Aktuell ist die AfD ein Umfragengewinner. Die Partei ist deutlich zweistellig und hat mittlerweile sowohl die SPD als auch die Grünen überholt. Der wohlige Grusel, der dabei von mancher Seite empfunden wird, steht direkt neben zahlreichen Artikeln zu der Frage, warum dem so sein könnte. Die Erklärungen sind so vielfältig, dass sie zusammengenommen nur noch eine Kakophonie darstellen. Auffällig ist, wie oft sie einem Schema gleichen: „Die AfD ist wegen dem erfolgreich, wovon ich ohnehin schon überzeugt war.“ In diesem Sinne sind die AfD und ihr Erfolg eine Art Spiegel der Bundesrepublik: wer auch immer hineinblickt, sieht sich selbst. Das ist für die Debatte nur sehr eingeschränkt zielführend.
Schauen wir einmal auf die Fülle von Erklärungsansätzen, die mit in den letzten Tagen – ohne eine dedizierte Suche – durchs Aufmerksamkeitsfeld glitt. Da wären einige journalistische Ansätze:
- Der Politikwissenschaftler Udo Knapp in der taz: „Der in der Öffentlichkeit und von FDP, Union und auch SPD bisher unwidersprochen gebliebene Hass auf den Vizekanzler und die Grünen stärkt die Demokratiefeinde, Corona-Leugner, Russenfreunde, Reichsbürger, Klimaleugner, treibt der AfD Wähler zu […]“
- Friederike Haupt in der FAZ über den Tonfall der CDU: „Dieser Ton ist es, der Angst, Ahnungslosigkeit und Wut stärkt, nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern, in denen Populisten auf dem Vormarsch sind. Die Rede davon, dass die Welt in Normale und Unnormale einzuteilen sei, in Wohltäter und Egoisten, in Pazifisten und Kriegstreiber, klingt der ganzen Menschheit im Ohr.“
- Zara Riffler findet für die BILD: „AfD kommt auf 19 %. Alarmierend. Ein wesentlicher Grund: Migrationspolitik. Viele Migrationsanreize senden, während Migration nicht begrenzt wird, das Land sich dauerhaft an Kapazitätsgrenze bewegt & Sorgen der Bürger nicht ernst genug genommen werden – das kann nicht gut gehen..“
- Harald Martenstein in der Welt: „Viele wenden sich der Option AfD gerade aus antitotalitären Motiven zu. Sie haben den Eindruck, dass ihr Land sich zu einem historisch neuen Typus von Diktatur entwickelt, zu einem Land, in dem Freiheit und Bürgerrechte wenig gelten, wo Privatsphäre und Widerspruch nicht mehr selbstverständlich sind, wo Spitzel hofiert, aber die westliche Zivilisation und ihre Lebensweise verteufelt werden und wo eine wirtschaftlich und sozial geradezu suizidale Klima- und Migrationspolitik als alternativlos zu gelten hat. Davor suchen diese Wähler Schutz, man kann sagen: verzweifelt. Der Union aber trauen diese Wähler nicht mehr den Mut zu, den es heute braucht, um die Interessen der Mehrheit auch mal gegen lautstarke Minderheiten zu verteidigen.“
- Christian Stöcker im Spiegel: „Immer geht es gegen die Grünen. Aber nicht gegen die echten, mit denen man koaliert, sondern gegen eine fiktive Partei, die die Marktwirtschaft ablehnt, Planwirtschaft einführen und Heizungen verbieten will. Eine Partei, die angeblich im Alleingang will, was man in Wahrheit selbst schon im Koalitionsvertrag festgelegt hat. Gegen eine Strohmann-Partei. […] Wenn man den Stil der Extremisten – Drama, Diffamierung, Desinformation – übernimmt, treibt man die Leute diesen Extremisten in die Arme.“
Die Politiker*innen selbst haben diverse Erklärungsansätze, die, wenig überraschend, immer bei den anderen liegen.
- Friedrich Merz: „Das Land wird von vielen Menschen anders wahrgenommen als im Justemilieu der Regierungsparteien. Wenn die ganz normalen Leute kein Gehör mehr finden, wenden sie sich denen zu, die besonders scharf dagegen sind, ob ganz rechts oder ganz links.
- Merz weiß auch, dass das Gendern bei den ÖRR die AfD stärkt: „Mit jeder gegenderten Nachrichtensendung gehen ein paar hundert Stimmen mehr zur #AfD. Gegenderte Sprache und identitäre Ideologie werden von einer großen Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr nur im Stillen abgelehnt. Sie werden als übergriffig empfunden.“
- Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt macht „linke Gesellschaftspolitik“ verantwortlich (Cannabis-Legalisierung und Verbot von Süßigkeitenwerbung). Es gebe einen „sehr engen Meinungskorridor“. Viele dieser Themen „brennen aber vielen Leuten unter den Nägeln und es regt sie auf, dass das Meinungsspektrum der Bevölkerung nicht ausreichend abgebildet wird.“
- CDU-Politiker Thorsten Frei erklärt: „An den demoskopischen Daten lässt sich ablesen, wie die Werte der AfD mit der zunehmenden Enttäuschung über Politik und Zerstrittenheit der Ampel-Koalition gestiegen sind. Die Menschen sind mit harten Themen konfrontiert: Rezession, Inflation, mit steigenden Energiepreisen, ungeordneter Migration. Sie erleben auf der einen Seite die Dysfunktionalitäten im alltäglichen Leben und auf der anderen Seite eine Regierung, die entweder diese Herausforderungen nicht sieht oder hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt ist.“
- CDU-Vize Karin Prien: „Die bisweilen schrillen Vorwürfe einiger Ampel-Politiker gegen die Union machen nur das demokratische Klima weiter kaputt und fördern eine weitere Polarisierung unserer Gesellschaft. Alle demokratischen Parteien tragen gemeinsam Verantwortung, diese zu verhindern.“
- Olaf Scholz: „Wir leben in einer Zeit der Umbrüche, in der ganz viele Bürgerinnen und Bürger in unseren Ländern nicht so sicher sind, ob die Zukunft auf ihrer Seite ist und ob sie eine haben. Das schafft Unsicherheit und Resonanz für Parteien, die schlecht gelaunt das Vergangene loben. Um Populisten entgegenzutreten, müssen wir dafür Sorge tragen, dass Europa, dass unsere Länder, eine Zukunft haben, an die man glauben kann“.
- SPD-Geschäftsführerin Katja Mast: „Die Menschen sind im Dauerstress.“
- SPD-Politikerin Lilly Blaudzun: „Die meisten […] wählen AfD nicht, weil sie rechts sind, sondern weil wir unseren Job nicht richtig machen.“
- Irene Mihalic von den Grünen: „Die CDU muss aufhören, die Sprache der AfD zu übernehmen. Denn Populismus trägt zur Normalisierung der AfD bei und schadet damit der Demokratie insgesamt.“
- LINKE-Fraktionschef Dietmar Bartsch: „Ein Blick nach Italien, Frankreich oder Schweden zeigt, dass es tiefe wirtschaftliche, soziale und gesellschaftspolitische Ursachen für den Aufstieg von Rechtsextremisten gibt. Alle demokratischen Parteien in Deutschland sowie etwa auch die Medien tragen Verantwortung. Der aktuelle Alarmismus stärkt übrigens erneut die AfD.“
- Alice Weidel: „Wenn die etablierten Kräfte versagen, sucht sich der Souverän neue Vertreter als demokratisches Korrektiv. Die Ampel-Koalition bedroht mit absurden Verbotsgesetzen, fortgesetzter Gängelung und einer desaströs gescheiterten Energiepolitik den Wohlstand und die bürgerlichen Freiheitsrechte breiter Bevölkerungsschichten. Dass die Bürger sich in einer solchen Situation der einzigen Oppositionspartei zuwenden, die konsequent Gegenpositionen vertritt, ist kein „Umfrageschock“, sondern eine ganz normale Reaktion in einer funktionierenden Demokratie.“
Twitter hat natürlich auch einiges zu bieten.
- Geradezu klassisch ist Ruprecht Polenz auf Twitter unterwegs: „Die Nebenwirkungen der Globalisierung: Migration und Überfremdungsängste, Unübersichtlichkeit, Kontrollverlust, immer schnellere Veränderungen.“
- Der Twitter-User Kaffeecup: „CDU/CSU haben dieses Land 16 Jahre lang kaputtgespart, in Wohnungsnot, Armut, Ungleichheit und Pflegenotstand geführt und rechte Narrative verbreitet […]“
- Twitter-User Frank Rauschenberg: „Wesentliche Ursache für die Spaltung unsere Gesellschaft und den erfolg der AfD ist @axelspringer, ist #BLÖD […]“
Soweit meine sicherlich unvollständige Sammlung. Den geneigten Lesenden dürfte aufgefallen sein, dass praktisch jede*r und alles am Aufstieg der AfD schuld ist, vom Genderstern und der Hafermilch bis hin zu der gesamtwirtschaftlichen Lage weltweit. Nur, wenn alles irgendwie verantwortlich für den Erfolg der AfD ist, ist es irgendwie auch nichts. Und die Partei steigt in den Umfragen, sicherlich, aber sie steht jetzt nicht eben vor der Eroberung der absoluten Mehrheit im Bundestag.
Unbestritten sollte sein, dass der Erfolg der AfD multikausal ist. Den einen Grund, selbst das eine Grundbündel, wird man nur schwer finden können. Was allerdings alle der obigen Erklärungen eint ist die kuriose Geringschätzung der Wählenden. Die Suche nach dem Grund, warum Leute die AfD wählen, schließt deren eigene Handlungsfähigkeit vollkommen aus. Anders ausgedrückt: auf den Gedanken, dass Menschen die AfD wählen WOLLEN, scheint irgendwie niemand zu kommen. Stattdessen wird ein Bild von den Wählenden als beeinflussbarer, zielloser Masse geschaffen, die durch irgendwelche Fehler (natürlich der anderen) von der rechten Bahn abgebracht (oder auf die rechte Bahn gebracht, ha ha ha) werden.
Dabei weiß die Extremismusforschung seit Langem, dass ein guter Teil der Wählenden rechtsextrem wählt, weil er rechtsextreme Einstellungen gutheißt: laut einer Studie der Uni Leipzig sind rund 13% der Deutschen rechtspopulistisch, rund 33% latent rechtspopulistisch eingestellt. Das war auch noch nie anders. Wir hatten in Deutschland nur jahrzehntelang das außerordentliche Glück, dass es dem Rechtsextremismus nicht gelungen ist, sich zu normalisieren. Solange die Vokabeln „rechts“, „rechtsradikal“ oder „rechtsextrem“ mit so kompetenten und attraktiven Gestalten wie der NPD oder den Republikanern verknüpft waren, gelang die Strategie, diese Sympathisierenden weitgehend in demokratische Parteien einzubinden, auch noch (wir haben ja gottseidank auch keine attrativen linksextremen Parteien; die MLPD übt etwa so viel Anziehungkraft wie die NPD aus). Auch das beliebte Narrativ der „Protestwählenden“ hält einer genaueren Überprüfung so nicht stand und ist letztlich nur eine Variante dieser Geringschätzung.
Die Datenlage ist insgesamt leider nicht besonders gut: zwar existieren halbwegs zuverlässige Informationen über die Wählendenschaft aus der Bundestagswahl; die aktuellen Umfragen aber lassen sich nur informiert schätzweise zuordnen. Zuerst einmal die Fakten, wir kennen: zwischen den Wahlen 2017 und 2021 verlor die AfD die allermeisten Stimmen (über 800.000) an das Nichtwählendenlager. Der größte andere Einzelanteil ging an die FDP, der es gelang, rund 340.000 Stimmen an sich zu binden. Es ist eine plausible Annahme, dass es der AfD in der Zeit seither gelungen ist, einen Teil dieser Wählenden zurückzugewinnen. Die Nichtwählenden von 2021 sind vor allem eine Frage der Mobilisierung. Sie waren offensichtlich nicht für eine andere Partei zu gewinnen. Man kann also davon ausgehen, dass diese Menschen vermutlich auch keine andere Partei wählen würden.
Mit Marcel Lewandowsky stellt sich daher die Frage: Lohnt sich also der Versuch, diese Wählenden „zurückzugewinnen“? Die Antwort darauf ist gar nicht so klar, wie das zuerst den Anschein hat. In der öffentlichen Debatte wird zwar immer fleißig das Ziel eben jener „Rückgewinnung“ ausgegeben, aber das geht vom irrigen Bild aus, dass es sich quasi um verirrte Schäfchen handle, die man nur wieder einfangen müsse, und nicht um Leute, die eine genuine Wahlentscheidung getroffen haben. Parteien aber haben endliche Ressourcen, und für ihre Wählenden gilt ja dasselbe: auch hier sind die Verluste ans Nichtwählendenlager üblicherweise die größten; die Mobilisierung eigener Anhänger*innen ist daher von hoher Priorität.
Parteien profitieren aber davon, wenn ihre Themen in der Öffentlichkeit verhandelt werden. Das nennt sich „issue ownership„. Wird etwa viel über das Leid der Erwerbslosen und die unzureichende Höhe der Sozialleistungen diskutiert, profitiert überdurchschnittlich die LINKE, weil sie issue ownership über das Thema hat. Für die SPD wäre daher die Thematisierung ein zweischneidiges Schwert: man gibt der eigenen Basis Zuckerle und schärft das sozialpolitische Profil. Gleichzeitig stärkt man aber den Konkurrenten. Dasselbe geschieht, wenn die Themen, über die die AfD issue owenship besitzt, den öffentlichen Diskurs dominieren. Wir sahen das 2017 mit den Themen Migration und Flüchtlingen, und wir sehen es auch dieser Tage.
Was nämlich zeichnet die AfD aus? Einerseits das erwähnte Thema, das aber aktuell eher unter „ferner liefen“ rangiert (wenngleich es im Frühjahr 2023 einen merklichen Aufschwung gegenüber 2020-2022 erfuhr). Andererseits aber die Identität der Partei als Anti-Establishment-Partei, als Anti-System-Partei, als Anti-Partei generell. Wenn also diffuse Ängste und Verunsicherung herrschen, stehen einer solchen Partei goldene Zeiten bevor – weswegen die CDU auch nicht so sehr kapitalisieren kann, wie sie das als Oppositionsführung eigentlich sollte: sie gehört offenkundig auch zum System. Es überrascht daher nicht, dass die AfD ihren größten Zugewinn nicht jetzt, wo plötzlich alle darüber reden, gemacht hat (2023 legte sie rund 2% zu), sondern im Sommer 2022, als der Ukrainekrieg, die Inflation und die Energieknappheit neu und viel angstbeladener waren als heute (in diesem Zeitraum gewann sie 5%!).
Die ganze Debatte kommt daher mit fast einem Jahr Verspätung und ist eher Ausdruck des Spiegelproblems. Aktuell streitet die Koalition stark untereinander, während die CDU mit großer Schärfe die Regierung angreift. Die AfD wird für alle Beteiligten zum rhetorischen Knüppel, den sie gegen ihre jeweiligen Gegner schwingen; sie ist der große Spiegel der Bundesrepublik. Das hat den extrem gefährlichen Nebeneffekt, die AfD zu normalisieren, völlig ungeachtet ihrer Umfragewerte. Und in diesem Drama spielt notgedrungen die Union die Hauptrolle, denn eine Koalition zwischen den Antipoden Grünen und AfD ist nicht eben realistisch.
Aber darum geht es im zweiten Teil.
Ich finde diese Diskussion schon fast schreiend komisch. Es gibt erkennbar Themenfelder, in denen die AfD die einzig glaubwürdige Opposition darstellt (Gender oder Migration z.B.) und es gibt Wähler, die sie deswegen wählen. Die AfD bildet ein Spektrum ab, von dem Teile noch unter Helmut Kohl einen wohlwollend geduldeten Flügel der Union darstellten, das ging unter Merkel vollständig verloren, Und andere Teile waren damals Nichtwähler oder wählten Republikaner etc. – also rechtsradikale Parteien, die nicht so eklig wie die NPD erschienen.
Mit anderen Worten – die AfD bildet ein genuines Interesse eines hinreichend grossen Anteils der deutschen Wähler ab, was genau das ist, was eine Demokratie leisten soll. Und ich sage voraus, dass man sie nicht auf Dauer in der Opposition isolieren kann – ich war selbst vor Ort lebend dabei, als ein solches Langzeitexperiment in Belgien nach mehr als einem Jahrzehnt implodierte (ging dort um den Vlaams Belang). Hauptgrund für die nicht dauerhafte Isolierbarkeit ist natürlich die Union – ohne Machtperspektive und unter dem ständigen Mediendruck des „Aber das nützt doch der AfD“ und „Man stimmt niemals mit der AfD“ würde sie ständig dazu zwingen, gegen ihre bzw. die Interessen ihrer Wählerschaft zu handeln und abzustimmen. Natürlich freut das die GRÜNEN, aber auf Dauer macht das keine mir bekannte Partei auf der Welt mit.
Also werden wir die AfD irgendwann in Regierungen, sehr wahrscheinlich zuerst Landesregierungen, sehen. Sehe keinen realistischen Weg der daran vorbeiführt.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts 9. Juni 2023, 08:47
Ich stimme allem zu – besonders den Aussagen, dass die ursprüngliche AfD einst ein wohlwollend (!) geduldeter Flügel der Union war und dass es zu einigen Themenkomplexen keine andere Opposition gibt.
Yes.
Was ist dann mit Merz‘ „Wir haben mit diesen Leuten nichts zu tun“?
Der meint das – Stand heute – durchaus ernst. Es werden noch ein paar für die Union zunehmend frustrierendere Jahre ins Land gehen, bevor jemand dort den ersten Schritt macht. Also weder morgen noch übermorgen.
