Putins Wasserträger und Springers Narrenreigen, Teil 2: Die Rechtshänder

Dieser Artikel ist die Fortsetzung des ersten Teils.

Die rechtshändigen Wasserträger

Während des gesamten Kalten Kriegs war für die politische Rechte, von ihren demokratischen Vertretern in CDU und FDP bis zu den extremistischsten Ausläufern der NPD, eine Sache klar: der Feind stand östlich des Eisernen Vorhangs, und man musste ihm mit unerbittlicher Härte begegnen. Der Vorwurf, zu nachgiebig gegenüber Russland zu sein, war dieseits wie jenseits des Atlantiks seit 1919 ein Dauerbrenner. Was hat sich geändert, dass plötzlich beide radikale Enden des Spektrums ihre Freundschaft zum Kreml entdecken?

Ein Teil der Antwort ist auch hier Anti-Amerikanismus. Dieser ist genauso auf der Rechten vertreten wie auf der Linken; er hat auf der (deutschen) Rechten sogar eine längere Traditionslinie als in der Linken. Der Kalte Krieg überdeckte diese Antipathie nur mit einem Zweckbündnis gegen den „gottlosen Kommunismus“, aber er machte die Rechten nicht zu liberaleren Freiheitsfreunden als vor 1945. Die Abneigung gegen die Sowjetunion speiste sich aus derselben Quelle wie die Sympathie der Linken: sie war anti-klerikal, sie war anti-kapitalistisch, sie war anti-liberal, sie war anti-westlich. Für das ganze Spektrum gab es in diesem Fundus genügend zu finden.

Die zugrundeliegende Logik des Wandels im Russlandbild seit 1991, vor allem aber seit den späten 2000er Jahren, ist dieselbe wie auch bei der Linken: der Feind meines Feindes ist mein Freund. In dem Maße, in dem die politische Rechte ihre kulturelle Vorherrschaft schwinden sah, betrachtete sie Russland mit immer verklärterem Blick. Hier war ein Land, in dem Homosexualität offen verurteilt, ja kriminalisiert wurde, ein Land, das sich dem klassischen Ideal von hart arbeitenden, männlichen Männern und sanft-weiblichen, Kinder erziehenden und Haushalt schmeißenden Frauen verschrieb (das natürlich in der Realität genauso wenig existierte wie in der mythischen Vergangenheit, auf den sich die Konservativen so gerne beziehen). Hier war ein Land, das sich ostentativ christlich gab, in dem der Staatschef keinen Hehl daraus machte, fremde Einflüsse abzulehnen.

Entlang dieser Linien können wir auch die Unterstützung bestimmter Kreise nachvollziehen. Das gesamte evangelikale Spektrum etwa, das im Kalten Krieg zu den fanatischsten Gegnern der Sowjetunion gehört hatte, unterstützt jetzt genauso fanatisch Putin. Es gibt zwar nur sehr wenig Evangelikale in Deutschland, aber die sind voll dabei. Auch radikale Katholiken stehen nicht hinten an; der Vatikan etwa war voll des Lobes für den „praktizierenden Christen“ Putin, und die katholische Tagespost befand schon 2014, dass Putin als Verfechter der traditionellen Familie ein wertvoller Verbündeter gegen westliche Werte sei.

Neben der LINKEn findet sich keine so putintreue Partei in Deutschland wie die AfD; seit den jüngsten Vorkommnissen haben die Rechtsextremen die LINKE sogar deutlich überholt. Während die LINKE sich (natürlich) in der Frage spaltet, wie damit umzugehen sei, ist für die AfD klar, dass Putin hier gegen westliche Aggression vorgeht. Der Grund dafür liegt recht prosaisch in der Wählendenschaft:

Die AfD rekrutiert ihre Wählenden aus einem völlig anderen Pool als die anderen fünf Parteien. Diese Leute bilden ein eigenes, ausgeklinktes Milieu, das für die Wahrnehmung der Welt der anderen 90% überhaupt nicht mehr zugänglich ist.

