-ohne-Boden-Projekt finden. Die ist nicht in Sicht. Dass die Bundesregierung zur Subventionierung weniger Unternehmen in Deutschland die Schuldenbremse bricht, erscheint nach dem Urteil ausgeschlossen.

Habeck ist ein weiteres Mal als Regierungspolitiker gescheitert. Die Stärken des Grünen liegen eindeutig im Reden, nicht in der praktischen Politik. Dem Klimaschutzminister verbleibt damit nur ein größerer Topf aus dem er frei verfügen kann: Der Bund erzielt jährlich 10 Milliarden Euro aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten im Rahmen des EU ETS (European Union Emissions Trading System). Es wäre einerseits ein Treppenwitz, wenn ausgerechnet ein Grüner Steuereinnahmen aus der CO2-Bepreisung für die Verbilligung von Strom aus Kohle nutzen würde und nebenbei ein weiteres Mal ein Prinzip wie Wahlversprechen bricht, gerade sozial Benachteiligten einen finanziellen Ausgleich für gestiegene Energiepreise zu verschaffen.

Habeck hat die höheren Schulden bereits als Haushaltsmittel verplant und steht nun ziemlich nackt da. All die schönen Subventionen haben nun keine finanziellen Deckungen mehr. Schon bringen sich SPD- und Grüne-Politiker in Stellung, die Schuldenbremse mit banalen Begründungen auszusetzen. Doch wenn Lindner dazu die Hand reichen würde, wäre die FDP erledigt.

Die Richter ließen es in ihrem Urteil nicht an Klarheit an die Politik vermissen und erinnerten sie daran, dass sie selbst das Prinzip der Schuldenbremse ins Grundgesetz gehoben haben. Es gehört zur wichtigsten Aufgabe von Politik, Prioritäten zu setzen und nicht einfach alles umsetzen zu wollen, was Politikern sonst in langen Nächten einfällt. Diese Prioritätensetzung vermisst nicht nur die Hüter der Verfassung schon lange. Mancher Bürger verzweifelt an dem Kessel Buntes, das ihm jeden Tag serviert wird und die Lust auf Politik verdirbt. Was ist wichtiger, Klimaschutz oder Landesverteidigung, Migration oder Integration, Autobahnen oder öffentlich geförderte Wohnungen? Der Bürger hat endlich Antworten verdient. Und Streit über den richtigen Weg.

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  • Hanni Hartmann 15. November 2023, 19:38

    GottseiDank funktioniert die Judikative Gewalt noch []

    • Erwin Gabriel 16. November 2023, 22:59

      @ Hanni Hartmann 15. November 2023, 19:38

      Long time no hear 🙂

      GottseiDank funktioniert die Judikative Gewalt noch

      Zustimmung.

      • Hanni Hartmann 16. November 2023, 23:19

        @Erwin Gabriel; das ist leider richtig. Ich kann nur noch auf Beitraege von Stefan Pietsch antworten, kommentieren und agieren. Bei Beiträgen von Stefan Sasse bin ich gesperrt…..:-(

        • Erwin Gabriel 18. November 2023, 19:01

          @ Hanni Hartmann 16. November 2023, 23:19

          Schade. Dann hoffe ich mal, dass er sich das nochmal überlegt (oder dass der andere Stefan häufiger schreibt). 🙂

          Viele Grüße
          E.G.

          • Hanni Hartmann 18. November 2023, 19:17

            Sehe Ich auch so. Stefan P sollte öfter veroeffentlichen; nicht nur das Ich dann mehr Zugang habe. Bei Stefan S habe Ich das nur noch als Zensur bezeichnen koennen da ich zwar aggressiv ; aber gerechtfertigt argumentiere und eben NICHT auf seiner Wellenlänge liege. Das ist eigentlich das Skurrile hier in diesem Blog der doch so „offensichtlich“ sein soll…

            • Erwin Gabriel 19. November 2023, 10:00

              @ Hanni Hartmann 18. November 2023, 19:17

              Ich das nur noch als Zensur bezeichnen koennen da ich zwar aggressiv, aber gerechtfertigt argumentiere …

              Nun, „gerechtfertigt“ denkt ein jeder, der hier postet (ich übrigens auch), egal, wie „ungewöhnlich“ einem anderen seine Meinung vorkomen mag. Stefan S. hat hier auch einen Linken rausgekickt, der hier immer wieder grob wurde.

              Deine Meinungen lese ich gerne (selbst wenn ich nicht alle teile), aber vielleicht hilft eine Kommunikation, die mehr auf Diskussion als auf Attacke zielt, weiter? Meine Erfahrung (besonders mit Kollegen aus dem linken Lager) ist, dass die nicht blöd und ahnungslos sind, sondern nur anders ticken.

              Jedenfalls würde ich mich freuen, Dich (und auch Stefen P. mit eiegnen Beiträgen) hier wieder öfter zu lesen.

              Viele Grüße
              E.G.

              • Stefan Pietsch 19. November 2023, 10:09

                Du hast Recht. Stefan hat ein Problem mit Hannis Stil, nicht seiner politischen Position. Daher ist der Vorwurf der Zensur absurd. Auf der anderen Seite lässt Stefan gewähren, wenn jemand mit Begriffen wie „Vollspaten“ um sich haut.

                • Erwin Gabriel 19. November 2023, 10:58

                  @ Stefan Pietsch 19. November 2023, 10:09

                  Auf der anderen Seite lässt Stefan gewähren, wenn jemand mit Begriffen wie „Vollspaten“ um sich haut.

                  „Vollspaten“ ist ähnlich wie „machtbesoffen“; kein wirkliches Drama, aber für die Diskussion nicht förderlich. Bei zu aggressiven Formulierungen aus der konservativen Ecke denke ich immer „die Meinung reicht doch, muss das noch sein?“. Kommen sie aus der anderen Ecke, denke ich mir meist „Was für ein Arschloch“, und dann sind mir dessen Argumente auch egal, denn Arschlöchern höre ich nicht zu.

                  Florett statt Säbel halt … 🙂

                  Viele Grüße
                  E.G.

