Roald Dahl und die Autoindustrie verschwören sich gegen die Vier-Tage-Woche für russische Kultusminister*innen – Vermischtes 01.03.2023

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann.

Fundstücke

1) »Falsche Fakten« (Interview mit Martin Liepach)

Herr Liepach, vergangene Woche wurde eine Studie zur Darstellung des Judentums in nordrhein-westfälischen Schulbüchern veröffentlicht. Sie haben maßgeblich daran mitgewirkt. Das Ergebnis: Die Bücher enthalten nicht intendierte, aber dennoch antisemitische Stereotype. Welche sind das?
Der Klassiker ist der jüdische Geldverleiher. Das ist ein Stereotyp, das sich in der einen oder anderen Form auch in anderen Epochen fortsetzt, aber vor allem im Mittelalter ganz stark betont wird, beruhend auf problematischen Interpretationen und auch teilweise falschen Fakten. Wenn dort beispielsweise mehr davon die Rede ist, dass Christen kein Geld leihen durften und ausschließlich Juden die Geldverleiher waren, dann beruht das auf historisch falschen Darstellungen. Wenn es dann weiter semantisch in die Richtung geht, dass viele Christen bei den Juden verschuldet waren, könnte das zu einer Entschuldigungserzählung führen, mit welcher möglicherweise in Anführungszeichen verständlich gemacht werden soll, wie es zu dem Pogrom gekommen ist.

Welche subtileren Formen des Antisemitismus haben Sie entdeckt?
Wenn beispielsweise davon die Rede ist, dass Juden Fremde sind; auch wenn das Fremde in Anführungszeichen gesetzt wird, ist allein schon diese Kategorisierung negativ konnotiert. Und damit kommt man einer Reproduktion der antisemitischen Erzählweise relativ nahe. Schon, wenn die jüdische Bevölkerung nicht als vollwertiges Mitglied der deutschen Gesellschaft deklariert wird. […]

Der Zentralrat der Juden hatte die Studie 2018 angeregt. Wie sind die Befunde nun zu bewerten? Können Eltern ihre Kinder in Deutschland in die Schule schicken und davon ausgehen, keine antisemitischen Inhalte gelehrt zu bekommen?
Die Schulbücher als solche fördern keinen Antisemitismus. Aber manche Bücher beinhalten problematische – und ich würde auch sagen: handwerkliche sowie fachwissenschaftliche – Fehler. Wir haben in der Untersuchung zudem nicht nur auf Antisemitismus geschaut, sondern auch auf jüdische Geschichte. Da gibt es Leerstellen in der Erzählung. (Lilly Wolter, Jüdische Allgemeine)

Das ist genau das Thema, über das ich mit Stefan Quandt im Podcast gesprochen habe. Die Idee, Mittelalter als „Geschichte für Einsteiger*innen“ zu basteln und das dann in so wunderbare Themenabschnitte mit einfachen Kernbotschaften zu destillieren ist nicht ungefährlich, vor allem, wenn das danach nie wieder aufgegriffen wird. Letztlich läuft das alles auf dem Niveau einer durchschnittlichen Doku ab, und die Dinger verzerren auch meistens mindestens genauso viel, wie sie erhellen. Man denke nur mit Schaudern an Guido Knopps Ergüsse. Natürlich sind die Schulbücher (oder solche Dokus) deswegen nicht antisemitisch; die Brokkoli-Regel greift hier mal wieder. Aber es werden subtile Setzungen vorgenommen – etwa die „Deklarierung der jüdischen Bevölkerung als nicht vollwertiges Mitglied der jüdischen Gemeinschaft“ – auf denen problematischere Dinge aufsatteln können. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.

2) Alle Schattenseiten geschönt // Oh, go ahead and revise Roald Dahl’s books for modern children

Nach Ansicht seiner Verleger verstößt Dahl jedoch in seinen Kinderbüchern so sehr gegen das Empfinden heutiger Leser, dass nun die Texte durchgekämmt und im Sinne der zeitgeistlichen Korrektheit entgiftet und abgeschwächt werden, um zarte Seelen vor schockierenden Begriffen und Vorstellungen zu bewahren. Bei dieser Arbeit schaut den Lektoren eine Organisation mit dem Orwell’schen Namen „Inclusive Minds“ über die Schulter, die sich als „Kollektiv für Menschen mit einer Leidenschaft für Inklusivität und Zugänglichkeit in der Kinderliteratur“ bezeichnet. […] Aus der Passage, in der Dahl die Macht der Bücher beschreibt, Lesern neue Welten zu eröffnen, reist seine Protagonistin Matilda in ihrer Phantasie nicht mehr mit Rudyard Kipling nach Indien, auch Joseph Conrad ist getilgt. An deren Stelle begleitet Matilda Jane Austen ins neunzehnte Jahrhundert und John Steinbeck nach Kalifornien. Wie sollen Leser das Herz der Finsternis kennenlernen, wenn alle Schattenseiten geschönt sind? (Gina Thomas, FAZ)

From the volume of the bipartisan outrage over this you’d think that woke censors working out of the White House had despoiled the works of Plato. But really, folks, this is not something to get bent out of shape about. These are books for kids, not classics of the Western canon. It really doesn’t matter if a few hundred words across all of Dahl’s titles have been changed because society today has different ideas about what’s suitable for children. In fact, I’m all for it as long as it’s done judiciously and with good sense. Frankly, if you aren’t willing to support something this trivial as a way of addressing racism, sexism, fat phobia, and so forth, you might ask yourself just how dedicated you are to fighting those things in the first place. […] As for „nostalgic“ parents, give me a break. Children can get along perfectly well without any exposure at all to the stuff you adored madly when you were a child. Conservatives let this sort of nostalgia control their lives, and it does none of us any good. (Kevin Drum, Jabberwocky)

Wir haben ja bereits im vorletzten Vermischten eine Mini-Diskussion zu dem Thema angefangen. Es hat, wie jede dieser moralischen Paniken, kurz hohe Wellen geschlagen. Ich verstehe die Sorge von Thomas im ersten zitierten Ausschnitt: Kinder komplett von den dunklen Seiten der Menschheit fernzuhalten tut ihnen keinen Gefallen. Aber dafür sind vielleicht Kinderbücher nicht der richtige Ort. Ich bin mit meinen Kindern in dasselbe Problem gelaufen, als ich mit ihnen Tom Sawyer, Moby Dick und andere Klassiker (natürlich in Jugendbuchversion; dazu in diesem Interview mit Johannes Franzen mehr) gelesen habe. Bei Tom Sawyer musste ich bei einer Ausgabe von 1991 (!) ständig beim Lesen zensieren, weil von „Negern“ die Rede war. Klar hat Mark Twain das so geschrieben. Aber warum genau bringe ich meinen Kindern tagsüber bei, dass man das nicht sagt, und lese ihnen dann abends ein Buch vor, in dem das Wort verwendet wird? Das Gleiche haben wir bei Dahl hier. Ich kann nicht meinen Kindern beibringen, dass man andere nicht aufgrund ihres Aussehens verurteilen (oder gar mobben!) soll und dann abends ein Buch lesen, indem „fette“ Kinder oder solche mit „Pferdegesichtern“ heruntergemacht werden. Geht einfach nicht. Deswegen würde ich persönlich die Dinger nicht mehr in die Hand nehmen. Schlichte pädagogische Gründe.

Damit kommen wir zu den Änderungen der aktuellen Ausgaben. Ich halte die für quatschig, aber nicht, weil damit die Meinungsfreiheit in Gefahr oder unersetzliche Kulturschätze verlorengehen würden. In Wirklichkeit sehen wir Kapitalismus bei der Arbeit. Ob nun die Einschätzung von Netflix und dem Dahl Estate richtig ist, dass sie mit den Änderungen mehr Bücher verkaufen als ohne wage ich nicht zu beurteilen; ich bin kein Unternehmer. Die sind das, und die treffen die Entscheidung. Dass jetzt diejenigen am lautesten schreien, die sonst genüsslich jede progressive Politikpräferenz mit dem gottgegebenen Prinzip der Marktwirtschaft und freien unternehmerischen Entscheidung als höchstem Gut abschießen, ist einfach nur heuchlerisch, aber nicht anders zu erwarten. Niemandes Prinzipien überleben den Kontakt mit dem, was man selbst für gut heißt. Deswegen ist der von Wächter verlinkte Cartoon ist daher auch unzutreffend. Denn es wird ja gerade nicht eine Änderung zugunsten einer kleinen, unpopulären Minderheitenposition (Veganismus und Healthy Food) durchgeführt, sondern eine in der antizipierten MEHRHEITSmeinung.