Auch in der demokratischen Politik findet sich dieses merkwürdige Putinverständnis, wenngleich glücklicherweise in wesentlich abgeschwächterer Form als bei diesen Extremisten. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, sowohl während der Corona-Pandemie als auch in der gesamten Ukrainekrise stets ein zuverlässiger Bothsider nach Russland, fordert „Maß und Mitte“ bei den Sanktionen. Er bildet gerade ein neues Hufeisen mit Sahra Wagneknecht. Aber die fühlt sich auch wortgleich mit Max Otte wohl. Auch Laschet fiel im Wahlkampf mit russlandpolitischen Positionen auf, gegenüber denen die Grünen (!) wie Falken aus dem Kalten Krieg aussahen. Hubert Aiwanger und Wolfgang Kubicki waren 2014 auch sehr verständnisbereit.

Die merkwürdigen Allianzen dieser Haltung umfassen auch Alice Schwarzer, die in den vergangenen Jahren bei allen Streitfragen zuverlässig nach Rechts rückte, ob es um Geflüchtete, Transmenschen oder die Ukraine geht. Und dann haben wir natürlich die Querdenker. Wie bereits seit 2020 offensichtlich haben diese nicht nur eine gewaltigen Schnittmenge mit dem Rechtsextremismus, sondern auch mit Putin. Das kann nicht verwundern. Wer der Überzeugung ist, dass die ARD einer Weltverschwörung zur Verbreitung tödlicher Impfstoffe angehört, wird auch der Berichterstattung über die Ukraine nicht glauben, und wer seine Nachrichten in der Pandemie aus Kreml-Propaganda bezog, wird damit nicht im Krieg aufhören. Vielleicht sorgt diese Situation aber wenigstens dafür, dass dieses Milieu endlich als das gesehen wird, was es ist.

Der Blick über die Grenze

Natürlich sind das alles keine rein deutschen Phänomen. In Italien etwa kuschelte Berlusconi stets mit Putin, und Salvini ist noch wesentlich offener in seiner Liebe für Putin. Auch der ungarische Autokrat Victor Orban ist ein Bewunderer des russischen Diktators und versucht, sein Land nach dessen Vorbild auszurichten. Marine Le Pen versucht gerade, die Verbreitung eines bereits gedruckten pro-russischen Pamphlets zu verhindern, das angesichts der Ukrainekrise nicht mehr komplett dem Zeitgeist entspricht, um es milde auszudrücken. Boris Johnson ist ebenfalls nicht gerade scheu gewesen, wenn es um die Beschwichtigung Putins ging, und man spricht nicht umsonst von Londongrad, wenn es um die englische Finanzindustrie geht, die reichlich tonedeaf auch mit dem Volumen des russischen Geldes angibt, das in der Stadt umgesetzt wird.

Am auffälligsten aber ist die Putinfreundschaft der Rechten in den USA. Dieser Umschwung kam quasi über Nacht. Noch 2012 versuchte Mitt Romney, gegen Obama Punkte im Wahlkampf zu machen, indem er diesem vorwarf, zu nachgiebig gegenüber Russland zu sein. Doch 2016 kam der Putin-Aktivposten Donald Trump an die Macht. Seine direkten Verwicklungen mit der Ukraine sind gut belegt: er versuchte 2019, den ukrainischen Präsidenten Selensky zu erpressen, ihm gefälschtes Wahlkampfmaterial gegen Biden zur Verfügung zu stellen; als Selensky sich weigerte, schnitt Trump die Ukraine von jeder Unterstützung ab. Dieser klare Rechtsbruch wurde von den Democrats im ersten Impeachmentverfahren angeklagt und, natürlich, von den Quislings der GOP abgewehrt.

Die republikanische Partei legte einen Richtungswandel wenn nicht von 180°, dann so doch zumindest eines deutlich stumpfen Winkels hin. Wer so möchte, kann zumindest für Trumps Freundschaft zum Kreml-Herrscher genügend Verschwörungstheorien finden, von Verbindungen zur Russen-Mafia über Pissvideos hin zu Immobiliendeals in Moskau, einer verheimlichten Insolvenz Trumps und dem Aufkauf seiner Schulden. So wie ich den orangenen Paten kenne, ist davon auch ein guter Teil wahr.

Aber es ist nicht notwendig, sich Gedanken über Putins Trump-kompromat zu machen. Putin mag das Ekel aus der 5th Avenue in der Tasche haben, aber sicherlich nicht alle evangelikalen oder republikanischen Leitfiguren. Die brauchen unabhängig von Trump Gründe für ihre Putinbegeisterung. Und Gründe gibt es genug.