                  • Hanni Hartmann 19. November 2023, 13:51

                    Erlaubt mir ein Klärung. StefanP hatte mich darauf hingewiesen das manche meiner Formulierungen störend wirkten. ( Habe das uebrigens gelernt von Populisten wie Joschka Fischer und Trittin usw..) Daraufhin habe Ich „Gas weggenommen“ und sehr bedacht und bewusst „softer“ formuliert. Dennoch flog Ich bei StefanS raus. Das erlaubte lediglich zwei Schlussfolgerungen und Bestätigungen ; 1. Es ist doch Zensur. 2. Typisch wenn Argumente gegen die Diktionen- Ich nenne das mal das Lager der „grünen Studienraete- auftauchen; wird doktrinär und schon fast nach Art der Jakobiner agiert . Das Eliminieren von Partizipanten sollte doch grade in einem offene und angeblich liberalem Forum ein „NoGO“ sein. Ist es nicht erwünscht und gefordert einen offenen Meinungs Austausch zu pflegen? Hart aber fair. Sollte das nicht auch ein ganz hohes Erziehungs Kriterium fuer unsere Pädagogen sein ?

                    • Stefan Pietsch 19. November 2023, 23:05

                      Nochmal und abschließend: Stefan zensiert nicht, wo ich mir das punktuell sogar wünschen würde. Stefan versucht das Forum sauber zu halten und das ist legitim. Bitte belasse es jetzt dabei.

                  • Stefan Pietsch 19. November 2023, 21:54

                    Abgesehen davon, dass man sich über die Vergleichbarkeit der Begriffe streiten kann, richtete sich „machtbesoffen“ an eine Gruppe von Politikern, „Vollspaten“ jedoch an einen. Stefan findet solche Begriffe dann unangemessen, wenn sie gegen Politiker gehen, die ihm mit ihrer Politiker nahestehen. So verwendete Wolfgang Kubicki den Begriff „Vollspaten“ während der Pandemie gegen den Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. Stefan empörte sich darüber sehr. Genauso rügte er mich heftig, als ich die Trash-Ikone Gina-Lisa Lohfink als „Blondine“ bezeichnete. Findest Du da wirklich eine Gleichbehandlung?

                    Ich habe die Tage den Begriff „erbärmlich“ in Bezug auf den Zustand Deutschlands aus einem Kommentar gestrichen. Mein Stilsensor ist doch wesentlich empfindlicher als der von Stefan.

          • Stefan Pietsch 18. November 2023, 19:25

            Ich hab‘ ja wieder angefangen. 🙂

            • Hanni Hartmann 18. November 2023, 19:50

              Erfreulich; zumal die Beiträge von Stefan P zwar auch sehr informativ sind und ein „Richtung “ zeigen; sie sind dennoch bei Weitem nicht so eingeengt und „Narrow“ wie die des Counterparts des Stefan S…Aber viel Wesentlicher; SP benötigt nicht die Steuer der Zensur und der Maulkorbes…

  • Tim 15. November 2023, 20:43

    Eine logische und gute Entscheidung des Verfassungsgerichts. In schwierigen Zeiten darf es keine Trickserregierung geben. Das Vertrauen in Regierungshandeln wird einen neuen Tiefpunkt erreichen. Keine der Ampel-Parteien hat in einer seriösen Regierung etwas zu suchen. Leider ist die Opposition keinen Deut besser.

    • Erwin Gabriel 15. November 2023, 21:37

      @ Tim 15. November 2023, 20:43

      Eine logische und gute Entscheidung des Verfassungsgerichts.
      Zustimmung.

      In schwierigen Zeiten darf es keine Trickserregierung geben.
      In einfachen / leichten / guten Zeiten auch nicht 🙂

      Das Vertrauen in Regierungshandeln wird einen neuen Tiefpunkt erreichen. Keine der Ampel-Parteien hat in einer seriösen Regierung etwas zu suchen. Leider ist die Opposition keinen Deut besser.

      Nein, keine der Ampel-Parteien hat in einer seriösen Regierung etwas zu suchen, und die Opposition ist keinen Deut besser. Aber die meisten Wähler wollen keine seriöse Regierung, sondern eine, die ihnen die Taschen volllügt und dabei seriös tut. Gerhard Schröder hat Probleme gesehen, ist sie angegangen, und verlor die Wahl. Angela Merkel hat regiert nach dem Motto „nach mir die Sintflut“, und wurde für 16 Jahre (wieder)gewählt.

      Unser Wahlvolk will ganz offenbar belogen werden und erschießt von der AfD bis zu den Linken jeden Boten, der zu laut die Wahrheit sagt. So kriegen wir nicht die Politik, die wir brauchen, sondern nur die, die wir wollen. Auch wir haben nur die Regierung(en), die wir verdienen.

      • Stefan Pietsch 16. November 2023, 09:33

        Das ist un weiten Teilen falsch. Schröder rief direkt nach der Umsetzung sehr weitreichender Reformen Wahlen aus, obwohl er für 4 Jahre ein Mandat erhalten hatte. Das war der denkbar schlechteste Zeitpunkt. Es gibt dazu eine dominierende Theorie (Schröder verlor die Nerven) und eine weit weniger populäre (Schröder suchte den Ausgang aus der Politik). Trotz des ungünstigen Zeitpunkts erreichte die SPD eines ihrer besten Resultate der vergangenen 45 Jahre. Gestärkt wurde eine Opposition, die weitergehende Schritte als seine SPD befürwortete.

        Wähler wollen vor allem in Ruhe gelassen werden. Man gibt ja auch nicht sein Auto in die Werkstatt, damit Stunden später der Meister einem erklärt, warum das Auto nicht Instandzusetzen ist, er 2 Wochen auf die wesentlichen Reparaturteile warten muss und die Rechnung, dazu könne man noch nichts sagen. Die Politiker sind die Profis und bekommen dafür (siehe Grüne oben) einen Vertrauensvorschuss. Merkel hat die Deutschen in Ruhe gelassen. Das Vertrauen gerechtfertigt hat sie nicht.

        • Erwin Gabriel 16. November 2023, 14:46

          @ Stefan Pietsch 16. November 2023, 09:33

          Schröder rief direkt nach der Umsetzung sehr weitreichender Reformen Wahlen aus, obwohl er für 4 Jahre ein Mandat erhalten hatte.

          Mein Eindruck damals war, dass er seine Popularität nutzen und die Wahl gewinnen wollte, um sich jahrelange Diskussionen zu sparen.