Falls sich die AfD bis dahin nicht doch noch selbst zerlegt. Ausschliessen würde ich das nicht. Bisher waren die deutschen Rechtspopulisten und Rechtsradikalen ungeschlagene Meister der Selbstverstümmelung. Aber das ist auch die einzige Hoffnung, die „Never AfD“-Leuten bleibt.
Gruss,
Thorstren Haupts
@ CitizenK 9. Juni 2023, 18:24
Was ist dann mit Merz‘ „Wir haben mit diesen Leuten nichts zu tun“?
Die AfD, die einst – unter Prof. Lucke – wohlwollend geduldeter Flügel der Union war, hat sich inzwischen – aktuell dominiert von Björn Höcke – schon ein ordentlich nach rechts bewegt.
Jepp.
Hab noch gar nicht zu Ende gelesen, wollte aber schon mal fix ein Video einwerfen, dass die öffentliche Debatte zum Thema AfD in 30 Sekunden hervorragend zusammenfasst:
https://www.youtube.com/watch?v=2paOYObEhoA
Die (nicht mehr vorhandene) Brötchentaste nicht zu vergessen, die auch schon für den Erfolg der Bürger in Wut in Bremen herhalten musste.
Obwohl ich bei aller Quatschigkeit diese Vorstellung, dass da jemand in der Bremer Innenstadt parkt und ob des Fehlens der Brötchentaste mit dem Fuß aufstampft und wahltaktisch Amok läuft, um es „denen da oben“ mal so richtig zu zeigen – doch bezeichnend finde.
Und ja wäre mir schon lieb, bevor wir jeden und alles verantwortlich machen, die Verantwortung wieder an diejenigen zurückgeben, die die AfD wählen und nicht zu fußstampfenden Kleinkindern erklären. Eigenverantwortung und so.
Auch wenn dazu die wenig erbauliche Erkenntnis gehört, dass 20-30% der Wahlberechtigten verbitterte Ekelpakete sind, die die Welt brennen sehen wollen. (v.a. hassen sie Ausländer und Grüne, denn seien wir mal ehrlich, mehr ist vom Programm der AfD eh nicht bekannt, obwohl ich diesen „Schockeffekt“ auch noch mit einbeziehe)
Womit sich für mich auch schon die Frage der Rückgewinnung beantwortet. Meiner Erfahrung nach ist nämlich mit Leuten, die partout alles scheiße finden wollen (und erst zufrieden sind, wenn auch gefälligst alle anderen alles scheiße finden), keine konstruktive Zusammenarbeit möglich und der Versuch sie einzubinden geht meistens schief und ist nicht gut für den eigenen Stresslevel.
Der Vergleich führt jetzt vermutlich zu weit, aber das wäre tatsächlich auch meine Empfehlung, dass die Politik konstruktiv an ihrem Zeug arbeitet und Totalverweigerer ignoriert. Mal abgesehen davon, dass mir absolut schleierhaft ist, wie man denn Leute, die einfach alles politische (v.a. Ausländer und die Grünen, aber eben auch das ganze System) ablehnen, zurückgewinnen will.
@ Ariane 9. Juni 2023, 13:32
Ich kann mit Deinem Beitrag überhaupt nichts anfangen, denn Du betrachtest offenbar die AfD so, wie diese angeblich alles andere betrachtet: „Ist halt alles Scheiße“.
Unabhängig davon, dass es sicherlich genügend Leute mit extremeren Weltbildern gibt (links- wie rechtsextrem) gibt es in der Tat viele Themenfelder, die von anderen Parteien
linksrechts liegengelassen werden:• Kein anderes Land sammelt so viele Flüchtlinge ein und versorgt sie auf derart hohem Niveau (was natürlich und selbsterklärend zu Lasten der rechtlichen Gesellschaft geht). Weder werden wir durch Gesetze dazu gezwungen, noch macht es in irgendeiner Weise Sinn, wenn Politiker ständig neue Gründe für „Asyl“ und Flucht definieren, die angeblich zu Aufenthalt und Versorgung berechtigen.
• Auch das Schindluder, dass mit dem Euro getrieben wird – Gemeinschaftsschulden, By-Outs, Staatsfinanzierung – geht nun mal vielen auf den Sack. Erkennbar ungesundes Verhalten, dass jetzt für „Frieden“ sorgen soll, aber Probleme nur in der Zukunft anhäuft.
• Ein weiteres Thema ist dieses unglaubliche Wichtigtun mit Spezialthemen von Minderheiten und Randgruppen, sei es nun Gendern oder das aufplustern und Feiern „diverser“ Themen. Kann man gerne alles machen, wenn man die „großen“ Probleme löst. Tut man aber nicht.
• Ja, ein Stück weit gehört hier auch das hier schon öfter diskutierte Thema Steuern dazu. Besitz, Vermögen und Einkommen werden unsinnigerweise in den gleichen Topf geworfen. Dann nimm dazu die offenbare Unfähigkeit, der letzten Bundesregierungen, trotz alljährlich und erheblich steigenden Staatseinnahmen all den vielen (infra-)strukturellen Problemen nicht fertig zu werden.
• Nimm dazu, dass man etwa bei Corona oder jetzt beim Klimawandel immer gleich mit der Verbotskeule und moralischer Attitüde versucht, die Bevölkerung zu ihrem Glück zu zwingen bzw. stets diesen Eindruck erweckt; ich rede hier nicht von der Sinnhaftigkeit bestimmter Maßnahmen, sondern in erster Linie von Kommunkation, die von Leuten zu kommen scheint, die ihre Wähler und Wählerinnen offenbar als unmündige Kinder wahrnehmen.
Was die Rückgewinnung der Wähler angeht, sehe ich allerdings auch schwarz. Die Union hat sich unter Merkel von einem Teil ihrer Wähler getrennt (nicht umgekehrt), und die haben halt ein neues Zuhause gefunden. Kann man es ihnen vorwerfen? Ich zumindest kann es nicht. Und dass sie, so sie sich erstmal eingerichtet haben, der „Verschlichtung“ und Vereinfachung der dortigen Themen zum Opfer fallen, ist nachvollziehbar; geschieht ja bei Grünen und Linken genauso.
Ich kann mit Deinem Beitrag überhaupt nichts anfangen, denn Du betrachtest offenbar die AfD so, wie diese angeblich alles andere betrachtet: „Ist halt alles Scheiße“.
Die AfD des Jahres 2023 ist nun mal großteils eine faschistoide Partei. Die hat nichts mehr mit der AfD aus ihrem Gründungsjahr gemeinsam, bei denen man noch irgendwie auf Probleme mit dem Euro hinweisen konnte, da war ja noch alles im Fluss und sie hätte sich einfach zu einer Art „bürgerlich-konservativen“ Alternative entwickeln können, aber doch nicht heutzutage.
Deine Kritikpunkte mögen ja berechtigt sein, aber die heutige AfD ist eben keine bürgerlich-konservative Partei, die bisschen komisch ist oder wo der Höcke halt mal radikaler auf die Pauke haut oder so.
Und tut mir leid, aber ich lasse das Argument „was bleibt den Leuten anderes übrig, als die AfD (des Jahres 2023) zu wählen?“ nicht gelten.
Da gibts echt noch ne ganze ganze Menge mehr, was sich so anbietet.
Kann man es ihnen vorwerfen? Ich zumindest kann es nicht.
Doch ich schon, aber aus ganz anderen Gründen. Weil nämlich gerade von Links gerne gerufen wird, dass die Leute halt arm, doof und abgehängt sind und deswegen auf die AfD verfallen. (gerne mit Selbtgeißelung, dass man sich nur selbst mehr um die Armen, Doofen und Abgehängten hätte kümmern müssen)
Und ich hasse dieses Argument. Jeder Bürgerliche würde meinen Familienhintergrund als arm, doof und abgehängt bezeichnen und niemand – absolut niemand – wäre jemals auf die Idee gekommen, deswegen eine faschistische Partei zu wählen. Auch als armer, doofer und abgehängter Mensch kann man Verantwortung tragen und sollte das nicht als Entschuldigung für gefährliche Wahlentscheidungen nehmen. Und ich bin links und setze mich für linke Politik ein, weil Armut, Doofheit und Abgehängtsein nicht schön sind. Aber bestimmt nicht, damit die keine Nazis wählen, da müssen sie schon selber für sorgen.
Die AfD des Jahres 2023 ist nun mal großteils eine faschistoide Partei.
Wenn das so ist, könnte man sie jetzt dann ja mit Erfolg vor dem BVerfG als Partei verbieten – jetzt ist sie gross genug, um auch nach dem NPD-Urteil des Gerichtes als echte Gefahr eingestuft zu werden.
Ich habe diese Partei nicht mit dem allergrössten Interesse verfolgt. Aber nach allem, was ich weiss – glaubt jemand ernsthaft, man könne der Partei in Gänze nachweisen, dass sie die grundgesetzliche Ordnung Deutschlands umstürzen will? Ich glaube das nämlich eher nicht. Und eklig zu sein alleine ist eben kein Verbotstatbestand.
Gruss,
Thorsten Haupts
Parteiverbote haben in Deutschland aus gutem Grund sehr sehr hohe Hürden. Sowohl der Jugendverband als auch der völkische Flügel (oder gewisse Landesverbände, weiß ich nicht genau) sind aber schon als so verfassungsfeindlich eingestuft, dass sie als Verdachtsfall gelten. Das heißt, das BVerfG erlaubt ausdrücklich sowas wie Lauschangriff zum Beispiel, das ist schon die Vorstufe falls es jemals zu einem Verbotsverfahren kommt.
Es geht also a) um mehr als „ekligsein“ und b ) hab ich persönlich da gar keine Meinung zu, ob ich für ein Verbot bin, weil das halt wieder andere Probleme mit sich bringt.
Exakt.
@ Ariane 9. Juni 2023, 19:13
Die AfD des Jahres 2023 ist nun mal großteils eine faschistoide Partei.
Nein
Die hat nichts mehr mit der AfD aus ihrem Gründungsjahr gemeinsam, bei denen man noch irgendwie auf Probleme mit dem Euro hinweisen konnte, da war ja noch alles im Fluss und sie hätte sich einfach zu einer Art „bürgerlich-konservativen“ Alternative entwickeln können, …
Zustimmung
Deine Kritikpunkte mögen ja berechtigt sein, aber die heutige AfD ist eben keine bürgerlich-konservative Partei, die bisschen komisch ist oder wo der Höcke halt mal radikaler auf die Pauke haut oder so.
Zustimmung.
Zu Deiner Erinnerung: Ich habe auch mal (als noch Prof. Lucke der Partei vorstand) die AfD gewählt. Ich bin da rausgerannt, als das mit der Ausländerfeindlichkeit losging. So sehr ich gegen Merkels Politik war und bin, jeden berechtigten und unberechtigten Asylsuchenden nach Deutschland zu locken und zu versorgen, so sehr ist mir klar, dass wir auf Zuwanderung angewiesen sind.
Und tut mir leid, aber ich lasse das Argument „was bleibt den Leuten anderes übrig, als die AfD (des Jahres 2023) zu wählen?“ nicht gelten.
Da gibts echt noch ne ganze ganze Menge mehr, was sich so anbietet.
Dann nenn mal bitte jemandem, dem die CDU zu weit nach links gerückt ist, der gegen unsere Zuwanderungspolitik, gegen die Staatsfinanzierung und Schuldenverallgemeinerung in der EU ist, dem die Wichtigtuerei um Gendern, Divers & Co. zu weit geht, der sich von der ständigen Panikmache und den hohlen Diskussionen um den Klimawandel genervt fühlt, eine Alternative.
Dann nenn mal bitte jemandem, dem die CDU zu weit nach links gerückt ist, der gegen unsere Zuwanderungspolitik, gegen die Staatsfinanzierung und Schuldenverallgemeinerung in der EU ist, dem die Wichtigtuerei um Gendern, Divers & Co. zu weit geht, der sich von der ständigen Panikmache und den hohlen Diskussionen um den Klimawandel genervt fühlt, eine Alternative.
Das klingt doch nach einer Aufgabe für Wolfgang Kubicki und seine FDP … ^^ 😉
Aber Spaß beiseite. Du hast kein Recht auf eine Partei, die genau alles das vertritt, was Du Dir wünschst. Wenn Du eine solche Partei willst, dann gründ halt selber eine. Oder such Dir eine Kleinstpartei, die noch nicht im Bundestag ist und mach Werbung. Oder wart eben ab, bis Dir der Zeitgeist wieder entgegenkommt.
Ich hatte in den 2010er Jahren auch keine Partei, die realistischerweise an die Regierung hätte kommen können und die die ganzen neoliberalen Reformen rückabgewickelt hätte. Ich habe jahrelang frustriert gewartet. Irgendwann hat sich der Zeitgeist in meine Richtung bewegt und SPD und Grüne sind wieder auf mich zugekommen.
Mit etwas Warten prognostiziere ich, wird die CDU auch wieder auf Dich zukommen.
@ Ralf 11. Juni 2023, 22:48
Das klingt doch nach einer Aufgabe für Wolfgang Kubicki und seine FDP … ^^
Da bin ich zwar gelandet, aber wegen Lindner, nicht wegen Kubicki. Ansonsten ist das KEINE Aufgabe für die FDP; deren Themen-Schwerpunkte zielen in die Richtung, Selbstständigen und Unternehmern das Leben zu erleichtern.
Du hast kein Recht auf eine Partei, die genau alles das vertritt, was Du Dir wünschst.
Das habe ich nicht verlangt. Aber wenn ich meine Themenschwerpunkte habe, die vor einigen Jahren von der Union abgedeckt wurden, und die nun weder die Union noch eine andere Partei (außer der AfD) abdeckt, wird es halt schwierig. Und dann stellt sich die Frage, ob ich lieber eine Partei wähle, mit denen ich in 80% der Themen Übereinstimmung habe, während mich 20% annerven, oder ob ich, weil alle anderen das von einem wie mir erwarten, eine Partei wähle, mit der ich in allen wichtigen Punkten außer einem oder zwei über Kreuz liege.
Wenn Du eine solche Partei willst, dann gründ halt selber eine.
Und wenn Du mit Deinem Friseur, Deiner Autowerkstatt oder Deinem Handwerker nicht zufrieden bist, lernst halt selbst Haare schneiden, schrauben oder installieren.
Früher hieß das „geh doch rüber in die Zone“.
Oder such Dir eine Kleinstpartei, die noch nicht im Bundestag ist und mach Werbung.
Hab ich so geklungen, als sein mir langweilig? Folgst Du Deinen eigenen Beispielen, um Deine politischen Vorstellungen durchzusetzen? Gründest Du die HSP (Höhere Steuern Partei – Slogan „enteignet nicht nur Springer“)?
Ich hatte in den 2010er Jahren auch keine Partei, die realistischerweise an die Regierung hätte kommen können und die die ganzen neoliberalen Reformen rückabgewickelt hätte. Ich habe jahrelang frustriert gewartet. Irgendwann hat sich der Zeitgeist in meine Richtung bewegt und SPD und Grüne sind wieder auf mich zugekommen.
Du schreibst wie jemand, der glaubt, er könne Schach spielen, weil er weiß, wie ein Bauer zieht. Wie schon an anderer Stelle geschrieben: Dass der Strom aus der Steckdose, das Wasser aus dem Hahn oder das Geld aus der Wand kommt, wird als selbstverständlich angesehen; ist es aber nicht. Die Kunst ist, all das dort hinzukriegen. Und dafür sorgt in erster Linie dieser ganze neoliberale Kram.
Die Leute, die sich ständig darüber Gedanken machen, wie viel andere haben und was man ihnen noch mehr wegnehmen könnte, haben noch wenig bis nichts selbst auf die Beine gestellt.
Ist die Putin-Affinität nicht trotzdem ein Ausschlussgrund? Eine Partei, die indirekt einen Terrorstaat unterstützt, kann man als Demokrat nicht wählen.
@ CitizenK 12. Juni 2023, 11:01
Ist die Putin-Affinität nicht trotzdem ein Ausschlussgrund? Eine Partei, die indirekt einen Terrorstaat unterstützt, kann man als Demokrat nicht wählen.
Coole Argumentation: Das ist bequem, nicht wahr, dass man die Partei, die inhaltlich die größte Gefährdung für „Deine“ gesellschaftspolitischen Ansichten ist, nicht wählen „darf“, weil „Demokraten das nicht tun“ 🙂
Das ist wie bei „Herr der Ringe“ und dem Kampf gegen die Orks: Die muss man nur anschauen und weiß sofort, wie böse die sind. Da braucht man nach Inhalten nicht mehr zu fragen.
Beobachtung am Rande: eine Reihe von Russlandfalken bezeichnet die Russen als „Orks“. Finde ich total weird.
Hmmmm. Weisst Du eigentlich, wie viele Computerspiele es gibt, in denen die Orks dem weitgehend immer gleichen Stereotyp (dumme, verfressene, brutale, physisch superstarke Haudraufs) entsprechen? Die TW Warhammer Serie, die Spellforce Serie, Divinity: Original Sin, The Elder Scrolls, Dragon Quest, Warhammer 40.000 Serie, Middle Earth Serie, Blood Bowl (um nur einen Ausschnitt zu nennen).
Würde ich nach einem verbreiteten, leicht verständlichen, Stereotyp für „brutale Schurken“ suchen, wäre das – mit sehr weitem Abstand – meine erste Wahl 🙂 .
Gruss,
Thorstern Haupts
Ich finde es weniger wegen mangelnden Verständisses für die Metapher befremdlich als wegen der Entmenschlichung.
Jo. Die ist unter Menschen normal, in sehr klaren schwarz-weiss-Fällen wie diesem sogar unter den gebildeten und sensiblen.
Die Entmenschlichung?
