Postpopulist*innen halten die Welt mit Gewalt gegen Jens Spahn als Bundestagsvizepräsident*innen zusammen – Vermischtes 31.10.2023

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Post-populist Populism

Überhaupt keine Frage. Dasselbe Phänomen sehen wir ja beispielsweise auch in den USA. Die Fäulnis, die durch die Machtübernahme von Rechtspopulisten entsteht, ist ja tief in den Strukturen. Einerseits durch das Personal, das die Leute in wichtige Positionen bekommen haben, und andererseits durch strategische Entscheidungen, etwa wo Mittel hinfließen, welche Abteilungen abgeschafft oder gestärkt werden, etc. Das Personal ist häufig genug für lange Zeiträume fest in der jeweiligen Position (man denke an Richter*innen in den USA oder die Beamt*innenstruktur in Deutschland) und hat selbstverständlich dieselben Arbeitnehmendenrechte wie alle anderen auch, weswegen es nur schwer wieder aus dem System zu bekommen ist.

Die Strukturen indessen sind aufwändig zu ändern, weswegen die Schwierigkeit einer Wiederherstellung liberal-demokratischer Verhältnisse umso schwieriger ist, je länger die Populisten an der Macht waren. Einem Staat wie Alabama oder Louisiana eine funktionsfähige Verwaltung zu geben ist wesentlich schwieriger als in Massachussetts. Die Zerstörung ungenehmer Regierungsfunktionen – etwa die Abschaffung von Gleichstellungsbehörden, nur um ein Beispiel zu nehmen – erfordert ungleich mehr und längere Wiederaufbauarbeit. Dysfunktionale Polizeibehörden sind schwieriger zu rekonstruieren als solche, die „nur“ eine Legislaturperiode andere Prioritäten zugewiesen bekamen, etc. Ironischerweise haben die „Defund the Police“-Radikalen das durchaus erkannt, wenngleich ihr Lösungsansatz ebenso kontraproduktiv wie illusorisch ist. Siehe auch Fundstück 5.

2) „American leadership is what holds the world together.“ Joe Biden October 2023 … just let that sink in.

Der Artikel thematisiert die Aussage von Joe Biden, dass die „amerikanische Führung die Welt zusammenhält“. Der Autor argumentiert, dass diese Vorstellung, die tief in der US-Politik verwurzelt ist, metaphysisch und selbsttäuschend sei. Er kritisiert die Idee, dass die Welt ohne amerikanische Führung auseinanderfallen würde, und betonen, dass Amerika selbst nicht in einem einheitlichen Zustand sei. Trotzdem wird anerkannt, dass die USA eine bedeutende Rolle in der Weltordnung spielen, insbesondere im Finanzsystem und durch militärische Ausgaben. Der Artikel hebt hervor, dass die Rhetorik von Biden und Blinken in erster Linie an Amerikaner gerichtet ist, insbesondere als Reaktion auf die Wahrnehmung von Trump als chaotische Kraft. Der Autor kritisiert auch die US-Blockade in den UN-Verhandlungen über den Klima-Verlust- und Schadensfonds, was darauf hinweist, dass die USA als Störenfried agieren, anstatt zur globalen Zusammenarbeit beizutragen. Der Artikel schließt mit der Frage, wie eine Welt funktionieren kann, in der die USA eine desorganisierende Rolle in bestimmten Bereichen spielen, während sie in anderen eine ordnende Funktion haben. (Adam Tooze, Chartbook)

Ich finde zwei Aspekte an diesem Artikel besonders bedenkenswert. Aspekt Nummer 1 ist, dass die meiste Außenpolitik von westlichen Staaten auf den innenpolitischen Konsum gerichtet ist, was glaube ich auch Branko Milanovics vernichtendes Urteil erklärt. Ich glaube nicht, dass das jemals im Grundsatz anders war, aber zumindest gefühlt ist das schlimmer geworden. Solche Rückkopplungen zwischen Innen- und Außenpolitik bestimmen ja auch viel von der Dynamik des aktuellen Gazakriegs. In demokratischen Gemeinwesen scheint mir da kaum ein Weg drumherum zu führen, und Diktaturen müssen zwar vielleicht nicht mit einer pluralen Öffentlichkeit, aber dafür mit den Argusaugen ihrer jeweiligen Nomenklatura rechnen. Von diesen Erwägungen ist niemand frei.

Der zweite Aspekt ist die Rolle als „spoiler„, die Tooze den USA gerade in Klimafragen zuschreibt. Seine Logik bezüglich der verschiedenen Machtblöcke finde ich überzeugend, vor allem, dass ein „neuer Kalter Krieg“ in Klimafragen unter diesen Umständen die zweitbeste und vermutlich erreichbarste Lösung wäre. Wenn wir eine Art Wettkampf von Systemen darum hätten, wer am effektivsten das Klima schützt, wäre das mit Sicherheit ein Pluspunkt.

3) The Republican Party’s Culture of Violence

Die republikanische Konkurrenz um den Sprecher des Repräsentantenhauses hat eine neue Phase erreicht, nachdem der Abgeordnete Jim Jordan aus Ohio aus dem Rennen ausgeschieden ist. Neun Männer haben sich zur Wahl gestellt; der Abgeordnete Tom Emmer aus Minnesota ist derzeit der scheinbare Favorit. Von den neun haben sieben für die Anfechtung der Präsidentschaftswahl 2020 gestimmt. Bevor dieses Rennen in die Analyse übergeht, sollten die erstaunlichen Geschichten über die Bedrohungen gegen republikanische Gesetzgeber während Jordans kurzer Kandidatur überprüft werden. Trotz Jordan’s Ablehnung solcher Taktiken geben einige seiner Kollegen ihm die Schuld. Die Drohungen während Jordans Kandidatur bestätigen, dass Trumps MAGA-Loyalisten eine gewalttätige Bewegung bilden, die keine demokratische Auseinandersetzung verlieren will, selbst nicht gegen Mitglieder der eigenen Partei. Einige dieser Drohungen können als Ergebnis der Technologie abgetan werden, aber in der Ära Trump sind Drohungen zu einem alltäglichen Bestandteil der amerikanischen Parteipolitik geworden. Trump und seine Anhänger haben diese Verhaltensweisen nicht nur modelliert, sondern auch gerechtfertigt. Es ist besorgniserregend, dass eine bedeutende politische Partei von Paranoia und Gewalt erfasst wurde. Republikanische Gesetzgeber, die während Jordans Kandidatur Bedrohungen erhielten, zeigen sich besorgt, aber es bleibt unklar, wie sie darauf reagieren werden. Es könnte sein, dass die Verhaftungen und Verurteilungen für den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar ihre Wirkung zeigen und solche Täter zur Rechenschaft gezogen werden. (Tom Nichols, The Atlantic)

Ich will mich gar nicht groß damit aufhalten zuzustimmen, dass politische Gewalt für die GOP mittlerweile weithin akzeptabel ist, sofern sie sich nicht gegen ihre eigenen Leute richtet. Vielmehr scheint mir auffällig, dass diese Kultur politischer Gewalt in den USA tief verankert ist. Mir war das bis zur Lektüre von „The Field of Blood“ (hier kurz angerissen) auch nicht klar. Aktive Gewalt gehört quasi zur politischen DNA der Amerikaner. Das begann bereits beim Terror gegen Gegner der Unabhängigkeit in den 1770er Jahren, es zog sich über die im verlinkten Buch beschriebene Gewalt der Democrats gegen die Whigs im Kongress im 19. Jahrhundert, ging zum Terror des KKK während der Reconstruction, dann zu den Lynchings in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts über. Kein demokratisches Land verzeichnet so viele Attentatsversuche auf hochrangige Politiker*innen wie die USA. Diese Gewalt ebbt auf und ab, und gerade scheinen wir wieder in einem Aufschwung zu sein.

