Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die „Fundstücke“ werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die „Resterampe“, in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann.
Fundstücke
1) Das 100-Milliarden-Euro-Risiko der Bundeswehr
Vor allem an moderner und militärisch schlagfertiger Ausrüstung fehlt es, die Truppe ist ein Sanierungsfall. Zweitens haben auch die Steigerungen des Wehretats seit dem ersten Ukrainekrieg 2014 die Missstände nicht ausreichend beheben können. Denn die Mittel kamen kurzfristig mit dem jährlichen Haushalt und waren in ihrer Höhe unvorhersehbar. Damit lassen sich keine langfristigen Projekte solide finanzieren. Und drittens zeigten die Haushaltsvoraussagen der Bundesregierung zumeist Senkungen oder einen konstanten, aber keinen steigenden Haushalt in den Folgejahren an. Unter diesen Bedingungen konnte die Bundeswehr nur hier und da instand setzen, sich aber keinesfalls sanieren. Das Paket ermöglicht es der Bundeswehr nun, auf einen Schlag viele Löcher zu stopfen, Bestellungen zu vergrößern und Vorhaben zu beginnen, die bislang das Portemonnaie nicht hergab. […] Es gibt zwei Entwicklungen, die der Streckung entgegenwirken: Rüstungsindustrie und Lobbyisten machen Druck, das Geld schnell auszugeben. Und auch die Bundesregierung selbst will das „Sondervermögen“ rasch investieren, damit sie nicht in dieser Legislaturperiode die Schuldenbremse einhalten kann. Denn die 100 Milliarden Euro werden nicht auf die Staatsschulden angerechnet. Wie dann die nächste Bundesregierung ab 2025 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Verteidigungshaushalt ausgeben will, so wie es sich NATO-Staaten gegenseitig versprochen haben und gleichzeitig die Schuldenbremse einhalten soll? Das ist dann ihr Problem. Dabei verbietet es sich sicherheitspolitisch, nur bis zur nächsten Wahl zu denken. Mit dieser Herangehensweise würde die historische Zeitenwende von Kanzler Scholz schon aus der Kurve geworfen. Die Bundesregierung dürfte in dem Fall am Ende der Legislatur mit einer Reihe überteuerter und teils nur halbfertiger Rüstungsprojekte dastehen. In den bisherigen Bedarfslisten der Bundeswehr finden sich nahezu keine strategischen Projekte, die sich über einen kurzfristigen Geldsegen realisieren ließen. (Christian Mölling/Torben Schütz, FAZ)
Ich hab ein ähnliches Problem aus eigener Erfahrung miterlebt. Als die Pandemie die katastrophale Lage der digitalen Infrastruktur an Schulen schonungslos offenlegte, verabschiedete der Bundestag den „Digitalpakt“, mit dem Schulen Gelder für Digitalisierung beantragen konnten. Diese Gelder waren an ein riesiges bürokratisches Buhai gebunden, das an den Schulen gewaltige Ressourcen an Arbeitszeit in Anspruch nahm (jede Schule musste einen eigenen „Medienentwicklungsplan“ erstellen, der am Ende doch bei jeder Schule praktisch gleich aussah, weil, oh Wunder, halt überall dasselbe fehlte, nämlich alles) und das Ganze ewig verzögerte. Dazu waren die Gelder zweckgebunden, durften also für bestimmte Dinge nicht verwendet werden. Überrascht wen, dass sie vor allem für die am dringendsten benötigten Dinge nicht verwendbar waren? So dauerte es ewig, bis die Gelder abgerufen und genutzt wurden.
Gleichzeitig ist auch dieses Tanzen um das Goldene Kalb der Schuldenbremse wieder typisch deutsch. Es wird noch sehr lange brauchen, bis endlich politisch eingestanden wird, was für eine riesige politische Eselei das Ding war, aber ich bin zuversichtlich, dass man auch weiterhin Wege darum herum finden wird. In die gleiche Kerbe schlägt auch der Mangel an strategischen Projekten: woher sollen die denn auch kommen? Bisher haben alle Planenden bei der Bundeswehr, genauso wie im Schulbereich, damit rechnen müssen, das kein Geld da ist und auch nicht da sein wird und man nur den Mangel verwalten kann. Natürlich gibt es da jetzt keine fertigen Pläne in der Schublade, weder für die Digitalisierung der Schulen (oder, Gott behüte, saubere Toiletten) oder dafür, eine Armee mit 250.000 tatsächlichen einsatzfähigen Soldat*innen zu haben.
Man muss nicht lange im Internet wühlen, um Beispiele zu finden, wie die Ukrainerinnen, die jetzt nach Deutschland kommen, von Rassisten fetischisiert werden. Es gibt zahlreiche Tweets, in denen Männer erklären, sie würden gern »zwei junge blonde und fesche Ukrainerinnen« aufnehmen (»lieber als ein Afghane«), »endlich kann man hübsche Ukrainerinnen daten«. Männer schreiben: »Ich werde mir eine blonde Ukrainerin angeln« oder »hab Platz für ein paar Ukrainerinnen (Lach-Emoji)«, andere antworten: »Du Schlingel (Lach-Emoji)«. Es gibt einen Videoausschnitt, in dem man sieht, wie junge Frauen mit langen, glatten Haaren und sexy Partykleidern aus einem Fahrzeug steigen, jemand hat darauf den Text montiert: »Erste ukrainische Flüchtlinge in München angekommen.« Wenn Sie »deutsche Frauen« googeln, dann bekommen Sie als erste Ergebnisse: die deutsche Fußballnationalmannschaft, den deutschen Frauenrat, journalistische Beiträge über Emanzipation. Wenn Sie »ukrainische Frauen« googeln (und als Suchoption »bis 2021« eingeben, um die Ergebnisse vor dem Krieg zu sehen), finden Sie Texte über Armut und Zwangsprostitution. Wenn Sie »slawische Frauen« googeln, finden Sie Seiten von Heiratsvermittlungen und Texte über Schönheit. Und auf diese ohnehin schon bestehende Fetischisierung kommt der Krieg jetzt noch obendrauf. Kriege bringen die hässlichsten Seiten veralteter Männlichkeitsbilder ganz besonders zum Vorschein. (Margarete Stokowski, SpiegelOnline)
Das Faszinierende am Internet ist, dass man diesen ganzen ekligen Scheiß, den es natürlich schon immer (und früher noch viel mehr als heute) gab, inzwischen offen sieht. Es ist nicht überraschend, dass Leute so etwas sagen. In vielen (glücklicherweise immer weniger) Milieus gelten solche Sprüche immer noch als Marker von Männlichkeit, und ich würde bei den meisten annehmen, dass wenig dahinter steckt als ein ekliger Sinn für Humor. Das ist die Marke von „Wenn die Frau im Wohnzimmer ist war die Kette zu kurz“-Witzen. Ich denke, dass das überhaupt thematisiert werden kann und Empörung hervorruft ist ein sehr gutes Zeichen, einmal mehr das von el-Mafalaani erklärte Integrationsparadox: es ist gerade, dass wir solche Fortschritte auf dem Gebiet gemacht haben, dass das jetzt überhaupt sichtbar ist und dass es dann öffentliche Abwehrreaktionen gibt, die ja quasi eine gesellschaftliche Hygiene darstellen.
3) Die Spritpreisbremse ist ein populistischer Unsinn
Doch die dramatische Lage in der Ukraine mit allen ihren Verwerfungen für die Energiemärkte gebietet es, besser durchdachte Lösungen zu erarbeiten. Es muss mehr sein als ein populistischer Schnellschuss, der wohl auch noch gar nicht durchfinanziert zu sein scheint, selbst wenn er vom Bundesfinanzminister kommt. Erleichterungen bei den Spritpreisen müssen zunächst einmal so gestaltet sein, dass sie dem Effizienzgedanken dienen […] Wer die Preisspitzen mit Staatsmitteln kappt, belohnt vor allem diejenigen, die viel Sprit verbrauchen. Und das sind ausgerechnet jene, die große Autos fahren und es sich leisten könnten, mehr zu zahlen. Ähnlich unspezifisch würde im Übrigen eine Mehrwertsteuersenkung auf Kraftstoffe wirken, wie sie unter anderem von der Union gefordert wird. Deshalb muss der Staat diejenigen kompensieren, die am stärksten betroffen sind. Gezielte Hilfen statt Gießkannen-Prinzip. […] Die Zeiten sind für solche Versuchungen zu gefährlich. Die Menschen in Deutschland haben jetzt Ehrlichkeit verdient, und die schließt ein, dass die Regierenden ihnen schonungslos erklären, dass es Zumutungen geben wird. Nicht für alles kann der Staat die Bürgerinnen und Bürger kompensieren. (Gerald Traufetter, SpiegelOnline)
Der Tankstellensozialismus der FDP kommt nicht sonderlich überraschend, auch nicht, dass Lars Feld hat zusammen mit Lindner spontan seine Meinung geändert hat. Die FDP ist nicht blöd; die erkennt einen Wahlschlager, wenn sie ihn sieht. Der überwältigende Gegenwind aus allen Richtungen (ich glaube, das ist auch das erste Mal, dass ich mit Clemens Fuest, dem Chef des ifo-Instituts, einig bin), von links bis rechts, tut dem keinen Abbruch. Ja, die Spritpreisbremse schlägt allem ins Gesicht, für was Union und FDP angeblich immer waren, natürlich ist sie fiskalisch unverantwortlich, natürlich ist sie ökonomisch total sinnlos, aber verdammt, ist sie nicht politisch echt wirksam? Ich könnte mich endlos darüber aufregen und genauso endlos darüber amüsieren. Aber am Ende des Tages ist das eben deutsche Politik, und diese Mechanismen gelten für alle Parteien.
Das eigentliche Problem berühren sie natürlich überhaupt nicht. Da wäre einerseits der Profit der Energiekonzerne, an die man sich natürlich nicht rantraut. Letzthin stolperte ich über die Formulierung, es „besteht der Verdacht einer Absprache der Mineralölkonzerne“, und da musste ich wirklich herzlich lachen. Deren Kartell ist seit Jahrzehnten anerkanntes Fakt, aber im Autoland Deutschland war es noch immer leichter, die Benzinpopulismuskeule rauszuheulen und à la Tobias Hans auf den Staat einzuschlagen, der sich „bereichern“ würde, anstatt auf die wahlspendenden Konzerne.
Und das wäre das Dritte: Die Kosten der Spritpreisbremse, wie sie Tobias Hans vorschlägt, betragen rund 33,5 Milliarden. Kostenloser ÖPVN in ganz Deutschland, eine „völlig unbezahlbare Utopie“, kostet 13,3 Milliarden. Wir sehen genauso wie beim Sondervermögen für die Bundeswehr, dass es keine Frage des Geldes ist. FDP und CDU haben kein Problem, mit einem Wimpernschlag Milliarden öffentlicher Gelder in Schulden für ökonomisch komplett unsinnige Investitionen zu verbrennen, wenn es ihren Interessen dient. Dass das für den Klimaschutz, für die hohen Mieten, für Obdachlose oder die vielen anderen Probleme nicht möglich sein soll, ist einfach nur lächerlich.