Auf dem Level ja. Mach Dir bitte klar, dass Deine Definition von Entmenschlichung für die Bezeichnung der russischen Invasoren als „Orks“ ziemlich sicher NICHT von einer Mehrheit getragen würde. Herabsetzende Sprache gegen Leute, die man als Feind (nicht politischer Gegner oder Konkurrent) ansieht, ist bis heute ziemlich normal. In allen politischen Lagern.
Gruss,
Thorsten Haupts
Das muss man ja aber trotzdem nicht gut finden, oder?
In einer freien Gesellschaft musst Du – Gott sei Dank – überhaupt nichts ausser die existierenden Gesetze einhalten.
Korrekt. Nichts anderes habe ich behauptet.
Jetzt machst Du es Dir aber zu bequem. Es gab auch mal eine Partei, die einige meiner „gesellschaftspolitischen Ansichten“ abdeckte.
Mein Ausschlussgrund: Antisemitismus, Sympathien für vergangene und gegenwärtige Diktaturen.
Dann nenn mal bitte jemandem, dem die CDU zu weit nach links gerückt ist, der gegen unsere Zuwanderungspolitik, gegen die Staatsfinanzierung und Schuldenverallgemeinerung in der EU ist, dem die Wichtigtuerei um Gendern, Divers & Co. zu weit geht, der sich von der ständigen Panikmache und den hohlen Diskussionen um den Klimawandel genervt fühlt, eine Alternative.
Naja, was hast du gemacht? Eine Alternative hat sich für dich ja durchaus ergeben (sagt ja keiner, dass es tolle Alternativen sind, aber es ist eben nicht zwangsläufig)
Man könnte ja auch gar nicht wählen, oder eine Kleinstpartei oder den Stimmzettel ungültig machen. Oder doch eine der etablierten anderen Parteien, weil kleineres Übel. Ich hab auch noch nie eine Partei gewählt, weil ich alles toll fand, was die in ihrem Programm hatte. Auch diese Entscheidungen sind ja letztlich immer Kompromisse.
Zu Deiner Erinnerung: Ich habe auch mal (als noch Prof. Lucke der Partei vorstand) die AfD gewählt. Ich bin da rausgerannt, als das mit der Ausländerfeindlichkeit losging. So sehr ich gegen Merkels Politik war und bin, jeden berechtigten und unberechtigten Asylsuchenden nach Deutschland zu locken und zu versorgen, so sehr ist mir klar, dass wir auf Zuwanderung angewiesen sind.
Ja deswegen hab ich nochmal die Jahreszahlen dazu gepackt. Man kann ja geteilter Meinung sein, ob sie ganz oder teilweise heute faschistoid ist, aber sie hat sich krass radikalisiert. Und 2010 (oder so, also die Anfangsjahre) war sie noch in viele Richtungen offen, sie hätte sich ja tatsächlich in so eine Art eurokritische Wirtschaftspartei verwandeln können oder in eine Art Professorenpartei (a la Kirchhoff vielleicht). Wäre auch nicht mein Ding gewesen, aber eben was ganz anderes als dieser krass rechtsextreme Einschlag, der dann v.a. nochmal durch diese Dominanz des völkischen Flügels kam.
Und da gehts nicht nur um das Inhaltliche (das ganze Programm kennen die vermutlich nicht mal selbst), sondern die (Bild-)Sprache hat sich auch massiv verändert und (und das ist weder links/rechts noch exklusiv bei einer Partei), das nimmt schnell eine Eigendynamik an, die nicht oder nur schwer aufzuhalten ist. So Leute wie dich, die nur genervt von der Merkel-CDU waren/sind und was konservatives wollen – haben die schon spätestens nach Pauli verloren und wenn sie dahin zurückrudern, verlieren sie wiederum die, die sie jetzt genau deswegen wählen. Und gerade im Osten, wo sie gerade extrem erfolgreich sind, sind ihre Wähler ähnlich radikal, ist kein Zufall, dass Höcke in Thüringen unangefochtener Chef ist.
[Dann nenn mal bitte jemandem, dem die CDU zu weit nach links gerückt ist, der gegen unsere Zuwanderungspolitik, gegen die Staatsfinanzierung und Schuldenverallgemeinerung in der EU ist, dem die Wichtigtuerei um Gendern, Divers & Co. zu weit geht]
Das sind alles (große) Mehrheitspositionen in der Gesellschaft, keine Orchideenthemen. Wenn Du zustimmst, dass diese Positionen so nicht von gemäßigten Parteien im Deutschen Bundestag vertreten werden, darf es nicht verwundern, wenn sie derer eine populistische Partei annimmt. Genau das ist das Kernproblem mit der AfD.
Die AfD ist trotz ihres nationalistischen Kurses gerade extrem erfolgreich. Der Grund kann eigentlich nur darin liegen, was Erwin und Thorsten Haupts bemängeln. Sonst wäre eine solche Zustimmung nicht denkbar. Auch wenn Stefan anderes behaupten mag, die Deutschen sind nicht über Nacht zu einem Volk von Nationalisten geworden.
Verzeihung, meinst du mich?
Und nein, es ist nicht mein Empfinden, dass die CDU zu weit nach links gerutscht ist, aber ich kann durchaus verstehen, dass zb Erwin das anders empfindet.
Auch wenn Stefan anderes behaupten mag, die Deutschen sind nicht über Nacht zu einem Volk von Nationalisten geworden.
Stefan hat das auch nicht behauptet und ich hab die AfD noch nie nationalistisch genannt. Und davon ab hat die AfD ja keine 50% oder mehr, dass 20% der Deutschen (meinetwegen teilweise) weniger Probleme mit extremistischen Ansichten haben, ist ja durch Studien gut belegt. Die Aussage, dass das alles seriöse Wähler sind, die die AfD wählen weil die CDU zu links ist, ist genauso quatschig, als wenn ich behaupte, AfD-Wählende wären samt und sonders Faschisten. Sorry, wenns zu prollig war. Wusstest ja, worauf du dich einlässt.
„Dann nenn mal bitte jemandem, dem die CDU zu weit nach links gerückt ist, der gegen unsere Zuwanderungspolitik, gegen die Staatsfinanzierung und Schuldenverallgemeinerung in der EU ist, dem die Wichtigtuerei um Gendern, Divers & Co. zu weit geht, der sich von der ständigen Panikmache und den hohlen Diskussionen um den Klimawandel genervt fühlt, eine Alternative.“
Die Parteineugründungen von Lucke und Petry, die exakt auf dieses Profil zugeschnitten waren, sind gefloppt. Die Nachfrage nach einer Partei zwischen Union und AfD scheint also sehr gering zu sein.
Hier wird schon wieder ein menschenverachtender Dreck gepostet, also sorry Leute, schönen Abend noch.
Ebenso korrekt wie Stefans und Erwins Anmerkungen. Die Frage ist effektiv: wer bestimmt in der Partei?
Thorsten^^
Aber ja, sieht man hier ja auch in den Diskussionen. Die hat sich nicht nur im Laufe der Zeit mehrmals stark verändert, sondern das sind riesige Unterschiede, ob man sich zum Beispiel den Landesverband Thüringen oder Schleswig-Holstein anguckt.
Wählendenschaft
Wenn man solche Gaga-Wörter liest, kann man die Neigung vieler Menschen zur AfD schon ansatzweise verstehen. Nicht dass die AfD irgendwelche Lösungen zu bieten hätten. Aber sie ist das Sammelbecken derjenigen, die das Gefühl haben, dass ihnen die Welt wegfließt.
Dass gerade die Sprache elementarer Teil der kulturellen Verwurzelung ist, müsste doch eigentlich jeder verstehen. Tun aber viele trotzdem nicht.
Noch 10, 15 Jahre weiter, und wir haben amerikanische Verhältnisse.
Ich finde der Journalist Wieduwilt hat es in seiner Kolumne auf den Punkt gebracht (vgl. https://www.n-tv.de/politik/politik_wieduwilts_woche/Deutschland-am-Kipppunkt-Wuenscht-sich-jeder-Fuenfte-den-Rechtsextremismus)
Der Stärke der AfD ist eine hausgemachte Krise der übrigen Parteien, die in den letzten Jahren immer mehr das Vertrauen der Menschen erschüttert haben. Gerade im Osten, wo es keine starken Bindungen zu Parteien gibt, sind dann die Fliehkräfte zu den Extremen besonders gross.
Ob Agenda 2010, Eurokrise, Finanzkrise Migrationskrise, Coronakrise – in jeder dieser Krisen verspielte die Politik zunehmend
das Vertrauen seiner Bürger und förderte den Riss zwischen Regierung und Regierten.
Ich will das sich die Ampel-Parteien und die Union endlich anstrengen die Dinge besser zu machen und diese ollen Kulturkämpfe sein lassen. Ich will einen Bundeskanzler der regiert und nicht moderiert und ich will einen Oppositionsführer den ich so Ernst nehmen kann, dass er eine Alternative sein kann.
Schon, aber du wählst ja auch nicht AfD. Man muss vorsichtig sein, die eigenen Präferenzen auf die Wählenden der AfD zu projizieren.
Ob Agenda 2010, Eurokrise, Finanzkrise Migrationskrise, Coronakrise – in jeder dieser Krisen verspielte die Politik zunehmend
das Vertrauen seiner Bürger und förderte den Riss zwischen Regierung und Regierten.
Krisen sind schwerwiegende Störungen der üblichen gesellschaftlichen Prozesse, die unseren Wohlstand erhalten und fördern. Sie sind per Definition nicht mit einfachen Lösungen zu bewältigen, denn sonst – vorausgesetzt die Politik ist nicht bösartig – hätte man sie bereits gelöst. Mit anderen Worten: Krisen können per Definition nur unter Schmerzen und meist unter signifikanten, zumindest temporären, Wohlstandsverlusten bewältigt werden. Die Frage ist in der Regel nur, wer diese Wohlstandsverluste zu beklagen haben wird. Die Ärmsten? Die Reichsten? Die Arbeitslosen? Die Jungen? Die Alten? Die, die eine Gasheizung zuhause haben? Oder im Falle einer Schuldenaufnahme die nächste Generation?
Egal wer der Leidtragende sein wird, der der draufzahlt, dessen Vertrauen hat die Politik per Definition verspielt. Die Zahl der Bürger, die Verständnis für die eigene Belastung hat, ist praktisch null. Nicht vorhanden. Existiert nicht.
Dein Vorwurf, die Politik habe in den vielen Krisen das Vertrauen der Menschen verspielt, macht folglich keinen Sinn. Es gab nie eine Alternative – also eine, die nicht das Vertrauen verspielt hätte – insbesondere auch deshalb, weil die meisten, der von Dir genannten Krisen garnicht hausgemacht waren. Die Coronakrise kam z.B. aus China zu uns und wenn sich eine tödliche Infektionskrankheit weltweit ausbreitet und uns vor die Optionen Wirtschaft oder Überleben stellt, dann kostet uns das als Gesellschaft absehbar horrende Summen und führt auch offensichtlich zu zahlreichen unvermeidbaren kleineren und größeren Ungerechtigkeiten. Dasselbe gilt für die Finanz- und Eurokrise (übrigens zwei Begriffe für die gleiche Krise), die in erster Linie durch die laxe Kreditvergabekultur in den USA bedingt war. Dass die Politik in diesen Krisen wesentlich anders hätte reagieren können, ist schlicht falsch. Was sich auch daran zeigt, dass die Reaktionen auf diese Krisen weltweit sehr ähnlich waren. Praktisch alle Staaten haben in der Finanzkrise unter massiver Schuldenaufnahme ihre Banken gestützt. Praktisch alle Staaten haben in der Coronakrise Lockdowns verhängt. Wenn praktisch alle Staaten der Welt das gleiche tun – Demokratien wie Diktaturen, westliche wie östliche Länder, europäische wie asiatische Länder, christliche wie islamische Länder, liberale wie konservative Länder – dann ist das ein starker Hinweis darauf, dass es keine gesellschaftlich akzeptablen Alternativen gab.
Wenn die Krise bereits da ist, ist das Kind in den Brunnen gefallen. Statt unsinnige (weil unbezahlbare) Forderungen aufzustellen, dass dem Bürger die logischen Belastungen erspart werden sollten, sollte man lieber versuchen Krisen in der Zukunft zu vermeiden und/oder abzumildern.
Zu guten Teilen stimme ich dir zu. Eine Krise zeichnet sich dadurch aus, eine schwerwiegende Störung zu sein, und weder diese noch ihre Lösung wird üblicherweise viel Anklang finden. Aber: Merkel war sehr erfolgreich als Krisenmanagerin. Das lag sicher daran, dass sie Krisen generell weniger löste als wegverwaltete. Aber das mochten die Leute, und man vertraute ihr dafür auch. Dieses Vertrauen entzog die Bevölkerung ihr erst nach 2016. Ich denke, man kann Krisen schon besser und schlechter angehen. Siehe auch Corona: die erste Hälfte 2020 war das Vertrauen hoch, das erodierte erst danach.
Stimme hier irgendwie allen in vielen Punkten zu.
Der Stärke der AfD ist eine hausgemachte Krise der übrigen Parteien, die in den letzten Jahren immer mehr das Vertrauen der Menschen erschüttert haben.
Ich werde da immer ein bisschen misstrauisch, dass es irgendwann mal eine Zeit gegeben haben soll, so ohne Krisen und Unberechenbarkeit und wo alle Menschen der Politik und Parteien vertraut haben. So eine Art Idealzustand gab es sicher nicht.
Ich glaube, wir haben hier eine Gemengelage aus zwei Dingen.
a) wir haben tatsächlich gerade sehr viele Krisen, die direkt in den Alltag von allen eingreifen. Wie eben Corona und die Gaskrise durch den Ukrainekrieg. (also nicht sowas wie ein Krieg in Afghanistan und EU-Querelen, die man bei Bedarf ja einfach komplett ignorieren kann)
und b ) Politik, Medien und social media schaffen eine Gemengelage, die dazu einlädt, in rabbit holes zu kriechen. Wer es bis zum Ende schafft, glaubt auch, dass Echsenmenschen Chemtrails einsetzen für Weltherrschaft.
Das ist das Extrem, aber die Ideen, „alle sollen enteignet werden“ oder „die Grünen wollen Fleisch verbieten“ sind schon viel viel verbreiteter, obwohl das genauso unzutreffend ist wie Echsenmenschen mit Chemtrails. Und ich glaube dieser Eintritt in so ganz andere Parallelwelten ist sehr viel einfacher als früher.
Ich mach das ja manchmal und guck mal, wie in bestimmten Filterbubbles der Stand der Debatte ist (links gibts das natürlich auch, das ist kein alleiniges rechts-Ding, die sind nur gerade sehr laut und aufgeregt, theoretisch kann man sich wahrscheinlich auch zum radikalen Sockenträger hochsteigern)
Und was mir besonders auffällt, ist diese permanente Alarmstimmung – in Verbindung mit Wut. Ernsthaft, ich bin schon emotional erschöpft, wenn ich mir das nur eine Stunde lang ansehe. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es Leuten geht, die da voll dabei sind. Das ist nicht gesund, kein Wunder, wenn es dann schwerfällt, klare Gedanken zu fassen.
Und ich glaube hier haben wir vielleicht wirklich eine Veränderung, der Einstieg ist sehr leicht. Und drinbleiben auch und dafür braucht man nicht mehr – wie früher – vielleicht irgendwelche dunklen Ecken im Internet.
Das ist nicht wie früher, wo man mal kurz über die Verkommenheit von Politikern schimpft und danach ein Eis essen geht.
Und ich hab da übrigens auch keine Lösung, aber deswegen hab ich massiv Bedenken, wenn seriöse PolitikerInnen und Medien diese Schiene auch fahren, das schwappt immer mehr in die allgemeine Atmosphäre einer Gesellschaft rein. Und das ist immer attraktiver als Sachpolitik, das ist ja das Problem. Aber es ist nicht gesund und leider meiner Meinung nach im Kern auch immer destruktiv.
Und – Ampel hin oder her, arm, doof und abgehängt hin oder her – ich glaube die AfD ist tatsächlich eher sowas wie der parlamentarische Arm dieser Destruktivität als etwas anderes. Wohlstand für alle und gute Ampelpolitik würden daran vermutlich gar nicht soviel ändern.
Nun ja, spätestens die zweite Hälfte der Achtzigerjahre gilt als solche Phase. Ich kann mich weder an eine ernstzunehmende Krise noch größere Debatte der damaligen Zeit erinnern. Die anschließende Honeymoonphase der Wiedervereinigung endete dann 1992. Das war eine lange Zeit der vollumfänglichen Glückseeligkeit.
Unzweifelhaft gibt es heute Menschen, die die Hysterie der sozialen Medien mitmachen. Dazu zählen Du und Stefan ja auch, darüber hatten wir vor Tagen eine Debatte. Irgendetwas wird auf Twitter gepostet und statt es als das zu nehmen, was es ist (Loop hole), wird es als Tatsache verbreitet. Aber ansonsten stelle ich weder in meinem Job noch im privaten Umfeld Hysterie, welche die Leute zum Verstecken zwingt.
Ich kann mich allerdings hier an Artikel erinnern, die zwecks Corona und zuletzt dem Klimawandel („Wüste in Deutschland“) regelrecht am Rad drehten. Wenn das Akademiker tun, wieso erwartet man von Menschen mit einfacherem Schulabschluss mehr Ruhe?
Ich finde das, was viele Akademiker im Politischen treiben, verantwortungslos. Ich war gerade vor wenigen Wochen gezwungen, meine Leute an die Hand zu nehmen, weil eine unternehmerische Entscheidung und Maßnahme die gesamte Belegschaft zutiefst verunsichert hat und Vorstand und Aufsichtsrat (stumm) weder die richtigen Worte noch das richtige Vorgehen fanden. Die politischen Parteien sind keine „Kümmerer“ mehr, schon gar nicht die SPD, wo viele im Wolkenkuckucksheim leben. Also vertrauen ihnen die Menschen nicht. Eigentlich logisch.
