Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) Kretschmer wird zum Problem für die CDU
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer zeigt ähnliche Tendenzen wie der frühere Kanzler Gerhard Schröder, indem er inmitten des russischen Angriffs auf die Ukraine russlandfreundliche Forderungen stellt. Er setzt sich für deutsche Geschäftsinteressen mit Russland ein und widerspricht Lieferungen von Marschflugkörpern an die Ukraine, was in der Realität Putins Aktionen begünstigen würde. Kretschmer betont finanzielle Vorteile einer deutsch-russischen Partnerschaft, ähnlich der AfD-Politik in Sachsen. Er argumentiert, teures Gas aufgrund des Konflikts mit Russland könne den sozialen Zusammenhalt gefährden und untergrabe nationale Interessen. Dieses egozentrische Kalkül könnte als Realpolitik interpretiert werden, die AfD klein zu halten und pragmatisch zu agieren. Doch seine Position gefährdet langfristig die CDU, da sie sich von der AfD abheben und Migration begrenzen will, während Kretschmer durch seine Haltung Migration fördert und AfD-Parolen legitimiert. Dies birgt Konflikte innerhalb der Partei und bedroht Kretschmers Wiederwahl sowie die CDU in Sachsen insgesamt.(Konrad Schuller, FAZ)
Wir können hier ein Muster beobachten, das bei dieser Art randständiger Politik häufig auftritt. Wen überrascht, was Kretschmer hier von sich gibt, hat vorher schlicht bewusst die Augen verschlossen. Es ist beeindruckend, wie häufig dies in der letzten Zeit der Fall gewesen ist. Weil man den jeweiligen Akteuren den benefit of the doubt einräumt, weil sie nach außen hin eine bürgerliche Normalität performen, kann man sich lange darüber belügen, wes geistig Kind sie tatsächlich sind. die bürgerliche Angepasstheit erlaubt stets das selektive übersehen randständiger, radikaler oder gar extremistischer Überzeugungen, was wiederum bei den Akteuren die Überzeugung stärkt, im Recht zu sein und auf Kritik genau diese Überzeugungen immer offensiver zu vertreten, bis das eigene Lager plötzlich schambehaftet feststellt, wen es da eigentlich in seiner Mitte hat. Siehe auch Maaßen, Hans-Georg.
2) Das Ende des Dornröschenschlafs
Der Juli markierte den heißesten Monat seit Aufzeichnungsbeginn, während der Klimawandel rapide voranschreitet. Dennoch bleibt weltweit ausreichende Maßnahmen zur Bekämpfung aus, wie der Weltklimarat (IPCC) feststellt. Dieser Artikel argumentiert, dass in solchen Zeiten jedes klimaschädliche Gesetz unter dem Rechtfertigungsdruck des Grundgesetzes steht. Artikel 20a des Grundgesetzes verpflichtet Deutschland, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und Verantwortung für künftige Generationen zu übernehmen. Dies impliziert den Schutz des Klimas. Jedes klimaschädliche Gesetz steht unter Rechtfertigungsdruck, da es die geschützten Lebensgrundlagen gefährdet. Solche Gesetze sind verfassungswidrig, wenn sie nicht durch schwerwiegende Gründe oder Grundrechte gerechtfertigt sind. Dieser Ansatz erfordert die umfassende Überprüfung klimaschädlicher Gesetze im Lichte des Grundgesetzes. Das Grundgesetz verlangt Klimaschutz und erlaubt eine dynamische Interpretation, um auf veränderte Umstände zu reagieren. (Lando Kirchmair, Verfassungsblog)
Ich halte die Argumentation in diesem Artikel für kompletten Unsinn und ein weiteres hervorragendes Beispiel für den Trend, Politik zu entpolitisieren, indem man sie in den juristischen Raum verschiebt, über den Ariane und ich schon im Podcast gesprochen haben. Die Vorstellung, man könne aus Artikel 20a ein Tempolimit von 130 oder 100 Stundenkilometern ableiten, ist einfach absurd. Warum nicht ein komplettes Verbot von Autos? Schließlich ist mit derselben Klarheit, die Kirchmair dem höheren CO2-Ausstoß durch das Fehlen eines Tempolimits attestiert, zu belegen, das ist ein kompletter Verzicht auf PKW noch mehr CO2 einspart. Diese Entscheidungen sind keine Entscheidungen für Richter*innen, sondern für die gewählten Repräsentant*innen des Volkes. Der Versuch, die anstehenden gewaltigen politischen Konflikte einfach an die Gerichte zu delegieren kann nur in deren massiven Delegitimierung und einer Beschädigung der Demokratie enden. Ich sehe diese Interpretation des Artikels 20a ihr dafür als relevant, die grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit der anstehenden Regelungen festzustellen.
3) Who controls your media consumption?
In einem Artikel der New York Times spricht Julia Angwin über die Probleme, die durch soziale Medienalgorithmen entstehen, die darüber entscheiden, was wir sehen. Sie betont die Machtfrage bei der Kontrolle dieser Algorithmen: Unternehmen profitieren von der Kontrolle über die öffentliche Diskussion, ohne Verpflichtung zum Gemeinwohl. Elon Musks Übernahme von Twitter und dessen politische Einflussnahme zeigt die Auswirkungen solcher Kontrolle. Der Autor widerspricht dem Gedanken, dass die Problematik der Medienauswahl heutzutage größer ist als vor 50 Jahren. Er argumentiert, dass es heute mehr Medienauswahl gibt, einschließlich sozialer Medien, Fernsehen, Radio, Podcasts, Blogs usw. Die eigentliche Herausforderung liegt nun darin, aus der Fülle an Quellen zu wählen. Wenn man unzufrieden mit dem ist, was Facebook zeigt, kann man zu anderen Plattformen wechseln. Der Artikel fordert zur aktiven Wahl von Medienquellen auf, anstatt die Verantwortung den Algorithmen zu überlassen. (Kevin Drum, Jabberwocky)
Es ist immer wieder gut, Gegenpunkte zu allzu großem Kulturpessimismus lesen zu können. Denn tatsächlich ist richtig, dass die mediale Pluralität trotz der ständigen Meckereien von rechts (linksgrün versiffte ÖRR) wie links (Meinungsmache durch Milliardär*innen) heute größer ist als je zuvor. Das bedeutet aber in meinen Augen nicht, dass zentrale Akteure wie Musk oder Zuckerberg nicht dennoch wesentlich zu viel Macht hätten und ein Problem darstellten. Denn Drums Behauptung, und man könne einfach die Plattform wechseln, ist schlichtweg falsch. So besteht etwa immer noch keinerlei Alternative zu Twitter. Wir haben extrem viel Auswahl bei den einzelnen Anbietern, nicht aber bei den Plattformen.
4) AfD und Grüne: Zwei Gesellschaftsmodelle stehen sich unversöhnlich gegenüber
Die neuesten Ergebnisse der Forsa-Umfrage des Beamtenbundes zeigen einen alarmierenden Vertrauensverlust in den deutschen Staat. Insbesondere die Anhänger der Grünen und der AfD stehen sich in ihren Ansichten unversöhnlich gegenüber. Grünen-Wähler glauben zu 52 Prozent, dass der Staat seine Aufgaben problemlos erfüllen kann, während nur 6 Prozent der AfD-Anhänger diesem Glauben schenken. 93 Prozent der AfD-Anhänger sehen den Staat als überfordert an. Ähnliche Unterschiede zeigen sich in der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Kostenbelastung für die Bürger. Die Forsa-Umfrage spiegelt den anhaltenden gesellschaftlichen Konflikt wider, der sich vor allem zwischen den extremen Positionen der Grünen und der AfD manifestiert. Andere Parteien suchen ihre Rolle zwischen diesen Polen. Studien der letzten Jahre bestätigen diesen Trend der gesellschaftlichen Spaltung. (Björn Harms, NIUS)
Dieser Artikel ist paradigmatisch für die Argumentationsweise des rechten Spektrums. Wir kennen sie von 2015 und 2016 aus den USA. Aus der scheinbaren Polarisierung, die eine binäre Zuspitzung suggeriert, wird zuerst eine Äquivalenz hergestellt: auf der einen Seite die rechtsradikale AfD, auf der anderen Seite die implizit als gleichermaßen radikal und abseitig geframten Grünen. Das erzeugt einen scheinbaren Zwang, sich für eine dieser beiden Seiten zu entscheiden und bereitete letztlich die Legitimation der Entscheidung für die AfD vor. Genau dasselbe passierte damals mit Trump: monatelang wurde eine Äquivalenz zwischen ihm und Hillary Clinton konstruiert, die ist in Millionen von Amerikaner*innen möglich machte, ihn als das kleinere Übel zu wählen. Wer will es ihnen auch verübeln? Wenn die einzige Auswahl zwischen zwei gleichermaßen extremen Positionen besteht, dann entscheidet man sich selbstverständlich für die weniger schlimme. Das ist die Kraft der negative partisanship. Nur war es in den USA Quatsch und ist es im pluralistischen und multipolaren deutschen Parteiensystem noch viel mehr. Wie immer versucht NIUS hier, den Diskurs nach rechts zu verschieben.
