Bohrleute 42: Demokratie im Feuer, mit Jonas Schaible

Jonas Schaible, profilierter Redakteur beim Spiegel-Hauptstadtbüro, hat sein erstes Buch veröffentlicht: „Demokratie im Feuer“. Ich spreche mit ihm darüber, warum wir mit Nichtstun unseren Handlungsspielraum radikal einschränken und warum der Schutz der Freiheit nur mit dem Schutz des Klimas möglich ist.

Wir diskutieren dabei über die Rolle der Autokratien, über politische Debatten in Deutschland, über Vereinbarkeiten verschiedener Ansätze, die Rolle undemokratischer Akteure und Vieles mehr.

Shownotes:

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{ 8 comments… add one }
  • cimourdain 16. April 2023, 09:00

    Spannende Diskussion, aber einige der wichtigsten Aspekte ignoriert ihr völlig:

    Stichwort verbindliche Selbstbeschränkung der Politik: Hier hat Stefan natürlich recht, diese werden (nicht würden) mit Sicherheit unterlaufen. Hier ist ein aktuelles Beispiel die Resortvorgaben, die die Merkel-Administration in Bezug auf CO2 den Ministerien vorgegeben hat. Diese waren zum einen schon ziemlich halbherzig, die Resorts Digitales und Militär wurden komplett ausgeblendet. Zum anderen hat die jetzige Regierung gleich die Gelegenheit genutzt, diese zu kippen.
    Und da müsste natürlich Herr Schaible zuerst mal auf seinen Berufsstand lenken, der in solchen ‚trockenen‘ Bereichen seine Kontrollfunktion unzureichend ausübt und lieber über „Parteienklatsch“ berichtet.
    [Das ist im übrigen ein wichtiger Aspekt, wie eine Demokratie im Krisenmodus (Beispiel Coronakrise) ihren „demokratischen Charakter verliert: Die Medien vernachlässigen ihre Kontrollfunktion nach oben und gehen lieber in Erziehungsmodus nach unten]

    Ein zweiter Punkt ist, dass ihr zwar über large-scale Geoengineering sprecht, aber das niederschwelligere Anpassen der Geographie überseht. Stichworte wären Aufforstung oder Schwammstädte.

    Der Elefant im Raum ist aber der Zusammenhang zwischen Demokratie, Wohlstand und Ressourcenverbrauch, den ihr leider komplett umdeutet. Ein Beispiel: Nord- und Südkorea haben vergleichbare geographische Bedingungen. Dennoch stößt pro Kopf der demokratische Staat gegenüber der Diktatur das zehnfache an Treibhausgasen aus.
    Und hier ist China das zweite gute Beispiel. Zuerst einmal ist das Land keine Black Box wie dargestellt, so veröffentlicht die Regierung seit 2008 regelmäßig Weißbücher zur Umweltentwicklung. Aber wichtiger ist, dass hier der Zielkonflikt deutlich zu sehen ist. Zum einen gibt es in den 5-Jahresplänen (Das Instrument besteht auch nach dem Ende der zentralen Planwirtschaft) klare Vorgaben über verbesserte CO2-Effizienz (17-18% pro Fünfjehresplan), aber diese werden mehr als aufgefressen durch das gewaltige Wirtschaftswachstum.

    Und da möchte ich die Frage stellen, mit welchem Recht ihr auf die ärmeren Staaten Druck ausüben wollt – oder das zumindest ernsthaft diskutiert, die (immer pro Kopf gerechnet) wesentlich weniger Klimaschäden verursachen und nicht auf die reichen Co2-Schleudern. Denn führend beim Co2 Ausstoß sind nach einigen Öldiktaturen der arabischen Halbinsel (höher Wohlstand, wenig Demokratie, billige fossile Brennstoffe) und Zwerg-Inselstaaten (Steueroasen und/oder Militärstützpunkt als Hauptwirtschaftsfaktor) die Demokratien Kanada, USA und Australien (Danach erst kommt mit Russland die erste „typische“ Autokratie).

    • Stefan Sasse 16. April 2023, 11:11

      1) Klar müssten die Medien mehr berichten darüber. Das steht glaube ich außer Frage.

      2) True enough, aber das ist viel zu niedrig skaliert und wird nicht mehr rechtzeitig hochskalieren, oder sehe ich das falsch?

      Bezüglich Korea: was folgt daraus jetzt? Dass wenn wir alle unter der barbarischsten Diktatur des Kontinents Hungersnot leiden, wir den Klimawandel bekämpfen können?

      • cimourdain 17. April 2023, 08:20

        1) Nicht mehr, sondern das richtige. Ich schreibe dazu etwas unter den Replik-Artikel von Herrn Pietsch.

        2) „Rechtzeitig“ hängt wesentlich davon ab, wann man anfängt und in welchem Ausmaß… aber vor allem geht es darum, mit Klimafolgen besser umgehen zu können.

        3) Auch wenn es provokant gemeint ist, in der Sachaussage wäre das nicht falsch. Du musst dir immer wieder klarmachen, dass die Atmosphäre keine Moral hat, sondern nur nach der Menge CO2 fragt.
        Ihr habt eine Passage lang argumentiert, warum liberale Demokratien besseren Klimaschutz betreiben, aber wenn du dir nackten Zahlen ansiehst, ist das sachlich falsch.
        Daraus folgt erstens, dass „wir“ erst einmal unsere eigene Einfahrt kehren müssen, bevor wir den ökonomisch aufstrebenden Nicht-liberaldemokratischen Staaten in dieser Hinsicht irgendwelche Ratschläge erteilen können (in anderen Themen vielleicht schon, aber das ist hier nicht zur Debatte).
        Zweitens besteht bisher der Automatismus, dass liberale Demokratie ohne Wohlstand nicht gut funktioniert und Wohlstand nicht gut ohne Ressourcenverbrauch. Beide Automatismen müssten durchbrochen werden und da ist die Anpassungsfähigkeit demokratischer Systeme stark gefordert.

        • Stefan Sasse 17. April 2023, 08:40

          1) Was ist „das Richtige“?

          2) Nehmen wir mal nen Moment an, wir fangen jetzt mit vollem Einsatz an, unsere Städte umzubauen (völlig irrwitziges Szenario) – wann wären wir damit fertig?

          3) Ich kenne die Zahlen nicht, aber Schaible postuliert im Buch, dass genau das nicht stimmt.

  • cimourdain 17. April 2023, 15:09

    1) Framing von CO2 Kosten als Kosten, die wie Geldkosten jeder policy anhaften. Genaueres unter Stefan Pietschs Artikel.

    2) Für Deutschland kann ich das nicht sagen, aber das chinesische Projekt umfasst 30 Städte (u.a. Beijing, Shanghai, Shenzen), wurde 2015/16 angefangen, geht bis 2030 und soll 230 Mrd Dollar kosten.

    3) Mit welchen Zahlen Zahlen argumentiert er? Für mich ist nun einmal die wichtigste Größe der CO2-Ausstoß pro Kopf, weil der bestimmt, was am Ende ankommt.

    • Stefan Sasse 17. April 2023, 18:19

      1) Gerne.
      2) Spannend. Hast du da n Artikel oder so zum Thema?
      3) Ich hab keine Quellenrecherche betrieben, ich glaub ihm das.

  • cimourdain 18. April 2023, 06:46

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