          Wähler wollen vor allem in Ruhe gelassen werden.

          Stimme zu, sehe aber auch keinen Widerspruch. Dass man eine Gesellschaft in einer Welt, die sich schnell und ständig verändert, in Ruhe lassen kann, ist eine Lüge. „Wählt mich und alles bleibt, wie es ist“ ist eine Lüge. Kriegt jeder mit, der ein paar Sekunden darüber nachdenkt.

      • Tim 16. November 2023, 12:52

        In einfachen / leichten / guten Zeiten auch nicht

        🙂 🙂

  • Erwin Gabriel 15. November 2023, 21:25

    @ Stefan Pietsch

    Ich kann mit Deiner Kommentierung gut leben, wenn man von Formulierungen wie diesen absieht:

    Die machtbesoffenen Grünen haben einen weiteren schweren Schlag kassiert.

    Ob Du nun Olaf Scholz mit seinem Verhalten im CumEx-Skandal, die immer wieder aufpoppende Arroganz eines Friedrich Merz, die gelegentlichen Ausbrüche von Überheblichkeit und Herablassung bei Christian Lindner, die Rechthaberei bei der AfD, die permanente moralische Empörung bei den Linken oder die unglaubliche Eitelkeit von Markus Söder nimmst – einen Hau haben alle.

    Den meisten mächtigen Leuten in Wirtschaft und Politik fällt es schwer, Meinung und Wissen zu trennen, weil sie in einer Pposition sind, in der sie normalerweise nicht mehr in Frage gestellt werden. Und so glauben sie vor sich hin und halten ihren Glauben für die Realität; sie haben mit ihrer Meinung Recht, sonst wären sie ja nicht in dieser Position, und sie sind in dieser Position, weil sie Recht haben.

    Was Dich an Habecks Politik stört, ist nicht grundsätzlich Arroganz, Machtbesoffenheit oder Ähnliches, sondern dass seine Politik in eine Richtung zielt, die Dir nicht genehm ist. Das kannst Du gerne kritisieren, analysieren, widerlegen etc. Aber bei derartigen Durchmischungen von kompetenter Analyse und plump-persönlichem Angriff steckt die Wortmacht im Angriff, und die Analyse geht ein Stück weit unter.

    Da ich Deine Analysen sehr schätze, finde ich das immer sehr schade.

    Ansonsten sachlich keine Einwände …

    • Stefan Pietsch 16. November 2023, 09:27

      Dich regt schon der Begriff „machtbesoffen“ auf, während andere ihnen nicht genehme Politiker als „Vollspaten“ bezeichen. Wenn ich so etwas lese, lösche ich es.

      Sachlich:
      Gibt es perfekte Menschen?

      Den meisten mächtigen Leuten in Wirtschaft und Politik fällt es schwer, Meinung und Wissen zu trennen, (..).

      Ach! Das treffe ich bei „Normalos“ eigentlich viel häufiger an. Politiker formulieren typischerweise eigentlich anders (die seriösen): Die Fakten (oft durch Studien belegt) sind so, daraus folgt zweifellos meine Politik. Das ist durchaus Trennung von Wissen und Meinung.

      Wie oft höre ich von „Normalos“: Das habe ich nicht nötig, das brauche ich mir nicht sagen zu lassen usw. Der Punkt ist: In einer Demokratie müssen Parteien und Politiker sich eben viel sagen lassen.

      Was Dich an Habecks Politik stört, ist nicht grundsätzlich Arroganz, Machtbesoffenheit oder Ähnliches, sondern dass seine Politik in eine Richtung zielt, die Dir nicht genehm ist.

      Nein. Denn da bin ich liberaler und, mit Verlaub, intelligenter als die meisten.

      Die Grünen zeigen keine Demut. Weder vor der Macht, die ihnen auf Zeit verliehen ist, noch vor dem Wähler und nicht vor politischen Wettbewerbern. Und das ist so völlig verschieden von meinem Charakter. Ich bin demütig, auch wegen meines katholischen Glaubens. Ich bin nicht der Meinung, dass mir alles wegen meiner eigenen Genialität zusteht, wenn Du auch meinst, das manchmal rauslesen zu müssen.

      Habeck setzte, gegen alle öffentlichen Proteste, ein Gesetz ins Werk, das auf dem Moralismus des Einzelnen aufbaut. Die Bürger sollten sich für eine Wärmeheizpumpe entscheiden, damit sie damit einen Beitrag für den Klimaschutz leisten, nicht, weil es
      a) die Technologie ist, die in ihrer Gemeinde bereit steht,
      b) wirtschaftlich vernünftig ist (dazu hätte Habeck ja selbst die Voraussetzungen schaffen müssen),
      c) der Bürger sich unter mehreren Alternativen entscheiden kann.

      Die Grünen propagieren Klimaschutz vor ihren Wählern wie allen anderen als ihr oberstes Ziel. Und haben kein Problem, die Emissionen des Landes nach oben zu treiben. Das rechtfertigen sie dann in ihrer Machtvollkommenheit als realpolitische Option. Und dann wiederum klagen sie einzelne Bürger und Politikbereiche an, wenn diese ihrer Ansicht nach auf klimaschädliches Verhalten verzichten könnten.

      Als Friedrich Merz im Frühjahr die Grünen zum politischen Hauptgegner erklärten, höhnten ihre Vertreter, der solle sich mal ansehen, mit wem seine Partei eigentlich überall regiert.Die wenigen Klugen in der Partei verstanden, dass da eine Gefahr heraufzieht. Wenn eine Partei sich zu weit von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt, wird sie von der Macht entfernt. Das ist eine der Gründe, warum die Partei ohne Not des bisherigen Koalitionspartners in Berlin wie in Wiesbaden aus der Regierung flog. Wie man hört und liest, bekamen sie die Quittung für ihre Arroganz gegenüber dem bisherigen Partner. In Berlin wollten sie das Amt des Regierenden Bürgermeisters kastrieren und zur Außenstelle ihrer Parteizentrale machen. In Wiesbaden zeigten sie sich nicht nur ob des Wahlsieges der CDU unbeweglich, sondern kassierten die Revanche für ihre fünf Jahre zuvor der CDU abgerungene Privilegien.