Ich halte die Änderungen aber deswegen für Quatsch, weil sei das Grundproblem nicht beheben. Großartig, jetzt ist Augustus nicht mehr fett, sondern enorm. Dreifaches Hurra für das Überarbeitungskommittee. Das ändert überhaupt nichts daran, dass es den Werten, mit denen wir unsere Kinder heute (hoffentlich) erziehen, völlig zuwiderläuft. Helen Lewis hat komplett Recht mit ihrer Einschätzung, dass Roald Dahls Werke niemals „nett“ sein können. Der Wandel vom Negerkönig zum Südseekönig änderte auch nichts am kolonialistischen Ethos von Pippi Langstrumpfs Vater. Die Dinger gehören in ihrer Originalversion in die Bibliotheken. In die Erwachsenenabteilung. Dazu kommt, dass Lewis auch Recht damit hat, dass es ein Fehler seitens der Progressiven ist, diese Art idealistischer Zensur zu begrüßen. Einmal etabliert wird man die Geister, die man ruft, nicht mehr los.

3) E-Offensive deutscher Autobauer floppt in China

Beim Marktanteil scheiterten BMW, Mercedes und Audi im vergangenen Jahr mit mickrigen 0,8, 0,3 und 0,1 Prozent selbst an der bescheidenen Ein-Prozent-Hürde. Und auch Volkswagen hat keinen Grund zu prahlen. Bei rein elektrischen Fahrzeugen kommt der Konzern, der mittlerweile 25 Fabriken in China hat und fast jedes zweite Verbrennerauto dort verkauft, nur auf magere 2,4 Prozent. Das Schattendasein der deutschen Autobauer in China könnte sich zu einem großen Problem entwickeln. […] Nicht nur der günstigere Preis, auch die Extras bei digitalen Funktionen kommen bei der chinesischen Käuferschaft besser an. Die deutschen Autobauer hinken bei Sprachassistenten und Vernetzung mit Internetdiensten immer noch hinterher, ebenso wie bei Antriebstechnik, Reichweite und Ladegeschwindigkeit. […] Und damit ist noch nicht Schluss, denn die Sorgen machen nicht in China halt. Die erfolgreichen chinesischen Autobauer drängen mit ihren günstigeren Elektroautos auf den europäischen Markt. Was den deutschen Herstellern nicht in China gelingt, könnte umgekehrt funktionieren. BYD, Great Wall Motor, Nio oder Xpeng streben mittelfristig jeweils ein Verkaufsvolumen von bis zu 120.000 Einheiten pro Jahr in der EU an. BYD, der Gigant aus China, der die meisten Elektroautos der Welt verkauft, bietet seit Jahresanfang drei seiner Modelle in Deutschland an. Weitere sind in den kommenden Monaten geplant. (NTV)

Ich habe genau das schon vor fünf Jahren vorhergesagt. Die deutsche Autoindustrie verlegte sich auf Blockieren und Lobbying. Das kann in einer marktwirtschaftlichen, globalisierten Wirtschaft nicht gut gehen. Die Ernte dieser langen Verweigerung – die die Wirtschaft immerhin mit der Politik, mit der sie pekuniär auf das Beste verknüpft war, gemeinsam hat – wird nun langsam eingefahren. Die Folgen davon werden die Beschäftigten tragen. Gerade für Bundesländer wie Baden-Württemberg wird das richtig übel. Aber wir betreiben ja weiter Realitätsverweigerung: die völlige Schimäre eFuels dient gerade dazu, den Strukturwandel und die nötigen Änderungen noch möglichst weit in die Zukunft hinauszuschieben. Diese spezifische Obsession ist leider der neue Modus der bürgerlichen Parteien. Den logischen Endpunkt sehen wir beim französischen „Klimaminister“: der tut genau das, was man ihm und seinesgleichen immer vorgeworfen hat. Das wird exakt so auch die Linie von CDU und FDP werden, da wette ich drauf.

4) The Puzzling Gap Between How Old You Are and How Old You Think You Are

Why do so many people have an immediate, intuitive grasp of this highly abstract concept—“subjective age,” it’s called—when randomly presented with it? It’s bizarre, if you think about it. Certainly most of us don’t believe ourselves to be shorter or taller than we actually are. We don’t think of ourselves as having smaller ears or longer noses or curlier hair. Most of us also know where our bodies are in space, what physiologists call “proprioception.” Yet we seem to have an awfully rough go of locating ourselves in time. A friend, nearing 60, recently told me that whenever he looks in the mirror, he’s not so much unhappy with his appearance as startled by it—“as if there’s been some sort of error” were his exact words. (High-school reunions can have this same confusing effect. You look around at your lined and thickened classmates, wondering how they could have so violently capitulated to age; then you see photographs of yourself from that same event and realize: Oh.) The gulf between how old we are and how old we believe ourselves to be can often be measured in light-years—or at least a goodly number of old-fashioned Earth ones. […] But “How old do you feel?” is an altogether different question from “How old are you in your head?” The most inspired paper I read about subjective age, from 2006, asked this of its 1,470 participants—in a Danish population (Denmark being the kind of place where studies like these would happen)—and what the two authors discovered is that adults over 40 perceive themselves to be, on average, about 20 percent younger than their actual age. “We ran this thing, and the data were gorgeous,” says David C. Rubin (75 in real life, 60 in his head), one of the paper’s authors and a psychology and neuroscience professor at Duke University. “It was just all these beautiful, smooth curves.” (Jennifer Senior, The Atlantic)

Ich finde das total faszinierend und hab mich auch sofort ertappt gefühlt. Ich bin 38. Im Kopf bin ich 32. Fühlen tu ich mich aber wie 38. Echt spannend, wie das abläuft. Ich glaube, es ist teilweise ein Stemmen gegen die eigene Vergänglichkeit (Memento Mori!). Ich kann das Jahr für Jahr mit immer größerem Erschrecken in der Schule beobachten, weil der gemeinsame Referenzrahmen mit den Schüler*innen immer kleiner wird. Als ich angefangen habe, konnte ich noch sagen „9/11, das war als ihr zwei oder drei Jahre alt wart“. Inzwischen ist das „fünf Jahre vor eurer Geburt“. Als ich angefangen habe, steckten wir mitten in der Eurokrise; für die aktuellen Abiturient*innen ist die Flüchtlingskrise dunkelste Geschichte, die sie selbst kaum bewusst miterlebt haben (ja, das ist sieben Jahre her!). Aber Anfang 30 konnte ich mir noch besser einreden, halbwegs an denen dran zu sein. Näher jedenfalls als an den auf die Pension zugehenden Kolleg*innen. Das dreht sich gerade. Keine Ahnung, was das weiters mit meinem Selbstbild machen wird. Teilt gern eure eigenen Erfahrungen damit!

5) Netflix Crossed a Line

But even so, Netflix may have misconstrued just how central shared accounts, as a soft product, have become to the overall offering. People simply expect the ability to share accounts after 15 years of Netflix streaming. Other platforms that followed Netflix’s lead allow it, after all. The idea of “paid sharing” feels a bit like charging extra for the hamburger box. It is akin to going back to metered text messaging or charging a long-distance toll for video calls. Companies have a hard time acknowledging how the service economy works, even as they take direct advantage of it. A service is intangible, and that can make its offerings feel secondary or even valueless. Soft products tend to feel especially intangible. Today, with big-tech stock values falling and user growth stalling, companies such as Netflix have undertaken desperate measures to increase revenue. That makes the soft product feel suddenly concrete the moment before it is taken away. […] And yet, companies regularly erode their soft product anyway. If you’ve ever struggled with glitchy Wi-Fi on a flight, you know that airlines consider carriage—transport from one place to another—to be all that they’ve sold you. Amazon Prime subscribers thought they were buying reliable, two-day access to almost any consumer good, but nowadays “Prime shipping” might mean anything—ships in two days, or four, or a week, or who knows when. It’s “Prime” because Amazon is shipping it. An Uber is no longer necessarily easy to find, quick to arrive, or cheap to ride, but merely available, if even that. (Ian Bogost, The Atlantic)

Mich fasziniert immer wieder, wenn Unternehmen ihr eigenes Produkt nicht verstehen. Das Sprichwort „nobody knows what they’re doing“ ist einfach so wahr: oft genug hatten Leute einfach nur Glück, oder vielleicht die richtige Intuition. Das erklärt jedenfalls auch, warum so viele Firmen und ihre Gründer*innen nach dem ersten Hit nichts mehr Neues produzieren, sondern dazukaufen. Zuckerberg erfand weder Whatsapp noch Instagram, Musk kaufte Tesla, und so weiter und so fort. Auch scheint die „enshittification“ wirklich eine Art Grundregel zu sein, die wirtschaftliches Handeln treibt. Echt weird.