5) Wer sich stark um sein Kind kümmert, soll weniger zahlen
Bundesjustizminister Marco Buschmann plant eine Reform des deutschen Unterhaltsrechts, um Elternteile, die sich aktiv um ihre Kinder kümmern, finanziell zu entlasten. In vielen Trennungsfamilien beteiligen sich beide Elternteile an der Kinderbetreuung. Die Reform soll sicherstellen, dass die finanzielle Belastung fair aufgeteilt wird. Ein konkreter Gesetzesentwurf wird in Kürze erwartet. Buschmann betont, dass die geplante Änderung nicht zu Lasten der Hauptbetreuungselternteile geht. Die Reform soll vielmehr Anreize für Väter schaffen, sich stärker in die Kinderbetreuung einzubringen, was wiederum den Müttern ermöglichen könnte, mehr beruflich aktiv zu sein. Der Minister betont, dass das Kindeswohl oberste Priorität hat und die Unterhaltsansprüche der Kinder unverändert bleiben werden. Die Reform war bereits im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbart worden. Die Änderungen im Unterhaltsrecht sollen Betreuungsanteile vor und nach der Scheidung besser berücksichtigen, ohne das Existenzminimum der Kinder zu gefährden. (Spiegel)
Ich erwarte von dieser Reform eine Schlechterstellung der Frauen, geht den größeren Teil der Versorgung der gemeinsamen Kinder aus einer geschiedenen Ehe übernehmen – also des absoluten Großteils. Die starke Kritik am Einfluss der Männerrechtler auf den Gesetzentwurf, die in den letzten Tagen immer wieder zu lesen war, scheint da durchaus zuzutreffen: deren Ziel war schon immer, die Unterhaltsverpflichtungen von Männern nach Scheidungen zu reduzieren. Das heißt nicht, dass die Stoßrichtung des Gesetzes grundsätzlich falsch sein muss: das Unterhaltsrecht ist in Deutschland notorisch schlecht geregelt und bedarf dringend einer Überarbeitung. Ich bin allerdings skeptisch, ob dieser Entwurf der Weisheit letzter Schluss ist.
Was ich spannend finde ist, wie explizit von „Vätern“, die Unterhalt zahlen, und „Müttern“, die sich hauptsächlich um die Kinder kümmern, gesprochen wird. Das systemische Problem der gegenderten Verantwortung für Care-Arbeit ist der nicht angesprochene Elefant im Raum.
Resterampe
a) Ich checke solche Artikel einfach nicht. Dabei ist die Strategie dahinter angesichts solcher Dinge doch völlig offensichtlich.
b) Gedankenspiele zu einem möglichen Parteiverbot der Thüringer AfD. Ich finde besonders den Aspekt der Potentialität wichtig. Da hat das BVerfG mal wieder echt ein Ei gelegt.
c) Gute Gedanken zum Thema Koalitionsbruch.
d) Diese Flachpfeife gilt als wichtiger Journalist.
e) Zu der Thematik Linkspopulismus als Mittel gegen die AfD.
f) Noch ein US-Blick auf die AfD.
g) Guter Artikel zum rechten Kulturkampf.
h) Das ist das, warum ich eine Koalition zwischen Grünen und FDP weiterhin gut finde und wovon ich viel mehr sehen will.
i) Und da sag mal einer, die Deutsche Bahn sei ein Desaster.
j) Sehr guter Leitartikel in der Welt zu Aiwanger.
„Was ich spannend finde ist, wie explizit von „Vätern“, die Unterhalt zahlen, und „Müttern“, die sich hauptsächlich um die Kinder kümmern, gesprochen wird. Das systemische Problem der gegenderten Verantwortung für Care-Arbeit ist der nicht angesprochene Elefant im Raum. “
Das erscheint mir widersprüchlich. Wenn explizit von der Ungleichverteilung zwischen Vätern und Müttern gesprochen wird, wird der „Elefant im Raum“ doch gerade angesprochen.
So auch in Deiner Zusammenfassung: „Die Reform soll vielmehr Anreize für Väter schaffen, sich stärker in die Kinderbetreuung einzubringen, was wiederum den Müttern ermöglichen könnte, mehr beruflich aktiv zu sein. „
Ach so, nein: es wird nicht angesprochen, sondern diese Worte unreflektiert verwendet. Daher Elefant im Raum.
j) Die links-grün-versiffte Welt mal wieder …
(h – Koalition zwischen Grünen und FDP)
Das sag ich doch schon seit langem! Die Schnittmenge zwischen FDP und Grünen ist klein – aber ziemlich genau das, was moderne Politik ausmachen sollte. Wenn die Grünen noch etwas wissenschaftsnäher und die Liberalen etwas bürgerrechtsnäher wären, wäre das eine ideale Koalition.
Konkret zum Modell Verantwortungsgemeinschaft: Man kann sich das Geheule der Ewiggestrigen schon gut vorstellen, aber ich hoffe sehr, dass dieser Ansatz eine echte Chance bekommt.
Spinat mit Ei, sag ich auch seit Langem 🙂
🙂 🙂
Dornröschenschlaf in 2 )
Ob Dornröschenschlaf überhaupt verfassungswidrig ist, glaub ich eigentlich nicht, zumal nach 100 Jahren mit dem Aufwachen ja alles gut wird.
Und ja, das GG und „die Politik“. Am Ende des Tages ist halt beides dasselbe. „Die Politik“ hat das GG selbst fabriziert und doktert ständig dran rum, was nichts Verbotenes ist. Auch sind die Damen und Herren in Karlsruhe politisch intendiert, auch wenn man glauben soll, die seien praktisch vom Himmel gefallen. Es gibt ja nicht einerseits das GG (von Gott) und davon unabhängig „die Politik“. Der Wunsch nach Entpolitisierung mit Hinweis auf eine angeblich „höhere“ Ordnung kommt im verlinkten Beitag zur Abwechslung mal eher von links, funzt von rechts natürlich ggf. ebenso. Die Chose ist im Übrigen so alt wie die – politische – Menschheit. Das, was einem politisch besonders gut gefällt, sei gar nicht politisch sondern angeblich ein ewiger Wert von irgendwo ganz oben.
Und es wäre schon sehr verwunderlich, wenn das viel diskutierte Tempolimit noch nie nach Karlsruhe geschickt worden wäre. Wurde natürlich. Was wird da eigentlich nicht hingeschickt?
Wurde allerdings abschlägig beschieden 🙁 auf Kammerebene (eine Art Vorprüfung) wegen „unzureichender Begründung“. Der Antrag war offenbar zu läppisch bzw. die Antragsteller haben sich wenig Mühe gemacht.
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/bvg23-008.html
und a).
Tja; was ist eigentlich Politik ? Ausgewählten Klientelen gezielt was zuschustern ist jedenfalls mal ne Möglichkeit^, wird aber offiziell als Leitidee voller Entrüstung zurückgewiesen. Falls das doch offensichtlich ist, heißt es, die anderen machen das ja auch. So wie sich der kleine Moritz die Politik vorstellt, so isse tatsächlich.
und c) Koalitionsbruch; auch interessant und vor allem mit hohem Unterhaltungswert^.
Irrationale Verzweiflungstaten kann es schon geben, hatten wie ja beim Erhard, zum Beispiel. Der war im Grunde ein FDP-Mann (ähnlich wie Merz), sprich: Die Kannibalisierung der FDP war angesagt und wurde bei Landtagswahlen damals schon deutlich. Die Kündigung der Koalition durch die FDP war völlig verrückt. Die haben damit der Union einen großen Gefallen getan, die wiederum hat zum Dank dafür dann einen Mordplan ausgearbeitet (Wahlrecht); die FDP kam sodann völlig im Abseits um in letzter Minute von der SPD kurz vor der Hinrichtung sozial-liberal gerettet zu werden.
Schröder wiederum war der Meinung, dass er die außerplanmäßige Wahl selbstverständlich gewinnen wird, weil er der beste Wahlkämpfer aller Zeiten sei. Mit beidem lag er durchaus einigermaßen richtig, obwohl alle politischen „Experten“ und namentlich die Demoskopie-Fritzen das anders gesehen haben. Am Wahlsonntag war er nur ein Prozentpünktchen von der Sensation entfernt, was wohl die Ausraster in der berühmten Fernsehsendung am Wahlabend erklärt. „Ich zeig’s denen“ war ja immer seine Devise als jemand, der von ganz unten kam.