Tucker Carlson, der Julius Streicher von FOX News, fragte 2019, wie man nicht Russlands Seite einnehmen könne. Schließlich kämpfe Putin den guten Kampf gegen Wokeness. Eine weitere Begründung? Putin habe ihn nie einen Rassisten genannt. Der Feind meines Feindes, er ist mein Freund. Im Delirium des Kulturkampfs pusht Carlson auch noch den größten Blödsinn, etwa die Verschwörungstheorie, dass die Biden-Regierung den Konflikt anheize, um erneuerbare Energien zu fördern. Kein Wunder, dass FOX News regelmäßig in den russischen Staatsmedien zitiert wird.

Viele republikanische Politiker*innen blasen in dasselbe Horn. Da wäre Senatskandidatin Lauren Witzke aus Delaware, die erklärt, dass sie „mehr mit Putins christlichen Werten verbinde als mit Joe Biden“. Da wäre Monica Crowly, die in der republikanischen Prawda erklärt, dass Russland „gecancelt“5 werde. Douglas MacGregor, der stellvertretende Verteidigungsminister unter Trump, erklärte, dass die russischen Truppen „zu sanft“ seien und er „nichts Heroisches in Selensky erkennen“ könne. Die Arizona-Senatorin Wendy Rogers verkündete auf einer Veranstaltung von Neo-Nazis, dass Selensky „eine Marionette von George Soros und den Globalisten“ sei, also: dem internationalen Judentum. Die Liste geht schier endlos weiter.

Der evangelikale Prediger Pat Robertson erklärt indessen, Gott habe Putin befohlen, die Ukraine anzugreifen. Wo früher Gottes Wille noch GIs in den Irak sandte, schickt er jetzt Speznaz nach Kiew. The lord works in mysterious ways. Da wird auch die Grenze zum Landesverrat fließend. So liegt ein Zerstörer seit Wochen untätig im Hafen, weil die Navy dem Kapitän nicht traut (!) und ein von Präsident Bush ernannter Richter6 die Abberufung des Kapitäns verhindert. All das passiert natürlich im Sinne des größeren Ganzen:

Ich will nicht mit zu breitem Pinsel malen. Wie Kaleigh Rogers für 538 hilfreich herausgearbeitet ist, „the GOP Is Still Largely Skeptical Of Putin — For Now“. Aber Rogers erklärt im Artikel selbst, dass die unermüdliche Propaganda durch FOX News und das Vorbild der GOP-Politiker*innen vermutlich bald einen Wandel mit sich bringen wird. Das war schließlich auch die letzten Male so.

Ausblick

Ich weiß nicht, inwiefern der Ukrainekrieg diese Haltungen durcheinanderwirbeln wird. Für den Moment haben Selensky und die Seinen den Kampf um die stets flüchtige Meinungshoheit gewonnen, und in Frankreich geben die Wählenden den Ukrainekrieg als zweitwichtigstes Thema an. Ob das so bleibt, und ob Konsequenzen daraus folgen, bleibt abzuwarten. Ich sehe keine Bewegung bei AfD und Republicans; deren Wählende sind zu sehr abgeschottet und isoliert, als dass sie sich von „öffentlicher Meinung“ noch beeindrucken ließen. Wie die Menschen in Russland selbst sind sie in einem Propagandanetzwerk gefangen, in das von außen nichts hineindringt.

Etwas gefährlicher ist die Lage für die LINKE, die den Einzug in den Bundestag nur dank der Direktmandate im Osten schaffte. Bleibt sie in der Frage zu Russland weiter zerrissen, gibt sie gar die traditionelle Feindschaft zur NATO auf (wie ein Antrag von Susanne Hennig-Wellsof fordert), so mag durchaus ihr parlamentarisches Aus im Bundestag drohen. Jetzt rächt sich, dass dieses Verhältnis drei Dekaden lang nicht geklärt wurde, dass man sich hinter Nostalgie und Parolen versteckte und den nötigen Konflikt mit der Realität scheute. Mit der AfD ist eine wesentlich zur Schaffung einer eigenen Realität entschlossenere – und fähigere – Partei aufgetreten. Nicht auszudenken, wäre diese Partei gerade an der Bundesregierung beteiligt.