Resterampe

a) Spannender Thread, warum Norwegen Leopard 2 kauft. Das macht für mich auch Sinn; solche politischen Erwägungen sind wichtiger als die Empfehlung der Militärs. Krieg bleibt eine zu wichtige Sache, um sie den Generälen zu überlassen.

b) Interessanter Thread zu der Frage, ob die Kriegsverluste nicht mittelfristig die russische Wirtschaft (und die ukrainische!) schwer treffen müssten. Besonders der Covid-Vergleich ist interessant. Mein Bauchgefühl wäre, dass es durchaus möglich ist, dass ähnlich dem Nachkriegsboom nach dem Zweiten Weltkrieg eine Art „kreative Zerstörung“ der furchtbarsten Art vor sich geht und die massiven Investments eher Wachstum anstoßen, aber keine Ahnung.

c) Das NYT Review of Books hat einen guten Artikel zum Thema deutsche Kolonialverbrechen.

d) Politikwissenschaftler*innen schrieben ein Buch über das MCU. Ich finde ja, die Rezension hier klingt nicht sonderlich verlockend, aber vielleicht ist es ja was für euch.

e) Spannender Thread zum Thema „Hängen Kapitalismus und Rückgang globaler Armut zusammen?

f) Noah Smith argumentiert, dass viele der gefeierten Erfolge Reagans eigentlich Carters Erfolge seien. Hier noch mehr zum Thema.

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  • Detlef Schulze 1. März 2023, 08:52

    2) Ob ein Buch veraendert werden kann und sollte, haengt sehr vom Buch ab. Manchmal ist der „Neger“ wichtig, manchmal nicht. In meinen recht alten, Tom Sawyer und Huck Finn Ausgaben ist auch im Deutsch von „Nigger“ die Rede. Ich sehe ueberhaupt nicht, warum man das Wort selber fuer seine Kinder zensieren sollte. Vor allem das zweite Buch handelt von der Jagd nach einem enlaufenen Sklaven. Man muss doch seinen Kindern auch erklaeren, was Sklaverei ist. Dann kann man ja auch gleich miterklaeren was „Nigger“ bedeutet.

    Bei Pippi-Langstrumpf hingegen ist es doch voellig egal, ob der Vater Negerkoenig in Takatuka-Land oder Piratenkoenig von Somalia ist. Es war doch nur wichtig, dass der Vater irgendwie cool war und keinen 9-5 Job im Buero nachgehen musste.

    Im Grund sehe ich es aber aehnlich wie Sie. Man sollte Buecher nicht aendern. Wenn sie nicht mehr den eigenen moralischen Vorstellungen entsprechen, dann liest man sie eben den eigenen Kindern nicht mehr vor. Ich bin selber mit Grimms Maerchen aufgewachsen, meine Mutter liebt diese. Als ich angefangen habe, meinen Kindern diese vorzulesen, ist mir erst aufgefallen, dass die wirklich nicht mehr in unsere Zeit passen. Da will sich z.B. ein Vater beim Koenig einschleimen und erzaehlt, dass die Tochter Gold aus Stroh spinnen kann. Und der will sie umbringen, wenn sie das nicht tut. Und das glueckliche Ende ist, dass Rumpelstilzchen, der ihr hilft das Unmoegliche zu schaffen stirbt und die Tochter eben diesen Koenig heiratet? In der Realitaet waere das Kind des Koenigs besser beim Rumpelstilzchen aufgehoben. Auch wenn ich glaube, dass solche Geschichten wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Moral- und Wertevorstellungen meiner Kinder haben, sind sie mir doch etwas zu doof, um sie Ihnen vorzulesen. Die waren ja urspruenglich „Haus und Hofmaerchen“, daher auch recht brutal und als solche nicht fuer Kinder herausgebracht.

    • CitizenK 1. März 2023, 12:26

      Es gab es mal eine Mode, Märchen tiefenpsychologisch zu deuten. „Kinder brauchen Märchen“. Würden die nicht als grausam empfinden. Gibt es das noch?

      • Detlef Schulze 1. März 2023, 17:34

        Von Tiefenpsychologie weiss ich nichts. Die Märchen sind Recht grausam, ich ich denke aber, Kinder realisieren nicht, was da beschrieben wird. Weder ich, noch meine Kinder hat es gegruselt, wenn jemand mit Totenköpfen und Knochen Kegel spielt, oder jemand in ein Fass gesteckt und in den Fluss geworfen wird. Und das obwohl meinen Töchtern Asterix als Zeichentrickfilm zu brutal ist/war.

        • Stefan Sasse 1. März 2023, 19:06

          Also, ich wurde als Kind von Struwwelpeter und Wilhelm Busch übel traumatisiert. Genauso wie von vielen anderen Dingen, die man damals als wertvoll erachtete. Ich hatte massig Albträume wegen dem Mist.

          • Ariane 3. März 2023, 10:06

            Ich grusle mich bis heute vor Windmühlen, weil Max und Moritz zu Mehl verarbeitet werden.

            Märchen sind aber ein ganz gutes Beispiel. Heutzutage kennt man ja nur die Disney-Versionen, die Originalversionen der Grimms und vor allem von Andersen(!) sind ja völlige Gruselversionen (und auch so gedacht). Kann man natürlich auch diskutieren, ob man das nicht generell hätte wegwerfen können, aber irgendwelche solche Geschichten hat man ja immer und so komplette Überarbeitungen finde ich dann schon deutlich besser als einzige Wörter austauschen. Bei Kästner ist das ja häufig auch so, dass das zumindest durch Verfilmungen an die Moderne angepasst wird.
            Ich meine dieses Jahr kommt zb eine Neuverfilmung vom fliegenden Klassenzimmer, bei dem die Hauptfigur ein Mädchen ist.

    • Stefan Sasse 1. März 2023, 13:25

      Wir reden von Kinderbüchern. Das ist ja genau mein Punkt: warum genau erkläre ich meinem zehnjährigen Sohn, was Sklaverei und „Nigger“ bedeuten und lese einen Text, in dem Leute ständig rassistische Kommentare abgegeben, anstatt…etwas, in dem das nicht der Fall ist? Pack Mark Twain in die Erwachsenenabteilung für historisch interessierte Personen, gut ist.

      • Detlef Schulze 1. März 2023, 22:49

        Einem Zehnjährigern kann man auch etwas über Sklaverei erzählen. Das irritiert die nicht mehr, als wenn sie bei Star Wars sehen, wie Faschistische Imperatoren ganze Planeten vernichten. Mir ist auch nicht ganz klar, wo das Problem ist. Ist es die vermeintliche Brutalität der Geschichte, oder die fragwürdige Moral? Sehe beides nicht bei Mark Twain.

        • Stefan Sasse 2. März 2023, 10:50

          Huckleberry Finn war für 1890 ziemlich progressiv, aber sein Umgang mit Jim ist teilweise echt übel. Und von den Geschlechterrollen, die da vermittelt werden (mit dem Prügeln um Ehre und so Kram) will ich gar nicht anfangen.

  • derwaechter 1. März 2023, 11:09

    2)

    Die Kapitalismus/Marktwirtschaft Begründung hatte ich ja bereits thematisiert. Die greift m.E. zu kurz. Und Kommentare a la „cynical boomer big busines“tun schon beim Lesen weh.

    Und selbst wenn man Wirtschaftlichkeit als einzig treibende Kraft akzeptiert, macht es die Sache ja nicht besser. Eher schlechter. Ich würde eine aus Überzeugung und mit guten Argumenten gestützte Vorgehensweise allemal einem „verkauft sich halt besser“ vorziehen.

    Ich habe keines der Werke gelesen. Habe, anders als bei Lindgren z.B., also keinen persönlichen Bezug. Ich habe auch nicht prinzipiell etwas gegen Änderungen, den Südseekönig z.B. finde ich sehr vernünftig. Die Änderungen bei Dahl waren aber überwiegend dermaßen bescheuert, dass man sich wirklich fragt, ob das ernst gemeint sein kann.

    Der Artikel von Helen Lewis, den Du verlinkt hast, beschreibt das ganze Thema doch sehr gut. Vielen Dank dafür.

    Zwei konkrete Kommentare noch:

    „Denn es wird ja gerade nicht eine Änderung zugunsten einer kleinen, unpopulären Minderheitenposition (Veganismus und Healthy Food) durchgeführt, sondern eine in der antizipierten MEHRHEITSmeinung.“

    Oder halt dem Zeitgeist und da ist die Karikatur doch spot on, wenn man die Diskussion um ungesundes Essen und Werbung für Kinder gerade verfolgt.

    „Dass jetzt diejenigen am lautesten schreien, die sonst genüsslich jede progressive Politikpräferenz mit dem gottgegebenen Prinzip der Marktwirtschaft und freien unternehmerischen Entscheidung als höchstem Gut abschießen, ist einfach nur heuchlerisch, aber nicht anders zu erwarten.“

    Einfach ignorieren. Auch hier. Vielleicht verschwinden sie dann irgendwann von alleine.

