Kai Frerich – Als das Rad zerbrach
Vor 25 Jahren starb Ulrich Kiesow, viel zu früh im Alter von nur 48 Jahren an den Spätfolgen seines zwei Jahre zuvor erlittenen Herzinfarkts. Einige geneigte Lesende dieses Blogs mögen sich jetzt fragen, wer Ulrich Kiesow war und warum sie noch nie von diesem wichtigen Menschen gehört haben, dem hier ein ganzer Erinnerungsband gewidmet wurde. Das liegt vermutlich daran, dass einer der kulturellen Meilensteine der jüngeren deutschen Geschichte verpasst wurde: das Fantasy-Rollenspiel „Das Schwarze Auge“, kurz DSA. Ulrich Kiesow erschuf es in meinem Geburtsjahr 1984, was es mir leicht macht, das Alter des Spiels nachzuverfolgen. Ich selbst spiele es seit dem 25. Dezember 2000. Den 1997 verstorbenen Kiesow habe ich offensichtlich nie kennengelernt. Aber er hat mich zutiefst mitgeprägt, denn angefangen habe ich mit der dritten Edition von 1993.
Für mich sind die vielen individuellen Tribute seiner Weggefährt*innen in diesem Heft daher auch eher eine historische Quelle. Die Geschichte des Schwarzen Auges wird für Interessierte auch in einer hervorragenden Doku-Serie („Hinter der Maske des Meisters„) ausgebreitet, und dazu gibt es diverse Sekundärtexte von Fans. Zwar war Pen&Paper-Rollenspiel noch nie mehr als ein Nischenhobby, aber in den 1980er Jahren wurde es dank der Marktmacht von Schmidt Spiele und der Popularität von D&D mit DSA zumindest kurzfristig verhältnismäßig weit verbreitet. Inzwischen spielen nur noch einige tausend Spieler*innen regelmäßig in Aventurien, und der mittlerweile dritte Verlag mit der Lizenz, Ulisses, beschäftigt niemanden der alten Garde mehr und hat sich wirtschaftlich klar auf die Zielgruppe der finanzkräftigen, mittelalten Sammler*innen festgelegt. (Ich fühle mich angesprochen.)
Gerade das macht den Rückblick in die 1980er und 1990er Jahre so interessant. Ulrich Kiesow wird als charismatischer, nahbarer Mensch geschildert, der mit viel Idealismus an die Sache heranging und prägend für eine ganze Generation war. Für mich besonders spannend sind die Details über die damalige Szene, die sich aus den verschiedenen Berichten synthetisieren lassen: ohne Internet war man auf Telefon und Briefe angewiesen, was auf der einen Seite die Kommunikation langsam machte, auf der anderen Seite aber natürlich für diejenigen, die sich an den Briefspielen und der Community beteiligten, entsprechend gleich noch intensiver wurde. Auffällig ist, dass die toxischen Grabenkämpfe der Nerd-Community wahrlich kein Internet brauchten. Der übliche Kulturpessimismus über die verheerende Wirkung der sozialen Netzwerke wird angesichts der Aggressivität, mit der seinerzeit Nerd-Schlachten geschlagen wurden, einmal mehr widerlegt.
Etwas merkwürdig fand ich, dass so viele Autor*innen der ersten Generation in diesem Heft abwesend sind. Thomas Römer und andere werden nur in ihren Nachrufen von 1997 in den WunderWelten zitiert; Hadmar Wieser fehlt vollständig. Wollten diese Leute sich nicht äußern? Sind ihre Beziehungen zu Ulisses derart gestört? Ich bin zu wenig in der Szene verankert, um das beantworten zu können, aber die Leerstelle schreit ziemlich laut.
Ich möchte an dieser Stelle gar nicht mehr weiter auf den Band selbst eingehen; wer sich für die Thematik interessiert – wie ich es tue – wird genügend finden, das den Kauf lohnt, und das Geld ansonsten ohnehin als Investition ins Hobby und die eigene Sammlung verbuchen, auch wenn das Softcover-Heft weder vom Äußeren noch vom Inneren her ein Schmuckstück darstellt. Stattdessen habe ich noch einige Gedanken zu Kiesow selbst.