      Habeck hielt die beste Rede zum Überfall der Hamas. Und er drohte hier lebenden Islamisten und Israelfeinden mit Ausweisung und Verwirkung des Aufenthaltsrechts. Als Tage darauf sein Sprecher gefragt wurde, ob daraus Regierungsaktionen beabsichtigt seien, antwortete dieser mit einem klaren Nein. Das sei nur eine Meinungsäußerung des führenden Regierungspolitikers gewesen.

      Die Grünen haben jede ihrer Wahlziele in diesem Jahr gerissen. Sie leben von ihrer fraglos großen Stammwählerschaft. Aber dass sie daraus Konsequenzen ziehen wie es in einer Demokratie gewünscht ist, das ist nicht erkennbar. Die Botschaft des Wählers ist: eher wird es 2025 eine Renaissance von Konservativen und Sozialdemokraten geben als dass die Grünen mit der CDU ins Regierungsbett steigen können.

      • Erwin Gabriel 16. November 2023, 15:05

        Stefan Pietsch 16. November 2023, 09:27

        Dich regt schon der Begriff „machtbesoffen“ auf, …

        Nein, aufregen tut mich der wirklich nicht. Ich finde es nur schade, wenn Deine guten Analysen (die ich wirklich gern lese) durch einzelne Formulierungen wie plumpes Trollen wirken.

        Denn da bin ich liberaler …

        Hmm, hmm, hmm …

        .. und, mit Verlaub, intelligenter als die meisten.

        Kein „hmm“, keine Einwände 🙂

        Die Grünen zeigen keine Demut.

        So etwas von richtig …

        Habeck setzte …

        Wie gesagt, ich glaube (weiß es also nicht genau) dass es den größten Aufruhr gab, weil das Werk noch nicht vollendet war. Das Ziel des Gesetzes teile ich, die Ausführung begeistert mich nicht gerade, die Kommunikation war grauenhaft.

        Aber wie gesagt, an der Analyse habe ich nichts auszusetzen, selbst wenn Dein Ausdruck die analytischen Aspekte gelegentlich in den Hintergrund drückt.

    • Stefan Sasse 16. November 2023, 10:42

      Ja, so geht es mir auch immer.

  • CitizenK 16. November 2023, 10:44

    „Karlsruhe leert den Klimafonds“
    „Extremhitze in Brasilien“
    „Höchststände bei Treibhausgasen“
    „Klimawandel wird zum Killer“
    (Rhein-Neckar-Zeitung vom 16. November 2023)

    • Stefan Pietsch 16. November 2023, 12:15

      Ich würde mich über einen sachlichen Kommentar freuen.

      • CitizenK 16. November 2023, 13:24

        Es ist die frappierende Gleichzeitigkeit. Das Urteil mag juristisch richtig sein. Die überschäumende Freude über die „Ohrfeige“ für die Ampel finde ich angesichts der Lage beklemmend.
        Sie mögen ja Analogien aus dem prallen Menschenleben: Man hat Geld für einen Klinikaufenthalt zurückgelegt. Der erweist sich als unnötig. Der Familienrat beschließt, das Geld für eine neue Heizung zu verwenden.

        • Stefan Pietsch 16. November 2023, 14:29

          Bereits Anfang Januar 2022 schrieb ich:
          Zehn Tage danach ging Christian Lindner gemessenen Schrittes, wie von einer Zentnerlast gedrückt zum Rednerpult im Deutschen Bundestag. Die Rede, die der rhetorisch begnadete Bundesfinanzminister hielt, las er Wort für Wort vom Blatt ab. Was der Chef-Liberale da zum Nachtragshaushalt vortrug, stand so völlig im Gegensatz zu seinen früheren Äußerungen. Inhaltlich ging es um die Umwidmung der vom Parlament bisher gebilligten Krisenkredite in eine Notreserve für klimapolitische Maßnahmen.

          Es geht mitnichten um Schadenfreude. Ein Rechtsstaat hat sich als erstes an die selbstgesetzten Regeln zu halten. Wo bitte kommen wir hin, wenn ausgerechnet der Regelsetzer die Regeln bricht?! Sie präsentieren ein Staatsverständnis, das untragbar ist: Der Zweck heiligt die Mittel. Wenn es Sie persönlich betreffen würde, wollten Sie das ganz bestimmt nicht erleben.

          Es ist um so schlimmer, wenn der Regelsetzer vorsätzlich die Regeln bricht. Dann verliert er jede Autorität und moralische Integrität.

          Der KTF besteht im wesentlichen aus einer Reihe von Subventionszusagen, von dem sich der Wirtschaftsminister Effekte erhofft. Sicher ist das nicht, der Beweis steht seriös betrachtet aus und ist nicht wahrscheinlich. Mit dem Industriestrompreis will Habeck mit vielen Steuermilliarden kompensieren, was er politisch selbst verbockt hat. Sowohl der Sachverständigenrat, der BRH als auch verschiedene wissenschaftliche Einrichtungen haben belegt, dass die hohen Strompreise in Deutschland Ergebnis der vermurksten Energiewende und der Abschaltung der 32 Kernkraftwerke in Deutschland ist. Habeck hätte die Abschaltung der letzten 6 Meiler verhindern können – tat es nicht.

          Ein Rücktritt wäre ja manchmal auch hilfreich. Oder ein Regierungswechsel. Darüber hinaus rügten die Richter gleich 3 (!) verfassungswidrige Vorgehensweisen, dazu nämlich auch den Nachtragshaushalt, der nicht nach einem Haushaltsjahr beschlossen werden kann. Die vorsitzende Richterin machte klar, das jeder (!) dieser Verstöße für sich bereits dazu geführt hätte, der Klage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion stattzugeben.

          Der Staatshaushalt ist kein Familienhaushalt! Wenn die Regierung meint, Sonderkredite für den Klimaschutz zu benötigen, muss sie zum Verfassungsgeber gehen. So sind die Regeln, CitizenK!

        • Thorsten Haupts 16. November 2023, 14:49

          Analogie hinkt: Geld wurde nicht zurückgelegt, sondern gegen Zinsen geliehen. Und das war überhaupt nur zulässig, weil Notlage (Corona).