4) The end of the end of history: what have we learned so far?
1. Power of oligarchy. The power of oligarchy when it encounters le raison d’état is limited. We tended to believe that Russia, being an oligarchic capitalist economy, is also one where the rich decisively influence policy. Perhaps that in many everyday decisions that is the case. […] Nor did all the buying of influence by the rich Russians among the Tories in the UK or both political parties in the US matter. Neither did the “sanctity of private property” on which the United States was created (and which so much attracted the oligarchs to move their stolen wealth there in the first place). The US proceeded to probably the largest inter-state transfer of wealth in history. It is the equivalent of Henry VIII’s seizure of church lands. While we have seen such gigantic confiscations within countries (the French and Russian revolutions) we have never seen it, in one fell swoop, in 24 hours, between the countries. […] 2. Financial fragmentation. The corollary of this point is that extremely rich people are no longer safe from political forces—even if they change citizenship, contribute to political campaigns, or dedicate a wing of a museum. They can fall victim to geopolitics they do not control and which are much beyond their remit—and at times beyond their understanding. […] 3. The end of the end of history. […] The current war displays to us that the complexity of the world, its cultural and historical “baggage”, is great and that the idea that one type of system will eventually be embraced by all is a delusion. It is a delusion whose consequences are bloody. To have peace, we need to learn to live while accepting differences. These differences are not trivial differences that go under the current title of being open to variety, in way we dress, in our sexual preferences or the food we eat. The differences we need to accept, and to live with, are much more fundamental and they relate to the way societies function, what they believe in, and what they think is the source of legitimacy of their governments. (Branko Milanovic)
Milanovic bringt hier sehr interessante Punkte auf. Ich habe diese Argumentation schon immer vertreten und fühle mich da jetzt durchaus als bestätigter Hipster und werfe mich in „told you so„-Pose: die Nicht-Besteuerung multinationaler Konzerne, die Nicht-Regelung multinationaler Kapitalflüsse, die Nicht-Besteuerung international tätiger Superreicher, das war schon immer eine Wahl, kein Naturgesetz. Die Leichtigkeit, mit der man an die Vermögen der russischen Oligarchen, an die Gelder der russischen Banken und an unerwünschte Zahlungsflüsse herankam, straft alle Ausreden der vergangenen 30 Jahre darüber, wie die Globalisierung das angeblich unmöglich mache, Lügen.
Wesentlich beunruhigender, und hier bin ich wahrlich nicht im „ich hab es immer gewusst“-Camp, ist Punkt 3. Ich spüre intellektuelle Schmerzen dabei, dass offensichtlich die Kräfte des Liberalismus und der regelbasierten Weltordnung nicht nur an ihre Grenzen geraden, sondern massiv unter Gefahr geraten sind. Die Antwort kann meines Erachtens aber nicht lauten, dass man sie einfach auch aufgibt und in eine „dog eats dog„-Welt übergeht. Dazu aber weiter unten in Fundstück 5 und 7 mehr.
5) Die Irrtümer der China-Politik
Deutschland war über viele Jahre hinweg Exportweltmeister in einer offenen Weltwirtschaft, und so verwundert es nicht, dass mit den „deutschen Interessen“ vor allem deutsche Exportinteressen gemeint waren und werden. Sie gelten ganz im Stile der europäischen Kabinettspolitik des 19. Jahrhunderts als die Domäne eines harten außenpolitischen Realismus, während Werte wie Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte als eine Form von minderem, nachrangigem Idealismus abgetan werden. Welch ein Irrtum! Deutschland gehört zu den großen Profiteuren des Aufstiegs Chinas zur Weltmacht. Die Dekade der Angela Merkel wurde von den immerwährenden Exporterfolgen der deutschen Wirtschaft vor allem Richtung China überstrahlt. Nicht außenpolitischer Realismus, sondern industrie- und außenpolitische Blindheit haben diese Zeit geprägt. Heute wachen Deutschland und Europa in einer Wirklichkeit auf, in der wesentliche Teile der deutschen Industrie unter dem Primat der Interessen in eine gefährliche Abhängigkeit von dem Riesenmarkt China geraten sind. China setzt den Marktzugang zu seinem gewaltigen Binnenmarkt ganz gezielt als geopolitisches Druckmittel ein, so wie jüngst mit Australien geschehen. […] In der Welt von morgen, ohne allgemeinverbindliche Regeln für den freien Handel, wird es sehr viel mehr auf die innere Balance von Werten und Interessen, auf die normative Stabilität dieser Balance ankommen, als in den Jahrzehnten davor. (Joschka Fischer, Tagesspiegel)
Wir sehen an diesem Beispiel einmal mehr, dass die „wertbasierte Außenpolitik“, wie sie von den Grünen und vor allem Annalena Baerbock vertreten wird, in vielem sehr viel realistischer ist als ihr das Kritiker*innen gerne vorwerfen. Wir sind darauf angewiesen, dass Außenpolitik wertebasiert ist. Der Liberalismus, der lange aus ideologischen Gründen nicht als Wert, sondern als Naturgesetz begriffen wurde, ist das Fundament unseres Handelns. Die deutsche Exportwirtschaft funktioniert nur, weil sie innerhalb einer wertebasierten Ordnung stattfindet. Je mehr Länder sich dieser Werteordnung entziehen – Russland und China vorne dran, aber auch Polen oder Ungarn – desto größer ist der Schaden für Deutschland.
Es ist daher nicht eine Wendung in eine unrealistische, idealistische Außenpolitik, wenn Baerbock eine wertebasierte Außenpolitik einfordert. Es ist eine Wendung zum Realismus, ein Anerkennen, dass wir von der Einhaltung dieser Werte abhängen. Die bisherige Vorstellung, dass wir quasi ganz wertneutral einfach ohne jeden Interessenskonflikt jenseits Angebot und Nachfrage durch die Welt kommen würden, DAS war die idealistische, unrealistische Verblendung.
Die Erbschaftsteuer trifft bundesweit alle gleichermaßen, doch am Ausnahmemarkt München fluchen sie besonders darüber. Seit die Preise in der Stadt explodiert sind, ist der Übergang von Immobilienvermögen von einer Generation auf die nächste beim Eigentümerverband Haus und Grund in München das vorherrschende Thema. Nach Ansicht des Verbandsvorsitzenden Rudolf Stürzer liegt das größte Problem darin, dass die Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer in ganz Deutschland gleich und seit zwölf Jahren unverändert sind, die Immobilienwerte sich in der Republik aber vollkommen auseinanderentwickelt haben. Für Kinder der Verstorbenen liegt der Freibetrag zum Beispiel bei 400.000 Euro. „Schon für ein Reihenhaus in München kann Erbschaftsteuer in sechsstelliger Höhe anfallen. Für ein klassisches Mietshaus in Millionenhöhe“, sagt Stürzer. Nicht nur der Verband der Immobilieneigentümer schlägt Alarm angesichts der vermeintlich armen steinreichen Erben. „Brandheiß“ nennt der auf Erbschaftsfragen spezialisierte Anwalt Stephan Lang die Situation. In den vergangenen fünf Jahren habe sich die Zahl der Fälle in seiner Kanzlei verdreifacht, sagt er. Doch Lang will gar nicht über Einzelschicksale reden. „Die sind zwar bedauerlich, für viele hängt Herzblut am Erbe“, sagt er. Vielmehr gehe es um größere, wohnungspolitische Fragen und um Steuergerechtigkeit. Das verstünden bisher zu wenige, wettert er. […] Die Eigentümerlobbyisten warnen: Durch die Erbschaftsteuer würden kleinere Vermieter vom Wohnungsmarkt der Stadt verdrängt. Denn deren Häuser kaufen ausschließlich professionelle Investoren auf. Eine andere Käufergruppe kommt bei den zu Höchstpreisen gehandelten Objekten gar nicht mehr zum Zug. „In der Folge passiert genau das Gegenteil dessen, was jede Stadtverwaltung sich wünscht: Das Haus wird entmietet, luxussaniert, und den Rest kann man sich an fünf Fingern abzählen“, schlussfolgert Lang. (Judith Lembke/Birgit Ochs, FAZ)
Diese ganze Situation ist völlig absurd. Da erben Leute Millionenwerte und das reicht nicht, um diese Millionenwerte zu bewohnen, weil eine über Jahrzehnte völlig fehlgeleitete Immobilienpolitik für Mondpreise gesorgt hat. Ich verstehe völlig, wie schmerzhaft es sein muss, das Häuschen von Oma verkaufen zu müssen, weil man die Erbschaftssteuer nicht zahlen kann. Aber was für ein Luxusproblem ist das! Und wie wenig ist es die Aufgabe des Staates, dieses Problem verteilungspolitisch anzugehen! Jeden Tag verlieren tausende von Menschen ihre Bleibe, weil sie wegen der Gentrifizierung aus ihren Wohnungen gedrängt werden, und die Politikoder verrennt sich in Mietendeckel und andere wenig geeignete Mechaniken (SPD, Grüne, LINKE in Berlin) oder tut nichts (Rest der Parteien und der Republik).
Und natürlich haben Ochs und Lembke Recht, wenn sie sagen, dass auf die Art das Ganze nur noch schlimmer wird, weil die Immobilienspekulanten so das Zeug aufkaufen, das die Familien wegen der hohen Kosten nicht halten können, und die Preise weitertreiben und die Wohnungsnot in den Städten verschärfen. Aber die Antwort kann doch nicht Umverteilungspolitik für ein paar hundert reiche Erb*innen sein, während zehntausende unter steigenden Mieten ächzen und die Politik nichts als Sonntagsreden entweder an die alles regelnde Macht des Marktes, das Übel des Kapitalismus oder Aufrufe an die soziale Gerechtigkeit hat. Wo Politik sein sollte, ist einfach nur ein gähnendes Loch.
Behrends: Die deutsche Gesellschaft allgemein und eben auch die SPD haben keinen emphatischen Freiheitsbegriff, wie ihn Polen und Briten, Amerikaner und nun auch Ukrainer kennen. Sie tauschen Freiheit gern gegen Sicherheit, zuweilen gegen Bequemlichkeit aus wie zuletzt in der Ära Merkel. […]
WELT: Viele in der SPD sagen nun nach dem Überfall auf die Ukraine, sie seien von Putin belogen und getäuscht worden. Halten Sie das für glaubwürdig?
Behrends: In der SPD gab es in den letzten Jahrzehnten eine intellektuelle Entleerung, und es machte sich ein Funktionärstypus breit, der sich sein Weltbild nicht von der Wirklichkeit eintrüben lassen will. Diese Leute sind vielleicht von Putin tatsächlich überrascht worden, ich habe da keinen Zugang. Sie wollten es auch nie genau wissen.
