Kommunzierende Röhren: die Union und die AfD

Teil 1 hier.

Der Umgang mit der AfD stellt vor allem eine Partei immer wieder vor Herausforderungen: die CDU/CSU. Die Union nimmt für sich Werte in Anspruch, die auch die AfD vertreten will: bürgerlich sein, konservativ, das „Normale“ vertreten. Patriotismus, ein bisschen Christentum, Familie. Ideologisch konkurrieren die beiden daher um dieselbe politische Immobilie, und entsprechend ist der Umgang mit der Partei für die Union auch am schwersten. Anders ausgedrückt: für die Grünen ist es leicht, eine Strategie der Ausgrenzung und Abgrenzung zur AfD zu fahren, wie es für die Union leicht ist, Distanz zur LINKEn zu wahren: der Überlapp ist gleich null. Die Gretchenfrage „Sag, wie hältst du’s mit der AfD?“ ist seit dem großen mea culpa Thomas Kemmerichs eigentlich nur noch für die CDU relevant. Die FDP kommt in allen Konstellationen nur als drittes Mitglied einer theoretischen Rechtskoalition vor und ist daher nur von Belang, sofern die CDU sich zur Zusammenarbeit bereit erklärt. Zumindest aus Sicht ihres Vorsitzenden ist die Sache klar:


Das Dumme ist, dass wohl niemand Zweifel hat, dass dies um Bund gilt. Die Fragestellung ist das aber nicht; der Bruch der Brandmauer wäre schließlich am ehesten in den östlichen Bundesländern zu erwarten. Auch hier ist rhetorisch wenig geboten: die Ministerpräsidenten der neuen Bundesländer erklären unisono, nicht mit der AfD koalieren zu wollen. Hinter den Kulissen allerdings rumort es in den Ostverbänden wesentlich mehr als im Westen. Die Stärke der AfD macht hier zudem schwarz-blaue (und sogar blau-schwarze, wobei das die CDU mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mitmachen dürfte; man denke an die Parallele zu Ramelow in Thüringen) Koalitionen möglich; die Mithilfe der FDP, wie sie im Westen weitgehend erforderlich ist, braucht es hier nicht.

Aktuell ist eine solche Zusammenarbeit aber allenfalls sehr regional und sehr indirekt denkbar. Wie es der Welt-Chefredakteur Robin Alexander erklärt: die CDU sei insgesamt ziemlich harmlos, was rechte Parteien angeht. Die aktuelle Sorge um ihren Zustand ist zwar im deutschen Kontext nachvollziehbar; sieht man aber auf einen internationalen Vergleich, dann steht die Union ziemlich mittig da. Das ist ein deutsches Phänomen: die Mehrheitsfindung in Deutschland ist schon immer stark mittig orientiert; ihr institutionelles Gefüge übt für alle demokratischen Parteien einen Zwang zur Zusammenarbeit aus. Dass die Union eher rechte Positionen vertritt, kann kaum überraschen. Wie es Marco Herack so treffend ausdrückt: „Man kann an der Union nicht das Union-sein kritisieren.“

Die Situation ist ein wenig paradox. Einerseits ist die Union inhaltlich nahe bei der AfD. Man teilt die Ablehnung der gesellschaftlichen Modernisierung, man möchte grundsätzlich am konservativen Gesellschafts- und Familienbild festhalten, mehr Polizei und so weiter. Gleichwohl sind die Positionierungen der AfD immer viel radikaler, viel rechtsstaatlich unverträglicher, viel schmutziger, als dies mit den Unionspositionen vereinbar wäre. Gleichzeitig ist die Union institutionell nahe an SPD, Grünen und FDP. Man teilt das Bekenntnis zu Pluralismus, Parlamentarismus, Rechtsstaat und so weiter und arbeitet durch alle 16 Bundesländer hindurch in verschiedenen Konstellationen zusammen. Diese Faktoren blockieren eine zu große Annäherung zwischen Union und AfD.