          • Stefan Pietsch 16. November 2023, 16:01

            Das stimmt auch nicht. Es ging lediglich um Kreditermächtigungen, das Geld war also nicht einmal aufgenommen. Es räumt der Regierung nur die Möglichkeit ein, Anleihen zu dem genannten Zweck zu begehen. Die Ampel hat dann entschieden, schreiben wir doch einfach in 2024 für Coronakredite für 2022 auf den Scheck: „Fürs Klima“. Stimmt schon so. Eins kann man sagen: CitizenK würde sich nicht betrogen fühlen, wenn er einem Freund Geld gibt, damit der Pizza für alle holt und mit einer neuen Armbanduhr zurückkommt. War ja sicherlich sinnvoll!

            • CitizenK 16. November 2023, 18:30

              Na ja, dieser Vergleich hinkt mehr als meiner.

              • Stefan Pietsch 16. November 2023, 19:55

                Das ist exakt der Sachverhalt.

              • Erwin Gabriel 16. November 2023, 22:57

                @ CitizenK 16. November 2023, 18:30

                Na ja, dieser Vergleich hinkt mehr als meiner.

                Dann nehmen wir einen neuen Fernseher mit großem Bildschirm. Können alle drauf schauen (ob sie das für nötig erach ten oder nicht), aber es wurde nicht abgestimmt, und das Geld wäre weg.

                Was bei Deinem Vergleich nicht stimmte:
                Es ging nicht um „einen“ (= 1) Krankenhausaufenthalt, sondern eher um Urlaub „für alle“. Und nicht der Familienrat hat gemeinschaftlich die Heizung beschlossen, sondern nur Vater und Sohn.

                ich kann ein Stück weit nachvollziehen, dass man Gelder „für etwas Gutes“ nun „für etwas anderes Gutes“ umwidmen möchte. Aber das dafür eingesetzte Verfahren ließe in den falschen Händen einen Haufen Schindluder zu.

                Das Verfahren, nicht der Betrag oder der Einsatzzweck, sind grundsätzlich fragwürdig und problematisch.

                • CitizenK 17. November 2023, 06:08

                  Hab ich verstanden. Mir ging es ja vor allem (bzw. gegen) das „Triumphgeheul“ (Klingbeil) und die genannten Begriffe in den Medien. Die Regierung (immerhin unter Beteiligung von Lindner) ist einer Minderheits-Meinung unter Juristen gefolgt. Da scheint mir der Begriff „Verfassungsbruch“ doch zu weit hergeholt.

                  Wer das „andere Gute“, also den Klimaschutz will und für dringlich hält, sollte nicht triumphieren, sondern nüchtern nach anderen Lösungen suchen.

                  • Stefan Pietsch 17. November 2023, 10:34

                    Klingbeil ist eine neutrale, angesehene Instanz? Es gibt auch Wissenschaftler, die die gewaltsame Übernahme der Krim nicht als Annexion Russlands sehen.

                    Das Bundesverfassungsgericht hat in seltener Klarheit die Umwidmung der Corona-Darlehen als verfassungswidrig bewertet. Mit dieser Klarheit hätte die Regierung von dem Vorgehen Abstand nehmen müssen. Die Ohrfeige aus Karlsruhe war ja so schallend, dass selbst Grünen-Vertreter sofort die Aufhebung akzeptiert haben. Man muss von Führungspersonen und erst Recht von einer Regierung erwarten, dass sie die Rechtswidrigkeit ihrer Absichten erkennt, zumal, wenn sie so offensichtlich sind. Jeder Manager fliegt raus, bewegt er sich auf so fragwürdigem Boden. Fristlos.

                    Lindner wusste sehr wohl um die Fragwürdigkeit des Vorgehens. Deswegen las er vom Blatt ab, was seine Hausjuristen aufgegeben hatten. Das ganze Verhalten der Regierung spricht deutlich dafür, dass sie wussten, auf welchem Terrain sie sich bewegten. Genau deswegen hat die FDP bei mir gerade an Ansehen eingebüßt. Das war ein unverzeihlicher Fehler.

                    Die Politik besitzt genügend Mittel, den Klimaschutz zu fördern. Die 60 Milliarden sind eine Wahlkampferfindung der Grünen. Das muss deswegen noch lange nicht richtig sein.

        • Erwin Gabriel 16. November 2023, 14:54

          @ CitizenK 16. November 2023, 13:24

          Die überschäumende Freude über die „Ohrfeige“ für die Ampel finde ich angesichts der Lage beklemmend.

          Ich glaube, dass nur Dummköpfe sich über eine „Ohrfeige für die Ampel“ freuen. Wer klug ist, freut sich darüber, dass Karlsruhe eine richtige Entscheidung gegen Finanzierungs-Schindluder gefällt hat.

          Man hat Geld für einen Klinikaufenthalt zurückgelegt. Der erweist sich als unnötig. Der Familienrat beschließt, das Geld für eine neue Heizung zu verwenden.

          Ich glaube nicht, dass diese Analogie eine passende ist. Stell Dir vor, man macht angesichts einer Heizkostenkrise mit allen parteien im Bundestag ein Milliarden-Paket zur Unterstützung für Bedürftige klar, findet dann aber heraus, dass die Situation nicht so kritisch ist, und widmet das Geld ohne weitere Bundestagsabstimmung zu Steuererleichterungen für Besserverdiener um.

          Auf diesem Weg kann ich am Bundestag und an den Wählern vorbei ALLES finanzieren, was ich mir wünsche.

        • Thorsten Haupts 16. November 2023, 15:20

          Das Urteil mag juristisch richtig sein.

          Nach diesen Worten ist in jedem Rechtsstaat und bei jedem Rechtsstaatsanhänger die Debatte beendet …

          • CitizenK 16. November 2023, 18:43

            Mit Verlaub – dann fängt die politische Diskussion an.

            Auch ihr wollt aus politischen Gründen die Änderung von Gesetzen – zum Beispiel im Asylrecht und im Steuerrecht.
            Wer politisch die Änderung von Gesetzen will, ist kein Feind des Rechtsstaates. Im Rahmen der Verfassung, die aber auch nicht unveränderbar ist.

            • Thorsten Haupts 16. November 2023, 19:41

              Völlig richtig, aber das ist etwas völlig anderes als das begrüßen eines Gesetzesbruches. Und das las ich aus Ihrer ersten Reaktion heraus.