    • Stefan Sasse 1. März 2023, 13:28

      Nein, Südseekönig ändert nichts am Problem des kolonialistischen Topos: der weiße Mann kommt und übernimmt die Kontrolle explizit weil er weiß und überlegen ist. Ob er das über „Neger“ oder „die Südsee“ tut, ändert daran gar nichts. Aber erneut: warum wird der ganze alte Kram ständig neu aufgewärmt? Das Zeug ist nur dazu die, die Eltern und Großeltern zum Kauf zu bringen.

      • derwaechter 1. März 2023, 15:45

        Es gibt auch bei Kinderbüchern durchaus literarische Qualität und eben Geschichten die Kindern gefallen. Außerdem spielt das doch bei Pippi keine besonders große Rolle.
        Die Figur basiert übrigens auf einer echten Person. https://en.wikipedia.org/wiki/Carl_Emil_Pettersson

        Ich finde diese eingeschränkte Art Literatur und überhaupt Kunst zu bewerten sehr eigenartig. Findet sich übrigens auf progressiver und (wohl noch schlimmer) auf konservativer Seite. Wer Pippi Langstrumpf wegen Efraim Langstrumpf ablehnt und aus der Kinderabteilung der Bibliotheken haben möchte, muss sich nicht wundern wenn er mit konservativen Christen in einen Topf geworfen wird, die Angst vor Harry Potter wegen Hexerei oder Anne Frank wegen expliziter Sexualität haben.

        • Stefan Sasse 1. März 2023, 19:00

          Ich sag das ja nicht nur deswegen. Das Ding ist einfach übel alt. Wenn es Kindern gefällt, fein. Aber letztlich ist die Debatte verschoben. Dass Kinderbücher keine rassistischen Wörter enthalten sollten, ist jetzt nicht gerade abwegig. Das Tagebuch der Anne Frank und Harry Potter sind auch schon keine Kinderbücher mehr, die fallen eher in den YA-Bereich. Aber wie ich in meinem Kommentar schon schrieb, ich würde die Dinger nicht überarbeiten. Ich würde halt nur auch drauf verzichten, sie ständig hervorzukramen. Aber das ist Eltern ja freigestellt. Ich könnte ja in der Klassiker-Abteilung auch Daniel Defoe oder Herbert Melville rausziehen und Kindern vorlesen. Bräuchte mich nur nicht wundern, dass es ihnen nicht gefällt.

          By the way, kommen wir zusammen, Wilhelm Busch und den Struwwelpeter wegzulassen? 😀

          • derwaechter 1. März 2023, 22:26

            „Übel alt“ ist doch allein kein Maßstab.

            Meine Erfahrung ist, dass gerade Lindgren richtig gut ankommt. Eben weil sie einfach toll für Kinder schreibt. Und weitestgehend ohne zu moralisieren. Denn gerade daran kranken viele Kinderbücher, alte und neue auf ihre Weise.

            Und gerade auch die merkbar alten Sachen, mit Kutschen, von Hand melken usw. sind auch deshalb reizvoll und interessant weil sie Dinge zeigen, die die Kinder nicht aus dem eigenen Alltag kennen.

            Pippi ist übrigens gar nicht mein Favorit.

            Potter und Frank hatte ich im Kopf, weil sie prominent aus Schulbüchereien entfernt wurden. In Texas meine ich. Die haben dort bestimmt auch Kinderbücher auf dem Kieker.

            Struwwelpeter können wir uns problemlos einigen. Glaube nicht dass je ein Kind das gerne gelesen hat. Und das war wohl auch gar nicht die Intention des Autors.
            Busch kenne ich ehrlich gesagt außer Max und Moritz kaum. Und die lese ich auch eher selten vor 🙂

            • Dobkeratops 2. März 2023, 09:36

              „Übel alt“ ist doch allein kein Maßstab.

              Meine Erfahrung ist, dass gerade Lindgren richtig gut ankommt. Eben weil sie einfach toll für Kinder schreibt. Und weitestgehend ohne zu moralisieren. Denn gerade daran kranken viele Kinderbücher, alte und neue auf ihre Weise.

              Volle Zustimmung! Das Alter der Geschichten hat mit deren Qualität nichts zu tun und Lindgrens Bücher sind tatsächlich inhaltlich im besten Sinne zeitlos. Die Verfilmungen sind dagegen deutlich schlechter gealtert. (Man denke nur an die Frisuren der Brüder Löwenherz.)

              Als ebenbürtig zu Lindgren möchte ich hier noch Tove Jansson erwähnen. Vielleicht sind deren Geschichten sogar noch einen Tick zugänglicher, weil sie in einer kompletten Fantasiewelt spielen.

              Positive (Freundschaft, Familie) wie negative (Eifersucht, Mobbing) Themen werden dort wunderbar nachvollziehbar aufbereitet und erfühlbar gemacht, und eine ambivalente Figur wie die Morra z.B. sucht selbst in modernen Kinderbüchern ihresgleichen.

            • Stefan Sasse 2. März 2023, 10:49

              Ja, Texas und Konsorten sind übel. Ich bin ja auch gegen diese Zensuren. Ich hab kein Problem, wenn die Dinger in der Bibliothek stehen. Ich halte nur wenig davon, sie auf ein Podest zu stellen. Wenn du Gebrüder Löwenherz lesen willst (ich liebte das als Kind auch), hau rein. Aber ich finde es albern so zu tun, als ob die Probleme da drin nicht bestünden oder als ob es total wertvoll für Kinder wäre, dem ausgesetzt zu sein.

              Ja, ich setze Busch schon fast mit Max und Moritz gleich. Das ist so ein Klassikergeschenk für Kinder, und ich find es ganz schrecklich. Schwarze Pädagogik in Reinkultur.

              • derwaechter 2. März 2023, 20:03

                Den Begriff „schwarze Pädogik“ hätten dir die Prüfer bei Dahl wohl nicht durchgehen lassen.

                • Stefan Sasse 3. März 2023, 11:45

                  Ich hab den nie gelesen. Für Busch oder Struwwelpeter aber auf jeden Fall treffend. Wie würdest du den Begriff denn definieren?

                  • derwaechter 3. März 2023, 12:33

                    Ich bezog mich auf „schwarz“ als negativ konnotierten Begriff.

                    Wurde bei Dahl entfernt:

                    „The word “black” was removed from the description of the terrible tractors in 1970s The Fabulous Mr Fox. The machines are now simply “murderous, brutal-looking monsters”.“

                    Gibt es woanders bei Begriffen wie blacklist/whitelist, black sheep oder black market, die als rassistisch abgelehnt werden, auch.

                    • Stefan Sasse 3. März 2023, 14:14

                      Ich bin etwas lost. Ich dachte, es geht um den Begriff schwarze Pädagogik?

                    • derwaechter 3. März 2023, 16:10

                      Es ging um das „schwarz“ in schwarze Pädagogik.

                      Diese Ausdrucksweise in der Du „schwarz“ als negatives Adjektiv verwendest oder mit etwas Negativem verbindest wird als rassistisch abgelehnt und ist etwas, dass auch in den Büchern von Dahl (ursprünglicher Aufhänger der ganzen Diskussion) geändert wurde.

                      Daher meine Bemerkung.

                    • Stefan Sasse 5. März 2023, 11:32

                      lol, so ein Blödsinn.

                    • derwaechter 5. März 2023, 15:30

                      Es gibt Progressive die das anders sehen. Ich habe mir keines der Beispiele ausgedacht.

                    • Thorsten Haupts 5. März 2023, 23:06

                      Stimmt.

          • cimourdain 2. März 2023, 13:11

            Struwwelpeter ist im übrigen ein Buch, das klar gegen rassistisches Mobbing Stellung bezieht:
            https://de.wikisource.org/wiki/Der_Struwwelpeter/Die_Geschichte_von_den_schwarzen_Buben

  • derwaechter 1. März 2023, 11:20

    a) „solche politischen Erwägungen sind wichtiger als die Empfehlung der Militärs. Krieg bleibt eine zu wichtige Sache, um sie den Generälen zu überlassen.“

    Das ist verkürzt. Steht doch schon in den Tweets, dass die sich im Militär intern auch nicht einig waren. Der Chef des Heeres wollte die Panzer, sein Chef aber nicht.

  • schejtan 1. März 2023, 12:00

    4) Zwei Momente die mir im Gedaechtnis geblieben sind:

    1) Vor in paar Jahren als Black Sabbath ihre Abschiedstournee gegeben haben und ich mich mit einem der Doktoranden der damals bei uns im Unternehmen war darueber unterhalben fragte eine der Sommerpraktikantinnen:“Who is Black Sabbath?“

    2) Mit Mitte/Ende zwanzig das Laborpraktikum fuer Erst- bis Zweitsemester betreut. Die haben sich irgendwann ueber Star Wars unterhalten und meinten, dass die Prequeltrilogie besser ist als die Originaltrilogie, weil die ja schon so alt ist…

    • Stefan Sasse 1. März 2023, 13:29

      Mittlerweile ist auch die Prequeltrilogie alt. Selbst die Sequeltrilogie ist schon alt! Prequels waren 1999-2003, da waren die heutigen Abiturient*innen noch nicht geboren. Das ist für die soweit weg wie für mich die Originaltrilogie!!! Und Force Awakens kam 2015 raus, da waren die häufig auch noch zu jung.