Mir fiel in den Berichten auf, wie unvereinbar sein Stil mit dem ist, was ich – beziehungsweise wir in unserer Gruppe – spielen. Die Autor*innen des Bandes können noch so sehr von den klassischen Abenteuern und Romanen schwärmen, aus heutiger Perspektive sind sie einfach nicht gut. Ich bin auch kein Kunde der DSA1-Retro-Produkte; so weit reichen Sammlerwut und Nostalgie dann doch nicht. Der Kram ist letztlich ungefähr so brauchbar wie die ersten Schreibversuche von Goethe: sicherlich historisch interessant, aber nicht mehr zum Konsum geeignet. Auch was man von Kiesows eigenem Stil des Spielleitens hört, ist längst nicht mehr aktuell. In den 1980er und vielleicht 1990er Jahren mag es noch neu und bahnbrechend gewesen sein (und ich bezweifle das sogar für die 1990er, in denen etwa White Wolf neueres Territorium beschritt), aber heutzutage ist es das nicht mehr.
Natürlich hätte auch Kiesow sich noch gewandelt, keine Frage, und darüber zu spekulieren, wie jemand, den ich nie kannte und der schon lange tot ist, heute auf die vielen Veränderungen reagieren würde, ist müßig. Aber Fakt ist, dass sowohl die ab 2001 erschienene 4. Edition als auch die seit 2014 laufende 5. Edition das Spiel verändert haben – die toxische Reaktion auf beide Editionen in Teilen der Fanszene belegt das ja nur zu gut.
Ich weiß jedenfalls, dass ich mit einigen von Kiesows Sensibilitäten nie viel anfangen konnte. In vielem war der Alt-68er seiner Zeit weit voraus: DSA genderte schon in den frühen 1990er Jahren und richtete Aventurien erbarmungslos emanzipiert aus: es herrschte völlige Gleichberechtigung. DSA war schon immer eine Utopie, das macht einen guten Teil seines Charmes aus (auch wenn ich das lange anders gesehen habe, Asche auf mein Haupt). Auch die sexuelle Freizügigkeit gehörte von Anfang an zum Markenkern (und erleichterte den oft versuchten und nie gelungenen Markteinstieg in den USA sicherlich nicht eben).
Aber gerade hier konnte ich nie wirklich mitgehen. Das Ausleben von persönlichen Kinks in den aventurischen Settings (besonders Heike Kamaris und Jörg Raddatz fallen hier noch ein) war schon immer ein Faktor, mit dem ich mich schwer tat, und Kiesows bellitristisches Mammutwerk „Das zerbrochene Rad“ konnte in mir nie die Begeisterung auslösen, die viele Fans empfinden (auch im vorliegenden Heft nachzulesen), weil einerseits seine eigenen Lieblingsfiguren so breiten Raum einnehmen und andererseits die pornografischen Inhalte manchmal allzu offensiv eingesetzt werden (bis hin zum Metakommentar des auktorialen Erzählers, dass „fließender Samen“ im Gegensatz zu „fließendem Blut“ verpönt sei und dass dies zu kritisieren wäre.
Ich glaube, es ist gut, dass das seit der vierten Edition deutlich heruntergedämpft wurde. So fortschrittlich gleichgeschlechtliche Liebe, sexuelle Freizügigkeit und Gleichberechtigung zu Kiesows Zeit waren, im Rückblick wirkt vieles unter dem Eindruck aktueller Debatten von #Aufschrei zu #MeToo zu #BlackLivesMatter und den Debatten um den kolonialen Blick und den male gaze alles andere als zeitgemäß. DSA hat es im Großen und Ganzen gut geschafft, hier auf der Höhe zu bleiben. Wenn ich mir die harsche Kritik an diesen Anpassungen von älteren Fans anschaue, bin ich skeptisch, ob die erste Generation auch in der Lage gewesen wäre, das Rollenspiel so gut zu modernisieren, wie es die aktuelle Redaktion geschafft hat. Wir werden es nie erfahren; Römer, Wieser, Falkenhagen et al schreiben überwiegend schon seit über 20 Jahren nicht mehr für DSA.
