Rezension: Nicholas Mulder – The Economic Weapon

Nicholas Mulder – The Economic Weapon (Hörbuch)

Wirtschaftliche Sanktionen sind gerade angesichts der russischen Aggression gegenüber der Ukraine in aller Munde. Sie sind ein Werkzeug im diplomatischen Werkzeugkasten, das dort noch nicht so furchtbar lange zur Verfügung steht und scheinen in ihrem Potenzial und ihren Grenzen unzureichend verstanden. Nicholas Mulder versucht, einen Teil dieser Lücke zu schließen, indem er diese Monographie zur Erfindung von Wirtschaftssanktionen vorlegt.

Als der Erste Weltkrieg begann, planten alle Seiten mit einem raschen Ende der Feindseligkeiten. Große Offensiven sollten dieses Ende herbeiführen. Gleichzeitig würde ein globaler Handelskrieg eine längerfristige Kriegführung praktisch unmöglich machen. Keine dieser Vorhersagen traf ein. Aber während das Vertrauen in entscheidende Offensiven nachhaltig erschüttert wurde, schien die totale Blockade der gegnerischen Wirtschaft ein probates Mittel zu sein und bleibt bis heute ein scheinbar effektives Mittel.

Mulder entwirft im ersten Teil seines Buchs eine kurze Geschichte der ersten Wirtschaftssanktionen, der Blockade des Kaiserreichs. Er zeigt dabei auf, wie die Interdependenz des globalisierten Handels das Reich sehr verwundbar machte, und arbeitet die Schwierigkeiten heraus, die Blockade tatsächlich umzusetzen, vor allem in Bezug auf die Neutralen, etwa die Niederlande oder die skandinavischen Staaten, über die Deutschland seinen Handel abwickelte. Die Alliierten lernten rapide dazu, aber die Blockade konnte nur funktionieren, wenn alle Länder weltweit an ihr teilnahmen – eine Bedingung, die nie erfüllt war. Auch die technische Umsetzung gestaltete sich als schwierig, und während die Blockade ernsthafte Einschränkungen für Deutschland bedeutete, konnte sie nie die Hoffnungen erfüllen, kriegsentscheidend zu sein.

Doch genau dieser Eindruck wurde nach dem Krieg erweckt. Auch aus einem Mangel an Zahlen und sozialwissenschaftlicher Forschung gingen die Alliierten von einer viel größeren Effektivität aus, als tatsächlich bestanden hatte, ein Narrativ, das die Deutschen nur allzu gerne ebenfalls bedienten, weil es ihnen erlaubte, sich als Opfer zu stilisieren – inklusive völlig inflationierter Opferzahlen – und hervorragend zur Dolchstoßlegende passte, nach der der blockadeinduzierte Zusammenbruch der Heimatfront zur Niederlage geführt habe. Dies führte dazu, dass die Effektivität auf allen Seiten massiv überschätzt wurde.

In der Gründung des Völkerbundes wurden große Hoffnungen auf Sanktionen als Durchsetzungsmechanismus gesetzt. Die Idee war, dass alle Völkerbundnationen automatisch Teil von Sanktionen gegen Aggressoren würden, was solch eine abschreckende Wirkung besäße, dass diese von Krieg Abstand nähmen. Die titelgebende „Economic Weapon“ (der Begriff, der damals genutzt wurde, wo wir heute „Sanktionen“ sagen) erfüllte damit dieselbe Abschreckungswirkung, die nach 1945 Atomwaffen einnehmen sollten – und war in etwa genauso praktikabel.

Bereits Anfang der 1920er Jahre zeigten sich Potenzial und Grenzen der Sanktionen deutlich. Während sie ausreichten, um Jugoslawiens Aggresisonskrieg gegen Albanien zu beenden – ein klarer Erfolg der Sanktionen – waren sie völlig unfähig darin, Italiens Aggression gegen Griechenland auf Korfu einzudämmen. Gleichzeitig war die wiederholte Besetzung des Rheinlands unter dem Deckmantel der Sanktion eine Zweckentfremdung, die von der Verhinderung von Aggression zur Durchsetzung der eigenen wirtschaftlichen Interessen führte, eine Intention, die Frankreich auch in internen Dokumenten klar eingestand.

Hier zeigt Mulder auch das größte Problem der Sanktionen auf. Sie waren bereits vorher ein grundsätzlich bekanntes diplomatisches Mittel – allerdings nur in beschränktem Maße als Kriegsmaßnahme. So bezahlte etwa Russland während des Krimkrieges weiterhin Zinsen für seine Schulden an den Kriegsgegner Großbritannien und war es für die Deutschen 1871 völlig unvorstellbar, dass französische Unternehmer nicht ihren Geschäften in Deutschland nachgehen sollten. Erst die Entgrenzung des Ersten Weltkriegs machte den totalen Krieg gegen die feindliche Wirtschaft möglich, beschränkte ihn aber auf Kriegshandlungen – eine Beschränkung, die mit dem Waffenstillstand auseinanderbrach, als die Entente-Mächte die Blockade aufrecht erhielten, um trotz ihrer Abrüstung ein Druckmittel für die Versailler Verhandlungen zu haben.

Für das Selbstbewusstsein gerade der Mittelmächte, aber auch anderer europäischer Staaten, war, dass Wirtschaftssanktionen abseits des Krieges zwar ein bekanntes Mittel waren – so gab es etwa um die Jahrhundertwende eine gemeinsame europäische Blockade Venezuelas zur Erzwingung von Schuldentilgungen – aber eines, das gegen koloniale Vasallenstaaten eingesetzt wurde. Es war vollkommen in Ordnung, Kanonenboote nach Agdir zu schicken, Kiatschau zu belagern oder Venezuela zur Aufgabe zu zwingen, aber unter „zivilisierten“ Staaten machte man so etwas nicht. Kaum etwas brachte die Deutschen so sehr auf die Palme wie die Gleichsetzung mit Algerien durch die französische Besatzungspolitik; eine bewusste Beleidigung, die die Franzosen noch durch den Einsatz von Kolonialtruppen unterstrichen.

Im Konflikt mit Italien, einer Siegermacht des Krieges, zeigte sich aber 1923 bereits, dass man zwar einen unbedeutenden Randstaat wie Jugoslawien unter den Willen der Entente zwingen konnte, nicht aber mächtigere Staaten – schon gar nicht ohne die Unterstützung der USA, die nicht Mitglied des Völkerbunds waren und kein Problem hatten, von dem Unterlaufen von Völkerbundssanktionen zu profitieren. Realpolitik und imperialistische Machthierarchien zeigten also bereits in den frühen 1920er Jahren die Grenzen von internationalen Völkerrechtsbestimmungen auf.

Gleichzeitig war die potenzielle Macht einer Wirtschaftsblockade offenkundig, wenngleich übertrieben. Die Hoffnung auf einen schnellen Sieg durch Sanktionen zerschlug sich bald, aber allen Beteiligten war bewusst, welches Potenzial sie für längerfristige Abnutzungs- und Erschöpfungsstrategien hatten (eine Lektion, die manchen Staatenlenkern für den Konflikt mit Russland heute vermutlich gut zu Gesicht stünde). Die Faschisten zogen daraus für sich nicht die gewünschte Lehre, nämlich eine Unterwerfung unter das Regime der liberalen Weltordnung; stattdessen setzten sie in bewusster Referenz zur „Economic Weapon“ auf Autarkie, einen starken kontinentalen Block gegen angelsächsische Wirtschaftssanktionen.

Im zweiten Drittel des Buchs befasst sich Mulder vor allem mit der Ausgestaltung der Sanktionen und ihrer Entwicklung in den 1920er Jahren. Hier zeichnet er vor allem drei große Konflikte nach.

Einerseits einen ideologischen Kampf innerhalb des Liberalismus‘ über die Frage, welche Rolle Sanktionen spielen und wie sie mit anderen, klassischen Machtmitteln interagieren. Die Liberalen versuchten dabei, die klassische Unterscheidung von „public“ und „private“ aufzumachen: „private wars„, verstanden als Konflikte zwischen Aggressorstaaten zur Eroberung, sollten verboten und durch Sanktionen entweder verhindert oder abgewürgt werden, während „public wars„, verstanden als Koalitionskriege zur Friedenssicherung. Diese Konzeption scheiterte letztlich daran, dass die Idee, die Royal Navy zu einem Instrument von „public wars“ zu machen – also quasi als Weltpolizei zu etablieren – an den imperialen nationalstaatlichen Interessen des Vereinigten Königreichs scheiterte.

Andererseits schlug unter anderem Keynes, der wohl bedeutendste Ökonom des 20. Jahrhunderts, eine Ergänzung der „Economic Weapon“ um eine positive Komponente vor. Neben der Isolation vom Welthandel und dem Weltfinanzmarkt von Aggressoren sollten deren Opfer durch aktive Lieferungen resilienter gemacht werden.

Zuletzt versuchten einerseits die klassischen neutralen Staaten wie Dänemark, Schweden oder die Schweiz, das Sanktionsregime zu schwächen, indem sie Ausnahmeregelungen für sich heraushandelten. Dasselbe Ziel verfolgte ab 1926 das Neumitglied Deutschland, das kein Interesse daran hatte, sich an Sanktionen zu beteiligen und als potenzielles Opfer von Sanktionen diese Waffe weitgehend abschwächen wollte.

Der Völkerbund hatte mit Sanktionen zwei Erfolge (Griechenland und Jugoslawien), aber überwiegend wurde die „Economic Weapon“ in den 1920er Jahren nicht benutzt. Das größte Problem, das nie zufriedenstellend gelöst werden konnte, war, dass die Völkerbundmitgliedstaaten bei konsequenter Anwendung gezwungen wären, den USA den Krieg zu erklären, die außerhalb des Völkerbunds blieben und mit sanktionierten Staaten Handel trieben. Gleichzeitig aber war die Drohung der Sanktionen so real, dass zahlreiche Staaten Abwehrmechanismen entwickelten.