4) Spahn für „Gewalt“ bei irregulärer Migration

Der CDU-Politiker Jens Spahn hat Bundeskanzler Olaf Scholz‘ Äußerungen zur Migrationspolitik kritisiert und betont, dass der Schlüssel nicht nur in der Rückführung, sondern vor allem in der Begrenzung irregulärer Migration liege. Spahn sprach sich sogar dafür aus, „irreguläre Migrationsbewegungen“ notfalls „mit physischer Gewalt“ zu stoppen. Diese Aussagen erfolgten als Reaktion auf Scholz‘ jüngste Erklärungen, in denen er betonte, dass Personen ohne Bleibeperspektive „mehr und schneller abgeschoben“ werden müssten. Spahn hob hervor, dass die zentrale Komponente einer Migrationsstrategie die Begrenzung illegaler Migration an den EU-Außengrenzen sein müsse. Die Bundespolizei hat bereits mit stationären Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen begonnen, um Schleuserkriminalität und irreguläre Migration einzudämmen. (ZDF)

Dieser Komplex ist ein hervorragendes Beispiel für das, was ich die Sackgasse in der Migrationspolitik nannte. Denn ja klar, Europas Grenzen werden dichtgemacht werden. Da bin ich völlig bei Spahn und Konsorten. Das Thema scheint mir auch weitgehend durch zu sein. Allein, was Spahn hier proklamiert, oder was Scholz‘ Spiegel-Titel von wegen „Wir müssen endlich in großem Stil abschieben“ getan hat, ist ein Überbietungswettbewerb in harter Rhetorik, den nur AfD gewinnen kann. Denn alle demokratischen Parteien haben das Problem, dass diese markigen Sprüche keine Entsprechung in der Realität finden können. Wenn wir nämlich in der Lage wären, Leute mit rechtmäßigem von Leuten mit unrechtmäßigem Asylanspruch direkt an der Grenze zu unterscheiden, so dass wir wie von Spahn gefordert gegen Letztere Gewalt anwenden könnten…dann müssten wir keine Gewalt anwenden, weil wir dann ziemlich leicht Aufnahmeprozesse einrichten könnten, die ersteren Zutritt gewähren. Das Problem ist ja gerade, dass wir das NICHT können, weswegen Spahns Forderung entweder hohle Rhetorik ist (das bessere Szenario) oder ein Aufruf zur Missachtung der Menschenrechte (leider auch möglich).

Dasselbe gilt für die nun beliebten Forderungen, diese Abschiebe- und Gewaltfantasien mit Sanktionen gegen antisemitische Haltungen zu verknüpfen. Die rechtliche Lage ist kompliziert, und entweder man schafft den Rechtsstaat auf diesem Gebiet einfach ab (kein unrealistisches Szenario angesichts der aktuellen politischen Diskurse) oder man rennt immer in das Problem, dass die markige Rhetorik, ich sage es noch einmal, keine Entsprechung in der Realität finden kann. Wie das Andreas Bernard in der Süddeutschen ausdrückt: „Eine neue Empathielosigkeit in Flüchtlingsfragen scheint zur rhetorischen Trophäe zu werden, die der weitverbreiteten Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern der Hamas, in Neukölln und anderswo, letztlich in nichts nachsteht.“ Der Handlungsdruck der Politiker*innen schlägt sich angesichts der weitgehend festgefahrenen politischen Situation in rhetorischen Volten nieder, gepaart mit einem vulgären Verständnis der jüngeren Migrationsgeschichte, wie dieses Interview mit Patrice Poutros schön darlegt. Auf die Art macht man alles schlimmer, ohne dass irgendwo Besserung eintritt.

5) Mein rechter, rechter Platz ist frei

Im Bundestag spielt sich regelmäßig ein kaum beachtetes Ritual ab, bei dem die Parteien über die Besetzung des Präsidiums entscheiden. Die AfD wird dabei systematisch von den anderen Fraktionen ausgeschlossen, auch wenn sie regelmäßig Kandidaten nominiert. Der Artikel stellt die Frage, ob es undemokratisch ist, einer demokratisch gewählten Partei das Recht auf einen Vizepräsidenten zu verweigern. Der Politiker Martin Renner von der AfD wird als aktueller Kandidat vorgestellt, und es wird darauf hingewiesen, dass die Partei vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird. Die Abgeordneten anderer Parteien äußern Bedenken und betonen, dass sie keine Vertreter rechtsextremer Positionen im Präsidium haben wollen. Der Artikel endet mit der Feststellung, dass die Macht eines Bundestagsvizepräsidenten begrenzt ist und dass die Demokratie aushalten muss, auch wenn eine solche Position von der AfD besetzt wird. (Mark Schieritz, ZEIT)

Ich tue mich mit dieser Frage sehr schwer. Es erinnert mich an die Debatte, wie wichtig die Besetzung eines Landratspostens durch die AfD in Thüringen ist. Klar, genauso wie der Bundestagsvizepräsident hat ein Landrat erstmal vergleichsweise wenig Gestaltungsmacht. Aber es gilt, was ich in Fundstück 1 besprochen habe: die Fäulnis setzt sich über lange Zeit fest. In diesem Falle stehen zwei schlechte Ergebnisse gegeneinander: einerseits der Bruch demokratischer Gepflogenheiten, dass jede Partei einen Bundestagsvizepräsidenten bekommt. Andererseits aber kann man keine Demokrateifeinde an entscheidende Schaltstellen der Demokratie lassen, selbst wenn sie (scheinbar) nur weitgehend symbolische oder verwaltende Funktion haben. Systemzerstörer nutzen systemische Mittel systemfremd, und diejenigen, die sich systemkonform verhalten, können sich diese Anwendungen oft nicht vorstellen und werden dann eiskalt überrascht. Zudem gibt es hier einen Präzedenzfall: der LINKEn wurde seinerzeit die Wahl Biskys auch vorenthalten; erst, als sie mit Petra Pau eine Kandidatin ohne Stasi-Vergangenheit aufstellte. Niemand hält die AfD davon ab, zweifelsfrei demokratische Kandidat*innen vorzuschlagen. Dass sie das nicht tut oder sich dessen unfähig zeigt, lässt tief blicken.

Resterampe

a) Ich weiß nicht, wie mich diese „cui bono“-Erklärungen für den Aufstieg der Rechten in den Talkshows überzeugen. Die Dinger leben von Quote, und diese Leute bringen Quote. So generieren die Talkshows Relevanz, und Relevanz ist der einzige Grund, warum es sie in dieser Form gibt.

b) Über die Nabka sprechen.

c) Yep.

d) Welt Top: Stellung gegen Antisemitismus beziehen. Welt Flop: Das Ganze mit Hetze gegen nicht genehme Intellektuelle kombinieren.

e) Retrospektive auf die hessische LINKE.

f) Ich teile die Stoßrichtung, aber ich bin immer superskeptisch bei Rufen nach Strafverschärfung.

g) Wie man Terror entschuldigt.

h) Ein weiterer Artikel zum Thema Antisemitismus.

i) Zwei Wege, wie man mit der Rettung eines Luftfahrtunternehmens umgehen kann.

j) FFF hat so fertig. Scheißladen.

k) Was bedeutet Social Media 2023 für Jugendliche?

l) Sehr, sehr lesenswerter Essay zum Nahostkonflikt in der ZEIT.

m) Großartiger Artikel über die linke Sprachlosigkeit gegenüber Israel.

n) Nicht nur die Letzte Generation, auch FFF beweist in Deutschland wesentlich mehr Haltung und Integrität als in anderen Ländern.

o) Faszinierende Analyse, ob die israelische Strategie der Abschreckung erfolgreich ist. Siehe dazu auch dies.

p) In der Zwischenzeit fällt Merz nichts Besseres ein, als für jedes Problem Migration verantwortlich zu machen. Was für eine armselige Pfeife.

q) Auch Toyota steigt aus Wasserstoff aus. Das Thema ist zumindest für Privat-PkW durch. Und für Privatheizungen auch, by the way.

r) Die Rufe nach einer Kriminalisierung propalästinensischer (oder Pro-Hamas-) Äußerungen gerade sind auch etwas verstörend.

s) Interessanter Hintergrundartikel zum Verhältnis von Indien und Israel.

t) Richtig und falsch zugleich.

u) The Decolonization Narrative Is Dangerous and False.

