Der Atomausstieg zerstört die IT-Fähigkeiten der Jugend auf Amazon im chinesischen Eigenheim – Vermischtes 20.04.2023

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann.

Fundstücke

1) Unser Problem ist nicht der Atomausstieg

Deutschland schaut in der aktuellen Situation deshalb am besten nach vorne: Wer auf zentrale Großkraftwerke setzt, hat mit der Kernfusion ein zukunftsgewandtes Projekt. Es gibt sogar Pläne, die bisherigen AKW-Standorte für die ersten Fusionskraftwerke zu nutzen. Bei diesen Anlagen fällt weder CO2 an noch langlebiger Atommüll, und ein GAU ist technisch ausgeschlossen. Vor allem aber gilt es, die zahlreichen eklatanten Rückstände bei der Energiewende aufzuholen. Denn anders als deren lautstarke Fürsprecher behaupten, ist Deutschland nicht auf dem Weg dahin, sich ganzjährig, rund um die Uhr und in jeder Wetterlage mit Ökostrom versorgen zu können. Dazu braucht es deutlich mehr als nur den Zubau neuer Wind- und Solaranlagen. Es braucht eine verlässliche Speicherung von Strom an besonders windigen oder sonnigen Tagen, und es braucht den Bau neuer Stromleitungen, um den Ökostrom überregional zu verteilen. Hier liegt der größere und für die Stromversorgung wirklich gefährliche Fehler der bisherigen Energiepolitik: Man hat die Herstellung von Komponenten für erneuerbare Energie fahrlässig nach China abwandern lassen, die Mühen gescheut, neue Stromleitungen in der Bevölkerung durchzusetzen, und den Aufbau einer Speicherinfrastruktur verschleppt. Am selben Tag, an dem die schwarz-gelbe Bundesregierung 2011 den Atomausstieg beschloss, brachte sie auch einen beschleunigten Ausbau der Stromnetze im Dienst erneuerbarer Energien auf den Weg – passiert ist seither aber viel zu wenig. Das, und nicht der Atomausstieg, ist die eigentliche Gefahr für Energieversorgung, Wohlstand und Klimaneutralität. (Christian Schwägerl, Spektrum)

Das Abwürgen des Ausbaus der Erneuerbaren unter Altmaier ist und bleibt der Sündenfall der deutschen Energiepolitik. Wir hätten heute viel weniger Probleme, wenn damals mit demselben Tempo weitergemacht worden beziehungsweise dieses noch gesteigert worden wäre. Industriepolitisch wäre es ohnehin die richtige Wahl gewesen. Stattdessen warf man mutwillig den deutschen Vorsprung auf dem Gebiet weg, und das ohne irgendeine Alternative in der Hinterhand. Der Irrsinn des Atomausstiegs war immer schon, dass man nicht zeitgleich andere Kapazitäten ausbaute. Stattdessen intensivierte man Kohlekraft und warf sich Putin in die Arme.

Die Wahrnehmung des Atomausstiegs ist im Übrigen faszinierend. Marcel Fratzscher hat dazu die These aufgestellt, dass er ein ähnliches Ding für CDU und FDP ist wie Hartz-IV für die Grünen: Grundsatzentscheidung in der eigenen Regierung, seither ständig bereut. Nur dass die Bürgerlichen es irgendwie geschafft haben, die Schuld dafür SPD und Grünen zu geben. Wenn man CDU und FDP heute zuhört, würde man nie auf die Idee kommen, dass sie den endgültigen Atomausstieg beschlossen (und damals gefeiert!) haben. Der Atomausstieg war aber letztlich ein gesamtdeutsches Projekt aller Parteien – und breiter Unterstützung in der Bevölkerung.

2) Nationales Bildungspanel: Soziale Medien störend, Jungs mehr von sich überzeugt

Soziale Medien würden häufig zur Unterhaltung, Zerstreuung und Ablenkung und oft auch schnell nebenbei genutzt. Das sei wenig anspruchsvoll und könne zugleich ein großer Störfaktor sein. Senkbeil kritisiert insbesondere die Gewohnheit der Nebenbei-Nutzung: „Soziale Online-Medien werden von den Jugendlichen häufig parallel zu schulischen Aufgaben genutzt. Dieses Multitasking beeinträchtigt jedoch Verstehens- und Lernprozesse und im Ergebnis sehen wir insgesamt geringere ICT-Kompetenzen.“ Einer laut der Auswertung gängigen Sichtweise zufolge werden fünf Teilaspekte von ICT-Kompetenz unterschieden. Diese beziehen sich auf die Fähigkeit, digitale Informationen (1) zu finden, (2) zu ordnen, (3) zusammenzufassen, (4) zu beurteilen und (5) für weiterführende Aufgaben zu nutzen. Gemeinsam spiegeln diese Komponenten die Kompetenz einer Person im Umgang mit ICT wider. […] Dementsprechend fordern Senkbeil und Mit-Autor Gnambs, dass die Vermittlung anspruchsvoller informationsbezogener Fertigkeiten standardmäßig in den Unterricht integriert werden sollte. Schülerinnen und Schüler sollen beispielsweise lernen, wie sie gezielt Informationen mit einer Online-Recherche suchen, diese beurteilen, weiterverarbeiten und präsentieren und so ihre Fähigkeiten im komplexen Denken und Problemlösen trainieren. Denn es sei „nicht ausreichend, nur zu wissen, welche Suchmaschinen zur Verfügung stehen, um bestimmte Informationen im Internet zu finden. Vielmehr müssen diese Suchmaschinen auch richtig genutzt werden, damit die verwendeten Suchbegriffe zu optimalen Ergebnissen führen.“ […] Auch habe sich bei der Auswertung der Daten gezeigt, dass männliche und weibliche Jugendliche im Alter zwischen 15 und 18 Jahren zwar nahezu die gleichen Kompetenzwerte für digitale Medien erreichen, Mädchen ihre Fähigkeit aber weiterhin als wesentlich geringer einstufen, als die ebenfalls befragten Jungen. […] Die Forscher vermuten deshalb, dass Frauen technologiebasierte Berufsfelder und Ausbildungen eher deshalb meiden, weil sie in Bezug auf ihre Kompetenzen weniger Selbstvertrauen haben. Da sich die Unterschiede in der Selbsteinschätzung in Jugendalter schon stark verfestigt haben, rät Dr. Timo Gnambs zu frühzeitigen Fördermaßnahmen bereits in der Kindheit: „Frühe Förderung kann zu mehr Chancengleichheit in späteren Lebensjahren beitragen und die Entwicklung tatsächlicher Unterschiede bei den ICT-Kompetenzen verringern.“ (Kristina Beer, Heise)

Wie viele Studien müssen eigentlich noch dieselben Ergebnisse bringen, bevor man das endlich mal nicht mehr als News diskutiert? Die Jugendlichen heute sind keine Digital Natives. Sie waren es nie, das ist reine Projektion. Das Spielen von Clash Royale und Posten von Bildern auf Instagram schafft keine digitialen Kompetenzen? Ach was, da schau her. Die Jugendlichen können kein Word und Excel, obwohl sie den ganzen Tag am Handy hängen? Wer hätte das auch gedacht. Und dass Multitasking nicht funktioniert, ist eigentlich auch keine Neuheit mehr.

Gleiches gilt für die Fordeurng nach „standardmäßiger Integration in den Unterricht“ von „anspruchsvollen informationsbezogenen Fertigkeiten“. Darüber reden wir seit mindestens 20 Jahren, passiert ist so gut wie nichts. Die Verwendung von Medien im Unterricht endet allzu häufig bei „mach mal ne Googlerecherche“ (was die Kids übrigens auch nicht können, weil es ihnen nicht beigebracht wird) und dem Basteln einer schlechten Powerpointpräsentation. Überrascht aber wenig, weil die Lehrkräfte die Kompetenzen ja auch nicht haben. Vermutlich kann ich die gleichen Studienergebnisse in zehn Jahren veröffentlichen und sie werden immer noch zu 100 Prozent zutreffen. Es ist ein Trauerspiel.

Wenig überraschend im Übrigen ist auch, dass sich zwar die realen Fähigkeiten von Jungen und Mädchen nicht groß unterscheiden, aber dafür ihre Wahrnehmung. Dieselben Resultate ergeben Studien seit Jahren und Jahren für alle MINT-Fächer. Auch hier ändert sich praktisch nichts.

3) Wolkenkuckuckseigenheim

All das war früher anders. Mehr Deutsche konnten sich eine eigene Immobilie leisten, und das, obwohl die Bedingungen dafür schon damals nicht gerade ideal waren. Zu Beginn der Siebzigerjahre beispielsweise mussten Bauherren auf ihr Darlehen zum Teil Zinsen von 12 Prozent zahlen. Eine ganze Weile waren es dann immerhin noch sechs bis acht Prozent. Gebaut wurde trotzdem. Ein Grund dafür ist, dass sich Käufer früher mit weniger Platz zufriedengaben. […] Auch sonst waren früher viele zu mehr Verzicht bereit. Ein Urlaub für die junge Familie etwa kam in den Jahren nach dem Hauskauf nicht infrage. Man blieb zu Hause, werkelte am Dach oder pflegte den Garten. Die Konsumforscherin Andrea Gröppel-Klein von der Universität des Saarlandes weist noch auf etwas anderes hin. „Das Leben hatte eine ganz andere Planbarkeit“, sagt sie. Vor fünfzig Jahren begannen die Menschen viel früher zu arbeiten und Familien zu gründen. Wer sich ein Eigenheim kaufte, war also erst Mitte zwanzig oder Anfang dreißig. Das hatte für die Käufer einen Vorteil: Sie hatten länger Zeit, um ihre Schulden abzuzahlen. Hinzu kommt, dass die Menschen früher häufiger günstigeres Wohneigentum auf dem Land erwarben, denn dort arbeiteten sie auch. Heute ist die Lage anders. Der durchschnittliche Immobilienkäufer ist 38 Jahre alt und in einer Lebensphase, in der er nicht mehr so viele Kompromisse eingehen will und kann. Er lebt oftmals in der Stadt, wo die Preise besonders hoch sind, und er hat höhere Ansprüche an das Objekt, das er kaufen will. Noch dazu ist er grundsätzlich weniger bereit zum Verzicht. […] Selbst wenn man sich mit weniger bescheidet als mit einer Vierzimmerwohnung in Frankfurt, haben die meisten zu wenig Geld für den Kauf. 100.000 Euro sollte ein Käufer mindestens mitbringen. Schon das übersteigt die Ersparnisse vieler. „Wer das Pech hat, in Mietverhältnisse geboren worden zu sein, hat schlechte Karten, wenn es ums Eigenkapital geht“, sagt Grabka vom DIW. Er spricht von einer „Geburtslotterie“. Studien belegen: Wer aus einer Familie stammt, die schon Wohneigentum besitzt, schafft es leichter, selbst welches zu bilden, und das nicht erst nach dem Tod der Eltern. Es gibt viele Möglichkeiten, die Kinder beim Immobilienkauf zu unterstützen: Schenkungen, ein vorgezogenes Erbe, eine Hypothek aufs Elternhaus. Viele junge Erwachsene aus vermögenden Familien bringen ein stattliches Kapital mit, das ihnen die Eltern steuerfrei übertragen haben. (Birgit Ochs, FAZ)

Wenig überraschend: die Wohnungskrise ist multikausal. Weder kann man sie nur mit der EZB-Politik erklären noch mit der Gier der Spekulant*innen (beides spielt eine Rolle, by the by, und wird im Artikel auch besprochen; ich hab es hier nur nicht zitiert). Ich würde allerdings die Idee vom Eigenheim als „zentrales Aufstiegsversprechen der BRD“ etwas zurückweisen. Wohneigentum hat in Deutschland nie dieselbe ideologische Rolle eingenommen, wie es das im UK oder in den USA tat und tut. Deutschland war und ist ein Mietenland, zumindest im internationalen Vergleich. Das ändert natürlich nichts am Traum vom Eigenheim für die Mittelschicht, aber er hat bei weitem nicht die Universalität, die Ochs ihm hier zuschreibt.

Die Feststellung der Bedeutung gestiegener Ansprüche einerseits und dem nach hinten verschobenen Kauftermin andererseits halte ich dagegen für höchst relevant. Denn diese soziologischen Änderungen in der Gesellschaft ziehen sich ja überall durch, nicht nur durch den Immobilienkauf. Mittlerweile ist das durchschnittliche (!) Alter für das erste Kind deutlich jenseits der 30 (30,1 Jahre für Frauen, noch mehr für Männer), mit all den Folgen, die das mit sich bringt. Wenig überraschend, dass auch der Immobilienkauf später ist; weder macht es Sinn, zu zweit ein Haus zu kaufen, noch kauft man ein Haus für die potenziellen Kinder, die man in fünf, sechs, sieben Jahren haben will.

Zuletzt haben wir natürlich wieder die Rolle des Geburtenprivilegs. Ich Ochs‘ Punkte hier gar nicht weiter groß ausführen, sie sind völlig selbst-evident. Ein Unterpunkt zu dem Thema, den sie noch vergessen hat, sind die Mentalität und das Know-How: Menschen, die in entsprechende Schichten sozialisiert wurden, haben einerseits den natürlichen Anspruch auf Wohneigentum (der in Schichten ohne diese Sozialisierung geradezu Panik auslöst) und andererseits den Rückgriff auf Fähigkeiten im Umgang mit Finanzierungsmodellen, als Auftraggebende für Handerwerker*innen etc., der als Stressfaktor überhaupt nicht wegzudenken ist.

4) 2023 is when the empires strike back

But recently, China had a genuine major diplomatic success, when it brokered a deal that warmed relations between Saudi Arabia and Iran. This suited China’s own interests, of course — it cemented Iran as a Chinese ally and drew Saudi Arabia away from the U.S. orbit. But it was also a genuinely good thing for the Middle East and for the world. The multi-decade cold war between Iran and Saudi Arabia had torn apart the region and led to highly destructive proxy wars like the one in Yemen; the U.S., with its long-standing vendetta towards Iran, had been unable to calm things down. Now China has, and even the U.S. government is quietly applauding. This will help the world forget the days of the “wolf warriors” that damaged China’s image with their bellicosity. And war in the Middle East is not the only global problem that China is helping to solve. Although China is by far the world’s biggest greenhouse polluter (thanks to its coal industry), it is also by far the world’s biggest investor in green energy […] The developed democracies have tried to fight back against Chinese manufacturing supremacy by implementing policies aimed at decoupling — holding back the most advanced tech from China, and providing incentives for multinational companies to shift production out of China. […] This is why decoupling is such a difficult task. Persuading companies to think about making products anywhere but China is going to take time and effort and carefully crafted incentives. It’s also going to take active cooperation between the U.S., the other developed democracies in Asia and Europe, and neutral or friendly developing countries. […] In other words, 2022 was likely a bit of a false dawn for liberal democracy’s chances in Cold War 2. It exposed real weaknesses in the authoritarian bloc. But those weaknesses exist alongside real strengths — China’s manufacturing supremacy and amoral diplomacy, and Russia’s dogged stubbornness — which have now begun to show in 2023. There should be no doubt that this contest is going to be a long, hard slog for the U.S. and its allies. It will not be over soon, and there’s a serious chance it might not end in success. (Noah Smith, Noahpinion)

Wir sollten uns hüten, dieselben Fehler im Umgang mit China zu machen, die wir schon mit Russland gemacht haben. Leider ist, wie Smith durchaus treffend beschreibt, bereits sehr viel Wasser diesen industriepolitischen Tiber hinuntergeflossen. Die Ironie an der Geschichte ist, dass es gerade eine Liberalisierung und Globalisierung wäre, die eine Bewegung weg von China bedeutete. Denn alles in China anfertigen zu lassen, ist ja keine Globalisierung, sondern verlagert alles einfach nur an einen zentralen Ort. Und liberal ist es auch nicht wirklich, weil man effektiv einen standortpolitischen Monopolisten schafft.