Die größte Herausforderung für das System sind dann die im letzten Drittel besprochenen Dreißigerjahre, in denen Italien, Spanien, Deutschland und Japan allesamt auf einen faschistisch-militaristischen Kurs einschwenkten und versuchten, im deutschen Begriff, „Blockadefestigkeit“ zu erlangen. Hierzu diente die Phantasmagorie der „Autarkie“, also Unabhängigkeit vom Welthandel und damit Immunität gegen die Sanktionen. Dies war aus verschiedenen Gründen unerreichbar, aber die Drohung der Sanktionen bestimmte den wirtschaftspolitischen Kurs der Diktaturen maßgeblich.

Es ist faszinierend, wie Mulder die Wechselwirkung zwischen der Drohung der Sanktionen und den Ausweichversuchen der Regime nachzeichnet. Die klarste Schlussfolgerung dabei ist, dass der Handlungsspielraum der Diktaturen massiv eingeschränkt wurde. Im spanischen Fall schreibt Mulder den Sanktionen den entscheidenden Beitrag bei der Verhinderung des Kriegseintritts zu, aber Italien, Deutschland und Japan manövrierten sich immer mehr in eine Lage, die Krieg wahrscheinlicher machte – und nicht, wie die Hoffnung 1919 gewesen war, unwahrscheinlicher.

Ich will hier nicht zu sehr ins Detail gehen; das soll dem Buch vorbehalten bleiben. Stattdessen möchte ich noch hervorheben, dass während des eigentlichen Krieges neben der (offensichtlichen) Wirtschaftsblockade im Gegensatz zur Zwischenkriegszeit die von Keynes geforderte positive Seite der „Economic Weapon“ massiv zur Geltung kam. Über das Lend-Lease-Programm unterstützten die USA die Kriegswirtschaft ihrer Verbündeten maßgeblich, was diese stabilisierte und den notwendigen Buy-In für die Nachkriegsordnung (die UNO) schuf, in der Sanktionen dann wiederum festgeschrieben wurden, die aber anders als der Völkerbund auch einen Sanktionsmechanismus kannte, der nicht auf Koalitionen beruhte (den Sicherheitsrat).

Für mich auffällig war – deswegen auch der Vergleich zu Beginn – wie problematisch Sanktionen als Instrument sind. Es ist nicht, dass sie nicht wirkungsvoll wären, sondern dass sie – wie Mulder gut herausarbeitet – erstens langfristig und abnutzend statt kurzfristig und schockartig wirken und zweitens so zerstörerisch sind, dass sie ähnlich wie Atomwaffen eine ultimative Drohung sind, die man nur schwer einsetzen kann. Auch heute können die USA theoretisch kleine Staaten mit einem Atomschlag bedrohen, nur ist das so zerstörerisch, dass es de facto als Option nicht auf dem Tisch liegt. Ähnlich ist es bei umfassenden Wirtschaftssanktionen auch.

Das Buch bietet daher wertvollen Kontext für die heutige Diskussion über Sanktionen. Mulder hält sich weise mit Ratschlägen und Prognosen zurück; er zeigt, woher die „Economic Weapon“ kam und wie sie gestaltet wurde, was sehr hilft, die heutigen Probleme zu verstehen. So stellt sich die Frage, ob Sanktionen gegen Russland nicht die Lage eskalieren, weil sie Putin in die Ecke drängen und ihm Optionen nehmen. Oder ob es nicht sinnvoll wäre, die Ukraine wesentlich massiver zu unterstützen, als wir das bisher tun. Ich habe keine Antworten auf diese Fragen, aber der Verdienst der Lektüre ist, dass ich sie überhaupt stelle und einen intellektuellen Rahmen habe, innerhalb dessen ich darüber nachdenken kann.

Das Buch kann durchaus auch als Komplementärwerk zu Quinn Slobodians „Globalisten“ (hier besprochen) und zu Adam Toozes „Deluge“ („Sintflut„) (hier besprochen) sehen. Wo Slobodian aufzeigt, wie die Liberalen in diesen Jahrzehnten eine neue Wirtschaftsordnung zu schaffen versuchten, die nach dem Untergang der Imperien dauerhafte Ordnung schaffen konnte, zeigt Tooze für die gleiche Zeitperiode auf, wie die Finanzmärkte und Rüstungskontrollen agierten. Beides ist Kontext, innerhalb dessen die besprochene Sanktionsmechanik hervorragende weitere analytische Zugänge öffnet. Die jeweilige Lektüre sei wärmstens empfohlen.

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  • Tim 18. Februar 2022, 10:28

    Danke für den Hinweis, klingt sehr spannend.

    Man darf dabei nicht vergessen, dass das Sanktionsschwert um so stumpfer wird, je öfter man es anwendet. Viele leben ja noch in dem Bewusstsein, dass der Westen in wirtschaftlicher Hinsicht weltweit eine Hegemonialstellung hat. Tatsächlich ist aber China heute der wichtigste Handelspartner der meisten Staaten. Handelssanktionen werden damit perspektivisch unwirksamer. China verfügt zwar über kaum „soft power“ und gilt vielen nicht als besonders vertrauenswürdiger Partner, aber es besteht dennoch die zusätzliche Gefahr, dass die westliche Dominanz bei z.B. Zahlungssystemen in nicht allzu ferner Zukunft gebrochen wird. Damit würde das mächtige Instrument der Finanzsanktionen weitgehend wegfallen. Man sollte solche Waffen also sehr vorsichtig einsetzen.

    • Stefan Sasse 18. Februar 2022, 10:41

      Im Fazit des Buches zieht Mulder auch eine ernüchternde Bilanz. Mitte des 20. Jahrhunderts hatten noch rund 30% aller Sanktionen Erfolg; inzwischen sind wir bei 10-20%. Dabei hat sich die Zahl der Sanktionen in den letzten 30 Jahren mehr als vervierfacht!

      • Tim 18. Februar 2022, 11:07

        Oha. Das erinnert etwas an die Junkie-Politik mancher Notenbanken …

        Der Westen sollte sich meiner Meinung nach generell von dem Gedanken verabschieden, heute noch irgend etwas aus einer Position der Stärke heraus machen zu können. Langfristig müssen wir uns auf soft power rückbesinnen. Es gibt ja schon zaghafte Ansätze, Themen wie Frauenrechte oder Chancen für junge Leute als zentrale Merkmale strategischer Politik zu betrachten, die damit an vielen Orten der Welt bei vielen Menschen punkten kann. Gleichzeitig zeigt sich der Westen bei seinem ureigenen Kernthema Rechtstaatlichkeit aber keinesfalls als besonders konsequent, man denke etwa an den Fall Assange. Das wird natürlich global aufmerksam beobachtet.

        Ich denke, der Westen muss hier noch ordentlich Hausaufgaben machen, bevor er wieder als strahlender, wenn vielleicht auch ambivalenter Leuchtturm wahrgenommen wird („Ami go home. And take me with you“). Aber große Alternativen dazu sehe ich derzeit nicht.

        • Stefan Sasse 18. Februar 2022, 11:39

          Ja, ich bin da derzeit auch am Hadern.

        • Stefan Pietsch 18. Februar 2022, 13:23

          Gleichzeitig zeigt sich der Westen bei seinem ureigenen Kernthema Rechtstaatlichkeit aber keinesfalls als besonders konsequent, man denke etwa an den Fall Assange.

          Was wäre denn das richtige Vorgehen bei Assange gewesen? Es gab einen internationalen Haftbefehl aufgrund eines fundierten Verdachts. Assange entzog sich einem ordentlichen Gerichtsverfahren, in dem er, einen internationalen Konflikt auslösend, den Schutz einer Botschaft suchte und hier selbst gewählt dahinvegetierte.

          Was hätte man tun sollen? Ach so, die Anklagepunkte fallen lassen, der Beschuldigte hat ja echt Angst? Genau das wäre jedenfalls nicht rechtstaatlich gewesen. Assange hat die Eskalation herbeigeführt, das ist das Problem.

          • Tim 18. Februar 2022, 13:37

            Die richtige Entscheidung wäre gewesen (und wäre es auch heute noch), Assange Asyl in einem EU-Land zu gewähren, auch wenn dies schwerste Verwerfungen mit den USA ausgelöst hätte. Sowohl Schweden als auch Großbritannien haben durch ihr Verhalten der Rechtsstaatlichkeit schweren Schaden zugefügt. Wie oft formuliert worden ist: Der Fall Assange ist ein Lackmus-Test für die westlichen Rechtsstaaten.

            Dieses Gespräch mit Nils Melzer fand ich höchst beeindruckend und lehrreich. Man muss allerdings viel Zeit mitbringen:
            https://www.youtube.com/watch?v=fjWA6i9nbKk

            Dieses Interview war auch recht gut, wenn ich mich richtig erinnere:
            https://www.republik.ch/2020/01/31/nils-melzer-spricht-ueber-wikileaks-gruender-julian-assange

            • Stefan Pietsch 18. Februar 2022, 17:09

              Nicht ernsthaft.

              Die USA, Großbritannien und Schweden sind alle demokratische Rechtsstaaten. Das bedeutet, politische Verfolgung – die Voraussetzung für die Anerkennung von Asyl – ist ausgeschlossen. Nur weil ein Beschuldigter oder Interessengruppen meinen, jemand sei politisch verfolgt, ist das noch lange keine Tatsache. Wenn wir das akzeptieren, werfen wir alle unsere Grundsätze weg.