{ 86 comments… add one }
  • Kning4711 31. Oktober 2023, 09:38

    zu 4
    Was mich unendlich an diesen Aussagen aufregt ist, dass es lediglich Scheinlösungen sind, weil die Politik sich scheut den Menschen die Wahrheit ins Gesicht zu sagen.

    Deutschland ist gebunden durch internationale Übereinkommen und Grundgesetz bestimmte Spielregeln beim Thema Asyl zu beachten. Statt also immer wieder die „Abschiebesau“ (sorry für den Ausdruck) durch das Dorf zu treiben, die am Ende (so die Zahl des BMI), gerade mal 600 zusätzliche Abschiebungen ermöglichen würde, oder vermehrten physischen Gewalteinsatz zu fabulieren (wo ich mich bis heute Frage, wie das auf hoher See aussehen soll – soll Frontex das Recht haben Menschen ersaufen zu lassen?), müssten wir doch den Elefanten im Raum ansprechen:
    – gibt es in Deutschland eine politische Mehrheit GG Artikel 16a grundlegend enger zu fassen
    – gibt es in Deutschland eine politische Mehrheit die UN-Flüchtlingskonvention aufzukündigen
    Ich wünsche mir diese Debatte, damit das Land mal endlich seine Haltung zu diesen Fragen klar formuliert. Auf der Basis kann dann auch Rechtssicherheit für alle Beteiligten geschaffen werden.

    • Ariane 31. Oktober 2023, 12:25

      Ich wünsche mir diese Debatte, damit das Land mal endlich seine Haltung zu diesen Fragen klar formuliert

      Ich glaube, was wir jetzt sehen, ist schon diese „Debatte“ und ich sehe keine Möglichkeit, dass das irgendwie anders ablaufen könnte. Da hat Stefan ja recht, alle überbieten sich mit möglichst grausamer, brachialer Rhetorik, dann gibts irgendeine Gesetzesverschärfung. Irgendwann fällt auf, dass das nur 5.000 Leute betrifft (und vermutlich eher die albanische Altenpflegerin statt einen arabischen Arbeitslosen auf ner Palästina-Demo) und das ganze beginnt von vorn.

      • Kning4711 31. Oktober 2023, 17:27

        Aber genau aus der Spirale müssen wir doch raus. Es steigt doch nur die Verdrossenheit der Bürger mit der Politik, wenn sich die markigen VErsprechungen als Luftschloß entpuppen, bzw. fördert nur weiter die rechten Ränder.

        Ich denke die Politik muss den Bürgern zumuten, dass die diese Frage eben nicht mit markigen Sprüchen zu lösen ist. Man kann ja DInge tun, aber eben im EInklang mit nationalen und internationalen Recht.

        • Ariane 1. November 2023, 06:34

          Klar, aber da bin ich desillusioniert, ich glaube in der jetzigen Atmosphäre ist das nicht möglich.
          Außerdem ist das ein „only Nixon could go to China“-Ding, mit der CDU in der Opposition erst recht nicht.
          Kann man vielleicht auch unter „Merkels Versäumnisse“ abheften, rund um 2015 hätte es vielleicht ein Fenster dafür gegeben, aber das ist mW komplett ohne Gesetzesänderungen abgelaufen.

    • Stefan Pietsch 31. Oktober 2023, 12:38

      Deutschland ist gebunden durch internationale Übereinkommen und Grundgesetz bestimmte Spielregeln beim Thema Asyl zu beachten.

      Warum ist Deutschland da „liberaler“ als andere EU-Staaten? Und warum tun wir nichts, dass dem Individualrecht auf Asyl Vorrang eingeräumt wird? Warum verteidigt die politische Linke den pauschalen Asylanspruch für jedermann:frau?

      • Kning4711 31. Oktober 2023, 17:24

        Könnte an der Konstruktion und Inhalte unserer Gesetze liegen. Wenn man möchte, dass die Behörden und staatlichen Institutionen funktionieren, muss man diese entsprechend auch rechtlich so konfigurieren, dass diese handeln können.
        Wie gesagt, aktuell ist das Asylrecht eher pauschal – lasst es uns anpassen, sofern es die politischen Mehrheiten dafür gibt.

        Das Problem der Wirtschaftsflüchtlinge wird das nicht lösen – die werden weiter kommen. Mir ist völlig rätselhaft, wie der Strom dieser Flüchtlinge unterbrochen werden kann, ohne das Deutschland / die EU völkerrechtliche Verträge wie z.B. das Internationale Übereinkommen
        über die Hohe See verletzt. Die Verletzung zieht ja wieder Rechtsfolgen nach sich, an die der Bund gebunden ist.

        • Thorsten Haupts 31. Oktober 2023, 18:54

          Nur als Hinweis, da ich diese Debatte seit Jahren führe – das deutsche Asyl- und Flüchtlingsrecht wird längst durch Europäisches Recht überschrieben. Das müssten wir kündigen. Und diese Debatte will niemand führen, deshalb stecken wir bei diesem Thema in einem selbstverstaerkendemTeufelskreis.

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • cimourdain 2. November 2023, 17:13

            Das ist etwas komplizierter: Die EU ist – anders als alle Einzelstaaten – der EMRK nicht beigetreten, deshalb ist der EGMR für EU-Organe wie Frontex nicht zuständig sondern der EuGH.

        • Stefan Pietsch 31. Oktober 2023, 20:16

          Das Grundgesetz gibt politisch Verfolgten einen individuellen Anspruch auf Asyl. Das ist eine Besonderheit bei den Grundrechten. Es gibt keinen individuellen Anspruch auf Eigentum oder Religionsfreiheit. Wäre das wie beim Anspruch auf Asyl geregelt, müssten in jedem Einzelfall (also im Zweifel bei 84 Millionen Bürgern) der jeweilige Anspruch geprüft werden.

          Dies sollte dem überzeugtesten Linksliberalen klar machen, dass der frühere Artikel 16 niemals für hunderttausende oder gar Millionen Zuwanderer gedacht war. Die Väter des Grundgesetzes hatten wenige Anspruchsberechtigte im Kopf, nicht das was heute passiert. Es gibt schon seit langem keinen individuellen Anspruch auf Asyl mehr. Er ist durch eine pauschale Praxis abgelöst worden.

          Sie erwähnen einen wichtigen Punkt: Europa hat sich durch zusätzliche Normen – die Mitgliedsstaaten haben die Kontrolle über die Migration an die Brüsseler EU-Behörde ausgelagert – und eine, die Genfer Konvention sehr weit auslegende Rechtsprechung des EUGH selbst gefesselt. Aber das ist änderbar und manipulierbar, ohne Verträge kündigen zu müssen.

          Sie sehen doch längst, wohin der Zug fährt. Wer es über die Landesgrenze schafft, kann Asyl beantragen. Aber nirgends steht, dass jedermann auf der Welt Anspruch auf Asyl in der EU hat. Wir werden die Millionen Flüchtlinge immer weiter weg von den europäischen Grenzen halten müssen. Und dafür werden zukünftig auch Transitländer zu sicheren Herkunftsstaaten (Ruanda-Lösung).

          Sie sorgen sich um die Verfasstheit der Republik. Die letzten Jahre und die Ereignisse der letzten Wochen müssten eigentlich jedem gezeigt haben, dass, wenn wir so weitermachen wie bisher, weder Deutschland noch die EU Gesellschaften sein werden, wo wir mit unserem tradierten Verständnis von Offenheit und Rechtstaatlichkeit noch leben wollen.

          In der Pandemie hat sich die überwältigende Mehrheit entschieden, lieber Grundrechte einzuschränken und ihre Ausübung zu verhindern als Menschenleben zu gefährden. Die gleichen Leute und Kommentatoren hier sehen dagegen keine Möglichkeit, im Angesicht einer völligen Umwälzung und Gewaltausbrüche und Tabubrüche ein einzelnes Grundrecht einzuschränken oder gar auszusetzen, das nicht einmal für die Bürger dieses Landes gilt.