Die Verbindungen zwischen der Union und der AfD sind daher gar nicht so eindeutig, wie sie es auf den ersten Blick scheinen mögen. Natürlich befinden sich beide in der größten Konkurrenz zueinander, nehmen denselben Mantel des bürgerlich-konservativen für sich in Anspruch, aber deckungsgleich sind weder Strategien noch Wählendensegmente. Stattdessen verhalten sich beide ein wenig wie kommunizierende Röhren. Ihre scheinbare Nähe bestimmt den Sound der Opposition. Für die Union ist das ein gefährlicher Eiertanz. Genauso wie die SPD 2005 bis 2021 das Problem hatte, dass jede ihre Forderungen, jede Abkehr von der Agenda-Politik (von der sie sich in dieser Zeit auf Raten de facto komplett verabschiedete) durch die LINKE rhetorisch getoppt werden konnte (forderte die SPD 12 Euro Mindestlohn, forderte die LINKE 13 Euro), genauso kann die AfD jede Volte der Union übertreffen. Fordert Friedrich Merz energischere Abschiebungen, gibt die AfD als Ziel 100% Abschiebungen aus. Fordert er mehr Polizei, fordert die AfD noch mehr. Kritisiert er das Gendern, will die AfD es direkt verbieten. Und so weiter. In rhetorischen Überbietungswettbewerben lassen sich Populisten niemals schlagen. Da sie keine Verantwortung übernehmen müssen (und wollen), können sie IMMER eins draufsatteln.

Die Gefahr in diesem Eiertanz besteht darin, dass der Gegner normalisiert und das Overton-Fenster verschoben wird. Schreien Unionspolitiker*innen von der „Heizungsstasi“, fällt der nächste Vergleich von AfD-Oberen zwischen DDR-Diktatur und bundesrepublikanischer Demokratie gleich weniger auf. Spricht Dorothee Bär von „queeren Rändern“, klingt das AfD-Statement zur Verfolgung von Transsexuellen gleich viel gewöhnlicher. Nun ist polemische Rhetorik grundsätzlich ein valides Mittel des politischen Streits, dient der Zuspitzung und der Deutlichmachung von Positionen. Problematisch wird, wenn außer der Rhetorik nichts mehr da ist.

Oder, in den Worten Friederike Haupts in der FAZ:

Gefährlich ist also nicht der Streit, sondern die Vermeidung des Arguments. Sie verleiht Erregungsgrad und Lautstärke eine Bedeutung, die ihnen nicht zukommt. Thüringens CDU-Chef Mario Voigt spricht von „Heizungswahn“ und „Energie-Stasi“, als sei Habeck ein Irrer und die Regierung auf Diktaturkurs. Und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz beschreibt im jüngsten Rundbrief an seine Anhänger die Ampel als „hemmungslos“ und kritisiert, das Land werde von den „normalen“ Menschen ganz anders wahrgenommen als „im Justemilieu der Regierungsparteien“. Das wertet Millionen Wähler von SPD, FDP und Grünen als Unnormalos ab und suggeriert, sie wären dem echten Leben enthoben. Dieser Ton ist es, der Angst, Ahnungslosigkeit und Wut stärkt, nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern, in denen Populisten auf dem Vormarsch sind. Die Rede davon, dass die Welt in Normale und Unnormale einzuteilen sei, in Wohltäter und Egoisten, in Pazifisten und Kriegstreiber, klingt der ganzen Menschheit im Ohr.

Der besorgniserregende Trend ist daher die Normalisierung der AfD. Man sieht dies sehr gut an einer aktuellen Umfrage: rund 57% der Bundesbürger*innen können sich eine AfD-Wahl gar nicht vorstellen. Das ist der mit Abstand höchste Wert aller Parteien, was aber nur solange hoffnungsfroh stimmt wie man sich klar macht, dass diese Zahl vor zwei Jahren noch bei über 70% lag. Damals war das Wählendenpotenzial der AfD bei ihrem aktuellen Umfragenhöchstand quasi gekappt und stieß an eine harte Grenze. Diese existiert immer noch, ist aber bedeutend höher: rund 9% können sich diese Wahl über die 17% der aktuellen Umfragen hinaus vorstellen. Mit diesem Wert wäre die AfD stärkste Partei im Bundestag. Natürlich sind das Momentaufnahmen; die Wahrscheinlichkeit, dass die aktuellen Umfragewerte halten, ist glücklicherweise ebenfalls gering. Die Zahlen zeigen aber, welchen Effekt der toxische Cocktail aus Verunsicherung und Unzufriedenheit einerseits und der Normalisierung populistisch-radikaler Rhetorik auf der anderen Seite haben kann.

Die Schlussfolgerung für die Union daraus lautet bereits seit Jahren, dass man um die AfD-Wählendenschaft konkurrieren möchte, zumindest um diejenigen, die von der Union zur AfD gewandert sind. „Die AfD halbieren“ war die Devise, mit der Friedrich Merz sein Amt als Parteivorsitzender antrat. Nimmt man diese Metrik, ist er nicht nur krachend gescheitert, sondern hat ein Waterloo erlitten: die Partei ist mittlerweile um rund 70% STÄRKER als zu Beginn seiner Amtszeit. Das hängt natürlich bestenfalls zu Teilen und mittelbar an ihm, aber die aktuelle Strategie der Union geht offenkundig nicht auf. Die Wählenden, sie sie in den Umfragen seit 2021 hinzugewonnen hat, kommen aus anderen Lagern – vor allem SPD und FDP.