Hinzu kommt, dass deutsche Außenpolitik schon vor 2014 in Russland nicht so genau hinsah, etwa bei der Barbarei der Tschetschenien-Kriege. Es gibt eine längere Tradition des Ignorierens – und umso mehr Überraschung, wenn das Ausblenden nicht mehr funktioniert und wir feststellen müssen, dass es mit Putin keine Einigung geben kann.
WELT: Warum keine Einigung?
Behrends: Weil es sich um einen Wertkonflikt handelt, den man nicht im Dialog auflösen kann. Putin will in Osteuropa eine russische Einflusssphäre errichten, in der Staaten nur begrenzt souverän sind. Er will Amerika aus Europa zurückdrängen.
Wir im Westen hingegen sind aufgerufen, die Ordnung von 1989 zu verteidigen, die darauf beruht, dass alle Staaten gleich souverän sind, Lettland und die Ukraine nicht weniger als Russland. Zwischen dem Westen und Russland herrschen nicht Missverständnisse, die wir vertrauensvoll ausräumen könnten, sondern fundamentale Gegensätze im Verständnis nationaler Souveränität und europäischer Sicherheit. (Matthias Kamann, Welt)
Inhaltlich bin ich voll bei Behrends, aber der Vorwurf mit dem „leeren Funktionstypen“ ist mir zu platt. „Leere Funktionstypen“ sind immer die anderen, während die Leute der eigenen Seite voll aufrichtigen Werten und Tatendrang, Pragmatismus und übersprühend vor intellektuellem Elan sind. Das ist eine ad-hominem-Attacke, die dem eigentlichen Argument schadet. Und das ist ja völlig korrekt. Die SPD steht vor dem Scherbenhaufen von fünf Jahrzehnten verkorkster Außenpolitik. Das wird bisher kaum so wahrgenommen, auch weil Olaf Scholz es mit beeindruckendem Merkelismus schafft, einfach die SPD von vor 2021 von der jetzt regierenden SPD zu trennen. Warum alle auf den gleichen Trick reinfallen, mit dem Merkel 16 Jahre durchkam, ist mir schleierhaft, aber das ist eben auch der Stand des deutschen Journalismus‘ und der öffentlichen Debatte.
In Deutschland lieben wir den diskursiven Nebel. Vier Talkshows bieten uns die Öffentlich-Rechtlichen regelmäßig, alle haben fast zwei Jahre lang ausschließlich die pandemische Lage beackert. Natürlich kann man sagen, das lag an der historischen Herausforderung, es lag aber auch daran, dass es der deutschen politischen Diskurskultur entspricht, das Klein-Klein aufzublasen, so zu tun, als verstehe man in den Redaktionen den armen Michel oder die Luise in Bottrop; ich weiß nicht, wie man diese Kunstfiguren des mittelmäßigen Verstehens im Journalismus sonst noch nennt. Diese Vorstellung, dass die Bürgerinnen und Bürger im Durchschnitt eben nicht in der Lage wären, strukturelle Fragen in den Blick zu nehmen, Verbindungen zu ziehen und so nach Schaltstellen zu suchen, an denen man Größeres bewegen könnte. Dieses beharrliche Unterschätzen der demokratischen Öffentlichkeit, tausend Nostalgiesendungen wurden in den letzten zwei Jahren produziert, man will uns ja Ablenkung schenken, daher auch die Behauptung: Der erneute Angriff auf die Ukraine kam „plötzlich“ und „unerwartet“. Wer hätte das ahnen können, fragen jetzt einige, als müsste man sich freisprechen. All das, was Putin jetzt tut, kam mit Ansage. Wir müssen anfangen, das kollektive Wegsehen aufzuarbeiten. Die Ermüdung, wenn es um die komplexen politischen Fragen der Welt geht, die Hintergrundinformationen verlangen. Es fehlen Formate, die große politische Themen auf eine Art präsentieren, dass sie zu breiten gesellschaftlichen Debatten werden. Die „Talkshows“ sollten ergänzt werden durch wirkliche Gesprächsformate – ohne Politiker in der Runde, die sowieso nur das wiederholen, was sie schon in ihren Nachrichtenstatements abgegeben haben. (Jagoda Marinic, taz)
Ich sage das seit Jahren. Die Talkshows sind reine Unterhaltungsveranstaltungen, es Politzirkus, in dem Leute sich als Clowns betätigen – oder bestenfalls als Hofnarren, denen erlaubt ist, die Wahrheit zu sagen, weil niemand sie ernst nimmt. Aber ich will an der Stelle gar nicht weiter meckern, sondern sagen, was ich mir wünschen würde. Mein Format wäre erstens: Politiker*innen treffen nicht aufeinander. Da kommt nur ein Phrasendreschen bei raus. Zweitens: Politiker*innen werden von interessierten und neugierigen Journalist*innen befragt (mein Goldstandard ist das Interview von Gaus mit Dutschke), statt von solchen, die nur versuchen, sie in die Pfanne zu hauen. Und die Antworten werden dann auch nicht genutzt, um sie in die Pfanne zu hauen. Drittens: das Ziel muss sein, das am Ende ein Erkenntnisgewinn da ist. Ich will die Leute verstehen. Wenn man jemanden wie zum Beispiel Kubicki interviewt, dann tut das doch bitte, um seine Haltung zu verstehen, nicht um Krawall zu kriegen. Dass Kubickis ganze politische Existenz nur dem Krawall dient, ist ja den Anreizen geschuldet und nicht einer charakterlichen Fehlstellung bei ihm (hoffe ich zumindest).
Ein Beispiel: man denke zurück an Anfang 2021, als Kevin Kühnert für einen Skandal sorgte, weil er die Möglichkeit der Kollektivierung von BMW ins Spiel brachte. Statt sofort Denkverbote auszurufen und zu versuchen, Kühnert zu canceln (man merkt wie doof die Begriffe sind, wenn man sie mal in ungewohntem Kontext bringt, nicht?), hätte man mit ihm darüber sprechen können, was er sich da eigentlich genau vorstellt. Wirklich interessiert nachfragen und die Tiefe diskutieren. Die Chance ist nicht schlecht, dass sich das dann als heiße Luft entpuppt hätte. Das hätte Kühnert mehr geschadet – und den Kräften des Liberalismus mehr geholfen – als das „Skandal!“-Gebrülle und der „Gotcha!“-Triumphalismus, der stattdessen rauskam. Es ließen sich solche Beispiele im Dutzend billiger für jede Partei finden.
Lafontaine scheiterte an Gerhard Schröder, den er nicht ganz ernst nahm, dem er sich überlegen fühlte. Lafontaine, nicht Schröder, war der Liebling der deutschen Linken in den Anfängen der Ökologiebewegung und auch der Medien, dem „Spiegel“ vornweg. Auch deshalb bewunderte der Gerd den Oskar, von dem er sich einiges abschaute. Und dann schaltete der Gerd den Oskar aus. Der Gerd wurde Kanzler und der Oskar sein Finanzminister. Das hielt der Oskar nicht aus und schon gar nicht durch. Am 11. März 1999 schmiss er hin, zog sich ins Saarland zurück. Ein Schock, nicht nur für die Regierung, sondern für das ganze Land. Und das passierte der Sozialdemokratie, in der sich Größere wie Brandt/Schmidt/Wehner miteinander arrangiert hatten und Solidarität ein Leitbegriff war, eher zu viel gebraucht als zu wenig. Für Lafontaine gilt der Satz: Die wenigsten Menschen scheitern an ihrer Intelligenz, sie scheitern an ihrem Charakter. Andere traten vor ihm aus politischen Gründen von ihren Ämtern zurück, zum Beispiel Willy Brandt. Lafontaine aber genießt bis heute das Privileg, dass er hinwarf und nicht mehr gesehen ward. Von da an ging es mit ihm bergab. Ein Rechthaber war er immer gewesen und wurde es jetzt umso mehr. Die Linke war für ihn das Instrument, die SPD kleinzumachen, sie aus der Regierung zu hebeln und ihr irgendwann die Bedingungen fürs Regieren zu diktieren. Eine Zeit lang ging es ja auch gut. Die Linke wuchs, im Osten sowieso, aber auch im Westen. Rot-Rot-Grün schien sich zur Regierungsalternative auszuweiten. Was wäre das für ein Triumph gewesen! Was für eine Genugtuung hätte darin gelegen! Doch nichts ist daraus geworden. (Gerhard Spöh, T-Online)
Es wundert mich keine Sekunde, dass Lafontaine und Schröder nicht miteinander konnten; zwei einander so ähnliche Egomanen können niemals den gleichen Raum einnehmen ohne sich die Luft zum Atmen zu nehmen. Die verdienen einander. Am schönsten wäre ja, wenn sie jetzt zusammen eine neue Partei aufmachen würden. Ich würde auch eine neue Lafontaine-Partei sehr begrüßen. Alles, was die LINKE unter 5% hält.
Lafontaines Weg ist auch ein bisschen eine Tragödie, gerade weil der Mann so unleugbar Talent hatte. Nicht nur als Politiker, er ist auch intelligent und gebildet. Lafontaines Arroganz war nicht unbegründet; er hatte mehr Sachverstand als 90% seiner Kolleg*innen, er konnte besser reden als sie, konnte begeistern, er war ein Naturtalent. Nur stand er sich immer selbst im Weg. Seine unangenehmen Charakterzüge sorgten dafür, dass all dieses Talent letztlich vor allem destruktiven Zielen diente (zumindest ab 1999).
10) Ukraine gives Europe a key swing vote in the US-China rivalry
Diplomatically, the war reinvigorated US alliances and revitalised sanctions as a diplomatic tool. Now China is presented with an uncomfortable strategic trilemma. First, Beijing wants to remain aligned with Moscow given their common vision, values and substantial energy and military-technology interests. Second, China needs to adhere to the most sacrosanct principles in its foreign policy: protecting sovereignty and territorial integrity. Third, it wants to minimise the damage to its relations with the US and Europe, its top trading partners over the past decade. Yet, in response, China’s top diplomats have rejected the studied neutrality of 2014, when Russia annexed Crimea. It openly expresses sympathy and support for Moscow’s actions, avoids any responsibility, denies the contradictions in its position, blames the US and Nato and calls for diplomacy. Thus, the war and its geopolitical and economic consequences puts multiple pressures on China during an exceptionally challenging year for its leaders. (Evan Medeiros, Financial Times)
Es ist glaube ich mittlerweile jeder und jedem klar geworden, dass China der zweitgrößte Player auf der Welt ist, militärisch, wirtschaftlich und politisch. Seine Haltung im Ukrainekrieg ist daher von Interesse, weil seine Haltung zu allem von Interesse ist. Angeblich denkt China darüber nach, Russland zu unterstützen – das würde alles ändern. Daran müssen wir uns gewöhnen: das Gewicht Chinas, und dass es unseren Interessen meist nicht eben kongruent ist.