Jeder Fall ist also anders. Schwierig, da ein „Modell“ herauszuarbeiten; gibt es eigentlich nicht. Bei Schmidt/Kohl war das auch wieder einzigartig^. Mann kann sich also schon was ausmalen (macht ja auch Spaß), falls die FDP in Bayern (wahrscheinlich) UND Hessen (eher unwahrscheinlich) unter Wasser gehen sollte und auch Grünens ihrerseits massiv ins Unwetter kommen. Ich sage nur: Die Panik bringt’s.
j) Ach ja, der Alexander, Robin. Beachtlich, der Typ; eigentlich ein komischer Fremdkörper bei der WELT, wo ansonsten nurmehr Wert auf rechte Dampfplauderer gelegt wird und klassischer Journalismus à la Alexander im Grunde nicht mehr gefragt ist.
Zu b)
Ich verstehe die ganze Diskussion nicht. Ernsthaft. Wenn wir in Thüringen nicht genügend Demokraten haben, ist das Verbot einer Partei vor allem eines – sinnlos! Es wird den Verfall der Demokratie nichts stoppen können. Und wenn wir genügend Demokraten haben, ist ein Verbot schlicht überflüssig. Alles andere scheint mir nebensächlich?
Zu d)
Ein 76jähriger, weit ehemaliger Herausgeber der FAZ ist ein „wichtiger Journalist“? In wessen Büchern?
Zu g)
Klar, die Tatsache, dass alle kultur- und sozialwissenschaftlichen Fachbereiche des englischsprachigen Raumes links oder linksradikal sind und ihre Studenten entsprechend abrichten, ist ja kein ausreichender Grund für Rechte, deren Universitäten nicht zu mögen. Nö, unter „elite education is a convenient enemy for authoritarian populists“ macht man´s nicht, damit man den Elefanten im Raum nicht ansprechen muss.
Zu i)
Was haben die bescheidenen Reste des US-amerikanischen Bahnsystems, über viele Jahrzehnte ersetzt durch Autos und Flugzeuge, mit der Deutschen Bahn zu tun? Wo soll da der Zusammenhang sein?
Zu 5)
Was ich spannend finde ist, wie explizit von „Vätern“, die Unterhalt zahlen, und „Müttern“, die sich hauptsächlich um die Kinder kümmern, gesprochen wird. Das systemische Problem der gegenderten Verantwortung für Care-Arbeit ist der nicht angesprochene Elefant im Raum.
Getretener Quark wird breit, nicht stark. Der nicht angesprochene Elefant im Raum ist, dass bei einem Sorgerechtsstreit vor Gericht die Mutter ein Chance von 10:1 hat, dass ihr das Kind zugesprochen wird. Die gegenderte Verantwortung für Erziehung verdankt sich den Müttern (ich kenne nicht eine, die nach einer Scheidung nicht mit Zähnen und Klauen um IHR Kind gekämpft hätte) und denen folgend den Gerichten – und nicht den Vätern. Also Frauen – tut mal was gegen die gegenderte Verantwortung!
Gruss,
Thorsten Haupts
b) nein, das ist so nicht korrekt. wenn du die strukturen einer verfassungsfeindlichen partei zerschlägst und damit die ganze orga rausnimmst, hilft das natürlich viel. außerdem ist es ja ein klares signal, wo die grenze verläuft.
g) Fährt beides auf Schienen.
5) korrekt
Zu b)
Kaufe ich einfach nicht. Das klare Signal hilft nämlich nur, solange Du eine Bevölkerungsmehrheit – und zwar eine deutliche – hast, um das Zeichen des Signals auch durchzuhalten. Wenn nicht, kann das Signal den Untergang sogar beschleunigen.
ist natürlich möglich. ich halte das eh für kein realistisches szenario; ich denke nur nicht, dass der fall so klar ist, wie du es darstellst. wir wissen es schlicht nicht.
Naja, eine verbotene Partei hat immerhin den Vorteil, nicht legal an die Macht kommen zu können^^
Ob das gesellschaftlich/politisch sinnvoll ist, mal dahingestellt, bin da selbst unsicher. Allerdings: wenn eine Partei verfassungsfeindlich ist, gehört sie IMO verboten, egal ob in Thüringen viele Demokraten herumlaufen oder sie viele Wähler hat. Dann haben wir eher das Problem, das Stefan und ich im Podcast angesprochen haben, Worte auf Papier sind nur bedingt hilfreich.
Der Verfall beginnt in der Exekutive. Ein Minister kann Weichen stellen. Wer einer verbotenen Partei angehört, kann nicht Minister sein oder bleiben. Oder in der Verwaltung, den Behördenchefs. Die Einbürgerung Hitlers als warnendes Beispiel.
Aus Undemokraten können Demokraten werden, wenn sich das Umfeld ändert. Nach dem Kollaps des Dritten Reiches wurden NSDAP und anschließend in der jungen BRD die SRP verboten. Die traditionell demokratiekritische/-feindliche deutsche Bevölkerung wurde derweil zu europäischen Musterdemokraten.
1) Kretschmer wird zum Problem für die CDU
Wir können hier ein Muster beobachten, das bei dieser Art randständiger Politik häufig auftritt.
Welche randständige Politik?? Wer sich etwas in Ostdeutschland auskennt und mit den Menschen dort spricht, der weiß, dass die ehemaligen DDR-Bürger einen ganz anderen Blick auf Russland haben als die Westdeutschen. Kretschmer ist Ministerpräsident eines Landes, in dem die deutliche Bevölkerungsmehrheit nicht der Ansicht ist, dass Russland einen brutalen Angriffskrieg gegenüber der Ukraine führt. Wer politisch ein Land anführen will, kann sich nicht deutlich außerhalb des Common Sense der Mehrheitsgesellschaft stellen. Zu was das führt, erleben ja gerade die Grünen.
Von daher offenbart sich ein fragwürdiges Demokratieverständnis, einen Politiker als Extremisten zu schmähen, wenn er nur seinen Job macht: die Bevölkerung seines Landes zu vertreten.
.[..], in dem die deutliche Bevölkerungsmehrheit nicht der Ansicht ist, dass Russland einen brutalen Angriffskrieg gegenüber der Ukraine führt.
Dass das die deutliche Mehrheit ist, bezweifle ich. Ich glaube fuer viele Menschen scheint es etwas willkuerlich zu sein, welche Diktatur oder welcher Aggressor wie stark sanktioniert wird. Zumindest gibt es hierfuer keine moralische Stringenz, sondern eher sowas wie „historische Verbundenheit“, bzw. wirtschaftliche Abhaengigkeit. Diese haben die Ossis aber auch mit Russland.
Warum wird noch gleich Nordkorea sanktioniert, Saudi-Arabien aber nicht?
Ich kenne Ostdeutschland ein bisschen. Dazu kommen die eindeutigen Ergebnisse von Umfragen. Die Mehrheitsposition in jenseits der Elbe ist oft diametral zum Westen.
Und nur das war das Thema.
Die Mehrheit lässt sich ja demoskopisch feststellen.
„…dass die ehemaligen DDR-Bürger einen ganz anderen Blick auf Russland haben als die Westdeutschen…“
Nur beruht der halt nicht auf Fakten:
https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_100227596/afd-und-ostdeutschland-die-ostdeutschen-haben-wenig-ahnung-von-russland-.html
Es gibt sehr viele Menschen auf dieser Welt, die die Sache anders als Sie sehen. Dürfen die nicht demokratisch vertreten werden? Das ist ja mein Punkt, Stefan s, meiner Ansicht nach befremdliches Demokratieverständnis, sobald jemand konträre Ansichten zu seinen eigenen pflegt.
Ich bin ja durchaus für die Idee zu gewinnen, die Mauer wieder aufzubauen. Das würde uns einiger Probleme entledigen. Neben der Vorliebe für die AfD wäre der Mauerbau ein Beitrag zu mehr Einkommens- und Vermögensgleichheit. Doch so lange wir diesen Roll-back nicht machen, haben auch die Ostdeutschen das Recht, unter dem Mantel des Grundgesetzes ihre demokratischen Vertreter selbst zu wählen. Und da sollte auch ein Schönwetter-Demokrat Interesse haben dass ein integrer Demokrat wie Kretschmer gewinnt und nicht ein AfD-Kandidat.