          Das ist nicht nachvollziehbar.

          • cimourdain 2. November 2023, 17:10

            Da haben Sie sich leider gerade gewaltig verrannt:
            Selbstverständlich sind die Grundrechte ( sowohl Menschenrechte als auch Bürgerrechte) Individualrechte. Sie sind als Einzelperson Träger des Rechts und können es im Konfliktfall einklagen.
            Was das Asylrecht da etwas herausstechen lässt, ist, dass es an eine sehr spezifische Voraussetzung geknüpft ist, die schwerer zu überprüfen ist als bei anderen Rechten.

            Und historisch ist es zum einen eine direkte Umsetzung internationalen Rechts (UN-Menschenrechtskonvention) und zum anderen nahm es – wenn man die Umstände der frühen Nachkriegszeit betrachtet – durchaus auch „anerkennenswerte“ politische Flüchtlinge in hoher Zahl in Kauf, nämlich aus den kommunistischen Diktaturen. Der eiserne Vorhang war damals noch ziemlich durchlässig, allein 14 Millionen ‚Reichsdeutsche‘ sind in die Deutschlands gekommen.

            • Thorsten Haupts 2. November 2023, 19:06

              Wow, der deutsche Rechtsnachfolgestaat des Deutschen Reiches nahm also die Staatsbürger des deutschen Reiches auf, die andere nicht haben wollten. Wo genau ist da der Bezug zur Migrationsdebatte und zum Asylrecht?

              • cimourdain 3. November 2023, 08:30

                Ich weiss dank Familiengeschichte ganz genau, dass als Vertriebene auch die „Volksdeutschen“ galten, die von außerhalb des Reichsgebiets vom 31.12.1937 kamen.

                • Thorsten Haupts 3. November 2023, 09:14

                  Yup, nur waren das a) keine 14 Millionen und b) galten damals halt alle als Deutsche, die deutsche Vorfahren nachweisen konnten. Aus Sicht der damaligen Bevölkerung und Regierung keine Migranten.

                  Die heutige Definition von „Deutscher“ = „hat einen deutschen Pass“ ist ziemlich neuen Datums (afair 1999) und hat sich bis heute noch lange nicht vollständig durchgesetzt.

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:04

      So geht das mir auch

    • Erwin Gabriel 31. Oktober 2023, 18:40

      @ Kning4711 31. Oktober 2023, 09:38

      zu 4

      Deutschland ist gebunden, durch internationale Übereinkommen und Grundgesetz bestimmte Spielregeln beim Thema Asyl zu beachten.

      Nach diesen internationalen Übereinkommen hätten wir überhaupt keinen Flüchtling aufzunehmen. Das „Recht auf Asyl“ wird zur Farce, wenn wir durch befolgen einiger Regeln und durch Nichtbefolgen anderer Regeln in die Situation kommen, ganze Völkerscharen aufnehmen zu müssen.

      Wenn es Länder gibt, in die nicht abgeschoben werden darf, ist deren gesamte Bevölkerung aufenthalts- und versorgungsberechtigt. Wenn es Länder gibt, die die Rücknahme irregulärer Asylbewerber ablehnen, hat deen komplette Bevölkerung Anspruch auf Vorsorge usw.

      Das steht nicht im Grundgesetz, das steht nicht in den internationalen Vereinbarungen, aber ist das Ergebnis der „Spielregeln“ aus gesetzlichen Vorgaben, Fakten, und des nicht angreifbaren Verhaltens anderer Staaten.

      Da können wir debattieren, wie wir wollen. Wir haben uns seit 2015 mit den „open borders“ so festgefahren, dass wir keinen eigenen Spielraum mehr haben. Wir können nur noch zuschauen.

      • Thorsten Haupts 2. November 2023, 12:56

        Wir können nur noch zuschauen.

        Das denke ich eher nicht. Wenn das doch der dauerhafte Mindset der staatstragenden Politik in Deutschland sein sollte, wird das über die Wahlurne geklärt. Häufig genug müssen Leute einmal vor die Wand gelaufen sein, bevor sie zugeben, dass da eine Wand ist.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Erwin Gabriel 4. November 2023, 17:38

          @ Thorsten Haupts 2. November 2023, 12:56

          Wenn das doch der dauerhafte Mindset der staatstragenden Politik in Deutschland sein sollte, wird das über die Wahlurne geklärt.

          Das würde nach aktuellem Mindset bedeuten, dass die AfD in der Regierung landet. Das kann ich mir für die nächsten zwei Wahlperioden noch nicht vorstellen.

          Und meiner Einschätzung nach hat Europa zwar ein großes Interesse daran, unerwünschte Migration zu unterbinden, aber überhaupt kein Problem damit, diejenigen, die durchkommen, weiter nach Deutschland durchzuwinken.

          • Thorsten Haupts 5. November 2023, 12:39

            Das kann ich mir für die nächsten zwei Wahlperioden noch nicht vorstellen.

            Werden wir sehen. Wenn die Politik fortfährt, mit – bestenfalls – starken Sprüchen und praktisch keiner Action zu versuchen, das Thema unter den Teppich zu kehren, könnte sich diese Vorhersage als falsch erweisen.

          • Stefan Sasse 5. November 2023, 13:36

            Wer ist denn „Europa“? Das betrifft die Länder an der Peripherie, die aktuell am meisten unter dem Problem leiden.

  • Kning4711 31. Oktober 2023, 10:08

    zu f)
    Unabhängig von strafrechtlichen Beurteilung finde ich das mindeste, dass ein Mensch, der grob fahrlässig (nichts anderes ist das überfahren einer roten Ampel) einen anderen Menschen im Straßenverkehr zu Tode gebracht hat,, seine Fahrerlaubnis für einen langen Zeitraum verlieren sollte.

    • Erwin Gabriel 1. November 2023, 22:59

      Kning4711 31. Oktober 2023, 10:08
      @ Kning4711 31. Oktober 2023, 10:08

      zu f)
      Unabhängig von strafrechtlichen Beurteilung finde ich das mindeste, dass ein Mensch, der grob fahrlässig (nichts anderes ist das überfahren einer roten Ampel) einen anderen Menschen im Straßenverkehr zu Tode gebracht hat,, seine Fahrerlaubnis für einen langen Zeitraum verlieren sollte.

      Ich verstehe das auch nicht. Natürlich gibt es mal bei jedem einen Moment der Achtsamkeit. Aber Unfälle mit Alkohol am Steuer oder Rasen in der Stadt würde ich als Vorsatz ahnden und in Richtung Höchststrafe argumentieren.

      Wer mit dem Auto unterwegs ist, muss keinen Alkohol trinken; wer dennoch trinkt, handelt vorsätzlich. Wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit deutlich überschreitet oder sich bewusst krass über verkehrsregeln hinwegsetzt, tut das mit Vorsatz.

    • cimourdain 2. November 2023, 17:29

      Gedanklich würde ich da zwingend zwei Dinge trennen:
      Zum einen ist da der Strafaspekt, der strafrechtlich geregelt ist.
      Unabhängig davon ist der Führerschein Zeugnis dessen, dass jemand in der Lage ist, ein Auto zu benutzen, ohne dass davon eine unverhältnismäßige Gefahr für andere ausgeht. Die von Ihnen beschriebene Situation ist da zwar ein Indiz, aber ob es ausreicht, sollte immer noch im Einzelfall geprüft werden.

  • Stefan Pietsch 31. Oktober 2023, 12:13

    1) Post-populist Populism

    Ein Artikel, bei dem ich den Kopf wäge, bis dann…

    Die Zerstörung ungenehmer Regierungsfunktionen – etwa die Abschaffung von Gleichstellungsbehörden, nur um ein Beispiel zu nehmen

    Gleichstellungsbehörden sind keine reguläre, klassische Regierungsfunktion. Sie gehören in den Bereich der Identity Policy, zumal ihr Nutzen – vorsichtig ausgedrückt – sehr strittig ist. Moderne Staaten kennen nur die Gleichberechtigung, nicht die Gleichstellung nach Geschlecht, Rasse, Alter usw. Genau solche Identity Policy, verlagert auf die Verfassungsordnung, zerstören Strukturen des modernen Rechtsstaates.