Das alles soll nichts von der großen Leistung Kiesows wegnehmen. Er verdient es, bekannter zu sein als er ist, denn DSA war stilbildend für die deutsche Fantasy. Sein eigentümlicher wie einzigartiger Stil – eine Kombination aus klassischer Mittelalter-Fantasy in Tradition der großen Heldensagen, der starke Einfluss von Grimm’scher Märchenästhetik, die positive, der Renaissance entlehnte Welt und die erwähnte gesellschaftliche Fortschrittlichkeit – macht es, zusammen mit vielen anderen Faktoren wie der tief ausgestalteten Spielwelt, bis heute attrativ (was man von seinem Regelsystem nicht eben behaupten kann). Aber das Werk hat seinen Schöpfer überlebt, hat sich weiterentwickelt und ist mittlerweile mehr als doppelt so lange ohne Kiesow erschienen wie mit ihm. Die Zeit der Flügelhelme auf den Schmidt-Spiele-Covern ist nur noch ferne Erinnerung. Ich bin froh, die fünfte Edition von Ulisses spielen zu können und nicht mit der dritten Edition von Fanpro geschlagen zu sein – aller historischen Verdienste ihrer Schaffer*innen zum Trotz.
Mh…dass du mit DSA angefangen hast, als ich aufgehoert habe und kurz nach deinem Start die vierte Edition (die ich wie fuenfte gar nicht wirklich kenne) rauskam, erklaert vielleicht unsere unterschiedliche Meinung 😉
Durchaus. Aber dann weißt du wenigstens, von was ich rede 😉 Warum hast du damals aufgehört?
Bin mit WoD in Beruehrung gekommen, was dann halt erst mal interessanter war. Spaeter dann mit DnD was fuer die epische High Fantasy mit ueberlebensgrossen Heldencharakteren, also das worauf ich Bock hab, schon besser geeignet ist als DSA. Und nachdem ich mit noch einigen anderen RPG Systemen in Beruehrung gekommen bin, kann mich mit den DSA Regeln (wie gesagt, keine Ahnung, wie die sich seit 3. Edition veraendert haben) wirklich gar nix mehr angefangen.
Verstehe ich.
Spannend! Ich bin ungefähr so alt wie du, aber ein paar Jahre früher (und entsprechend unreif) mit DSA in Berührung gekommen, und habe (leider) auch schon sehr bald wieder aufgehört, so dass ich nur die 3. Edition kenne.
Du deutest in deinem Beitrag einige Punkte an, die du dann aber nicht ausführst, die mich aber sehr interessieren würden. Vielleicht hast du Lust, jeweils noch ein paar Worte dazu zu schreiben? Ich meine die folgenden:
1. Kiesows Stil als Spielleiter — wie soll der denn gewesen sein? Und wie verhält sich das zu White Wolf, was du ansprichst?
2.. toxische Reaktionen auf die 4. und 5. Edition — was war da los? Ich habe wie gesagt zu früh aufgehört, um das mitzubekommen.
3. Kiesows unattraktives Regelwerk — was meinst du damit? Ich fand die DSA-Regeln immer viel stimmiger als D&D (was ich nur aus Computerrollenspielen kenne).
(Persönliche nerdier-than-thou-Geschichte: da es damals noch keine Handys gab, habe ich mir die Zeit in der S-Bahn bisweilen damit vertrieben, mir zu überlegen, wie ich Zauber oder magische Waffen aus anderen Werken (z.B. das Seelen-fressende Schwert „Sturmbringer“ von Elric von Melniboné) regeltechnisch in DSA abbilden würde.)
Ich gehöre auch noch zu einigen der aktiven DSA Spieler und bin schon recht lang dabei. Ich hab 1994 angefangen, damals noch mit DSA 2 – es gab also schon die Basisregeln zu Talente und mein erstes Abenteuer war „Das Schiff der verlorenen Seelen“, ein trashiger Dungeoncrawler auf einem Schiff.
Danke für die Rezension: Kiesow und seine Gang sind tatsächlich ein zu wenig beachtete Clique in der deutschen Populärliteratur. Einige Abenteuer waren absolute Sternstunden der Rollenspielunterhaltung.
Die große Änderung von DSA3 auf DSA4 war der Umstieg weg vom Würfel, hin zu einem Generierungspunkt Kaufsystem. Bis DSA 4 wurden die Werte in der Regel ausgewürfelt und der Zufall spielte hier eine erhebliche Rolle, ob Du Deine Werte verbessern konntest. Aufgrund der Änderungen waren vorherige Regelwerke (und DSA ist berüchtigt für seine vielen Add Ons) nicht mehr benutzbar und der geneigte Spieler musste erneut investieren.
Zudem strotze die 1. Auflage des DSA4 Regelwerks vor Fehlern, die zwar mit Errata korrigiert wurde, jedoch erst mit DSA 4.1 stabilisierte sich das Spiel.