„Es gibt sehr viele Menschen auf dieser Welt, die die Sache anders als Sie sehen. Dürfen die nicht demokratisch vertreten werden?“
Inwiefern gehört es zu einer Demokratie, Lügen zu tolerieren wie die, daß Russland keinen brutalen Angriffskrieg gegenüber der Ukraine führe (ich bezweifle, daß das in irgendeinem deutschen Bundesland die Ansicht einer „deutlichen Bevölkerungsmehrheit“ sei).
Inwiefern gehört es zu einer Demokratie, Lügen zu tolerieren
Pruuuust. Die Latte von Lügen, mit deren Hilfe die Anti-AKW- oder die Frauen- oder die Friedensbewegung erfolgreich waren, ist länger, als dieses Forum Platz hätte. Die haben diese „Lügen“ allerdings genauso ernsthaft geglaubt, wie die Russlandfreunde in Deutschland, also ja – Lügen gehören unvermeidbar zu einer Demokratie.
ich würde generell vorschlagen, den Begriff der „Lüge“ nicht so inflationär zu verwenden.
Einverstanden. Ich benutze ihn gemeinhin auch nur, wenn jemand mit ausreichender Bildung echte Fakten bestreitet. Und ob es mir gefällt oder nicht (hier: NICHT) – yup, man kann den ganzen Ukraine-Konflikt anders sehen (sprich interpretieren), als die derzeitige Mehrheit der deutschen Journalisten, Sicherheitsexperten und Politiker das tun. Und ebenso KANN man trotz des russischen Angriffskrieges zu anderen Schlussfolgerungen kommen, wie man damit und mit Russland umgeht.
Gruss,
Thorsten Haupts
Klar kann man das. Aber das ist dann eben randständig. Das ist doch die Definition vom „am Rand“!
🙂 . Das zeigt nur, wie wenig Du Demokrat bist. Für die Funktionseliten ist „randständig“ korrekt. Für die breite Bevölkerung ist das inkorrekt. Ich schätze, dass etwa 20 bis 30% der deutschen Bevölkerung den derzeitigen Kurs der Funbktionseliten nicht mittragen – und das genau ist eben nicht randständig.
wisst ihr, wenn ihr weiterhin darauf besteht, jedem, der eure meinung nicht teilt, das demokratensein und demokratieverständnis abzusprechen, könnt ihr unter euch diskutieren.
Der Ministerpräsident Sachens müsste es besser wissen – Putin führt einen Angriffskrieg gegen ein anderes Land. Herr Kretschmer entblödet sich nicht, Putin und seine Verbrecher in Schutz zu nehmen.
Das mag zwar aktuell in Sachsen (warum auch immer) mehrheitsfähig sein, widerspricht aber den politischen Zielen, die sich die Union gesetzt hat und wofür diese steht.
Die plädiert der CDU Parteivorsitzende für mehr Geld für die Bundeswehr, zur Stärkung der Abwehrbereitschaft gegenüber Russland und sein Vize versucht uns zu erklären, dass die Russen gar nicht die Bösen sind. Das passt nicht zusammen.
Ich verstehe welchen Kurs Kretschmer reitet, er versucht mit Anbiederung an die Russophilen der AfD Konkurrenz zu machen, als Landesvater, der langfristigen Interessen seines Landes verpflichtet ist, opfert er aber eben genau diese Interessen für ein kleines bisschen Zustimmung. Kretschmer müsste vielmehr seine Landsleute aufrütteln, gerade weil diese am eigenen Leib gespürt haben, was eine von Russland gedeckte Diktatur mit den Menschen macht. Leider agiert er opportunistisch.
Die Sache ist nicht so schwer: nimmt Kretschmann nicht die Befindlichkeiten und Tonlagen seiner Bürger auf, wird die AfD demnächst im sächsischen Landtag jede nur denkbar normale Regierungsbildung blockieren können. Ist das das strategische Ziel?
Die CDU möchte weiter regieren. Aber diese angepasste „Me-Too“ Strategie bringt der Union keine zusätzlichen Marktanteile – wahrscheinlich stabilisiert es sie, aber in dieser Verharrung wird die AfD nur stärker und auf lange Sicht wird die Union verlieren.
Kretschmanm sucht ja gar nicht die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Antidemokraten von der AfD – er übernimmt deren Framings und nährt so deren Erfolg. Dabei äußern Kernwähler der Union (kleine und mittelständische Unternehmer), dass das Klima, dass die AfD nährt maximal dazu führt, dass man keine Arbeitnehmer mehr findet, weil insb. Menschen sich mit Migrationshintergrund in Sachsen nicht mehr wohl fühlen.
Kretschmann macht den Fehler zu sehr auf die Demoskopie schauen macht sich selbst Klein. Damit reduziert er seine Rolle auf einen Machtverwalter und Apparatschik. Dann brauchen wir ihn nicht.
Kretschmer, Kretschmann ist der Grüne aus BaWü 🙂
Für die CDU – und die übrigen mittigen Parteien as well – kann es bei der Landtagswahl in Sachsen nur das Ziel geben, die Stimmanteile der AfD so zu halten, dass die Rechtsradikalen in keine strategische Position kommen. Allein die CDU kommt als führende Regierungspartei in Frage. Wenn Kretschmer nicht die Tonlage der Bevölkerung aufnimmt, hat das Bürgertum keine Chance.
Eigentlich sollte allen der Fall Aiwanger eine Mahnung sein. Die Leute sind es leid, von links gesagt zu bekommen, was sie zu denken und zu wählen hätten. Die Debatte um die von der Süddeutschen unterstellte rechtsradikale Gesinnung des Chefs der Freien Wähler hat nur dazu geführt, dass die Umfragewerte für dieses Sammelbecken aus enttäuschten CSU-Wählern um 4% hochgeschnellt ist – zu Lasten auch von Grünen und SPD.
Die Erfahrungen aus den anderen europäischen Demokratien mit Rechtspopulisten ist die, dass es kaum eine erfolgreiche Strategie gegen sie gibt. Was aber gar nicht trägt: Rechtspopulisten zu verteufeln und zu ignorieren. Irgendwann macht man sie damit wirklich groß, wenn man nicht die Probleme löst, die der Bevölkerung auf den Nägeln brennt.
Und das ist derzeit nicht die Rettung des Klimas durch ein missratenes Heizungsgesetz.
4) AfD und Grüne: Zwei Gesellschaftsmodelle stehen sich unversöhnlich gegenüber
Doch, wir haben genau diese Polarisierung. Die Grünen versuchen die Mehrheit für ihre sektiererischen Ansichten in Sippenhaft zu nehmen. Sie obstruieren jede Einigung in Migrationsfragen selbst auf der großen europäischen Ebene, sie versuchen eine Klimapolitik durchzupeitschen, die selbst der Grüne Habeck als „radikal“ bezeichnete. Radikal ist eben auch die AfD. Die Grünen kehren sich eben keinen Deut um die Mehrheitsverhältnisse im Land. Und in der tiefsten Energiekrise schaffen sie gegen die Position der europäischen Partner und die Mehrheit in der Bevölkerung wie ihrer eigenen Wähler die Atomkraft ab. Die Parallelen zur Unversöhnlichkeit der AfD sind da offensichtlich.
5) Wer sich stark um sein Kind kümmert, soll weniger zahlen
Wie so oft im Leben: einen Tod muss man sterben. Entweder der politische Wille geht dahin, die Erziehungsarbeit auf beide Elternteile gleichmäßig zu verteilen. Dann ist es völlig unfair, einen Part stärker zahlen zu lassen. Oder man hängt am traditionellen Familienbild, das die Mutter auch finanziell begünstigte. Beides zusammen geht nicht.
„Wer das Pferd, das ich reite, ‚tot‘ nennt, ist ein Radikaler!“
a) Ich checke solche Artikel einfach nicht. Dabei ist die Strategie dahinter angesichts solcher Dinge doch völlig offensichtlich.
Stimmt, die Strategie war genial. Haue den eigenen Frontmann in die Tonne, mache den Vizekanzler zur Lame Duck, blockiere die Regierungspolitik und gebe dem politischen Gegner ein populäres Thema zur Profilierung. Ach ja, und zeige dich nebenbei als völlig inkompetent in deinem Resort gepaart mit der immanenten Durchsetzungsschwäche.
In diesem Sinne ist Lisa Paus ein politisches Genie, die gleichzeitig zeigt, dass es auf der politischen Linken an strategischer Weitsicht fehlt. Erst konnte die Familienministerin kein Konzept vorlegen, dann konnte sie nicht erklären, wozu sie eigentlich zusätzliche 12 Milliarden Euro benötigt und spielte dem bürgerlichen Finanzminister den Ball in die Füße darauf hinzuweisen, dass die Hauptbegünstigten der Kindergrundsicherung Eltern ausländischer Herkunft oder Migrationshintergrund sind. Was nicht gerade zur Popularität der Grünen Partei über ihre Kernklientel hinaus beiträgt.