Verbleiben wir aber für einen Moment bei jenen 9%, die sich eine Wahl der AfD grundsätzlich vorstellen können. Sie sind es, um die vorrangig gekämpft werden muss. Sie haben aktuell nicht die Absicht, die Partei zu wählen, haben es vermutlich auch noch nie getan. Anders als Teile der bisherigen Wählendenschaft sind sie wohl nicht grundsätzlich rechtsradikal – zumindest noch nicht -, weswegen ihnen einerseits Alternativen geboten werden müssen (die genuine Rolle der Union sowohl als rechtsdemokratische als auch als Oppositionspartei) als als auch das Tabu der Rechtsradikalen aufrechterhalten werden muss.

Wie schwierig dieser Prozess ist, zeigte sich exemplarisch im bayrischen Erding vergangene Woche. Markus Söder sprach auf einer Demonstration gegen die übliche Horrorversion der Heizungspläne der Regierung (die mit den realen Absichten ja praktisch nichts zu tun haben), auf der sich alle möglichen Arten von Verschwörungstheoretiker*innen, Freien Wählern, AfD-Leuten und einer Menge „besorgter Bürger“ tummelten. Die Idee war wohl dieselbe wie bei Sigmar Gabriels Auftritten bei Pegida seinerzeit: den Protest nicht den Rechtsradikalen zu überlassen, sondern zu versuchen, eine weniger durchgeknallte Ableiterfunktion zu bieten. Je nach Sichtweise ging das kolossal in die Hose oder war ein großer Erfolg. Letztere Deutung würde sich aus der Anfeindung, die Söder von großen Teilen der Anwesenden entgegenschlug, nähren. In dieser Lesart hätte Söder Grenzen aufgezeigt und gleichzeitig ein Integrationsbemühen demonstriert. In der anderen Sichtweise normalisierte er die abgedrehte Rhetorik des rechten Randes und adelte sie quasi mit seiner Anwesenheit. Was von beidem zutrifft, ist nur schwer herauszuarbeiten; vermutlich ist es in bisschen von beidem. Die Gefahr für Söder und die CSU besteht darin, dass es ihr ergeht wie 2018: die damalige Übernahme rechtsradikaler Sprache („Asyltourismus“, „Asylgehalt“, „Überfremdung“) führte zu massiver Kritik konservativer Wählendenschichten und einer Klatsche für die CSU.

Wenig kontrovers dagegen dürfte die Rolle von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger sein. Seine Rhetorik ist von der AfD praktisch nicht unterscheidbar.

Auch wenn derzeit kein echter Zweifel am Bestand der Brandmauer in Sachen Zusammenarbeit mit der AfD bestehen kann (mittelfristig sieht die Lage völlig anders aus), so ist doch die „Brandmauer zum Irrsinn“, von der Cem Özdemir spricht, massiv gefährdet:


Und das ist der letzte Punkt, der die kommunizierenden Röhren der Union und AfD betrifft. Wenn die Union nicht vorsichtig bei ihrer Rhetorik ist, adelt sie nicht nur eklige politische Positionen. Sie zerstört auch die Grundlagen eines ohnehin fragilen Diskurses, der in Deutschland zumindest im Ansatz noch auf einem Set geteilter Fakten beruht. Wer sehen will, was geschieht, wenn die Brandmauer zum Irrsinn einreißt, muss nur einen Blick in die USA werfen.

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  • Tim 14. Juni 2023, 07:48

    Alles richtig, aber was Du überhaupt nicht betrachtest, ist die Tatsache, dass die AfD inzwischen ja schon eine lange Geschichte hat. Ihre (aus Sicht ihrer Wähler) Existenzberechtigung hat sie nicht nur aufgrund aktueller Geschehnisse, sondern aufgrund vieler Reaktionen des (wahrgenommenen) politischen Establishments auf vergangene Krisen. Es begann natürlich alles mit der Euro-Krise, bei der Sorgen und Ängste vieler Bürger erstmals massiv diskreditiert wurden, ohne dass eine alternative Politik ernsthaft debattiert worden wäre. Später kamen die Flüchtlingskrise und Corona hinzu, alles natürlich auch immer verwoben mit der Frage der Existenzberechtigung der öffentlich-rechtlichen Sender. Stets war ein erheblicher Teil der Bürger gezwungen, eine Politik mitzumachen, die sie vehement ablehnen. Du nennst das „Irrsinn“, aber es ist die neue Realität in vielen Teilen der westlichen Welt. Der grundsätzliche Gemeinschaftssinn, dieses Gefühl, dass wir eine Gesellschaft sind, löst sich zunehmend auf. Wirklicher Irrsinn wäre, das weiter zu verdrängen.