Indessen müssen wir demokratisch gesinnten Menschen aufpassen, nicht der Propaganda der Feinde der Freiheit zu verfallen, aber im Gegenzug auch nicht in einen kollektiven Rausch verfallen. Die Situation der Ukraine ist katastrophal, und sie hat weiterhin – oder sogar noch mehr – das Potenzial, zu eskalieren und uns alle zu bedrohen. Wir müssen entsprechend umsichtig sein. Unser Glück ist, dass der Westen von Joe Biden, Olaf Scholz und Emanuel Macron regiert wird – und nicht von Donald Trump, Armin Laschet oder Marine Le Pen.


5 Was im Übrigen auch wieder schön zeigt, wie sinnentleert dieser Begriff ist. Es ist eine reine Kampfvokabel ohne jeden Inhalt.

6 Bush Senior, wohlgemerkt. Der Mann ist seit 1991 im Amt; diese lebenslangen politischen Ernennungen sind einfach nur lächerlich. Und dieser Präsident wird mittlerweile von der GOP als Verräter gesehen! Man bekommt Albträume wenn man sich vorstellt, was die nächsten Jahrzehnte (!) mit den von Trump ernannten Richter*innen abgehen wird.

{ 53 comments… add one }
  • Thorsten Haupts 8. März 2022, 11:58

    Ich sehe keine Bewegung bei AfD und Republicans …

    Sie sind gerade ebenso in akuter Gefahr, in einem hermetisch abgeschotetten Weltbild zu verschwinden:

    https://www.economist.com/united-states/2022/03/05/the-end-of-the-putin-delusion

    Und das war anhand von Meinungsäusserungen führender Republikaner auch ohne diesen Artikel bereits deutlich erkennbar. Das muss langfristig nichts bedeuten, solange die akute Gefahr besteht, dass der nächste Präsidentschaftskandidat der GOP wieder Trump wird. Aber im Moment kehrt die GOP reumütig zu ihrem alten Feindbild zurück, scheinbar sogar die Meinungssendungen von FOX News.

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • derwaechter 8. März 2022, 12:33

    „Die merkwürdigen Allianzen dieser Haltung umfassen auch Alice Schwarzer, die in den vergangenen Jahren bei allen Streitfragen zuverlässig nach Rechts rückte, ob es um Geflüchtete, Transmenschen oder die Ukraine geht. “

    Bezüglich Russland bzw Ukraine kenne ich mich mit ihrer Position nicht so aus.
    Aber im Bezug auf Trans hat sie sich so weit ich das sehen kann überhaupt nicht bewegt und ihre Position von vor vielen Jahrzehnten bis heute ist nicht nach rechts gerückt.
    Wenn du mit „geflüchtete“ ihre Positionen zu Frauenfeindlichkeit im Islam meinst, ist es m.W. genauso.

    Was sich verschoben hat, sind die „linken“ Positionen.

    • Thorsten Haupts 8. März 2022, 15:58

      Ja. Ein guter Teil dessen, was heute unter progressiv-links läuft, von Kulturrelativismus über „cultural appropriation“ bis hin zur Israelfeindschaft (sprich Antisemitismus) wäre von vielen Linken, die ich in den späten achtzigern und frühen neunzigern kannte, entschieden abgelehnt worden.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Stefan Sasse 9. März 2022, 11:12

        Und umgekehrt würde vieles von damals heute abgelehnt, etwa das sehr entspannte Verhältnis zur Gewalt, das die 68er auszeichnet.

        • derwaechter 9. März 2022, 15:12

          Würde ich differenzieren. Gewaltfreien Protest wie Sitzblockaden oder so gab es früher auch viel und die überwiegende Mehrheit war gegen Gewalt, während gewalttätige Ausschreitungen (1. Mai, G 20 etc.) auch heute noch im Repertoire einer Minderheit der Linken sind.

          • Stefan Sasse 9. März 2022, 18:27

            Ich dachte wir reden von der breiten Linken, nicht ihren radikalen Ausläufern. Klar gibt es heute auch gwalttätige Idioten, aber es gibt ja auch diese ganzen Woke-Fanatiker. Nur stellen die halt nicht die Mehrheit.

          • derwaechter 9. März 2022, 18:39

            Tun wir. Die breite Linke hat auch 68 nicht Gewalt befürwortet. An der Gewaltfrage ist die Bewegung doch nicht zuletzt zerbrochen und die gewalttätigen Abspaltungen bis hin zur RAF waren eben nicht mehrheitsfähig.