Da kann man nur sagen: Mehr Paus!
d) Diese Flachpfeife gilt als wichtiger Journalist.
Noch ein Beitrag zur Entmenschlichung des politischen Gegners. Unterirdisch, Herr Sasse!
Darüber hinaus gilt im Allgemeinen ein ehemaliger Herausgeber der altehrwürdigen F.A.Z. als Elite des Journalismus. Außer in den Milieus, wo alles links des öko-sozialistischen Bereichs schon als Nazi-Deutschland zählt.
h) Das ist das, warum ich eine Koalition zwischen Grünen und FDP weiterhin gut finde und wovon ich viel mehr sehen will.
Tja, genau das, was die Mehrheit der Bevölkerung gegen die Ampel aufbringt. Ich begann mit dem seltsamen Demokratieverständnis und ende damit. 😉
Zitat Stefan Pietsch:
„Darüber hinaus gilt im Allgemeinen ein ehemaliger Herausgeber der altehrwürdigen F.A.Z. als Elite des Journalismus. Außer in den Milieus, wo alles links des öko-sozialistischen Bereichs schon als Nazi-Deutschland zählt.“
Zu diesem dunklen Milieu muss in diesem Fall auch die FAZ selbst gehören, denn dort wurde der immerhin rüde gefeuert. Auf das übliche „im gegenseitigen Einvernehmen“ in der Außenkommunikation hat man verzichtet. Ob das jetzt unter „Entmenschlichung“ zu verbuchen ist, ist nach so langer Zeit womöglich nicht mehr zu klären, ebenso die Frage ob die FAZ darob was mit öko-sozialistisch zu schaffen hat.
Bei Focus hieß es jedenfalls seinerzeit (ist lange her), Müller-Vogg sei intern eine „zu konservative Linie“ vorgeworfen worden. Nun ja, offiziell hieß es „Vertrauensbruch“, was jetzt auch nicht unbedingt alt-ehrwürdig klingt^. Müller-Vogg hat dann alt-ehrwürdig ganz klassisch Kündigungsschutzklage eingereicht, was – wie üblich – mit einem Vergleich geendet hat.
Darüber hinaus gilt im Allgemeinen ein ehemaliger Herausgeber der altehrwürdigen F.A.Z. als Elite des Journalismus.
Ich hatte zur Zeit seines Rausschmisses und habe auch heute noch einen ganz guten Draht zur FAZ und kann glaube ich sagen, dass er zumindest innerhalb der FAZ nicht mehr zur Elite des Journalismus‘ gezählt wird. 🙂
Soviel man weiß wurde Müller-Vogg nicht gekündigt, weil er schlechter geschrieben hätte. Er ist ein sehr konservativer Journalist. Das macht ihn nicht zu einem schlechten.
Beschäftigen wir uns doch mit den Fakten: Mit welchem Recht rastet Stefan eigentlich aus? Müller-Vogg stellt Fragen, die auch andere Journalisten gestellt haben. Sie sind weder unberechtigt noch aus der Luft gegriffen. Der von Stefan verwendete Ausdruck ist völlig unangemessen und offensichtlich seinem Ärger geschuldet, das sein heimlicher Liebling wieder einmal in die Kritik gerät.
„…stellt Fragen…“
JAQing off ist kein Journalismsu.
1) Hier verkehrst du Akteur und Re-Akteur. Nicht der Politiker hat sich radikalisiert, das Overton-Fenster wurde [ceterum censeo: durch Agitprop] in einem beispiellosen Tempo verschoben. Wenn du denjenigen, die dieses ‚newthink‘ nicht mittragen, dies als Devianz auslegst, hat das etwas totalitäres.
2) (Danke an Dennis für seinen Hinweis): Staatsziele [Art 20a] sind nicht konkret einklagbar. Das Instrument Verfassungsbeschwerde ist grundsätzlich allen offen, betrifft aber erstmal nur Grundrechte und vergleichbare Normen.
3) Etwas ähnliches hatten wir doch auch bei der Tagesschau-Frage letzte Woche. Marktdominanz plus Gewohnheit plus große Beteiligung macht ein Scheinmonopol, weil die meisten Nutzer zu träge sind, Alternativen zu nutzen. Konkret: Nutz doch als Suchmaschine Ecosia oder DuckDuckGo und für Mikroblogging Mastodon.
4) a) Was erwartest du vom Reichelt-Portal ?
b) Trenne Analyse und Bewertung. Unabhängig von der „Ekligkeit“ einer Partei kann (und muss) man Positionen unterschiedlicher Parteien vergleichen und abwägen.
c) Eine Umfrage als alleinigen Aufhängungspunkt für eine so weitreichende These zu stellen, ist fragwürdig, auch wenn „Staatsvertrauen“ imho tatsächlich ein wichtiges Element der neuen zentralen Frontstellung Technokraten vs. Populisten ist.
5) Da hast du ein Beispiel, wie Kulturkampfbegriffe ( Schlechterstellung der Frau, Einfluss der Männerrechtler) eine sachliche Betrachtung erschweren.
a) Wir reden von einer Minderheit: ca. 10% der Kinder sind Trennungskinder, davon sind ca. 10% in einem Wechselmodell
b) Wechselmodelle sind in unserem Familienrecht insgesamt nicht verankert, da muss mehr her als nur ein Fummeln am Unterhalt (z.B. Meldestatus). Der Europarat hat vor ein paar Jahren das moniert, in vielen Nachbarländern ist das Modell besser geregelt.
c) Kindesunterhalt (wie auch Kindergeld) soll nicht dem Hauptaufenthalts-Elternteil (vulgo „Mutter“) sondern dem Kind zugutekommen. Da Wechselmodelle ohnehin eine grundsätzliche Vertrauensbasis erfordern, wäre die konsequenteste Durchführung, dieses Geld auf einem gemeinsamen Kinderkonto zu halten.
1) „Nicht ich habe die Democrats verlassen, die Democrats haben mich verlassen.“ Darauf läuft es immer raus: wie du beschreibst, verschiebt sich das Overtonfenster und lässt diese Leute plötzlich entblößt zurück. das ist genau, was ich meine.
3) jepp
4) a) dass es bald scheitert; aber inhaltlich: letztlich crank-TV.
b) Inwiefern?
c) sicher richtig.
5) a/b) Ja.
c) Keine Ahnung, wie das funktionieren würde, hast du da was zu?
1) sehen wir uns deine Wortwahl an: „randständiger, radikaler oder gar extremistischer Überzeugungen “ Randständig trifft es nicht, da ein signifikanter Teil der Bevölkerung die Ansichten teilt – nur bei der Blase der politischen Klasse sieht es anders aus. Radikal ( Definition: eine grundsätzliche Änderung der Gesellschaft anstrebend) passt auch nicht, im Gegenteil stellt er sich den Radikalen entgegen, die eine grundsätzliche gesellschaftliche Neuordnung aktiv betreiben. Extremistisch ebenfalls nicht, Kretschmer ist voll innerhalb der FDGO.
4b) Die AfD-Anhängerschaft ist Teil der politischen Spektrums. Wenn du Parteien als Bündelpunkte eines politischen „Ansichtenpakets“ betrachtest (ich hatte das vor der Wahl 2021 hier mal versucht), ist es vernünftig mal eine Achse zu betrachten, wer am weitesten auseinanderliegt. Nur hat man damit halt genau das eine: Extreme (im Sinne von weit entfernt) Positionen, wobei die grüne Position mit 52% nicht so extrem (im Sinne von weit „abliegend“) ist wie die AfD mit ihren 6%. Das siehst du daran, dass der Wert bei der CDU (22%) schon das 3,5-fache ist. Aber für all das brauchst du keine gut-böse Bewertung, sie ist eher hinderlich.
5c) Siehe meine Antwort an Ariane, die imho in die richtige Richtung denkt.
1) ich würde kretschmer auch nie als extremistisch bezeichnen. aber was er da sagt ist randständig. dasselbe gilt ja auch für viele überzeugungen auf der linken.
4) das ist korrekt; allein, es macht wenig sinn, das auch politisch zu machen.
1) Siehst du, umgekehrt würde ich manche Protagonist*innen der derzeitigen Militarisierung als nicht randständig bezeichnen, aber so radikal, dass es an Extremismus grenzt. Es geht immer um die Perspektive, und die große Gefahr ist, den eigenen Standpunkt zum Maß aller Dinge zu machen.
Klar. Beim SDS ist Verstaatlichung von Schlüsselbetrieben auch keine randständige Position.