    4) Spahn für „Gewalt“ bei irregulärer Migration

    An der Stelle muss an eine Selbstverständlichkeit erinnert werden:
    Der Staat besitzt das Gewaltmonopol.

    Das bedeutet, allein der Staat ist zur Durchsetzung des Rechts berechtigt und auch verpflichtet, Gewalt einzusetzen. Dabei muss er immer die Verhältnismäßigkeit wahren.

    Und wieso schafft man den Rechtsstaat ab, wenn die Staatsbürgerschaft selektiv verliehen wird? Entschuldigung, das ist seit Jahrzehnten die Norm, nicht die Ausnahme.

    Wir haben in den letzten 10 Jahren den arabischen Antisemitismus importiert. Das ist eine schwere gesellschaftliche Schuld, die dieses Land auf sich geladen hat. Das Land, das 1933 die systematische Judenvernichtung zur Staatsräson erhoben hat, hat nun die Erzfeinde der Juden in millionenfacher Zahl ins Land geholt und ohne Bedingungen eine Heimat angeboten. Und da hofften zu viele Irregeleitete, das würde gesellschaftlichen Frieden bringen. Was für eine Torheit! Und ich möchte anfügen: Was für ein Verbrechen!

    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:12

      1) Ja, es ist immer eine Frage der eigenen Präferenzen.

      4) Du wirfst lauter Sachen zusammen, die nicht zusammengehören. Der Staat hat das Gewaltmonopol, aber er darf es nur in sehr eng umschränkten Rahmen einsetzen.

      • Stefan Pietsch 31. Oktober 2023, 20:34

        1) Du machst genau das, was Du den Rechten vorwirfst: Du erklärst Identity Policy, die nicht gesellschaftlich vereinbart ist, zu schützenswerten Institutionen. Die Gleichbehandlung vor dem Gesetz ist zu schützen, nicht die Gleichstellung. Nur das Erste ist Konsens.

        2) Der Staat hat das Gewaltmonopol, um jederzeit und überall das Recht durchzusetzen. Anders als der Bürger ist er dabei eben nicht auf die Notwehr beschränkt. Er darf alles unternehmen, um das Recht durchzusetzen, z.B. auch Ausländer am Grenzübertritt zu hindern, wenn sie der Zurückweisung nicht Folge leisten.

        • sol1 1. November 2023, 10:17

          „Er darf alles unternehmen, um das Recht durchzusetzen…“

          Darf er also Parksünder erschießen?

          • Stefan Pietsch 1. November 2023, 11:05

            Tja, darf er? Und wenn ja, warum? Und wenn nein, warum nicht?

            Es ist natürlich schwer, mit mir darüber zu debattieren, wenn Sie erklärtermaßen kein Interesse an einer Debatte mit mir haben. 😉

  • Stefan Pietsch 31. Oktober 2023, 12:23

    5) Mein rechter, rechter Platz ist frei

    Die LINKE hat de facto keinen Fraktionsstatus mehr, aber noch eine Vizepräsidentin. Das ist schwer zu rechtfertigen, denn Petra Pau erlangte das Amt wegen ihrer Fraktionszugehörigkeit. Sie hat sich fraglos Anerkennung erworben.

    Die LINKE wurde eine Legislaturperiode lang geschnitten. Bei der AfD läuft die Zweite. Wir zerstören den moralischen Kern unserer Regelwerke, wenn wir uns nicht selbst an die Regeln halten. Natürlich hat die AfD auch prinzipiell akzetable Kandidaten aufgestellt, aber auch diese wurden aus prinzipiellen Erwägungen abgelehnt. Man wird mit der nächsten Legislaturperiode zwangsläufig eine Änderung vornehmen müssen, wollen wir nicht unser System diskreditieren. Schwierig finde ich jedoch, dass man dann der AfD wieder einen symbolischen Sieg schenkt. Schlimmstenfalls erhält die rechtspolistische Partei mit einem 20 Prozentergebnis den Posten, der ihr als 10 Prozentfraktion vesagt blieb, während andere selbst in Miniaturformat im Präsidium vertreten waren. So kann man nämlich dann die Geschichte lesen.

    Lothar Bisky war eher ein Exempel, so wie man das auch bei AfD-Kandidaten exzerzierte. Denn Bisky hatte sich bei seiner Wahl durchaus fraktionsübergreifenden Respekt erworben.

    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:13

      Wie gesagt, ich schwanke da etwas hin und her…

      • Stefan Pietsch 31. Oktober 2023, 20:29

        Die Ironie ist ja, dass für die Grünen wie die PDS einstmals das alte Prinzip geändert und auf sie angepasst wurde. Im alten Grundgesetz war die Anzahl der Vizepräsidenten genau festgeschrieben. Der SPD als zweitstärkster Fraktion standen wie der CDU zwei Vizeposten zu. Mit dem Aufkommen der Grünen trat die sozialdemokratische Fraktion ihren Anspruch auf einen Posten an die Alternativen ab. Doch als die PDS in den Bundestag einzog, funktionierte das alte System des Zuschacherns nicht mehr.

        Also änderte man nach der Wiedervereinigung das Prinzip. Es wurde vereinbart, dass grundsätzlich jede Fraktion des Deutschen Bundestages im Präsidium vertreten sein sollte. Doch nun begeht man Foulspiel am neu gefundenen Prinzip und das heißt, man handelt gegen jeden Grundgedanken und damit gegen die Fairness. Entweder es gibt eine feste Anzahl an Posten. Oder jeder wird gleichbehandelt. Aber derzeit machen sich die Fraktionen zu Lasten der AfD ihre Grundsätze selbst. Da haben es die Rechtsradikalen leicht, das System zu diskreditieren.

        So abstoßend ich die AfD wie die Fraktion finde. Prinzipien, Regeln und Grundsätze sind wichtiger. Sie sind das Fundament jeden Zusammenlebens. Nicht die AfD zerstört das System. Das erledigen die Bürgerlichen schon selbst mit solchen antidemokratischen Winkelzügen.

        • Stefan Sasse 1. November 2023, 11:11

          Ja, das Argument verstehe ich völlig. Wie gesagt, ich finde es genauso überzeugend wie das Gegenargument. Das ist das Dilemma. Es gibt einfach keine gute Lösung 🙁

          • Stefan Pietsch 1. November 2023, 18:05

            Eine gute Lösung ist immer, sich an die eigenen Prinzipien und Werte zu halten. Sonst läuft man Gefahr, unglaubwürdig zu werden.

            • Erwin Gabriel 1. November 2023, 23:01

              @ Stefan Pietsch 1. November 2023, 18:05

              Eine gute Lösung ist immer, sich an die eigenen Prinzipien und Werte zu halten. Sonst läuft man Gefahr, unglaubwürdig zu werden.

              Zustimmung

    • sol1 1. November 2023, 18:47

      „…die rechtspolistische Partei…“

      Das sind nicht bloß Rechtspopulisten.

      Das sind Bestien wie Birgit Malsack-Winkemann, bis zu ihrer Enttarnung als Putschistin hochgeschätztes Parteimitglied:

      https://www.sueddeutsche.de/kultur/reichsbuerger-hochverrat-afd-1.6295118

      Oder Daniel Halemba, neugewählt im Bayerischen Landtag, der sich diesen Befehl von Heinrich Himmler an die Zimmerwand hängte:

      https://twitter.com/coolservativ/status/1719406944518115374

      • Stefan Pietsch 1. November 2023, 19:14

        Spätestens nach dem 7. Oktober 2023 verbietet sich dieser Ausdruck für zivilisierte Menschen in Mitteleuropa. Sie verlieren jedes Maß.