            • Stefan Pietsch 16. November 2023, 19:55

              Doch, wenn er dies regelwidrig versucht. Linke meinen, alles wäre verhandelbar. So ist es im Rechtsstaat eben nicht.

              Es ist Aufgabe und Kompetenz des Deutschen Bundestages, einfache Gesetze zu ändern. Daran ist nichts Verwerfliches. Doch hier geht es darum, vom Verfassungsgeber eingeräumte Möglichkeiten zu missbrauchen. Das will keiner der hier „Bürgerlichen“, wozu Befürworter von Verfassungsbrüchen eindeutig nicht gehören. Deswegen hat Thorsten Haupts das auch in aller Klarheit gesagt: Hier endet für jeden verfassungstreuen Bürger die Diskussion.

            • Stefan Sasse 16. November 2023, 22:29

              Die Verfassung ist immer dann heilig, wenn einem reinläuft, was drin steht.

              • Stefan Pietsch 17. November 2023, 00:09

                Ich stehe hinter allem, was in unserem Grundgesetz steht. Auch zum Beispiel die Absätze 2 und 3 des Artikels 14, obwohl sie eine deutsche Besonderheit sind. Das gilt eben für Dich nicht. Du könntest wahrscheinlich gänzlich auf ein Grundrecht Eigentum verzichten, die Schuldenbremse lehnst Du explizit ab (kannst Du mir etwas vorhalten, dass ich grundsätzlich ablehnen würde?). Und auch die deutsche Steuerhoheit, nach der nicht ohne die Zustimmung des Souveräns (vulgo: Direktbefragung der Bürger) Steuerkompetenzen an die EU übertragen werden dürfen, ist so nicht Deins.

    • Tim 16. November 2023, 12:54

      Seriöse Regierungen hätten schon vorher auf die Idee kommen können, dass man die Energiewende nicht durch Geldausgeben schafft, sondern nur zielgerichtete Anreize. 🙂

      • CitizenK 16. November 2023, 18:30

        Möglich. Ist aber eine andere Diskussion.

    • Thorsten Haupts 16. November 2023, 13:27

      Der Zweck heiligt die Mittel?

      • CitizenK 16. November 2023, 17:59

        Nein. Wenn eine Vorgehensweise gegen die Verfassung verstieß, ist sie falsch.
        Es gab aber auch Jura-Professoren, die es für verfassungskonform hielten. Auf die Schnelle habe ich diese gefunden:
        Prof. Dr. Christoph Degenhart, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht und Europarecht an der Universität Bayreuth
        Prof. Dr. Klaus Ferdinand Gärditz, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Finanzrecht an der Universität Tübingen
        Prof. Dr. Christoph Möllers, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verfassungsrecht, an der Humboldt-Universität zu Berlin
        (Bard-Suche, hoffentlich nicht halluziniert!)
        Ohne diese Stimmen hätte Lindner sicher nicht mitgemacht. Auch ein Nachtragshaushalt muss ja vom Parlament beschlossen werden. „Spielball der Regierung“ ist sehr übertrieben, „Ohrfeige“ und „Klatsche“ auch.

        Wenn das Geld für den Klimaschutz notwendig ist, muss ein verfassungskonformer Weg gefunden werden. Auch das ist eine Notlage, wie die Schlagzeilen zeigen. In der Dimension weit größer als die Pandemie. Dieser Aspekt geht im Jubel über das Urteil einfach unter. Ein guter Tag für den Rechtsstaat, ein schlechter für den Klimaschutz.
        Fiat iustitia et pereat mundus?

        Wenn der Klimafonds nichts taugt, dann soll man es lassen. Entscheiden muss das die Volksvertretung.

        • Stefan Pietsch 16. November 2023, 20:01

          Das ist ein sehr kleiner Kreis. Selbst der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages, der zurückhaltend formuliert, war äußerst skeptisch:

          Die Frage, inwieweit das vorgeschlagene Vorgehen grundgesetzkonform wäre, hängt maßgeblich davon ab, inwieweit der Gesetzgeber die Voraussetzungen des Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG im Gesetzgebungsverfahren schlüssig darlegen kann. Fraglich ist insbesondere, ob sich die Eignung der vorgeschlagenen Maßnahmen zur Krisenbewältigung sowie der Veranlassungszusammenhang zwischen der Notlage, der Kreditaufnahme und den hierdurch finanzierten Maßnahmen darlegen lassen. Soweit der Gesetzgeber das Vorliegen der genannten Voraussetzungen für den vorgesehenen Zeitraum allerdings schlüssig begründen kann und das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet wird, erscheint das vorgeschlagene Vorgehen aus verfassungsrechtlicher Sicht vertretbar.

          Quintessenz: Sehr fragwürdig. Wie gesagt, die Verfassungsrichter rügten nicht nur die Verwendung selbst, sondern auch das Vorgehen.

          Der Klimawandel ist keine Notlage. Das wussten auch die Ampelparteien, sonst hätten sie nicht das Verfahren gewählt. Denn wenn der Klimawandel eine Notlage wäre, dürfte der Bund dafür zusätzliche Kredite aufnehmen. Doch aus diese Begründung hat das Gericht zurückgewiesen. Übrigens folgt auch die Aufrüstung der Bundeswehr keiner Notlage, weshalb ein Zusatz ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Beiden Bereichen fehlt die unmittelbare Gefahrenabwehr, wie das bei Corona der Fall war.

          • Thorsten Haupts 17. November 2023, 15:22

            Yup, wer den corporate sound kennt, der weiss, dass die Formulierungen des wissenschaftlichen Dienstes sich zusammenfassen lassen als: „Hände weg davon“.

  • Thorsten Haupts 16. November 2023, 11:50

    Die Entscheidung des BverfG war sachlogisch zwingend, weil andernfalls die grundgesetzlich vorgeschriebenen Verschuldungsregeln ohne Vorliegen der dort festgeschriebenen Ausnahmegründe einfach ausser Kraft gesetzt worden wären. Damit war das Urteil auch ebenso leicht vorhersehbar.