      • schejtan 1. März 2023, 14:40

        Um mal praeziser zu sein: Das war Anfang der 2010er, auch wenn ich das genaue Jahr nicht mehr weiss. Das heisst die muessen irgendwann Anfang der 90er geboren worden sein. Sie haben also in dem Alter, in dem wir mit Star Wars ueber die (dann ja auch schon einige Jahre alten) Originalfilme angefangen haben, haben die halt die Prequeltrilogie geguckt. Fande ich schon interessant (und schockierend; ich war kurz davor denen Punkte abzuziehen), wie sehr das schon die Wahrnehmung veraendern kann. Anderes Beispiel: Ich hab ja um die Jahrtausendwende im Alter von 15/16 angefangen Metal zu hoeren. Metallicas Stilwechsel in den 80er und 90ern haben mich daher nie grossartig gestoert. Als dann aber andere Bands (fuer andere Metaller: zum Beispiel In Flames) ihren Stil in eine Richtung gewechselt haben, die mir nicht gefaellt, habe ich mich auch darueber geaergert wie die alten Metallica Fans. Und wenn ich heute Metalheads um die zwanzig treffe, finden die halt auch die neuen Alben gut und koennen nicht verstehen, dass ich die alten bevorzuge.

  • Stefan Pietsch 1. März 2023, 12:47

    2) Alle Schattenseiten geschönt // Oh, go ahead and revise Roald Dahl’s books for modern children

    Ich habe wie fast jeder meiner Generation die Winnetou-Bücher von Karl May und die darauf basierenden Filme geliebt. Da kam auch das „N-Wort“ häufig vor, nur bezeichnete es eine weit härtere Beleidigung als „Neger“. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum ich heute noch nicht von „Negerküssen“ lassen kann.

    Im Fasching lief ich oft als Cowboy, Trapper und noch früher als Indianer. Ich liebte es rumzuknallen, woher wahrscheinlich mein Trieb kommt, alles und jeden abknallen zu wollen. Es bleibt bei mir ein rassistischer Unterton, was offensichtlich tief in meiner Kindheit verwurzelt ist. Oder wie hieß es in einem der Filme: Nur tote Indianer sind gute Indianer.

    Die Tage kam mir der Fall eines 10-jährigen Mädchens zu Ohren. Ihre Freundin war von einem anderen Mädchen (übrigens mit Migrationshintergrund) als „verf..kte Schl..pe“ bezeichnet worden. Eltern, Vertrauenslehrer und Lehrerkollegium wurden eingeschaltet. Das Mädchen, das nicht eingegriffen und ihre Freundin verteidigt hatte, wurden schwere Vorwürfe von den Eltern der anderen gemacht nebst schweren Sanktionen wie Ausschluss von weiteren gemeinsamen Fahrten.

    Ich fand die Reaktion der Erwachsenen etwas übertrieben, zumal die Begriffssetzung nun wahrlich keinen rassistischen Unterton hatte, sondern vielleicht zukünftige Entwicklungen des (noch) beleidigten Mädchens vorwegnahm. Vielleicht stimmt das irgendwann und vielleicht wurde sie nur auf den richtigen Weg geleitet, wer weiß das schon?

    Wer seinen Kindern die (negative) Auseinandersetzung mit Beleidigungen erspart, der braucht sich nicht zu wundern, wenn sie später bei der kleinsten Kleinigkeit vor Schrecken zusammenklappen. Der bringt ihnen nämlich auch nicht bei, sich mit Worten, die es nunmal gibt, auseinanderzusetzen und sie für den Konflikt mit anderen zu wappnen.

    • Stefan Sasse 1. März 2023, 13:31

      Dieses Argument ist und bleibt Unfug. Ich setze meine Kinder der Auseinandersetzung mit negativen Dingen aus. Aber doch nicht in der Literatur! Ich prügle sie ja auch nicht, um ihnen zu zeigen wie schlecht Hauen ist. Wir reden hier von Pädagogik. Aber das steht völlig in Konflikt. Ich kann nicht sagen „ich les dir jetzt diese tolle Geschichte, aber was die Leute darin sagen ist richtig schlecht“. Diese kognitive Dissonanz halten häufig nicht mal Abiturient*innen aus.

      • Stefan Pietsch 1. März 2023, 16:21

        Das magst Du für Unfug halten, doch allein die Einteilung erscheint mir pädagogisch fragwürdig.

        Ein Wesensmerkmal junger Menschen ist ihre relativ geringe Stressbelastbarkeit. Und wo hat sich Cancel Culture entwickelt? An den Universitäten, von jungen Menschen, die offensichtlich überfordert sind, wenn sie auf oppositionelle Ansichten treffen.

        Kluge Erziehung ist auf Selbständigkeit aus gerichtet. Menschen müssen in die Lage versetzt werden, selbst zu bewerten und zu urteilen. Auch, ob das Wort „Neger“ sagbar ist und warum nicht.

        • Stefan Sasse 1. März 2023, 19:02

          In der Zielsetzung sind wir uns völlig einig. Nur halte ich Kinderbücher nicht für den Ort, an dem Resilienz geübt wird, indem man die Kids Rassismus aussetzt.

          • Stefan Pietsch 1. März 2023, 20:18

            Ich will niemanden Rassismus aussetzen. Aber es lässt sich weder vermeiden, dass Kinder mit harten Sachen wie Pornographie in Kontakt kommen noch mit Rassismus. Ich muss ihnen früh beibringen, damit umzugehen.

            Bis hoch zum Leistungssport können wir ausmachen, dass viele junge Menschen Stressbelastbarkeit, Beharrlichkeit und Durchsetzungsvermögen in nicht ausreichender Form herausgebildet haben. Und wenn ich sehe, was ich von Eigentümern und Vorständen an Druck und Härte abbekomme und sehe, wie weich die meisten Mitarbeiter sind, stelle ich mir eben auch solche Fragen.

            • Stefan Sasse 2. März 2023, 08:03

              Würdest du den Kindern deswegen Pornos zeigen? Und absolut ja zu der Auseinandersetzung. Wäre es nicht sinnvoller, das dann anhand dafür geeigneter Materialien zu machen?

  • Stefan Pietsch 1. März 2023, 13:00

    3) E-Offensive deutscher Autobauer floppt in China

    Wir haben inzwischen eine Geschichte der BEVs. Und die ist nicht optimistisch stimmend. E-Autos werden immer deutlich teurer als die heutigen Verbrenner bleiben – oder wenig leistungsfähig. Es sind keine Autos, mit denen man in den Urlaub fahren kann. Wer nicht bereit ist, 80.000 – 100.000 Euro für ein solches Vehicle hinzulegen, wird mit kurzen Reichweiten leben müssen und sollte sich eine Außensteckdose seiner Mietwohnung zulegen.

    Deutschland hat keinen rechten Zugang zu den notwendigen Rohstoffen der E-Mobilität. Die Aktienkurse der Lithium-Verkäufer steigen, als Anleger macht das richtig Spaß. Aber dafür steigen eben auch die Rohstoffpreise. Kluge Grüne wissen natürlich, dass es die individuelle Mobilität mit E-Autos nicht in der Form geben kann, wie sie heute mit Verbrennern selbst von Geringverdienern gewöhnt ist. Sagen tun sie das nicht, sie sind ja klug.

    Das Auto konnte sich durchsetzen, ohne das Pferdekutschen verboten wurden. Das Smartphone erlebte seinen Durchbruch völlig ohne Verbot von Festnetztelefonen und Subventionen. Alle Erfindungen, die sich durchsetzten, boten den Menschen große zusätzliche Vorteile. Das E-Auto bietet keine Vorteile, welche die schweren Nachteile gegenüber Verbrennern aufwiegen.

    Und dann ist das ja noch das kleine Problem, dass alle seriösen Studien davon ausgehen, dass auch 2050 noch rund 50 Prozent der weltweit im Einsatz befindlichen PKW mit Benzin und Diesel betrieben werden. Wer es ernst mit der Carbonfreiheit nimmt, müsste sich darüber Gedanken machen, wie die alten Kraftstoffe in Autos ersetzt werden können, weil nicht alle Autos ersetzt werden können.

  • Stefan Pietsch 1. März 2023, 13:02

    4) The Puzzling Gap Between How Old You Are and How Old You Think You Are

    Das wird sich weiter fortsetzen. Im Kopf bin ich Mitte Dreißig, nur mein Körper erinnert mich daran, dass das nicht stimmt.