Auf das Regelwerk von DSA 5 sind wir mit unserer Gruppe noch nicht aufgesprungen – im wesentlichen, weil wir nicht wieder das gesamte Regelwerk neu kaufen wollten. Zudem haben wir fast 4 Jahre damit zugebracht die Borbarad Kampagne durchzuspielen, wir haben also noch genügend weiteres Abenteuerfutter, dass auf den Regeln von DSA 4 basiert.
Ja, DSA 4.1 war eine Verbesserung gegenüber DSA4, aber DSA4 war durch das Kaufsystem um Längen besser als DSA3. Wegen der Fehler kann ich dir so genau gar nicht viel sagen, weil wir immer mit QVAT gespielt haben und deswegen große Teile des DSA4-Regelwerks gar nicht benutzten. Ich würde dir empfehlen, den Umstieg auf DSA5 zu wagen. Ja, es sind viele Regelwerke, aber die sind als PDF oder Softcover ziemlich bezahlbar und das Regelwerk ist einfach besser. Wir können gerne mal ausführlicher sprechen wenn du magst. Schreib mir eine Mail.
Oh, danke für das Angebot, darauf komme ich gerne zurück.
Und ja, ich empfand DSA 4.1 gegenüber DSA 3 ebenfalls als deutliche Verbesserung. Insb. das Geweihtensystem wurde unter DSA 4 enorm aufgewertet.
Das Geweihtensystem kriegt mit Ed5 nochmal eine Aufwertung, das mag ich sehr. Ich finde auch die Regionalspielhilfen wesentlich besser. Und das Kampfsystem. Eigentlich fast alles. Nur die Publikationsstrategie hat so ihre Nachteile.
1) Wir pflegen in unserer Gruppe einen sehr kooperativen Spielstil. Bei Kiesow finden sich einige Anekdoten, so beispielsweise ein Spieler, der den Beherrschungszauber Bannbaladin sehr freizügig nutzt und einem Spielleiter damit das Spiel zerschießt. Kiesows Rat? Wenn er das nächste Mal einen Goblin beherrscht, ist es nicht Stufe 1, sondern einfach ein Erzgoblin der Stufe 42, was man nicht gesehen habe. Solche Lösungen finde ich furchtbar, sie sehen das Verhältnis Spielleitung <--> Spielende antagonistisch. Ebenso Stories von Plots, bei denen die Spielenden um die Konsequenzen von „Fehlentscheidungen“ für das Leben ihrer Charaktere bangten. Das mag ich überhaupt nicht (ich habe darüber geschrieben, warum ich den Charaktertod prinzipiell ablehne, https://thenerdstreamera.blogspot.com/2017/02/the-case-against-killing-player.html). Dazu kommt, dass er einen sehr ironisch-satirischen Stil hatte, bei dem die Handlung häufig eine Pointe hatte (archetypisch siehe das Abenteuer „Die Attentäter“). Das mag ich auch nicht, ich will nicht Hot Shots spielen.
White Wolf hat als Ansatz ja das Erzählspiel gehabt. Bei denen gibt es ja auch keine Spielleitung oder Meister*in wie bei DSA, D&D und so, sondern den/die „Erzähler*in“, weil der Fokus sehr viel stärker auf dem Erzählen von Geschichten liegt, mit weniger Freiheit für die Spielenden und ggf. auch tragischen Enden.
2) Dasselbe, das immer passiert, wenn etwas geändert wird – eine Latte Leute finden das Neue grundsätzlich doof und jammern dem guten alten Kram hinterher 😀 Das war von 3 auf 4 nicht anders. Aber der Wechsel von 4 auf 5 war eine Stufe krasser, weil DSA vom Barbiespiel einige Schritte zurück zum balancierteren, „normalen“ TTRPG gemacht hat. Was ich verstehe, wenn du das Barbiespiel mochtest, aber ich finde den neuen Trend besser, von mir aus könnte der noch prononcierter sein.
3) Ich mag sie auch, und ja, sie sind stimmig, aber sie sind übel komplex, in großen Teilen völlig unbalanciert und haben mit der 3W20-Probe und der aktiven Parade Klopper drin, die die Verarbeitungszeit von Proben am Spieltisch deutlich erhöhen.