    Was mich bei einem solchen, selbst Laien leicht verständlichen Sachverhalt, besonders ärgert, ist dann eben nicht die Tatsache, dass das BverfG auch mal zu einer anderen verfassungsrechtlichen Beurteilung kommen kann, als der Gesetzgeber. Sondern dass sich der Gesetzgeber leichtfertig oder böswillig in die selbst für Laien vorhersehbare Lage gebracht hat, eine grundgesetzwidrige Regelung auf den Weg zu bringen. Ich habe es also bei meinen Repräsentanten im Bundestag wahlweise mit Idioten oder Gesetzesbrechern zu tun, beides keine besondere Empfehlung für Respekt vor der Politik.

    Dank an Stefan P, den Artikel zu schreiben, ich war selbst bereits dabei, dasselbe zu tun und konnte mir diese Arbeit sparen.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Pietsch 16. November 2023, 12:14

      Der Dank geht zurück. Absolut die richtigen Worte und beschämend für die Liberalen, sich für so einen offensichtlichen und eklatanten Bruch der Verfassung hergegeben zu haben.

      • Tim 16. November 2023, 12:55

        Sie werden die Rechnung serviert bekommen und sie wird deftig ausfallen.

      • VD 17. November 2023, 08:14

        „beschämend für die Liberalen, sich für so einen offensichtlichen und eklatanten Bruch der Verfassung hergegeben zu haben.“
        Zu der Zeit gab es leider keine andere Möglichkeit einer Regierungsbildung als eben die Ampel, da die CDU/CSU mit sich selbst beschäftigt war. Die Kröte des Fonfds musste dann die FDP schlucken.

        • Stefan Pietsch 17. November 2023, 10:25

          Unbestreitbar, dass die FDP keine Alternative hatte. Allerdings: SPD und Grüne auch nicht. Mich hat wahnsinnig geärgert, dass die Liberalen für Selbstverständlichkeiten Konzessionen machen mussten.

          Die Einhaltung der Schuldenbremse: steht im Grundgesetz und kann vom Verfassungsgericht durchgesetzt werden. Interessiert allerdings Grüne und Sozialdemokraten nicht.
          Keine Steuererhöhungen: Für eine Einkommensteuerreform, die Erhöhung der Umsatzsteuer oder die Wiedereinführung der Vermögensteuer benötigt der Bund eine Mehrheit in der Länderkammer. Die ist nicht zu haben, da dort die Union eine Blockademehrheit besitzt.
          Auslaufen der Corona-Beschränkungen: Deutschland war 2022 ohnehin spät dran, eine Verlängerung über den April 2022 hinaus wäre nur zu einem hohen politischen Preis durchsetzbar gewesen.

          Im Gegenzug bekamen die linken Parteien eine Menge Gestaltungsmacht, häufig im rechtlich fragwürdigen Bereich wie die Erhöhung des Mindestlohnes, das Selbstbestimmungsgesetz, die Erhöhung des Bürgergeldes und eben, ganz besonders, der KTF. Längst ist klar, dass der Fonds die katastrophalen politischen Fehler der Grünen camouflieren soll.

          • Stefan Sasse 17. November 2023, 11:00

            Fahr doch mal bitte deine Rhetorik etwas zurück. Es ist ja jetzt nicht so, als würden SPD und Grüne sich gegen den BVerfG-Beschluss stellen. Soweit sind wir bei weitem nicht.

            • Stefan Pietsch 17. November 2023, 13:55

              Das ist nicht meine Begründung. SPD und Grüne gehen häufig nach dem Motto vor: Wie probieren, was möglich ist und wenn es später kassiert wird, dann ist es so. Das ist eindeutig Bewegen im Grenzbereich. Wer sich dort aufhält, läuft bewusst Gefahr, auch immer wieder überzutreten.

              Les‘ Dir dazu Deine Positionen zur Schuldenbremse durch. Tenor: Die Schuldenbremse ist tot! Mit Verlaub, die Schuldenbremse steht im Grundgesetz und so lange das so ist, kann sie nicht tot sein. Außer man fordert zum Ignorieren eines Teils der Verfassung auf. Und da behauptest Du, das sei verfassungstreu?

              • Thorsten Haupts 17. November 2023, 18:49

                Der Lackmustest darauf, ob die Schuldenbremse (politisch, im Sinne Stefan S) tot ist, erfolgt gerade in Echtzeit. Und ich wette darauf, dass Stefan S diesen Test verlieren wird – die Schuldenbremse ist auch politisch mitnichten tot. Nicht mal schwer verwundet.

                • Stefan Pietsch 17. November 2023, 19:48

                  Wenn, wie Stefan lange behauptet hat, die Schuldenbremse tot sei, dann ist das Grundgesetz tot. Stefan begründete seine Ansicht gerade mit dem verfassungsrechtlich ignoranten Verhalten der Ampelparteien sowohl in der Causa KTF, den implementierten Schattenhaushalten – zu denen die Richter klare Worte fanden – sowie der Änderung des Grundgesetzes hinsichtlich des Sondervermögens Bundeswehr. Seine Ansicht folgte als damit weitgehend den fortgesetzten Rechtsbrüchen, mit denen er konform ging.

                  • Hanni Hartmann 17. November 2023, 20:21

                    Anstatt das klare Signal der Justiz zu hören; wird munter Geld verbraten und es wird nicht gespart und gekürzt wo es eben zu kappen gilt: Hier ein paar Beispiele wo das moeglich ist:
                    Bürgergeld: Die Ausgaben steigen 2024 wegen des um 3,5 Milliarden auf 27,2 Milliarden Euro. Die Kosten für Unterkunft und Heizung schlagen mit 11,1 Milliarden Euro zu Buche – ein Plus von 1,4 Milliarden Euro.
                    Humanität: Das Budget für die humanitäre Hilfe wird um 700 Millionen Euro auf 2,43 Milliarden Euro aufgestockt – eine Idee der Grünen-Fraktion.

                    Integration: Zuwanderer sollen sich schneller integrieren – das Budget für staatliche Kurse steigt um 25 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro. Total Sinnlos. Eine Geld Verbrennungs Anlage aus dem Hause Faeser…
                    Elterngeld: Die Einkommensgrenze für den Bezug von Elterngeld sinkt nicht auf 150.000 Euro wie geplant, sondern ab April 2024 auf 200.000 Euro und ein Jahr später auf 175.000 Euro. Die SPD will Familien damit mehr Zeit zur Anpassung geben.
                    Klimaschutz: Das Wirtschaftsministeruim erhält eine halbe Milliarde Euro mehr für internationale Projekte zum Klimaschutz – auch das ist eine Grünen-Idee…..