Du Historiker…. den SDS gibt es sein 50 Jahren nicht mehr 😉
ich wollte auch ein beispiel, das nicht an einem konkreten fall hängt. davon abgesehen: solid hat sich den zusatz sds gegegeben, um an vergangene glorie anzuknüpfen, daher gibt es den schon irgendwie.
hihi, was für Nostalgiespiesser
1) Russland wird auf Grund des Angriffskrieges zu Recht sanktioniert. Allerdings gibt es unzaehlige Beispiele, von andere Staaten, die ebenfalls Angriffskriege ausgefuehrt haben oder solche, in denen permanent fundamentale Menschenrechte gebrochen werden. Diese Staaten wurden aber in der Vergangenheit gar nicht, bzw., wesentlich weniger als Russland sanktioniert, weil Deutschland auf diese entweder wirtschaftlich oder strategisch angewiesen ist. Viele ostdeutsche Bundeslaender waren ebenfalls wirtschaftlich stark mit Russland verflochten und daher wirtschaftlich abhaengig. Es ist deshalb durchaus legitim, wenn die Ministerpraesidenten dieser Laender gerne weiterhin Geschaefte mit Russland machen wollen.
2) GG und der Klimaschutz
Die Vorstellung, man könne aus Artikel 20a ein Tempolimit von 130 oder 100 Stundenkilometern ableiten, ist einfach absurd
meine Güte, wir waren noch viel zu nett im Podcast. Nicht verwunderlich, dass Karlsruhe das abgelehnt hat, weil mir selbst bei längerem Nachdenken keine Begründung einfällt, wie ein nichtexistentes Tempolimit (!) gegen das GG verstoßen sollte. Wenn man schon so wild argumentiert, müsste man wirklich gleich höhere Kaliber auffahren und das Auto verbieten oder Verbrenner oder sowas. Sonst kommt der nächste und argumentiert doch, dass auch Tempo 120 das Klimaproblem nicht löst. Der dritte will lieber erstmal Kohle abschaffen und genau deswegen ist das ein politisches und kein juristisches Problem.
Nebenbei (da ist Karlsruhe nicht unschuldig dran) sehe ich auch nicht so richtig, warum dem Klimaparagraphen hier so eine Sonderstellung zugeschrieben wird. Man könnte genauso problemlos argumentieren, dass im GG steht, dass Deutschland ein demokratischer, sozialer Staat ist und daher ein bedingungsloses Grundeinkommen und überall Volksentscheide fordern, vermutlich auch Freibier jeden Donnerstag. Macht aber keiner, weil das Staatsgefüge anders funktioniert.
3) Denn Drums Behauptung, und man könne einfach die Plattform wechseln, ist schlichtweg falsch.
na man könnte, wenn man wollte, nur ist das halt witzlos, wenn die Leute, mit denen man reden will, woanders sind. Da wird mir auch ein bisschen zuviel durcheinander gewürfelt, denn social media, Nachrichtenkonsum und Algorithmen sind nicht dasselbe.
5)Was ich spannend finde ist, wie explizit von „Vätern“, die Unterhalt zahlen, und „Müttern“, die sich hauptsächlich um die Kinder kümmern, gesprochen wird.
Ist Lindner neulich bei Alleinerziehenden auch passiert^^
Erstmal kurz zum Statistischen, da muss ich Cimo widersprechen, Trennungskinder bezieht sich alleine auf Scheidungen. (darauf auch das Wechselmodell), absolut reden wir hier „nur“ von 115k minderjährigen Trennungskindern. Allerdings gibt es über 3 Millionen Alleinerziehende in Deutschland, also auch mind. 3 Mio faktische Trennungskinder.
Obwohl mir persönlich sowieso unklar ist, ob Buschmann hier nur Eltern im Wechselmodell (womöglich mit 60/40 Aufteilung), meint oder generell und wie er sich das außerhalb seines lustigen Rechenbeispiels so vorstellt. Da ist ja meine Idee ausgereifter, dass jeder Vater einen Rabatt bekommt, der spontan Kleider/Schuhgröße seines Kindes nennen kann (doppelt, wenn er sein Wissen nutzt und eine Garnitur mit dem Kind gemeinsam einkauft!) 😀
A propos, aus dem Artikel
Die Reform werde besonders Trennungsfamilien betreffen, in denen sich zwar ein Elternteil hauptsächlich um die Betreuung kümmere, der andere Elternteil sich aber auch zu 30 oder 40 Prozent einbringe
Das kann ja irgendwie alles bedeuten, obwohl die Wortwahl (der eine kümmert sich, der andere „bringt sich ein“) verräterisch ist. Und die Kosten eines Kindes entstehen ja im Alltag, nicht durch ein Einbringen zwei Wochenenden im Monat, viel Spaß damit zu definieren, was 30% „Einbringen“ denn bedeutet.
Insofern gebe ich Cimo da recht, wenn man so komplizierte Definitionen aufmacht, dann würde ich das an den Hauptwohnsitz koppeln. Ansonsten gilt derjenige als Hauptbetreuer mit vollem Unterhaltsanspruch, bei dem das Kind wohnt und bei dem sämtliche Alltagssorgen und -kosten auflaufen.
5) i) Statistik: Danke für die Ergänzung. Alleinerziehende, bei denen mangels elterlicher Sorge oder sogar rechtlich anerkannter Elternschaft des anderen Elternteils schon die Grundlage für geteilte Verantwortung fehlt, kommen natürlich gar nicht für solche Modelle in Frage. Bestätigt aber, dass das Wechselmodell eine seltene Ausnahme ist.
ii) „kümmern“ und „einbringen“. Mit dem Sorgerecht kommt auch die Sorgeverpflichtung, insofern ist da eine Trennung scheinbar(!) nicht möglich.
iii) Aber: Was unterschieden wird, ist Aufenthaltsrecht und Umgangsrecht. Ersteres spiegelt das wieder, was du beschreibst – die „Mühen der Ebene“ : Schulbesuch, Klamotten, etc… Und genau davon ist hier die Rede, mindestens 30% Aufenthalt, also mehr als zwei Tage die Woche. Das ist mehr als der reine Wochenendumgang.
iv) Und genau deswegen würde ich zumindest einen Teil von Kindergeld und Unterhalt über ein gemeinsames Konto so nutzbar machen, dass das Elternteil Zugriff hat, bei dem die Ausgaben anfallen (Beispiele: Arztbesuche, Freizeitkurse).
v) Das ist natürlich in hohem Maße konfliktanfällig und deshalb wäre ein Rechtsrahmen notwendig. Vielleicht könnte man es am besten mit einem Verein oder GbR vergleichen, wo auch Mittel nur zweckgebunden eingesetzt werden können.
vi) Genau genommen wäre auch das eine Ergänzung zu h) – eine „Verantwortungsgemeinschaft“ die nicht die beteiligten Personen, sondern eine dritte Person betrifft.
die Grundlage für geteilte Verantwortung fehlt, kommen natürlich gar nicht für solche Modelle in Frage. Bestätigt aber, dass das Wechselmodell eine seltene Ausnahme ist.
Ja gut, gibt auch Alleinerziehende, wo der andere Elternteil nicht über alle Berge ist, aber sowohl statistisch als auch erst recht bei Buschmanns Statement scheint mir noch unklar, wer da nun genau gemeint ist. Wenn wir von Kindern mit zwei Wohnsitzen reden (und IMO kommt nur dann diese Idee in Frage) kann man die aber bestimmt mit der Lupe suchen.
Du scheinst davon auszugehen, ich bin mir da nicht so sicher, gerade weil heute mW automatisch gemeinsames Sorgerecht vergeben wird, daraus ergibt sich aber eben keine 60/40-Aufteilung. (da wurde allerdings schon so oft dran rumgedoktort, dass ich nicht weiß, wie das heutzutage mit mehr als 2 WEs im Monat geregelt wird)
Das ist natürlich in hohem Maße konfliktanfällig und deshalb wäre ein Rechtsrahmen notwendig.
Das ist im gesamten Familienrecht das Problem, die meisten Eltern sind ja absolut in der Lage untereinander vernünftige Regeln zu finden. Gesetze, Richter, Sachverständige und Psychologen für alle Beteiligten braucht man nur, wenn das nicht funktioniert. Und ich fürchte, das könnte hier ein Knackpunkt sein.
Denn: es ist ja irgendwie niedlich, dass die FDP meint, auch die Sorge ums eigene Kind mit finanziellen Anreizen lösen zu können. Ich fürchte nur, wer so an die Sache rangeht, sitzt auch jahrelang vor Gericht, um zu definieren, ob er sich zu 32 oder 28% einbringt und diese Frage ist selbst mit getrennten Konten und minutiösem Haushaltsbuch nicht abschließend zu klären.