    • Stefan Sasse 14. Juni 2023, 08:09

      Dieses Gefühl hat nie existiert.

      • Tim 14. Juni 2023, 08:35

        Natürlich existiert das. Auch heute noch akzeptieren die meisten Menschen ja Gesetze, auch wenn sie ihnen nicht zwangsläufig zustimmen. Das ist das Mindestmaß an Gemeinschaftsgefühl, das ein Staat braucht.

        Aber immer mehr Menschen haben dieses Gefühl halt nicht mehr. Interessanterweise ist es nicht durch die großen politischen Fragen aufgebrochen worden, sondern durch eher randständige Themen.

        • Stefan Sasse 14. Juni 2023, 08:48

          Gesetze werden auch heute noch von der übergroßen Mehrheit akzeptiert. Ich sehe diesen Bruch nicht. Und ja klar, in diesem Sinne haben wir Gemeinschaft, aber dein claim war vorher ja schon weitreichender.

          • Tim 14. Juni 2023, 09:06

            Einen Bruch sehe ich auch nicht, eher eine fortschreitende Entwicklung. In den USA gibt es das seit (mindestens) 30 Jahren.

        • Thorsten Haupts 14. Juni 2023, 08:51

          Nichts, was ein kleiner Krieg oder eine ordentliche Naturgrosskatastrophe nicht wieder einrenken würde. Offenbar vertragen viele Menschen zu lange Friedenszeiten ganz schlecht.

          • Tim 14. Juni 2023, 09:17

            Corona war übrigens so eine ordentliche Naturkatastrophe. Die mit Abstand größte unserer Zeit.

            • Thorsten Haupts 14. Juni 2023, 13:27

              Offenkundig nicht – sichtbar! – gross genug.

    • mikefromffm 14. Juni 2023, 08:23

      „Der grundsätzliche Gemeinschaftssinn, dieses Gefühl, dass wir eine Gesellschaft sind, löst sich zunehmend auf“ ist auch so eine Verklärung. Es gibt und gab in modernen Industriegesellschaften nie einen „Gemeinschaftssinn“, auch wenn die Nazis die „Volksgemeinschaft“ deklarierten. Wir leben in einer wertepluralistischen Gesellschaft und dass diese zunehmend an Akzeptanz verliert, zeigt dein Kommentar auf’s vortrefflichste: Die Unfähigkeit andere Positionen als die eigenen zu akzeptieren werden mit Phrasen wie die angeblichen „Sorgen und Ängste vieler Bürger (die) erstmals massiv diskreditiert wurden“ geradezu zum notwendigen Widerstand stilisiert.

    • FS 17. Juni 2023, 08:49

      Appelle ans Gemeinschaftsgefühl sind übrigens auch dann etwas glaubwürdiger, wenn der gleiche Autor das Wort „Solidarität“ nicht drei Tage vorher als „Schönsprech“ denunziert hätte.
      https://www.deliberationdaily.de/2023/06/die-afd-als-spiegel-der-bundesrepublik/#comment-274508

  • Thorsten Haupts 14. Juni 2023, 08:23

    Wer sehen will, was geschieht, wenn die Brandmauer zum Irrsinn einreißt …

    Sorry, but – no! Die ist in meiner Wahrnehmung spätestens in den achtziger eingerissen, als ich u.a. in meiner Rolle als Stellvertreter des Jugendoffiziers sowohl mit regional führenden Leuten der Friedens- als auch der Anti-AKW-Bewegung diskutierte. Der Fanatismus der Leute hat mich fasziniert – die waren überzeugt davon, dass ihre politischen Gegner ganz Deutschland in den nuklearen Abgrund reissen würden und zu überhaupt keinem Kompromiss bereit.

    Ich kann mich nicht erinnern, dass ihr damaliger Bündnispartner im Parlament – die SPD – mit der völlig überzogenen Rhetorik irgendein Problem hatte, ebensowenig die GRÜNEN nach ihrer Parteigründung. Man hat sich mit den Quatrtalsirren verbündet, weil es politisch nützlich erschien.

    Es hat die Brandmauer von Herrn Özdemir nie gegeben. Weshalb die Einforderung dieser Brandmauer ausgerechnet durch einen führenden Vertreter der GRÜNEN zutiefst verlogen ist.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 14. Juni 2023, 08:47

      Positionen, die man ablehnt, sind nicht per se Irrsinn. Ich halte auch nichts von den von dir beschriebenen Positionen, halte sie für falsch und undurchdacht. Aber sie sind kein Irrsinn. Irrsinn ist Flat Earth, ist „der Senf ist woke“, ist „Juden und Soros erobern die Weltherrschaft“, solcher Kram.