Natürlich heißt das nicht, dass die ganze Fertigung wieder zurück in den Westen kommt. Dafür sind die Preisverhältnisse einfach zu schief, da kann sich Trump noch so oft einen hard hat aufziehen und markige Sprüche reizen. Aber es macht durchaus Sinn, den Kram zu diversifizieren und in verschiedenen Länder zu geben. Erstens gibt das mehr Wettbewerb, zweitens macht es Lieferketten resistenter, und drittens hat es machtpolitische Vorteile.

5) Die Beschissenwerdung des Internets

Ed Zitron beschreib diesen Vorgang in einer Polemik für Business Insider: Die großen Tech-Firmen haben ihr Kernprodukt vernachlässigt, rennen nur noch irgendwelchen Trends hinterher, verfolgen eine toxische Wachstumsideologie und kurzfristige Gewinnchancen. Das beste Beispiel ist für ihn die Umbenennung Facebooks in Meta, die die katastrophale Hinwendung zu einem Meta-Verse markieren sollte, das einfach nie stattgefunden hat, trotz Milliarden-Investitionen. So entsteht das Bild einer müden, traurigen Branche. Diese plattformübergreifenden Tendenzen werden gerade überschattet von spektakulären Ereignissen wie der Twitter-Übernahme durch Elon Musk oder dem drohenden Verbot von TikTok. Das kann aber von einem Eindruck des Müdewerdens der Plattformen nicht ablenken. Ein eigentümlicher schwerer Nebel legt sich atmosphärisch auf den digitalen Raum: Das Internet fühlt sich gerade seltsam an, irgendwie ranzig und angestaubt. Enshittification ist eben auch ein ästhetischer und emotionaler Vorgang. Der Tech-Backlash, der sich schon seit längerer Zeit vollzieht, kommt langsam an seinen Explosionspunkt. Wir erkennen, dass die Menschen und Formen, die die kommunikative Infrastruktur, die wir seit Jahren nutzen, und auf die wir angewiesen sind, moralisch und intellektuelle vollkommen entkernt sind. Was eine gewisse Traurigkeit erzeugt, ist die zusätzliche Erkenntnis, dass sie die Macht haben, die digitalen Bindungen, die Menschen trotzdem aufgebaut haben, zu zerstören. (Johannes Franzen, Kultur&Kontroverse)

Die Enshittification-These kann mittlerweile glaube ich als gesetzt angenommen werden. Ich will an der Stelle vor allem auf den Gedanken der ästhetischen Beschissenwerdung eingehen, den Franzen hier aufmacht, weil die Dimension der „digitalen Bindungen“, die Menschen aufgebaut haben, relevant ist. Ich habe schon immer argumentiert, dass die Plattformen einen öffentlichen Raum darstellen, der für unsere sozialen Beziehungen entscheidend ist. Das ist keine rein private Angelegenheit. Und die Zerstörung dieses öffentlichen Raums, die einhergeht mit der Zerstörung der dort geschaffenen sozialen Bindungen, ist genauso wenig etwas, das wir ignorieren sollten, wie die Zerstörung öffentlicher Räume in Städten und Kommunen.

Resterampe

a) Flugzeuge und Schiffe werden unter den EU-Regeln jetzt als nachhaltige, förderfähige Investitionen geführt. Falls noch jemand Beweise braucht, dass der ganze CO2-Handel und Kram nie ohne politische Einflussnahme bleiben kann.

b) Uuuuuund der nächste eFuel-Pionier pleite.

c) Plädoyer für die 32-Stunden-Woche.

d) Thread zur Chinareise Baerbocks.

e) Billig, aber trotzdem witzig.

f) Jonas hat sein Buch getwittert.

g) Erzieher*innen laut AOK besonders stark von Long Covid betroffen. Keine Überraschung.

h) Mal wieder was zur Reduzierung des Gender-Pay-Gaps.

{ 163 comments… add one }
  • Tim 20. April 2023, 08:34

    (1 – Atomausstieg)

    Das Abwürgen des Ausbaus der Erneuerbaren unter Altmaier ist und bleibt der Sündenfall der deutschen Energiepolitik. Wir hätten heute viel weniger Probleme, wenn damals mit demselben Tempo weitergemacht worden beziehungsweise dieses noch gesteigert worden wäre.

    Es hätte massiv gesteigert werden müssen. Du tust geradezu so, als sei die Energiewende vor Altmaier ein erfolgreiches Projekt gewesen. Sie war aber damals – noch viel mehr als heute – vor allem eine ineffiziente Geldausgeberei. Soweit ich mich erinnere, hat das damals sogar Sigmar Gabriel so gesehen, von dem ja selten mal etwas Sinnvolles kam.

    Industriepolitisch wäre es ohnehin die richtige Wahl gewesen.

    Industriepolitik ist immer Murks. Mich erstaunt Dein Vertrauen in Bürokraten und Politiker.

    Stattdessen warf man mutwillig den deutschen Vorsprung auf dem Gebiet weg,

    Es gab nie einen echten Vorsprung. In einem technisch mittelmäßig schwierigen Feld war die deutsche Industrie etwas früher dran als andere. Dass sie diese Position nicht halten kann, war schon immer klar. Es mag in kleinen Energiewende-Spezialbereichen Dinge geben, bei der die deutsche Industrie ihre Stärken voll ausspielen kann, aber Massenprodukte wie Solarzellen oder Windräder gehören sicher nicht dazu. Es war typischer Politikerquatsch, damals hier eine Zukunftsindustrie zu sehen.

    Übrigens werden wir den exakt selben Mumpitz bei Wärmepumpen sehen. So mancher Politiker sieht darin schon die Zukunft der deutschen Wirtschaft. In 15 Jahren werden chinesische Hersteller aber auch den deutschen Markt dominieren.

    Mit Subventionen schafft man keine erfolgreichen Firmen. Es sind lediglich asoziale Geldzahlungen.

    • mikefromffm 20. April 2023, 10:37

      Wie nennt man das noch mal, wenn man empirische Evidenz ignoriert, um weiter an seinen kontrafaktischen Mumpitz glauben zu können? Korrekt, Ideologie.

      • Tim 20. April 2023, 13:02

        Ich glaube, man muss gar nicht mit irgendwelchen bösen Ideologien kommen. Es gibt einfach kein Zielcontrolling in der Politik. Im Ankündigen sind alle Politiker groß, für die Erfolgsbewertung ein paar Jahre später interessiert sich keiner mehr. Geld ist – bislang – reichlich vorhanden, also wird es besinnungslos rausgehauen. Auf diese Weise ist in alle staatlichen Bereiche der Schlendrian eingezogen.

        Schuld haben letztlich wir Wähler. Wir geben unseriösen Parteien immer wieder eine Chance.

        • Erwin Gabriel 20. April 2023, 15:45

          @ Tim 20. April 2023, 13:02

          Es gibt einfach kein Zielcontrolling in der Politik. Im Ankündigen sind alle Politiker groß, für die Erfolgsbewertung ein paar Jahre später interessiert sich keiner mehr. Geld ist – bislang – reichlich vorhanden, also wird es besinnungslos rausgehauen.

          … und oft mit der Problemlösung gleichgesetzt.

          Zustimmung!

      • Erwin Gabriel 20. April 2023, 15:43

        @ mikefromffm 20. April 2023, 10:37

        Wie nennt man das noch mal, wenn man empirische Evidenz ignoriert, um weiter an seinen kontrafaktischen Mumpitz glauben zu können? Korrekt, Ideologie.

        Sorry, ich kann nicht folgen. Was ist für Dich an Tims Kommentar der „kontrafaktische Mumpitz“, und welche Fakten siehst Du?

        • mikefromffm 20. April 2023, 17:37

          Der Mumpitz ist doch offensichtlich: Es gibt keine Regierung auf dieser Welt, die keine (!) Industriepolitik betreibt. Wie der Zufall es will, findet man heute den Artikel „Die drei Arenen strategischer Koordination“ auf Makronen.de.

          • Tim 20. April 2023, 19:18

            Eben darum ist Industriepolitik eben kein Erfolgsfaktor. Man muss sich nur die Wirtschaftsgeschichte Asiens seit 1950 anschauen, um zu sehen, warum viele Länder dort so erfolgreich geworden sind. Im Gegensatz zu Afrika, Mittel- und Südamerika.

            • Thorsten Haupts 20. April 2023, 22:39

              Touche´ 🙂 .

              • mikefromffm 21. April 2023, 09:12

                Endlos wird hier faktenfreie Ideologie produziert. „Eben darum ist Industriepolitik eben kein Erfolgsfaktor“ ist eine vollkommen sinnfreie Aussage. Oder ist die Aussage „Eben darum ist Privatwirtschaft eben kein Erfolgsfaktor, weil es ja Unternehmenspleiten gibt“ etwa ein Argument? … „Touché“? Träum weiter, das kann man nicht ernst nehmen.

                • Erwin Gabriel 23. April 2023, 16:13

                  @ mikefromffm 21. April 2023, 09:12

                  „Eben darum ist Industriepolitik eben kein Erfolgsfaktor“ ist eine vollkommen sinnfreie Aussage.

                  Wenn alle das Gleiche tun, aber es kmmt nicht das Gleiche dabei heraus, liegt der Verdacht nahe, dass Industriepolitik (die bereits innerhalb des Landes interessengeleitet ist und auch ein Stück weit mt den jeweiligen Regierungen wechselt), nicht das ausschlaggebende Erfolgskriterium ist.

                  Endlos wird hier faktenfreie Ideologie produziert. „Eben darum ist Industriepolitik eben kein Erfolgsfaktor“ ist eine vollkommen sinnfreie Aussage.

                  Träum weiter, das kann man nicht ernst nehmen.

                  Wenn Du Aussagen wie: „Wie nennt man das noch mal, wenn man empirische Evidenz ignoriert, um weiter an seinen kontrafaktischen Mumpitz glauben zu können? Korrekt, Ideologie.“ oder „Der Mumpitz ist doch offensichtlich: Es gibt keine Regierung auf dieser Welt, die keine (!) Industriepolitik betreibt.“ für ein grandioses, faktenbasiertes, wissenschaftlich begründetes Argument für Deine These (die mir nicht so ganz klar geworden ist) hältst, solltest Du (außer „Mumpitz“) auch in Betracht ziehen, dass Deine Mitdiskutanden einfach nur versuchen, auf Dein nicht gerade hohes Argumentationsniveau angemessen zu reagieren.

            • Lemmy Caution 22. April 2023, 21:39

              China folgt den Regeln von van Mises? Steile These 😉
              Ostasiatische Staaten setzten massiv auf Industriepolitik.
              Im Gegensatz zu Lateinamerika war ihre Industriepolitik export-orientiert und nicht import-substituierend.

    • Stefan Sasse 20. April 2023, 19:06

      Völlige Zustimmung für das massive. Wie genau passiert das ohne Industriepolitik? Ich habe kein grenzenloses Vertrauen in Politiker*innen und Bürokratie, ich sehe da nur keine Alternative. Genauso wenig wie für Subventionen, Investitionen etc.

  • Tim 20. April 2023, 08:41

    (4 – China)

    Denn alles in China anfertigen zu lassen, ist ja keine Globalisierung, sondern verlagert alles einfach nur an einen zentralen Ort.

    Etwas off-topic: Globalisierung bedeutete ursprünglich (ab etwa Beginn der 80er Jahre), Produkte global zu vermarkten, denn Internationalisierung (der Lieferketten und des Vertriebs) gab es schon immer. Coca-Cola gab es auch schon immer, aber ab den 80ern wurde Globalisierung zu einer expliziten Strategie vieler großer Unternehmen.

    Heute bedeutet der Begriff … irgendwas. Den Effekt kennen wir Neoliberalen ja bestens. 🙂

  • Tim 20. April 2023, 08:45

    (5 – Enshittification)

    Die Enshittification-These kann mittlerweile glaube ich als gesetzt angenommen werden.

    Man sucht sich 2-3 allen bekannte Firmen raus, bei denen etwas nicht läuft oder keine Innovationen mehr kommen, guckt sie sich etwas genauer an und überträgt das Ergebnis dann auf alle anderen Anbieter (das sind übrigens Hunderttausende). Eine Variante der episodischen (Schein-)Argumentation. Der wohl beliebteste statistische Fehlschluss überhaupt.

    Wenn erwas enshitted ist, dann diese Enshittification-These. Klarer Mülltonnen-Kandidat.

  • Tim 20. April 2023, 08:50

    (a – Flugzeuge und Schiffe)

    Falls noch jemand Beweise braucht, dass der ganze CO2-Handel und Kram nie ohne politische Einflussnahme bleiben kann.

    Äh … Alles am CO2-Handel ist eine politische Einflussnahme. Der ganze CO2-Handel ist nichts anderes eine politische Einflussnahme.

    Politiker bauen nun mal viel Mist, wenn der Tag lang ist. An sinnvollen Regelungen sind sie selten interessiert.

    • Stefan Sasse 20. April 2023, 19:07

      Woher dann das Vertrauen, dass es hier anders wäre?
      Davon abgesehen teile ich deine Verachtung überhaupt nicht.

      • Tim 20. April 2023, 19:58

        Vertrauen? Ich habe sehr wenig Vertrauen in Politiker. Ändert aber nichts an meiner Meinung, dass ein konsequentes, umfassendes CO2-Handelssystem uns die schnellste und günstigste Energiewende brächte.

        • Stefan Sasse 21. April 2023, 13:33

          Ich hab ja auch nichts dagegen, wie schon oft gesagt. Ich denke nur nicht, dass es alleine reicht.

  • Tim 20. April 2023, 08:55

    (g – AOK-Studie)

    g) Erzieher*innen laut AOK besonders stark von Long Covid betroffen. Keine Überraschung.

    Sieh mal einer an. Ich dachte immer, Krankenkassen dürften solche Daten gar nicht strukturiert haben? Mir wurde das mal so erklärt: Krankenkassen sind eigentlich bloß Finanzabwickler. Die Gesundheitsdaten ihrer Mitglieder liegen zwar in ziemlich unstrukturierter Form vor, dürfen aber nicht weiter genutzt werden.