            Und überhaupt sind „die 68er“, die du ins Spiel gebracht hast nicht sogar eher durch Ablehnung von Gewalt gekennzeichnet? Give Peace a Chance, Schwerter zu Pflugscharen, Wehrdienstverweigerung, Abrüstung, Friedensdemos usw. usf.?
            Zu behaupten ein entspanntes Verhältnis zur Gewalt sei für die kennzeichnend gewesen erscheint mir da kaum haltbar.

            • Thorsten Haupts 9. März 2022, 20:02

              … gewalttätigen Abspaltungen bis hin zur RAF waren eben nicht mehrheitsfähig.

              Nein, waren sie nicht. Aber die RAF hatte ca. 100 aktive Mörder in ihren Reihen, getragen, gedeckt und versorgt von ca. 1.000 aktiven, bewussten, Helfern und mit mehr als zehntausend Sympathisanten bis in die Reihen gehobenen Bürgertums (Professoren, Redakteure von Leitmedien etc.). Diese Zahlen erreichen wir heute weder beim terroristischen Islamismus noch bei Rechtsextremen auch nur annähernd.

              Give Peace a Chance, Schwerter zu Pflugscharen, Wehrdienstverweigerung, Abrüstung, Friedensdemos …

              Deren Höhepunkt waren die frühen achtziger – und da waren es mehrheitlich nicht mehr (Alt)-68er?

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • derwaechter 9. März 2022, 21:15

                Ich wollte da auch gar nichts beschönigen.

                Nur Gewalt als kennzeichnend für die 68er halte ich wie gesagt für falsch.

              • Stefan Sasse 10. März 2022, 11:19

                Ja, darauf bezog ich mich auch.

            • Stefan Sasse 10. März 2022, 11:17

              Give Peace a Chance sind die Hippies, Schwerter zu Pflugscharen ist die christliche Friedensbewegung. Ablehnung der Wehrpflicht – klar, du willst ja nicht dem „Schweinesystem“ dienen. Friedensdemos und Abrüstung sind Themen der 1980er Jahre.

              • Derwaechter 10. März 2022, 14:44

                Hippies sind doch 68.
                Klar hat das was ich da aufgelistet habe nicht alles 1968 angefangen und aufgehört 🙂
                Ich wollte damit nur zeigen, dass „Friedensbewegtheit“ im linken Spektrum die ganze Zeit sehr wichtig war.

    • Stefan Sasse 9. März 2022, 11:05

      „I didn’t leave the Democratic party, the Democratic party left me.“

  • cimourdain 8. März 2022, 13:21

    Donald Trump ist in das Lager der ‚militärisch eingreifen‘ Hardliner (‚Narrenreigen‘ bei Sasse) gewechselt (außer dass er nach eigener Aussage immer schon dort war). Und er hat einen brillanten Plan:
    https://www.theguardian.com/us-news/2022/mar/07/donald-trump-russia-ukraine-jets-chinese

  • Dobkeratops 8. März 2022, 13:26

    Danke für das Verlinken des Textes von Hennig-Wellsow. Ich hatte sie zwar immer als eine der Vernünftigeren in ihrer Partei wahrgenommen, bin von der dort gezeigten Klarheit der Selbstreflexion aber trotzdem angenehm überrascht. Was für ein Unterschied zur Krawallnudel Wagenknecht.

    Was Alice Schwarzer angeht, bin ich mittlerweile überzeugt davon, dass ihre Verortung im progressiven Lager auch früher schon ein Missverständnis war. Weil man einige Ziele teilte, wähnte man sich auf derselben Seite. Tatsächlich war sie vermutlich schon immer knallrechts und ihre Probleme mit herrschenden Machtstrukturen waren weniger grundsätzlicher Natur als vielmehr von dem Wunsch geleitet, sie zu ihren eigenen Gunsten verändern zu wollen.

  • Skythe 8. März 2022, 13:33

    „Die Abneigung gegen die Sowjetunion speiste sich aus derselben Quelle wie die Sympathie der Linken: sie war anti-klerikal, sie war anti-kapitalistisch, sie war anti-liberal, sie war anti-westlich.“

    Ernst gemeinte Frage: die deutschen Linken der 60-80er Jahre waren anti-liberal? Kannst du das ausführen?

    • Stefan Sasse 9. März 2022, 11:08

      Zentrale Elemente des Liberalismus lehnten sie ab: die Zentralität individueller Rechte, den Vorrang des Eigentums, den Parlamentarismus, und so weiter.