2) Exakt. ein jurastudent hat mir vor jahren mal die formel weitergegeben, die denen in der vorlesung eingebläut wurde: aus dem gg lässt sich das recht auf frische brötchen ableiten. das ist nichtssagend.
3) genau
5) Danke!
tatsächlich ist richtig, dass die mediale Pluralität […] heute größer ist als je zuvor.
Diesem Argument stehe ich sehr skeptisch gegenüber. Tatsächlich hat es zwar eine Explosion von Information gegeben, einfach auch weil Privatleute in sozialen Netzwerken und über Kanäle wie YouTube mit den etablierten Playern konkurrieren können. Allerdings sind diese Beiträge weit überwiegend wertlos, weil von unerfahrenen Amateuren ohne ausreichende Sachkenntnis und Erfahrung geschrieben. Dieses “mehr” an Information beschädigt die Informiertheit der Bürger weit mehr, als dass sie sie fördert. Parallel nimmt zeitgleich der Wert der etablierten Player ebenfalls ab, weil aus Kostengründen Auslandsbüros geschlossen, Redaktionen verschlankt und eigene Recherchen reduziert werden. Zunehmend werden Agenturmeldungen einfach ungeprüft abgeschrieben. Da hast Du dann zwar 100 Medien, wo Du früher 10 hattest. Aber alle schreiben den exakt gleichen Text. So viel zur Pluralität …
Ich fühle mich erinnert an die Zeit, als das Kabelfernsehen eingeführt wurde. Statt drei Fernsehsendern würden wir künftig 24 haben, freute ich mich. Da würde dann immer irgendwo irgendwas Interessantes laufen. So die Theorie. Tatsächlich lief in der Wirklichkeit auf den sich gegenseitig kopierenden Kanälen nicht nur 24/7 Schrott, sondern auch noch derselbe Schrott.
„Allerdings sind diese Beiträge weit überwiegend wertlos, weil von unerfahrenen Amateuren ohne ausreichende Sachkenntnis und Erfahrung geschrieben.“
Trifft das nicht auf uns alle zu, die wir hier in diesem Kommentarbereich rumkritzeln?
😉
Und um mal ein Positivbeispiel für die Informationsmöglichkeiten im Internet zu bringen, verweise ich auf den Ukraine-Megathread, wo die Meldungen aus dem krieg in Echtzeit eingeorndet werden:
https://www.reddit.com/r/ukraineMT/
Trifft das nicht auf uns alle zu, die wir hier in diesem Kommentarbereich rumkritzeln?
Absolut.
Trifft das nicht auf uns alle zu, die wir hier in diesem Kommentarbereich rumkritzeln?
Jein. Ich habe durchaus Expertisen/Interessengebiete, auf denen ich – mindestens – ebensoviel beitragen kann, wie ein Fachjournalist. Stefan P mehr als ich, weil er bei vielen Themen die (statistischen) Fakten zusammenträgt. Und der Grossteil der Diskussionen hier findet auf der Grundlage einer gemeinsamen Faktenwahrnehmung statt, die wir nur – sehr – unterschiedlich interpretieren und gewichten.
das ist ja aber im journalismus nicht anders.
Die Vorstellung, man könne aus Artikel 20a ein Tempolimit von 130 oder 100 Stundenkilometern ableiten, ist einfach absurd.
Schwer Dir da zu widersprechen. Aber ich hätte eine Gegenfrage. Ist der Artikel 20a der Grundgesetzes (“Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen […]”) dann einfach irrelevantes Blabla? Wenn das nur konsequenzloser Ballast ist, dann können wir den Artikel doch streichen. Sollen wir ihn streichen?
Oder ist der Artikel nicht bloß blumiges Blabla? Was ist dann die Folge, wenn Regierungen – so wie gegenwärtig und, noch aggressiver, unter Merkel – einfach sehenden Auges zusehen, wie die Lebensgrundlagen der zukünftigen Generationen verspielt und zerstört werden?
jein. er gibt eine zielrichtung vor. wer konkrete anweisungen erwartet, für den ist er blumiges blabla. aber das soll das gg ja gar nicht, das ist ja der große irrtum der ganzen „schreib zeug ins gg“-Fans. Sondern es geht um grundsätzliches.
Bin ich ganz bei Dir.
Dein Argument passt aber nur, wenn die Regierungen sich bemühen die vorgegebene Zielrichtung zu verfolgen, sprich den Artikel 20a (und andere) ernstzunehmen. Die konkreten Maßnahmen dazu bestimmen sie dann selbst. Aber was, wenn die Zielrichtung von den Regierungen schlicht ignoriert wird? Und zum Ignorieren wird durch die Tatsache, dass sich das Ganze nicht einklagen lässt, ja ausdrücklich und lautstark eingeladen. Die Einladung wiederum wird seit Jahrzehnten enthusiastisch angenommen.
Das kann ein Gericht nicht lösen, sondern nur der politische Prozess.
Ralf hat da schon nen Punkt. So allgemein und unverbindlich formulierte Staatsziele sollten nicht in eine Verfassung, weil man aus ihnen schlicht überhaupt nichts ableiten kann.
Jein, die Verfassung ist dazu da, „blumiges blabla“ vorzugeben.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – ist doch genauso ein schöner Sinnspruch. Sollte man ihn deswegen streichen? Nein!
Gilt genauso für „Deutschland ist ein sozialer, demokratischer Staat, in dem alle Menschen gleichberechtigt sind“
Es sind – ganz bewusst – schwammige Zielrichtungen, Rahmenbedingungen. Aber es war nicht Aufgabe der Verfassungsschreiberlinge – geschweige denn von Richtern – dahinter zu schreiben, was daraus konkret folgt.
Das ist meiner Meinung nach aber was anderes als „kann man dann auch streichen“
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – ist doch genauso ein schöner Sinnspruch. Sollte man ihn deswegen streichen? Nein!
Doch! Wenn das wirklich nur ein schöner Sinnspruch ist, dann kann das weg. Oder aber – wenn das Grundgesetz wirklich nur ein Sammelsurium von konsequenzlosen, weitgehend symbolischen “Hätt-ich-gerns” ist – dann schreiben wir doch noch den Satz “Es scheint die Sonne” dazu. Du bist doch sicher auch ein Fan von Sonnenschein …
Insgeheim habe ich jedoch die Hoffnung, dass die “Würde des Menschen” nicht nur juristisch belangloses Blabla ist, sondern vor Gericht knallhart einklagbar ist. Dabei mag das Gericht meine Interpretation von “Würde des Menschen” nicht teilen. Oder die Interpretation mag sich im Laufe der Zeit ändern – restriktiver oder laxer werden. Möglicherweise werden sogar unterschiedliche Richter zeitgleich unterschiedliche Auffassungen von “Würde des Menschen” haben. Alles ok. Aber die “Würde des Menschen” ist dennoch ein einklagbares Versprechen.
Womit sich die Frage stellt, warum das für den Artikel 20a nicht gelten soll.
das gg hat die menschenwürde ziemlich weitreichend definiert. ich würde argumentieren dass sie dabei etwas über das ziel hinausgeschossen sind. das muss man für art 20 nicht wiederholen.
Hmmm … ok. Dann hätte ich nur noch eine Frage. Wer entscheidet eigentlich welche Teile der Verfassung beachtet werden müssen und welche Teile belangloses Tralala sind?
die werden alle beachtet. zu manchen gibt es nur wesentlich mehr klagen und entsprechende urteile. ich denke, wir werden in zukunft sehr viel mehr klagen und präzedenzurteile über artikel 20 kriegen.
Das stimmt so nicht. Gesetze wie juristische Regeln sind so formuliert, dass sie in Paragrafen (Artikeln) genau umrissene Normen enthalten. Die Grundrechte in den Artikeln 2 bis 19 sind klar und verständlich formuliert. Aber Juristen denken auch mit, dass sie nicht alles Gewollte erfasst haben könnten und sich der Blick auf das Recht ändert. Das trifft vor allem auf so langlebige Gesetzesregeln wie die Verfassung oder das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zu.
Um dem Rechnung zu tragen, fügen Juristen in ihr Regelwerk sogenannte Generalnormen ein. Im Schuld- und Vertragsrecht des BGB ist das z.B. Paragraf 138:
Nun ändert sich wahrlich die Ansicht, was sittenwidrig sein könnte oder nicht im Zeitablauf. Eine solche Norm erlaubt es Bürgern bei der Anwendung wie der Rechtsprechung, sich in einem so flexiblen und zum Teil dehnbaren Normwerk leichter zu bewegen und Grenzen neu zu justieren. In privaten Verträgen findet sich z.B. dazu die Salvatorische Klausel.