    Hat sich das inzwischen geändert? Im Zusammenhang mit der digitalen Patientenakte kann diese Studie ja noch nicht entstanden sein.

  • CitizenK 20. April 2023, 09:19

    Sollte man nicht auch ernst nehmen, was Martin Schröder in seinem neuen Buch schreibt? Immerhin emprisch (SOP)

    „Überraschenderweise arbeiten viele Frauen gerne in Teilzeit und möchten sich stärker für ihre Familie engagieren. Sie fühlen sich dabei jedoch nicht benachteiligt, sondern ganz im Gegenteil anerkannt und zufrieden. Beruflich können Frauen genauso erfolgreich sein wie Männer. Sie wollen aber oft etwas anderes.

    • schejtan 20. April 2023, 12:27

      Da frage ich mich: Wenn empirisch nachgewiesen ist, dass Frauen weniger karriereorientiert sind, wie will man dann empirisch nachweisen, dass sie die gleichen Chancen haetten, wenn sie genauso karriereorientiert waeren wie Maenner? Also so im Durchschnitt und keine Einzelfaelle.

      • Erwin Gabriel 20. April 2023, 15:47

        @ schejtan 20. April 2023, 12:27

        Da frage ich mich: Wenn empirisch nachgewiesen ist, dass Frauen weniger karriereorientiert sind, wie will man dann empirisch nachweisen, dass sie die gleichen Chancen haetten, wenn sie genauso karriereorientiert waeren wie Maenner? Also so im Durchschnitt und keine Einzelfaelle.

        Sollte eigentlich klar sein: Die Empirie setzt sich aus vielen Einzelfällen zusammen 🙂

        • schejtan 20. April 2023, 17:44

          Anders ausgedrueckt: Wenn ich empirisch nachweise, dass Frauen weniger verdienen und weniger karriereorentiert sind, dann stuetzt es die These, dass es da einen kausalen Zusammenhang gibt. Ich kann daraus aber nicht schliessen, dass es keine anderen Gruende fuer die Gehaltsunterschiede gibt und erst recht nicht, dass sie das gleiche verdienen wuerden, wenn sie doch nur ambitionierter waeren. Fuer das letzte werden dann halt immer Einzelbeispiele wie Sheryl Sandberg angefuehrt und verallgemeinert, aber da kann ich auch Keith Richards als Beispiel dafuer anfuehren, dass harter Drogenkonsum nicht so gefaehrlich ist.

          • Erwin Gabriel 20. April 2023, 22:13

            @ schejtan

            Ok, nun habe ich immerhin verstanden, was Du meinst.

            Für den Gender Pay Gap gibt es wohl ein Dutzend Gründe; einer davon ist definitiv Diskriminierung. Das zu leugnen ist genauso sinnlos wie zu behaupten, dass es nur diesen Grund gibt.

            • Stefan Sasse 21. April 2023, 13:35

              Aber ist das irgendwie strittig…?

              • schejtan 21. April 2023, 14:39

                Der von Citizen zitierte Ausschnitt sagt ja schon aus, dass es nur die fehlenden Ambitionen der Frauen sind, die ausschlaggebend sind.

                • Stefan Sasse 21. April 2023, 18:41

                  Nur: wo kommen die her? Das ist ja nicht luftleerer Raum!

                  • schejtan 22. April 2023, 08:13

                    Du meinst die geringeren Ambitionen der Frauen? Da sind wir dann wieder mal bei der Frage, wie gross der biologische und wie gross der kulturelle Einfluss ist. Und da behaupte ich mal, dass das niemand weiss und die eigene Auffassung eher politisch/moralisch gepraegt denn faktenbasiert ist.

                    • Stefan Sasse 22. April 2023, 09:17

                      Wir sind uns sicher einig, dass es nicht null ist, ja?

                    • schejtan 22. April 2023, 09:40

                      Klar. Ich tendiere wie du ja auch eher zu kultureller Praegung.

                    • Stefan Sasse 22. April 2023, 18:56

                      Dann sind wir uns ja einig. 🙂

                    • Stefan Pietsch 22. April 2023, 11:39

                      Wieso?

                      Ich bin immer wieder erstaunt, wie ewig gestrig und rückständig junge Menschen heute denken.

                      Frauen haben heute tendenziell sogar eine bessere Ausbildung und Qualifizierung als Männer und schließen Ausbildung und Studium häufiger erfolgreich ab.

                      Ersetze „Frau“ durch „Mann“ und der Satz geht als blanker Sexismus durch. Spätestens seit den Siebzigerjahren stellte man eine Benachteiligung wegen des Geschlechts fest, weil Mädchen schlechtere Bildungswege hinlegten. Es ist jedoch keine Benachteiligung des Geschlechts, wenn dies nunmehr seit Jahrzehnten auf Jungen zutrifft. Anscheinend liegt es bei so rückschrittlich denkenden Menschen in der Natur des männlichen Geschlechts, dümmer zu sein.

                      Über die Jahrzehnte konnte ich aus der Nähe wie Entfernung die Entwicklung unzähliger Frauen mitverfolgen. Karriereorientierung zeigt sich immer sehr früh, bei Jungen wie Mädchen. Einige von denen auf berufliche Selbständigkeit bedachten zogen sich jedoch irgendwann zwischen Ende 20 und Mitte 30 ins Privatleben zurück. Frage: Wie kann es kulturelle Prägung sein, wenn Frauen, wie Fratscher ja auch schreibt, anfangs genauso gut ins Berufsleben einsteigen wie ihre männlichen Konkurrenten, aber nach einigen Jahren zurückfallen? Mit 30 ist ein Mensch geprägt, da kommt nix mehr vom Umfeld dazu.

                      Wir haben unzählige Kulturen auf der Welt. Doch selbst in den hoch entwickelten westlichen Industrieländern machen mehr Männer als Frauen beruflich Karriere. Wenn Ihr Vorurteil einen wahren Kern hätte, dann wäre doch irgendwo ein Unterschied sichtbar, oder?

                    • Stefan Sasse 22. April 2023, 18:58

                      Seit wann ist es Sexismus, einen statistischen Zusammenhang zu benennen? Mehr Frauen als Männer machen Abi, mehr studieren. An Hauptschulen ist der Jungenanteil, was, 70%? Das ist eine totale Katastrophe, und es wird viel zu wenig thematisiert.

                    • schejtan 22. April 2023, 15:09

                      Meine Gedanken zu dem Thema: Es gibt natuerliche Unterschiede im Bezug auf Charakterzuege zwischen den Geschlechtern. Die zeigen sich aber vor allem in den Extremen. Sprich: Der Durchschnittsmann ist gar nicht signifikant ambitionierter als die Durchschnittsfrau, aber es gibt mehr hochambitionierte Maenner als Frauen. Da solche Menschen mit hoeherer Wahrscheinlichkeit erfolgreich sind und darueber reden, fuehrt das zu dem Bild dass Maenner grundsaetzlich ambitionierter sind. Das hat dann einen Rueckkopplungseffekt, dass zum Beispiel eindurchschnittlich ambitionierter Mann mit weniger Anstrengung Erfolg hat als eine ueberdurchschnittlich ambitionierte Frau. Weil er zum Beispiel als ambitionierter wahrgenommen wird als die Frau und es nicht erst beweisen muss. Das wiederum beeinflusst die wahrgenommene Ambitionsverteilung, die eben nicht der natuerlichen entspricht, aber fuer praktische Auswirkungen entscheidend ist. Dass meine im Wesentlichen mit kulturellem oder gesellschaftlichem Einfluss, den ich aus rein persoenlicher Erfahrung und vielleicht ein wenig Wunschdenken als staerker einschaetze (vor allem auf die Durchschnittsfrauen und -maenner) als den biologischen.

                    • Thorsten Haupts 22. April 2023, 18:08

                      ROFL. 40 jahre lang die verschleierte bis offen aggressive Verachtung des Modells „Hausfrau und Kindermutter“ in absolut allen deutschen Leitmedien (minus – ausschliesslich – FAZ). 40 Jahre lang unzählige Artikel, Sendungen, Features, Theaterstücke etc. zum Thema „starke Frau“ und „Frauen können alles“. 40 Jahre lang Spielfilme, Tatorts, Satiresendungen, die nicht berufstätige Frauen als wahlweise naive Dummchen oder Schmarotzer zeigen. 40 Jahre lang Frauennetzwerke, mehr als 20 Jahre lang eine im Median bessere (!) Frauen- als Männerbildung.

                      Aber es bleibt noch immer der übermächtige „kulturelle Einfluss“. Wo soll der eigentlich heute noch herkommen? Strahlung aus dem All?

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Pietsch 22. April 2023, 21:55

                      Es gibt keinen Durchschnittsmann und keine Durchschnittsfrau. Es gibt dominierende Profile.

                      In zahlreichen Ländern verpflichtet der Gesetzgeber Unternehmen zu Mindestquoten für Frauen bei der Besetzung von Leitungs- und Aufsichtsgremien. Diese Positionen werden meist über Headhunter besetzt.

                      Es ist unabhängig vom Land außerordentlich schwierig, die Quoten in der Besetzung zu erfüllen. Die Konsequenzen sind statistisch messbar. Frauen in den Premiumwerten sind häufig besser als ihre männlichen Kollegen vergütet, halten aber kürzer die Position. Bei Frauen kommt es häufiger zu Multifunktionsträgern, ein Verstoß gegen die Good Governance-Regeln.

                      Eigentlich müssten Frauen inzwischen in der gleichen Zahl wie Männer in den oberen Etagen ankommen, denn seit 25-30 Jahren haben sie gleichgewichtige Anteile bei der akademischen Ausbildung. Im Alter zwischen 45 und Mitte 50 ist man für die obersten Etagen reif.

                      Dennoch haben wir keine gleichen Anteile. Ein Grund ist übrigens, dass Frauen eben weit seltener in den Karrierestartpositionen zu finden sind: Sales, Finance, Production. In meinem Team halten sich Frauen und Männer in den Teamleiterpositionen die Waage. Aber keiner ist in der Lage mich zu ersetzen. Keiner besitzt die notwendigen strategischen Fähigkeiten, Durchsetzungskraft und Ehrgeiz. Und ja, in diesen Positionen muss man deutliche Abstriche an Freizeit und Privatleben machen.

                      Hier sind wir wieder beim Profil: Frauen sind wesentlich weniger bereit, diese Abstriche zu machen. Auch das ist messbar. Frauen wollen viel häufiger als Männer teilzeit arbeiten (und tun es auch) und sie gehen früher in Rente.

                      Machtpositionen sind selten teilbar. Und sie lassen sich nicht in Teilzeit, nicht einmal in Vollzeit betreiben. Neben den typischen Charakteristika dieser Positionen gibt es dafür nicht genügend (geeignete) Personen.

                      Als ich die Führung des Finanzbereichs bei dem IT-Konzern übernommen habe, hatte ich eine junge Frau in der Teamleiterrolle. Um die Arbeitsbelastung auszugleichen, wurde eine weitere Bilanzbuchhalterin eingestellt. In Abstimmung mit meiner bisherigen Leiterin wurde ihr ebenfalls die Rolle der Teamleitung zuerkannt und das Team geteilt. Nun haben beide kleine Teams, die Macht ist geteilt – was damit überhaupt einhergeht. Im Grunde sind sie einflussloser geworden, während die männliche Konkurrenz im Controlling mehr Einfluss gewonnen hat.

                      Ich hätte das nicht gemacht. Und ich kenne keine Top-Führungskraft, die das getan hätte.

                    • Stefan Pietsch 22. April 2023, 22:23

                      @Stefan

                      Bekanntlich bin ich ja schon ein paar Jahrzehnte auf der Welt. In den ersten wurde die Benachteiligung von Mädchen im Bildungsbereich angeprangert. Als Gesellschaft waren wir überaus erfolgreich. Nur wurden die Jungen vergessen.

                      Heute wird so hervorgehoben, dass Mädchen im Bildungsbetrieb viel erfolgreicher seien, so als wäre es ihr Verdienst. Wer das so sieht, müsste sagen, dass Jungs früher einfach aus eigenem Können erfolgreicher waren. Das wäre aber wohl sexistisch, oder?

                      Du bist Teil des Bildungsbetriebs und das an wichtiger Stelle. Was tust Du um Jungen die gleichen Chancen zu verschaffen und sie so individuell zu fördern, dass sie den gleichen Bildungserfolg wie die jungen Frauen in Deiner Klasse erzielen?

                    • Stefan Sasse 23. April 2023, 09:30

                      Wie gesagt, ich stimme dir bezüglich der Jungen ja völlig zu. Ich bin im System zu spät dran. Die entscheidenden Weichen sind Kita und Grundschule. Ich krieg die, wenn sie 16 sind. Da ist, wie man im Schwabenland so sagt, die Katz dr Boom nuff.

                    • schejtan 23. April 2023, 08:24

                      @Thorsten

                      Und ist in diesem Zeitraum der Anteil an Frauen in Fuehrungspositionen etwa nicht gestiegen? Nochmal: Ich sage nicht, dass biologische Effekte da keine Rolle spielen; ich sage, dass sie durch gesellschaftliche Effekte verstaerkt werden. Ich sehe jedenfalls nicht, wie man sonst erklaeren koennte, dass es in der Hinsicht zeitliche und raeumliche Variationen gibt.

                    • Stefan Pietsch 23. April 2023, 12:00

                      @schejtan

                      International sind die politisch vorgegebenen Quoten bis heute schwer zu erfüllen, obwohl sie meist nicht einmal Parität fordern.

                      In Deutschland ist in der Alterskohorte der 35-45jährigen das Bildungsverhältnis erstmals gekippt, Frauen verfügen hier in der Größenordnung von 2,7 Millionen mit Abitur über einen Vorsprung von 0,2 Millionen. Diese müssten jetzt in der mittleren und oberen Führungsschicht angekommen sein.

                      Es liegt darüber hinaus in der Natur der Sache, dass Menschen mit höherer Bildung auch höhere Ansprüche an ihren Berufsweg haben. Das spielen eine Reihe von Motiven rein, oft eben: das muss sich ja auch lohnen. Deutsche Frauen stehen weniger unter dem Druck, ihre Ausbildung wieder refinanzieren zu müssen. Und trotzdem „schaffen“ sie es nicht. Das muss Gründe haben, die jenseits von kultureller Diskriminierung liegen.

                      Übrigens: wenn ich spürbar bestraft werde, wenn ich nicht mindestens einmal die Woche ins Fitnessstudio gehe, wird man anhand der Studiobesuche messen können, dass die Strafandrohung etwas gebracht hat. Ob ich dadurch fitter geworden bin, ist eine ganz andere Frage.

                      Bisher können sich Frauen schlechter in den Top-Positionen halten. Unternehmen sind bisher auch nicht besser durch die Erhöhung des Frauenanteils geworden. Vielleicht ist das ein Zeichen, dass der politische Zwang nicht der richtige Weg ist?