              In demokratischen Rechtsstaaten entscheiden Parlamente über Gesetze und Richter über deren Einhaltung. Wenn wir sagen, Assange verdient politisches Asyl, dann müssen wir Schweden und Großbritannien aus der EU werfen und dürfen keine Abkommen mit ihnen schließen, insbesondere Auslieferungen. Prinzipiell.

              Sorry, das ist total absurd.

              • CitizenK 18. Februar 2022, 17:54

                Dieser blinde Glaube an Buchstaben. Guantanamo und Rechtsstaat – Verfassung und Verfassungswirklichkeit.
                Für Deutschland empfehle ich Ronen Steinke: „Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich“.

                • Stefan Pietsch 18. Februar 2022, 18:23

                  Auch an Sie: ziehen Sie die Konsequenzen.

                  • CitizenK 19. Februar 2022, 07:54

                    Welche wären das?

                    Mir ist durchaus bewusst, dass der Rechtsstaat in den westlichen Ländern weitaus besser funktioniert als in den autoritär regierten Staaten. Das ist aber kein Grund, bestehende Mängel zu ignorieren. Ganz im Gegenteil.

                    • Stefan Pietsch 19. Februar 2022, 10:25

                      Ich wiederhole: Rechtsstaaten zeichnen sich dadurch aus, dass die Gewalten getrennt sind und demokratisch gewählten Parlamenten die Hoheit über Gesetze zufallen. Die Gesetze werden von der Regierung und den ihr zugehörigen Behörden ausgeführt. Richter urteilen unabhängig über die Einhaltung von Gesetzen und über Strafen wie Sanktionen.

                      Ein Rechtsstaat definiert sich nicht danach, ob man selbst das Urteil im politischen Meinungskontext für richtig hält. Auch die Höhe von persönlichen Strafen diskreditieren nicht den Rechtsstaat. Wenn in den USA für die Tötung eines Menschen die Todesstrafe verhängt werden kann und in Deutschland Bewährungen ausgesprochen werden, hat dies keinen Einfluss auf die Beurteilung und rechtfertigt nicht, sich der Justiz zu entziehen.

                      Beim Rechtsstaat gibt es nicht ein bisschen davon. Es ist wie mit schwanger – entweder ganz oder gar nicht. Ihre Darstellung ist also höchst befremdend. Autoritäre Staaten kennen eben keinen Rechtsstaat.

                      In demokratischen Rechtsstaaten gibt es keinen Grund für politisches Asyl, da sich immer unabhängige Richter über das Begehren der Strafverfolgungsbehörden beugen und in der Lage sind, die Regierung mit Rechtssprüchen auf den Pfad des Rechts zu zwingen.

                      Das stellen Sie und Tim in Bezug auf die USA in Frage, zumindest selektiv. So etwas gibt es nicht. Außer einzelnen Interessengruppen stellt niemand die Rechtsstaatlichkeit der USA in Frage. Ich bekomme hier ja schon Ärger, wenn ich höchstrichterliche Urteile des Bundesverfassungsgerichts und des EuGH vorsichtig kritisiere, ich würde mich ja nicht mehr rechtsstaatlich verhalten. Sie dagegen verdammen eine Demokratie, in der länger Recht gesprochen wird als in unserem Land, das schon oft vom Pfad der Tugend abgekommen ist.

                      Die Konsequenzen Ihrer Logik wären: Keine Zusammenarbeit mit den USA in Sicherheitsfragen, keine Auslieferungsabkommen, keine Zusammenarbeit bei Fragen der Wohnortbestimmung von Kindern, keine Anerkennung von amerikanischen Rechtsurteilen.

                      Ein bisschen schwanger geht nicht. Und bitte verkeifen Sie sich zukünftig jede Einlassung zu kritischen Artikeln über Verfassungsgerichtsurteilen.

                    • Stefan Sasse 19. Februar 2022, 13:56

                      Ich finde Assange zum Kotzen, aber dass der in den USA gerade eher ein politisch motiviertes Verfahren zu erwarten hat, ist leider auch wahr. Die Behandlung von Chelsea Manning etwa lässt da wenig Hoffnung aufkeimen. Finde den Fall sehr schwer, gerade weil Assange so ein Kotzbrocken ist.

                    • Stefan Pietsch 19. Februar 2022, 16:23

                      Und was machen wir jetzt? Über die Rechtmäßigkeit eines Asylersuchens müsste im Zweifel ein Richter entscheiden. Die Wahrscheinlichkeit liegt nahe 100%, dass ein solcher Asylantrag abgelehnt würde, weil die Begründung einfach hanebüchen ist. Und dann kommt ihr und meint, in den USA drohe ein politisches Verfahren, weshalb hier aus politischen Gründen Asyl zu gewähren sei. Herzlich Willkommen in der Bananenrepublik und: toll, wie ihr Linken immer wieder das Recht in die Luft sprengt.

                      Chelsea Manning ist ordentlich nach rechtsstaatlichen Regeln verurteilt worden. Was denkt ihr eigentlich?! Ist Geheimnisverrat inzwischen in Ordnung? Echt, da haben wir keine Gesprächsgrundlage.

                    • Stefan Sasse 19. Februar 2022, 19:09

                      Ein Asylersuchen Assanges in Deutschland hat keine Chance, das war von Anfang an ein PR-Stunt.

                      Boah, du immer mit deinem Meinungsextremismus. Nein, Geheimnisverrat ist nicht in Ordnung. Assange ist ein dummes Arschloch, das Unschuldige gefährdet hat, einfach aus reinem Narzismus. Und eine Frau vergewaltigt hat er wahrscheinlich auch. Und Chelsea Manning saß völlig zu Recht in Haft; sie hat Geheimnisverrat begangen. Das war alles völlig ok. Was für mich nicht mehr ok ist ist, dass die Trump-Regierung Manning, die nach mehrjähriger Haft wieder auf freiem Fuß war, unter fadenscheinigen Vorwänden wieder eingeknastet hat. Auch das ursprüngliche Strafmaß von 35 Jahren war völlig grotesk, weswegen Obama sie ja zu Recht nach einigen Jahren erlassen hat. Es ist halt leider offenkundig, dass auch Assange ein Strafmaß droht, das jegliche europäischen Maßstäbe hohn lacht.

                    • Stefan Pietsch 20. Februar 2022, 09:56

                      Das hörte sich in der bisherigen Debatte aber völlig anders an. Tim und CitizenK plädierten explizit für die Gewährung von Asyl an Assange.

                      Und beide sind auch der Ansicht, Assange sei schlimmes Unrecht widerfahren worden, ungeachtet, dass er sich selbst seinen Quasi-Gefängnisaufenthalt in der ecuadorianischen Botschaft ausgesucht hat. Er stilisierte sich zum Opfer noch bevor er staatlicherseits überhaupt Opfer werden konnte.

                      Assange hat mit der Präsidentschaft Trumps nicht zu tun. Der Haftbefehl gegen ihn fällt in die Präsidentschaft Barack Obamas.

                      Es ist dann noch schräg: für den Geheimnisverrat von Manning hält man links unisono die Strafe von 35 Jahren für völlig überzogen. Die gleichen Leute haben kein Problem, wenn der Milliardenbetrüger Bernard Madoff zu 150 Jahren, mit anderen Worten: lebenslänglich, verurteilt wird.

                      Schwere Kapitalverbrechen werden halt von links ganz nach politischer Intension bewertet. Manning und Assange wollten ja nur Gutes. Das nervt. Genau so darf ein Rechtsstaat nie sein. Und deswegen sind solche Menschen am wenigsten befähigt, zu beurteilen, ob ein Land rechtsstaatlichen Grundsätzen gehorcht, da ihre eigene Bewertung der Willkür folgt.

              • Tim 18. Februar 2022, 17:56

                Wenn man sich nicht groß mit der Geschichte des Falls Assange beschäftigt hat, kommt man vielleicht zu dieser Meinung.

                Wenn doch, muss man zu dem Schluss kommen, dass wesentliche rechtsstaatliche Elemente in GB und Schweden auf Druck der USA ausgehebelt wurden.

                Genau zu diesem Fazit kommt übrigens auch der UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer.

                Apropos „absurd“: Ist es absurd, dass Assange in einem Hochsicherheitsgefängnis sitzt, weil er gegen Aufenthaltsbestimmungen in GB verstoßen hat? Ja, natürlich ist es das. Absurder geht es gar nicht. So etwas hat es vorher noch nie gegeben.

                • Stefan Pietsch 18. Februar 2022, 18:22

                  Der Punkt ist, Sie sind nicht bereit die Konsequenzen aus Ihrer Sicht der Dinge zu ziehen und wollen daher eine Lex Assange. Das ist aber reine Willkür.

                  • Tim 18. Februar 2022, 18:49

                    Ich habe den Eindruck, Sie kennen die Fakten zu dem Fall nicht und schlage vor, dass wir die Diskussion an diesem Punkt beenden.

                    • Stefan Pietsch 18. Februar 2022, 19:04

                      Wieso meinen Sie, ich müsste die (für Sie) relevanten Fakten dieses Falles kennen?

                      Ein Prinzip des Rechtsstaates ist, dass jedes (!) Verfahren nach den gleichen Regeln abläuft. D.h. auch, dass ich nicht weiß, ob an den Vorwürfen gegen Assange auch nur etwas dran ist. Nur, was Sie nicht zu wissen scheinen: darauf kommt es in einem Rechtsstaat nicht an.

                      Gerade deswegen bin ich da das bessere Ideal für ein rechtsstaatliches Verfahren als Sie: ich habe mir kein (Vor-) Urteil gebildet. Sie dagegen wissen schon, dass Assange nicht fair und rechtsstaatlich behandelt wurde – obwohl er selbst auf das Territorium eines Nicht-Rechtsstaates geflüchtet ist.