Das ist kein links-rechts-Ding. Das sollte jedem schon beim ersten Blick klar werden. Außer dem Antipoden zur AfD, den Grünen (oft mit den gleichen spinnerten Ideen) wechseln die Wähler relativ schnell von links nach „rechts“ zur AfD. Sie ist nach westdeutscher Gesäßgeographie eine rechte Partei. Tatsächlich, das setzt sich immer mehr durch, ist sie eine sehr unpolitische Partei.
Die Ampel macht in wesentlichen Themenfeldern eine Politik für 10 bis 20 Prozent der Gesellschaft. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn man keine 50 Prozent Zustimmung erreicht. Das hat nichts mit destruktiven Ansichten zu tun.
Ich finde das, was viele Akademiker im Politischen treiben, verantwortungslos.
Völlig korrekt. Das vorhersagbare (und vorhergesagte) Ergebnis der Massenausbildung für nicht existierende Jobs in den Geisteswissenschaften. Ich kann bei 90% hysterischer twitter-Beiträge ohne zusätzliche Kenntnisse sagen, aus welchem akademischen Umfeld die Hysteriker kommen.
Unzweifelhaft gibt es heute Menschen, die die Hysterie der sozialen Medien mitmachen. Dazu zählen Du und Stefan ja auch, darüber hatten wir vor Tagen eine Debatte
Lol, also ich habe hier sicherlich nicht an einer Debatte über meiner Hysterisierung durch soziale Medien teilgenommen. Mag sein, dass du mir das irgendwo vorgeworfen hast, aber im Zwecke einer guten Atmosphäre in diesem Forum, gehe ich nicht mehr drauf ein.
Warum? Mal so als Tipp: Weil du mir hier irgendwas von meiner Hysterisierung unter meinen Kommentar reinrotzt (ja, reinrotzt!) und nicht mal bemerkt hast, dass ich selber geschrieben haben, dass es kein Links-Rechts-Ding ist.
Wenn du irgendeine Form von Debatte wünscht, dann lies doch erstmal, bevor du direkt auf einen Kommentar antwortest. Ansonsten rotz so viel rein wie du willst, aber dann ignoriere ich dich. So ganz unhysterisch.
Die nächste (Linke), die mir zumindest androht micht zu ignorieren. So langsam wird das zum Standard. Merkst Du eigentlich, dass kein „Rechter“ dieses Blogs androht und noch vollzieht, Andersdenkende zu ignorieren? Das ist eine der unangenehmen Spezialitäten von Linken und einer der Gründe, weshalb wir unter diesem Post überhaupt debattieren.
Stefan hat ja eine Vorliebe, Tweets zu verlinken. Wiederholt wurde ihm nun die Fragwürdigkeit seiner Quellen vorgehalten. Seine letzte Antwort: Er sehe die FDP als Verbotspartei, also könne er doch genau das als Teaser für einen Tweet setzen – der nichts davon bestätigte.
In den gut zwei Jahren der Pandemie hattest Du eine sehr harte, ich bezeichne es als „illiberale“ Haltung. Andersdenkende waren da schnell „Covidioten“, „Coronaleugner“ oder nur welche, die zu wenig Gemeinsinn hätten („Egoisten“). Ich gebe zu – und das ist nicht zu leugnen – das Verhalten der Meinungsmehrheit in der Pandemie hat für tiefe Verletzungen gesorgt, die nicht einfach dadurch geheilt sind, dass die „Illiberalen“ zur Tagesordnung übergehen und sich das nächste Objekt für ihr paternalistisches Denken suchen.
Mein Gegenargument war, dass die Hysterie höchstens von Protagonisten in den sozialen Medien und von einigen politischen Lobbyisten bis zu den Unterstützern der Letzten Generation betrieben wird. Wer ungeprüft Tweets mit zweifelhaftem Inhalt verbreitet, beteiligt sich an dieser Mache. Im normalen Leben der meisten spielt das keine Rolle, denn die meisten sind weder auf Twitter noch Instagram noch TikTok aktiv. Das sind Medien für Jüngere, die weder die Mehrheit der Wähler stellen noch zu den glühensten Unterstützern der AfD zählen.
Soweit Du etwas von mir weißt, dann, dass ich für Kraftausdrücke wie Du sie jetzt mehrmals verwendet hast, wenig bis nichts übrig habe. Das ist Prollgehabe. Also ignoriere mich nur. bei einer solchen Tonlage haben wir gerade nichts zu besprechen.
Das ist kein Links-Rechts-Ding^^
Es tut mir ernsthaft leid, weil wir hier schon ewig schreiben, und ich weiß ja, dass man mit dir früher jedenfalls vielleicht harte, aber auch lustige und interessante Debatten führen konnte. Aber in letzter Zeit ist das echt nicht mehr möglich.
Soweit Du etwas von mir weißt, dann, dass ich für Kraftausdrücke wie Du sie jetzt mehrmals verwendet hast, wenig bis nichts übrig habe. Das ist Prollgehabe. Also ignoriere mich nur. bei einer solchen Tonlage haben wir gerade nichts zu besprechen.
Ja bitte! Intellektuell hochwertige Beleidigungen sind übrigens genauso verletztend und wenn du darauf – direkt unter meinem Kommentar! – verzichtest, pack ich auch nicht meine Prollsprache aus. Simple as that
Dafür machst du die Hysterie der Welt gerne mit. Immun sind wir da alle nicht.
Sehe ich nicht. Ich bekomme ja die „Aufreger“-Themen meist erst mit Verspätung von Tagen und Wochen mit. Da sind sie nicht nur in den konventionellen Medien angekommen, sondern auch ein ganzes Stück durchgekaut.
Die meisten Leute interessieren sich nicht für Politik und haben praktisch keine Ahnung von dem, was gerade passiert. Das muss man sich immer wieder klarmachen. Eine Klasse von mir war letzthin total überrascht als ich ihnen gesagt habe, dass die Letzte Generation nur sehr wenig Leute sind; die gingen davon aus, dass das hunderttausende sind. Nur als ein willkürliches Beispiel.
Finde die Erklärungsversuche drollig.
Die AFD hat mittlerweile dermaßen viele Alleinstellungsmerkmale, so dass sie allen Parteien Wähler abgraben kann und wird.
1. Einzige Anticoronamassnahmen Partei. Die totalitären 2G Massnahmen und die Hetze der alten Parteien und der ihnen nahestehenden Leitemedien inklusive ö.r.R haben die 10 bis 20% Ungeimpften nicht vergessen.
2. Der SPD graben sie schon seit Hartz4 die klassischen Arbeiterwählerschaft ab. Hinzukommt, dass Arbeiter mit der Wokoharam Partei die Linke, nix anfangen können.
3. Der FDP, alle Wähler die Zensur- und Kontrollmassnahmen kategorisch ablehnen, bei DigitalService Act, NetzDG, Landesmediengesetze, Chatkontrolle inkl. Verschlüsselungsverbot, jedes Auto per EU Gesetz mit GPS Schnüffelchip ausgestattet, der auch nicht abgeschaltet werde darf, und Impfpflicht. Und als Sahnehäubchen der WHO Vertrag, der jegliche Gewaltenteilung aufhebt und die WHO im Pandemiefall zum totalitären Führer macht. Es entscheidet übrigens die WHO wann eine Pandemie anfängt und aufhört.
4. Der CDU allen Wählern die klassische Familie und Nationalstaat gut finden.
5. Die ständig steigende Kriminalität durch Ausländer und das das Ausbleiben der Fachkräfte dafür das anschwellen der Eingewanderten in Hartz4 wird auch nur von der AFD thematisiert und ist Wasser auf ihre Mühlen. Ich hatte stets gesagt humanitär ist die Aufnahme in Ordnung, wer aber versucht dies als Nutzen für die BRD darzustellen wird voll auf die Nase fallen. Hier hat die AFD Recht behalten ob einem das gefällt oder nicht. A fact is a fact.
Bislang war das alles eher nicht so wichtig. Denn „It is the economy stupid“ und die lief dank unglaublichen Verschuldungsorgien auch bei Corona. Jetzt läuft durch eine völlig verkorksten Klimapolitik – wegen deren konzeptlosigkeit ich übrigens die Grünen vor Jahren verließ – die Wirtschaft nicht mehr. Industrie wandert ab, Arbeitsplätze sind bedroht und eine Defacto Enteignung von Wohnraum treibt die Bürger um.
Derzeit ist auch die CDU eine in der Wolle gefärbte grün rote Partei und die FDP nur noch ein Witz. Die AFD ist die einzige Alternative.
Ich tippe das wird so weiter gehen, bis die Politik sich ändert, danach sieht es aber nicht aus. In den letzten Wahlen haben die sonstigen Parteien schon bis zu 10% geholt. Wenn die Wirtschaft weiter abraucht dürften noch deutlich mehr AFD wählen.
Wenn die Angst vor Enteigung , Job- und Vermögensverlust größer ist als die vor irgendwelchen Pandemien und dem aussterben der Eisbären kommt die Stunde der AFD.
Diese Regierung aus korrupten, dementen, ungelernten und Studienabrechern, sowie Wahlbetrügern traue ich ein totales wirtschaftliches Desaster zu. Zumal die Leitmedien als Regulativ ausfallen und brav alle Regierungskritiker als Nazis, Schwurbler, Antisemiten, Verschwörungstheoretikern, Wutbürgern und Populisten diskreditieren.
Es war übrigens eine Verschwörungstheorie, dass die grünen Pässe mit ihren Reisebeschränkungen dauerhaft eingeführt werden sollen, und dass bei der Impstoffzulassung dauerhaft mit Notfallzulassung gearbeitet soll.
Das ist jetzt Verschwörungspraxis:
https://norberthaering.de/news/who-eu-covid-certificate/
Verschwörungstheorie war auch, dass das Klima als nächstes genommen wird um Grundrechte einzuschränken. Ich hatte das im Anschluß an Corona hier gepostet und wurde als „zu extrem“ bezeichnet.
https://www.nordkurier.de/politik/umweltrat-will-bei-umweltschaedlichem-verhalten-schuldgefuehle-hervorrufen-1627907
Headline: ‚Seit Corona wisse man, dass die Bevölkerung auch „empfindlich einschränkende“ Maßnahmen akzeptiere, schreibt ein Expertengremium der Bundesregierung. So solle es auch beim Klimaschutz laufen.‘
Und zur tollen Nebenwirksamkeit der mRna Impfung kann ich nur die von 7 Wissenschaftlern peer reviewte Studie zur Übersterblichkeit in Deutschland empfehlen.
https://assets.cureus.com/uploads/original_article/pdf/149410/20230523-18780-kpzba5.pdf
Ab Mitte 2021 starte die Übeersterblicheit bei den jüngeren Jahrgängen, was startet da in Deutschland? Fun Fact Drosten erklärte die Pandemie für beendet als die Übersterblichkeit von 2020 bis 2022 MAXIMAL war. In 2020 hatten wir keine außergewöhnliche Übersterblichkeit.
https://t.me/barucker/6039 (Video von Prof. Kuhbander in der er seine Studie kurz vortsellt.
Noch ein Datensatz. Die Zahl der in den USA gemeldeten „Disablities“ stieg nicht in 2020 sondern in Q1 2021.
https://fredblog.stlouisfed.org/2023/06/more-workers-with-a-disability-have-joined-the-labor-force/?utm_medium=email&utm_campaign=FRED%20Data%20News%200623&utm_content=FRED%20Data%20News%200623+CID_8848b5ee34bc0f8f2a7a0f044082d957&utm_source=Research%20newsletter&utm_term=a%20remarkable%20increase%20in%20the%20proportion%20of%20men%20and%20women%20with%20a%20disability%20in%20the%20US%20labor%20force
Was hat die USA da in der Altersgruppe des Charts der 18 bis 65 Jährigen gestartet?
Zufall, nöö. In UK sieht es genau so aus.
https://jdee.substack.com/p/uk-personal-independence-payments-f89?utm_source=substack&utm_medium=email
Im Artikel wird ein starker Anstieg der Meldung wegen „Disablities“ 3 Monate nach Start der Impfungen errechnet. Erfasst an Hand der Anträge auf Leistung. FunFact (steht nicht im Artikel) in UK müssen die Disablities min. 3 Monate vorliegen bevor man einen Antrag stellen kann.
An der „milden Myocarditis“ sterben nach Studien bislang 4,4% derjenigen die eine Impfmyocarditis hatten.
https://academic.oup.com/eurheartj/advance-article/doi/10.1093/eurheartj/ehad339/7188747?login=false
Von der Myocardits vor Corona ist bekannt dass im 10 Jahreszeitrum 40% daran versterben.
https://www.springermedizin.de/kardiologie/spaetfolgen-einer-virus-myokarditis–viele-sterben-binnen-10-jah/24653370
In einer schweizer Studie wurde festgestellt, dass fast alle Geimpften einen erhöhten Troponin Level hatten. Troponin ist ein Indikator für Herzschädigungen.
Hier im Video: https://www.youtube.com/watch?v=vveMHtVk_mY
Hier als Text: https://stevekirsch.substack.com/p/new-study-shows-that-pretty-much
Über all dies KEIN einziges Wort in den deutschen Leitmedien oder im ö.r.R.
Und ihr wundert euch, dass die AFD zulegt? Mich wundert, dass sie noch keine Mehrheit hat.
Diese Regierung aus korrupten, dementen, ungelernten und Studienabrechern, sowie Wahlbetrügern traue ich ein totales wirtschaftliches Desaster zu.
Zum Fremdschämen.
Und wenn wir uns fragen, warum die AfD in Deutschland immer stärker wird, dann ist ein Teil der Antwort, dass im Internet – inklusive in diesem Blog – ein Diskurs auf diesem Niveau, in diesem Ton, mit dieser hasserfüllten, entmenschlichenden Sprache eben geduldet und hingenommen wird und sich dadurch das Overton-Fenster immer weiter in die gewünschte Richtung von Extremisten, Esoterikern und Reichsmythologen verschiebt.
Nun, Sie mit Ihren regelmäßigen Ausfällen ins Diktatorische (NoCovid-Anhänger), der bei allen wichtigen Themen unserer Zeit (Putin) zielsicher nicht nur auf der falschen Seite war, sondern stets demokratie- und rechtsstaatfeindliche Positionen im Dutzend hier reinschreibt, sind nicht gerade jemand, der als Zierde gelten kann.
Wackersteine im Glashaus, hm? ^^
Lege mal Ralfs Einlassungen hier (gerne im Dutzend) einem Verfassungsrechtler vor. Ein Liberaler wird gemäßigt antworten „der redet viel Quatsch“, ein Konservativer wäre für Einweisung.
Erstaunlich.
Ich kenne diesen Sound, den Diskurs auf diesem Niveau aus der Studentenpolitik, der Friedens- und Anti-AKW-Bewegung der achtziger. Die beiden letztgenannten waren sehr erfolgreich in der Durchsetzung ihrer Ziele und ich habe praktisch niemals Kritik an diesem Sound als „entmenschlichend“ in den liberalen bundesdeutschen Leitmedien gehört.
Das fällt vielen Leuten angeblich erst heute auf, wo es sich nicht mehr gegen ihre ehemaligen politischen Opponenten, sondern gegen sie selbst richtet.
Also eigentlich nicht erstaunlich …
Gruss,
Thorsten Haupts
Und weil toxische, hasserfüllte Sprache vor 40 (anti-AKW-Bewegung) oder 55 Jahren (Studentenbewegung) unangebracht war – aus dem Mund von jungen Studenten und Teenagern – ist es ok, wenn reife, lebenserfahrene, alternde Männer, die auf die 70 zugehen, jetzt dieselbe toxische, hasserfüllte Sprache verwenden. Alles klar. Kein Stück kindisch das Argument.
Weder die Friedens- noch die Anti-AKW-Bewegung waren in der Hand von Teenagern und Studenten. Sie haben diese Sprache damals erfolgreich benutzt, um ihre Anliegen – partiell erfolgreich – durchzusetzen. Deshalb emfinde ich die Kritik an dieser Sprache als verlogen, es sei denn, man war damals öffentlich genauso konsequent.
Gruss,
Thorsten Haupts
Es sind immer die anderen.
@ Stefan Sasse 11. Juni 2023, 09:13
Es sind immer die anderen.
Nein. Es sind immer beide Seiten.
Jepp, ich finde das, siehe mein eigener Kommentar, auch als problematisch.
Daran kann man sehen, was uns blüht, sollten „diese Leute“ (Merz) wirklich mal die Mehrheit stellen.
@ Jens Happel 10. Juni 2023, 20:46
So sehr ich den Intentionen Deiner Ausführungen folgen kann, finde ich Deine Sprache teilweise deutlich überzogen.
„Totalitäre Coronamaßnahmen“, „Wokoharam Linke“…Mann o Mann.
Mit anderen Worten: Krisen können per Definition nur unter Schmerzen und meist unter signifikanten, zumindest temporären, Wohlstandsverlusten bewältigt werden.
Soweit einverstanden.
Es gab nie eine Alternative – also eine, die nicht das Vertrauen verspielt hätte – insbesondere auch deshalb, weil die meisten, der von Dir genannten Krisen garnicht hausgemacht waren.