      • sol1 14. Juni 2023, 12:44

        …oder „Verbot von Chemtrails und Geo-Engineering“ – als Plakat direkt vor der Bühne zu sehen, während der Redner „gesunden Menschenverstand“ statt „Ideologie“ fordert:

        https://twitter.com/ER_Bayern/status/1667514320060665856

      • Thorsten Haupts 14. Juni 2023, 13:26

        Du wirst Dich da schon mal entscheiden müssen.

        Irrsinn kann man selbstverständlich konsistent als Verstoss gegen naturwissenschaftlich belegbare Fakten definieren, Flat Earther fallen automatisch darunter.

        Aber sobald man diese Definition auf Werturteile ausweitet – Deine Beispiele „der Senf ist woke“ oder „Juden und Soros erobern die Weltherrschaft“ – ist die Konsistenz nicht mehr automatisch gegeben. Für mich waren die Slogans der Anti-AKW- oder Friedensbewegung nicht weniger irrsinnig, als Deine genannten Beispiele. Diese Slogans waren darüber hinaus rhetorisch vollkommen überzogen, menschenfeindlich, gruppenabwertend und antidemokratisch. Also all das, was heute an der rechtspopulistischen und rechtsradikalen Rhetorik beklagt wird. Sie waren gleichzeitig partiell sehr erfolgreich, also der Beleg dafür, dass völlig überzogene Rhetorik politisch wirksam sein kann.

        Und genau deswegen weigere ich mich, in den Chor der Klagen über rhetorischen Irrsinn einzustimmen. Er galt als progressiv, menschenfreundlich, schöpfungsbewahrend, friedfertig etc., als der Irrsinn den Linken in Deutschland nutzte. Zur Kenntnis genommen und als Standard abgespeichert.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

    • sol1 14. Juni 2023, 12:45

      Kann es sein, daß du in den 1980er Jahren hängengeblieben bist, während deine damaligen Gegner sich geistig weiterentwickelt haben?

      • Stefan Sasse 14. Juni 2023, 13:15

        Pssssssssst.

      • Thorsten Haupts 14. Juni 2023, 14:45

        Thema verfehlt. Das hiess „Brandmauer zum Irrsinn“.

      • Erwin Gabriel 16. Juni 2023, 10:09

        @ sol1 14. Juni 2023, 12:45

        Kann es sein, daß du in den 1980er Jahren hängengeblieben bist, während deine damaligen Gegner sich geistig weiterentwickelt haben?

        Wer soll sich „weiterentwickelt“ haben?
        Echt lustig 🙂

        • sol1 16. Juni 2023, 11:24

          /// Wer soll sich „weiterentwickelt“ haben? ///

          Alle die, die nicht ständig darauf herumreiten, mit wem sie sich vor 30 oder 40 Jahren herumgezankt haben.

        • Stefan Sasse 16. Juni 2023, 16:45

          Naja, die Grünen sind wohl kaum mehr Radikalpazifisten, oder?

          • Thorsten Haupts 16. Juni 2023, 21:34

            Stimmt, jetzt sind sie schlimmer. Verlogene Bequemlichkeitspazifisten, die einen auf Krieger machen, weil es gute Presse bringt.

            • Stefan Sasse 17. Juni 2023, 12:55

              Oder auch: Ich kann die Grünen nicht leiden, und egal was sie machen, ich find’s kacke.

              • Thorsten Haupts 17. Juni 2023, 14:06

                Schön wär´s. Nur leider werde ich den leicht fauligen Geruch von Leuten nie loswerden, die vor 30 Jahren in unerschütterlicher Selbstgerechtigkeit „Soldaten sind Mörder“ skandierten und heute mit ebenso unerschütterlicher Selbstgerechtigkeit militärisch wie politisch sinnlose Auslands-Kampfeinsätze (Afghanistan oder Mali) zu TINA erklären.

                Bah …

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • Stefan Sasse 17. Juni 2023, 16:52

                  Dir ist schon klar, dass diese Leute praktisch alle nicht mehr aktiv sind? Habeck ist Jahrgang 1969, der war seinerzeit gerade in der Schule und ist immerhin 2002 (!) den Grünen beigetreten. Baerbock ist Jahrgang 1980 (!), genauso wie Anne Spiegel, die war da gerade geboren! Ricarda Lang, der Schreck aller Bürgerlichen, ist 1994 gebohren. Cem Özdemir ist Jahrgang 1965, der war da vielleicht aktiv. Lisa Paus ist Jahrgang 1969, trat den Grünen 1995 bei. Künast, Ströbele, Roth etc. spielen doch überhaupt keine Rolle mehr. Das ist wie die CDU an Schäuble zu messen oder so.