                      Wie wollen Sie da zu einem Urteil kommen? Sie können nur selektive Fakten kennen. Genau darum geht es nicht in einem rechtsstaatlichen Verfahren. Wie gesagt, ich brauche kein einziges Fakt zu kennen um zu der Position zu kommen, dass der Beschuldigte Assange eins nicht ist: politisch verfolgt.

    • CitizenK 18. Februar 2022, 11:52

      Als ultimative Sanktion, abstrusterweise in den Medien oft als „Atomschlag“ bezeichnet, gilt der Ausschluss Russlands aus SWIFT. Abgesehen von den Rückwirkungen auf die eigene Wirtschaft: China ist wohl schon auf dem Sprung:
      https://bankenverband.de/blog/digitaler-yuan-chinas-neue-wahrungsplane/

      • Tim 18. Februar 2022, 13:00

        In der Tat, über die Folgen eines SWIFT-Ausschlusses muss man sich klar sein. Es käme einem Geschenk an China gleich.

        Andererseits ist Putin natürlich trotz seines halbstarken Rumzappelns nicht dumm. Ihm ist bewusst, dass China von einem nüchtern kalkulierenden Regime geführt wird und Russland niemals als gleichwertigen Partner akzeptieren wird. Für China ist Putin in etwa das, was Lukaschenko für Putin ist.

        Alles in allem ist Putins Verhalten äußerst rätselhaft. Er will keine erfolgreichen westlichen Demokratien in seinem Umkreis, völlig klar. Aber ebenso klar ist, dass in den letzten 20 Jahren niemand mehr für die Einheit des Westens getan hat als er. Erhebliche Teile der russischen Bevölkerung unterdrücken nur schwer ihren Hass auf ihn, er hat innerhalb Russlands überhaupt keine Rückzugsmöglichkeit. Er verfügt über praktisch keine Optionen mehr und schlägt ja (derzeit) offenbar auch die vorsichtig angedeuteten Pfade aus, die ihm der Westen anbietet. Sein Handeln wirkt alles sehr ungeplant und verzweifelt. Eigentlich erstaunlich, dass es innerhalb des Regimes noch keinen Widerstand zu geben scheint.

        • R.A. 19. Februar 2022, 17:39

          „Alles in allem ist Putins Verhalten äußerst rätselhaft.“
          Eigentlich nicht. Seine Ziele sind ziemlich klar, und zu deren Erreichung setzt er die Maßnahmen ein, die er kann – also machtpolitische.

          Putin ist ein interessantes Beispiel dafür, wie hohe Intelligenz mit praktischer Doofheit zusammengehen kann (sieht man auch bei vielen akademisch gebildeten „Querdenkern“).
          Er ist ein Geheimdienst-Apparatschik mit sehr wenig Verständnis für die Gefühlswelt der normalen Bevölkerung. Er kann Gewalt, er kann Manipulation, er kann Propaganda. Aber er kapiert nicht, was er außer den direkt angestrebten Punkten an Nebenwirkungen erzeugt.

          Die Ukraine war vor 10 Jahren ein instabiler amorpher Staat, mit unklarer nationaler Identität und halb abhängig von Rußland.
          Und jetzt ist es ein weitgehend einiges Land, mit starkem Wunsch nach Selbständigkeit und großere Bereitschaft, sich gegen russische Angriffe zu verteidigen und möglichst jede Bindung an Rußland zu kappen.
          Also ein Fiasko für die russische Außenpolitik – und als Gegenwert hat er die Kontrolle über ein paar zerstörte und umstrittene Landkreise.

          „Eigentlich erstaunlich, dass es innerhalb des Regimes noch keinen Widerstand zu geben scheint.“
          Das wissen wir nicht wirklich.
          Ich gehe davon aus, daß eine Reihe wichtiger Leute in Rußland die Entwicklung mit Skepsis beobachten. Die werden Putin nicht direkt in den Rücken fallen, solange die aktuelle Krise läuft. Die werden die Sache vielleicht auch noch weiter laufen lassen, wenn er sich jetzt irgendwie aus der Affäre zieht.
          Aber die können auch den Stecker ziehen wenn sie glauben, daß Putin in der Sackgasse steckt und nicht mehr rauskommen wird. Wir werden von diesem „Wiederstand“ erst erfahren, wenn plötzlich Putins Ablösung verkündet wird.

          • Stefan Sasse 19. Februar 2022, 19:12

            Ja, sehe ich auch so.

          • cimourdain 21. Februar 2022, 16:38

            „Die Ukraine war vor 10 Jahren ein instabiler amorpher Staat, mit unklarer nationaler Identität und halb abhängig von Rußland.
            Und jetzt ist es ein weitgehend einiges Land, mit starkem Wunsch nach Selbständigkeit und großere Bereitschaft, sich gegen russische Angriffe zu verteidigen und möglichst jede Bindung an Rußland zu kappen.“ Das habe ich mir unabhängig des Spiels von Propaganda und Gegenpropaganda mal anhand von ein paar ‚Länderranking‘-Indizes zwischen 2010 und 2020 angesehen. Die Bilanz ist unterschiedlich:
            Fragile State Index : Verbesserung von 71 auf 69 Punkte
            Index menschlicher Entwicklung: Verbesserung von 0,733 auf 0,779
            Demokratieindex : Verschlechterung von 6,3 auf 5,81 , was eine Kategoriensprung von flawed Democracy auf Hybridregime bedeutet.

          • Hias 22. Februar 2022, 12:47

            Das heißt, das Ziel wirtschaftlicher Sanktionen sollten dann weder Putin noch die russische Wirtschaft sondern der Machtzirkel um Putin und dessen Vermögenswerte sein?

      • Stefan Sasse 19. Februar 2022, 13:48

        Ja. Es ist eh faszinierend, dass Russlands hohe Dollarreserven immer als Immunität vor Sanktionen gewertet werden, als ob die nicht in den USA liegen und 100% dem amerikanischen Zugriff unterliegen würden…

        • Hias 22. Februar 2022, 12:45

          Ist das so? Ich hätte hier eher gedacht, dass die weltweit verteilt auf diversen Banken liegen.

          Die Goldreserven lagern ja vor allem in New York, das ist klar.

          • Stefan Sasse 22. Februar 2022, 14:25

            Es ist die amerikanische Währung. Da haben die ggf. die Kontrolle drüber.

            • Hias 23. Februar 2022, 00:49

              Prinzipiell ja, aber doch nicht über die einzelnen Scheine überall auf der Welt bzw. die 0en und 1en auf diversen Banken.

              Deine Aussage ist aber trotzdem richtig, da Dir das Geld nichts nützt, wenn Dir keiner was verkaufen will, weil Du auf ner Sanktionsliste stehst.

  • Lemmy Caution 19. Februar 2022, 02:26

    Stefan Sasse: Es war vollkommen in Ordnung, Kanonenboote nach Agdir zu schicken, Kiatschau zu belagern oder Venezuela zur Aufgabe zu zwingen, aber unter „zivilisierten“ Staaten machte man so etwas nicht.
    Lemmy Caution: Das folgte einer gewissen Tradition. Ziemlich berühmt ist der „no peace beyond this line“ Zusatz im Pyrenäen-Frieden zwischen Spanien und Frankreich 1659. Der Frieden galt nicht jenseits einer gedachten Linie Wendekreis des Krebses und Linie im Atlantik, d.h jenseits dieser Linie konnte es Konfikte zwischen französischen/spanischen Schiffen/Kolonien gäben, ohne dass dies den Friedensvertrag außer Kraft setzen würde.
    Venezuelas Präsident während der Jahrhundertwende war schon ein ziemlich schräger Vogel. Er versuchte die USA auf seine Seite mit der Monroe Doktrin (Amerika den Amerikanern) gegen die Europäischen Mächte einzuspannen. Theodore Roosevelt meinte dann, das die Monroe Doktrin für die Weigerung der Zahlung von Schulden nicht gälte. England versuchte irgendwann den Orinoco als Internationales Gewässer zu deklarieren. Das ging dann aber der USA zu weit.
    Die Asymetrie in den Beziehungen war lange Zeit in den Köpfen auf beiden Seiten. Faszinierend wie arglos chilenische Politiker der mitte der 60er mit dem US-Botschafter Korry plauderten. Mein Punkt ist halt, dass dieser mindset seit ca 25 Jahren so nicht mehr existiert.

    something completly different: Wirtschaftssanktionen bringen immer dann was, wenn sich dadurch ein Keil zwischen Regierung und wichtiger Teil der Unterstützerbasis der Regierung treiben läßt. Das ist für Russland, Iran, Venezuela und Kuba aktuell zu wenig der Fall.

  • R.A. 19. Februar 2022, 17:18

    Wirtschaftssanktionen und Boykotte gab es natürlich schon reichlich vor dem ersten Weltkrieg. Da sei nur Napoleons Kontinentalblockade genannt.
    Das waren aber immer Maßnahmen im Machtkampf zwischen verschiedenen Staaten.

    Wenn wir heute über „Sanktionen“ reden, dann folgen die eigentlich einer ganz anderen Idee: Daß die Staatengemeinschaft Verstöße gegen die gemeinsame internationale Rechtsordnung ahndet.
    Siehe z. B. Südafrika und die Apartheid.

    Das funktioniert halt nicht mehr wenn der Delinquent zu mächtig ist. Und sie funktioniert inzwischen auch nicht mehr, weil es diese Staatengemeinschaft de facto nicht mehr gibt. Die Mehrheit der Staaten fühlt sich keiner gemeinsamen Rechts- und Werteordnung mehr verpflichtet.

    Und dann bleibt halt nur noch der Westen, der versucht die zu verteidigen. Und das nur noch selektiv hinkriegen kann, weil er nicht gegen die halbe Welt Sanktionen verhängen kann.