                      Heute können es Unternehmen längst nicht mehr leisten, Mitarbeiter nach Kriterien wie Geschlecht oder Herkunft zu diskriminieren. Aber es gehört weit mehr als Bildung dazu, Führungspositionen auszufüllen. Davon ist das Wichtigste das Wollen. Macht und Einfluss muss man wollen und es sich nehmen. Es wird nicht verliehen. Wer darauf wartet, dass ihm/ihr Macht und Position gegeben wird, wird ewig warten oder schnell scheitern.

                      Und, lieber schejtan, da ist es absolut kontraproduktiv, Kindern den Ellbogeneinsatz abzutrainieren oder zu verbieten. Dieses klassisch weibliche Gehabe ist manchmal absolut unvorteilhaft. An der Spitze ist man einsam. Das liegt in der Natur der Sache. Wer das nicht aushält, ist für den Job nicht geeignet.

                    • Stefan Pietsch 23. April 2023, 12:20

                      Da ist(..) die Katz dr Boom nuff.

                      Gefällt mir! 🙂

                      Wir diskutieren über den Bildungsvorteil von Frauen als wäre es eine Selbstverständlichkeit. Dabei zeigt es die Unwucht des Systems, wir verzichten auf Fähigkeiten, in dem wir Jungen nicht gemäß ihren Charakteristika fördern. Meine Frau sieht das ja schon bei den Kleinsten: Erzieherinnen versuchen aus den kleinen Bengeln brave Mädchen zu machen. Und dann gibt es Lehrerinnen, die Jungen gezielt ausgrenzen – und dafür nicht aus dem Job fliegen.

                      Wo gibt es Ansätze, die Mängel des Systems anzugehen? Stattdessen diskutieren wir immer noch die Benachteiligung von jungen Frauen – die schon statistisch nicht mehr erkennbar ist.

                    • Stefan Sasse 23. April 2023, 18:13

                      „Wir“ tun das überhaupt nicht. Und die Benachteiligungen existieren, sehr real. Sie liegen nur nicht im Zugang zum Abitur. Da haben die Jungs das Problem. Sieh es quasi so: bei den Frauen wird eher das obere 50% diskriminiert, bei den Männern das untere. Nichts davon ist „besser“ als das andere, es sind nur völlig unterschiedliche Probleme.

                    • Thorsten Haupts 23. April 2023, 16:49

                      @schejtan
                      Ich bestreite den kulturellen Druck für die Vergangenheit überhaupt nicht. Aber – Frauen sind seit meiner jungen Erwachsenenzeit rechtlich wie tatsächlich voll emanzipiert. Und das ist jetzt 40 Jahre her. Mir leuchtet einfach nicht mehr ein, woher ein Karriere entgegenstehender Druck HEUTE noch kommen soll, das ist alles.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 23. April 2023, 18:16

                      Dann red einfach mal mit Frauen, die diesen Druck HEUTE noch verspüren.

                    • schejtan 23. April 2023, 17:49

                      @Thorsten

                      Rechtlich sicher. Fuer das tatsaechlich habe ich doch schon ein paar zu viele Geschichten in die andere Richtung mitbekommen. Und ich bin noch keine 40.

                    • Stefan Pietsch 23. April 2023, 18:20

                      Abiturienten gehören zu den unteren 50%? Sachen gibt’s…

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 13:45

                      Wenn du nicht diskutieren willst, dann lass es halt.

                    • Stefan Pietsch 23. April 2023, 18:31

                      @Stefan

                      Wozu? Red‘ mal mit Top-Managern, die sich ob der hohen Verantwortung gestresst fühlen. Die soll es laut Studien in größerer Zahl geben. Interessiert Dich nur nicht – und bringt auch nichts. Warum machen sie dennoch den Job? Aus den gleichen Gründen, warum Frauen häufiger auf Karriere verzichten.

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 13:47

                      Klar interessiert mich das. Sehr sogar. Ich hab sogar schon oft drüber geschrieben.

                    • Thorsten Haupts 24. April 2023, 11:50

                      @Stefan S:

                      Menschen spüren alles mögliche, wenn sie Zeit haben. Ich sehe keine objektivierbaren Fakten, die einen existierenden kulturellen Druck in veröffentlichten Medien, Bildungsreinrichtungen oder dem deutschen Recht nahelegen würden. Das sind aber zwei Drittel von „Kultur“, das letzte Drittel machen private und damit empirisch nicht überprüfbare Beziehungen aus.

                      Bin gerne bereit, mich von entgegenstehenden Fakten überzeugen zu lassen – „gefühlter“ Druck von Feministinnen gehört nicht dazu.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                • Erwin Gabriel 23. April 2023, 22:04

                  @schejtan 21. April 2023, 14:39

                  Der von Citizen zitierte Ausschnitt sagt ja schon aus, dass es nur die fehlenden Ambitionen der Frauen sind, die ausschlaggebend sind.

                  Nein tut er nicht.

          • CitizenK 21. April 2023, 10:04

            Die Frage bleibt: Warum nimmt man die Frauen nicht ernst, die keine Business-Karriere anstreben? Falsches Bewusstsein? Indoktrination? StefanP berichtet das ja hier immer wieder aus der Praxis ( … muss deshalb nicht falsch sein ;-))
            Wenn die Debatte sich auf die letzten Prozentpunkte der Einkommensunterschiede (und btw. auf das Gendern) fixiert, geraten andere Nachteile für die Frauen aus dem Blick, z B. dass Medikamente und Sicherungseinrichtungen nur an Männern getestet werden.

            • Stefan Pietsch 21. April 2023, 11:04

              Nur eine Minderheit von einem Zehntel oder so strebt überhaupt eine Karriere an. Die meisten Menschen wollen einfach ihr Geld verdienen. Wir fokussieren uns immer wieder auf kleine Minderheiten und erklären deren Probleme zu gesellschaftlichen Schieflagen.

            • Erwin Gabriel 23. April 2023, 16:33

              @ CitizenK 21. April 2023, 10:04

              Die Frage bleibt: Warum nimmt man die Frauen nicht ernst, die keine Business-Karriere anstreben?

              Definiere „ernstnehmen“

              Ich stehe kurz vor der Rente, und hab eine hochintelligente Kollegin gefragt, ob sie meine Nachfolgerin werden will. Antwort „Nein, ich will nciht im Wind stehen“. Hab ihre Vorgängerin (nun in einem anderen Unternehmen) gefragt, ob sie zurückkommen und die Abteilung übernehmen möchte. Antwort: „Nein; das aktuelle Arbeitspensum passt, und vom höheren Gehalt schluckt der Staat eh die hälfte – lohnt sich nicht“.
              Ich nehme beide sehr ernst – als Menschen und Persönlichkeiten, aber nicht als Führungskräfte.

              Wie (nicht nur) Stefan P. hier immer wieder ausführt, haben bestimmte Jobs, bestimmte Positionen Anforderungen an die Stelleninhaber. Das mag mal Abstaraktionsvermögen, mal Sorgfalt, mal Geduld, mal die Fähigkeit, andere zu führen, sein. Wer die jeweiligen Charakteristika der Stelle nicht erfüllen will oder kann, kommt da eben nicht hin.

              In einer staatsnahen Institution ist gerade der Geschäftsführer durch einen Unfall aus dem Verkehr gezogen. Großes Drängeln und Stühlerücken. Bei einer entscheidenden Position ist eine Frau mit im Rennen. Sie ist nicht am Besten qualifiziert, aber wird vermutlich das Rennen machen, weil sie die einzige Frau unter einem Dutzend Männern ist.

              Auch bei uns im Unternehmen wurden zwei Vakanzen im Board ersetzt. unser Geschäftsführer wollte die unbedingt mit Frauen besetzen, hat aber keine gefunden. Jetzt sitzen da Männer, und die Frauen im Unternehmen schimpfen, dass nur ein Board-Mitglied weiblich ist. Schwierig.

          • cimourdain 21. April 2023, 11:18

            Eigentlich wäre das kein Hexenwerk und eine Methode, faktenbasiert Geschlechterwissenschaft zu betreiben.
            Mach eine Kenngröße „Karriereorientierung“ mit Fragen nach Wunscharbeitszeit etc.. . Dann teste die Hypothese „Männer verdienen mehr als Frauen“ innerhalb der jeweiligen Karriereorientierungs-Brackets.

            Davon abgesehen finde ich es eigentlich ganz treffend, dass du im letzten Satz Karriereorientierung und harte Drogen quasi gleichsetzt (auch wenn mir klar ist, dass es nicht so gemeint ist).

            • schejtan 21. April 2023, 14:44

              Ja, das waere eine Moeglichkeit. Haette aber auch noch den Makel, wie genau die Kenngroesse „Karrieorentierung“ bestimmt wird und dass man sich auf die Selbsteinschaetzung der Teilnehmer verlassen muss. Und schlussendlich bleibt die Frage ob man da auch in allen Brackets genuegend Leute fuer vernuenftige Statistik zusammenkriegt. Da gibt es letztendlich wohl immer noch die Moeglichkeit, das alles so zu gestalten, dass am Ende ein genehmes Ergebis bei rauskommt.

  • cimourdain 20. April 2023, 09:50

    d) Das endlose Geplänkel zwischen Grünenbashern und Grünenclaqeuren ist unglaublich ermüdend.
    Ohne komme ich zu einem simpleren Ergebnis. Es ist schlicht und einfach grottenschlechte Diplomatie, weil es nicht nur die Führung, sondern auch die Öffentlichkeit im Gastgeberland brüskiert hat:
    https://www.scmp.com/comment/opinion/article/3217122/top-german-wolf-warrior-wants-china-end-war-west-sponsors?module=perpetual_scroll_0&pgtype=article&campaign=3217122
    (Zur Einordnung: Die SCMP erscheint in Hongkong, gehört zum Alibaba-Konzern und hat genügend Distanz zur Regierung, dass man sie in Festlandchina nicht aufrufen kann)
    Um dies zu diskutieren wäre der richtige Begriff nicht „Ideologie“ sondern „Attitüde“. Lemmy Caution hat kürzlich darauf hingewiesen, wie stark das „Jahrhundert der Demütigungen“ im chinesischen Nationalbewusstsein nachwirkt. Und da bestätigt ein belehrendes Auftreten von oben herab das Bild des immer noch kolonial auftretenden Europäers.

    • Thorsten Haupts 21. April 2023, 15:29

      Lemmy Caution hat kürzlich darauf hingewiesen, wie stark das „Jahrhundert der Demütigungen“ im chinesischen Nationalbewusstsein nachwirkt.

      Ach, tut es das? Woher wissen wir das in einem Land, in dem es gedruckt, gesendet und in sozialen Medien ausschliesslich Propaganda der kommunistischen Partei gibt, seit Beginn der Existenz der Volksrepublik China? Ich bin ein wenig verwundert, warum ein intelligenter Mensch wie Sie Elitenpropaganda mit „Nationalbewusstsein“ gleichsetzt.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Stefan Sasse 21. April 2023, 18:43

        Grundsätzlich Zustimmung zur Glaubwürdigkeitsfrage; ich glaube das allerdings in dem Fall durchaus.

      • cimourdain 21. April 2023, 23:57

        Sie haben in zwei wichtigen Punkten natürlich recht:
        – öffentliche Meinung ist immer von Eliten geschaffen. In einem EInparteiensystem ist das besonders eklatant.
        – Otto Normalchinese interessiert sich genauso wenig dafür, was vor 100 Jahren passiert ist wie sein deutsches Pendant.

        Aber gerade deshalb, weil wahrscheinlich in der Bevölkerung wenig Kenntnisse (und diese einseitig) vorhanden sind, ist das doch ein idealer Nährboden für propagandistisches Ausschlachten.

        • Stefan Sasse 22. April 2023, 09:16

          Da wäre ich nicht so sicher. Identitätspolitik can be helluva drug. Auch in China.

  • schejtan 20. April 2023, 10:36

    2) Ich kenn mindestens 2 Professoren, die sich darueber beklagen, dass es schwieriger wird, Studenten/Doktoranden mit ausreichenden Programmierkenntnissen zu finden. Wenn man davon absieht, dass es anekdotisch ist und da vielleicht auch „Frueher war alles besser“ mitschwingt, finde ich das gar nicht so ueberraschend. IT wird vielleicht mehr genutzt, aber die Nutzung wurde halt auch einfacher, so dass man weniger Hintergrundwissen haben muss. Ist ja in anderen Bereichen auch nicht anders, weswegen ich mich schon frage, wieso Leute hier auf die Idee gekommen sind, dass mehr Nutzung zu mehr Kenntnis fuehrt.

    b) Da du die beiden schon in der letzten Resterampe vermischt hast, muss ich jetzt doch mal klugscheissen: Wasserstoff != eFuels

    • Stefan Sasse 20. April 2023, 19:08

      2) Weil es eine schöne Geschichte ist, denke ich.

      b) Im Artikel war doch die Rede von beidem?

  • Stefan Pietsch 20. April 2023, 10:39

    c) Plädoyer für die 32-Stunden-Woche.
    h) Mal wieder was zur Reduzierung des Gender-Pay-Gaps.

    Manchmal hat Stefan einen schönen weil unbeabsichtigten Humor. In beiden Themenbereichen hat Stefan ja eine eindeutige Position. Die Argumente mögen für jüngere Menschen originell sein, erschreckenderweise wurden sie exakt so bereits vor 20, 30 Jahren verwandt. Manches ändert sich niemals.

    Die Argumente für die 32-Stunden-Woche sind anscheinend die gleichen wie sie für die 35-Stunden-Woche galten. Durch Arbeitszeitreduzierung wird mehr Beschäftigung nachgefragt, Arbeitslose finden wieder Arbeit. Möglicherweise habe ich zuletzt ein paar Dinge nicht mitbekommen, aber wir haben doch derzeit eher zu wenig Menschen in Arbeit als zu viele?

    Man mag nicht glauben, dass Fratscher Ökonom ist. Ein zentrales Argument gegen das Ehegattensplitting ist, dass dadurch Frauen an der Arbeitsaufnahme gehindert würden wegen nicht lohnen und so. Nun ist für das „Nicht lohnen und so“ der Staat mit seiner Besteuerung verantwortlich. Das „Nicht lohnen und so“ gilt für immer mehr Bereiche der Wirtschaft und Beschäftigung. Das ist kein Spezialthema von Ehepartnern. Im Gegenteil, diese können die Gesamtbelastung etwas clever aufteilen. Das scheint auch zu funktionieren, binnen nur einer Generation ist in Deutschland die Frauenerwerbsquote von einem der niedrigsten Werte auf einen der höchsten in der OECD angestiegen. Erstaunlich, dass ein Ökonom dies ignoriert.

    Nach Befragungen, die Eingang in den Tragfähigkeitsbericht der Staatsfinanzen Eingang gefunden haben, wünschen Frauen eine durchschnittliche Arbeitszeit von 32 Stunden. Das ist exakt die Stundenzahl, die Frauen heute arbeiten. Frauen haben für sich also realisiert, was Stefan als allgemeine Regelarbeitszeit anstrebt. Das nennt sich heute Teilzeit, zukünftig soll das „Vollzeit“ heißen. Älteren kommt das bekannt vor: Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nichts.