      • Skythe 10. März 2022, 12:29

        Du würdest die Rechte der gleichen Zeit aber nicht als liberal bezeichnen, oder?

        Müssten sie das nicht sein, wenn die Linke das Gegenteil war?

        • Stefan Sasse 10. März 2022, 13:27

          Ne, wieso? Die radikale Rechte und die radikale Linke waren sich in ihrer Ablehnung des Liberalismus stets einig.

  • Erwin Gabriel 8. März 2022, 13:59

    @ Stefan Sasse

    In dem Maße, in dem die politische Rechte ihre kulturelle Vorherrschaft schwinden sah, betrachtete sie Russland mit immer verklärterem Blick. Hier war ein Land, in dem Homosexualität offen verurteilt, ja kriminalisiert wurde, …

    Hier ist die Stelle in Deinem Kommentar, wo ich aufgehört habe, weiterzulesen.

    Wenn ich so rücksichtslos, aggressiv, verleumderisch plakativ über irgendeine beliebige Gruppe schreiben würde wie Du hier über „die Rechte“, wäre ich Linken-, Frauen-, Flüchtlings- oder Was-weiß-ich-Hasser. Das ist mir schlichtweg zu blöd und zu niveaulos.

    • Thorsten Haupts 8. März 2022, 14:52

      Lieber Erwin Gabriel, er meint „natürlich“ Rechtsradikale, kann das aber aus einer bei Linksliberalen erstaunlich weit verbreiteten Schreibschwäche nicht schreiben. Das Spiel kenne ich jetzt seit 40 Jahren, hab deshalb das Ärgern aufgegeben.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Erwin Gabriel 8. März 2022, 22:46

        @ Thorsten Haupts 8. März 2022, 14:52

        … hab deshalb das Ärgern aufgegeben.

        Ich nicht. Ist mir immer noch zu blöd und niveaulos.

  • sol1 8. März 2022, 15:23

    „Das gesamte evangelikale Spektrum etwa, das im Kalten Krieg zu den fanatischsten Gegnern der Sowjetunion gehört hatte, unterstützt jetzt genauso fanatisch Putin.“

    Das kann man nicht für das gesamte Spektrum behaupten, wie diese Meldung eine evangelikal orientieren Mediums zeigt:

    https://www.pro-medienmagazin.de/russlanddeutsche-koennen-fluechtlingen-helfen/

    Derweil ist die Propaganda der russisch-orthodoxen Kirche „over the top“:

    https://www.br.de/nachrichten/kultur/russischer-patriarch-schwulen-paraden-grund-fuer-ukraine-krieg,SzOShXa

    Das wird nicht ohne Folgen für die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchats bleiben, deren Oberhaupt sagt, dieser Krieg sei „Brudermord wie von Kain an Abel“.

  • Hias 8. März 2022, 23:28

    Hm, interessanter Text, allerdings habe ich so ein bisschen das Gefühl, dass er eher den Zustand kurz vor dem Einmarsch der russischen Truppen bezeichnet.

    Jetzt scheint mir da sehr viel Bewegung in der rechtsradikalen Szene. Es gibt ein Video, in dem z.B. Martin Sellner beweint, dass der Ukrainekrieg die rechtsextreme Szene spaltet, weil ein Teil weiterhin Putin stützt, während ein anderer Teil die mongolischen Horden vor Kiew stoppen will.
    Auch bei Fox News hatte ich die letzten Tage (bei kurzen Überblicken) eher das Gefühl, dass die zu ihrem alten Feindbild zurückkehren.
    Interessant wird auf alle Fälle die weitere Entwicklung in Ungarn, wo Orban ja eher Putin-freundlich unterwegs war, während ich die Bevölkerung da deutlich Russlandkritischer einstufen würde und in Frankreich aufgrund des Präsidentschaftswahlkampfs und der Putinfreundlichkeit nicht nur Le Pens, sondern scheinbar auch von Melenchon und Zemmour. Und, interessant wird es auch werden, wie sich die osteuropäischen Länder untereinander verhalten. Die Bedrohung durch Russland scheint ja die polnische Regierung deutlich höher einzuschätzen, so dass ein Aufweichen der Achse Ungarn-Polen auch möglich sein könnte, je länger der Krieg dauert.