  • Thorsten Haupts 1. März 2023, 16:34

    Zu 2)
    Da Du ja – sichtbar schweren Herzens (?) – die Kurve am Ende doch noch gekriegt hast, spare ich mir einen längeren Kommentar. Nur als Gedankenanregung – viel Spass dabei, Kindern das meist gedankenlose Mobbing auszutreiben. Soweit ich das überblicken kann – anekdotisch – kannst Du ihnen höchstens bestimmte Themen für Mobbing austreiben, dann finden sich halt andere. Ich wurde gemobbt, weil mein Vater Bundeswehroffizier war …

    Zu a) Krieg bleibt eine zu wichtige Sache, um sie den Generälen zu überlassen.
    A. Hitler und J. Stalin applaudieren gerade heftig aus der Hölle.

    Zu e)
    Der Autor akzeptiert in 16 Chinas Erfolg. Irgendeiner wird ihm mal erklären müssen, dass es sich – prä Ji – auch dabei um eine Spielart des Kapitalismus handelte. Und in 19 wird es lustig – als wäre irgendein Land des globalen Südens (spezifischer: Afrikas) besonders kapitalistisch …

    Zu f)
    Möglicherweise richtig. Was fehlt dann dem Artikel? Die Vermittlung, dass Carter seine Präsidentschaft in diesem Fall fast schon konträr zu ihrem Beginn bzw. seinen verkündeten Intentionen und Absichten im Wahlkampf endete. Dass häufig die dafür gefeierten Nachfolger in Wirklichkeit das ernten, was ihre Vorgänger gesät haben, ist keine neue Erkenntnis. Ich frage schon seit vielen Jahren, wer einen Laden 2 Jahre vorher geleitet hat, wenn ich von spektakulären Erfolgen oder Niederlagen lese. Das war der Zeitpunkt, zu dem die dafür notwendigen Voraussetzungen geschaffen wurden.

    Und bevor ich das vergesse:
    Dass jetzt diejenigen am lautesten schreien, die sonst genüsslich jede progressive Politikpräferenz mit dem gottgegebenen Prinzip der Marktwirtschaft und freien unternehmerischen Entscheidung als höchstem Gut abschießen …

    Du hast bestimmt jede Menge Beispiele an der Hand, wo irgend jemand in diesem Blog Betrug und Fälschung als „gottgegebenes Prinzip der Marktwirtschaft“ rechtfertigt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Du ohne Belege eine derartige Diffamierung loslässt, bad faith Argument gibt´s bei Dir ja nicht.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 1. März 2023, 19:03

      2) Mobbing ist in den letzten Jahren MASSIV zurückgegangen.

      a) Sorry, das ist absurd.

      f) Sicher richtig, was Carter betrifft. Die Beleidigung kannst du behalten.

      • Thorsten Haupts 2. März 2023, 17:10

        Zu a)
        Beide mischten sich massiv in operative Gefechtsführung und Waffenauswahl ein – mit einmal katastrophalem und einmal nur knapp vermiedenem katastrophalen Ausgang. Wüsste nicht, was an Anführung von gut dokumentierten historischen Belegen für die Konsequenzen von „Krieg bleibt eine zu wichtige Sache, um sie den Generälen zu überlassen.“ absurd sein sollte?

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • Stefan Sasse 2. März 2023, 18:37

          Nun, die Sache ist halt wesentlich komplizierter. Hitlers Einmischungen waren ja nicht alle scheiße. Seine Einmischung mit Operation Sichelschnitt war korrekt, der Plan der Militärs war Bullshit. Gleiches gilt für seine Einmischung vor Moskau 1941. Und dass er von „Zitadelle“ nicht begeistert war hat sich auch als richtig herausgestellt. Der Mann war ja keine komplette Niete.

          Bei Stalin fehlt mir das Fachwissen.

          • Thorsten Haupts 2. März 2023, 19:56

            Seine Einmischung mit Operation Sichelschnitt war korrekt, der Plan der Militärs war Bullshit.

            Operation Sichrlschnitt WAR der Plan eines genialen Militärs (Manstein).

            • Stefan Sasse 3. März 2023, 11:41

              Ja, aber der war nicht der Boss! Die OHL hatte andere Pläne und wollte von dem Plan nichts hören. Hitler hat sie überstimmt.

              • Thorsten Haupts 6. März 2023, 10:32

                Ich fürchte, eine Debatte darüber würde dieses Format sprengen, von daher nur in absoluter Kurzform:
                1) Angesichts der doktrinären (und ihr folgend taktischen) Überlegenheit der Wehrmacht zum Zeitpunkt des Angriffes wäre sehr wahrscheinlich jeder Angriffsplan erfolgreich gewesen. Die Alliierten scheiterten bei Arras ja schon daran, auch nur eine deutsche Panzerdisivision und Teile einer Infanteriedisivision zu schlagen.
                2) Der Erfolg des Sichelschnittes hing für 2 Tage an einem so dünnen Faden, dass selbst für einen Überraschungsangriff das Risiko eigentlich untragbar gross war. Dass der Angriff am Ende gelang, ist unter mehreren Aspekten praktisch ein Wunder und der Unfähigkeit des alliierten Kommandeure geschuldet. Ich würde eine solche Eintagsfliege nicht zugunsten von A.H. verwenden …

                Gruss,
                Thorsten Haupts

                • Stefan Sasse 6. März 2023, 14:02

                  1) Das halte ich für eine ziemliche Fehleinschätzung.
                  2) Widerspricht das nicht total 1)?

                  Aber das wäre auch mal ein interessantes Thema für einen Podcast, falls dich das genug interessiert. Analog zu der Folge zum Untergang Weimars. Kennst du diesen Artikel von mir? http://geschichts-blog.blogspot.com/2015/04/die-unwahrscheinlichen-weltkriege.html

                  • Thorsten Haupts 6. März 2023, 18:51

                    Wenn Du ernsthaftes Interesse an einem militärgeschichtlichen Nerd-Podcast hast, stehe ich zur Verfügung. Der müsste bei dem Thema extrem spezifisch werden, muss Dir nur klar sein 🙂 .

                    Nein, kenne ich nicht. Ich stimme der grundsätzlichen These durchaus zu, folge Dir dagegen in den Details nur bedingt (insbesondere re WW 2, für den Du die reale Kampfkraft der Alliierten 1939/40 massiv überschätzt).

                    Gruss,
                    Thorsten Haupts

  • Johnson 1. März 2023, 17:07

    @5:

    Elon Musk bought Tesla? News to me…

    @2:

    The issue is not whether kids should be confronted with unsavoury words or concepts (I agree they generally shouldn’t). The issue is that this „whitewashing“ (pun totally intended) of ancient literature is embedded in the larger context of trying to alter history and literature to conform to current trends/views/concepts of the progressive left. And that it’s a one way street – those changes always only go in one direction and affect/target one segment of the popluation only. I don’t see a lot of initiatives trying to purge rap songs of n-words and b-words for example – and I would argue that this particular genre of music has a much farther reach among younger generations than Mark Twain or Roald Dahl.

    • Erwin Gabriel 1. März 2023, 18:00

      @ Johnson 1. März 2023, 17:07

      I don’t see a lot of initiatives trying to purge rap songs of n-words and b-words for example – and I would argue that this particular genre of music has a much farther reach among younger generations than Mark Twain or Roald Dahl.

      True. I agree 🙂

      • Stefan Sasse 1. März 2023, 19:07

        It absolutely does. I’m not exactly happy with Gangster Rap as a genre, but that’s my taste.

        • Johnson 1. März 2023, 19:57

          Doesn’t have to be gangster rap. You’ll find that all over the place in „regular“ rap/hip hop by e.g. Nicky Minaj, Cardi B, SZA etc. It’s a lot more mainstream than you might think…

          • Stefan Sasse 2. März 2023, 07:56

            I have, like, zero knowledge about rap. Never been my genre.

    • Stefan Sasse 1. März 2023, 19:04

      5) Let me enlighten you. https://www.cnbc.com/2021/02/06/tesla-founders-martin-eberhard-marc-tarpenning-on-elon-musk.html

      2) And here I’m pretty clear: don’t whitewash, but don’t expose the kids either.

      • Johnson 1. März 2023, 20:08

        @5:

        Learned something. However, I think we’ll agree that Tesla was in the doldrums and much more likely to go the way many if not most other EV manufacturers were headed until Musk took over and guided the company to its current global sucess.

        @2:

        „…don’t whitewash, but don’t expose the kids either.“

        Ok, but how does that work? Restrict Mark Twain and Roald Dahl (to keep with those examples) to adult audiences only? Which adult wants to read childrens‘ books like Dahl’s or Dr Seuss? And even adults can or might be influenced by questionable content. Conversely I am not sure that a lot of kids really want to read say Mark Twain either. I like his quips (whether apocryphal or not), but I always found his books tedious.

        And what do we do with rap/hip hop? Ban it altogether as we can’t stick it in the adult section?