    • Erwin Gabriel 20. April 2023, 15:53

      @ Stefan Pietsch 20. April 2023, 10:39

      Zustimmung!

  • cimourdain 20. April 2023, 13:20

    1) Eine für das politische Verständnis wichtige Erkenntnis des Artikels ist, dass die wesentliche Entscheidung schon zwischen 1988 und 1990 getroffen wurde und nicht politisch sondern wirtschaftlich motiviert war. In diesen Jahren wurden einige zentrale Kernenergieprojekte beerdigt: Kalkar Wackersdorf, Jülich etc… Danach gab es keine Neuanlagen mehr und auch keine Planung. Der Atomausstiegsausstiegsaustieg der Merkel Administration (Ich schreibe diese Worte aus, weil sie recht gut diesen furchtbaren Hickhack belegen), die Atomausstiegsausstiegsaustiegsverschiebung der Scholz-Regierung und Söders geplanter Atomausstiegsausstiegsaustiegsausstieg sind da eigentlich von geringerem Belang.

    • Stefan Sasse 20. April 2023, 19:09

      Exakt.

    • Ariane 21. April 2023, 08:20

      Absolut! Es wundert mich auch immer, dass das in der Debatte überhaupt keine Rolle spielt. Auch wenns darum geht, dass man die AKWs unbedingt behalten will. Man kann die jetzigen Meiler eh nicht ewig laufen lassen, die sind uralt. Und es steht völlig außer Frage, dass man nichts neues bauen kann und v.a. will. Die weiteren Regelungen sind ja eigentlich nur dafür da, dass das formell klar ist.

      • Stefan Pietsch 21. April 2023, 09:10

        Die aktuellen Statistiken zeigen, dass wir den Wegfall der Atomstrommenge durch Atomstrom aus Frankreich und Kohlekraftwerke in Polen und Tschechien ersetzen. Da dies so lange bekannt ist, gehen wird davon aus, dass dies politisch gewollt ist.

        Nur interessenhalber: Warum beschweren wir uns über die Gefahren der Atomkraft und höhere CO2-Emissionen? Die NIMBY-Politik, die Stefan ja immer geißelt.

        Robert Habeck – blätter, blätter: Grüne Partei – hat die Tage gesagt, es sei völlig in Ordnung Atomkraftwerke so lange zu betreiben so lange sie sicher seien.

        Ach so, das bezog sich allerdings auf die Besonderheiten ukrainischer Kraftwerke. Wahrscheinlich sind auch die CO2-Emissionen aus polnischen und tschechischen Kohlemeilern reiner und besser fürs Klima. Ich lerne Dinge, das glaub‘ ich manchmal selbst nicht.

        • cimourdain 21. April 2023, 12:03

          Möchte anmerken, dass nicht nur die Grünen alles für glänzend und sauber halten, was in der Ukraine passiert.

          Aber eigentlich geht es doch um die Technikbürokratie Betriebsgenehmigung. Diese wurde bei AKWs mit einer Generalüberprüfung der Anlagen verbunden, die alle drei Jahre stattfand. Die letzte war 2019, die im Jahr 2022 wurde nicht gemacht, da die Anlagen kurz vor dem Herunterfahren standen. Dann wurde die Laufzeit verlängert. Anders gesagt, sind die AKWs jetzt ein halbes Jahr ohne TÜV gefahren.

      • Stefan Sasse 21. April 2023, 13:36

        Identitätspolitik halt.

  • Thorsten Haupts 20. April 2023, 14:30

    Zu 1): Stattdessen warf man mutwillig den deutschen Vorsprung auf dem Gebiet weg
    Das ist eine absolute Urban Legend! Deutschland wird in der Massenproduktion von relativ einfachen Gebrauchsgütern ohne Protektionismus international nie wettbewerbsfähig sein (und war das auch nie). Und Solarpanels sind produktionstechnisch nicht besonders komplex.

    Zu 3) Zuletzt haben wir natürlich wieder die Rolle des Geburtenprivilegs.
    Yup. Und darüber werden noch unsere Nachfahren in 50 Jahren reden, weil sich das nicht abschaffen lässt. Denn genau darüber wurde auch schon vor 50 Jahren geredet, immer völlig folgenlos. Um das abzuschaffen, müsste man gegen eine Bevölkerungsmehrheit extrem tiefgreifende Massnahmen durchsetzen, für die es nie eine Mehrheit geben wird. Will aber niemanden daran hindern, sich daran abzuarbeiten. Ich hab´s auch in meiner Jugend lange höchst unfair gefunden, dass andere hübscher, charmanter, wohlhabender etc. geboren wurden 🙂 .

    Zu 4)
    Aber es macht durchaus Sinn, den Kram zu diversifizieren und in verschiedenen Länder zu geben.
    Dieser Prozess findet schon lange statt – und zwar marktwirtschaftlich und von selbst, seitdem auch in China die Löhne sprunghaft steigen (und jetzt kommen politische und rechtliche Unsicherheiten dazu). Das muss man nicht künstlich irgendwie pushen.

    Zu c)
    Wäre eine 32 Stunden Woche ökonomisch vernünftig, gäbe es sie schon lange.

    Zu h)
    Ah, ein neuer Anlauf, Paare mit nur einem Vollverdiener schlechter (!) zu behandeln, als Paare mit 2 Vollverdienern. Für die Nichtkenner von Ehegattensplitting – beide Partner werden steuerlich so behandelt, als hätten sie je denselben Verdienst. Nicht mehr und nicht weniger. Und den Grund benennt Fratzscher ja ganz offen – Frauen in die Vollzeiterwerbsarbeit zwingen. Gegen deren Willen, wenn Umfragen und Befragungsstudien die Realität widerspiegeln. Auch eine (widerliche) Form von Neiddebatte. Linke halt.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Erwin Gabriel 20. April 2023, 15:52

      @ Thorsten Haupts 20. April 2023, 14:30

      Zustimmung“

    • Stefan Sasse 20. April 2023, 19:10

      c) Lol, klar, genauso wie der Weg von der 60- zur 40-Stunden-Woche ja auch völlig von allein und ohne massive Arbeitskämpfe kam.

      • Thorsten Haupts 20. April 2023, 21:03

        Danke für die Bestätigung 🙂 . Der Übergang hatte absolut nichts mit ökonomischer Logik zu tun – und genau das war mein Argument.

        • CitizenK 21. April 2023, 09:08

          Produktivität? Die Verteilung hat dann wieder mit Politik zu tun.

          • Thorsten Haupts 25. April 2023, 22:28

            Das hat sich – wegen der Beschleunigung des Ersatzes von menschlicher Arbeitskraft durch Maschinen – zwar so ergeben. War damals aber nie das Argument für die 40 Stunden Woche und genau diese vorhersehbare Folge wurde und wird von Gewerkschaften auch immer beklagt.

            Gesellschaftlich, politisch, betrachtet wurde die 40 Stunden Woche eingeführt, weil es dafür eine politische Mehrheit gab. Und nicht wegen erwarteter ökonomischer Vorteile, die zum Zeitpunkt der Einführung auch kurzfristig gar nicht existierten. Nur ist der Ersatz von Menschen- durch Maschinenkraft (KI-Entwicklungen aussen vor) seit vielen Jahren weitgehend abgeschlossen, von daher wette ich jederzeit dagegen, dass eine 32 Stunden Woche JETZT „ökonomische“ Vorteile aufweist.

            Gruss,
            Thorsten Haupts

        • Stefan Sasse 21. April 2023, 13:33

          Nun, die VoWi ging davon offensichtlich ja nicht.

  • Erwin Gabriel 20. April 2023, 15:41

    @ Stefan Sasse

    1) Unser Problem ist nicht der Atomausstieg

    Das Abwürgen des Ausbaus der Erneuerbaren unter Altmaier ist und bleibt der Sündenfall der deutschen Energiepolitik.

    Der Atomausstieg war aber letztlich ein gesamtdeutsches Projekt aller Parteien – und breiter Unterstützung in der Bevölkerung.

    Losgelöst von der Sinnhaftigkeit der Entscheidung ist der Weg, den damals Schröder und Trittin für den Ausstieg aus der Atomkraft gewählt haben, ein gangbarer Weg gewesen, der den Stromerzeugern genug Zeit gab, er auch anderen Projekten genug Spielraum und Zeit gab.

    Merkels Wiedereinstieg (und Altmaiers Umsetzung) hat alle alternativen Entwicklungen abgewürgt, der Wiederausstieg hat bei den Stromerzeugern zehntausende Arbeitsplätze gekostet, und die dilettantische Umsetzung in Richtung erneuerbare Energien hat bis auf den Strompreis nichts nennenswert nach vorne gebracht.

    3) Wolkenkuckuckseigenheim

    Wenig überraschend: die Wohnungskrise ist multikausal. Weder kann man sie nur mit der EZB-Politik erklären noch mit der Gier der Spekulant*innen (beides spielt eine Rolle, … ich hab es hier nur nicht zitiert).

    Wohl wahr. Hinzu kommen, wie hier schon des Öfteren thematisiert, Landflucht, Anspruchsdenken, Zuwanderung, staatliche Vorschriften etc.

    4) 2023 is when the empires strike back

    Denn alles in China anfertigen zu lassen, ist ja keine Globalisierung, sondern verlagert alles einfach nur an einen zentralen Ort. Und liberal ist es auch nicht wirklich, weil man effektiv einen standortpolitischen Monopolisten schafft.

    Andere Länder – gut und schön. China hat selbst einen Großteil der Strukturen aufgebaut, mit denen sie zu unserer Werkbank wurden. Und in China – bei aller Kritik an den undemokratischen Verhältnissen dort – haben eben auch planbare, stabile Verhältnisse. Es mag auch in Afrika Diktaturen geben, aber die sind personen- und nicht systembezogen; bei jedem Machtwechsel wären andere Umstände, neue Bestechungen etc. erforderlich.

    Natürlich heißt das nicht, dass die ganze Fertigung wieder zurück in den Westen kommt. Dafür sind die Preisverhältnisse einfach zu schief …

    Ziehst Du daraus wie gehabt den Schluss, dass man hier die Löhne erhöhen muss? 🙂

    b) Uuuuuund der nächste eFuel-Pionier pleite.

    Keine Ahnung, warum Du da so lustvoll drauf herumreitest. Hast Du mal geschaut, wie viele „normale“ Autohersteller Pleite gegangen sind bzw. nur noch als Aufkleber existieren? Regelt alles der Markt. Kein Grund zur Schadenfreude, kein Grund zur Trauer.

    PS: Mit dem Verbot, benzin- und dieselbetriebene Neufahrzeuge zu verkaufen, verschwinden die Bestandsfahrzeuge nicht vom Markt. Sollen die weiterhin mit Erdölprodukten oder doch mit eFuels betrieben werden? Oder soll man deren Betrieb verbieten, so dass die Fahrzeuge nach Afrika, in den Nahen Osten oder nach Osteuropa verkauft werden und dort weiterfahren?

    c) Plädoyer für die 32-Stunden-Woche.

    Hab den Tweet nur bis zum Wort „gerecht“ gelesen, den Rest habe ich mir nicht gegeben. „Gerecht“ bedeutet in der Regel, dass jemand möchte, dass es ihm besser geht und ein anderer dafür aufkommt. Mag mal angebracht sein, mal nicht, aber mir geht dieses Moralisieren auf den Zeiger.

    Auf der einen Seite sind unsere Arbeitskosten offenbar viel zu hoch, so dass wir unsere Konsumprodukte in China fertigen lassen müssen, auf der anderen Seite sollen hier die Leute weniger arbeiten, weil sich das „für alle“ lohnt? Nimm es mir nicht übel, aber beide Gedankengänge bekomme ich nicht in das gleiche Weltbild.

    e) Billig, aber trotzdem witzig.

    Nur billig.

    Dass Politiker im Laufe eines Jahrzehnts ihre Meinung ändern, weil sich die Situation geändert hat, sollte selbstverständlich sein. Dieser Vorgang ist bei weitem nicht so populistisch wie beispielsweise der Wechsel Merkels, da sich zum Zeitpunkt des Wiederausstiegs die Fakten nicht geändert hatten.

    h) Mal wieder was zur Reduzierung des Gender-Pay-Gaps.

    Was mich an Fratzscher grob stört, ist, dass er immer wieder Fakten mit populistischen Argumenten mischt, und dass er immer wieder so tut, als wären die Beteiligten in einer wirtschaftlich negativen Situation stets ein Opfer der Umstände, während „Profiteure“ stets absichtsvoll zu Lasten anderer handelten. Sehe ich halt anders.

    • Stefan Pietsch 20. April 2023, 16:41

      Mit dem Verbot, benzin- und dieselbetriebene Neufahrzeuge zu verkaufen, verschwinden die Bestandsfahrzeuge nicht vom Markt.

      Es ist hoffnungslos, Stefan mit diesem riesigen Logikloch zu konfrontieren. Er bleibt davor stehen und erklärt: gibt es nicht. Möglicherweise hat zu dieser eigentlich simplen Frage auch noch keiner seiner Lieblingsautoren eine knackige Antwort geliefert „Gibt es nicht, weil alle Autos verschwinden.“ So in etwa.

      Ich bin an der Stelle inzwischen etwas angepisst, weil man natürlich sich über jede komplexe, anspruchsvolle Technologie erheben kann. Nur Probleme löst man damit nicht.

      • Stefan Sasse 20. April 2023, 19:14

        Das ist kein Logikloch. Anzunehmen, dass diese Lücke von allein kleiner wird, wenn man weiter Verbrenner produziert, ist auch eine unaufgelöste Logiklücke.

        • Stefan Pietsch 20. April 2023, 21:16

          Du schlägst Strohmänner. Und das ist der beste Beweis für das Logikloch.

          Niemand redet davon, über 2035 hinaus Verbrennermotoren zu produzieren. Das findet offensichtlich nur in Deiner Phantasie statt.

          Ich stelle wiederholt eine einfache Frage, die ignoriert wird: Im Jahr 2050 wird es geschätzt noch 0,6 Milliarden PKW mit Verbrennungsmotor geben. Das ist das Jahr, in dem die Welt so etwas wie Klimaneutralität anstrebt. Diese werden noch vielleicht 2 Milliarden Tonnen CO2 ausstoßen, das 2,4fache der gesamten Emissionen Deutschlands.

          Dein Punkt anscheinend: Was interessieren mich 2 Milliarden Tonnen CO2, wenn nur Deutschland klimaneutral wird? Wie gesagt, typisch deutsch: Ergebnisse interessieren nicht, es zählt allein die gute Absicht.

          • CitizenK 21. April 2023, 09:55

            Bitte nicht immer alle („Deutschen“) über einen Kamm scheren. Selbst die Aktivisten der LG haben sehr bescheidene Forderungen: Paris-Abkommen einhalten. Es macht ja in der Tat wenig Sinn, die heimische Wirtschaft zu schädigen, um einen nicht messbaren Effekt zu erzielen.