                • Stefan Sasse 18. November 2023, 09:46

                  Ja, ich glaube ich auch, das war eher ein Irrtum.

                  • CitizenK 18. November 2023, 10:33

                    Es gibt Wiederbelebungsversuche:

                    Die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, hat sich indes ebenfalls für ein Aussetzen der Schuldenbremse im kommenden Jahr und mittelfristig für die Reform der Regel im Grundgesetz ausgesprochen. „Eine Reform der Schuldenbremse, die größere Spielräume für die Schuldenfinanzierung von Nettoinvestitionen schaffen würde, könnte für die Klimaprojekte Abhilfe schaffen“, sagte Schnitzer der „Rheinischen Post“. „Eine schuldenfinanzierte Auszahlung des Klimageldes käme aber nicht in Frage, weil es sich nicht um eine Investition handelt“, fügte sie hinzu.
                    „Es scheint allerdings wenig wahrscheinlich, dass man sich in dieser Legislaturperiode auf eine Reform der Schuldenbremse einigen können wird“, erklärte die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. „Eine transparente Lösung könnte sein, eine erneute Ausnahme von der Schuldenbremse zu begründen mit den Auswirkungen der Energiekrise und den dadurch erforderlichen Mehraufwendungen für die Abfederung der Lasten und dem notwendigen Ausbau der Energieversorgung“, sagte Schnitzer.
                    Quelle: ntv 18.11.23

                    • Stefan Pietsch 18. November 2023, 19:38

                      Das ist wohl das erste Mal, dass Sie zur Durchsetzung einer Ihnen genehmen Politik auf den Sacherständigenrat setzen. Die SPD hat ja über einen langen Zeitraum dafür gesorgt, dass der Rat der Fünf Weisen nicht mehr ordnungsliberal dominiert ist.

                      Nur kommt es auf den Sachverständigenrat nicht an. Er berät die Regierung, doch für die Lockerung der Schuldenbremse braucht es nicht nur die konservative Opposition, sondern auch den Bundesrat. Die einzig relevante Frage ist also, ob es in der Union Bewegung in der Frage gibt, denn sie ist hier der relevante Player. Und die Antwort lautet: Nein, derzeit auf gar keinen Fall.

                      Am Ende sind es Leute wie Sie, die eine Modifizierung verhindern. Sie und Ihnen ähnliche Linke haben kein Interesse an einer seriösen Regelung. Selbst liberale Wissenschaftler wie Clemens Fürst sind offen, Schulden zu investiven Zwecken in engen Grenzen zuzulassen. Sie dagegen wollen noch mehr als die früher bestehende Goldene Regel, Sie wollen die Schuldenschleuse für sämtliche konsumptive Ausgaben öffnen. Für Sie sind auch normale Ausgaben für Lehrer, für Sozialarbeiter, die Erhöhung von Sozialausgaben investive Zwecke, weil sie in Ihrer Vorstellungswelt zukünftige Entwicklungen prägen (würden).

                      Dagegen fehlt Ihnen jedes Verständnis, jedes Interesse an den Bedenken wie Werten der so vielen Menschen, die eine starke finanzwirtschaftliche Kontrolle des Staates wünschen. Und so lange Sie so sturr sind, werden Sie immer vernünftigen Lösungen im Weg stehen.

  • cimourdain 16. November 2023, 14:25

    Sie treffen in meinen Augen in vielen wichtigen Punkten den Nagel auf den Kopf, deshalb nur ein paar kleine Ergänzungen von mir.

    1) Hier eine detailliertere juristische Bewertung:
    https://verfassungsblog.de/das-ende-der-groszugigkeit/

    2) Vielleicht ist es eine gute Gelegenheit, sich daran zu erinnern, dass der Haushalt kein persönliches Spielfeld der Regierung ist. Es handelt sich nun mal um fremdes Geld und erfordert beste Sorgfalt und Transparenz. Deshalb ist es auch das Parlament, das die letzte Kontrolle und Verantwortung über den Etat haben sollte.

    3) Sie haben mit dem Industriestrompreis einen wirklich wunden Punkt für die geplanten Ausgaben getroffen. Er ist keine Investition, sondern reine Konsumsubvention. (Außerdem schafft er imho Fehlanreize.)

    4) Ihrem letzten Absatz möchte ich noch mal gesondert zustimmen. Öffentliche Budgets sind immer ein so eng gezurrtes Korsett, da gibt es ganz wenig Spielraum für Gestaltung. Darum müssen bei den Freiräumen die Prioritäten klar genannt und diskutiert werden.

  • Hanni Hartmann 16. November 2023, 20:35

    Diese richterliche Entscheidung ist nichts Anderes als der Beweis und Beleg einer bankrotten Wirtschaft Politik, die man auch als Voodoo Wirtschaft bezeichnen kann. Nun sitzen die Ampel Mitglieder ( Ich vermeide per AmPartner) in der Zwickmühle. Eine sehr logische Konsequenz, den aufgeblähten Sozial Staat zurueck zu kappen; wird nicht kommen. Dazu haben unser Politiker nicht die notwendigen „Cojones..“

  • Hanni Hartmann 16. November 2023, 21:35

    Rat fuer Habeck: Die 60 Milliarden sind nicht weg; die sind nur nicht mehr da…

  • CitizenK 19. November 2023, 09:49

    „…. vernünftigen Lösungen im Weg stehen.“

    Diese Kritik müsste an Frau Grimm und (teilweise) an Herrn Hüther gehen. Ich war nur der Überbringer der Nachricht.

    • Stefan Pietsch 19. November 2023, 10:06

      Die stehen doch nicht im Weg. Die reichen die Hand, die Sie immer ausschlagen.

  • Hanni Hartmann 19. November 2023, 23:59

    @Stefab P; Seid wann musst Du die Aktionen und Entschlüsse von Stefan S begründen und entschuldigen??? Das hat der Stefan S doch wohl garnicht nötig. Sehr seltsam aber doch auch so „telling..“ Wenn man manchen Leuchtens auf die Füßchen tritt gibt es das grosse Gejammert. Umgekehrt sind die aber rabiat im selber Austeilen…Das beziehe Ich jetzt aber mehr auf die „Gross Wetter Lage im der Politik..“

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