Und da sind wir dann bei Europa. Das muss endlich seine Außenpolitik auf die Pfanne bekommen, sonst wird es ewig nur das Objekt sein, das in der Weltpolitik hin- und hergeschoben wird. Ich halte aber diese Idee eines „swing vote“ eher für ein Echo der alten Vorstellung mancher Europäer aus dem Kalten Krieg, dass man zwischen USA und Sowjetunion eine Art „dritten Weg“ gehen könnte. Diese Vorstellung ist besonders in Frankreich und Deutschland verbreitet, und ich halte sie für Unfug. Unsere Sicherheit ist von den USA abhängig, und unsere wirtschaftliche Integration mit den USA ist um ein Vielfaches höher als die mit China. Das sind Realitäten, um die keine Sonntagsreden rumkommen.
Resterampe
a) Dieser Artikel beklagt sich über das „fucking westist leftsplaining“ Russlands, und bekanntlich sehe ich das ähnlich.
b) Als Nachtrag zu meinem Artikel über die strategische Situation der Ukraine hier diese großartige Kritik an den dummen Flugverbotszonen-Forderungen.
c) Eine Studie hat ergeben, dass die deutsche Meinungslandschaft bei den Corona-Hilfen ziemlich pluralistisch war, während die italienische Schuldenkrise zu 95% das neoklassische Argument wiedergekäut hat. Das auch mal wieder für die, die eine riesige linke Verschwörung in der Medienlandschaft wittern.
d) Die Überschneidungen von Querschwurblern und Putin-Verstehern sorgen dafür, dass einige alte Artikel für die Welt jetzt ziemlich peinlich sind.
e) Sehr witziger Beitrag zu der ganzen „CRT“-Debatte.
f) Missouri verbietet Frauen in einem neuen Gesetz, den Staat zu verlassen, um eine Abtreibung vornehmen zu lassen.
g) Die ganze Absurdität der Auto-Identitätspolitik in einem Wortwechsel.
h) Wenig überraschend außer für die illusionären Optimisten dürfte sein, dass die überwiegende Mehrheit der Russ*innen den Angriffskrieg gegen die Ukraine gutheißt.
i) Wer sich für die Finanzströme Osteuropas interessiert, findet hier ausführliches Material.
j) Dieser Erfahrungsbericht mit homöopatischer Medizin macht einfach nur wütend und wirft einmal mehr die Frage auf, warum der Scheiß mit so viel öffentlichem Geld gefördert wird.
k) Was wirklich völlig ohne Überraschung ist: Impfgegner*innen finden Putin toll.
l) Zu Fundstück 9 mit Lafontaine ganz interessant ist auch diese Einschätzung von Thorsten Hildt.
zu 7: Wie kommst Du darauf, dass die SPD 5 Jahrzehnte verkorkster Aussenpolitik hinter sich hat. Waren Schmidts Politik bezüglich EWS und Helsinki Schlussakte falsch? War die Zustimmung der SPD zum Maastricht-Vertrag falsch? War die EU-Osterweiterung falsch? War es falsch, Deutschland aus dem Irakkrieg herauszuhalten? Ich denke nicht.
Falsch war es, die richtige Entspannungspolitik der 70er Jahre zu idealisieren und fortzuführen, als Russland unverkennbar einen anderen Kurs einschlug. Noch in den 90er Jahren war es richtig, mit Russland eine Partnerschaft zu suchen. Tschetschenien wäre der erste mögliche Wendepunkt gewesen, Georgien der wahrscheinlichere und die Krimannexion der richtige Wendepunkt. Aber deswegen sind nicht 50 Jahre Aussenpolitik komplett verkorkst.
Die Generalkritik finde ich jetzt auch nicht so fair.
Die Grünen fand ich auch außenpolitisch deutlich wacher, nur tun die sich mit der aktuellen Lage auch schwer. Die Rußland-Abhängigkeit in den fossilen Brennstoffen von Rußland war ein sehr schwerer Fehler, aber das wurde im Hinblick auf die regenerativen Energien eher als Übergang wahrgenommen. Das extrem brutale Vorgehen Rußlands in Grozny fand ja schon Ende der 90er statt. Zum Teil gabs da noch Verständnis, weil es gegen religiös eher fanatische Muslime ging. Irgendwann hätte man aufwachen müssen, aber das zog sich durch fast alle Parteien.
Das Klima in Russland hat sich in den letzten Jahren noch einmal deutlich verschlimmert. Ein ukrainischer Kollege, der übrigens kein Freund der Maidan Proteste war, meinte vor etwa 18 Monaten, dass sich die russischen Medien sehr Richtung Sowjet-Zeit verändern würden. Spätestens nach Georgien hätte umgesteuert werden müssen, aber richtig ernst wurde Rußland nie genommen. Aus meiner Wahrnehmung auch nicht.
Ja, das war zugegebenermaßen wesentlich zu überspitzt.
2) „ich würde bei den meisten annehmen, dass wenig dahinter steckt als ein ekliger Sinn für Humor.“
Bei einigen steckt da vielleicht mehr dahinter. Und das ist dann richtig unschön.
https://www.emma.de/artikel/ukraine-die-zuhaelter-warten-schon-339317
Daher „die meisten“.
Komische Antwort.
Komische Antwort.
Ich fand erschreckend, dass es überhaupt Leute zu geben scheint die das bis in die Zuhälterei umsetzen.
Klar, aber das kann dich nicht überraschen. Schockieren, abstoßen, all das, aber dass es unter 80 Millionen Deutschen ein paar solchen Abschaum gibt ist das Gesetz der großen Zahlen. ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein wirklich weit verbreitetes Phänomen ist. Aber vielleicht bin ich zu gutgläubig.
Wobei man auch sagen muss, dass das vermutlich nicht normale, vielleicht notgeile, Männer sind, die plötzlich zu Zuhältern werden. Sondern dass viele Zuhälter eben durchaus Erfahrung mit verzweifelten Frauen (gerade aus Osteuropa) haben, die normalerweise eben mit ganz anderen Versprechen ins Land gelockt werden und diesmal halt schon im Land sind und nur in ein temporäres ZuHause gelockt werden müssen. Vermutlich nicht deckungsgleich mit dem ekligen Humor (das sind dann eher die sparsamen Freier)
Genau, auf so was will ich raus.
Als ich geleseb habe, dass dort Leute gezielt zu ankommenden Flüchtlingen zu gehen, z.B. a Bahnhof um sie sexuell auszunutzen oder sogar zu prostituieren, war ich tatsächlich überrascht. Mag naiv sein, aber ich hatte da überhaupt nicht dran gedacht.
Vielleicht liegt es auch nur daran dass ich es von Anfang an gelesen habe.
Das kann gut sein.
So Anker sind ja entscheidend und man hat sie meist nicht auf dem Radar.
zu 9: Man vergisst gerne, dass Lafontaine in der SPD zweimal hingeschmissen hat. Als er 1991 nicht Hans-Jochen Vogel nachfolgen wollte, war er der Kandidat. Aber schon damals fehlte es Lafontaine am Durchhaltewillen, wenn es schwierig wird. Dabei stellte sich gerade heraus, dass Lafontaine im Wahlkampf 1990 Recht hatte und die Wiedervereinigung viel mehr kosten und viel schwieriger würde. Es war Lafontaines beste Chance, aber er verkroch sich im Saarland. Stattdessen wurde Engholm als Verlegenheitskandidat gewählt und auf diesen folgte Scharping.
Sein Comback 1996 war fulminant, aber eigentlich war er da schon aus der Zeit gefallen, weil seine Ideen und Konzepte auf globalisierte Märkte nicht wirklich passten (vom damaligen Zeitgeist ganz zu reden).
Mit „I told you so“ hat noch keiner irgendeine Wahl gewonnen; „größte Chance“ würde ich daher so nicht unterschreiben. Den Rest schon.
g) Die ganze Absurdität der Auto-Identitätspolitik in einem Wortwechsel.
Das ist weniger Identitätspolitik sondern ein echtes Dilemma. Wenn alle anderen Autofahren, wird das zu Fuß gehen dort ja wirklich gefährlicher.
Klar, aber es ist trotzdem absurd, dass wir aus der Spirale nicht rauskommen. Wir stecken da privat auch drin! Und es bläht mich ohne Ende an.
Geht mir genauso. Und es hat wirklich nichts mit Autoidentität zu tun.
Wenn es vielen so geht liegt die Lösung darin dieses Dilemmata aufzubrechen und nicht nur gegen Autos als Identitätspolitik anzugehen, auch wenn das natürlich ebenfalls ein Faktor ist
Wer macht denn „nur“ das?
Du indem du das Problem aus dem Tweet zu einem reinen Identitätsproblem machst.
Aber das war natürlich nur ein Satz.
Ich denke allerdings schon, dass bei der Diskussion zur Mobilitätswende zu viel (wenn auch natürlich nicht „nur“) auf diese Seite geschaut wird. Und versteh mich nicht falsch, ich bin definitiv nicht im Team Auto.
Ich glaube, das ist letztlich wieder dem Irrtum geschuldet, es handle es sich um etwas, das durch Argumente lösbar wäre. Wie beim Tempolimit. Es gibt eine riese Latte von Gründen, die für das Tempolimit sprechen, und genau einen dagegen: ich will aber. Nur der hängt halt mit der eigenen Identität zusammen ist deswegen mächtiger als alle anderen. Ich betone deswegen gerne die Bedeutung von Wert und Identität, weil die in öffentlichen Debatten gerne völlig unterschätzt werden.
Es gibt eine riese Latte von Gründen, die für das Tempolimit sprechen
Ach? Es gibt 1.000 Massnahmen, für die eine riesige Latte von (schwachen) Gründen sprechen würde, die ein liberaler Staat aber nicht in Gesetzeform giesst, weil der Anlass dafür nicht wichtig genug ist.
Umgekehrt wird ein Schuh draus – es gibt viele gute Gründe, auf ein Tempolimit zu verzichten. Die von den ganzen autoritären Characteren nicht anerkannt werden, deren Wohfühlen davon abhängt, anderen auf jeden Fall Vorschriften zu machen.
Gruss,
Thorsten Haupts
seit 1986 autolos
Ich meine Faktenargumente. Es gibt super viele gute Gründe, normativ drauf zu verzichten (Freiheit, Liberalismus, etc.), aber keine Fakten. Nur, erneut, die sind irrelevant, weil die normativen Faktoren viel schwerer wiegen.
Merkwürdig: Bei der Impflicht gilt es hier als starkes Argument, dass kein demokratischer Staat sie hat. Beim Tempolimit aber nicht: Alle demokratischen Staaten haben es – trotz der „vielen Gründe“.
Logik? Stringente Argumentation? Fehlanzeige!