            Aber aus den verbleibenden 2 Mrd. Tonnen CO2 könnte man auch den Schluss ziehen, dass die irgendwie kompensiert werden müssen – wenn man den Kollaps vermeiden will.

            • Stefan Pietsch 21. April 2023, 10:19

              Bitte korrigieren Sie mich, aber Paris ist Vertragsgrundlage der Bundesrepublik Deutschland. Alle Institutionen von Bundesregierung über Bundestag bis Bundesrat sind den Vertragszielen verpflichtet. Wie kommen einzelne Bürger dazu sich anzumaßen, anderen Maßnahmen aufzwingen zu wollen, die nicht demokratisch legitimiert sind?!?

              Derzeit stößt der Globus 35 Milliarden Tonnen industriell erzeugtes CO2 aus. Hierauf entfallen auf den PKW-Verkehr 4-5 Milliarden Tonnen. Wenn wir keine Lösung für existierende Verbrennermotoren finden, werden es 2050 noch geschätzt 2 Milliarden Tonnen sein.

              Das wird kaum der Rest bleiben, von Gebäuden, Flugverkehr, Transport, der industriellen Fertigung und nicht zuletzt der Energieerzeugung werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls Emissionen weiter ausgestoßen.

              Stefan (und andere) machen die Bemühungen um einen Ersatzstoff für fossile Brennstoffe nur lächerlich ohne selbst nur eine Idee eines Lösungsansatzes für das oben beschriebene Problem zu haben. Würde ich so arbeiten, käme ich keinen Schritt voran.

              • CitizenK 21. April 2023, 12:51

                „…anzumaßen…“

                Tun sie ja nicht. Legen lediglich ein Grundrecht weiter aus als Sie und ich. Wenn die Regierung erkennbar versagt, den Auftrag der Verfassungsrichter umzusetzen.
                Eine Demonstration für die Befreiung Palästinas schränkt die Rechte anderer Bürger mehr ein als ein paar Kleber. Die derzeitigen Streiks sowieso.

                • Stefan Pietsch 21. April 2023, 15:15

                  Sie nehmen ihr Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit zulasten der Grundrechte anderer wahr. In der Pandemie ging Ihnen das gewaltig gegen den Strich. In der Pandemie hatte ich auch das Gefühl, dass die Regierung in der Wahrung meiner Grundrechte versagt. Das empfinde ich auch beim Soli so. Dennoch terrorisiere ich nicht meine Mitbürger, sondern überlasse das den dafür vorgesehenen Institutionen.

                  Eine Demonstration ist angemeldet, damit die freie Ausübung des Grundrechts gewährleistet werden kann. Die Polizei als Organ des Staates garantiert dies. Doch die „Klimaaktivisten“ spielen mit dem Staat und den Bürgern Katz und Maus, um größtmöglichen Schaden für alle zu verursachen – nicht den geringstmöglichen. Heute ist es so, dass die Bürger vor den Demonstranten geschützt werden müssen. Dafür hat die Polizei Task Forces eingerichtet, die an sensiblen Punkten überwacht, ob nicht Klimakleber auftauchen.

                  Da ist mir eine antisemitische Demo am Brandenburger Tor wesentlich lieber.

                  • CitizenK 21. April 2023, 18:07

                    „zulasten der Grundrechte anderer….“

                    … wie bei jedem Streik und jeder Demo. Dem Ansinnen, Demos per Verfügung in unbewohnte Gebiete zu verlegen, hat das BVerfG eine Absage erteilt. Das Verlangen, dass die Ausübung dieser Grundrechte niemanden tangiert, ist also verfassungswidrig.
                    Von der Kleberei halte ich auch nichts – weil mehr darüber geredet wird als über den Klimanwandel.
                    Ich kenne eine sehr verantwortungsbewusste Person, die – nach erfolgloser Kandidatur fürs Parlament (die „Klimaliste“ blieb unter einem Prozent) glaubt, nur so die Öffentlichkeit aufrütteln zu können. Wahrscheinlich kontraproduktiv, aber sicher nicht kriminell.

                    • Stefan Pietsch 21. April 2023, 18:54

                      Sie stellen sich sehr naiv.

                      Warum beantragen Klimakleber nicht eine Demo? Dann dürfen sie durch die Straßen Berlins ziehen. Nur: das wollen sie ja explizit nicht, weil sich Unbeteiligte dann darauf einstellen können – und nicht beschränkt werden. Das Ziel der Klimakleber ist ausdrücklich (!) andere zu behindern. Das ist das Kernanliegen. Und Sie tun so als wüssten Sie das nicht.

                    • Stefan Sasse 22. April 2023, 09:16

                      Das ist sicher eine zutreffende Kritik.

                    • Stefan Pietsch 21. April 2023, 18:56

                      Doch, kriminell. Wussten Sie nicht, dass „gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr“ eine Straftat ist? So wie „Nötigung“?

        • Erwin Gabriel 3. Mai 2023, 21:11

          @ Stefan Sasse 20. April 2023, 19:14

          Anzunehmen, dass diese Lücke von allein kleiner wird, wenn man weiter Verbrenner produziert, ist auch eine unaufgelöste Logiklücke.

          Darum ging es doch gar nicht. Wenn man Dich hier zum Thema liest, springen inzwischen alle großen Hersteller (wie von Dir gewünscht) in Richtung eAuto. Du hast das wiederholt mit „regelt alles der Markt“ unterlegt.

          Angenommen, Du hast Recht: Autohersteller, Kunden und Staat tendieren in Richtung eAuto. Wo liegt dann Dein Problem mit eFuels? Gibt es keine Verbrenner-Motoren mehr, werden eFuels nicht nachgefragt und verschwinden vom Markt. Bleiben uns die alten Verbrenner ein Stück weit erhalten (oder besucht uns ein ausländischer Mitbürger, der noch in einem Verbrenner unterwegs ist), sind die mit eFuels besser bedient als mit Erdöl-Produkten.

          Und was die Erlaubnis angeht, weiter Fahrzeuge mit Verbrenner-Motor zu produzieren, werden die vermutlich nur Absatz finden, wenn es nicht genügend Strom für eAutos gibt.

          Was nicht funktioniert, ist, die Situation nur schwarzweiß zu betrachten.

          • Stefan Sasse 4. Mai 2023, 09:35

            Grundsätzlich kein Problem. Mein Ding ist folgendes:
            Wenn du den notwendigen Infrastrukturausbau verschleppst, weil du auf eFuels hoffst, kann das ein Problem werden. Und Technologieoffenheit ist ja grundsätzlich absolut begrüßenswert; ich habe aber das Gefühl, dass sie oft vorgeschoben wird, um Nichtstun zu legitimieren.

            • Stefan Pietsch 4. Mai 2023, 09:46

              Welchen Infrastrukturaufbau? Der für eFuels steht doch längst.

              Und was willst Du tun? Im Grunde willst Du den Menschen das eine (und mehrere verbieten) um ihnen das eine zu erlauben. Ähm, aber Liberalität leben wir dann bei der Sprache, richtig?

    • Stefan Sasse 20. April 2023, 19:13

      1) Völlige Zustimmung.

      3) Jepp.

      b) Weil ich die Debatte so doof finde. Und es ein persönliches Steckenpferd ist. Kein wirklich rationaler Grund. Ich glaube, alle haben so Themen auf denen sie gelegentlich rumreiten.

      h) Ist ja dein gutes Recht. Und wird ja umgekehrt gern genauso gemacht.

  • mikefromffm 20. April 2023, 17:43

    Einfach mal nach „Lesch zerlegt E-Fuels“ bei YouTube suchen. Aber was sind dem Ideologen schon Argumente? Die könnten ihn ja bei seiner Meinungsausübung stören….

  • cimourdain 21. April 2023, 08:57

    Eigenes Fundstück aus dem Genre „US-Republikaner machen furchtbare Gesetze“ :
    https://www.derstandard.at/story/2000145626452/us-staat-iowa-beschliesst-kinderarbeitsgesetz-um-kinderarbeit-zu-erleichtern

    • Stefan Sasse 21. April 2023, 13:36

      Es ist so übel!

      • Thorsten Haupts 21. April 2023, 22:24

        Ich will das Gesetz ohne nähere Kenntnis gar nicht verteidigen, nur freundlich darauf hinweisen, dass Arbeit mit 15 auch in Deutschland bis heute völlig normal ist – nach dem Ende der Hauptschule bzw. 10. Klasse gehen Jugendliche in die betriebliche Ausbildung. In … Vollzeit (USA nach dem neuen Gesetzesentwurf max. 6 Stunden/Tag = 30 Stunden/Woche). Mir scheint die Aufregung hier ein gerütteltes Mass an Heuchelei zu enthalten?

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • cimourdain 22. April 2023, 08:12

          Sie haben recht. Im wesentlichen sind die aufgeführten Negativbeispiele bei uns möglich. Ergänzung zur Arbeitszeit: Es gibt hierzulande auch noch eine Reihe von Ausnahmen, die bis zu 9 Stunden Arbeitszeit erlauben.

          Noch eine Kleinigkeit ist mir in Nachhinein aufgefallen: Im letzten Absatz wird erwähnt, dass Minnesota ein ähnliches Gesetz plant. Eigentlich wäre es da erwähnenswert gewesen, dass Minnesota ein ‚blauer‘ Staat ist – genau wie beim ‚roten‘ Iowa

        • Stefan Sasse 22. April 2023, 09:16

          Arbeit an der assembly line ist in Deutschland in dem Alter nicht legal.

          • Thorsten Haupts 22. April 2023, 17:30

            Der Unterschied reicht dann für Es ist so übel!??? Alles klar.

  • cimourdain 21. April 2023, 11:42

    h) Überlegung zum Thema Ehegattensplitting. Fratzscher schlägt als Alternative das Realsplitting vor. Das gibt es beriets im Unterhaltsrecht und funktioniert so: Auf Einvernehmen hin versteuert der eine Ex-Ehepartner den Unterhalt, den er/sie erhält, dafür kann der/die andere die Unterhaltszahlung steuerlich als Sonderausgaben geltend machen.
    Würde das jetzt auf bestehende Ehen angewandt, heißt das übersetzt, dass steuerrechtlich anerkannt einer der Partner den anderen (für die geleistete Care Arbeit) ‚bezahlt‘, was gegenüber dem bisherigen Modell „Beide Einkommen werden gleichberechtigt als gemeinsames behandelt“ einen Rückschritt darstellt.

    • Thorsten Haupts 21. April 2023, 15:24

      Darüber hinaus ist das völlig systemfremd. Ehepartner haben füreinander einzustehen, bedingungslos, das ist eine der Folgen der Eheschliessung. Ich habe noch nirgendwo gelesen, dass die Abschaffer des Ehegattensplittings – die letzte verbliebene rechtliche Sonderstellung der Ehepartner vor Singles – auch die gegenseitige Haftung der Ehepartner aufheben wollen. Sie wollen halt nur die Ehe in eine reine Haftungsgemeinschaft umwandeln, um Frauen (gegen deren Willen) zu „helfen“. Erneut Grössenwahn, Überheblichkeit, Neid und Hass auf funktionierende Gemeinschaftsideen (die der Linken haben noch nirgendwo auch nur einmal funktioniert) in einer hässlichen Gemengelage.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Erwin Gabriel 23. April 2023, 16:40

        @ Thorsten Haupts 21. April 2023, 15:24

        Zustimmung!

    • Stefan Pietsch 21. April 2023, 17:08

      Beim Unterhaltsrecht Geschiedener bildet das Vorgehen die tatsächlichen Verhältnisse ab. Ehepartner sind aber keine Geschiedenen. Und viele wirtschaften in der Ehe in ein Portemonnaie. Die Politik versucht hier einseitig zulasten der grundgesetzlich geschützten Ehe ihren Zugriff auf die Einkommen der Bürger auszuweiten.

      Es bildet daher die Realität genau ab, die Einkommen zusammenzurechnen. Schließlich geht der Staat ja auch beim Scheidungsrecht davon aus, dass das aus dem Einkommen entstandene Vermögen beiden Partnern zu annähernd gleichen Teilen zusteht. Ansonsten hat Thorsten Haupts alles Notwendige gesagt.

      • CitizenK 21. April 2023, 18:32

        Frankreich hat ein Realsplitting. Daher finde ich nicht, dass Vorschläge in diese Richtung (u. a. vom ifo-Institut) mit „Grössenwahn, Überheblichkeit, Neid und Hass“ zutreffend beschrieben sind.
        https://www.ifo.de/pressemitteilung/2019-03-06/ifo-forscher-peichl-fuer-reform-der-familienbesteuerung

        • Stefan Pietsch 21. April 2023, 18:51

          Frankreichs Realsplitting ist weiterführend und damit erheblich teurer als das deutsche Modell. In Frankreich werden alle Köpfe der Familie herangezogen und das Haushaltseinkommen auf sie verteilt.

          Unterschreib‘ ich sofort. Das vom DIW vorgeschlagene „Realsplitting“ ist etwas anderes, hier werden fiktive Unterhaltsbeträge angesetzt. Das Ziel ist dabei klar, weil es bei solchen Vorschlägen immer im Vordergrund steht: Die Sache soll für den Staat günstiger und den Bürger teurer gemacht werden. Am Ende sollen die Steuern steigen, nicht sinken.

        • Thorsten Haupts 21. April 2023, 19:03

          Erst informieren, dann posten, bitte. Frankreich hat für Familien das Familiensplitting, dass bei zwei Partnern ohne Kinder praktisch genauso wirkt, wie das deutsche Ehegattensplitting (gemeinsames Einkommen durch 2). Nur für Geschiedene gilt das Realsplitting.

          Passiert beim Verweis auf die angebliche europäische Sonderstellung Deutschlands übrigens häufig, dass Kritiker keine Ahnung davon haben (wollen), dass viele europäische Regelungen mit anderen Bezeichnungen eine dem Ehegattensplitting vergleichbare Wirkung haben. Versuchte Wählerveraschung.

          https://de.wikipedia.org/wiki/Familiensplitting

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • CitizenK 22. April 2023, 06:21

            Sorry, war begrifflich ungenau. Gemeint war das Familiensplitting.
            Macht für das Argument in meinem Beitrag allerdings keinen Unterschied.
            Übrigens will ich das Ehegatten-Splitting gar nicht abschaffen. Das Haupt-Argument, dass es Frauen von der Erwerbsarbeit abhalte, finde ich engstirnig. Aber eine andere Sicht derart zu verunglimpfen, geht definitiv zu weit. Ist die so bedrohlich für das konservative Familienbild? Das übrigens in den 70ern nicht nur von den „Linken“ (SPD, haha) sondern weit stärker von der FDP (dankenswerterweise) in den 70ern reformiert wurde.

            • Stefan Pietsch 22. April 2023, 12:08

              Welches konservative Familienbild? Und warum ist das Ehegattensplitting konservativ (rückständig), das Familiensplitting aber modern?