                  • Thorsten Haupts 18. Juni 2023, 14:41

                    Dann weis mir doch mal den Weg zu positiven öffentlichen Aussagen, Gesetzesinitiativen oder Bundestagsanträgen zur Bundeswehr oder zur NATO vor 2021? Wenn´s die nicht gibt, nehme ich an, dass die von Dir genannten mit der Gnade der späten Geburt die Haltung derjenigen übernommen haben, wegen derer sie in die Partei eingetreten sind.

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

                    • Dennis 19. Juni 2023, 14:03

                      Wie gut, dass wir da andere Leute hatten, die am Drücker waren. z.B. den Finanzminister Schäuble (Partei?) , der den Guttenberg (Partei?) Magerkost aufs Auge gedrückt hat, die aber dann immerhin auf der Zeitschiene etwas gestreckt wurde.

                      https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-schaeuble-gibt-guttenberg-laenger-zeit-zum-sparen-a-747500.html

                      Das Strecken beim Abwracken der Bundeswehr war der FDP wiederum gar nicht recht. U.a. General Lindner (okay „Generalsekretär“, damals) pflegte davor zu „warnen“. Die FDP hatte die grandiose Idee, die Bundeswehr „attraktiv zu sparen“, so deren „Haushaltsexperte“ Fricke zu damaliger Zeit.

                      Dass bei der geplanten Aussetzung der Wehrpflicht ja kein Rückzieher gemacht wird, war die größte Sorge von Lindner.

                      O-Ton Lindner in einem Interview mit dem „Hamburger Abendblatt“:

                      „Jetzt dürfen keine Zweifel genährt werden, die Aussetzung der Wehrpflicht stünde wieder zur Disposition“.

                      So war das vor ca. 12 Jahren (is noch nicht soooo lange her) und danach lief’s so weiter. Wie gesagt, ein Segen, dass die rotgrün Versifften nicht (mehr) dran waren; z.B. so jemand wie Struck (2002-2005) .

                    • Thorsten Haupts 19. Juni 2023, 14:21

                      Kein Widerspruch von meiner Seite. Was genau hat das mit der eindeutigen und klaren Frage zu tun, die ich gestellt habe?

          • Thorsten Haupts 16. Juni 2023, 21:54

            Und abgesehen davon war das nicht mal der Punkt. Es ging um „Brandmauer zum Irrsinn“ – und die ist schon vor vielen Jahren eingerissen worden.

  • sol1 14. Juni 2023, 13:05
  • Stefan Pietsch 14. Juni 2023, 13:56

    Leider ein sehr ideologischer, statt politisch analytischer Artikel, der einige wichtige Fakten schlicht ausblendet. Es beginnt mit dem Header. Die AfD hat kommunizierende Röhren – allerdings mit allen anderen Parteien.

    Die Union steht inzwischen wieder bei knapp 30 Prozent, geringfügig unter dem letzten Merkel-Ergebnis von 2017, hat also ihren Wähleranteil seit der Bundestagswahl 2021 signifikant erhöhen können. Im gleichen Zeitraum verdoppelte die AfD jedoch ihren Anteil von 11%. Das sind eben keine kommunizierenden Röhren.

    Genau das behaupten die bekanntesten Demoskopen auch nicht. Sie führen das Umfragehoch der Rechtsextremisten auf die Regierungspolitik zurück, wo die CDU es nicht versteht, den Ärger adäquat aufzunehmen und zu kanalisieren. Ihre Distanz zur Regierung ist zu gering.

    Doch das Stimmungshoch, verursacht durch SPD und Grüne, ist Stefan nur einen einzigen Satz wert. Einordnung geht anders. Lieber führt er das Hoch der AfD auf die angebliche ideologische Nähe zu den Unionswählern zurück. Doch nach wissenschaftlicher Einschätzung gelten Wähler von Rechtspopulisten in wesentlichen Teilen als unpolitisch. Deswegen unterscheiden sie sich auch so massiv von den anderen Gruppierungen, was man wissen könnte, würde man Studien lesen.

    2016 kam eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu dem wenig überraschenden Resultat, dass die LINKE von einem großen Teil Unzufriedener, Wütender gespeist wird. Die damalige Parteivorsitzende Kipping entschied auch aufgrund der Daten, die LINKE als Lifestyle- Großstadtpartei zu positionieren. Die dadurch enttäuschten Stimmen sind erwartungsgemäß zur AfD gewandert.