Absolut nicht einverstanden. Insebsondere in Krisen spielt entschlossenens, konsistentes und zielorientiertes Auftreten der jeweiligen Führung – egal, ob in Militär, Wirtschaft oder Politik – eine entscheidende Rolle für den Eindruck der Geführten, ob und wie die Krise bewältigt werden kann. Und dabei hat die Politik in der Corona-Pandemie ein absolut erbärmliches Bild abgeliefert. Aufgescheuchter Hühnerhaufen wäre meine freundlichstmögliche Interpretation.
sollte man lieber versuchen Krisen in der Zukunft zu vermeiden und/oder abzumildern.
Die Vorstellung, man könnte schwarze Schwäne (TM Nassim Taleb) vorhersehen und vermeiden, finde ich zu albern, um sie zu diskutieren.
Gruss,
Thorsten Haupts
Und dabei hat die Politik in der Corona-Pandemie ein absolut erbärmliches Bild abgeliefert. Aufgescheuchter Hühnerhaufen wäre meine freundlichstmögliche Interpretation.
Was soll diese Sprache? Geht es auch einen Tacken ruhiger?
Die Coronakrise war eine Krise ohne Präzedenz in unserer Generation. Das letzte vergleichbare Ereignis fand mit der Spanischen Grippe vor über 100 Jahren statt. Niemand hat im Westen mit einer tödlichen Infektionskrankheit gerechnet. Niemand war auf eine solche Situation vorbereitet.
Dafür ist Deutschland im internationalen Vergleich mit am besten aus der Krise gekommen. Anders als in Ländern wie den USA, Großbritannien oder den Niederlanden hat man die Zahl der Toten (pro Gesamtbevölkerung) sehr deutlich begrenzen können. Die einzige wirklich katastrophale Fehlleistung war das zu späte Reagieren auf die zweite Welle. Allerdings ist das in allen unseren Nachbarländern ebenfalls sehr schlecht gelaufen. Scheint also eher systemische Ursachen zu haben als deutschland-spezifische. Auch wirtschaftlich ist es gelungen, die Schäden durch die Pandemie einzugrenzen. Anders als in den USA zum Beispiel hat es in Deutschland keine dramatischen Arbeitsplatzverluste gegeben. Die Menschen sind mit Kurzarbeit durch die Zeit gekommen. Betriebe wurden mit massiven Zahlungen unterstützt. Ja, da war viel Gießkanne dabei, was man kritisieren darf. Aber es ging eben darum schnell zu helfen, um unnötige Bankrotte zu vermeiden. Und zumindest ist letzteres gelungen. Da die Menschen nicht ihre Arbeitsplätze verloren haben, hatten wir – anders als in den USA – auch nicht das Problem, dass sich so viele berufsmäßig umorientiert haben. In vielen Branchen sucht man dort auch heute noch verzweifelt Leute, die jetzt in andere Bereiche abgewandert sind. Politisch haben sich die Parteien in Deutschland – zumindest am Anfang der Pandemie – vorbildlich und staatstragend verhalten. Bis auf die Faschisten hat die Opposition Stimmenfang und Wahlkampf hintan gestellt und hat kooperativ mitgewirkt. Man hat das Leben und die Gesundheit der Bürger vor den eigenen politischen Vorteil gestellt, so wie man das von verantwortungsvollen Volksvertretern erwarten würde. Wie das Gegenteil aussieht und wozu das führt, konnte man wiederum in den USA sehen.
Deshalb – bei aller legitimer Kritik – die deutsche Bundesregierung war in der Coronapandemie weder “erbärmlich” noch ein “Hühnerhaufen”. Im internationalen Vergleich – egal ob wir gegen besonders kulturverwandte Länder (Österreich, Schweiz, Niederlande) oder gegen starke westliche Industrie-Staaten (Frankreich, Großbritannien, USA) oder gegen unsere unmittelbaren Nachbarn (Polen, Tschechien, Belgien plus mehrere der bereits genannten) messen – sind wir eigentlich sehr gut durch die Krise gekommen.
Korrekt; der Eindruck allerdings war ein anderer.
Nimmst Du das einfach so hin, dass Eindruck und Wirklichkeit völlig auseinanderklaffen? Ist das nicht einer der Gründe für den Aufstieg der AfD, dass die Bürger entlang einer gefühlten Realität anstatt entlang einer tatsächlichen Realität wählen? Und – vielleicht am wichtigsten – was soll die Regierung denn machen, um der gefühlten Realität entgegenzuwirken und “Vertrauen nicht zu verspielen”?
Aus meiner Sicht speist sich die “gefühlte Realität” aus drei Quellen, die alle unabhängig von der Regierung sind und auf die die Regierung keinerlei Einfluss hat:
(1) Die Medien brauchen die ständige Skandalisierung und Affären und Negativberichterstattung, um Zuschauer und Leser bei der Stange zu halten, damit die Profite steigen. Dadurch wird der permanente und falsche Eindruck erzeugt, alle Politiker seien korrupt, alle Parteien seien mindestens inkompetent, wahrscheinlich aber bösartig und Probleme würden nie gelöst.
(2) Im Internet verbreiten Extremisten, Feindstaaten, Verschwörungstheoretiker und Sekten aktiv und sehr erfolgreich Desinformation und Lügen, die sich anschließend in den sozialen Netzwerken massenhaft verbreiten und nicht mehr nur ein Nischenpublikum sondern die breite Bevölkerung erreichen.
(3) Die Menschen machen eigene negative Erfahrungen in Krisen, die leider – per Definition – weil ansonsten wäre es keine Krise – nicht vermeidbar sind. In der Coronakrise mussten z.B. viele Menschen (darunter auch ich) ihre bereits gebuchten Urlaubspläne wegen Lockdowns absagen. In der Inflationskrise sehen die Menschen ihre Lebenserhaltungskosten steigen. In der Klimakrise realisieren die Menschen, dass der Austausch ihrer Heizung teuer wird. Nichts davon lässt sich ändern. Nichts davon lässt sich verhindern. Der Staat kann nicht mit den Fingern schnipsen und die Krise magisch verschwinden lassen. Aber Nachteile für den eigenen Wohlstand werden die Menschen immer wütend machen – auch dann, wenn die Regierung objektiv optimal handelt solche Nachteile zu minimieren. Und die Wut der Menschen macht sie dann wieder empfänglicher für die unter Punkt (1) und (2) genannten Probleme.
Ich persönlich setze mich ja bekanntermaßen dafür ein, dass die Politik mit kraftvollen regulativen Eingriffen zumindest die Probleme mit den Medien und dem Internet angeht. Das subjektive (und zutreffende) Empfinden der Bürger in der Krise betroffen zu sein, halte ich hingegen nicht für abwendbar. Aber für meine Forderungen werde ich immer wieder kritisiert. Mich würde dann mal interessieren, was eigentlich Dein konkreter Vorschlag ist, die AfD (und verwandte Strömungen) einzugrenzen. Oder zucken wir einfach nur mit den Schultern und sehen weiter zu wie eine ideologisch verhärtete nationalsozialistische Partei stärkste Kraft im Osten wird und bundesweit die SPD – die Du letztens noch in einem Podcast gefeiert hast – überholt?
Politik etwas seriöser machen würde vielen Menschen vielleicht schon reichen. An einigen Beispielen durchdekliniert:
1) Wenn Klimaerwärmung eine Menschheitsbedrohung bisher unbekannten Ausmasses darstellt, ist der Verzicht auf kurzfristig verfügbare Kernenergie ideologisches Kleinstkrämertum.
2) Wenn zunehmende Immigration (seit Jahren) die Leute verunsichert und Kommunen sie für nicht mehr bewältigbar halten, dann ist dagegen ALLES zu unternehmen, was praktisch geht, Recht wird notfalls entsprechend angepasst.
3) Wenn Russland eine latente und voraussichtlich dauerhafte Bedrohung Europas darstellt, dann muss alles Leistbare unternommen werden, damit es seinen Angriffskrieg in der Ukraine verliert. Jetzt.
4) Wenn Bildung die einzige Resource ist, auf die Deutschland dauerhaft zugreifen kann, müsste alles getan werden, um sie so umfassend gut auszustatten, wie das menschenmöglich ist.
Ich kann das beliebig erweitern. Es ist nämlich entgegen Ralfs Darstellung mitnichten so, dass wir in der nach Leibniz besten aller möglichen Welten leben. Statt dessen orientiert sich Deutschland politisch seit nunmehr vielen Jahren nach unten und ist verdammt stolz darauf, dass es überall noch Länder gibt, die es noch schlechter machen.
Übrigens macht diese kleine Aufzählung auch deutlich, dass radikaler Wortgebrauch nicht bei Extremisten beginnt, sondern in der Mitte der Gesellschaft. Ständig „Alarm“ zu brüllen und dann nichts wirklich Wirksames zu unternehmen ist eine Form von Verbalrowdytum. Und eine politisch langfristig tödliche, qed.
Gruss,
Thorsten Haupts
Übrigens macht diese kleine Aufzählung auch deutlich, dass radikaler Wortgebrauch nicht bei Extremisten beginnt, sondern in der Mitte der Gesellschaft. Ständig „Alarm“ zu brüllen und dann nichts wirklich Wirksames zu unternehmen ist eine Form von Verbalrowdytum. Und eine politisch langfristig tödliche, qed.
Zustimmung! Ich glaube auch, es würde viel helfen, rhetorisch von den Extremen runterzukommen. Fand Wächters Kommentar dazu über Norwegen auch ganz erhellend.
Ja.
@Thorsten Haupts
zu 1) Unter anderem deshalb sind die letzten verbliebenen Atomkraftwerke länger gelaufen als erhofft, was ein grüner Energieminister entgegen der Überzeugung seiner Wählerschaft durchsetzte. Ein FDP-Verkehrsminister sah sich hingegen nicht in der Lage ein Tempolimit einzuführen.
zu 2) Genau zu diesem Thema werden gerade in der EU Entscheidungen getroffen, die – wiederum – eine grüne Außenministerin und ein grüner potentieller Kanzlerkandidat der eigenen Basis, die anderer Meinung ist, verkaufen muss. Und wieder ist man bereit schmerzhafte Kompromisse zu machen.
zu 3) Seit Boris Pistorius Verteidigungsminister ist, höre ich die Experten sagen, hat sich die Unterstützung der Ukraine erheblich beschleunigt. Deutschland liefert Munition, Flugabwehr, Panzer. Wir bilden Ukrainer an modernen westlichen Waffensystemen aus.
zu 4) Deine Verwendung des Wortes “alles” ist sehr schwammig. So hast Du immer Recht, ganz egal, was die Regierung tut. So zu argumentieren ist toll, wenn man einen Rhetorikpreis gewinnen will. Eine Bereicherung der sachlichen Debatte ist es nicht.
ad 1) Der Witz ist, dass Habeck keinen einzigen zusätzlichen Brennstab freigegeben hat, sondern nur die Nutzung um 3 1/2 Monate gestreckt wurde. Grandioses Entgegenkommen! Wir können ja auch ein Tempolimit für 3 1/2 Monate einführen, ich schlage dafür die Monate Juli bis September vor.
ad 2) Die Grünen stehen gegen die gesamte EU und gegen die eigenen Regierungspartner, gegen den potentiellen Partner CDU und gegen die große Bevölkerungsmehrheit. Im Militärischen nennt man das eine unhaltbare Position.
Finde Ihren Beitrag gut, weil er etwas verdeutlicht:
Sie bezeichnen Trippelschrittchen als „schmerzhafte Kompromisse“ – unter anderem die absolut lächerliche Streckung (!) der Restbrenndauer von Kernbrennstäben um sage und schreibe 3 1/2 Monate – und benutzen das ernsthaft als Gegenargument für mein „Wir tun angesichts der behaupteten Grösse der Aufgaben nicht annähernd genug“. Danke dafür, Ihre Position, in deutschen Medien wie Politik Standard, ist nämlich genau einer der Treiber für Politikverdrossenheit und „Anti“-Politik.
Zu 4) spezifisch empfehle ich a) einen Blick auf die Entwicklung der realen Bildungsausgaben in Deutschland über die letzten 40 Jahre und b) ein Kneipengespräch mit Eltern von schulpflichtigen Kindern.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ok, ich halte also fest, Du findest meine Argumentation unernsthaft. Und schlägst im Gegenzug als wichtigste bildungspolitische Maßnahme Deutschlands einen Kneipenbesuch der Regierung vor. Ach ja, und dann noch einen „Blick“. Letzterer ist leicht. Ein „Blick“ kostet ja nichts und ich muss nicht erklären, wie die implizit vorgeschlagenen Bildungsinvestitionen gegenfinanziert werden sollen. Mit anderen Worten: Du bringst eine maximal vage und politisch substanzlose Forderung ein. Was merkwürdig ist, weil sie von jemandem kommt, der sich ja angeblich über die Substanzlosigkeit der gegenwärtigen Regierung echauffiert.
Zu den Trippelschrittchen: Ich empfehle Dir die Gründung der „Thorsten Haupts-Partei“ und – unbedingt – das Erreichen einer absoluten Mehrheit. Denn ohne absolute Mehrheit können Parteien nicht durchregieren. Stattdessen müssen sie Rücksicht nehmen. Auf Koalitionspartner. Oft auch auf demokratische Normen. Für die Zustimmung zu manchen Gesetzen auch auf die Opposition. Und man muss auch die Menschen mitnehmen. 100% „Thorsten Haupts-Politik“ in Reinkultur kannst Du nur machen, wenn Du die Mehrheit im Bundestag, die Mehrheit in den Ländern und die Mehrheit in der Bevölkerung hinter Dir hast. Tatsächlich haben viele Deiner Ideen auf keiner der drei Ebenen eine Mehrheit.
Generell gilt: Schmerzhafte Kompromisse und schrittweise Veränderungen sind im Kern das Wesen unserer Demokratie. Sie sind ein Feature. Nicht ein Bug. Weil sie erlauben Veränderungen so zu kanalisieren, dass die Bürger mitgenommen werden, ohne dass es zu heftigen Brüchen kommt. Die Idee, dass man alles erstmal niederbrennen muss, bevor man wieder sinnvolle Entwicklungen anstoßen kann – eine Idee, die uns in den USA Trump beschert hat mit bekanntem Ergebnis – ist falsch und gefährlich.
Die Idee, dass man alles erstmal niederbrennen muss,
… stammt nicht von mir. Strohmann.
@ Ralf 11. Juni 2023, 19:10
Ok, ich halte also fest, Du findest meine Argumentation unernsthaft.
Das tue ich nach Lesen diesen Kommentars auch.
Und schlägst im Gegenzug als wichtigste bildungspolitische Maßnahme Deutschlands einen Kneipenbesuch der Regierung vor.
Welchen unseriösen populistischen Mist Du hier verzapfst, sollte Dir klar sein. Thorstens Rat, Dich zum Thema bei denen zu informieren, die ausbaden müssen, ist so falsch nicht.
Ach ja, und dann noch einen „Blick“. Letzterer ist leicht. Ein „Blick“ kostet ja nichts und ich muss nicht erklären, wie die implizit vorgeschlagenen Bildungsinvestitionen gegenfinanziert werden sollen.
Das hatten wir doch schon: Wenn zig Komponenten nicht funktionieren, ist es sinnlos, nur nach mehr Geld zu fragen. Es sollte doch zuerst der Weg entschieden werden, den man gehen will, ehe man sich darüber Gedanken macht, wie der zu finanzieren ist.
Mit anderen Worten: Du bringst eine maximal vage und politisch substanzlose Forderung ein. Was merkwürdig ist, weil sie von jemandem kommt, der sich ja angeblich über die Substanzlosigkeit der gegenwärtigen Regierung echauffiert.
Wenn man anmerkt, dass das gewählte Verfahren falsch ist, ist man nicht autoatisch substanzlos. Wenn man über Finanzierung reden will, ohne zu sagen, was man finanzieren will, fehlt die Substanz schon deutlich mehr.
Generell gilt: Schmerzhafte Kompromisse und schrittweise Veränderungen sind im Kern das Wesen unserer Demokratie. Sie sind ein Feature. Nicht ein Bug. Weil sie erlauben Veränderungen so zu kanalisieren, dass die Bürger mitgenommen werden, ohne dass es zu heftigen Brüchen kommt.
Das ist offenbar nicht der Fall.
Die Idee, dass man alles erstmal niederbrennen muss, bevor man wieder sinnvolle Entwicklungen anstoßen kann – eine Idee, die uns in den USA Trump beschert hat mit bekanntem Ergebnis – ist falsch und gefährlich.
Wer fordert das?
Thorstens Rat, Dich zum Thema bei denen zu informieren, die ausbaden müssen, ist so falsch nicht.
Wieso ich? Ich bin nicht in der Regierung. Ich bin noch nichtmal gegen mehr Bildung.
In dem Dialog zwischen Thorsten und mir ging es um die Frage, welche konkreten Schritte die Regierung unternehmen solle, die besonders zentral und wichtig für Deutschland seien. Und Thorstens Antwort war die Empfehlung eines Kneipenbesuchs. Was soll das bitte für eine bildungspolitische Maßnahme sein? Spricht doch irgendwie Bände, wenn man sich jemand beschwert, dass die Politik so unfähig und lahm und substanzlos sei und dann nicht einen einzigen konkreten Punkt nennen kann, was man denn besser machen könnte …
Das hatten wir doch schon: Wenn zig Komponenten nicht funktionieren, ist es sinnlos, nur nach mehr Geld zu fragen. Es sollte doch zuerst der Weg entschieden werden, den man gehen will, ehe man sich darüber Gedanken macht, wie der zu finanzieren ist.
Sorry, das war Thorstens Vorschlag die Bildungsausgaben zu erhöhen, nicht meiner. Also zumindest nehme ich das an. Er sagte ja, man solle mal einen „Blick“ auf die Bildungsausgaben werfen. Ich vermute nicht mit der Intention sie zu kürzen oder gleich zu lassen. Aber vielleicht möchte er das selber klären. Falls Thorsten sich höhere Bildungsausgaben wünscht, hat er auf jeden Fall, wie Du richtig bemerkst, vergessen zu erwähnen wofür. Frühbildung in der Kita? Grundschulen? Gymnasien? Hauptschulen? Erwachsenenbildung? Universitäten? Oder alles obige?