Glaub mir, ich auch 😀
Ja kooperativ spielen wir auch – eigentlich stirbt man bei uns nur, wenn man es will (also es aus dramturgischen Gründen mit dem Meister verabredet), sich absichtlich ziemlich dumm anstellt, oder sehr sehr leichtsinnig agiert kombiniert mit extremen Würfelpech…
Als Meister machst du dir viel Arbeit bei der Vorbereitung und gute Spieler zollen Dir diese Vorbereitungszeit dadurch zurück, dass Sie konstruktiv der Handlung folgen und mitspielen.
Unser nächstes Abenteuer führt uns nach Uthuria und ich freue mich schon sehr auf diese Expedition, wenngleich das Abenteuer nicht so gut sein soll…
Bei mir stirbt (siehe verlinkter Artikel) gar niemand, wenn er es nicht explizit will.
Korrekt.
Wir spielen seit Borbel keine offiziellen ABs, kann ich wenig zu sagen. Aktuell stecken wir in einer Kampagne um den Belkelel-Splitter (seeeeehr lose auf Schleiertanz basierend), davor haben wir eine Kampagne in den Dunklen Zeiten gespielt.
Danke!
1) Interessant. Wenn man mich gefragt hätte, hätte ich bestimmt gesagt, dass ein kooperativer Spielstil mein Ideal ist. Gelebt haben wir das in unserer Gruppe aber nicht, auch ich nicht, zumindest nicht konsequent – und jetzt frage ich mich, ob das einfach die Dynamik unserer Gruppe war, oder ob wir da auch durch das implizite Vorbild Kiesows geprägt waren. Solche Anekdoten fanden sich ja durchaus in auch in den Regelwerken. (Danke für die nostalgischen Gefühle, als mein Gehirn den Bannbaladin direkt mit „dein Freund ich bin!“ ergänzt hat.)
3) Okay, kann ich nachvollziehen. Mit der aktiven Parade konnten Kämpfe auch echt ewig dauern; und ich habe mich auch immer gefragt, was eine misslungene Attacke ist, wenn es nun gerade explizit nicht eine erfolgreich abgewehrte Attacke ist. Haut ein ordentlich erfahrener Krieger mit AT 15 tatsächlich in einem Viertel der Fälle einfach daneben? (Vielleicht ist das aber auch ein realistisches Nahkampfmodell, ich habe da selber keinerlei Erfahrung.)
1) Hah, sehr gerne. Die Reime gibt es seit Ed4 nicht mehr. 🙂 Und ja, das kam sicher durch die Regelwerke mit. Aber über richtig Spielleiten könnte ich endlos reden (und mich ärgern).
3) Ich hab ein Jahrzehnt lang geLARPt. Tatsächlich haut man öfter daneben als man denkt, aber nicht, weil der Gegner stillsteht 😉 Von daher musst du Fehlschläge ggf. als Ausweichen interpretieren. Das Problem ist aber IMHO weniger im rollenspielerischen Umsetzen begründet als im Spielfluss: jede Fehlattacke zieht die ohnehin langen Kämpfe in die Länge. DAS ist das Problem.
Für DSA kann ich es nicht sicher sagen (zu wenig Erfahrung mit dem System), aber dass der 80er Rollenspielstil heute komplett ungenießbar ist, kann ich nicht bestätigen. Hin und wieder ist zwischenrein ein OSR-Abenteuer (Ich empfehle Dungeon Crawl Classics) ein gutes Mittel, um ‚Rollenspielmüdigkeit‘ in der Gruppe zu bekämpfen. Gerade weil man die alten Sachen nicht mit ‚ernsthaften‘ Rollenspiel betreiben braucht, kann selbst ein „Arschlochdungeon“ wie ‚Tomb of Horrors‘ ein Mordsspaß sein.
Wir hatten zwar mal Rollenspielmüdigkeit (zwischen 2010 und 2013 gar nicht gespielt), aber darin auch keinen Bedarf für Dungeoncrawler. Die mag ich am Spieltisch gar nicht. Wenn ich so was spielen will, nehme ich bessere Spiele zur Hand, das lässt sich in TTRPG nicht so gut abbilden (Stichwort Descent). Ich bin passionierter Brettspieler, da kriegst du den Fix aus anderer Quelle.
Interessant. Ich bin mit DSA nie richtig warm geworden. Das lag gar nicht an den Regeln, irgendwie sprach mich Aventurien nicht so recht an.