    Wie festgeschweißt scheint dagegen weiterhin die Kombination mit der Anti-Impfbewegung und tatsächlich auch der Kern der AfD, der inzwischen tatsächlich nicht nur in seiner eigenen Welt, sondern sogar eigenen Dimension zu leben scheint.

    Es wird auf alle Fälle interessant zu sehen, wie sich das weiterhin im rechtsextremen Lager weiterentwickelt, insbesondere dann, wenn der Krieg noch länger dauern und schmutziger und blutiger werden wird.

    • Stefan Sasse 9. März 2022, 11:15

      Danke für die Einordnungen, aber mir ging es ja auch um die, die ihn bisher unterstützten. Dazu Disclaimer: ich hab an dem Artikel über eine Woche geschrieben, weil ich mit Covid darnieder liege, weswegen vieles schon wieder veraltet ist. Es bewegt sich ja so schnell…

      • CitizenK 9. März 2022, 18:52

        Get well soon.

        • Stefan Sasse 10. März 2022, 11:18

          No such luck. Tag 10 der Krankheit mittlerweile. 🙁

          • Thorsten Haupts 10. März 2022, 13:09

            Wünsche Ihnen trotzdem ein vergleichsweise milden Verlauf ohne Nachwirkungen. Viel Glück.

            • Stefan Sasse 10. März 2022, 13:31

              Danke. Milde ist er ja insofern, als dass ich nicht ins Krankenhaus muss oder so. Ich hoffe einfach mal, kein Long-Covid rauszuziehen.

      • Marc 10. März 2022, 13:32

        Gute Besserung und vor allem kein LongCovid.

  • cimourdain 9. März 2022, 00:00
  • Detlef Schulze 9. März 2022, 00:05

    Ihre beiden Rants sind nicht sehr stringent. Sie schreiben über Putins Wasserträger ganz links und ganz rechts, aber Ihre Beispiele ziehen sich durchs gesamte politsche Spektrum (Laschet, Kubicki, Stegner …). Es ist sicher richtig, dass sowohl der Antiamerikanismus, als auch eine grundsätzliche Systemkritik, die radikalen Linken und Rechten verbindet und sie daher Putin als Verbündeten sehen. Es gibt aber auch andere Faktoren, die in den beiden Artikeln nicht zur Sprache kamen.

    Ein Faktor ist z.B. die Deutsch-Sowjetische Freundschaft, die in der DDR nicht nur gepredigt sondern auch gelebt wurde. Es gab einen regen Schüler-, Studenten- und Arbeits-Austausch und grundsätzlich eine viele engere Verbindung zwischen den Ländern. Auch heute gibt es (gab es bis jetzt) z.B. viel mehr Kooperationen mit Russland an Universitäten und Firmen in den neuen Bundesländern als in den alten Bundesländern. Daher sind die Ossis im Mittel und über Parteiengrenzen hinweg eher Russland-freundlich eingestellt, im Vergleich zu den Wessis. Natürlich unterscheiden diese Leute zwischen dem russischen Volk und Putin. Wenn man aber erstmal grundsätzlich eine positive Einstellung zu einem Land hat, dann ist man schonmal viel weniger kritisch eingestellt, als zu einem Land, über das man nur in der Zeitung liest. Ich kenne Leute (Ossis) die waren vom Angriff auf die Ukraine regelrecht geschockt, weil sie sowas Putin nicht zugtraut hatten.

    Putin hat ebenfalls viele Anhänger unter den Deutschen, die aus Russland vor allem in den 90er Jahren eingewandert sind (Russlanddeutsche). Diese Einwandere haben durch ihre Biographie ein enges Verhältnis zu Russland, sind ausserdem oft konservativ (Religion, Familie, Tradition) und stehen daher der häufig der AfD nahe.

    Und dann gibt es ja auch wirtschaftliche Aspekte, die bei Politikern eine Rolle spielen. Soll man Handel nur mit liberalen westlichen Demokratien treiben? Dann bleibt nicht viel übrig zum Handeln und die moralische Latte für deutsche Handelspartner lag ja auch noch nie sehr hoch. Fakt ist, dass die Krim 2014 völkerrechtswidrig aber aber auch gewaltlos annektiert wurde. Harte Wirtschaftssanktionen hätte man damals nur schlecht begründen können, hat man doch zur selben Zeit militärische Geräte nach Saudi-Arabien verkauft, so gar dann noch als Luftangriffe im Jemen geflogen wurden. Aus heutiger Sicht war das ein Fehler, aber hinterher ist man ja immer schlauer.