              Den Verfechtern einer Abschaffung des Ehegattensplittings geht es allein darum, die Steuerlast für die Bürger zu erhöhen. Das Argument, damit Frauen zu mehr Erwerbsarbeit anzuregen, ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Vor 30 Jahren hätte man sich damit als These noch beschäftigen können, da war die Frauenerwerbsarbeit verhältnismäßig gering. Das hat sich völlig gewandelt, obwohl sich die Rechtslage nicht gewandelt hat. Obwohl Deutschland einen relativ hohen Anteil von Frauen mit muslimischen Hintergrund beheimatet, die sich in Umfragen sehr „zugeknöpft“ in Bezug auf Erwerbsarbeit zeigen, schafft liegt die gesamte Frauenerwerbsquote mit 75,7% zwar hinter den skandinavischen Ländern, aber sehr weit über dem europäischen Mittel von 66%. Warum kann niemand diesen Swing erklären?

              Das Steuerrecht soll die Lebenswirklichkeit der Bürger abbilden. Das sage nicht ich, das ist ständige Rechtsprechung der höchsten Gerichte und so argumentiert die Politik – wenn es ihr passt. Ich kenne viele Ehepaare. Bei keinem ist das Haushaltseinkommen streng nach Erwerber getrennt. Es gibt verschiedene Modelle, alles in eine Kasse und anteilsmäßige Beteiligung sind die häufigsten.

              Das Modell des Ehegattensplittings ist damit am nächsten an der Lebenswirklichkeit. Eine Zuweisung von „Unterhalt“ ist dagegen rückständig und lebensfremd. Im Grunde weiß das jeder, deswegen wird ja auch bei solchen Debatten nie mit der Realität von Paaren argumentiert. Bei einer Abschaffung oder Einschränkung des Ehegattensplittings würden nicht nur die besser verdienenden Partner, sondern die Ehe als Ganzes finanziell schlechter gestellt. Es müssten in jedem Fall mehr Steuern gezahlt werden. Übrigens ein origineller Gedanke, in einem System mit der höchsten Einkommensbelastung überhaupt Menschen dadurch zur Arbeit anregen zu wollen, in dem die Steuerlast für sie erhöht wird.

              Mehr Erwerbsarbeit entspricht nicht dem Wunsch von Frauen. Es entspricht ja nicht einmal dem Wunsch von Leuten wie Stefan, der für die 32-Stunden-Woche plädiert, ein Wert, auf den Frauen heute durchschnittlich kommen.

              Es wird also rein mit Vorurteilen argumentiert, Fakten unwichtig.

              • Thorsten Haupts 23. April 2023, 14:51

                … sondern die Ehe als Ganzes finanziell schlechter gestellt.

                Wenn man mal davon absieht, dass das der heute gültigen Rechtsprechung des BVerfG widerspricht, ist genau das ja die offen erklärte Absicht! Die Besserwisser im deutschen Elfenbeinturm wollen auf diese Weise erzwingen, dass noch mehr Frauen in Vollzeit berufstätig sind, das sagen sie ja selbst ganz offen und unverblümt. Natürlich nur im Interesse der Dummchen, die zu blöde sind, ihre eigenen Interessen zu vertreten, ist klar …

                Das ist seit Jahrzehnten eine der widerwärtigsten Debatten in der deutschen Politik.

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • CitizenK 23. April 2023, 16:19

                  Warum diese scharfe Wortwahl? Woher diese untergründige Wut?
                  Zur Klarstellung. Ich habe keine persönlichen Interessen in diesem Punkt. Ich profitiere, in bescheidenen Ausmaß, von der bestehenden Regelung und halte die auch für richtig. Als Bürger will ich mir ene Meinung bilden.
                  Die Forderung nach einer Reform kommt ja auch von Frauen – mit dem Hinweis auf die finanzielle Unabhängigkeit und die Rente. Scheidungen sind nun mal eine Realität, und da stehen Frauen mit geringem Einkommen/Rentenanspruch oft schlecht da – Unterhaltszahlungen müssen erstritten werden oder bleiben ganz aus.

                  • Erwin Gabriel 23. April 2023, 16:48

                    @ CitizenK 23. April 2023, 16:19

                    Warum diese scharfe Wortwahl? Woher diese untergründige Wut?

                    Weil das Thema so scheinheilig moralisierend aufgezogen wird, tief in (in der Regel) selbstgewählte Lebensentwürfe eingreift, und eigentlich nur der Staat wieder seine gierigen Hände ausstreckt.

                    Einmal mehr geht es bei der Diskussion nicht darum, Lebenssituationen besser zu gestalten oder Menschen zu fördern, sondern ausschließlich darum, denen, die mehr verdienen, ein größeres Stück abzuzwacken. Einfach nur ein weiterer, indirekt wirkender Beitrag der Neiddebatte.

                    frei

                    • Stefan Sasse 23. April 2023, 18:15

                      Wie ich schon bei Thorsten schrieb, dann gilt dasselbe aber auch bei anderen Diskursen.

                    • Thorsten Haupts 23. April 2023, 23:53

                      Lassen Sie mich eins ergänzen: Ehe und Familie stehen grundgesetzlich unter besonderem Schutz. Davon übrig ist Stand heute nur noch das Ehegattensplitting, die Verpflichtung zum gegenseitigen Füreinandereinstehen dagegen gilt weiterhin absolut.

                      Wer das Ehegattensplitting abschaffen will, die Verpflichtungen dagegen nicht – die Position der grossen Mehrheit der Linken – will also nur die Ehe unattraktiver machen. Und dafür gibt es kein rationales, geschweige denn, empathisches Argument. Bleiben Überheblichkeit, Neid oder Hass …

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 13:48

                      Viel Spaß beim weiter Strohmänner bauen.

                    • Erwin Gabriel 24. April 2023, 10:20

                      @ Stefan Sasse 23. April 2023, 18:15

                      Wie ich schon bei Thorsten schrieb, dann gilt dasselbe aber auch bei anderen Diskursen.

                      Immer wieder dieses Strohmann-Totschlag-Argument, mit der man alles relativieren kann. Bist Du doch sonst so dagegen, oder nicht? Eine vernünftige Argumentation gegen Thorstens Ausführungen ist jedenfalls noch nicht aufgetaucht.

                      Grundgesetz Art 6.
                      (1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
                      (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.

                      Entweder will man das, oder man will es nicht. Ehe und Familie in jeder Form zuzulassen, die sich irgendjemand ausdenken kann, während man gleichzeitig alle Vergünstigungen, die mit den damit verbundenen Pflichten einhergehen, cancelt, passt einfach nicht zusammen.

                      Dann soll man einen Strich unters Ganze ziehen, jedwede Verantwortung für andere (gegenseitige Versorgung, Unterhaltszahlungen, Rentensplitting) ebenso streichen wie die Vergünstigungen, und für alle finanziellen Unklarheiten kommt der Staat auf, der dann natürlich auch die Oberhoheit für die Kindererziehung übernehmen muss. Schöne neue Welt …

                      Aber das kommt dabei raus, wenn man den Gedanken zu Ende denkt. Das tut aber niemand, da es staatlicherseits nur darum geht, mehr Steuereinnahmen zu generieren.

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 13:50

                      GG-Artikel werfen kann ich auch:
                      Grundgesetz Artikel 14
                      (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

                      Art 20
                      (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

                      Die Frage ist doch, was daraus folgt. Ich sage ja gar nichts gegen den besonderen Schutz von Ehe und Familie.

                    • Stefan Pietsch 24. April 2023, 15:01

                      @ Stefan

                      Daraus folgt z.B. eine hohe Besteuerung der Einkommen. Anders ließe sich keine Belastung von Einkommen rechtfertigen, die dem Bürger mehr als die Hälfte seines Erwerbs wegnimmt.

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 20:02

                      „Der“ Bürger zahlt im Durchschnitt glaube ich um die 25% Steuern oder so was.

                    • Stefan Pietsch 24. April 2023, 20:13

                      @ Stefan

                      Nein. Die Belastung mit Einkommensteuer und Sozialabgaben liegt bei über 50%. Tatsächlich behandelt der Staat Sozialabgaben wie Steuern. So werden beispielsweise die über 100 Mrd. Euro, die der Arbeitsminister jährlich an die Rentenkasse zahlt, aus Steuermitteln überwiesen. Es handelt sich dabei auch nicht um den Ausgleich „versicherungsfremder Leistungen“, denn das Gesetz sieht einen generellen Ausgleich eines Defizits durch den Bundeshaushalt vor.

                      Die Zwangsversicherten haben darüber hinaus anders als bei echten Versicherungen keinen Einfluss auf den Leistungsumfang der Sozialversicherung. Bei der Rentenversicherung entstehen keine übertragbaren und pfändbaren Ansprüche. Deswegen werden solche Sozialversicherungsbeiträge auch immer der Sphäre der Steuern und steuerähnlichen Abgaben zugerechnet.

                    • Stefan Sasse 25. April 2023, 09:11

                      Korrekt ist das trotzdem nicht. Dass staatsfeindliche Liberale das gerne vermischen, um politische Punkte zu machen, macht das nicht richtiger.

                    • Stefan Pietsch 25. April 2023, 11:58

                      @Stefan

                      Neue Definitionen finden zu wollen, die dem internationalen Konsens zuwider laufen, stärkt nicht Deine Autorität.

                      Es hat ja Gründe, warum wir es den Bürgern nicht selbst überlassen, für ihr Alter vorzusorgen und das Gesundheitssystem in öffentliche Verwaltung zu geben. Die Gründe sind, dass die Bürger eben nicht frei mit ihrem Geld verfahren sollen und Leistungen bestimmen dürfen. Dann kannst Du aber nicht so tun als hätten sie die Verfügungsgewalt.

                      Immer wieder zeigt sich: In anderen Ländern – selbst in Italien – sind die Bürger reicher als die Deutschen. In Deutschland ist der Staat reich. Es ist das Ergebnis dieser Handhabung.

                    • Stefan Sasse 25. April 2023, 12:08

                      Deine Definition läuft der geltenden Rechtslage zuwider, der gesamten Praxis und der systemischen Logik. Sie dient deiner Ideologie und deinen Präferenzen, und es ist fair, diese Umdefinierung im politischen Meinungsstreit unternehmen zu wollen. Aber sie ist etwa so belastbar wie wenn unsereins von „gerecht“ spricht.

                    • Stefan Pietsch 25. April 2023, 12:57

                      @Stefan

                      Ich halte mich an internationale Konventionen. Es ist ja nicht so dass die Idee eines staatlichen Umlagesystems so unique wäre. Sich an Regeln zu halten ist also in Deinen Augen ideologisch?

                    • Erwin Gabriel 3. Mai 2023, 21:48

                      @ Stefan Sasse 24. April 2023, 13:50
                      GG-Artikel werfen kann ich auch:

                      Nichts anderes tust Du. Wie wäre es denn mal mit einem Argument?

                      Hast Du Dich mal gefragt, was Ehe und Familie bedeuten – nicht moralisch, sondern real? Welche rechtlichen und finanziellen Verpflichtungen bist Du gegenüber Deiner Frau und Deinen Kindern eingegangen? Wenn Du es ordentlich machst, könntest Du Dir statt der Erziehung Deiner Kinder auch ein oder zwei Häuser angeschafft haben.

                      Für diese Einschränkungen, die Du auf Dich nimmst (erträglich, wenn man einen guten Job hat, aber ein Horror, wenn jemand wirklich krank und pflegebedürftig wird), hat der Staat gewisse, bei weitem nicht ausreichende Lösungen geschaffen.

                      Nun wird von einigen gefordert, diese „Privilegien“ abzuschaffen, weil Reiche dabei besser abschneiden als Einkommensschwache? Durch Ehegattensplitting wird der Steueranteil der Besserverdiener unter Umständen reduziert, was man „profitieren“ nennt, da Einkommensschwache keine Steuern zahlen, die man reduzieren könnte? Was für ein irres Framing …

                      Ich finde es bedauerlich, dass Du bei einem so wichtigen Thema nur Plattitüden und Glaubenssätze raushaust, statt auf Argumente einzugehen.
                      .

                      @ Stefan Pietsch 24. April 2023, 20:13
                      Die Belastung mit Einkommensteuer und Sozialabgaben liegt bei über 50%. Tatsächlich behandelt der Staat Sozialabgaben wie Steuern. So werden beispielsweise die über 100 Mrd. Euro, die der Arbeitsminister jährlich an die Rentenkasse zahlt, aus Steuermitteln überwiesen.

                      Aus meiner Wahrnehmung nur zur Hälfte korrekt, da Steuergelder allgemein und nicht zweckgebunden erhoben werden; Sozialabgaben sind zweckgebunden, daher passt es nicht ganz. Da Sozialabgaben aber ein gutes Stück weit dazu dienen, andere, weniger Begüterte mitzufinanzieren, passt es an der Stelle wieder.

                      Ansonsten hast Du die zahlreichen Verbrauchs- und Sondersteuern vergessen. Mach Dir mal den Spaß und berechne von Deinen Lebenshaltungskosten – vom Auto über das Glas Rotwein über Kleidung, Spielzeug und Urlaub bis zum Klopapier – Deine Steuerlast; Versicherungen nicht vergessen, und die MwSt-Anteile auf die Wohnungseinrichtung, Bettwäsche, Kleidung etc. „abschreiben“.

                    • Stefan Sasse 4. Mai 2023, 09:36

                      Ich glaube, das Thema müsste man mal systematischer angehen. Ich pack es mal auf meine Artikel-To-Do-List.

                    • Stefan Pietsch 3. Mai 2023, 22:42

                      @Erwin Gabriel

                      Seit mehr als 25 Jahren interpretiert der Bund die Sozialversicherungen (Parafisci) als Anschluss des Bundeshaushaltes. 1999 führte Rot-Grün eine Ökosteuer ein, um die Beiträge zur Rentenversicherung zu entlasten. Einen versicherungsrechtlichen Grund dafür gab es nicht.

                      In den Folgejahren änderte der Bund die Rechtslagen. Die Linken haben es zwar nicht mitbekommen, aber es gibt rechtlich keine „versicherungsfremden Leistungen“ mehr in der Rentenversicherung. Der Gesetzgeber sagt ganz einfach, der Bund gleicht etwaige Defizite zwischen Einnahmen durch Beiträge und Ausgaben aus. Ähnliches Vorgehen in der GKV, wo der Bund regelmäßig sachlos Zuschüsse gewährt. 2013 einigte sich die neue GroKo, die Mütterrente und die Rente mit 63 über die Rentenversicherungsbeiträge zu finanzieren. Grund: die Rentenkasse war gut gefüllt, der Beitragssatz hätte gesenkt werden müssen. Statt dies zu tun, finanzierte man damit eine vom Bund beschlossene Sozialleistung.

                      Damit erhalten die Sozialversicherungsbeiträge auch auf der Ausgabenseite den Charakter von Steuern. Der Bund als Gesetzgeber hat weitgehend den Zusammenhang von Beitrag und Leistung (siehe z.B. auch die Mindestrente) aufgelöst.

                  • Stefan Pietsch 23. April 2023, 17:43

                    Ich verstehe keines der Argumente. Kein einziges.

                    Wer selbständig ist, versteuert selbständig, und zwar am Jahresende. Beide Ehepartner entscheiden dann nach dem Günstigkeitsprinzip, was für sie am vorteilhaftesten ist.