        • Stefan Sasse 2. März 2023, 08:00

          5) Musk is – was? – a genius in marketing. No question about that. He’s also great at getting state subsidies. What he’s not is an engineer.

          2) „Restrict“ is such a harsh word. I just wouldn’t put it out there as the be all, end all of children’s literature. If you want to give this to your kids, go ahead, by all means. But let’s not pretend that this is a vital, formative phase everyone needs to go through.

          Rap is different for two reasons. One, it’s teens, not adults that listen to it, and restricting stuff for teens is a fool’s game. Second, these kids WANT to listen to it. It’s not parents putting it in front of them. Parents have no discretion over what teens listen to.

          • Johnson 2. März 2023, 16:36

            „What he’s not is an engineer.“

            True. The same could have been said about Steve Jobs. Your point being?

            „If you want to give this to your kids, go ahead, by all means. But let’s not pretend that this is a vital, formative phase everyone needs to go through.“

            Agreed. But you understand that is definitely not the view of the censorship/rewrite/replace crowd. And they’re very vocal.

            „Parents have no discretion over what teens listen to.“

            Don’t I know that. [Sighs] In response though to another comment you made, have you really gone through life to this point without ever having been exposed to, say, Superbass by Nicky Minaj?

            • Stefan Sasse 2. März 2023, 18:35

              That was exactly my point. Nothing more, nothing.

              I do, which is why I disagree with them in my post.

              I just looked it up. Can’t say I’ve ever heard it 😀

  • Kirkd 1. März 2023, 17:17

    Was mich an der Debatte am meisten befremdet, ist die Tatsache, dass Erwachsene sehr genau wissen, was Kinder lesen sollten, aber nie debattiert wird, was Kinder lesen wollen. Ohne wollende Kinder wird es nix. Kinder haben erstaunlich gute Antennen, wenn ihnen alter Tobak vorgesetzt wird. Das gilt für altmodisches Spielzeug genauso wie für altmodische Texte. Die ziehen im Zweifel ohnehin weniger. Die einzigen älteren Bücher, die mein Sohn gerne liest, waren die Bilderbücher von Mitgutsch. Alles andere hat gegen Grüffelo & Co keine Chance. Da geht es gar nicht um den „Negerkönig“ sondern um Aesthetik, Sprache, Habitus, Themen und wie die Charaktere die Geschichte vorantreiben. Da merken Kinder intuitiv sofort, dass ihnen was seltsames vorgesetzt wird.

    Mir ging das als Kind ähnlich:
    – Warum sollte man Kindern die Finger abwschneiden, wer macht den sowas? (Struwwelpeter)
    – Wieso sollte man Bücher in hässlichen grünen Bändern und komischer Schrift lesen? (Karl May)
    – Wieso wohnen alle in Landhäusern mit Haushälterin, (was ist eine Haushälterin?), anstatt in Apartments oder Vororthäusern, in denen die Mutter kocht (alle Bücher von Enid Blyton)
    Es ist nicht so, als ob man das als Kind nicht merkt. Was aber natürlich nicht heisst, dass es totzdem Vorstellungen prägen kann.

    • Stefan Sasse 1. März 2023, 19:05

      Das ist exakt mein Punkt! Die ganze Debatte dreht sich nur um Erwachsene. Die Kids selbst beschäftigen sich mit dem Kram nicht.

    • derwaechter 1. März 2023, 22:09

      Ich bin tatsächlich froh, dass mein Horizont weder als Kind noch als Erwachsener dermassen eingeschränkt war.

      Sollten mir ernsthaft Bücher nicht zugesagt haben, weil die Leute dort Haushälterinnen hatten und in Landhäusern wohnten? Ich habe sogar Prinz Eisenherz gelesen, und der wohnte in Burgen.

      Im Ernst, gerade die Unterschiede, und auch die Epochen sind doch reizvoll, so lange die Geschichten gut geschrieben sind und Kinder ansprechen.

  • Johnson 1. März 2023, 20:25

    @3

    As an aside: Love how you posted this exactly on the day NIO (aka China’s Tesla) is taking a beating due to much lower than anticipated deliveries and revenue in Q4 2022, and a resulting Q4 net loss of more than $860 million. I think the global takeover of the EV market by Chinese companies will have to wait a bit longer…;)

    • Stefan Sasse 2. März 2023, 08:03

      If the Chinese ascendence is delayed, that’s fine by me 🙂

      • Sebastian 2. März 2023, 17:41

        I read in the news these days that BYD appears to be on its way to outgrowing Tesla.

        • Johnson 3. März 2023, 01:44

          Read that too. However:

          1. Their core business is still EV buses, taxis and other specialty vehicles
          2. The vast majority of their sales are in PR China, they have hardly penetrated any major foreign markets to date
          3. Their EV car designs are straight rip-offs, at a level that’s shocking even for Chinese auto makers
          4. Seems that JV with Toyota is the key plank to global/foreign market success
          5. Apparently they have huge quality issues still across their entire product range

  • cimourdain 2. März 2023, 13:17

    d) Ich fürchte, das Buch – wie auch die Besprechung, übersieht den Elefanten im Raum: Das Superhelden-Genre ist in seiner grundlegenden Natur Reaktionär und Pro-Oligarchisch. (Weswegen ich es auch bedenklich finde, dass es hier immer wieder als ‚gesunde‘ Alternative zu den ‚veralteten‘ Abenteuergeschichten früherer Zeit genannt wird.)
    https://thenewinquiry.com/super-position/

    • Stefan Sasse 2. März 2023, 18:31

      Das ist grundsätzlich richtig.

    • derwaechter 2. März 2023, 21:36

      Ja, den Gedanken hatte ich auch schon. Zwischen dem Beiseitewischen von Bedenken auf der einen Seite, auch bei Computerspielen, SoMe, Handys usw. und gleichzeitig Sorge vor Kolonialismus bei Pippi besteht schon eine gewisse Diskrepanz.

      „Weswegen ich es auch bedenklich finde, dass es hier immer wieder als ‚gesunde‘ Alternative zu den ‚veralteten‘ Abenteuergeschichten früherer Zeit genannt wird.“

      Das Superheldengenre ist übrigens älter als sowohl Lindgrens als auch Dahls Kinderbücher.

  • cimourdain 2. März 2023, 21:12

    2) Hier möchte ich in einigen Punkten gegenreden:

    i ) „Kinder komplett von den dunklen Seiten der Menschheit fernzuhalten tut ihnen keinen Gefallen. Aber dafür sind vielleicht Kinderbücher nicht der richtige Ort.“ Genau Literatur ist DER Ort, wo sich der Leser mit den dunklen Seiten der Menschheit bewusst und sicher konfrontiert… alles andere ist Kitsch.

    ii) Es handelt sich auch bei den Klassikern der Kinder/Jugendliteratur um Kultur. Da könntest du mal das kulturelle Gedächtnis ( also alte weise Männer 😉 ) konsultieren, von denen sich jeder an seine Lieblingsbücher erinnert.

    iii) „In Wirklichkeit sehen wir Kapitalismus bei der Arbeit.“ Das hattest du schon in deinem Hinweis auf die Rechteinhaber angedeutet. Aber Kultur sollte anders funktionieren als Wirtschaft. Machen wir ein Gedankenexperiment: Ein Milliardär erwirbt ein bekanntes Aktbild (mit Rechten), wie „Die nackte Maja“ und lässt dieser von einer PR-tüchtigen Medienagentur einen Badeanzug dazu malen. Fortan sollen alle Kunstbände, Abdrucke etc. nur „Die nicht-mehr nackte Maja“ zeigen. Würdest du das für legitim halten ? ( Das ist übrigens gar nicht so abwegig: Papst Pius IV ließ 1564 die Blößen der Nackten der Sixtinischen Kapelle übermalen, was dem beteiligten Künstler den Spottnamen “Brachettone“ – Hosenmaler einbrachte)

    iv) Du schreibst „Kinder interessieren sich nicht mehr dafür“. Das macht die Entscheidung relativ leicht. So früh wie möglich einen eigenen Bibliotheksausweis, dann findet sich schon ein eigener Stil und Geschmack. Dein Elternjob ist es dann „nur“ noch, die Fragen zu beantworten.

    • schejtan 3. März 2023, 10:59

      ii) Und das etwas „Kultur“ ist, heisst jetzt, dass es bis in alle Ewigkeit unveraendert immer wieder neu veroeffentlicht werden muss und von jeder neuen Generation fuer gut befunden werden muss? Und ich glaube, auch die Kinder heute werden sich an ihre Lieblingsbuecher erinnern, auch wenn es sich nicht um „Klassiker“ handelt. Auch wenn ich stark hoffe, dass die Zwillinge meiner Schwester Paw Patrol vergessen.

      iii) Kultur ist letztendlich ein Wirtschaftszweig wie jeder andere, der durch Angebot/Nachfrage und Eigentumsrechte geregelt wird. Ein Unterschied mag vielleicht sein, dass die Schoepfer/Produzenten sich etwas mehr von anderen Motiven als finanzieller Verguetung leiten lassen.