    • Stefan Sasse 19. Februar 2022, 19:11

      Ja, Mulder definiert Sanktionen ziemlich explizit so, dass etwa die Kontinentalblockade nicht drunter fällt. Er redet von den modernen Santkionen.

      Und genau die Probleme, die du aufwirst, diskutiert er auch im Buch.

    • Lemmy Caution 20. Februar 2022, 09:41

      Diese „Staatengemeinschaft“ gabe es eigentlich nie wirklich.
      Während des Kalten Krieges unterstützte zumindest die USA Regierungen, die massiv Menschenrechte verletzten. Die Suharto Militärregierung in Indonesien seit 1966 bildete da nur die Spitze eines recht breiten Eisbergs. Zu dem Thema haben sich zwar mehr oder weniger verzerrende Darstellungen unserer extremen Linken im allgemeinen Bewußtsein festgesetzt, ganz von der Hand zu weisen ist die moralische Kritik in keinem Fall. Als Vorkämpfer von Menschenrechten fehlt „dem Westen“ in weiten Teilen der Welt die Glaubwürdigkeit.

  • CitizenK 19. Februar 2022, 21:29

    „…dummes Arschloch… aus reinem Narzissmus“

    Assange wird aber nicht wegen seines schlechten Charakters von der US-Justiz verfolgt. Narzissmus ist kein Verbrechen.

    „Außerdem ist bis heute nicht nachzuvollziehen, dass derjenige, der Verbrechen aufdeckt, bestraft werden soll, während gegen die beschuldigten Kriegsverbrecher kein einziges Verfahren läuft.“ (Nils Melzer, UN-Sonderberichterstatter über Folter)

    • Stefan Sasse 20. Februar 2022, 16:46

      Weiß ich, ich will nur klarmachen dass ich kein Fan bin. Bevor Stefan mir das vorwirft.

      • CitizenK 21. Februar 2022, 09:38

        Kann er nicht. Dem Rechtsstaat ist das egal.

        • Stefan Sasse 21. Februar 2022, 11:44

          Kann er ja trotzdem. Seit wann müssen Vorwürfe intellektuell konsistent sein?

    • cimourdain 21. Februar 2022, 15:23

      Welche Quellen haben wir eigentlich über den Charakter Assanges, die nicht unter Verdacht stehen, von US-Behörden lanciert zu sein?

  • Ariane 20. Februar 2022, 10:04

    Spannend. R.A. hat jetzt schon viel geschrieben, was ich auch überlegt hab. Im Bürgerkrieg der USA hat man das ja auch mit Baumwolle versucht.

    Das ist jetzt vom Buch vielleicht etwas weg, weil die historische Zeitspanne zu lang ist, aber generell haben wirtschaftliche Erwägungen oft in kriegerischen Zusammenhängen nicht so funktioniert. Ich erinnere auch daran, dass es vor dem 20. Jahrhundert die Idee gab, dass Kriege keinen Sinn mehr machen, weil alle wirtschaftlich so eng verbunden sind. Die Idee hat sich 1914 dann erledigt.

    Und auch heutzutage gibts ja Länder, die seit Ewigkeiten sanktioniert werden (Kuba oder beim Irak war es auch der Fall), ohne nennenswertes Ergebnis. Und wie R.A. auch schon sagt, ohne extreme westliche Hegemonie nützt das häufig nicht sehr viel, weil andere das nicht kümmert. Dafür braucht man Geld UND Einfluss.

    Insgesamt will ich es aber gar nicht zu schlecht reden, es ist schon eine nützliche Sache und es ist ja ein Dilemma, keiner will gleich ein Kanonenboot schicken, aber nichts machen ist eben auch keine wirkliche Option. Und der Westen hat neben Geld ja auch noch andere Dinge zu bieten.

    Ich meine mal gelesen zu haben, (glaub das war mit Russland nach der Krimkrise) dass zb Einreiseverbote auch sehr wirksam waren, die zielen teils mehr auf die Privatleute, aber die waren dann sauer, wenn sie ihre Kinder nicht mehr in die Schweiz aufs Internat schicken konnten. Keine Sportvereine an russische Staatsbürger wäre auch eine Option. Chinas Geld nehmen sie ja vielleicht gerne, aber wohnen und shoppen und flanieren will man dann eben doch in London, Paris und Berlin.

  • CitizenK 21. Februar 2022, 09:47

    Wenn Sanktionen nichts bewirken, kann schon fragen: Sind die Schäden für die eigene Gesellschaft (Warnung von Wirtschaftsminister Habeck) den moralischen Gewinn wert? Gar, wenn sie wegen der Widerstandsfähigkeit des Gegners dessen Position möglicherweise sogar stärken? Und die Glaubwürdigkeit der Verbündeten (Ölimporte der USA aus Russland) in Zweifel gezogen werden muss?

    • Stefan Sasse 21. Februar 2022, 11:43

      Sie bewirken ja nicht nichts, sie erreichen nur sehr oft die gesteckten Ziele nicht. Das mag auch mit zu ungenauen/weitreichenden Zielen zusammenhängen. Die Kritik wird von Mulder sehr deutlich aufgemacht: Sanktionen können nur wirken, wenn für den Sanktionierten klar ist, welche Bedingung zur Aufhebung führt und welche Verhaltensänderung erwünscht ist. Und sie kann nicht zu weitreichend sein.

      Der moralische Wert ist glaube ich (und so habe ich auch Mulder verstanden) ein zentraler Grund dafür, dass Sanktionen so häufig geworden sind. Man signalisiert Tatkraft und tut ETWAS, das unterhalb der Schwelle militärischer Intervention liegt. In diesem Zusammenhang haben sie eventuell auch deeskalierende Funktion.

      • CitizenK 22. Februar 2022, 08:32

        Der Test steht jetzt an. Wie es aussieht, will Putin seine Vorstellung von einem Groß-Russland jetzt durchziehen – allen Sanktions-Androhungen zum Trotz. Die Leidensfähigkeit der russischen Bevölkerung ist ganz sicher größer als unsere. Die Opposition ist ausgeschaltet.

        Die einzige Begründung für die Sanktionen ist jetzt: Nicht reagieren ist auch keine Alternative. Düstere Aussichten.

  • cimourdain 21. Februar 2022, 13:21

    Ariane hat zwei sehr interessante Punkte angesprochen:
    Zum einen ist Mulders Zeitrahmen scheinbar auf die Zeit zwischen den Weltkriegen fokussiert. Danach gibt es noch (mindestens) zwei wichtige Zeiten internationaler Beziehungen.
    Zum anderen sind Wirtschaftssanktionen ein rein westliches Instrument. 2/3 der Sanktionen seit dem zweiten Weltkrieg waren unilaterale US-Sanktionen. Und der Rest ging fast ausschließlich vom Westen aus, mit der Nebenfolge, dass erst seit Ende des Kalten Krieges (als es keine automatischen Vetos mehr gab) überhaupt in nennenswerten Maße die Vereinten Nationen davon Gebrauch machten.
    Dazu spielt noch ein drittes hinein: Das Ideal der ‚Durchsetzungssanktion‘ entspricht selten der Realität. Meist dienen die Sanktionen dazu einen ‚richtigen‘ Krieg oder zumindest einen Regime Change vorzubereiten oder z flankieren.

    • Lemmy Caution 21. Februar 2022, 13:39

      Die Sanktionen gegen Südafrika und Pinochets Chile passen nicht in das Kalte Krieg Schema.

    • Stefan Sasse 21. Februar 2022, 16:56

      Mulders Zeitrahmen ist effektiv 1914-1945, mit einer kurzen Einordnung der Zeit davor und einem ebenso kurzen Ausblick auf die danach.

      Korrekt, westlich, weil: im Liberalismus und Völkerrecht begründet.

      Die dritte These ist Unfug. Ihr Ziel ist es, einen Krieg zu vermeiden, nicht, ihn vorzubereiten. Wir können darüber streiten, ob das erfolgreich ist, aber das ist erklärtes Ziel.

      • Ariane 21. Februar 2022, 20:34

        Um einen Absatz von dir nochmal aufzugreifen:
        Der moralische Wert ist glaube ich (und so habe ich auch Mulder verstanden) ein zentraler Grund dafür, dass Sanktionen so häufig geworden sind. Man signalisiert Tatkraft und tut ETWAS, das unterhalb der Schwelle militärischer Intervention liegt. In diesem Zusammenhang haben sie eventuell auch deeskalierende Funktion.

        Ich würde es eher als eine Erweiterung des Krieges mit wirtschaftlichen Mitteln sehen. In einer Gemeinschaft (hier von Staaten) muss man sich ja irgendwie auf ein gemeinsames Regeln zum Zusammenleben einigen, was wiederum heißt, dass man auf Regelverletzungen irgendwie reagieren muss (die EU kann ein Lied davon singen)

        Das ist ja ein Dilemma, wenn Krieg, kriegerische Akte (auch gegen die eigene Bevölkerung, siehe Hussein) oder die Drohung damit quasi eine der wenigen Regelverletzungen ist, auf die man sich geeinigt hat. Insofern würde ich es gar nicht moralisch ohne weiteren Nutzen nennen.

      • cimourdain 21. Februar 2022, 21:54

        Sehen wir uns die Liste von US-Sanktionen an:
        Syrien ab 1986
        Irak ab 1990
        Jugoslawien ab 1992
        Afghanistan ab 1999
        Lybien ab 2003
        Venezuela seit 2015
        Wenn man noch die anderen Zielländern einseitiger Sanktionen berücksichtigt (Iran, Nordkorea, Kuba), zeichnet sich ein Bild ab, das schon der Buchtitel andeutet: Wirtschaftssanktionen sind eine Waffengattung des Komplexes „hybrider Krieg“, die primär dazu dienen, einem ‚Feindstaat‘ Schaden zuzufügen.