Wir haben damals vor allem AD&D gespielt, überwiegend im Dragonlance Szenario und ein bisschen Forgotten Realms. Wir mochten immer die Flexibilität, dass die Regeln für ganz unterschiedliche Welten mit völlig eigenem Charakter anwendbar waren. Später gab es dann ja sogar mit Planescape (Ebenenreisen) und Spelljammer (Fantasy-Raumfahrt!) die Möglichkeit, zwischen den Szenarien zu wechseln.
Nerds, die Schwierigkeiten mit neuen Editionen gegenüber älteren haben, gibt es aber auch in der D&D-Welt. Wir selber haben nach der Pleite von TSR und dem Verkauf an Wizards of the Coast nicht mehr weitergemacht, vor allem weil uns die zunächst Simplifizierung und dann komplette Aufgabe des zweiachsigen Alignment-Systems zugunsten einer einfachen Gut-Böse-Achse als unverzeihlicher Verrat am Wesenskern des Spiels erschien.
Bei mir ist es das genaue Gegenteil, für mich ist Aventurien der main draw. Ich mag gerade diese super detaillierte Welt und verliere mich sehr gerne darin.
Die Regeln sind da sekundär (wenngleich mir D20 nur eingeschränkt liegt, aber das ist glaube ich reine Sozialisation). Noch weniger gefallen mir die Regeln von White Wolf oder Shadowrun.
Oh ja, bei Shadowrun haben mich die Regeln auch immer abgeschreckt, obwohl ich das Neuromancer-mit-Drachen-und-Orks-Szenario immer super-ansprechend fand.
Ich nur so eingeschränkt. Ich bin generell nicht so der Fan von Antihelden spielen, und die Kapitalismuskritik da drin mit der inhärenten Gewalttätigkeit, die Hoffnungslosigkeit, die dem Setting inhärent ist und das Inkaufnehmen von Kollateralschäden sind alles so Dinge, mit denen ich meine liebe Not habe.
vor allem weil uns die zunächst Simplifizierung und dann komplette Aufgabe des zweiachsigen Alignment-Systems zugunsten einer einfachen Gut-Böse-Achse als unverzeihlicher Verrat am Wesenskern des Spiels erschien.
Ich denke, du meinst die insgesamt etwas seltsame 4e? In 5e ist das alte System jedenfalls zurueck.
Ja, genau, die 4te Edition meinte ich. Ich wusste nicht, dass sie das alte System in der 5ten wiederhergestellt haben. Vielleicht sollte ich mal wieder reinschauen.
Nein, 5 ist eine Weiterentwicklung von 4. Die 3. Edition ist gruselig; ausgewürfelte Charaktere gehören zu Recht in die Mottenkiste.
Finde ich nicht. Ich habe mehr als einmal Charaktere gespielt, die extremes Würfelpech bei der Erstellung hatten und das hat mir immer viel Spaß gemacht. Ich fand es schon immer fürs Rollenspiel interessant, sich auch mal auf einen Charakter mit klaren Unzulänglichkeiten einzulassen. Das floss dann halt alles in die Figur mit ein.
Hey, you do you! Ich mag es nur nicht, mir gefällt daher das Kaufsystem viel besser. Und da hält dich ja niemand auf, Imperfektionen mit einzubauen. Musst dir ja nur weniger Generierungspunkte geben. Das geben die Regeln ja sogar explizit her.
Kleine Anekdote zum Auswuerfeln aus einer Midgard Runde: In dem System gehen Attribute von 1 bis 100. Offiziell kann man fuer jedes Attribute zweimal wuerfeln und den besseren Wurf nehmen. Ausnahme ist aus irgendeinem Grund „Aussehen“ fuer das man nur einen Wurf hat. Erster Spieler wuerfelt: 100. Zweiter Spieler wuerfelt: 1. Und schon hatten wir den schoensten und den haesslichsten Menschen der Welt in einer Gruppe.
Widerspricht meinen Vorlieben völlig; ich lasse mir meine Charaktere nicht vom Zufall diktieren. So was wie „schönster Mensch der Welt“ ist ja eine ziemlich krasse Festlegung.
Wenn eure Gruppe DnD 3.x gerne gespielt hat, kann ich dir nur Pathfinder empfehlen. Die erste Edition ist eine direkte Fortsetzung der 3.5-Regeln gewesen (genau für diejenigen, die DnD 4e nicht mochten) und die (halbwegs neue) zweite Edition hat imho das System sehr verbessert. (ist aber eine deutliche Umstellung, was Regelmechanismen betrifft.