Das war ja auch mein Punkt mit der Europolitik. Da sehen wir das auch an einem anderen Fall: „Moralisieren in der Politik ist voll schlecht! Es sei denn, wir moralisieren meine Werte!“
Bei der Impflicht gilt es hier als starkes Argument, dass kein demokratischer Staat sie hat.
Bei mir haben Sie das nicht gelesen.
Gruss,
Thorsten Haupts
Das ist wie mit den SUVs. Der Straßenverkehr ist so gefährlich, ich brauche etwas mit mehr Sicherheitsgefühl. OMG die Autos sind alle so groß, der Straßenverkehr fühlt sich immer gefährlicher an. Brauch auch einen SUV.
Höchst nachvollziehbar als Kleinwagenfahrerin, weil man wirklich nix mehr sieht. wenn SUV vor, neben einem oder sogar dahinter im Dunkeln! Nur SUVs für alle auch nicht so die Lösung.
zu 4) find ich Unterpunkt 3) eigentlich noch wichtiger.
The end of the end of history.
The current war displays to us that the complexity of the world, its cultural and historical “baggage”, is great and that the idea that one type of system will eventually be embraced by all is a delusion.
Das ist sehr gut ausgedrückt und die Bedeutung wird im sogenannten „Westen“ nach wie vor unterschätzt. In Südamerika und in Indien ist die Propaganda des russischen Faschismus nämlich unter der normal informierten Teilen der Bevölkerung teilweise erfolgreich. Ich erlebe das im Bekanntenkreis und auf Twitter.
Wenn sich massivst verfälschte und unmenschliche Diskurse in Teilen der Welt durchsetzen, haben wir ein Problem.
Die Falschinformationen über die chemischen Massenvernichtungswaffen in Irak-Krieg II unter Bush Jr kosten nach wie vor eine Menge.
Wir müssen auch endlich verstehen, dass die Aktivitäten maßgeblich der USA im Kalten Krieg in anderen Teilen der Welt andere Auswirkungen hatten. Dies bildet einen wichtigen Hintergrund für die Perzeption des Angriffskriegs Rußlands in anderen Teilen der Welt. Dies gilt für Teile der Öffentlichkeit mehr als für Politiker und Akademia.
Bin da selbst ein wenig aktiv, aber das sind teilweise verdeckte Operationen „wide behind enemy lines“, über die ich nicht im Detail rede. Ihr könnt drüber lachen, aber die Folge einer „interessanten“ Sendung wurde gestern auf youtube aus technischen Gründen nicht ausgestrahlt und ich stehe da erst am Anfang. Dass der Kanal einfach vom Netz genommen wird, ist mir an dieser Stelle zu wenig. Schaun wir mal.
Ich hab generell das Gefühl, dass die russische Propaganda nur im Westen nicht verfängt, außerhalb schon. Das scheinen erste Forschungsergebnisse auch zu bestätigen. Verwundert auch nicht, die Sicht auf den Westen ist in der zweiten und dritten Welt ja auch eine…sagen wir etwas andere.
Russland und China haben Propaganda, der Westen hat Marketing. Der Rest die Wahl zw. Pest und Cholera.
Und das schlimmste: mein Statement ist nur ein bisschen übertrieben 😉
Gleichzeitig ist auch dieses Tanzen um das Goldene Kalb der Schuldenbremse wieder typisch deutsch. Es wird noch sehr lange brauchen, bis endlich politisch eingestanden wird, was für eine riesige politische Eselei das Ding war
Solides Haushalten ist keine „Eselei“, sondern ein dringend notwendiges korrektiv. Eselei ist die zunehmende Bürokratisierung und Verrechtlichung von immer mehr Lebensbereichen.
Unser Staat ist mit Aufgaben und Zielen überfrachtet, darum schafft er fast nichts mehr. Zugleich sind die Parlamente völlig überfordert damit, Abläufe und Zielerreichung zu kontrollieren. Folge ist, dass wir versuchen, das Versagen mit immer mehr Mitteln, Programmen und jetzt ganz schick „Sondervermögen“ zu überkleistern.
Nein, so wird das nichts mehr.
Die Schuldenbremse ist Eselei. Sie schafft unflexible Regelungen und, vor allem, entpolitisiert das thema und überlässt es stattdessen den Gerichten. Diese Tendenz ist an vielen Orten feststellbar, nicht nur dort. Du kannst ja gerne für eine aufkommensneutrale Haushaltspolitik plädieren, aber das gehört in die Politik und nicht ins GG.
Ach nein? Das GG ist heute überfrachtet mit Detailregelungen, warum sollte jetzt ausgerechnet die Schuldenbremse ein Problem sein?
Das GG ist doch im Gegenteil gerade dazu da, den Staat in bestimmten Punkten einzuschränken, d.h. ihn unflexibler zu machen.
Ich verstehe Dein Argument ehrlich gesagt nicht.
Ich finde auch die Überfrachtung mit Detailregelungen nicht gut. Ich bin generell dagegen, politische Konflikte mit Gerichten zu lösen.
Ich verstehe immer noch nicht, warum Du eine gesetzliche Regelung (denn das ist die Schuldenbremse) für unpolitisch hältst? Gesetze sind der Kern des Politischen.
Ja. Aber was da gemacht wurde ist den Kern des Politischen, das Königsrecht des Parlaments, den Beginn jedes Parlamentarismus, teilweise aus dem politischen Prozess rauszunehmen und den Gerichten zu übergeben. DAS ist meine Kritik.
Das GG ist Teil des „Staates“ und die Einschränkungen die dort gemacht werden sind Optionen für andere. Man will dem Bundestag Möglichkeiten zur Überschuldung nehmen und schafft dafür Klagemöglichkeiten für andere.
Aber die Frage, wie mit Geld umgegangen wird, wann neues Gedruckt wird, etc. ist doch das, was das Bürgertum in den ersten Parlamenten als Rechte von ihren Königen abpressen konnten. Heutige Parlamente sourcen das an die EZB und das Verfassungsgericht aus. Das ist die Eselei!
(Erbschaftsteuer)
Ich verstehe völlig, wie schmerzhaft es sein muss, das Häuschen von Oma verkaufen zu müssen, weil man die Erbschaftssteuer nicht zahlen kann.
Ich sage es immer und immer wieder: Es führt kein Weg daran vorbei, alle Einkommensarten gleich zu besteuern. Die Steuerart „Erbschaftsteuer“ gibt es nur, damit Erbschaften steuerlich massiv gefördert werden können! Also sofort weg damit!
Wir brauchen einen Topf, in den Arbeitseinkommen, Mieten, Erbschaften, Schenkungen kommen und auf den dann ein Steuersatz von X erhoben wird. Die seit langem praktizierte Förderung vermögender Familien ist eine Verhöhnung des Grundgesetzes.
Kann man so sehen. Dann muss man mit denFolgen leben lernen – eine substantielle Erbschaftssteuer ist durch keinen mittelständischen Betrieb zu leisten, also wird der Betrieb notgedrungen an einen Konzern verkauft.
Das Ende des deutschen Mittelstandes. Interessantes Experiment …
Gruss,
Thorsten Haupts
Es gibt ja verschiedene Vorschläge, wie man das abmildern kann. Am besten ist aus meiner Sicht Wahlfreiheit: Der Erbe kann die Steuer entweder zahlen – oder ein Gemeinschaftsfonds wird im selben Maß Miteigentümer des vererbten Betriebs.
Wenn man das Problem sieht, wird man Lösungen finden.
My point exactly.
gibt’s für den Erbschaftsfond schon konkrete Pläne? Habt ihr da ein paar Quellen?
Ich stehe dem sicher nicht im Weg.
Die Talkshows sind reine Unterhaltungsveranstaltungen,
Fernsehen ist grundsätzlich reine Unterhaltung. Das Medium vermittelt ganz allgemein das Gefühl leicht verständlicher Inhalte. Darum eignet es sich nicht für politische Information. Genau ist einer der zentralen Irrtümer der deutschen Medienpolitik seit Beginn der 50er Jahre.
Nein, das stimmt so nicht. Ich kann mit dem Medium Film sehr gut Inhalte erklären, auch politisch. Ich muss es nur wollen.
Erklären – ja. Aber verstehen sie die Nutzer dann? Du kannst im TV problemlos eine Doku über die Relativitätstheorie machen, die die Leute glauben lässt, dass sie Einstein jetzt verstanden haben. Aber haben sie das? Nein. Das ist die Fernseh-Falle.
Und warum ist das im Print anders? Komplexe Themen werden nicht von allen verstanden, klar, aber das ist eine Nullaussage. Das hat nichts mit dem Medium zu tun. Ich kann völlig problemlos anspruchsvolles TV produzieren. Nur hat das halt keine riesigen Einschaltquoten.
Noch nie hat sich ein Leser von einer Zeitung berieseln lassen. Lesen ist kognitiv wesentlich anspruchsvoller als fernsehgucken.
BILD vs. ARTE. Mehr sag ich nicht.
…. und können.
Klar, aber es gibt Leute, die das können.
h) Um die Stimmung in der russischen Bevölkerung besser zu verstehen, hat mir dieser Artikel sehr weitergeholfen: Russia on the verge of a nervous breakdown
Optimistisch stimmt er indes nicht.
Was tut das dieser Tage schon? Danke für den Link. Ich kann die Stimmung in Russland nicht beurteilen, dafür fehlen mir Quellen und Sachkenntnisse. Das Land ist für mich eine black box.
Deprimierend. Heute die Meldung, dass zu Denunziation aufgefordert wird.
Der Artikel gibt exakt das Russen-Bild wieder, das litauische Freunde schon Anfang der 90er geäußert haben. Damals klang es eher wie Ostfriesen-Witze…
6) Die Geschichte von den Kindern, die das Haus der Oma wegen der Erbschaftsteuer nicht bewohnen können, ist weitgehend ein Mythos. Beidseitig selbst genutzte Immobilien lassen sich über die normalen Freibeträge hinaus steuerfrei an Ehegatten oder Kinder (letztere bis 200qm) vererben. ( ErbStG §13 Abs. 1 Nr. 4a bis 4c)
https://www.gesetze-im-internet.de/erbstg_1974/__13.html
Im Artikel haben sie es ja auch von mehreren Immobilien. Ich glaube auch, dass da weitgehend ein seltenes Luxusproblem dramatisiert wird, aber ich will auf der anderen Seite nicht abstreiten, dass es vorkommen kann. Das hielte ich für unehrlich.
Zitat Stefan Sasse (aus 3):
„Der Tankstellensozialismus der FDP kommt nicht sonderlich überraschend.“
Eine gewisse Entwarnung zum FDP-Sozialismus kann aber schon gegeben werden:
Die herausragend tolle Idee, dass bezüglich der Konsument:innen auf die Preise ein Deckel kommt und der Staat alles bezahlt, was oberhalb des Deckels liegt, ist ja „progressiv“ ausgestaltet, sprich: Je höher das Einkommen und damit die Kaufkraft, desto mehr zahlt der Staat oben drauf (bezüglich der begünstigten Personen). Diese Spielart des Sozialismus war in diversen Formen und Ausgestaltungen in „liberalen“ Kreisen schon immer beliebt.