Und wo soll das Geld für die höheren Ausgaben herkommen? Steuererhöhungen? Mehr Schulden? Oder Geld abziehen aus anderen Prioritäten, und wenn ja welche?
Wenn man über Finanzierung reden will, ohne zu sagen, was man finanzieren will, fehlt die Substanz schon deutlich mehr.
Sehe ich genauso. Ich nehme mal an, die Kritik richtet sich an Thorsten.
Wer fordert das?
Ich befürchte diejenigen, denen die schrittweise politische Entwicklung von demokratischem Kompromiss zu demokratischem Kompromiss (es wurde der Begriff „Trippelschritte“ genannt) zu mühselig und ineffizient ist.
Zwischen „Trippelschrittchen“ und „alles niederbrennen“ liegt eine Myriade von Möglichkeiten.
Aber ich habe übersehen, dass Sie hier schon seit längerem mit bösartigen Unterstellungen arbeiten. Weshalb unsere Diskussion hier endet.
Hint: Eine Diskussion kann man, wenn man keine Lust mehr hat, auch ohne Nachtreten beenden, indem man sich freundschaftlich auf ein “agree to disagree” verständigt.
Und der hier ist doch zu schön, um ihn passieren zu lassen:
Schmerzhafte Kompromisse …
Die Streckung der Nutzungsdauer der letzten drei betriebenen Kernkraftwerken um 3 1/2 Monate als „schmerzhaften Kompromiss“ zu verkaufen ist absolut erstklassiges Marketing und verlangt echte Chuzpe. Chapeau dafür.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ist in der Tat für die Grünen ein schmerzhafter und politisch hoch riskanter Kompromiss gewesen. Denn – erwartbar – hat der politische Gegner (innerhalb und außerhalb der Koalition), der zunächst scheinheilig “ist doch nur für drei Monate” gerufen hatte, sofort umgeschwenkt und neue Brennstäbe und langfristigen Weiterbetrieb gefordert, als die temporäre Verlängerung durch war. Dieses politische “in den Rücken fallen” hat für die Grünen ein PR-Desaster bewirkt, das nicht verdient war, angesichts der Tatsache, dass man in der Sache kompromissbereit und auf den politischen Gegner zugegangen war.
Okay, da werden wir uns nicht mehr einig. 3 1/2 Monate als hochriskanten und schmerzhaften Kompromiss zu bezeichnen, überzeugt nur die bereits Gläubigen.
@ Ralf 12. Juni 2023, 00:18
Ist in der Tat für die Grünen ein schmerzhafter und politisch hoch riskanter Kompromiss gewesen.
Au weia. Das muss echt hart gewesen sein, wenn man stattdessen lieber 3 Milliarden Euro mehr für den Emissionshandel ausgibt, um 60 zusätzliche Millionen Tonnen CO2 zu produzieren.
Was war dann wohl 2015 in der CDU los, als in 12 Monaten 2 Millionen Migranten in unser Land und in unser Sozialsystem strömten. Gottseidank waren die nach 3 1/2 Monaten alle wieder auf dem Weg zurück in ihre Heimat. Mag sich keiner vorstellen, was passiert wäre, wenn die geblieben wären …
Ganz ehrlich, Ralf, Dein Optiker taugt nicht. Du brauchst dringend eine neue Brille …
Keine Ahnung, wo der Bezug zum Optiker ist. Ich hab Dir nur gesagt, dass der Kompromiss für die Grünen ein hohes politisches Risiko darstellte. Was Du als politischer Gegner der Partei über den Kompromiss denkst, ist hingegen ziemlich irrelevant. Friedrich Merz fragt mich ja schließlich auch nicht um meinen Rat.
Im übrigen tut ihr so, als ob die Atomkraft ganz selbstverständlich so unbedingt in Deutschland gebraucht würde. Das ist aber mitnichten klar. Ich kenne kaum Experten, die die Bedeutung dieser drei verbliebenen Kraftwerke so fundamental wichtig einschätzen wie ihr. Eher das Gegenteil. Das ganze ist doch vielmehr eine ideologische Debatte als eine energiepolitische. Und die Mehrheit der Deutschen will keine Atomkraft. Die Wähler von Grünen und SPD erst recht nicht.
Erstens geht´s natürlich nicht nur um drei, sondern um mindestens 6 der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke. Die erzeugten 2021 ungefähr 12% des deutschen Stroms.
Zweitens war das Argument erkennbar NICHT, dass Kernkraft unbedingt gebraucht würde, sondern dass Kernkraft als praktisch CO2 freie Stromerzeugung jedenfalls dann eine Petitesse wäre, würden Leute die Rhetorik vom Ende der Welt durch Klimawandel ernst meinen. Deutschland erhöht im Moment seinen CO2 Ausstoss bei der Streomerzeugung massiv durch den notwendigen Ersatz der Kernkraft durch Kohle.
Und selbstverständlich ist eine stabile Mehrheit in Deutschland gegen Kernkraft. Die kennen dank unserer unabhängigen, unparteiischen, liberalen Medien alle Greenpeace-Argumente und Behauptungen gegen Kernkraft auswendig, weil sie zeitweise über viele Jahre wöchentlich widerholt wurden (die Argumente und Behauptungen der Befürworter dagegen nicht).
Gruss,
Thorsten Haupts
Natürlich 😀 „Mehrheiten für meine Position sind Resultat von Manipulation, während Mehrheiten für meine Position den Volkswillen wiederspiegeln.“
In der öffentlichen Debatte geht es um drei, nicht um sechs Atomkraftwerke. Ein Weiterbetrieb dieser drei Atomkraftwerke ist nicht möglich ohne einen vollen Wiedereinstieg in die Atomkraft (also die Neuanschaffung von Brennstäben). Einen Wiedereinstieg in die Atomkraft wollen die Wähler der Grünen nicht. Einen Wiedereinstieg in die Atomkraft wollen die Wähler der SPD nicht. Einen Wiedereinstieg in die Atomkraft will die Mehrheit der Deutschen nicht. Die Probleme der Atomkraft sind auch nicht gelöst. Nicht nur kann die Sicherheit nicht garantiert werden, es gibt auch keine Lösung für das Müllproblem. Die Pariser Klimaziele kann man bei politischem Willen auch ohne Atomkraft einhalten.
@Thorsten Haupts
Es geht um ein politisches Dilemma. Der internationale Vergleich zeigt, dass Deutschland entweder aus der Atomenergie aussteigen will oder energiepolitisch Klimaneutral werden kann. Beides zusammen geht nicht, schon gar nicht auf eine Perspektive von 20 Jahren.
Die Grünen und damit das Land haben eine Entscheidung getroffen und die Verfehlung der Milestones ist kein Zufall, sondern war erwartbar.
1) „….ideologisches Kleinstkrämertum“
… wie die Ablehnung eines Tempolimits?
Dabei ist dort die Faktenlage klar, im Gegensatz zu dem AKWs:
– Wartung und Prüfung (im Hinblick auf den Ausstieg unterlassen) hätten einen sofortigen Weiterbetrieb nicht zuglassen
– die Brennstäbe kämen – woher? Aufarbeiten sei kurzfristig nicht möglich.
Wenn es darauf zufriedenstellende Antworten gibt,wäre ein befristeter Weiterbetrieb sinnvoll gewesen.
2) Geschieht gerade. Unter Aufgabe humanitärer Grundsätze, die lange unsere Identität ausgemacht haben.
3) Die russland-affine (hörige) Haltung der in Frage stehenden Partei steht dem doch diametral entgegen.
4) Zustimmung. Kann aber nicht erkennen, was die AfD da besser machen würde. Deutschlandlied-Singen reicht ganz sicher nicht.
„Alarm“ ist in vielen Politikbereichen durchaus angesagt. Betulichkeit und Schönrednerei machen es nicht besser.
ad 1): Habeck wurde im Frühjahr 2022 bedeutet, Brennstäbe könnten rechtzeitig beschafft werden, wenn die Politik eine entsprechende Richtigung signalisiert. Doch Habeck signalisierte nicht, sondern machte zusammen mit der Umweltministerin deutlich, dass man am Atomausstieg Ende des Jahres festhalte. Das lässt sich immer noch bewerkstelligen.
Ein Tempolimit bringt aktuell 2-3 Millionen Tonnen CO2-Einsparung. Der Atomausstieg verursacht 15-25 Millionen Tonnen zusätzlich CO2.
ad 2: Unsinn. Menschen für Jahre in Lager unterbringen ist unmenschlich. Das haben Sie bisher befürwortet. Da brauchen Sie nicht den moralischen Großhammer zu schwingen.
Sie sind sich der Bedeutung einer alarmistischen Haltung nicht bewusst. Im Alarmzustand geht der Mensch in die Extreme. Doch genau das kritisieren Sie doch.
„Alarm“ ist in vielen Politikbereichen durchaus angesagt.
Durchaus möglich. Nur müssen dann die ergriffenen Massnahmen in Relation zu diesem Alarm stehen. Ich kritisiere erkennbar, dass genau das eben nicht der Fall ist. Und dieses Missverhältnis erkennen auf Dauer selbst die Dümmsten und fühlen sich (im besten Fall) veralbert.
Ich greife einfach mal einen Sachverhalt völlig subjektiiv heraus: In der veröffentlichten Debatte über unser Gesundheitswesen sieht und hört man oft „kaputtgespart“. Ein verbal ziemlich radikales Urteil, nicht? Es wird zum einen von den Fakten nicht gedeckt und zum anderen habe ich nirgendwo das zu diesem öffentlich verbreiteten Befund passende, politische, Massnahmenbündel gesehen.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts
„Kaputtsparen“ bedeutet in Deutschland oft, dass Einrichtungen, die zwangsfinanziert werden (Schönsprech dafür: „Solidarität“), künftig mehr Zwangsfinanzierung bekommen möchten. Manchmal bedeutet es auch, dass die entsprechenden Mittel lokal ineffizient verwendet werden.
Ja. Mir ging es aber an dieser Stelle ausnahmsweise um etwas anderes:
Wer solche Wortwahl in der politischen Auseinandersetzug benutzt – und das tun viele bedenkenlos – hat einfach jedes moralisch oder ethisch begründete Recht verloren, sich über „Wokoharam“ aufzuregen. Er hat das Prinzip der Diskreditierung durch Verbalradikalismus nämlich bereits akzeptiert, möchte es nur nicht gegen sich verwendet sehen.
Yes.
Deine Definition von „seriös“ ist aber „Dinge, die ich gut finde“. Das ist nicht seriös.
@ Thorsten Haupts
Ich stimme Deinen Ausführungen von vorne bis hinten zu!
Nein, das halte ich nicht für einen Grund. Dieses Auseinanderklassen gab es schon immer; die Konsens-Realität wird erst im Nachgang geschaffen. Das wahre Auseinanderklaffen ist tatsächlich eher der Konsens; der pampert komplett die früheren Klüfte zugunsten eines bereinigten Vergangenheitsnarrativs weg.
1) Korrekt, aber das war nie anders.
2) Das ist tatsächlich neu. Allerdings steht dem auf der anderen Seite ein nie dagewesener Bildungsgrad und Grad der Kohäsion entgegen.
3) Korrekt, aber auch das ist ja nicht neu.
Ich bin gegen eine Normalisierung der AfD, solange sie rechtsradikal ausgerichtet ist. Und das ist sie aktuell, egal was Thorsten sagt. Dazu halte ich es für einen Fehler, in verzerrter Priorität die entsprechenden Themen durchzunudeln. Ich bin aber nicht überzeugt (milde gesagt), dass staatliche Regulierung da hilfreich ist.
Du bist sehr gut im Verkünden dessen, was Du nicht willst. Was ich vermisse ist, mal zu hören, was Du willst. Was ist denn Dein Aktionsplan? Wenn Du morgen zum Bundeskanzler gewählt würdest, was wäre Deine wichtigste Baustelle, um die AfD wieder einzuhegen?
Oder empfiehlst Du einfach nur weiter Blog-Artikel gegen die Partei zu schreiben und irgendwie wird sich das Problem dann schon magisch von selber lösen?
Verfassungsfeindliche Position #489
Ich bezweifle, dass ich als BK da viel tun könnte. Vor allem als sozialdemokratischer, grüner oder liberaler Kanzler; als solcher lehnst die AfD ja automatisch ab, das ist ja preaching to the choir.
Ok, also Du belässt es beim Klagen über die AfD, aber dagegen tun kann man nichts.
Wer ist „man“? Ich bezweifle halt, dass das per ordre de mufti geht. Der Aufstieg der AfD ist, wie geschrieben, multikausal und strukturell. Einzelne Akteure sind da gar nicht entscheidend. Ich halte es für relevant:
1) Dass bei der Rhetorik darauf geachtet wird, nicht radikale Positionen zu normalisieren.
2) Dass ein grundsätzlicher good faith behalten wird (die Regierenden wollen nicht Deutschland zerstören)
3) Dass die Proportionen gewahrt bleiben
4) Dass man nicht in Hysterie verfällt
etc.
Aber das ist ja was, das von Opposition und Medien vorrangig ausgeht. Die Regierung kann da recht wenig tun. Die muss halt sachgerecht und seriös reagieren, aber die Reaktion darauf hat sie nicht in der Hand.
Von “ordre de mufti” redet niemand. Der Aufstieg der AfD hat strukturelle Ursachen. Ich respektiere Deine Meinung, dass man halt nichts machen kann. Auch wenn ich Dir vehement widerspreche. Aber die Folge vom Nichtstun wird dann eben sehr wahrscheinlich eine AfD in der Regierung sein. Die CDU im Osten arbeitet aktiv auf dieses Ziel hin. Und genauso ist es in Österreich gekommen. Genauso ist es in Schweden gekommen. Genauso ist es in Italien gekommen. Genauso deutet es sich gerade in Spanien an. Von Polen und Ungarn garnicht zu sprechen. Ob es dann nochmal einen Weg zurück gibt oder ob man sich auf eine irreversible Rutschpartie in die Diktatur begibt, ist unklar.
Ich sage nicht, dass „man“ nichts machen kann, ich sage nur, dass das nicht per Regierungs- oder Parlamentsbeschluss geht. Thorsten hat Recht: wenn die Leute rechtsradikal wählen wollen, werden sie das tun.
Ihre Beispiele arbeiten gegen Ihre Intention: Weder Österreich, noch Schweden, noch Italien sind auf einer irreversible Rutschpartie in die Diktatur. Bisschen mehr kühle Rationalität würde auch bei der Einschätzung „rechter“ Gefahren helfen?
Was Ralf offensichtlich nicht versteht oder einfach für nicht relevant erklärt: Bundeskanzler und Bundestag sind zwei unabhängige Verfassungsorgane. Kein Verfassungsorgan darf in die Entscheidungsfindung und Zusammensetzung des anderen reinregieren oder deren Kompetenzen beschneiden.
Der Deutsche Bundestag ist die repräsentative Vertretung aller Deutschen, über deren Zusammensetzung in freien, gleichen und geheimen Wahlen entschieden wird. Weder der Bundespräsident, noch der Bundeskanzler, noch der Bundesrat, noch das Bundesverfassungsgericht haben dem Bundestag vorzuschreiben, wie er sich konstituiert und personell zusammensetzt. Überhaupt nur die Idee in den Raum zu werfen, der Bundeskanzler solle auf die Zusammensetzung des Bundestages einwirken, ist nicht nur abenteuerlich. Sie ist verfassungswidrig und wer sich so äußert ein Verfassungsfeind.
Das Bundesverfassungsgericht hat dazu anlässlich der Einmischung der Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Wahl eines Ministerpräsidenten in einem ostdeutschen Bundeslandes klare Worte gefunden:
Mit Urteil vom heutigen Tag hat der Zweite Senat entschieden, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel durch eine im Rahmen einer Pressekonferenz mit dem Präsidenten der Republik Südafrika am 6. Februar 2020 in Pretoria getätigte Äußerung zur Ministerpräsidentenwahl in Thüringen und deren anschließende Veröffentlichung auf den Internetseiten der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung die Partei Alternative für Deutschland (AfD) in ihrem Recht auf Chancengleichheit der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt hat.
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/bvg22-053.html
Es ist schlimm, wenn hier verfassungsfeindliche Forderungen verbreitet werden.
Alter, jetzt schalt doch mal einen Gang runter. Du musst nicht immer in bad faith Gegenargumente als grob verfassungsfeindlich darstellen.
Kein anderer Kommentator sondert so viele verfassungswidrige Positionen ab wie Ralf. Selbst wenn er das in ruhigen, wohlgesetzten Worten tut, bleibt es verfassungswidrig. Ich kann mich auf Anhieb an keine Position erinnern, die nicht entweder klar verfassungswidrig (Zuteilung von Flügen auf einzelne Bürger, 100% Steuersatz, NoCovid) oder zumindest grenzwertig zum Rahmen der Verfassung sind. Ralf tut das nicht zum Zwecke der Provokation, das liegt ihm zweifellos fern. Aber seine politische Positionierung ist eindeutig.
Der objektive Tatbestand ist klar. Das hat nicht das geringste mit bad faith zu tun.
@Thorsten Haupts
Ihre Beispiele arbeiten gegen Ihre Intention: Weder Österreich, noch Schweden, noch Italien sind auf einer irreversible Rutschpartie in die Diktatur.
Zu Deiner Erinnerung: In Österreich zerbrach die Koalition mit den Rechtsextremisten, als der Vizekanzler beim Versuch das Land an einen russischen Oligarchen zu verkaufen erwischt wurde. Die Regierungen in Italien und Schweden sind hingegen gerade erst ein paar Monate im Amt. Wie es dort mit der Demokratie weitergeht, kann derzeit niemand seriös beurteilen .