Für ein Universalsystem, das mit sehr unterschiedlichen Settings funktioniert (und diese sogar kombinieren kann), empfehle ich Savage Worlds.
Haben wir auch mitte der 80er gespielt. Ich damit aber nie viel anfangen. Lieber trinken und reden oder nach Holland trampen und trinken und kiffen und reden, Go oder Fußball.
Gemeinsame Video gucken sessions mochte ich auch nicht.
Jedem das seine. Gemeinsame Filmsessions mach ich immer noch.
Wenn wir hier noch von DnD reden ist 5e deutlich naeher an 3.5e dran als an 4e. In der vierten haben sie ja im Prinzip das gesamte Klassen- und Fertigkeitensystem komplett umgestaltet. Das Ziel war wohl, die Klassen besser zu balancieren; was letztendlich aber nur dazu gefuehert hat, dass die Klassen eines bestimmten Prototyps (Tanke, Damage Dealer etc.) sich kaum unterschieden haben. In 5e sind sie quasi wieder zu den „klassischen“ Klassen zurueckgekehrt; im Grunde ist es 3.5e mit den sinnvollen Aenderungen aus 4e.
Und Punktekaufsystem gab es in DnD als Option zum Auswuerfeln schon in spaetestens der dritten Edition. Wobei meine letzten Spieler tatsaechlich lieber Wuerfeln wollten, weil sie den Zufallscharakter mochten.
DSA hat überhaupt keine Klassen in dem Sinne, das funktioniert ganz anders. Aber bei DSA ist, Stichwort Barbiespiel, das Balancing auch nie wichtig gewesen (und katastrophal schlecht :D).
Sollte eigentlich auch ne Antwort fuer weiter oben sein…hab mich gewundert, dass du geschrieben hast, dass 5 ne Weiterentwicklung von 4 ist. Hast du da vielleicht doch eher an DSA gedacht?
Darauf bezog ich mich, ja.
Engors Dereblick hat es auch rezensiert:
https://engorsdereblick.wordpress.com/2022/05/02/ein-blick-in-als-das-rad-zerbrach/
Lang, lang ists her. Uli Kiesow hatte Phantasie und konnte sie in Worte fassen. Wenn man seine Sachen las, wollte man immer sofort losspielen. Seine Einleitung in Fantasy-Rollenspiele hat mehr 10 mal mehr Rollenspielfans gewonnen, als alles andere auf dem Markt. Im modernen Marketing Sinne war er ein hervorragender Community-Manager. Das Fördern von Fan-Mitarbeit war seine Stärke und hat viele Redakteure für Fantasy in Deutschland gewonnen.
Dass nicht alles damals Gold war, konnte manan zahlreichen Fanfragen sehen. Gerade die Spielergängeleien waren schon in den 80ern nicht populär. Kommentare wie „Habt Ihr XXX gespielt, hat der Meister Euch auch alle Schätze abgenommen?“ waren an der Tagesordnung. Aber das ist nicht aussergewöhnlich. Das AD&D oder MERS Zeug aus der Zeit, will man heute auch nicht mehr spielen.
Freut mich zu hören, dass DSA noch Spass macht. Ich bin da schon lange draussen. Als ich zuletzt DSA spielte, hatte Ulisses gerade die Lizenz übernommen, die starke Community an Fanredakteuren absichtlich kaputtgemacht und mit lieblosen und schlechten Produkten auf die glücklosen letzten Fanpro-Jahre noch einen drauf gesetzt. Es wundert mich daher nicht, dass Ulisses kaum Autoren aus der Kiesow-Zeit zu Wort kommen, man hat sich ihrer eher hemdsärmelig entledigt.
Ja, das ist ein guter Punkt. Community-Managment ist natürlich auch wichtig, keine Frage.
Und ja, war eine andere Zeit. Deswegen ja meine Zweifel, ob man da heute noch so positiv drauf schauen würde.
Hartes Nein. Die Community der Fanredakteure war es, die DSA an den Abgrund gebracht hat. Es war ein Irrweg, in dem völlig aus den Augen geriet, dass die breite Mehrheit der Spielenden (und potenziellen Kunden) sich nicht so brennend für das Schicksal der Stiefnichte von Thesia von Ilmenstein interessiert. Wie erfolgreich Ulisses dabei war kann man gerne diskutieren, aber dass sie den Cut gemacht haben war eine Amputation als einzige Chance, den Patienten zu retten.