    • Stefan Sasse 9. März 2022, 11:17

      Ja, eine gewisse strukturelle Schwäche muss ich dem Ding leider unterstellen lassen. Ich will da auch keine Gleichwertigkeit herstellen.

      Mein Wissensstand ist – ich bin aber kein Experte – dass die DSF gerne behauptet, aber nicht wirklich gelebt wurde. Schon allein, weil die UdSSR an einem echten Austausch kein Interesse hatte, weil der Lebensstandard in der DDR so viel höher war als in der SU.

      Leben die Russlanddeutschen vorrangig in Ostdeutschland und wenn ja warum?

      Sehr gute Fragen, auf die ich keine Antwort habe.

      • Detlef Schulze 9. März 2022, 13:52

        @Sasse
        Mein Wissensstand ist – ich bin aber kein Experte – dass die DSF gerne behauptet, aber nicht wirklich gelebt wurde.

        Naja, was heisst schon „wirklich gelebt“? Aber die Verbindung war mindestens aehnlich wie zwischen der BRD und der USA, auf vielen Gebieten wahrscheinlich enger.

        Leben die Russlanddeutschen vorrangig in Ostdeutschland und wenn ja warum?
        Glaub ich nicht, aber das sollte ein anderer Punkt sein, unabhaengig von den Ossis.

        • Stefan Sasse 9. März 2022, 18:25

          Ehrlich gesagt glaube ich das nicht, weil die Gefühle der DDR für die SU nicht so warm waren wie die der BRD für die USA. Hier in der BRD gab und gibt es zahlreiche übereugte Transatlantiker, während die DDR-Politiker selbst auch keine brüderlichen Gefühle für die SU hatten…

          • Detlef Schulze 9. März 2022, 22:27

            Keine brüderlichen Gefühle? Dude! Die haben sich auf den Mund geküsst 😉

    • Thorsten Haupts 9. März 2022, 13:07

      Dann bleibt nicht viel übrig zum Handeln …

      Ja. Globalisierung, freier Handel und eine wirklich ernsthaft wertebasierte Aussenpolitik schliessen sich gegenseitig aus. Man kann nur eines von beidem haben.

      Gruss,
      Thorsten Haupts

      • Detlef Schulze 9. März 2022, 14:00

        Man kann nur eines von beidem haben.

        Ich finde es schon ok, wenn man da pragmatische Politik betreibt und Kompromisse eingeht.

        • Thorsten Haupts 9. März 2022, 15:58

          Ich auch, aber ich wäre auch nicht so kreuzdämlich, eine wertebasierte Aussenpolitik auch nur zu versuchen. Man kann bestenfalls versuchen, das Böse a weng einzudämmen, that´s it.

          Gruss,
          Thorsten Haupts.

  • Derwaechter 9. März 2022, 18:57

    Kann es sein, dass es im Moment ewig dauert bis Kommentare sichtbar werden. Oder mache ich was falsch?

    • Stefan Sasse 10. März 2022, 11:18

      Seit dem Serverwechsel 🙁 Keine ahnung, woran das liegt

      • Marc 10. März 2022, 13:37

        Der Webserver sendet eine expire date für die Seite mit einem Offset von ca. 2,5 Stunden. D.h die Seite wird 2,5 Stunden aus dem Browser-Cache geladen, bevor sie erneut vom Server geladen wird. Erst dann erscheinen neue Kommentare. Meiner Meinung nach kann der Offset für das expire date der Seite bei 10-30 Minuten liegen.
        Die Einstellung kann von einem Wordpress Plugin kommen oder vom Webserver direkt.

  • Thorsten Haupts 10. März 2022, 20:59

    Wer einen twitter account hat oder Nitter/Alter o.ä. einsetzt, für den gibt es bei dem folgenden twitter Handle den bisher bestenÜberblick über die militärische Lage in der Ukraine, den ich bisher irgendwo gesehen habe. Täglich aktualisiert:

    @JominiW

    Gruss,
    Thorsten Haupts

    • Stefan Sasse 11. März 2022, 10:49

      Danke. Bist du eigentlich auch auf Twitter?

      • Thorsten Haupts 11. März 2022, 12:36

        Nein. Ich käme sonst zu nix mehr :-).

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