        • sol1 2. November 2023, 12:29

          „…für zivilisierte Menschen…“

          Das. Sind. Keine. Ziviliserten. Menschen.

          Das sind Nazis.

      • Erwin Gabriel 3. November 2023, 15:14

        @ sol1 1. November 2023, 18:47

        Das sind Bestien …

        Bin da ganz klar und eindeutig bei Stefan Pietsch: Die Hamas-Attentäter, die in Israel über 1.400 Menschen brutalst abschlachteten, mögen Bestien sein. Jemand wie Daniel Halemba, der sich für seine feuchten Träume komische Befehle an die Wand hängt (da gibt es deutlich Schlimmeres von Himmler als dieser „Befehl“), oder Birgit Malsack-Winkemann, die irgendwelchen Reichsbürger-Fantasien anhängt, sind es definitiv nicht.

        Dass Du so denkst, ist sehr bedenklich, und sollte zuallererst Dir schwer zu denken geben. Wenn bei solchen Sachen bereits die „Bestie“ beginnt, was ist dann mit Berliner oder Hamburger Steinewerfern zum 1. Mai, die sich nicht nur in albernen Allmachts-Phantasien ergehen, sondern gezielt Gewalt gegen andere Menschen ausüben und dabei billigend in Kauf nehmen, sie schwer zu verletzen oder gar zu töten?

        • sol1 3. November 2023, 20:35

          „…die irgendwelchen Reichsbürger-Fantasien anhängt…“

          Es gab ja konkrete Bestrebungen, diese Fantasien mit Waffengewalt umzusetzen.

          Was wäre passiert, wenn diese Bestrebungen Erfolg gehabt hätten? Ziemlich genau das gleiche wie das, was die Hamas-Terroristen angerichtet haben.

          Und natürlich weiß ein Halemba, welchen geschichtlichen Hintergrund der Himmlerbefehl hatte – den Beginn eines Krieges, dessen Hauptziel die Auslöschung der jüdischen „Rasse“ war. Auch hier kein Unterschied zur Hamas.

  • sol1 31. Oktober 2023, 12:31
  • sol1 31. Oktober 2023, 12:32
    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:14

      Ja, die sticht gerade sehr positiv aus einem echten Sumpf heraus.

  • Stefan Pietsch 31. Oktober 2023, 12:33

    a) Ich weiß nicht, wie mich diese „cui bono“-Erklärungen für den Aufstieg der Rechten in den Talkshows überzeugen.

    Furchtbar waren doch die Talks bei Illner und Will während der Pandemie, wo 6 „Diskutanten“ die gleiche Position vertraten und manche sich in Horrorszenarien ergeben und andere die Abschaffung des Rechts forderten (NoCovid), ohne dass das damals als anrüchig galt.

    i) Zwei Wege, wie man mit der Rettung eines Luftfahrtunternehmens umgehen kann.

    Die Lufthansa hat die 9 Milliarden Euro nebst Zinsen zurückgezahlt. Das war ein Geschäft auf Gegenseitigkeit ohne politische Verpflichtung.

    Vor zwei Jahrzehnten hebelte die Deutsche Post AG mithilfe der Postgewerkschaft und der Politik die politischen Wettbewerber mit einem nicht wettbewerbskonformen Mindestlohn für die Branche aus. Als die Wettbewerber verschwunden waren, gründete die Deutsche Post dann Subgesellschaften mit geringerer Entlohnung.

    m) Großartiger Artikel über die linke Sprachlosigkeit gegenüber Israel.

    Sic!

    p) In der Zwischenzeit fällt Merz nichts Besseres ein, als für jedes Problem Migration verantwortlich zu machen. Was für eine armselige Pfeife.

    Armselig. Diese Wortwahl. Einen demokratischen Politiker so zu entmenschlichen. Shame on You!

    q) Auch Toyota steigt aus Wasserstoff aus. Das Thema ist zumindest für Privat-PkW durch. Und für Privatheizungen auch, by the way.

    Sagt jemand, der im Staatsdienst keine Ahnung von Markt und Unternehmertum hat.

    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:15

      p) Ja, ich bin schon echt grausam.

      q) Ich arbeite in der Privatwirtschaft.

      • Erwin Gabriel 31. Oktober 2023, 18:46

        @ Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:15

        p) Ja, ich bin schon echt grausam.

        Nein, eher dumm naiv. Du hast die Neigung, bei der Begriffswahl gegenüber politisch Andersdenkenden immer wieder eine Schublade zu tief zu greifen (Beispiel „Hass“), ohne Dir weitere Gedanken zu machen.

        • destello 31. Oktober 2023, 20:01

          Ich finde auch, dass hier manchmal Ton oder Wortwahl unangemessen sind, aber was ist denn so schlimm an „armselig“?

        • Stefan Sasse 1. November 2023, 11:09

          Ich nenne Merz dann das nächste Mal einfach Pfeife gedankenlos. Seriously, „Pfeife“ ist ja wohl echt ein so harmloses Wort…

          • Erwin Gabriel 1. November 2023, 23:03

            @ Stefan Sasse 1. November 2023, 11:09

            Seriously, „Pfeife“ ist ja wohl echt ein so harmloses Wort …

            Möchest Du von mir „armselige Pfeife“ genannt werden, wenn Du Formulierungen benutzt, die mir nicht passen?

            • Stefan Sasse 2. November 2023, 08:49

              Nein, aber Friedrich Merz liest hier nicht mit. Es ist ein Unterschied, ob wir uns gegenseitig so nennen oder ob wir über solche Leute sprechen.

              • Erwin Gabriel 2. November 2023, 14:18

                @ Stefan Sasse 2. November 2023, 08:49

                Es ist ein Unterschied, ob wir uns gegenseitig so nennen oder ob wir über solche Leute sprechen.

                Warum? Meiner Meinung nach ist es entscheidend, wie ich denke, nicht, ob ich das auch so ausspreche.

                Wie gesagt, nur meine Meinung …

                • Stefan Sasse 2. November 2023, 14:31

                  Fair, aber da sind wir endgültig auseinander. Ich habe deinen Punkt mit dem „hassen“ übernommen, auch wenn ich seine umgangssprachliche Verwendung („ich hasse Austern“) nach wie vor unproblematisch finde. Aber viel harmloser als „Pfeife“ wird es echt nicht, sorry. Da finde ich die Unterstellungen und Seitenhiebe von Stefan wesentlich verletzender.

                  • Erwin Gabriel 3. November 2023, 15:17

                    @ Stefan Sasse 2. November 2023, 14:31

                    Der Ausdruck war „armselige Pfeife“, by the way, aber sei es drum. Sprache prägt. Sei also vorsichtig.

                    • Stefan Sasse 3. November 2023, 20:33

                      Bin ich. Deswegen habe ich einen total harmlosen Begriff gewählt.

      • Stefan Pietsch 31. Oktober 2023, 20:19

        p) Eine Pfeife ist kein Mensch. Was würdest Du sagen, wenn ich Baerbock als durchgeknallte F…. bezeichnen würde? Fändest Du nicht lustig. Und würde nicht zu mir passen. Zu Dir scheinen aber solche Ausdrücke zu passen.

        q) Was weiß ein Lehrer vom Markt, von Unternehmertum und zukünftigen Märkten wie Marktchancen? Rhetorische Frage.

        • sol1 1. November 2023, 10:16

          „[6] umgangssprachlich: Versager“

          https://de.wiktionary.org/wiki/Pfeife

          Es wäre ja auch witzlos, es „armeslige Pf****“ zu schrieben, weil das Wort, anders als das von dir zitierte, nicht dem vulgären Bereich entstammt.

          Dein absurdes *tone trolling* ist ein Musterbeispiel für Derailing.

        • sol1 1. November 2023, 10:20

          „Was weiß ein Lehrer vom Markt, von Unternehmertum und zukünftigen Märkten wie Marktchancen?“

          Genauso viel wie alle anderen Marktteilnehmer.