        • Thorsten Haupts 21. Februar 2022, 23:55

          Jo, eine Liste absoluter Schurkenstaaten zur Zeit der Sanktionen. Echt furchtbar, dass die USA die sanktionierten. Wie kam man auch dazu, die serbischen Scharfschützen, die von ihrem Belagerungsring rund um Sarajewo auf Zivilisten in der Stadt schossen, vom guten Bölkstoff abzuschneiden? Schlimm, sowas.

          Gruss,
          Thorsten Haupts

          • Stefan Sasse 22. Februar 2022, 07:35

            Exakt das. Nenn mir einen Staat auf der Liste der die Sanktionen nicht verdient hätte.

          • cimourdain 22. Februar 2022, 10:34

            Jenseits der Polemik, redlich wäre es, in diesem Zusammenhang eine verantwortungsethische Bilanz zu ziehen zwischen dem zu erwartenden Ergebnis einerseits und dem Schaden, den die Bevölkerung des betroffenen Landes (Um die es ‚eigentlich‘ gehen sollte) durch eine Strafaktion – egal ob ökonomisch oder militärisch – nimmt. Da der Nutzen von Sanktionen eher gering ist, dürfte diese Ergebnisrechnung eher dürftig ausfallen. Deshalb drängt sich der Verdacht auf, dass die moralischen Ziele nur eine Fassade für andere Motive sind: wirtschaftspolitische, geostrategische, (innen-)propagandistische.

            • Lemmy Caution 22. Februar 2022, 11:32

              Ich stimme dir da inzwischen teilweise sogar zu.
              Dann aber bitte auch berücksichtigen, dass die Kosten der Sanktionen für die Wirtschaft des betroffenen Landes kaum zu messen sind.
              Beispiel Venezuela: Noch 2018 war trotz der umfangreichen Sanktionen gegen Einzelpersonen die USA noch der wichtigste Handelspartner, was für Lateinamerika wegen dem rasant anwachsenden Handel mit Ostasien im allgemeinen und China im speziellen zu der Zeit schon ungewöhnlich war.
              Durchgeknallte Regime stellen sich immer als Opfer da und zu den Kosten der Sanktionen stellen die dann gerne völlig überzogene Milch-Mädchen-Rechnungen auf, die Teile unserer „anti-imperialistischen“ Linken mit Fakten verwechseln. Letztere sind aber in aller Regel weit davon entfernt, die Modelle, die diesen Rechnungen zugrunde liegen, kritisch zu überprüfen und zu hinterfragen.

            • Thorsten Haupts 22. Februar 2022, 12:22

              Jenseits der Polemik, redlich wäre es, in diesem Zusammenhang eine verantwortungsethische Bilanz zu ziehen zwischen dem zu erwartenden Ergebnis einerseits und dem Schaden, den die Bevölkerung des betroffenen Landes (Um die es ‚eigentlich‘ gehen sollte) durch eine Strafaktion – egal ob ökonomisch oder militärisch – nimmt.

              Aber ja doch! Deshalb bin ich schon sehr lange für möglichst zielgenaue Sanktionen, die ausschliesslich oder zumindest überwiegend die herrschende Elite eines autoritären Regimes trifft.

              Deshalb drängt sich der Verdacht auf …

              Bei mir nicht. Und bei anderen stelle ich nüchtern fest, dass sich der Verdacht in Deutschland immer und nur dann aufdrängt, wenn ein Zielland irgendwie dem anti-amerikanischen Lager zugerechnet werden kann. Die Deutschen haben den USA ihre Befreiung vom Nazi-Regime halt nie verziehen.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Stefan Sasse 22. Februar 2022, 14:24

                Die Deutschen haben den USA ihre Befreiung vom Nazi-Regime halt nie verziehen.

                Autsch. Das geht allerdings tiefer: http://geschichts-blog.blogspot.com/2012/11/der-ursprung-des-anti-amerikanismus.html

              • cimourdain 22. Februar 2022, 15:37

                „Deshalb bin ich schon sehr lange für möglichst zielgenaue Sanktionen, die ausschliesslich oder zumindest überwiegend die herrschende Elite eines autoritären Regimes trifft.“
                Stimme vollumfänglich zu.

                „…immer und nur dann aufdrängt, wenn ein Zielland irgendwie dem anti-amerikanischen Lager zugerechnet werden kann.“
                weil es so wenige Gegenbeispiele gibt. Lemmy Caution hat zwei Beispiele geliefert. Chile ist komplett an der Wahrnehmung vorbei gegangen und Südafrika war gerade im Sinne der deutschen Linken, als Strauss noch U-Boote an Botha verkauft hatte.

                „Die Deutschen haben den USA ihre Befreiung vom Nazi-Regime halt nie verziehen.“
                Wäre nicht „Die Deutschen haben den Russen ihre Befreiung vom Nazi-Regime halt nie verziehen.“ in noch größerem Maße zutreffend? Damit könnte sich Putin gegen jede Kritik immunisieren.

                • Thorsten Haupts 22. Februar 2022, 16:40

                  Wäre nicht „Die Deutschen haben den Russen ihre Befreiung vom Nazi-Regime halt nie verziehen.“ in noch größerem Maße zutreffend?

                  Erstens waren es nicht die Russen und zweitens haben sie nur eine Diktatur gegen eine andere ausgetauscht, da fühlten sich allerhöchstens die wenigen Kommunisten befreit.

                  … weil es so wenige Gegenbeispiele gibt.

                  Und wenn schon. Gehen wir´s mal durch: Gegen anti-amerikanische, mörderische, Diktaturen sind weder Kriege noch Sanktionen zulässig, bei anderen Ländern allerdings werden (aus den gleichen Kreisen!) bereits Sanktionen verlangt, weil sie z.B. gegen das Rechtsstaatsgebot verstossen (Polen oder Ungarn). Diese Doppelmoral, genauer, diese Unmoral, ist nicht meins. Ich finde die Ablehnung von Sanktionen wegen Werkzeug für (beliebige Unterstellung einsetzen) sehr wenig überzeugend.

                  Aber das passt schon. Gegen den ersten, völkerrechtlich vollkommen legalen und legitimen, Golfkrieg waren in Deutschland hunderttausende auf der Strasse (ich war als einer von knapp 30 Gegendemonstranten auf der Abschlusskundgebung im Bonner Hofgarten dabei). Gegen den völlig illegalen und illegitimen Krieg Russlands gegen die Ukraine 2014 wie heute – niemand. Ziemlich widerlich, aber was weiss ich schon …

                  Gruss,
                  Thorsten Haupts

                  • Ariane 22. Februar 2022, 16:43

                    Gegen den völlig illegalen und illegitimen Krieg Russlands gegen die Ukraine 2014 wie heute

                    Alle Ampel-Jugendorgas plus die JU machen heute eine gemeinsame Demo vor der russischen Botschaft. Die Linksjugend Solid auch (geht nicht zusammen weil die JU ein Koop-Verbot hat). Also nicht niemand und es werden vermutlich auch noch mehr da sein.

                  • CitizenK 22. Februar 2022, 21:12

                    Vom „Versagen der Friedensbewegung“ ist derzeit oft die Rede. Aber ist es nicht so, dass Demos in demokratischen Staaten sich vor allem an die eigene Regierung richten? Leute wie Putin sind dadurch eh nicht zu beeindrucken. Und die deutsche Regierung ist aktuell eher bemüht, einen Krieg zu verhindern als zu unterstützen.

                    • Stefan Pietsch 22. Februar 2022, 22:27

                      Die Demonstrationen haben sich immer gegen die USA gerichtet. Das war schon so, als die Army in Grenada eingriff. Es ist Anti“Amerikanismus, keine Friedensbewegung.

                    • Stefan Sasse 23. Februar 2022, 11:23

                      Kannst du so pauschal nicht stehen lassen. Ja, die sind anti-amerikanisch, ja, die waren in den 80er Jahren von der Stasi unterwandert, aber sie waren halt auch eine Friedensbewegung. Dass sie bei der einen Hälfte nicht so genau hinschauten wie bei der anderen befleckt ihre Agenda und öffnet sie gegenüber Kritik. Aber mit deinem Maßstab ist die CDU auch nicht gegen rechts, sondern nur anti-links.

                  • cimourdain 23. Februar 2022, 07:22

                    Meinen Sie den zweiten Golfkrieg? Im ersten standen die Vereinigten Staaten noch hinter Saddam Hussein. Aber da waren halt keine Nordamerikaner oder Westeuropäer involviert, die automatisch recht haben.
                    Die völkerrechtliche Legitimität des zweiten Golfkrieges wurde u.a. mit den Horrorgeschichten Nayirahs erwirkt.
                    „Wenn eine Lüge einen Krieg beginnen kann, dann kann die Wahrheit vielleicht einen Krieg beenden“

                    • Stefan Sasse 23. Februar 2022, 11:23

                      Zweiter Golfkrieg = Erster Irakkrieg 1991

                  • CitizenK 23. Februar 2022, 17:17

                    „In der liberalen Demokratie wäre es redundant und eine Zeitverschwendung, die Zustimmung zur Politik der Regierung laut zu demonstrieren“

                    https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/ukraine-konflikt-warum-demonstriert-niemand-gegen-putin-17824808.html

  • Lemmy Caution 21. Februar 2022, 13:24

    Hab mich ja immer wieder über die Sanktionen gegen das bolivarische Venezuela informiert.
    Da gibts einige sehr seltsame Punkte und damit auch Fragen, die auch auf Russland bezogen werden können.
    1.) Inwieweit unterläuft eigentlich die Politik einiger Schweizer Banken die Wirksamkeit der Sanktionen, insbesondere die gegen Privatpersonen? Hier gibt es nun ein umfangreiches Daten-Leak, dass der Süddeutschen Zeitung zugespielt wurde und von u.a. dem Guardian mitausgewertet wird.
    2.) Es gibt spezialisierte Geschäftsleute, die Regierungen bei der Umgehung der Sanktionen helfen. Berühmt für Venezuela ist der kolumbianische Geschäftsmann Alex Saab, der inzwischen an die USA ausgeliefert wurde. Ich hab da ein hochgelobtes spanischsprachiges ebook über den Vogel, vielleicht ziehe ich die Lektüre mal vor.
    Zu Saab kam letzte Woche raus, dass er offenbar ab 2018 (!!!) als Informant der DEA (die international agierende US Drogen-Polizei) agierte. Saab war also GLEICHZEITIG Trickser für Maduro gegen US-Sanktionen und DEA Informant.
    Es geht um unglaublich hohe Geldbeträge und Drohungen längerer Aufenthalte im US-Strafvollzug, was die operative Komplexität ungemein erhöht.