    Die Grünen haben ebenfalls mit der AfD kommunizierende Röhren. Beide bilden Extrempunkte des Spektrums. Genau wie die Zustimmung zu den Grünen fällt, steigt sie zur AfD. Auch das von Stefan erwähnte Phänomen, dass die AfD von immer weniger Bürgern als nicht wählbar angesehen wird, findet sich spiegelbildlich bei den Grünen. Seit der Bundestagswahl hat das Verhältnis jener Menschen, die auf gar keinen Fall die Ökos wählen würden im ähnlichen Verhältnis zugenommen. Das hat eben ganz wesentlich mit der zweitgrößten Regierungspartei zu tun.

    In Erding fand eine Demonstration ohne die AfD statt. Die Organisatoren hatten sowohl eine gemeinsame Ausrichtung als als Redner der Rechtsextremisten abgelehnt. Dies dennoch zu behaupten, ist ziemlich übel weil krass wahrheitswidrig. In Leipzig fand vor Wochenfrist eine Demo für die Linksterroristin Lina E. An dem Aufruf beteiligte sich auch die Grüne Jugend, die das rechtsstaatliche Urteil heftig kritisiert hatte.

    Im Anschluss zur Demo kam es zu gewaltsamen Übergriffen auf die Polizei. Die Teilnehmer distanzierten sich auch nicht von dem gewalttätigen Teil. In Erding fand eine absolut friedliche Demonstration von nach Status und Habitus Mittelklasse-Deutschen statt. Wie sonst, Herr Sasse, sollen Bürger in einer Demokratie zum Ausdruck bringen, dass sie einen Gesetzentwurf ablehnen? Nicht nur Dein Reflex ist – ohne jeden Beleg ! – immer der Gleiche: das können nur Rechtsradikale und Querdenker sein, die gegen eine linke Politik demonstrieren.

    Is‘ klar.

    • sol1 14. Juni 2023, 17:58

      „…nach Status und Habitus Mittelklasse-Deutschen…“

      Auf Fotos und Videos ist allerdings ein Aluhut-Mob zu sehen:

      https://www.volksverpetzer.de/aktuelles/desaster-soeder-querdenken-erding/

    • Erwin Gabriel 16. Juni 2023, 10:39

      Leider ein sehr ideologischer, statt politisch analytischer Artikel, der einige wichtige Fakten schlicht ausblendet. Es beginnt mit dem Header. Die AfD hat kommunizierende Röhren – allerdings mit allen anderen Parteien.

      Die Union steht inzwischen wieder bei knapp 30 Prozent, geringfügig unter dem letzten Merkel-Ergebnis von 2017, hat also ihren Wähleranteil seit der Bundestagswahl 2021 signifikant erhöhen können. Im gleichen Zeitraum verdoppelte die AfD jedoch ihren Anteil von 11%. Das sind eben keine kommunizierenden Röhren.

      Zustimmung

  • cimourdain 14. Juni 2023, 15:36

    Du erwähnst den Auftritt von Markus Söder in Erding. Die gesamte Geschichte dieser Veranstaltung ist differenziert und zeigt, wie schnell diese Ein-Tweet Selbstbestätigung in die Irre führen kann:

    Angemeldet wurde die Demonstration von einem ortsansässigen Optiker, der schon länger gegen das Heizungsgesetz ankämpft sowie von einer (ebenfalls ortsansässigen) Kabarettistin, die dank BR (ÖR-Medium) überregional bekannt ist. Eigentlich sollten keine Politiker auftreten, aber in Bayern ist Wahljahr und so sind die Fraktionsvorsitzenden der drei „normalen“ bürgerlichen Parteien als Redner angetreten: Söder (CSU), Aiwanger (FW) und Hagen (FDP). Nicht zugelassen wurde ein Redner der AfD (und die Veranstalter haben sich ausdrücklich von dieser Partei distanziert), worauf diese eine eigene Demonstration in unmittelbarer Nähe angemeldet hatte. (Ebenfalls haben die Grünen eine Gegendemonstration angemeldet.) Als Söder gesprochen hat, wurde er von den AfDlern (die natürlich ‚herüberkommuniziert‘ sind) ausgepfiffen.

    Nachspiel: Die Grünen fordern von Aiwanger für dessen „Arsch offen“ Sprüche den Rücktritt. Ein Münchner Grünen-Stadtrat hat sich sogar zu einem Nazi-Opfer-Vergleich verstiegen und musste deswegen zurücktreten.