        • Stefan Sasse 1. November 2023, 11:10

          p) Ich weiß nicht was F… ist, je nachdem müsste ich es beurteilen.

          q) Was weißt du von Anstand und Diskussionsformen? Rhetorische Frage.

          • Stefan Pietsch 1. November 2023, 18:04

            p) Vulgärer Begriff für eine Frau. Ich glaube, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren, das wäre inakzeptabel. Du erlebst von Erwin, Thorsten oder mir nicht, dass wir solche herabsetzenden Begriffe verwenden. Du schon, der ja schon Probleme bekommt, wenn ich Frauen wahrheitsgetreu als Blondinen bezeichne.

            q) Du hast Dir ein finales Urteil über den Markt in 10, 20 Jahren angemaßt, wo Du Null Wissen einbringen kannst. Außer Deinem eigenen Glaubensbekenntnis.

            • sol1 1. November 2023, 18:39

              Was sind all deine Postings anderes als „finale Urteile“?

              • Stefan Sasse 2. November 2023, 08:48

                Objektive, rationale Analysen natürlich 😀 😀 😀

            • Stefan Sasse 2. November 2023, 08:48

              p) Pfeife ist halt nicht vulgär. Ich hab Merz ja keinen Sch…. genannt.

              q) True enough, aber das tust du ja auch dauernd.

        • Thorsten Haupts 2. November 2023, 10:51

          Jetzt ist aber gut 🙂 . Pfeife, Dumkopf oder Idiot ist auf einem völlig anderen Level als F*** und das wissen Sie auch. Ein wenig Polemik muss in einer lebhaften Diskussion möglich bleiben, sonst wird´s blutleer, aber die Grenze zur Obszönität (z.B. Bestie für jemanden, der sich nicht vorsätzlich einer schweren Gewalttat schuldig gemacht hat) sollten wir nicht überschreiten. Bitte nur da aufregen, wo´s angemessen ist.

          Gruss,
          Thorsten Haupts

  • sol1 31. Oktober 2023, 12:45

    5) „Wer gerade an der Reihe ist, erteilt den Abgeordneten das Wort oder unterbricht sie, wenn sie ihre Redezeit überziehen.“

    Vor allen Dingen aber können sie Ordnungsrufe erteilen – und das ist besonders deshalb relevant, weil deren Zahl durch den Einzug der AfD in den Bundestag rasant in die Höhe geschossen ist (zwei zwischen 2013 und 2017, 47 zwischen 2017 und 2021).

    Ein Beispiel für das Mißbrauchspotential aus einem Landesparlament:

    /// In seiner Funktion als Landtagsvizepräsident versuchte Galau, eine von der CDU beantragte Aktuelle Stunde zum rassistischen Anschlag in Hanau 2020 von der Tagesordnung des Brandenburger Landtages abzusetzen. Nach einem Eilantrag der CDU Brandenburg urteilte das Landesverfassungsgericht Brandenburg, Galau stehe ein „von ihm der Sache nach geltend gemachtes Prüfungsrecht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts nicht zu“, da er zur Neutralität verpflichtet sei.[5] ///

    https://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Galau

    • Ariane 31. Oktober 2023, 14:15

      Danke, hatte ich schon wieder ganz vergessen!
      Hab auch nochmal nachgeschlagen:
      (1) Der Bundestag wählt seinen Präsidenten, dessen Stellvertreter und die Schriftführer. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.
      (2) Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäude des Bundestages aus. Ohne seine Genehmigung darf in den Räumen des Bundestages keine Durchsuchung oder Beschlagnahme stattfinden.
      (aus dem GG)

      Die Vizes sind nicht weiter geregelt, aber wie in den Podcastkommentaren: Wir haben den Luxus, das Präsidium als „sowas wie Klassensprechergedöns“ abzutun, weil sich alle an die Regeln halten und die gesetzliche Macht nicht für gefährlichen Unsinn missbrauchen. Und weil das sehr lange sehr gut geklappt hat, wissen wir gar nicht, in welch eigentlich unbedeutenden Positionen man viel Schaden anrichten kann und wenn es soweit ist, ist es reichlich spät, noch gegenzusteuern.

      • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:18

        Ich find’s an der Stelle auch bemerkenswert, dass Kubicki als Vize einfach ein langeweiliger Regelumsetzer ist, während er sonst so poltert und polemisiert. Und ich zweifle, dass die AfD genauso demokratisch agierte.

        • Ariane 1. November 2023, 06:31

          So verwunderlich finde ich das gar nicht, Kubicki nervt zwar und ist so ein Polterclown, aber ich halte ihn nicht für jemanden, der aktiv die demokratische Ordnung sabotieren will.
          Und gerade wenn man die AfD mal mit anderen extrem rechten Parteien vergleicht, kann das da eben schon anders laufen. Es sind ja nicht nur die Ordnungsrufe, die Sol erwähnt hat, da gibts ja schon etliche „Trollaktionen“, die die AfD regelmäßig verursacht mit namentlichen Abstimmungen um 2, Hammelsprünge etc., die den normalen Ablauf des Parlaments stören. Also es gibt wenig Anzeichen dafür, dass die AfD überhaupt den Willen hat, sich irgendwie konstruktiv an normaler Parlamentsarbeit zu beteiligen. Und – auch mal ganz unabhängig von der politischen Ausrichtung – aber das sollte schon vorhanden sein, wenn man mehr als die verfassungsmäßigen Rechte will. „Die anderen dürfen auch“ ist da nun wirklich kein tragfähiges Argument.

          • Stefan Sasse 1. November 2023, 11:12

            Ich finde es aus den von dir genannten Gründen auch nicht verwunderlich, sondern eben bemerkenswert: bei aller Kritik an Kubicki würde ich ihn niemals mit dem Gesindel der AfD in einen Topf werfen.

    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:15

      Danke!

  • derwaechter 31. Oktober 2023, 13:02

    u) Die Kritik an der “ ideology of decolonization, taught in our universities as a theory of history and shouted in our streets as self-evidently righteous” erinnert stark an den Spiegel-Kommentar Gegen Postlolonialismus vom letzten vermischten, der dir nicht so gut gefallen hat, oder?

    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:16

      Ich hab das hier auch kommentarlos verlinkt. Ich lese mich da gerade effektiv ein.

  • Ariane 31. Oktober 2023, 13:07

    4) Ist ja auch problematisch am 24/7-Newscycle, dass irgendjemand irgendeine Gewalt fordern kann, ohne in die Verlegenheit zu kommen, das mal näher zu definieren.

    Wenn wir nämlich in der Lage wären, Leute mit rechtmäßigem von Leuten mit unrechtmäßigem Asylanspruch direkt an der Grenze zu unterscheiden
    Das ist ja nicht das einzige Problem, die ganze Debatte krankt daran, dass die Illusion entsteht, man könnte irgendwie zwischen guten und schlechten Ausländern unterscheiden, das Ausländerrecht funktioniert aber fundamental anders und befasst sich eigentlich mehr mit der individuellen Situation in den Herkunftsländern. (siehe auch den Text im Verfassungsblog, die Ausnahmen sind relativ neu und schwer umzusetzen)
    Deswegen rennen wir da immer in die Sackgasse, dass Abschiebeverschärfungen eher die albanische Krankenschwester (z.B. weil Albanien jetzt sicherer Herkunftsstaat) statt staatenlose Palästinenser betreffen (es braucht nämlich einen Aufnahmestaat und Palästina ist ja kein Staat).

    Wir bräuchten tatsächlich etwas, das sich mehr mit dem Verhalten in Deutschland beschäftigt und Bleibeperspektiven ohne Asylgrund (damit meine ich keine Duldung) verschaffen kann. Das würde das Problem nicht lösen, aber zumindest Fehlschlüsse verhindern und auch einen weiteren Anreiz bieten, sich zu integrieren. Aktuell scheint mir das aber nicht durchsetzbar.