      • cimourdain 4. März 2023, 11:05

        ii) Davon abgesehen, dass ich noch nicht mal Familie und Freunden vorschreiben möchte, was sie ‚für gut befinden‘, geht es eher darum, dass in Zukunft die Originale nicht aus Tonscherben und ‚Steinbruch‘-Ruinen zusammengepuzzelt werden müssen, sondern zugänglich genug sind, dass die Menschen sich ein Bild anhand dieses Originals machen können.

        iii) Ich hätte eher gesagt, Wirtschaft ist der Teil von Kultur, der sich mit Güteraustausch und Eigentum befasst und bei dem entsprechend die Beteiligten ihre Motive auf Geldverdienen reduzeren. Aber jeder setzt seine Prioritäten…

        • schejtan 4. März 2023, 12:30

          ii) Okay, habe es jez eher in die Richtung „Aenderungen sind quasi Haeresie“ verstanden. Wenn es die eher um eine Dokumentation des kulturellen Zeitgeistes fuer zukuenftige Generationen geht, wuerde ich aber argumentieren, dass solche Aenderungen eher vorteilhaft sind; die Originaltexte sind ja nicht unwiderruflich verloren und diese Aenderungen geben dann ja Aufschluss, wie sich dieser kulturelle Zeitgeist veraendert hat.

          iii) Man sollte hier vielleicht zwischen Amateuren und Profis unterscheiden. Erstere sind Enthusiasten, die einfach machen, was sie wollen. Und quais jeder Kulturschaffende hat so mal angefangen. Nur, so lange man da bleibt, hat man ja auch keinen Einfluss auf den allgemeinen kulturellen Zeitgeist. Den bekommt man erst, wenn man in die Profiliga aufsteigt und da sind die ueblichen Marktmechanismen dann unausweichlich.

    • Stefan Sasse 3. März 2023, 11:46

      ii) Die waren ja keine Kinderbücher! Ursprünglich. Lederstrumpf, Huckleberry Finn etc. waren ja keine Kinderbücher!

      iii) Kultur SOLLTE anders funktionieren. Tut sie aber nicht.

      iv) Korrekt. Ich werd’s meinen ja auch nicht verbieten.

      • Thorsten Haupts 3. März 2023, 20:00

        Zu ii) Und das etwas „Kultur“ ist, heisst jetzt, dass es bis in alle Ewigkeit unveraendert immer wieder neu veroeffentlicht werden muss …
        Mitnichten. Nur darf es bei einer Neuveröffentlichung unter dem Namen des Originalautoren nicht gefälscht werden, das ist schon alles. Der Verlag ist völlig frei, es entweder nicht mehr zu veröffentlichen oder den Autoren auf „frei nach Roald Dahl“ zu ändern.

        Zu iii)
        Mir wurde erst bei der Diskussion um Dahls Bücher bekannt, dass es tatsächlich legalen Kapitalismus gibt, der auf vorsätzlichem Betrug (Buchfälschung) beruht. Gebe hiermit kund und zu wissen, dass ich nicht einmal „Kultur“ brauche, um dagegen zu sein. Mein Verständnis von zulässigem Kapitalismus reicht dafür völlig.

        Gruss,
        Thorsten Haupts

        • schejtan 4. März 2023, 11:51

          Bist du der gleiche Torsten der bei Diskussionen ueber anderen Schabernack den Unternehmen so treiben, sagen wir Oelkonzerne, die bewusst Falschinformationen ueber die Auswirkungen ihres Produktes vertreiben, immer argumentiert, dass das ja schon in Ordnung weil im Rahmen bestehender Gesetze legal ist?

          • Thorsten Haupts 4. März 2023, 14:04

            Erstens nein, bin ich nicht, ich bestreite schon das „bewusst“. Und zweitens sind vorsätzliches Lügen über einen Sachverhalt und Produktfälschung für jedermann erkennbar unterschiedliche Sachverhalte, es sei denn, man will polemisch einen Punkt machen. Haben Sie geschafft, Gratulation.

            Gruss,
            Thorsten Haupts

          • Stefan Sasse 5. März 2023, 11:46

            Ja, aber da ist es aus irgendwelchen Gründen ok.

        • Stefan Sasse 5. März 2023, 11:45

          Du kannst auf das Cover „sprachlich überarbeitet“ packen und es ist ok.

      • cimourdain 4. März 2023, 11:22

        ii) Vergiss ‚Gullivers Reisen‘ nicht.
        Aber dieser Punkt ist interessant: Thomas Bowdler, nach dem die ganze Nummer benannt ist, hatte mit seinem ‚Familiy-friendly Shakespeare‘ primär im Auge, Kinder für den Author ‚anzufixen‘, damit sie später auch an die richtigen Stücke herangehen. Kinder und Jugendliche orientieren sich an Dingen jenseits der ihnen zugedachten Alterskategorie, da musst du nur zuhören, über welche Spiele und Filme sie unter sich reden. Es geht ja im wesentlichen darum, kenntlich zu machen, dass eine „Easy Reader“ Version etwas anderes ist als das (gehaltvollere) Original.

        iii) Allein die Tatsache, dass wir hier leidenschaftlicher über die Farbe von Buchtraktoren diskutieren als über die von realen Traktoren, beweist das Gegenteil.

  • derwaechter 2. März 2023, 22:58

    Ja, den Gedanken hatte ich auch schon. Zwischen dem Beiseitewischen von Bedenken auf der einen Seite, auch bei Computerspielen, SoMe, Handys usw. und gleichzeitig Sorge vor Kolonialismus bei Pippi besteht schon eine gewisse Diskrepanz.

    „Weswegen ich es auch bedenklich finde, dass es hier immer wieder als ‚gesunde‘ Alternative zu den ‚veralteten‘ Abenteuergeschichten früherer Zeit genannt wird.“

    Das Superheldengenre ist übrigens älter als sowohl Lindgrens als auch Dahls Kinderbücher.

  • Tim 3. März 2023, 07:59

    @ Stefan Sasse

    e) Spannender Thread zum Thema „Hängen Kapitalismus und Rückgang globaler Armut zusammen?“

    Cherry picking, confirmation bias und Strohmann-Argumentation in Reinkultur. Wie so oft, wenn es mal wieder gegen den Kapitalismus geht.

    Fast alle ärmeren Länder dieser Welt betreiben auf mehr oder weniger intensive Weise Industriepolitik oder greifen mit mehr oder weniger plausiblen Argumenten in die Wirtschaft ein. Fast immer bringt das wenig bis nichts. Warum war China damit über 40 Jahre so viel erfolgreicher als andere?

    Weil Industriepolitik eben kein wichtiger Faktor ist. Sondern: Stabilität und gesicherte Eigentumsrechte. China hat über Jahrzehnte wohldosierte Reformen zum freien Erwerb und Besitz von Unternehmensanteilen vorgenommen. Mit anderen Worten: Kapitalismus eingeführt. Und parallel dazu Bildung, Forschung und Infrastruktur gefördert. Genau so haben übrigens auch die anderen aufstrebenden Staaten (Süd-)Ostasiens seit den 50er/60er Jahren den Ausstieg aus der Armut geschafft.

    Es hat nie jemand behauptet, zur Armutsbekämpfung brauche man „radikalen Marktkapitalismus“, wie Patrick Kaczmarczyk etwas dümmlich schreibt. Man braucht exakt die Dinge, die Ostasien anders gemacht hat als Afrika oder Südamerika.

    Wenn die ärmeren Staaten und die dümmeren Wirtschaftswissenschaftler das endlich kapieren und Industriepolitik aus ihrem Ideenschatz streichen,
    besiegen wir vielleicht endlich bald die globale Armut.

    • Erwin Gabriel 5. März 2023, 17:19

      @ Tim 3. März 2023, 07:59

      Ein ergänzender Punkt zu Deinen Ausführungen: In so vielen Ländern Afrikas und Südamerikas geht es bei der Erringung von Regierungsgewalt eigentlich nur darum, wer sich auf Kosten der Bevölkerung bereichert, nicht in erster Linie darum, die Lebensverhältnisse zu ändern.

      • Tim 5. März 2023, 18:46

        @ Erwin Gabriel

        Ja, furchtbar. Vielleicht wäre das mal eine Idee für wertebasierte EU-Handelspolitik: good governance und Einhaltung der Menschenrechte werden mit Freihandel belohnt.

        Allerdings hält wahrscheinlich eine Mehrheit der EU-Europäer Freihandel für Teufelswerk. 🙂

      • Stefan Sasse 5. März 2023, 18:53

        Jein: die haben Klienten. Wenn Präsident A die Macht erringt, sind seine Klient*innen bevorteilt, gewinnt Präsident B, ist es dessen Gruppe.

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