Zumindest für Ungarn sind die Aussichten düster.
Ungarn yes. Deshalb habe ich mich auf Beispiele beschränkt, bei denen es eben nicht so läuft. Übrigens war Österreich mitnichten auf dem Weg in eine Diktatur. Und nur der Vollständigkeit halber, Rechtsradikale sind keine Rechtsextremisten.
Will aber niemanden daran hindern, für seine politische Richtung günstige Panik zu verbreiten. DAS Rezept kenne ich seit meinem Eintritt in aktive politische Auseinandersetzungen (1986) zur Genüge.
Gruss,
Thorsten Haupts
Stimme dir völlig zu. Österreich hat eine Menge Probleme, aber Diktatur ist nicht am Horizont. Ich denke, bei Italien ist es too early to tell. Sehe aber gerade auch keine große Gefahr. Das schlimmste Potenzial ist eher Polen.
@ Stefan Sasse 12. Juni 2023, 12:13
Alter, jetzt schalt doch mal einen Gang runter. Du musst nicht immer in bad faith Gegenargumente als grob verfassungsfeindlich darstellen.
Moment mal, da hat Stefan Pietsch doch Recht. Diese Forderung (nicht die erste) lässt sich mit dem Grundgesetz nicht in Einklang bringen.
Ich würde Ralf deswegen vielleicht nicht gleich zu einem Verfassungsfeind, der den gewaltsamen Umsturz unseres demokratischen Systems anstrebt. Aber wenn ich sehe, mit welcher (höflich formuliert) „Intensität“ Ralf auf andere losgeht, die sich vielleicht nicht in seine Richtung, aber doch strikt auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen, ist Stefan P.s Charakterisierung meiner Einschätzung nach durchaus angemessen.
Ich finde „verfassungsfeindlich“ viel zu hoch gegriffen. Ralf lehnt ja nicht das GG ab, sondern hat einzelne Forderungen, die damit schwer ohne Änderung in Einklang zu bringen sind. Das sind zwei Paar Stiefel. Nazis und Kommunisten sind Verfassungsfeinde, weil sie die FDGO ablehnen. Das ist bei Ralf einfach nicht der Fall. Nach diesem Maßstab wären bis vor Kurzem viele eurer Forderungen zum Asylrecht auch verfassungsfeindlich gewesen.
Ralf lehnt ja nicht das GG ab, sondern hat einzelne Forderungen, die damit schwer ohne Änderung in Einklang zu bringen sind.
Das ist eben falsch. Es gibt keine Möglichkeit (und das schließt verfassungsrechtlich zulässige Änderungen ein), Forderungen nach
100% Steuersatz
NoCovid
Zuweisung von Anzahl an Flügen auf Personen
und einiges mehr nur im Ansatz mit dem GG in Übereinstimmung zu bringen wäre. Ausgeschlossen, no way. Wenn jemand in zentralen (!) Punkten Forderungen erhebt und ein Gedankengut pflegt, das nichts mit den Prinzipien unserer Verfassung zu tun hat, lässt sich das nicht anders als verfassungsfeindlich bezeichnen. Schließlich bist Du in Deinem Werturteil bei der AfD viel rigoroser. Viele zentrale Forderungen der Rechtspopulisten könnten im Rahmen des GG umgesetzt werden, stehen jedoch im Konflikt mit dem Wertekanon einer freien, liberalen Gesellschaft.
Wenn die AfD für Dich verfassungsfeindlich ist (derzeit gilt sie als Verdachtsfall), dann ist es Ralf ganz bestimmt.
Nach diesem Maßstab wären bis vor Kurzem viele eurer Forderungen zum Asylrecht auch verfassungsfeindlich gewesen
Ach Stefan, lies doch bitte noch mal die entsprechende Passage im GG. Das heutige Migrationsrecht ist europäisches Recht (und geht dem GG vor), Stefans/Erwins und meine Position sind zu 100% GG-kompatibel, nur eben nicht europarechtskompatibel.
Gruss,
Thorsten Haupts
Nach diesem Maßstab wären bis vor Kurzem viele eurer Forderungen zum Asylrecht auch verfassungsfeindlich gewesen.
Wieso? Die meisten Flüchtlinge kommen auf dem Ticket der Genfer Flüchtlingskonvention, nicht auf dem Artikel 16a GG. Und für solche Flüchtlinge darf ein Land Kontingente festlegen, das ist ausdrücklich (!) so bestimmt.
Lies mal Artikel 16a GG:
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.
Ich gehe wohl zurecht davon aus, dass Du das noch nie gelesen hast, sondern Dich über Sekundärquellen informierst.
… rechtsradikal ausgerichtet ist. Und das ist sie aktuell, egal was Thorsten sagt.
Der sagt nichts anderes. Nur würde rechtsradikal eben nicht für ein Verbot reichen.
Ich argumentiere ja auch nicht für ein Verbot?
Dann ist es auf Dauer unerheblich, ob die Partei rechtsradikal ist. Ob Du oder andere sie „normalisieren“ wollen, ist folglich ebenso egal – weil es ihren Wählern wurscht ist.
Schon über das „korrekt“ liesse sich begründet streiten.
Aber mal vorausgesetzt, es stimmt (im Ergebnis), dann hat mich langjährige Projektarbeit unter anderem gelehrt, dass es nicht alleine auf das Ergebnis ankommt. Wenn man auf dem Weg dahin am laufenden Band unfaire Streits hatte, erkennbare Abwege nicht vermied und Korrekturen immer ein immenser Kraftakt waren, sind am Ende alle zu erschöpft, um sich über das Ergebnis zu freuen. Und genau das scheint mir die Corona-Politik von Bund, Kommunen und Ländern hinreichend genau zu beschreiben.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich hab da meine Theorien dazu, die ich derzeit in einen Artikel verwurschtle. Lass uns das dann weiter diskutieren. 🙂
Diese Kritik teile ich.
Der Artikel strotzt vor fragwürdigen Aussagen. Die AfD politisch abzulehnen ist das Eine. Das Andere, dass Stefan sich das Antidemokratische zum Ziel gesetzt hat, wesentliche Teile des politischen Spektrums einfach auszugrenzen.
Bis in die Achtziger-, Neunzigerjahre ging die Forschung von einem Fünftel rechtspolitischer bis rechtsextremer Gesinnung aus. Heute ist es nach der Studienbehauptung knapp die Hälfte. Rechtsextremismus scheint mit der Entfernung zum echten Nationalsozialismus und mit steigender Heterogenität der Gesellschaft zuzunehmen. Man fragt sich aber schon, wo die 50% herkommen sollen, hat doch inzwischen nahezu ein Drittel eine Migrationsgeschichte. Alle Rechtsextremisten außer Migranten?
Die Demoskopie kommt zu dem wiederholten Ergebnis, dass ein Großteil der heutigen Zustimmung der AfD nicht dadurch zustandekommt, dass die Befragten von den Lösungsansätzen der Partei überzeugt wären. Aber wie Thorsten Haupts schon im ersten Post schrieb: Die AfD ist auf einer Reihe von Themenfeldern die einzigen, die eine oppositionelle Haltung einnehmen. Wenn eine große Minderheit die Waffenlieferungen an die Ukraine für falsch hält, aber sämtliche Regierungsparteien und noch die größte Oppositionspartei dies für alternativlos erklärt, sind das leichte Stimmengewinne.
Es gibt gute Gründe, die nun zwei Dekaden währende Migrations-, Energie-, Klima-, Bildungs-, Steuer-, Sozial-, Europolitik für falsch zu halten. Das tun ja nicht nur ein paar rechte Spinner in Deutschland. Eher ist es so, dass alle gemäßigten Parteien im Bundestag seit zwei Jahrzehnten eine Politik fahren, die in Europa wie in der Welt nur noch mit Augenrollen und Kopfschütteln zur Kenntnis genommen wird.
Deutschland ist die einzige westliche Demokratie, die versucht, den Konsens in der Mitte zu finden, in dem wesentliche Teile des rechten Spektrums ausgegrenzt werden. Stefan schlägt in diese Kerbe und hat auch hier mit Internationalismus nichts am Hut.
Einerseits behauptet Stefan seit Jahren, nur die Sichtbarmachung der Themen der AfD würde der Partei Zustimmung verschaffen. Nun wurden von den meisten Medien die Probleme in der Pandemie, der Migration, der Gesellschaftspolitik fast totgeschwiegen. Allein, es hat nichts genützt.
Dass Alice Weidel und der andere da politisch attraktive Figuren sein sollen, ist wohl eher ein Gerücht, dass Stefan versucht in die Welt zu setzen. Das sind sie nach der Demoskopie nämlich mitnichten. Doch wenn weder Programm noch Personen bei der AfD anziehend wirken, dann müssen die anderen schon extrem viel falsch gemacht haben, um den Rechtsauslegern solche Zuwächse zu bescheren.
Man kann ja noch der Meinung sein, Migration sei ein rechtes Thema. Nur, selbst linke Parteien im Norden des Kontinents, sehr lange Vorbild für die hiesige Linke, haben verstanden, dass das ihr originäres Thema ist. Deutsche Parteien sind da noch nicht so weit. Linke hierzulande meinen ja immer noch, man könne in einer Pandemie Menschen am Verlassen ihres Hauses und vor allem am Grenzübertritt hindern. Das ginge aber nicht bei Sozialmigranten.
Wenn Parteien und Medien den politischen Diskurs des Sagbaren verengen – wie ja auch Stefan meint – dann sorgt das nicht für mehr Konsens, sondern stärkt die Gruppe jener, die damit ausgegrenzt werden. Die hören aber nicht auf zu wählen, sondern wählen eben etwas anderes.
Coronapolitik, Klimapolitik (Heizhammer) und Atomkraft sind ja nicht Themen, die naturgemäß Themen von Rechtspopulisten wären. Die AfD hat aufgegriffen, wo die anderen Konsens hergestellt haben – noch dazu ohne eine breite Debatte. Selbst schuld. Demokratie, da verstehen viele etwas miss, ist keine Konsens-, sondern eine Dissensveranstaltung. Wie wenig das selbst Gebildete noch verstehen, sehen wir hier im Blog, wo zunehmend Linke nur noch mit Gleichgesinnten diskutieren wollen.
Demokratie, da verstehen viele etwas miss, ist keine Konsens-, sondern eine Dissensveranstaltung. Wie wenig das selbst Gebildete noch verstehen, sehen wir hier im Blog, wo zunehmend Linke nur noch mit Gleichgesinnten diskutieren wollen.
Ich hoffe mal, du beziehst das nicht auf mich.
Du bist in Deinen Themensetzungen zunehmend pointiert einseitig (ich in der Tendenz auch). Aber Du verweigerst kein Stück die Auseinandersetzung mit gegensätzlichen Positionen (obwohl Du wenig in den Kommentaren wirklich diskutierst), nur bei Nicht-Benehmen werden Teilnehmer ausgeschlossen und Du gibst mir ein Forum, genau die Gegenposition zu beziehen, auch wenn diese – zugestanden – manchmal schwer auszuhalten ist.
Also, warum solltest Du Dir den Schuh anziehen?
Wollte nur sichergehen.
Ich schreibe schon so viel Text für die regulären Beiträge, ich hab meist einfach nicht die Energie, auch noch lange Texte in die Kommentare zu schreiben. Ich verarbeite das dann eher in den neuen Beiträgen.
Und klar, wir schreiben über die Themen, die uns interessieren und für die wir uns kompetent erachten. Ist ja auch mein Hobby, nicht mein Beruf. – An der Stelle übrigens nochmal für alle der Hinweis, dass Spenden gerne willkommen sind; der Server zahlt sich nicht von allein 😀
Falls Du Dir das Anerkenntnis abholen wolltest, seriös zu sein -gerne. Das hast Du ja jetzt wieder.
Sorry, bin da ja noch im Obligo.
Ralf, das hier fand ich zum Thema ganz gut:
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-06/alternative-fuer-deutschland-umfrage-cdu-ampel-koalition-krisenpolitik/komplettansicht
Kannst Du mir da eine Kurzzusammenfassung geben? Man kann die Seite leider nicht erreichen, ohne die Cookie-Policy zu akzeptieren.
Gibt es noch Seiten, auf denen man keine Cookies akzeptieren muss? 😀
Der Text analysiert den Aufstieg der AfD in den Umfragen und beleuchtet dabei verschiedene Ursachen. Es wird festgestellt, dass die politische Debatte und die Ursachenforschung nicht den strengen politikwissenschaftlichen Kriterien folgen. Statt einer fundierten Ursachenanalyse wird oft der waagerechte Zeigefinger verwendet, um die Schuld den anderen zuzuschieben. Sowohl die Ampel-Koalition als auch die Union werden dafür verantwortlich gemacht, dass die AfD an Zustimmung gewinnt.
Die AfD nutzt geschickt die Strategie, echte soziale Konflikte mit unechten Konflikten zu überlagern. Der US-amerikanische Soziologe Lewis A. Coser wird zitiert, der zwischen „echten“ und „unechten“ Konflikten unterscheidet. Die AfD vermischt ökonomische Ängste mit kulturellen Unterschieden und stellt Migranten als Bedrohung für die Werte und Traditionen ihrer Wählerschaft dar. Obwohl die AfD weder soziale noch ökonomische Kompetenz besitzt, gelingt es ihr, Menschen mit Abstiegsängsten aus der Mittelschicht anzusprechen.
Der Text kritisiert die mangelnde Selbstreflexion und Ideenlosigkeit in der Debatte über mögliche Gegenmittel gegen den Aufstieg der AfD. Es wird betont, dass eine fundierte Ursachenanalyse Voraussetzung für wirksame Maßnahmen ist. Dabei sollten die Versäumnisse der Regierung bei der Stärkung einer Oppositionspartei zunächst betrachtet werden. Als Beispiel wird das Heizungsgesetz der Ampel-Koalition genannt, bei dem die soziale Abfederung in der ersten Gesetzesversion fehlte, was zu Ängsten vor materiellem Verlust und sozialem Abstieg führt.
Der Text schlägt vor, dass die Politik besser die soziale Absicherung und gesellschaftliche Akzeptanz des ökologischen Wandels organisieren sollte. Es wird betont, dass politische Entscheidungen nicht nur rational, sondern auch emotional akzeptiert werden müssen. Die Themen Mobilität, Ernährung und Wohnen sind eng mit der Lebensweise der Menschen verbunden und lösen daher starke emotionale Reaktionen aus. Eine rein rationale Argumentation reicht nicht aus, insbesondere wenn ängstigende Kräfte ein Bedrohungsszenario zeichnen.
Es wird betont, dass Transformationspolitik einen schmalen Grat zwischen real existierender Emotionalität und destruktiver Emotionalisierung gehen muss. Anstatt einen Kulturkampf zu führen, sollten Empathie und Sensibilität für die Veränderungen im Alltag der Menschen gezeigt werden. Als Beispiel wird die Bremer „Brötchentaste“ genannt, bei der es besser gewesen wäre, Parkplätze vor Bäckereien mit Schnellladesäulen auszustatten, um die alltagstaugliche Möglichkeit des Umstiegs auf Elektroautos sichtbar zu machen.
Der Text thematisiert auch die Flüchtlingspolitik und das Gefühl der Verdrängung, das in einigen Gemeinden entsteht, wenn über die Unterbringung von Flüchtlingen entschieden wird. Es wird auf ein Paradox hingewiesen, dass das Unterbringen von Flüchtlingen dort zur Integrationsherausforderung wird, wo die AfD die Mehrheit hat. Die konservative Opposition übernimmt den Diskurs der AfD und verstärkt somit deren Einfluss.
Der Text schlägt vor, dass politische Maßnahmen auf bürgernahen Modellprojekten basieren sollten, um konkrete Erfahrungen zu ermöglichen und Ängste abzubauen. Es wird betont, dass langfristige Isolation extremen Kräften den Nährboden entziehen kann und dass die demokratischen Kräfte die Radikalisierung der AfD nicht ignorieren sollten.
Insgesamt betont der Text die Bedeutung einer differenzierten Ursachenanalyse, einer emotional ansprechenden Transformationspolitik und einer konstruktiven Auseinandersetzung mit den Anliegen und Ängsten der Bevölkerung, um dem Aufstieg der AfD entgegenzuwirken.
Danke ChatGPT für die Zusammenfassung … 😀
Stimmt Internetseiten, wo man keine Cookies akzeptieren muss, gibt es kaum noch. Aber meist kann man es auf die “notwendigen” Cookies beschränken und Marketing- und Targeting-Cookies ausschalten und dazu manuell noch zwölfmal die einzelnen “Berechtigten Interessen” wegclicken. Bei Deinem verlinkten Text ging letzteres nicht und ich habe für mich beschlossen solche Seiten zu boykottieren.
Was den zusammengefassten Inhalt angeht, finde ich den etwas blutarm. “Schlagt bessere Gesetze vor” oder “zeigt nicht mit dem Finger auf andere” oder “debattiert sachlich Problemursachen” sind nette Handlungsanweisungen für die Politik. Aber das klappt ja nichtmal hier im Blog. Der Politik- und Medienbetrieb steht den Empfehlungen unvereinbar gegenüber aus systemischen Gründen. Einen vielversprechenden Fingerzeig wie die AfD realistisch bekämpft werden könnte (im Hier und Jetzt, nicht im Wolkenkuckucksheim) sehe ich da ehrlich gesagt nicht.