Und im Grundgesetz ist es Artikel 1. Was in den präzise aufgeführten Grundrechten möglicherweise nicht ausreichend erfasst wurde, findet sein Überwölbung in dem Satz: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Zwar garantiert Artikel ein soziales Staatswesen. Aber der Einzelne könnte in seiner Würde dennoch nicht geschützt sein, weshalb es die allgemeine Prüfnorm des Artikels 1 gibt. So können wir das für alle Grundrechte durchexerzieren.
Übrigens habe ich dazu vor längerem einen Artikel geschrieben:
https://www.deliberationdaily.de/2018/07/die-luege-die-generalnorm-und-der-bruch-in-der-matrix/
Eine Methode um Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu ringen, ist die Formulierung einer Generalnorm, wie es Juristen ausdrücken. Unser Grundgesetz würde ohne Artikel 1 seiner zentralen Aussage beraubt. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Bürger haben ein Recht auf Ehe und Familie, doch gilt dies auch, wenn ein Kind geschlagen wird? Die Generalnorm kassiert den familiären Schutz wieder ein, wenn die Würde nicht gewahrt bleibt. Wohlhabende Bürger mögen Häuser besitzen, doch ihr Nutzen ist eingeschränkt, wenn die Würde anderer, beispielsweise der Mieter, verletzt wird.
Auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (Sittenwidrigkeit von Geschäften) und im Handelsgesetzbuch finden wir solche Generalklauseln, die alles noch einmal auf den Prüfstand stellen. Denn darum geht es: alles mag regelkonform sein, doch dann ist es nochmals einer höheren Kontrolle zu unterziehen. Erst dadurch gewinnen Regeln an Gewicht. Wer sich als Christ bezeichnet, der nach höheren ethischen Normen handelt, muss sich bei seinem Tun daran wieder messen lassen. So richtig einzelne Handlungsweisen im Rahmen von Gesetzen oder Zwängen sein mögen, so ist die Frage, ob sie auch übergeordneten Weihen standhalten.
Danke!
Ein sehr konkretes Beispiel ist Fundstück b). Die FDGO, an der die Verfassungswidrigkeit einer Partei gemessen wird, hat drei zentrale Kernelemente: Achtung der Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaat. Und wenn du die AfD verbieten möchtest, ist der beste Hebel die Tatsache, dass sie notorisch (und systematisch?) Menschengruppen herabwürdigt.
zu b) zwei Bemerkungen:
i) zur Bemerkung von Thorsten Haupts, dass ein Verbot nichts bringt, wenn eine „Nachfrage“ da ist, eine historische Beobachtung. Im Krisenjahr 1923 wurden sowohl die KPD als auch die NSDAP verboten. Beide Parteien waren bereits 1925 wieder am Start.
ii) Die Kritik am Verfassungsgericht zum (inkonsequenten) NPD-Urteil 2017 ist verständlich, aber die Sachlage hat einen Hintergrund. Einerseits merkt man der Urteilsbegründung an, dass das Gericht ein beispielhaftes „Musterurteil“ wollte. Dennoch gab es die konkrete Sorge, dass das Urteil von einer höheren Instanz kassiert würde, dem EGMR. Dieser hätte nicht nach dem engen Kriterium „Partei“ untersucht, sondern auf das allgemeine Grundrecht auf Vereinigungen. Und da hätte die Möglichkeit bestanden, dass er sagt, ein Verbot einer Vereinigung, von der keine Bedrohung ausgeht, ist unverhältnismäßig. Und dieses Szenario wäre eine absolute Katastrophe für Regierung und BVerfG gewesen. Deshalb hat das Gericht zum nächstbesten Mittel gegriffen und die finanziellen Parteienprivilegien negiert. Das hat funktioniert, von der NPD/“Heimat“ hört man nicht einen Ton mehr.
Das hat funktioniert, von der NPD/“Heimat“ hört man nicht einen Ton mehr.
Das hängt auch damit zusammen, dass mit der AfD eine stärkere nationalsozialistische Alternative entstanden ist.
der begriff scheint mir hier gänzlich unangebracht.
Warum denn? Die AfD spricht dieselben Wähler an wie zuvor die NPD. Und bevor die NPD groß wurde, waren dieselben Wähler bei den Republikanern und der DVU. Immer die exakt selbe braune Sauce mit dem Ziel des Vierten Reichs.
Das halte ich für ein gefährliches Gerücht. Ich habe nicht den mindesten Zweifel, dass eine Reihe von Positionen führender AfDler rechtsradikal, zum Teil sogar rechtsextremistisch sind. Das macht sie noch immer nicht zu Nationalsozialisten – deren Melange auf der Basis eines famnatischen und paranoiden Judenhasses und wirklich extremen Rassismus plus einer durch und durch darwinistischen Weltsicht ist nicht so mir nichts, Dir nichts zu widerholen.
Auch unter den Nationalsozialisten der Dreißiger Jahre gab es ein Spektrum an Radikalität. Göring war nicht Hitler. Speer war nicht Himmler. Von Schirach war nicht Bormann. Viele NSDAP-Mitglieder waren einfach nur gewissenlose Profiteure eines verbrecherischen Systems und keine ideologisch verhärteten Fanatiker. Das Ergebnis ist trotzdem das bekannte gewesen. Und ich habe keine Zweifel, dass die faschistische Führungsebene der AfD wieder genau dorthin zurück will.
Trotzdem: Wie „Faschismus“ sollte der Begriff „nationalsozialistisch“ die historische Bewegung/Partei bezeichnen. Klar gibt es Parallelen und Gemeinsamkeiten, aber auch wesentliche Unterschiede („Die Juden sind unser Unglück“, „Volk ohne Raum“, grundsätzliche Ablehnung der Demokratie als Staatsform).
Die Gleichsetzung (AfD = „Nazipartei“) ist kontraproduktiv und führt zu einer Trotzhaltung, wie sie in vielen Äußerungen und Leserbriefen zum Ausdruck kommt: „… ist man gleich ein Nazi“. Ein Orban-Staat ist schlimm genug, aber eben doch kein Nazi-Staat.
Den Orban-Staat habe ich nicht als nationalsozialistisch bezeichnet. Aber es dürfte klar sein, dass die Höcke-AfD – also der verbliebene Kern der Partei, nachdem sich moderatere Kräfte über die Jahre schrittweise zurückgezogen haben – mehr will als einen Orban-Staat. Gewalt wird ja bereits explizit angedroht, sowohl gegen Nicht-Weiße als auch gegen Journalisten.
Die grundsätzliche Ablehnung der Demokratie als Staatsform darf man bei der AfD voraussetzen. “Die Juden sind unser Unglück” siehst Du bei der AfD zu “Die Flüchtlinge sind unser Unglück” modifiziert. Wobei da mittlerweile so viele alte NPD-Kader und militante Neonazis in der Partei mitschwinmen, dass die Juden wahrscheinlich auch das Unglück sind. Und ich wäre kein Stück erstaunt, wenn Höcke die “Volk ohne Raum”-These teilen würde.
NS ist etwas spezifisches. Die AfD will einen autoritären, repressiven staat. Das sind doch völlig ausreichende vokabeln.
Sorry, aber das ist völlig falsch. Die AfD will nicht nur einen autoritären, repressiven Staat. Sie will einen rassisch homogenen deutschen Staat. Gewaltsame Deportationen von jenen, die aus Sicht der Partei nicht zu Deutschland gehören, sind bereits angekündigt. So wie das ursprünglich bei den Nazis ja auch war. Die wollten die Juden ursprünglich ja auch lediglich aus Europa weg deportieren. Zum Beispiel nach Madagaskar. Als diese Pläne an der Wirklichkeit scheiterten – und auch die Deportationspläne der AfD würden im Fall der Fälle an der Wirklichkeit scheitern – beschloss man die Endlösung. Darüber hinaus ist die Vernetzung der AfD mit NPD-Kadern, mit militanten Kameradschaften, mit rechtsextremen Burschenschaften und mit Fans des Dritten Reichs so eng, dass eine Koordinierung und gemeinsame Ziele angenommen werden dürfen.
diese vergleiche sind einfach völlig schief. der madagaskar-plan war ein exterminationsprogramm; man ging von totenzahlen in höhe von einem drittel bis zur hälfte aus. ich verabscheue die afd, aber von so was sind die lichtjahre entfernt. die wollen die leute rauszwingen, was unmenschlich, menschenrechtswidrig und völlig unpraktikabel ist. aber sie sind keine genozidalen massenmörder.
und ja, die vernetzung ist eng. wenn die afd an die macht kommt, werden sie mit gewalt gegen ihre politischen gegner vorgehen. aber das modell wäre viel mehr orban als hitler.
exakt