Zitat Stefan Sasse (aus 5):
„Wir sind darauf angewiesen, dass Außenpolitik wertebasiert ist. Der Liberalismus, der lange aus ideologischen Gründen nicht als Wert, sondern als Naturgesetz begriffen wurde, ist das Fundament unseres Handelns.“
Ähm…. was passiert eigentlich, wenn die anderen da draußen bezüglich so genannter Werte einen anderen Geschmack haben?
Diesen Fall kann es nicht geben, Werte sind universell – sagen/sagten gewisse „Aufklärer“. Das dürfte ein grosser Irrtum sein.
Zitat:
„der lange aus ideologischen Gründen nicht als Wert, sondern als Naturgesetz begriffen wurde,“
An dieser Stelle würd ich die Begriffe mal so sortieren: Wenn wir über Werte reden, befinden wir uns im Feld der IDEOLOGIE. Richtig ist, dass die angebliche Naturfundierung von Werten ein Schwindel ist, dessen „Aufdeckung“ aber genau dahin führt, dass manfrau Universalitätsansprüche diesbezüglich vergessen kann, weil jede Kultur speziell und nicht universell ist. Sprich: Wertemäßig muss frau sich wohl bedauerlicherweise auf ne reine „Innenpolitik“ einer Wertegemeinschaft – falls wenigstens das irgendwie mehr schlecht als recht funktioniert – beschränken. Indem die Menschheit als Ganzes KEINE Wertegemeinschaft bildet, sollte man mit weniger zufrieden sein. Missionarismus zeitigt keine guten Ergebnisse. „Regelbasierung“ wiederum sagt im Übrigen nichts darüber aus, um welche Regeln es sich da so handelt. Die schlechte Nachricht: Die zu backenden Regelbrötchen können gar nicht klein genug sein.
Universalitätsansprüche diesbezüglich vergessen kann, weil jede Kultur speziell und nicht universell ist.
Ach tatsächlich? Wer sagt uns das? Richtig – die Tyrannen und Diktatoren dieser Erde, um ihre Tyrannei zu rechtfertigen. Kultur heisst hier auch nur: „Freie Erfindung der chinesischen kommunistischen Partei, um ihre auf Gewehrläufen beruhende Willkürherrschaft gegen Kritik zu immunisieren.“
Gruss,
Thorsten Haupts
Zitat:
„Ach tatsächlich? Wer sagt uns das?“
Die TATSACHE der Uneinheitlichkeit. Warum glauben nicht alle Menschen an die selben Götter? Gilt auch für die säkular verkleideten Götter, also die berühmten -Ismen. Warum gibt’s überhaupt verschiedene Nationen auf Erden und nicht nur eine ? Warum gibt’s keine allgemein anerkannte Weltregierung ?
Ne Menge Nebelkram für so einen kurzen Beitrag. Beantwortet nur meine Frage nicht. Wer aus den relevanten Erdkulturen (die nicht gewählten Herrscher zählen nicht) – sagt uns, dass der Kern westlichen Menschenrechtsverständnisses NICHT universell geteilt wird?
Gruss,
Thorsten Haupts
Okay, ich glaub ja nicht, dass die Beschränkung auf „gewählte Herrscher aus relevanten Erdkulturen“ besonders erhellend ist, aber man kann ja z.B. an Hitler denken, für den das Kriterium zutrifft. Andererseits gab es bis 1918 in D keine gewählten Herrscher; das einschlägige Menschenrechtsverständnis „im Kern“ (was das alles genau heißt, müsste noch gesondert diskutiert werden^ ) kann also aus diesem Grund nicht vorhanden gewesen sein 🙁 Mit anderen Worten: Das Kriterium scheint mir zu eng.
… kann also aus diesem Grund nicht vorhanden gewesen sein
Na, na, na – verbreiteter Alphabetismus und relativer Wohlstand liefen bisher historisch Hand in Hand. Und es ist tatsächlich wahrscheinlich, dass eine Armuts- (und eben nicht Kultur-) Schwelle universelle Menschenrechte überlagert.
Ansonsten habe ich IMMER noch keine Begründung dafür gesehen, warum das sogenannte westliche Menschenrechtsverständnis auf den Westen beschränkt sein sollte – und zwar aus kulturellen Gründen. Kommt da noch was?
Gruss,
Thorsten Haupts
Hab ich gar nicht behauptet.
Auf die Provenienz kommt es nicht an.
„Unser“ Christentum (eine wesentliche Bezugsgröße der Menschenrechtsidee) und überhaupt so gut wie alles, was in Europa „Kultur“ heißt, ist bekanntlich orientalisch, danach mediterran; liegt beides von D gesehen nicht im Westen. Aber darum geht es nicht, es geht um die offensichtliche DIVERSITÄT von so genannten Werten (die sich u.a. auch in Rechten niederschlagen) , an denen regelmäßig neu gebastelt wird, unabhängig von der Frage: Wo kommt das ursprünglich her?
Wesentlich ist IMHO: Es gibt kein einheitliches Menschenrechtsverständnis, auch nicht innerhalb eines so genannten Westens, wobei man noch nicht einmal weiß, was das W-Wort eigentlich genau aussagen soll.
Beispiel Todesstrafe. Ist nach der jetzigen Fassung der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erlaubt, also menschenrechtswidrig. Weiter im Westen, also jenseits des Atlantiks, wird diese Auffassung bekanntlich nicht oder wenig geteilt. Wo ist da die Universalität? Es gibt im Übrigen nicht nur den Raum, sondern auch die Zeit. Da sehen wir eine so genannte Rechtsentwicklung. Die dürfte es bei angenommener Universalität auch nicht geben. Universell heißt: Gilt nicht nur überall, sondern immer.
Und da dachte ich, Xi Jinping verfolgt nur chinesische Interessen.
3) Exakt.
5) Du meinst, wenn man Liberalismus als nicht so toll begreift? Ist das nicht Standard?
Und nein, ich rede schon von Werten. Wenn ich sage, dass Verträge eingehalten werden und dass wir Außenpolitik über Verträge auf Basis gleichberechtigter Beziehungen regeln, ist das nicht Ideologie.
Ähm…. was passiert eigentlich, wenn die anderen da draußen bezüglich so genannter Werte einen anderen Geschmack haben?
Das war und ist übrigens das Lieblingsargument der Autokraten dieser Welt. „Meine Untertanen WOLLEN von mir beherrscht werden! Dekadente westliche Ideen wie Freiheit und Selbstbestimmung passen nicht zu unserer Kultur“.
Dieses Argument sollten wir nicht mit Beachtung veredeln. Es gehört weiter in die Mülltonne der Geschichte.
Den Müllhaufen gibt es leider nicht, IMHO. Die Uneinheitlichkeit von Religionen, Kulturen, Ideologien ist im Übrigen schwer erklärbar, falls universelle Werte obwalten sollten.
Im verlinkten Artikel von Sasse steht ja genau das – meiner Ansicht nach – Richtige, worauf ich hinaus will:
Zitat:
„The current war displays to us that the complexity of the world, its cultural and historical “baggage”, is great and that the idea that one type of system will eventually be embraced by all is a delusion. It is a delusion whose consequences are bloody. To have peace, we need to learn to live while accepting differences. “
Statt eines Müllhaufens sehen wir weiter gereichtes Gepäck.
Wir müssen aufpassen, dass wir hier nicht Liberalismus als außenpolitischen Leitwert und so Sachen wie Gleichberechtigung und Homo-Ehe vermengen. Das sind unterschiedliche Spielfelder.
Zu 3):
Die Kosten der Spritpreisbremse, wie sie Tobias Hans vorschlägt, betragen rund 33,5 Milliarden.
Einmalig.
Kostenloser ÖPVN in ganz Deutschland, eine „völlig unbezahlbare Utopie“, kostet 13,3 Milliarden.
Jährlich. Von den verheerenden Folgen der Lenkungswirkung auf einen heute schon überlasteten ÖPNV völlig zu schweigen. Mir muss auch echt nicht einleuchten, warum Erna Müller mit einem Durchschnittseinkommen mein ÖPNV-Ticket subventioniert …
Dass das für den Klimaschutz, für die hohen Mieten, für Obdachlose oder die vielen anderen Probleme nicht möglich sein soll, ist einfach nur lächerlich.
Als MMTler muss man das natürlich so sehen – da wächst Geld bekanntlich auf Bäumen.
Gruss,
Thorsten Haupts
Danke für den Hinweis auf die Einmaligkeit, aber das gilt doch auch nur, solange die Preise wieder sinken?
Wie gesagt, wenn es für Mittelschichten-SUV da ist, wäre es alternativ auch für Sozialwohnungen da.
Die Leichtigkeit, mit der man an die Vermögen der russischen Oligarchen, an die Gelder der russischen Banken und an unerwünschte Zahlungsflüsse herankam, straft alle Ausreden der vergangenen 30 Jahre darüber, wie die Globalisierung das angeblich unmöglich mache, Lügen.
Populistischer Unsinn. Dass man das in einer Ausnahmesituation einmal machen kann – mit bisher völlig unbekannten Folgen – heisst noch lange nicht, dass man es fortlaufend machen kann oder sollte. Der Vergleich ist intellektuell nicht einmal mehr grenzwertig.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich sage auch nicht, dass man SOLLTE. Ich sage, dass man KANN. Und die Behauptung war immer dass es halt leider, leider nicht gehe. Und das ist offensichtlich Unfug. Ob das dann clevere Politik ist, ist eine andere Debatte. Aber bisher lag da ein Denkverbot drauf, es galt als schlicht unmöglich. Und das war immer eine Lüge.
… es galt als schlicht unmöglich …
Ah. Okay. Dass ein politisches „unmöglich“ IMMER bedeutet, mir sind Kosten und nebenwirkungen zu hoch, hatte ich als Basis vorausgesetzt. Ein politisches „unmöglich“ hatte bisher niemals den Character eines naturwissenschaftlichen Gesetzes (da gibt es tatsächlich Dinge, die physikalisch unmöglich sind).
Gruss,
Thorsten Haupts
Na, es wurde schon explizit gesagt dass es nicht geht weil die Leute nicht greifbar wären und einfach irgendwo anders hin ausweichen. und wir sehen gerade an den Oligarchen, dass dem dezidiert nicht so ist.
Wir sind darauf angewiesen, dass Außenpolitik wertebasiert ist.
Nein. Das lässt sich auch mit Hilfe des Artikels gar nicht herleiten. Herleiten lässt sich dagegen ohne weiteres, dass Aussenpolitik interessengeleitet sein sollte. Das würde für eine Politik, sich nicht zu stark von Autokratien abhängig zu machen und eine regelbasierte Ordnung aufrechtzuerhalten, schon völlig reichen – Werte sind an der Stelle noch nicht einmal berührt.