Gerne 😉
Nach den hier von liberaler und konservativer Seite genannten Kriterien für Verfassungsfeindlichkeit (bei Ralf) müsste die AfD sofort verboten werden:
-Wahlbeobachter dieser Partei haben die Wahlen in Russland als „demokratisch“ bezeichnet. Sie würden also auch Wahlen hier abhalten, bei denen Medien gleichgeschaltet und politische Gegner eingesperrt (oder mehr) werden. Eindeutig verfassungswidrig.
-Ein führendes Mitglied dieser Partei hält Schusswaffengebrauch gegen Migranten für zulässig und ist immer noch in einer Funktion. Eindeutig verfassungswidrig.
Außerdem müssten Politiker (inbesondere Kultusminister), die Studienplätze nach Los vergeben, ihr Amt verlieren. Studienplätze sind für zentrale Grundrechte weitaus wesentlicher als Urlaubsflüge.
Ich bin ja bei angeblichen oder tatsächlichen Verfassungsverstössen in Meinungsäusserungen nicht so empfindlich (in alle Richtungen), solange das nicht den Kernbereich des GG betrifft bzw. auf dessen Abschaffung zielt.
Trotzdem sollte man ungleiche Sachverhalte auch ungleich behandeln: Ralf ist eine Einzelperson, eine Partei bundesweiter Bedeutung hat zehntausende von Mitgliedern und Millionen von Wählern. Einzelne Äusserungen bedeuten für eine Partei erst einmal gar nichts, bei einer Einzelperson dagegen schon.
Sprich, für die Verfassungswidrigkeit einer Partei als Organisation muss schon – erheblich – mehr zusammenkommen als radikales oder menschenfeindliches Gefasel einzelner Mitglieder.
Gruss,
Thorsten Haupts
Hier handelt es sich aber immerhin um Personen aus der Führungsspitze der Partei, die immer wieder bestätigt wurden. Man muss also davon ausgehen, dass diese Positionen den Zielen der Partei zumindest nicht widersprechen.
Korrekt.
Sie machen eine Reihe von Fehlern, um auf die gewünschte Aussage zu kommen:
Die AfD spricht sich nicht gegen freie, gleiche und geheime Wahlen aus. Ralf tut das (nicht bezüglich des Demokratieprinzips, übertragen). Ralf spricht sich gegen die Gewaltenteilung aus, wenn er fordert, die Exekutive (Bundeskanzler) habe mit seiner institutionellen Macht Einfluss auf die Zusammensetzung der Legislative (Bundestag) zu nehmen. Die Gewaltenteilung ist so ein Kernbestand jeder zivilen Verfassungsordnung, dass jemand, der dies – und sei es nur in Teilen – ablehnt, mit Fug und Recht als verfassungsfeindlich bezeichnen kann. Ralfs Vorbehalte erstrecken sich wie an mehreren Beispielen gezeigt auch auf eine Reihe von Grundrechten.
Ein führendes Mitglied dieser Partei hält Schusswaffengebrauch gegen Migranten für zulässig und ist immer noch in einer Funktion.
Meines Wissens nach wurde dies zurückgewiesen. Die Person korrigierte sich. Ralf hat sich bisher in keinem Punkt korrigiert.
Außerdem müssten Politiker (inbesondere Kultusminister), die Studienplätze nach Los vergeben, ihr Amt verlieren.
Gegen welchen Artikel der Verfassung soll das verstoßen? Sorry, es ist keine vernünftige Strategie, zu Verteidigungszwecken ins Absurde zu gehen.
Und wo Sie Russland erwähnten: Ralf hat Jahre lang die rechtswidrige Annexion der Krim verteidigt, ebenso die „Rebellen“ in der Ost-Ukraine. Hier hat er nach dem Angriffskrieg seine Position korrigiert, das ändert jedoch nichts an seinen früheren Rechtfertigungen von russischen Aktionen, die gegen das internationale Recht verstießen.
Ralf will die Verteilung eines knappen Gutes (Verschmutzungsrechte durch Urlaubsflüge) nicht nur nach Kaufkraft. Das eignet sich so wenig als Begründung einer verfassungsfeindlichen Haltung wie die Zuteilung anderer knapper Güter durch Los oder nach anderen Gesichtspunkten (Rettungsflüge, Notaufnahmen).
Die Vorgabe eines Kontingents der Luftverschmutzung ist ja auch die Grundlage von C&T, das Sie vehement befürworten. Dafür spricht ja einiges. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob allein das Geld die Lenkung in die dringlichsten Verwendungen garantiert.
Es ist ja ehrenwert, dass Sie für jemanden, der angegriffen wird, in die Bütt gehen. Nur tun Sie das sehr selektiv, nicht die besten Gründe könnten Sie bewegen, nur ein Minimum an Verständnis für AfD-Wähler aufzubringen.
Selbst wer nicht viel über das Grundgesetz weiß, sollte eins wissen: es ist eine freie, liberale Verfassung. Der Grundsatz einer solchen lautet: alles ist erlaubt, was nicht verboten ist. Zumindest dieses Grundverständnis muss ich bei halbwegs gebildeten Menschen, die sich verfassungstreu verhalten wollen, voraussetzen. Ralfs ganze Gedankenwelt ist das genaue Gegenteil.
Wer unter diesem Aspekt einzelne Verhaltensweisen verbieten will, muss sich als überdurchschnittlich gebildeter Bürger – und das sind alle aktiven Kommentatoren hier – Gedanken machen, ob nicht Freiheits- und Schutzrechte des Individuums berührt sein könnten. Ich unterstelle nicht, dass Ralf das gedankenlos tut. Umso mehr wirkt es gegen ihn.
Ralf will ein grundsätzliches Verbot aller Flüge, Ausnahmen werden zugeteilt. Der Zertifikatehandel verbietet nichts, für den Bürger wirkt er wie eine Steuer auf eine bestimmte Verbrauchsart, hier die Erzeugung von CO2. Wer dagegen CO2-neutral fliegen kann, z.B. mit einem Wasserstoffbetriebenen Flugzeug, braucht die „Steuer“ nicht zu entrichten. Das kommt in Ralfs Gedankenwelt nicht vor.
Einerseits behauptet er (und Sie auch), Fliegen sei zu gefährlich und schädlich als dass man es erlauben könnte. Andererseits erkennt er ein Menschenrecht auf Fliegen, in dem jedem Bürger unabhängig von seinem Einkommen ein entsprechendes Recht zugesprochen werden sollte. Der Bürger bekommt etwas qua Natur. Das ist ein so eklatanter Widerspruch, dass schon deswegen eine Einschränkung schwer zu begründen ist.
Welche Grundrechte könnten hier berührt sein? In Frage kommen die Vertragsfreiheit, das Recht auf Eigentum und die Willkürfreiheit. Wer gegen diese Grundrechte in eklatanter Weise verstößt, sie missachtet, muss sich den Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit gefallen lassen.
Vertragsfreiheit. Der Bürger ist grundsätzlich frei, mit anderen Bürgern Verträge zu schließen und mit ihnen Preise und Leistungen zu vereinbaren. Nach dem Modell von Ralf dürfen Fluggesellschaften jedoch keine Beförderungsverträge mit den meisten Kunden schließen, wenn diese bereits mit anderen Airlines geflogen sind, selbst wenn dies irgendwo im Ausland passiert ist. Umgekehrt könnten die Betreiber gezwungen werden, Menschen zu befördern, die sie nicht befördern wollen, weil diese eine „Erlaubnis“ besitzen.
Das Recht zu Fliegen hängt nach dem Modell maßgeblich an der Bereitschaft anderer, auf ihr „Grundrecht“ des Fliegens zu verzichten, nicht jedoch an ihrer Bereitschaft, mit der Fluggesellschaft einen Vertrag zu schließen und einen Kaufpreis zu entrichten. Das ist das Vertragsrecht auf den Kopf gestellt.
Recht auf Eigentum. Das Grundrecht beinhaltet den Ausschluss und die Möglichkeit der Verfügbarkeit für Dritte. Dieses Recht wird massiv beschränkt, denn die Privatbetreiber von Flugverbindungen dürfen ihre Leistungen fast niemanden anbieten und umgekehrt können sie wenig zahlungsfähige Kunden nur schwer ausschließen.
Willkürfreiheit. Wieso gilt das Flugzeug als besonders „gefährlich“ für den Klimaschutz, nicht jedoch das Auto, Motorrad oder mit Kohlekraft betriebene Transportmittel der Bahn? Die Klimaschädigung liegt bei den genannten Mitteln der Mobilität in Nuancen, nicht im Grundsätzlichen. Wer einem Flugverbot wegen der dabei entstehenden CO2-Emissionen das Wort redet, landet am Ende beim Verbot von Mobilität von fossilen Antrieben.
Davon abgesehen geht Ralf ja weiter, weil er eben sein Verbot unabhängig von der Antriebsart macht. Und er möchte seine Idee – so seine frühere Position – auf alle Menschen dieser Welt erstreckt sehen, unabhängig ob sie dem deutschen Rechtsraum unterliegen oder nicht.
Wenn Sie darin keine Verfassungsfeindlichkeit erkennen, dann ist Ihnen wirklich nicht zu helfen.
P.S.: Das Gleiche können wir mit vielen anderen seiner Vorstellungen durchexerzieren, so der Idee, dass gute Gehaltsverhandler nach der Probezeit auf Einkommen verzichten sollten. Und vieles mehr.
Wenn einstmals die Wasserstoff-Flieger Standard sind, stellt sich die Frage gar nicht mehr. Dauert aber einfach zu lange.
Die Diskussion ist zwar akademisch, weil die Dinge international (jenseits des Geltungsbereichs des GG) zu regeln wären, um klimawirksam zu sein. Trotzdem, im Sinne der Pariser Klimaziele:
Vertragsfreiheit: Wird schon jetzt vielfach beschränkt im Interesse höherer Ziele/Werte: Waffen, Drogen, Spenderorgane.
Eigentum: Dito, wenn auch in geringerem Maße. Waldbesitzer müssen Spaziergänger dulden, im Notfall darf die Feuerwehr auf’s Grundstück. Enteignungen sind nicht ausgeschlossen.
Durch eine Kontingentierung von Ferien-Flügen würde keines dieser Grundrechte „im Wesensgehalt angetastet werden“.
Ob dies sinnvoll wäre, ist eine andere Frage. Es ging hier um Verfassungskonformität.
Sie zeigen ein generelles Problem Ihrer Provenienz auf, die Geringschätzung des Rechts. Was Sie vorführen ist, dass der Staat nach Belieben in die Grundrechte reinregieren könne, weshalb erst durch Mehrheitsentscheidung überhaupt bestimmt würde, ob etwas verfassungswidrig sei oder nicht. Genau so ist es nicht, lieber CitizenK.
Es ist nicht Sache des Staates darüber zu befinden, wann eine Technik verfügbar ist oder nicht. Der Staat kann nur an einem klaren Sachverhalt anknüpfen. Und so gibt es keinen Grund, das Fliegen einzuschränken, weil man es politisch als besonders klimaschädlich erachtet. Bahnfahren ist schließlich auch klimaschädlich. Auch Willkürfreiheit ist ein Verfassungsgrundsatz.
Der Staat kann den Waffenbesitz einschränken, die Debatte hatten wir. Aber er kann z.B. nicht Küchenmesser verbieten. Der Grund ist: von einer Pistole geht eine unmittelbare Gefahr für die körperliche Unversehrtheit eines anderen Bürgers aus. Das gilt für Flugzeuge nicht. Welche unmittelbare Gefahr sollte das sein? Wir fliegen ja nicht, um das Klima zu schädigen, sondern um mobil zu sein. Auch das fällt übrigens unter die Freiheitsrechte, die das Grundgesetz garantiert.
Da es keine unmittelbare Gefahr gibt, ist es absoluter Unsinn, was Sie zu begründen versuchen.
Lesen Sie mal die Verfassungsgerichtsurteile zu Enteignungen. Karlsruhe setzt dafür einen sehr engen Rahmen. Einfach, weil es der Politik gefällt, ist kein ausreichender Grund.
Ralfs Ansatz beschränkte sich nicht auf „Ferienflüge“, sondern Flüge insgesamt. Dazu darf der Staat sich gar nicht in die private Disposition einmischen. Ob jemand aus Urlaubsgründen und zu beruflichen Zwecken fliegt, geht ihn nichts an. Das ist kein objektives Unterscheidungsmerkmal, an das sich ein Verbot knüpfen ließe. Und natürlich beschränkt es die genannten Grundrechte in ihrem Wesensgehalt, wenn das Fliegen praktisch verboten ist. So werde ich in diesem Jahr 4-5 mal aus Urlaubsgründen fliegen.
Es kommt halt alles auf die konkrete Ausgestaltung an.
Weil die AKW-Frage immer wieder hochkommt:
Ich nehme zur Kenntnis, dass andere Länder unsere Bedenken nicht teilen. Selbst, wenn sie denkbar schlechte Erfahrungen damit gemacht haben (Japan, Ukraine) oder weniger dramatische wie Frankreich. Auch das CO2-Argument hat natürlich Gewicht.
Aber ist es nicht ein Vabanque-Spiel? Ein GAU (auch in Frankreich oder Belgien) mit flächenmäßig/zeitlichen Auswirkungen wie Tschernobyl wäre das Ende unseres normalen Lebens. Was ressourcenmäßig schon so an Grenzen stößt. Und bietet das nicht Terroristen jeglicher Art ein gewaltiges Erpressungspotential? Die Drohnenflüge über den französischen AKWs vor einiger Zeit sind bis heute nicht aufgeklärt.
Also einfach hoffen – es wird schon gut gehen? Ist das verantwortungsvolle Politik?
Sie nehmen das Falsche zur Kenntnis. Der Kern ist das Dilemma, dass wahrscheinlich nicht Beides gleichzeitig zu haben ist: Verzicht auf Kernenergie und Klimaneutralität. Das zeigt die Empirie, wenn Deutschland den dreckigsten Strommix der EU neben Polen und Tschechien hat.
Ich kenne eine ältere Studie im Auftrag von Greenpeace, die belegen sollte, dass eine CO2-freie Energieerzeugung unter Verzicht auf Atomenergie möglich sei. Der Auftraggeber, seit der Gründung ein strikter Gegner jeglicher atomarer Energienutzung, zeigte schon die Richtung an. Wenig überraschend kam die Studie zu dem Ergebnis, dass Deutschland auch ohne Atomkraft CO2-neutral werden könne. Doch die Einschränkung hatte es in sich: „Unter optimalen Bedingungen“. Das ist genau die Bedingung, die in einer freien, demokratischen Gesellschaft praktisch nie gegeben ist. Mit anderen Worten: Selbst unter wohlwollender Bewertung ist die Erreichung der Klimaschutzziele ohne Atomkraft praktisch ausgeschlossen.
Dass dem so ist, sehen wir an den Erfahrungen, die wir hier über Jahrzehnte gemacht haben ebenso wie am internationalen Vergleich. Verantwortungsvoll ist, sich diesem Dilemma zu stellen und eine abgewogene Entscheidung zu treffen. Die hat dieses Land getroffen. Also freuen wir uns über die Abschaltung der letzten Atommeiler und bedauern nicht, dass wir die Chance für den Klimaschutz weggeworfen haben.
„…zwischen den Wahlen 2017 und 2021 verlor die AfD die allermeisten Stimmen (über 800.000) an das Nichtwählendenlager. Der größte andere Einzelanteil ging an die FDP, der es gelang, rund 340.000 Stimmen an sich zu binden.“
Die Zahlen sind nicht ganz korrekt:
https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2021-09-26-BT-DE/analyse-wanderung.shtml
Ausführlicher:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestagswahl-2021-ergebnis-der-waehlerwanderung-im-detail-a-cebdad34-f727-4f07-b5d1-fe39d1245275
Stimmet. Vermutlich hat Stefan Sasse nicht saldiert, sollte man aber eigentlich. Beim verlinkten Spiegel-Ding muss man das selbst machen 🙁 , dafür hat man da noch Verstorbene und Nichtwähler als Kategorien. Wie die das – namentlich bei den Verstorbenen – eigentlich so rausfinden, weiß ich auch nicht. Die Verstorbenenpartei profitiert jedenfalls zuvörderst von der CDU. Darüber sollten Letztere mal nachdenken.
NETTO hat die Afd 2021 den größten Batzen (von den Nettoverlustpaketen) an die SPD verloren. Der Nettoabgang an die CDU war vergleichsweise bescheiden, nicht weit weg vom Abgang an die Grünen. Die SPD hat also vom Umdenken ehemaliger AfD-Wählender deutlich stärker profitiert als die Union und stärker als die Nichtwählerpartei ebenso.Hmmm.
Passt eigentlich nitt so recht in beliebte Erklärungsmuster, aber es stellt sich ja die Frage, ob die Kriterien, mit denen wir Politikjunkies Polit-Muster bilden, draußen Im Lande der aggregierten Wählerseele überhaupt entsprechen.
Das ist ja auch nicht wirklich mein Argument. Meine kommunizierenden Röhren beziehen sich nicht auf die Wählenden (erneut, da ist der Überlapp mit der FDP am größten), sondern auf die Rhetorik und Themen.
Also eine rechtsradikale Partei hat mit einer rechtsdemokratischen mehr gemeinsame Themen als mit einer linksdemokratischen? Quelle surprise …
„Die SPD hat also vom Umdenken ehemaliger AfD-Wählender deutlich stärker profitiert als die Union und stärker als die Nichtwählerpartei ebenso.“
260.000 Stimmen netto entsprechen halt gerade mal gut einem halben Prozentpunkt.
Und der Austausch mit dem Nichtwählerlager ist bei weitem größer:
AfD -> SPD: 420.000
SPD -> AfD: 160.000
AfD -> FPD: 380.000
FPD -> AfD: 170.000
AfD -> Union: 490.000
Union -> AfD: 410.000
AfD -> Nichtwähler: 810.000
Nichtwähler -> AfD: 630.000