    • Stefan Sasse 21. Februar 2022, 16:57

      1) Es ist quasi das Geschäftsmodell der Schweizer Banken, einflussreichen Privatleuten beim Brechen des Rechts zur Seite zu stehen. Gelegentlich auch Staaten, man ist da nicht wählerisch.

      2) Spannend.

  • Thorsten Haupts 21. Februar 2022, 13:50

    Nur als Hinweis: Der Economist hat Mulders Buch in seiner neuesten Ausgabe ebenfalls positiv besprochen – ganzseitig immerhin :-).

    Gruss,
    Thorsten Haupts

  • Lemmy Caution 22. Februar 2022, 11:22

    Wo haben die Sanktionen wirklich was gebracht?
    Sanktionen sind sehr schwer aufzuheben, wenn sie keine Wirkung zeigen. Außerdem kann immer die Verhältnismässigkeit in Frage gestellt werden, d.h. konkret: Wenn die USA Venezuela wegen Menschenrechtsverletzungen sanktioniert, warum nicht China?
    Das Maduro Regime wurde durch die massive Verschärfung der US-Sanktionen seit 2019 eher gestärkt.
    Dabei gibt es wenig Regime, die dermassen ihr Land ausgeplündert haben:
    – 6 Mio Flüchtlinge bei 2015 mal 30 Mio Einwohnern
    – BIP Schrumpfung von 75% (!!!) 2012 bis 2021. Das haben Rote Armee, Royal Air Force, US Air Force, diverse Panzerarmeen kaum in Deutschland 1942-45 geschafft.

    In West-Europa und Nord-Amerika fehlt es an einer Vorstellung darüber wie Länder mit diesen Merkmalen intern politisch funktionieren:
    – hohe Akzeptanz von Korruption durch die gesamte Gesellschaft
    – relativ extrem hohe finanzielle Mittel nicht durch Innovation, sondern durch Kontrolle über die Rohstofferzeugung.
    – weitverbreiteter naiver Glaube durch die gesamte Gesellschaft in caudillistische Gestalten

    Diese Bedingungen gibts in vielen Ländern. Sie sind unterschiedlich stark ausgeprägt und können sich mit der Zeit auch abschwächen, aber sie WIRKEN. Ich habe Jahrzehnte gebraucht, um die Auswirkungen dieser Faktoren auf die politischen Verhältnisse in Chile ansatzweise nachvollziehen zu können.
    Man sollte Nord Stream 2 sofort stoppen und man kann auch irgendwelche Militär- und Polit-Honchos persönlich belangen. Da sitzt ein gewichtiger Gegner aber auch im schönen Zürich. Ansonsten sollten wir mit dem Mittel Wirtschaftssanktionen vermutlich vorsichtiger umgehen.

    • Stefan Pietsch 22. Februar 2022, 11:44

      Stellt sich die Frage, was man überhaupt tun soll, wenn man nicht bereit ist, militärisch zu intervenieren.

      Russland stellt sich gegen die Weltgemeinschaft und das noch als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Russland bricht das internationale Recht, erklärt die unterzeichneten Verträge für obsolet und ohnehin nur als Teil von taktischen Manövern und das beste, was die anderen Länder tun können, ist danebenstehen, nicken und hoffen, dass die innerstaatliche Opposition – selbstverständlich ohne Unterstützung von außen – irgendwann so stark ist, zu allem entschlossene Diktatoren hinwegzufegen und die Demokratie einzuführen. Ich kann über solche Strategien nur lachen.

      Die innerstaatliche Zufriedenheit mit einer Diktatur wird maßgeblich von den Lebensverhältnissen bestimmt. Es ist keineswegs so, dass die Sanktionen gegen Russland wirkungslos geblieben seien. Mit dem Fallen der Lebensqualität ist die Opposition gegen die sich selbst bereichernde Clique um Putin gewachsen. Der Kriegsfürst hat seine Erzählung verloren, für Wohlstand sorgen zu können und das trotz enorm gestiegener Einnahmen aus dem Geschäft mit Rohstoffen.

      Das Maduro Regime wurde durch die massive Verschärfung der US-Sanktionen seit 2019 eher gestärkt.

      Woran machst Du das fest? Sicher, Maduro sitzt fest im Sattel, aber doch nur, in dem das Regime mit größerer Brutalität als vor 10 Jahren vorgeht. Das ist immer eine Scheinsicherheit.

      • Lemmy Caution 22. Februar 2022, 13:39

        SP: Stellt sich die Frage, was man überhaupt tun soll, wenn man nicht bereit ist, militärisch zu intervenieren.

        LC: Gewaltlose Oppositionelle Gruppen unterstützen. Sanktionen gegen Personen. Villen einkassieren, Investitionen in europäische Spitzen-Fußballvereine verbieten, Geldvermögen einfrieren, der gesamten Sippschaft Reisen in unsere Länder und Besuch von Privatschulen verbieten.
        Ansonsten: Abwarten und Tee trinken. Darauf vertrauen, dass sich keine Diktatur für ewig hält, auch wenn es sehr lange dauert.
        Es ist schwierig zu akzeptieren, aber wir überschätzen die Wirksamkeit der Sanktionen für einen Regime-Wechsel.
        Politisch aktive Leute haben einen wichtigen Grund mehr, das Land zu verlassen. Menschen am Rande des Existenzminimums finden sich politisch mit praktisch allen ab. In Venezuela schwand in den letzten Jahren der Glaube in den Bolivarismus. Gleichzeitig machte sich aber eine politische Hoffnungslosigkeit breit. Letzteres wirkte stärker.

        Du sagst ja selber, dass Maduro trotz sehr harter Sanktionen seit 2019 fest im Sattel sitzt. Das funktioniert über politische Hoffnungslosigkeit und weil die Rest-Bevölkerung 24×7 damit beschäftigt ist, überhaupt am Leben zu bleiben. Ich konnte mir das auch lange Zeit schwer vorstellen. Es erscheint mir aber immer plausibler. Erfolgreichen Transformationen ohne Krieg ging nicht selten eine VERBESSERUNG der Lebensqualität voraus: Chile 1988, Spanien 1975.
        Für den größeren Rest der Ukraine und die baltischen Staaten wäre ich für ein Hochfahren einer glaubhaften Androhung von militärischen Gegenschlägen. Vielleicht gelingt es bei dem Thema China ins Boot zu holen.

        • Stefan Pietsch 22. Februar 2022, 15:04

          Gewaltlose Oppositionelle Gruppen unterstützen.

          Ja. Immer wieder gerne. Selbst in unserer Geschichte findet sich kein Beispiel, wo das einen signifikanten Einfluss gehabt hätte. Gute Worte, Motivationsansprachen – so in etwa.

          Villen einkassieren, Investitionen in europäische Spitzen-Fußballvereine verbieten, Geldvermögen einfrieren, der gesamten Sippschaft Reisen in unsere Länder und Besuch von Privatschulen verbieten.

          Das passiert ja. Und gerade gestern habe ich noch gehört, wie einfach das zu umgehen ist. Umschreiben auf die Geliebte, zack, Sanktion umgangen.

          Kleiner Hinweis am Rande: Schalke 04 ist kein europäischer Spitzenclub. Die spielen in der zweiten Liga, die im europäischen Maßstab in jeder Hinsicht zweit- eher viertklassig.

          Abwarten und Tee trinken. Darauf vertrauen, dass sich keine Diktatur für ewig hält, auch wenn es sehr lange dauert.

          Diktaturen halten oft ein Menschenleben, so man sie nicht stört. In Nordkorea leiden Generationen von Menschen unter der Herrschaft einer Familie. Es ist also eine Frage, wie Du „ewig“ definierst.

          Ich halte es ansonsten mehr mit militärischer Gewaltandrohung und Umsetzung aus der Position der Stärke und Überlegenheit. Den Afghanen ging es 20 Jahre weit besser unter „NATO-Besatzung“ als in den Monaten unter Taliban-Herrschaft. Das sage nicht ich, das sagen Afghanen mit familiären Beziehungen in das Land.

          Wir haben nur ein Leben, nicht 20, von denen wir bedenkenlos eines einem Gewaltherrscher opfern könnten.

          Politisch aktive Leute haben einen wichtigen Grund mehr, das Land zu verlassen.

          Nawalny ist ein schönes Gegenbeispiel. Politisch Oppositionelle sind ja oft solche, weil sie im Land etwas verändern wollen, oftmals Idealisten.

          Venezuela ist ein bitter armes Land. Dort wird gehungert. In Moskau und Sankt Petersburg gibt es keine breitere Bildungselite, die Wohlstand besitzt.

          Du sagst ja selber, dass Maduro trotz sehr harter Sanktionen seit 2019 fest im Sattel sitzt.

          Maduro wurde nicht zuletzt von Russland gestützt. Das kumuliert zusammen mit dem korrupten Militär zu einer unüberwindbaren Gewaltmacht. Was willst Du dagegen machen?