Gruss,
Thorsten Haupts
Unsere Interessen und unsere Werte sind ein und dasselbe, das ist der Punkt!
Nein, sind sie mitnichten. Unser Interesse besteht (grob vereinfacht) in möglichst friedlichen, regelbasierten, Beziehungen mit möglichst vielen Staaten dieser Erde. Ob die im Inneren, in der Sozial- oder Sexualpolitik jederzeit den State of the Art westlicher Menschenrechtspolitik leben, ist dagegen erst einmal nicht deutsches nationales Interesse.
Es gibt hier eine Überlappung, aber keine Identität.
Gruss,
Thorsten Haupts
Regelbasiert, exakt. Das ist der Wert. Und den teilen bei weitem nicht alle. Und ihn durchzusetzen ist unser ureigenes Interesse. Ich glaube ich schreib meine Argumentation diesbezüglich mal noch genauer auf.
Damit haben wir hier den Fall, dass ein (materielles) Interesse und ein (ideeller) Wert identisch sind. Das ist eher nicht der Regelfall in Aussen- und Sicherheitspolitik.
Naja, das betrifft schon viele Teile der deutschen AP.
zu 6)
Nicht nur ein Luxusproblem – es sind häufig die „kleinen“ Vermieter mit bis zu 20 Wohneinheiten (4 bis 5 Häuser), die eben nicht auf die Profitmaximierung aus sind, sondern an langen und stabilen Mietverhältnissen interessiert sind. Man soll sich auch nicht der Illusion hingeben, dass dies ein Leben in Saus und Braus ermöglicht, denn wie es so schön heißt: Eigentum verpflichtet und auf die Vermieter kommen infolge der Energiewende hohe Belastungen zu, die man eben auch nur in Teilen weitergeben kann.
Eine weitere Konzentration des Wohnungsmarktes auf wenige Hände dürfte lediglich im Interesse der Wohnungsgesellschaften liegen. Insofern ist die Dynamisierung der Freibeträge (ggf. gekoppelt an bestimmte Werte im Mietspiegel) ein gutes Mittel eben dieser Konzentration entgegenzuwirken.
Es ist ein Luxusproblem, Immobilien im siebenstelligen Bereich zu erben. Sorry. Von mir aus streckt halt die Zahlungen der Erbschaftssteuer auf 20 Jahre, wenn das hilft, oder macht was anderes Cleveres, um die Probleme zu vermeiden. Sich Gedanken darum zu machen, ist Job der Politik. Zu sagen „pfff, kompliziert, lassen wir es halt“ geht gar nicht.
… weil eine über Jahrzehnte völlig fehlgeleitete Immobilienpolitik für Mondpreise gesorgt hat.
Das ist höchstens die halbe Wahrheit. Für Mondpreise hat die politisch unterstützte Zentralbankpolitik des leichten Geldes der westlichen Welt gesorgt, irgendwo musste sich die Inflation ja niederschlagen und hat das im Betongeld auch prompt getan.
Man verschone mich bitte mit den Ökonomen, die das bestreiten – es gibt einen leicht herleitbaren, systemlogischen, Wirkungs- und ebenso einen passenden zeitlichen Zusamenhang, also halte ich mich an die Regel: Wenne s aussieht, wie ein Schwein und quiekt, wie ein Schwein, ist es ein Schwein.
Gruss,
Thorsten Haupts
Für die vermögenskonzentration ist nicht allein die EZB verantwortlich.
Wir sind darauf angewiesen, dass Außenpolitik wertebasiert ist.
Absoluter Widerspuch. In Bezug auf die USA hieße das ja, bei Trumps Wiederwahl eine vollständige Isolierung der USA anzustreben. Verlockend, aber purer Schwachsinn. Oder waren doch andere „Werte“ gemeint?
Unsere Sicherheit ist von den USA abhängig, und unsere wirtschaftliche Integration mit den USA ist um ein Vielfaches höher als die mit China. Das sind Realitäten, um die keine Sonntagsreden rumkommen.
Ah ja doch. Es geht also gar nicht um „Werte“, sondern um Sicherheit und Ökonomie. Umgangsprachlich nennt man das ganze auch Interessen. Was auch sonst.
1) Es ist hochspekulativ, aber ich glaube dass die Anschaffung der F-35 Tarnkappenflugzeuge zeigt, wohin die Reise der 100 Mrd. geht: Anschaffungen werden unabhängig vom Bedarf angebotsorientiert getätigt, da Geld brennt in der Tasche.
Ansonsten werde ich deine Formulierung aus F3) „mit einem Wimpernschlag Milliarden öffentlicher Gelder in Schulden für ökonomisch komplett unsinnige Investitionen [zu] verbrennen“ oft und gerne verwenden…
2) Da sehe ich bei Stokowski echt verschobene Maßstäbe, wenn sie schmierige Kommentare über Ukrainerinnen als „die hässlichsten Seiten veralteter Männlichkeitsbilder“ sieht, aber das Verheizen (größtenteils) junger Männer in einem skrupellosen Angriffs- oder sinnlosen Verteidigungskrieg nicht mit einer Silbe erwähnt.
4) Zu 1) Natürlich haben auch russische Oligarchen Firmengeflechte und Strohleute, durch die sie von dem Fehlen eines Finanzregisters profitieren.
https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/thomas-piketty-westliche-eliten-wollen-keine-sanktionen-gegen-russlands-oligarchen-swift
zu 3) Hier ist das große Problem, dass eine ‚regelbasierte Welt‘ auch auf westliche Staaten zutreffen muss, etwa wenn sie unliebsame Länder ausplündern wollen:
https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-02/afghanistan-geld-zentralbank-joe-biden-9-11
5) Auch hier müssten gleiche Bewertungsmaßstäbe für z.B. chinesische Sanktionen gegen Australien wie für US-Sanktionen gegen gelten. Sonst ist ‚wertebasierte Außenpolitik‘ nur eine weitere Strophe des Liedes, das von ‚bekehrt die Heiden‘, bis ‚Bürde des weißen Mannes‘ viele Rechtfertigung für die Durchsetzung geopolitischer Interessen kennt.
6) Kleine Übung Medienkompetenz: Warum verschweigen Lembke/Ochs einen wesentlichen Aspekt der Rechtslage, auf den ich weiter oben hingewiesen habe?
8) Früher gab es die von dir angedachten Interviews mit Politikern durchaus in den Zeitungen. Leider ist das durch die Unsitte, nur noch akkreditierte Fragen und Antworten zuzulassen, ziemlich verschwunden.
10) Wichtig bei der internationalen Bewertung des Ukrainekriegs ist doch das Desinteresse, das er außerhalb des Westens hervorruft. Die 141 Stimmen in der Vollversammlung waren ein großartiger Erfolg, aber die Staaten, die sich enthalten haben, stellen fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Neben China ist auch Indien dabei, das ein eigenes Zahlungssystem mit Russland aufbaut. Generell tragen in Asien m.W. nur Singapur und Japan die Sanktionen mit, in Afrika und Lateinamerika (dazu weiß Lemmy vielleicht mehr) wird es nicht viel besser aussehen.
h) In dem Zusammenhang ist wichtig, wie heftig die Propaganda in Russland ist. Fefe (normal keine gute Quelle) hat die Wirkung gut beschrieben:
https://blog.fefe.de/?ts=9cde7697
Umso herausragender die pazifistische Opposition in Russland, die sich gegen Regierung, Medien und Bevölkerungsmehrheit stellt und für ihre Überzeugungen trotz aller Risiken einsteht.
1) Ist nicht unabhängig vom Bedarf, der Tornado braucht dringend eine Nachfolge. Die deutsche Politik hat die Entscheidung nur ewig verschleppt, und die Krise gibt die Möglichkeit, den gordischen Knoten zu durchschlagen und die sinnvolle F35-Lösung zu nehmen statt so Krücken wie ein paar F-18 oder die Mirage (dieses Mal Absicht) des Eurofighter Upgrades zu verfolgen.
2) Ja, das mag ich bei den feministischen Argumentationen gerade auch nicht. Ich meine, die haben trotzdem Recht, aber das Ausblenden ist nicht geil.
3) Völlig richtig! Deswegen SOLL die Außenpolitik sich ja als wertebasiert begreifen. Denn die Ausplünderung Afghanistans ist auch nicht im Interesse der USA! Die brauchen doch die sieben Milliarden nicht. Das ist sheer spite. Eine wertebasierte Außenpolitik würde das ja gerade NICHT machen.
5) Sanktionen sind doch nicht wertneutral. Es kommt doch drauf an, ob sie wegen eines illegalen Angriffskriegs verhängt werden oder weil China gerne sein Mare Nostrum errichten will!
6) Mir fehlt gerade der Kontext, was meinst du?
8) Ich find die Akkreditierungen nicht das Problem, die sind ja eher das Symptom. Ohne diesen „Gotcha!“-Blödsinn bräuchten die nicht alles bis zur Unkenntlichkeit weichspülen.
10) „Desinteresse“ ist falsch. China hat ein sehr, sehr großes Interesse. Der Erfolg war die Enthaltung. Es war von Anfang an klar, dass die nicht dafür stimmen. Dass sie nicht DAGEGEN stimmen ist der Erfolg.
h) Fefe ist schrecklich 😀 Aber ja, guter Hinweis!
3) und 5) Mit der rechtsbasierten Außenpolitik (Ich stimme Ariane zu, der Begriff ist besser) gibt es doch generelle Grundprobleme:
a) mächtige Staaten werden sich immer entziehen können. Nimm den Internationalen Strafgerichtshof: China, Indien, Russland, Saudi-Arabien und USA sind nicht Mitglied oder haben das römische Statut nicht ratifiziert. Und keiner dieser Staaten muss deswegen etwas von der Weltgemeinschaft befürchten.
b) Gründe finden sich immer. Sieh dir die Begründungen an, die Putin für seinen Angriff vorgeschoben hat, Es liest sich wie eine zynische Parodie auf die Kriegsgründe der NATO in Jugoslawien und Irak. Und das allerschlimmste ist: Sie sind zwar einseitig und überzeichnet, aber nicht gänzlich aus der Luft gegriffen. Und umgekehrt werden Konflikte geflissentlich ignoriert (siehe Jemen), wenn keine geopolitischen Interessen dort bestehen.
c) Wie gehen wir damit um, dass unsere Strafmaßnahmen gegen ein Land massiv Leid anrichten (und damit eine Menschenrechtsverletzung darstellen) ? Die toten Kinder im sanktionierten Staat akzeptieren?
d) auch wir sind keine Heiligen, aber mächtig. Wie würde die EU auf Wirtschaftssanktionen z.B. der OAS (wegen der Mittelmeer-Flüchtlingspolitik) reagieren? Sicher nicht sie als gerechtfertigt akzeptieren.
e) Wir leben in einer hochvernetzten Welt. Es gibt Hinweise, dass der Ukraine-Krieg und die Sanktionen zusammen zu massiven Hungersnöten weltweit führen wird. Ist das verantwortungsethisch gerechtfertigt?