    • Stefan Sasse 14. Juni 2023, 15:57

      Ich weiß, dass das kompliziert ist, und wollte das auch ausdrücken. Mein Punkt ist ja gerade, DASS es super schwer ist, sich da „richtig“ zu verhalten.

      • Stefan Pietsch 14. Juni 2023, 16:20

        Markus Söder sprach auf einer Demonstration gegen die übliche Horrorversion der Heizungspläne der Regierung (die mit den realen Absichten ja praktisch nichts zu tun haben), auf der sich alle möglichen Arten von Verschwörungstheoretiker*innen, Freien Wählern, AfD-Leuten und einer Menge „besorgter Bürger“ tummelten.

        Du hast die Demonstranten kurzerhand zu Spinnern erklärt, gefährliches Pack. Zur mit Unterstützung der Grünen durchgeführten Demo für eine verurteilte Linksterroristin kein Gift. Besser, Stefan, hättest Du nicht skizzieren können, worin die Spaltung dieses Landes liegt.

        • Stefan Sasse 14. Juni 2023, 16:49

          Nein, habe ich nicht. Projiziere nicht ständig irgendwelchen Kram.

          • Stefan Pietsch 14. Juni 2023, 17:06

            Ich kann Dir gerne noch einmal fett markieren, wer aus Deiner Sicht die Teilnehmer der Veranstaltung waren:

            alle möglichen Arten von Verschwörungstheoretiker*innen, Freien Wählern, AfD-Leuten und einer Menge „besorgter Bürger“ tummelten

            Wo nimmst Du zur Kenntnis, dass es zum Großteil ganz normale Bürger waren. Keine Faschisten, keine Querdenker, keine Reichsbürger.

            Die Regierung hat inzwischen die meisten kritischen Punkte des Heizungsgesetzes (selbst der Name wurde geändert) vom Spielplan genommen. Besteht die Regierung nun aus lauter Querdenkern? Anscheinend haben die wichtigsten politischen Repräsentanten dieses Landes eingesehen, dass da viele Murks und unzumutbar war. Genau in diesem Sinne war die Veranstaltung in Erding.

            Das, Stefan, ist eben das Gift, das Du auch verabreichst. Und vielleicht schaffst Du es ja demnächst, Serienstraftäter als Serienstraftäter zu bezeichnen.

            • sol1 14. Juni 2023, 17:59

              „Keine Faschisten, keine Querdenker, keine Reichsbürger.“

              Hier der Gegenbeweis:

              https://www.volksverpetzer.de/aktuelles/desaster-soeder-querdenken-erding/

              • Stefan Pietsch 14. Juni 2023, 18:38

                Dann müssen Sie sich erstmal mit Stefan einigen. Der überlegt noch, ob das Normalos waren oder rechte Spinner.

                Ansonsten wissen Sie, dass ich Ihre Quelle nicht akzeptiere, ein linksaktivistisches Schmierblatt ohne journalistische Kontrolle. Würden Sie ja auch so sehen, wenn Sie schon den Cicero ablehnen.

                • sol1 14. Juni 2023, 20:52

                  „…wenn Sie schon den Cicero ablehnen.“

                  Wo tue ich das?

                  „…dass ich Ihre Quelle nicht akzeptiere…“

                  Die Echtheit der Fotos wirst du ja schlecht bestreiten können.

                • Stefan Pietsch 14. Juni 2023, 21:22

                  Waren Sie das nicht vor ein paar Wochen?

                  Ich fotografiere und filme. Jeder Film ist eine Manipulation. Und selbst die ARD (oder war’s das ZDF?) haben vor einiger Zeit zu Bildern gegriffen, die nicht darstellten was sie darstellen sollten.

                  Nein, ich vertraue nur Quellen, die sich hohen Qualitätsstandards verpflichten. Schon deswegen käme ich nie auf die Idee, von Twitter, Facebook oder irgendwelchen Blogs zu zitieren. Sie können mich altmodisch nennen, aber Stefan ist zuletzt mit seiner unkritischen Handhabe von Tweet auch etwas auf die Schnauze geflogen. 😉

                  • sol1 15. Juni 2023, 00:02

                    „Waren Sie das nicht vor ein paar Wochen?“

                    Ich habe *hier in diesem Thread* eine TV-Sendung mit einem Cicero-Journalisten verlinkt.

                    „…aber Stefan ist zuletzt mit seiner unkritischen Handhabe von Tweet auch etwas auf die Schnauze geflogen. “

                    Ich bislang nicht.

                    Ich habe oben auch einen Schwenk über das Publikum verlinkt. Viel Glück beim Versuch, dieses Bild des Grauens schönzureden!

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