                    Die Wahl der Steuerklassenkombination 3 – 5 ist eine Wahl. Keine Frau muss die für sie in der Einzelbesteuerung schlechte Steuerklasse nehmen. Beide können sich auch für 4 – 4 entscheiden, dann werden beide nach ihrem individuellen Steuersatz besteuert. Offensichtlich wollen das die meisten Frauen nicht.

                    Ich finde es höchst despektierlich und frauenverachtend, ihnen nicht einmal zuzubilligen, in der Ehe ihre Meinung vertreten zu können. Offensichtlich werden Frauen von den Linken in ihrer Mehrheit immer noch als kleine Hascherl gesehen, die ihren Mund nicht aufbekommen und alles erdulden, was der Mann vorgibt. Und das soll eine moderne Einstellung sein?!

                    Ich habe meiner Frau die Wahl gelassen, was denn sonst? Zwingen kann ich sie ohnehin nicht. Sie bekommt sämtliche steuerlichen Nachteile ausgeglichen, ihr Freibetrag entspricht ihren abzugsfähigen Kosten. Fairer geht es wohl nicht. Trotzdem muss ich mir diese Albernheiten anhören, Frauen würden durch die Lohnsteuerklassen benachteiligt.

                    Echt, ich versteh’s nicht.

                  • Dennis 23. April 2023, 21:54

                    @ citizen

                    Okay, aber das Ehegattensplitting hat keine Auswirkungen auf das Rentenrecht; und schon bei „getrennt lebend“, erst recht bei Scheidungen, fällt das eh weg. Steuerlich gelackmeiert ist in diesem Fall primär der/die bisher „Besserverdienende“. Bei zwei gleichen Einkommen ist der Effekt eh null. Steuerklassen sind nur vorläufig und bedeuten letztlich gar nichts.

                    Wie dem auch sei, wäre übrigens meinerseits dafür gewesen, die ehemalige „Lebenspartnerschaft“ für Gleichgeschlechtliche nicht etwa – wie geschehen – abzuschaffen, sondern für alle interessierte Personen, die als Paar leben, zu öffnen. So wie in Frankreich der „Pacte civil de solidarité“. Alles in der zivilen Rechtspraxis (u.a. steuerlich der „quotient familial“ ähnlich wie „splitting“ in D) ist gleichgestellt. Im Vergleich zur Ehe fehlt nur das metaphysische Brimborium. Irgendwas mit Sex muss auch nicht sein^. Zwei alleinstehende Geschwister können auch „pacser“, beispielsweise. Wurde ursprünglich von links eingeführt (1999), die Rechte hat mit den üblichen Argumenten gewütet (Abendland, dessen Untergang und all so was). Mittlerweile in F so beliebt, dass auch stramm-rechts (Le Pen) nichts mehr dagegen hat.

                    Das weiter oben im Thread angesprochene Familiensplitting in F hat übrigens eine häßliche Kappungsgrenze, was in D für das Ehegattensplitting auch diskutiert wird. Insgesamt ist der Vergleich schwierig weil von – gefühlt – mindestens 1.000 Einzelheiten im Kleingedruckten abhängig, jeweils unterschiedlich in Abhängigkeit von Einkommensklassen und, und, und.

                    Für Enthusiasten hier 95 Seiten zum Thema^ – von 2009 allerdings, also veraltet. So was müsste man jedes Jahr neu aufschreiben 🙂

                    https://www.dfi.de/pdf-Dateien/abschlussarbeiten/DA-Noormann.pdf

                    • CitizenK 23. April 2023, 23:04

                      Einverstanden.
                      Den „Pacte civil de solidarité“ – bräuchten wir in D auch. Für unverheiratete Paare, bei denen sich (meist) die Frau um das Kind kümmert, ohne Rechte zu haben. Hatte die Ampel nicht ein solches Konstrukt geplant?

                      „das Ehegattensplitting hat keine Auswirkungen auf das Rentenrecht“
                      Das meinte ich auch nicht. Das (referierte) Argument war: Durch das Splitting sinkt der Anreiz für Frauen, mehr zu verdienen. Das führt letzten Endes zu geringeren Renten. Habe ich oft von Feministinnen gehört oder gelesen. Rechnerisch zutreffend.
                      P.S. Die Dissertation von Noormann hatte ich auch überflogen. Eindrucksvolle Fleißarbeit. Demnach erklärt das Familiensplitting nicht die höhere Geburtenzahl in F.

                    • Stefan Pietsch 24. April 2023, 10:04

                      Den „Pacte civil de solidarité“ – bräuchten wir in D auch.

                      Warum? Die Eingetragene Partnerschaft spielte für heterosexuelle Paare nie eine Rolle. Seit 2017 haben die meisten homosexuellen Paare ihre Partnerschaft umtragen lassen auf die gesetzliche Ehe. Offensichtlich haben die Menschen die Einstellung „entweder ganz oder gar nicht“. Deswegen macht auch Ihr anderes Argument keinen Sinn. Wer nicht heiraten will, wird zur Absicherung auch nicht das Konstrukt der Eingetragenen Partnerschaft eingehen.

                      Durch das Splitting sinkt der Anreiz für Frauen, mehr zu verdienen.

                      Das stimmt offensichtlich nicht. Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist gravierend gestiegen.

                      Habe ich oft von Feministinnen gehört oder gelesen. Rechnerisch zutreffend.

                      Klar. Wir hören natürlich auf Lobbyistinnen.

                      Als ich vor Wochen hier darlegte, dass meine Mitarbeiterin von 667 Euro Gehaltserhöhung nur 200 Euro ausbezahlt bekommt, musste Stefan erst einige Wochen überlegen, ob das unfair sei. Die Antwort steht übrigens noch aus. Wenn es nach Ansicht der Linken fair ist, wenn der Staat sich 2/3 jeder Gehaltserhöhung in die eigene Tasche steckt, verstehe ich das Argument nicht, die Abschaffung des Ehegattensplittings würde für Frauen den Anreiz zur Erwerbsarbeit erhöhen.

                      Ich verstehe auch nicht, warum die Frauenerwerbsarbeit nach Ansicht der Linken erhöht werden soll. Aktuell arbeiten Frauen im Schnitt 32 Stunden. Bekanntlich befürworten linke Kreise die 32-Stunden-Woche. Und es ist ja eben nicht so, dass Linke generell die Erwerbsarbeitszeit erhöhen wollen. Im Grunde sollen Männer ihre Arbeitszeit reduzieren, damit die Geschlechter pari arbeiten.

                      Das ist die ganze Geschichte. Mit Anreizen zur Erwerbsarbeit hat das gar nichts zu tun.

                    • Stefan Pietsch 24. April 2023, 10:09

                      Demnach erklärt das Familiensplitting nicht die höhere Geburtenzahl in F.

                      Deutsche Frauen gebären ähnlich wie Französinnen das erste Kind. Wo sich große Unterschiede auftun ist beim dritten Kind.

                      Wer einen Kinderwunsch hat, wird sich durch Steuern, Zuschüsse und die Anzahl der Betreuungsplätze nicht von einem Kind abhalten lassen. Das dritte Kind ist aber immer auch eine wirtschaftliche Entscheidung. Und hier zeigt sich, dass Erwerbstätige sich mit dem Familiensplitting besser stellen als nach dem deutschen Modell. Spürbar besser.

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 13:49

                      Ist das nicht auch so ein Migrationshintergrundding in Frankreich? Ich dachte, das mal so gelesen zu haben, und ähnlich auch für die USA.

                    • Dennis 24. April 2023, 13:23

                      Zitat Stefan Pietsch
                      „Die Eingetragene Partnerschaft spielte für heterosexuelle Paare nie eine Rolle. “

                      Konnte ja auch nicht, weil exklusiv bzw. für nicht-homosexuelle Paare nicht geöffnet.

                      Zitat:
                      „Wer nicht heiraten will, wird zur Absicherung auch nicht das Konstrukt der Eingetragenen Partnerschaft eingehen.“

                      Ähm….. warum gab es dann in Frankreich in 2022 244.000 Ehen und 209.000 Pacs ? (jeweils „Neuabschlüsse“) . Dieses Verhältnis (ca. 55:45) hat sich über die Jahre stabil eingependelt.

                      Zitat: 
                      „Seit 2017 haben die meisten homosexuellen Paare ihre Partnerschaft umtragen lassen auf die gesetzliche Ehe.“

                      Wenn die „Partnerschaft“ kein nunmehr geschlossenes Auslaufmodell sondern – gemäß meinem Vorschlag^ und nach französischem Vorbild – ein deutlich erweitertes allgemeines und bleibendes Modell wäre, wäre das anders – behaupte ich mal. Frankreich beweist das eigentlich und die Franzosen ticken kulturell eher konservativer.

                    • Stefan Pietsch 24. April 2023, 16:04

                      @ Stefan

                      Dann müsste in Deutschland die Geburtenrate in den letzten 20 Jahren explodiert sein – und in Frankreich sich reduzieren. Schließlich passen sich Migranten in ihrer Familienplanung den Verhältnissen ihrer neuen Heimat an.

                      Nein, interessant ist wie gesagt die Relation von 1-Kind-Elternschaft und Mehr-Kinder.

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 20:03

                      Tun sie ja auch?

                  • Thorsten Haupts 23. April 2023, 23:47

                    Scharfe Wortwahl? Wo denn? Die Befüworter der Abschaffung des Ehegattensplittings sagen selbst – eindeutig und unmissverständlich – dass sie Frauen in Vollzeiterwerbsstellen drängen wollen. Alle. Ich beschreibe nur die Anmassung, es selbst besser zu wissen, als die betroffenen (und heute häufig akademisch gebildeten) Frauen. Und das Resultat – mehr Steuern von Ehepaaren. Wenn irgendwas davon nicht stimmt, her mit dem Argument. Scharf sieht bei mir übrigens anders aus. Möchte ich diesem Forum echt nicht zumuten, hätte Stefan als Blogbetreiber nicht verdient 🙂 .

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 13:48

                      Scharf ist immer relativ. Du hast von CitizenK jetzt rückgemeldet bekommen, dass es ihm zu scharf ist. Mach mit der Info, was du willst.

                    • Thorsten Haupts 24. April 2023, 19:39

                      Kay.

                • Stefan Sasse 23. April 2023, 18:14

                  Mit Sicherheit nicht widerwärtiger als die Dauerdebatten darum, wie man Niedrigverdienenden und Arbeitslosen Druck machen kann, damit sie – natürlich im Interesse der dummchen, die zu blöd sind, eigene Interessen zu vertreten, ist klar – mehr arbeiten. Das geht als Bumerang direkt zurück.

                  • Stefan Pietsch 23. April 2023, 18:23

                    Das ist wieder das Verwechseln von Äpfeln mit Kanonen. Ehen und Familien wollen nichts vom Staat, sie wollen nur nicht über Gebühr abgegriffen werden. Die Abschaffung des Ehegattensplittings zielt genau darauf. Dauerarbeitslose wollen etwas vom Staat, der Gesellschaft, ohne etwas geleistet zu haben.

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 13:46

                      Ehen und Familien wollen natürlich was vom Staat. Das Ehegattensplitting zum Beispiel. Den besonderen Schutz des GG. Und so weiter. Was ist denn das für eine Aussage? Wenn Ehen nix vom Staat wöllten, hätten wir ja das Ehegattensplitting nicht. Oder aber es würde für alle festen Beziehungen gelten.

                  • Thorsten Haupts 24. April 2023, 10:34

                    Nein, geht es nicht. Wo finde ich im Grundgesetz den verbrieften Anspruch von Arbeitslosen, sich von anderen unbefristet alimentieren zu lassen? Eben – nirgendwo. Das ist nicht mal der Vergleich von Äpfeln mit Bulldozern, das ist überhaupt kein Vergleich, da nichts Vergleichbares vorliegt.

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 13:51

                      Du findest im GG auch keinen Anspruch auf Ehegattensplitting.

                    • Stefan Pietsch 24. April 2023, 15:00

                      Doch, steht da fast wortwörtlich. Die Ehe ist gegenüber allen anderen Lebensformen zu begünstigen, was selbstverständlich das Finanzielle einschließt. Schließlich findet Staat zum wesentlichen Teil im Steuerrecht statt.

                      Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner ständigen Rechtsprechung immer wieder klar gemacht, dass das Ehegattensplitting keine beliebige Subvention des Staates ist. Das hat vor 15 Jahren selbst Jürgen Trittin beeindruckt.

                      Der effektivste Weg, das Ehegattensplitting abzuschaffen, wäre übrigens ein flacher Stufentarif im Einkommensteuerrecht. Jeder jedoch, der die Progression steigern will, weitet den Steuervorteil des Splittings aus. Man kann im Leben nie alles haben.

                    • Stefan Sasse 24. April 2023, 20:01

                      Ich fordere ja auch nicht die ersatzlose Abschaffung, sondern die Reform des Ehegattensplittings – was du ja offensichtlich auch unterstützt oder zumindest für problemlos möglich hältst. Mir ist das GG ja durchaus bewusst.

                    • Thorsten Haupts 25. April 2023, 11:31

                      DU möchtest reformieren, okay. Die Gegner wollen den Kern des Ehegattensplittings dagegen abschaffen und nicht um weitere Elemente ergänzen. Und wir haben hier bis hierhin auf der Grundlage eines von Dir kommentierten Gegnerartikels diskutiert, nicht aber eine Erweiterungsidee wie das Familiensplitting.

                      Gruss,
                      Thorsten Haupts

                    • Stefan Sasse 25. April 2023, 12:03

                      Das ist natürlich richtig; ich hatte nur das Gefühl, selbst auf der Anklagebank zu sitzen, weil ich Stefan entsprechend verstand. Wenn das ein Irrtum war, sorry.

                    • Stefan Pietsch 25. April 2023, 12:06

                      Der Gesetzgeber hat einen deutlichen Handlungsspielraum. Nach der Rechtsprechung Karlsruhes wäre auch das Modell anrechenbarer „Unterhaltsleistungen“ umsetzbar genauso wie ein Familiensplitting. In diesem Bereich kann sich die Politik bewegen. Eine ersatzlose Abschaffung des Ehegattensplittings und steuerrechtliche Gleichsetzung der Ehe mit anderen Lebensformen geht dagegen nicht.

                    • Erwin Gabriel 3. Mai 2023, 21:55

                      @ Stefan Sasse 25. April 2023, 12:03

                      … ich hatte nur das Gefühl, selbst auf der Anklagebank zu sitzen, …

                      Naja, manchmal setzt Du Dich da freiwillig hin, ohne dass Dich einer dazu überredet hat 🙂

                    • Stefan Sasse 4. Mai 2023, 09:36

                      Passiert. ^^

  • CitizenK 4. Mai 2023, 07:22

    @ E. G.
    „Für diese Einschränkungen …. hat der Staat gewisse, bei weitem nicht ausreichende Lösungen geschaffen.“
    Übereinstimmung. Auch mal schön.

Leave a Comment

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.