Wenn du dir all diese Punkte in der Summe ansiehst, dann verstehst du vielleicht, warum ich die ‚wertebasierte Außenpolitik‘ nur für eine PR-Verpackung von geostrategisch motiviertem Faustrecht halte.
6) mir geht es um die Erbschaftsteuerbefreiung selbst genutzter Immobilien. Und da um die Frage, warum das von den Autorinnen nicht angesprochen wurde. In einem der letzten Vermischten hatten wir die Frage diskutiert, ob Journalisten a priori eine Oppositionshaltung einnehmen sollten. Dies ist ein konkret gutes Beispiel, warum ich für ‚Ja‘ plädiere: Rudolf Stürzer insinuiert ein Bild ‚Das Haus der Eltern kann wegen der Erbschaftsteuer nicht weiterbewohnt werden‘, das in den meisten Fällen faktenwidrig ist. Und die Autorinnen gehen zwar auf kritische Distanz (Sie bezeichnen ihn als Eigentümerlobbyisten), sprechen aber einen zentralen Punkt für die Gegenposition ( = Opposition) nicht an.
a) Sicher, aber was wir haben ist besser als nichts.
b) Genau: zynische Parodie. Wir sollten das nicht damit ehren, es ernst zu nehmen.
c) Das Dauerdilemma von Sanktionen. Ich hab leider keine gute Antwort.
d) Mit Sicherheit nicht, nein. Leider. Aber Deutschland tut sich ja auch schwer damit, Urteile des Gerichtshofs für Menschenrechte zu akzeptieren, so there’s that.
e) Ebenfalls: schwierige Frage. Kommt drauf an, glaube ich, für wie realistisch man die erwünschte Wirkung, von weiteren Kriegen abzuhalten, sieht.
6) Moment, das ist aber nicht das gleiche. Die „automatische Oppositionsrolle“ bezog sich ja auf Regierungshandeln. Ist aber wurscht: ich kann Lobbyisten gut finden und mit ihnen übereinstimmen. Oder sie doof finden. In einem Artikel wie diesem und wenn es deutlich als Meinung gekennzeichnet ist – warum nicht?
1) Ja! Was mir als Ergänzung dazu auch noch einfällt, sind so Förderpakete von EU oder dem Bund, die oftmals nur zb 50% abdecken und die andere Hälfte muss selbst aufgebracht werden. Das verhindert, dass die, die es am nötigsten brauchen, diese Förderungen erhalten. (oder natürlich: wegen der Schuldenbremse nicht einhalten können) und das Gefälle zwischen reich und arm zb auch bei Gemeinden weiter ansteigt. Die dann gerne zb Gewerbesteuern senken, um damit Unternehmen anzuwerben, die aus den eh schon bedürftigen Gemeinden wegziehen. Totaler Teufelskreis.
4)
Hab bis jetzt noch nicht kapiert, ob das einfach mal wieder „Lindner haut einen raus“ war oder tatsächlich irgendwie irgendwo diskutiert wird.
Hätte tatsächlich aber sogar noch ein viertens anzubieten, gerade für die „Vertretung der kleinen und mittelständischen Betriebe FDP“ nämlich dass die Ursprungsidee ja vorsah, dass die Tankstellen (ja, es gibt nicht nur Shell & Co.) den ganzen Kram einfach mal vorfinanzieren, bis sie sich das dann vom Finanzamt zurückholen können. Wahrscheinlich nach 3245seitigen Anträgen und Wartezeit von einem Jahr. Völliger Wahnwitz.
Auf allen Ebenen, weil ist ja nicht nur Benzin oder von A nach B kommen, das gerade teuerer wird. Aber bloß kein Geld raushauen, da hält auch die FDP plötzlich nicht mehr soviel von Eigenverantwortung. Nachher entscheiden die Leute noch selbst, ob sie dafür Benzin oder Lebensmittel kaufen. Und Direktüberweisungen/etc. könnte man ja vermutlich auch noch relativ einfach an eine gewisse Bedürftigkeit koppeln. Geht ja gar nicht. Nachher profitieren nicht nur die Geringverdiener, sondern auch die Fleißigen (O:Ton Hans)
Passt auch gut zu Punkt 1. Anstatt mal Nägel mit Köpfen zu machen, hat man am Ende absurde Vorschläge, drölfzig Einzelmaßnahmen mit einer Detail- und Bürokratieverliebtheit, bis man am Ende tatsächlich einen Papiermangel fürchten muss. Aber bevor ein Hartz-IV-Bezieher*in womöglich 5€ zuviel bekommen (und damit auch noch Kippen statt Benzin kauft!) geben wir lieber 30 Milliarden extra aus. Und klopfen uns selbst für unser soziales Gewissen auf die Schultern.
5)
Marina Weisband hatte das ganz gut auf den Punkt gebracht:
https://twitter.com/benjamin_ess/status/1505668160300716041
Ansonsten bin ich dafür, es einfach in rechtsbasierte Außenpolitik umzubenennen, klingt weniger naiv-idealistisch und man holt die Leute ins Boot, die bei Werten oder Grünen oder allem zusammen automatisch auf Abwehr gehen. Ist mit feministischer Außenpolitik ja ähnlich, kaum wer, weiß was gemeint ist, aber wird oft reflexhaft abgelehnt. Ist ja eigentlich eine Binse, dass Recht, Emanzipation und Werte gar keine Gegensätze sind, aber in Debatten leider sehr oft dazu gemacht werden.
Im Gegenzug wird Realpolitik bitte nicht mehr als Chiffre für „nett zu Autokraten mit Hang zu Menschenrechtsverletzungen“ eingesetzt, das ist auch ein komisches Wording.
6)
Ich verstehe völlig, wie schmerzhaft es sein muss, das Häuschen von Oma verkaufen zu müssen, weil man die Erbschaftssteuer nicht zahlen kann. Aber was für ein Luxusproblem ist das!
Das ist wirklich absurd, in München und den Metropolen vermutlich besonders extrem, aber auch insgesamt. Der ganze Norden in halbwegs Küstennähe ist ja auch oft so. Obwohl ich bei dem Artikel auch nicht weiß, wie verzerrt die Sichtweise da vielleicht ist. In dem Hauptbeispiel besteht das Häuschen der Oma halt aus vierzehn Einheiten, da könnte man ja vermutlich auch eine verkaufen und müsste nicht die ganze Erbschaftssteuer durch laufende Mieteinnahmen abdecken. Nicht so eine hohe Marge wie abreißen und Luxusappartements draufsatteln (was ja das Problem der großen, finanzkräftigen Wohnungsgesellschaften ist), aber vermutlich effizienter als der Kredit für die Erbschaftssteuer.
Für potenzielle Erben kommt es aber noch dicker. Mittlerweile ist es wohl in gesetzerem Alter auch recht beliebt, das abbezahlte Eigenheim wieder zu verkaufen und sich selbst ein lebenslanges Wohnrecht einzuräumen (weil das eben viele einfach als Wertanlage sehen). Mit dem Geld kann man dann reisen oder wasauchimmer.
8)
Und viel viel weniger Leute! Nicht Moderator + fünf Gäste + Zuschauereinsendungen + zwei Betroffene. Und fünf Einspieler. In einer Stunde! Das muss dann ja oberflächlich und reißerisch sein, wenn man quasi nur zwei Sätze hat.
1) Gute Ergänzung!
4 ) Auch dass sie da eine Mörderbürokratie geschaffen hätten passt wie Arsch auf Eimer.
5) Bei dir.
6) Alles Probleme und Gedanken, die ich noch nie hatte und wohl auch nicht haben werde.
8) Exakt.
Frank Luebberding verteidigt ja @JohannesVarwick. Sollte man sich zumindest mal anhören. https://www.youtube.com/watch?v=tZkv12K_nEU
Damit wäre aber dann die Idee einer Welt mit global gültigen Menschenrechten ausgeträumt. China könnte seinen nationalistischen Gelüsten folgen und Taiwan einkassieren.
In der Zeit des Kalten Kriegs wurde die Welt auch in Einflußsphären gedacht. Die einzige nicht-afrikanischen Streitkräfte, die jemals militärisch gegen das Apartheid-Regime vorgangen, waren kubanische, also eine Armee eines Landes, das ebenfalls Menschenrechte nicht zu knapp mit dem Füßen trat.
Groß Britanien schickte die Royal Navy zur Wiederherstellung der Rechte von ein paar hochsubventionierten weißen Schaafzüchtern auf den Falklands. Als Nebeneffekt zerbrach die argentinische Militär-Diktatur, die zu dem Zeitpunkt schon 3 bis 4 Jahre brutalst folterte, ohne dass dies zu einer Miltärintervention geführt hätte.
Moralisch vertretbar wäre das auch überhaupt nicht. Die Ukraine hätte sich für eine Dezimierung konventioneller russischer Streitkräfte verdient gemacht, die wir mit unseren Gas/Öl-Deals finanziert haben.
zu 3 und 5: Vielleicht wird es mal wieder Zeit über Begriffe wie Wucher und Sittenwidrigkeit nachzudenken und juristisch mit Leben zu füllen.
Wieso einmalig? Finde ich bei Hans Vorschlag nirgends.
Jährlich. Von den verheerenden Folgen der Lenkungswirkung auf einen heute schon überlasteten ÖPNV völlig zu schweigen. Mir muss auch echt nicht einleuchten, warum Erna Müller mit einem Durchschnittseinkommen mein ÖPNV-Ticket subventioniert …
Kann man ja auch befristen und aktuell sehe ich den ÖPNV nicht als überfordert an, subjektiv ist er immer noch leerer als zu Vor-Corona-Zeiten.
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Durch die Wiedereinführung der Schuldenbremse wird man ja woanders sparen müssen und es wird nicht der Rüstungshaushalt sein. Würde mich stark wundern, wenn da Erna Müller nicht wieder diejenige ist, die darunter leidet.
Auf alle Fälle scheinen diesmal eher die Gewinnmitnahmen der Mineralölkonzerne das Problem zu sein und ein auf z.B. drei Monate befristeter kostenloser ÖPNV wäre da mal ein interessanter Kontern, der in diesem speziellen Fall eher hilft als eine irgendwie geartete Steuersenkung.
Als MMTler muss man das natürlich so sehen – da wächst Geld bekanntlich auf Bäumen.
Oder man heißt Christian Lindner: Sondervermögen Bundeswehr, Spritpreis-Rabatt (oder wie das heißt), etc. Da wächst aktuell ganz schön viel Geld auf liberalen Bäumen 😉