    • Erwin Gabriel 1. November 2023, 23:10

      @ Ariane 31. Oktober 2023, 13:07

      4)
      Deswegen rennen wir da immer in die Sackgasse, dass Abschiebeverschärfungen eher die albanische Krankenschwester (z.B. weil Albanien jetzt sicherer Herkunftsstaat) statt staatenlose Palästinenser betreffen (es braucht nämlich einen Aufnahmestaat und Palästina ist ja kein Staat).

      Zustimmung

      Wir bräuchten tatsächlich etwas, das sich mehr mit dem Verhalten in Deutschland beschäftigt und Bleibeperspektiven ohne Asylgrund (damit meine ich keine Duldung) verschaffen kann. Das würde das Problem nicht lösen, aber zumindest Fehlschlüsse verhindern und auch einen weiteren Anreiz bieten, sich zu integrieren. Aktuell scheint mir das aber nicht durchsetzbar.

      Das finde ich mal bei allen Schwierigkeiten in der Umsetzung einen interessanten Gedanken.

      Was mich an der Situation so total nervt: Ich finde es eigentlich totel gut, dass Leuten Asyl gewährt wird. Aber inzwischen sind es so viele, die bereits da sind (und wie man an den gestrigen Krawallen in Harburg wieder sieht) und sich nicht so leicht integrieren lassen, dass wir schon jetzt überfordert sind und es nicht packen. Und es werden sich noch viel, viel mehr auf den Weg machen.

  • derwaechter 31. Oktober 2023, 13:15

    Ich spendiere selbstbewusst ein Populist*innen, Gegner*innen, Konsort*innen, Systemzerstörer*innen, Rechtspopulisten*innen, Amerikaner*innen und Demokratiefeind*innen

    Auch „der/die Bundestagsvizepräsident*in“, „ein*e Landrä*tin “ und „eine/einen Bundestagsvizepräsident*in“ sowie die „Besetzung eines Landrät*innenpostens“ sollte nicht fehlen. Bei diesen bin ich mir bei der Schreibweise allerdings sehr unsicher.

    Warum bleiben eigentlich die Zusammenfassungen ungegendert? Das sind ja keine Zitate.

    • Ariane 31. Oktober 2023, 13:27

      Liegt vermutlich daran, dass das viele Gendern Stefan eine Sehnenentzündung beschert hat, das Sternchen liegt für 10-Finger-Tipper aber auch doof, und er jetzt mehr diktiert^^
      (weiterhin gute Besserung!)

      • derwaechter 31. Oktober 2023, 16:43

        „viel“ kann man diskutieren.

      • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:17

        Danke! (und ja, der Stern ist beim Diktieren echt…ein Thema)

      • cimourdain 2. November 2023, 17:17

        Immer diese patriarchalisch geprägten Tastaturen, die von Anfang an dazu gedacht waren, Frauen beim Schreiben auszubremsen. ;-P

    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:16

      Weil ich es gerne im Prompt vergesse.

      • derwaechter 31. Oktober 2023, 19:03

        Wenn das so ist hast du in ungefähr 50% der Fälle (geschätzt, nicht noch mal gezählt) aus Versehen nicht gegendert. Dann kannst du es auch echt ganz lassen.

        • Stefan Sasse 1. November 2023, 11:10

          Wie gesagt, die Zusammenfassungen gendern nicht. Ich muss da mehr drauf achten.

  • Ariane 31. Oktober 2023, 13:32

    5) BT-Vizepräsident

    Der Artikel endet mit der Feststellung, dass die Macht eines Bundestagsvizepräsidenten begrenzt ist und dass die Demokratie aushalten muss, auch wenn eine solche Position von der AfD besetzt wird.
    Ich hab nach unserem Podcast auch noch länger drüber nachgegrübelt (ohne rechtes Ergebnis). Man kann ja immer argumentieren, dass dieser oder jene Posten nicht so wichtig ist und die Demokratie das schon aushalten wird, aber die Grenze kennt man eben nicht.

    Und dass wir den Bundestagsvizepräsidenten nicht so wichtig finden, liegt vielleicht auch daran, dass der Posten sehr stark in die Normen eingebunden ist und nicht für Unsinn missbraucht wird. Und das Bundestagspräsidium ist jetzt echt kein Hundefängerposten.
    Insofern bin ich eigentlich schon der Meinung, dass es vernünftig wäre, nur Abgeordnete in demokratische Normen (sprich nicht verfassungsmäßige Rechte) einzubinden, wenn die sich in diese Normen auch einfügen.

    Das ist von außen allerdings schwer zu beurteilen, man weiß ja auch nicht genau, wie es in den Ausschüssen läuft, die theoretisch ähnliche Probleme haben. Insofern arbeite ich mal gegen die Vertrauenskrise an und sage, die Abgeordneten wissen schon, was sie tun^^

    • Stefan Sasse 31. Oktober 2023, 18:17

      Das ist genau mein Punkt. Der Posten ist solange nicht wichtig, bis er es plötzlich ist.

  • Ariane 31. Oktober 2023, 14:02

    f) Ich teile die Stoßrichtung, aber ich bin immer superskeptisch bei Rufen nach Strafverschärfung.

    Ähnlich wie Kning denke ich auch, dass das Problem weniger das Strafrecht als das Straßenverkehrsgesetz ist. Und es scheint mir schon erkärungsbedürftig, wenn die Bewährungsstrafe länger als der Führerscheinentzug ist. Gerne mehr als „ist halt so“, da scheint es schon beträchtliche Lücken zu geben, ist ja auch nicht der einzige Fall.

    h) Ein weiterer Artikel zum Thema Antisemitismus. (und weitere)
    Ich mag die Artikel von Hannes Stein 🙂 Und ich denke, es wird auch gerade sehr deutlich, dass das Problem des Antisemitismus im linken Intellektuellenmilieu (um das mal grob zusammenzufassen) international noch sehr viel krasser ist.

    Ich fand auch diesen Artikel in der Zeit über die internationale Kunstszene (über die ich ehrlich gesagt null Plan hab) sehr gut:
    https://www.zeit.de/kultur/2023-10/kuenstler-krieg-nahost-offene-briefe-artists-4-ceasefire-artists-for-palestine-uk-artforum
    Viele von ihnen performen gerade, und das ist das Bedeutsame an der ganzen Sache, ihre anscheinende Zugehörigkeit zu einer bestimmten Strömung eines als links verstandenen, politaktivistischen Denkens. Und das hat ausweislich des Inhalts vieler dieser offenen Briefe gerade große intellektuelle, politische und moralische Probleme damit, den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober als solchen überhaupt anzuerkennen. Geschweige denn darin etwas zu sehen, was das eigene Denken (und wohl auch Fühlen) herausfordert: Israelis kamen darin bislang nur als Täter vor, Palästinenser nur als Opfer. Und nun hat die Hamas also massenmordend herbeigeführt, was in dem oben genannten Denken in anderen Zusammenhängen oft als „Täter-Opfer-Umkehr“ beklagt wird.

  • Lemmy Caution 31. Oktober 2023, 15:06

    zu 4) die Ernsthaftigkeit der Lage ist hier vielen noch nicht bewußt. Wird sich zeigen, wie extrem die Maßnahmen werden, um die Flüchtlingszahlen zu kanalisieren. Für mich persönlich gibt es da Grenzen. Was passiert eigentlich, wenn sich Ägypten mit seinen 110 Mio Einwohnern destabilisiert?
    Es ist übrigens kein rein europäisches/nord-amerikanisches challenge. In Chile führt die 2-Mio Einwanderung auf 19 Mio Gesamtbevölkerung der letzten Jahre aus Venezuela, Kolumbien und Haiti zu vielfältigen Problemen, die das Land teilweise überfordern (Kriminalität, Wohnraum, Unterbietungswettbewerb bei Löhnen für leicht zu erlernende Tätigkeiten).
    Ist nicht ausgeschlossen, dass in den 3 Jahren in der schwer zu kontrollierenden Grenzen mit Bolivien eine Mauer errichtet wird von der Trump geträumt hat, wobei Bolivien Transitland ist.

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