          Klar, mir sind die Beharrungskräfte von Gesellschaften durchaus bewusst. Die Menschen gewöhnen sich an Unterdrückung und dem Vorenthalten von Lebenschancen. Das erleben wir ja gegenwärtig selbst in einem so wohlhabenden und einstmals freiheitlich gesinnten Land wie unserem.

          Die NATO hat sich einseitig bisher daran gehalten, in den neuen Mitgliedsländern keine festen Verbände zu stationieren. Daran braucht sich nun niemand mehr zu halten. Wenn die Balten und die Polen NATO-Truppen haben wollen, sollen sie sie bekommen.

          • Stefan Sasse 22. Februar 2022, 15:09

            Jein, die Unterstützung der Oppositionsgruppen im Ostblock hat ja schon einen dauerhaften delegitimierenden Einfluss gehabt. Nicht groß; am Ende hat sich der Ostblock selbst zerlegt. Aber war kein Fehler, oder?

            • Stefan Pietsch 22. Februar 2022, 15:39

              Nein, hatten sie nicht. Oppositionelle in den sozialistischen Bruderstaaten galten fast durch die Bank als Sonderlinge. Als politische Größe wurden sie nicht wahrgenommen, was sich auch darin zeigt, dass sie später als Parteigründungen keine erkennbaren Erfolge erzielen konnten.

              • Stefan Sasse 23. Februar 2022, 11:17

                Ich weiß. Mir geht es daher spezifisch um den Legitimationseffekt.

            • Thorsten Haupts 24. Februar 2022, 14:40

              Ein Fehler nicht, nein. Fun Fact am Rande – in den achtzigern war meines Wissens nach mein Studentenverband RCDS der einzige politische Verband der Bundesrepublik (Mutterparteien eingeschlossen), der klandestine (nicht wirklich geheime, nur vetrauliche), aber regelmässige, Kontakte zur Opposition der DDR unterhielt. Nach meiner Erinnerung wusste die damalige DDR-Opposition selbst, wie ohnmächtig sie solange war, wie das Regime bereit war, physische Gewalt anzuwenden. Das ist eine Menschheitskonstante – Revolten gibt es seit vielen Jahrhunderten fast immer nur in den Phasen, in denen ein Regime schwächelt bzw. den unbedingten Willen verloren hat, notfalls alles niederzukartätschen.

              Gruss,
              Thorsten Haupts

              • Stefan Sasse 24. Februar 2022, 16:25

                Das ist korrekt. Aber die Oppositionsgruppen hatten durch ihre schiere Existenz den Effekt, ständig die Legitimation des Regimes herauszufordern. Schau dir mal China an. Da gibt es keine Oppositionsgruppen, klandestin oder sonstwie. Deswegen kann die Regierung von sich behaupten, das ganze Land, die ganze Bevölkerung zu vertreten. Das war in der DDR so nicht möglich. Es war wesentlich klarer, wo die Fronten lagen; es war schwieriger, die wahre Natur des Regimes zu leugnen. Das ist nicht viel, aber auch nicht nichts.

          • Lemmy Caution 22. Februar 2022, 17:25

            FC Chelsea, nicht Schalke 05.

            Wenn Russland so weitermacht, wird das nix mit der wirtschaftlichen Entwicklung. Zumindest über einen längeren Zeitraum von 20 Jahren. Der Ölpreis wird jedenfalls sinken.

            Venezuela hatte 1995, also nur 3 Jahre vor Chávez, das höchste BIP von Lateinamerika. In den 70ern, 80ern wanderten viele gut ausgebildete Latinos nach Venezuela aus, v.a. auch weil es dort die besten Chancen gab.
            In den letzten Jahren waren die Proteste gegen Maduro in Vergleich zu den Jahren vorher stark rückläufig, trotz BIP Schrumpfung von 10 bis 20% pro Jahr. CEPAL hat die für aggregierte Daten der gesamten Region herausgerechnet, weil die so übermässig schlecht performten.
            Irgendwann geben auch Idealisten auf.

            Militärisch würde ich auch dagegen halten. Da sind wir uns einig.

            Unter der NATO Herrschaft bildete sich in Afghanistan kein stabiles System. Wir dürfen uns da nicht überschätzen.

            • Stefan Pietsch 22. Februar 2022, 18:46

              Das ist nicht mehr Putins Problem. Er hat eine Obsession mit der Ukraine und wähnt sich offensichtlich im 19. Jahrhundert.

              NATO-Schutz besser als Taliban-Herrschaft. Das ist die Meinung der Bevölkerung und hat sich erneut bewiesen.

      • Stefan Sasse 22. Februar 2022, 14:20

        Sehe ich auch so. Diese Regime wirken außerdem immer super stabil – bis sie es von einem Tag auf den anderen nicht mehr sind.

    • Stefan Sasse 22. Februar 2022, 14:19

      Deutschland beendete den Krieg 1945 mit 92% seines BIP, von daher: nein, haben sie nicht geschafft.

      Es kommt denke ich auch drauf an, was sanktioniert wird. Wenn man gezielt die Elite des Regimes sanktioniert, macht das z.B. Sinn, wenn man dagegen Medizin- und Nahrungsmittellieferungen blockiert wie im Irak in den 1990er Jahren ist das eher problematisch.

      • Lemmy Caution 22. Februar 2022, 17:08

        Hast Du BIP Zahlen von Deutschland für 1945-48. Das suche ich seit Jahren. Vermutlich meinst Du 1949.

        • Stefan Sasse 23. Februar 2022, 11:21

          M – Bruttonationalprodukt 1945 (1937 = 100)
          Land BNP 1945
          Belgien 87
          Dänemark 96
          Deutschland 95
          Finnland 104
          Frankreich 54
          Italien 61
          Niederlande 53
          Norwegen 100
          Österreich 55
          UdSSR 77
          Großbritannien 118
          Schweden 126
          Schweiz 133
          USA 195
          Japan 62
          Quelle: Maddison, Angus, Dynamic forces in capitalist development. A long-run comparative view (Oxford und New York 1991), S. 212–215; Mitchell, B.R., International historical statistics. Europe 1750-1988 (New York 19932), S. 411-412.

          • Lemmy Caution 23. Februar 2022, 11:58

            wow.
            Vergleichsjahr 1937, das aber ganz gut war, soweit ich weiss.

            • Stefan Sasse 23. Februar 2022, 14:28

              Ganz gut inwiefern?

              • Lemmy Caution 23. Februar 2022, 15:26

                Ganz gut bezogen auf das BNP.
                Schuldenfinanziertes Wachstum
                Regierung meine ich damit natürlich nicht.

                • Stefan Sasse 23. Februar 2022, 15:54

                  Vor allem mal die Ausplünderung Europas im Krieg. Schau dir mal an, wie es den Ländern unter deutscher Besatzung geht, da siehst du den Hauptgrund für die hohe deutsche Zahl.

  • Ariane 22. Februar 2022, 16:10

    Kleiner Hinweis am Rande: Schalke 04 ist kein europäischer Spitzenclub. Die spielen in der zweiten Liga, die im europäischen Maßstab in jeder Hinsicht zweit- eher viertklassig.

    Auch Zweitligaclubs können natürlich internationale Spitzenclubs sein, um das mal klarzustellen.

    Ansonsten, was Lemmy und Stefan sagen, es ist schon sinnvoller zielgenaue Sanktionen gegen die herrschende Elite zu suchen (man munkelt gar, man könnte wenn man wöllte, Lücken schließen). Teure Nahrungsmittel oder Lebenshaltungskosten kratzen die ja nicht und man hat vermutlich auch mehr Druck auf das Regime als wenn man Oppositionsgruppen fördert. Und auch gerne diese „weichen“ Ziele wie Fußball, Shopping, Privatinternat.

    A propos: die Uefa(!!) erwägt übrigens, das Champions League-Finale aus St. Petersburg woandershin zu verlegen.
    https://www.bbc.com/sport/football/60474920?xtor=AL-72-%5Bpartner%5D-%5Bbbc.news.twitter%5D-%5Bheadline%5D-%5Bnews%5D-%5Bbizdev%5D-%5Bisapi%5D&at_custom4=938E38E2-93DC-11EC-8F2B-48DD4744363C&at_custom1=%5Bpost+type%5D&at_custom3=%40BBCWorld&at_custom2=twitter&at_campaign=64&at_medium=custom7

    Ihnen diese Prestigesachen endlich abzunehmen, finde ich auch gut. Auch wenn ich ein leichtes, hysterisches Auflachen nicht verhindern konnte.

    • Lemmy Caution 22. Februar 2022, 17:12

      Ich meinte überhaupt nicht Schalke 05 sondern den FC Chelsea.

  • CitizenK 24. Februar 2022, 07:10

    Der Titel ist aus einer vermeintlich überlegenen ökonomischen Position heraus formuliert. Das könnte sich jetzt umdrehen: Energie und Rohstoffe als ökonomische Waffen.

    Wenn jetzt die Pipelines durch die Ukraine durch den Krieg ausfallen, absichtlich oder nicht, bleibt Nordstream. Wer hält das länger durch?

    • Stefan Sasse 24. Februar 2022, 12:23

      Ja, sicher. Die Blockade wie Mulder sie beschreibt ist ein multilaterales Instrument gegen einen einzelnen Staat.

  • cimourdain 24. Februar 2022, 08:36

    Lose zum Thema: der kenianische Vertreter im UN-Sicherheitsrat hat eine tolle Rede gehalten, in der er frei vom Heuchlerverdacht Putins Imperialismus (für Diplomaten) scharf kritisiert:
    https://www.theguardian.com/world/video/2022/feb/22/kenyas-enoy-to-un-cites-colonial-past-as-he-condemns-russian-move-into-ukraine-video

    • Stefan Sasse 24. Februar 2022, 12:27

      Ich lese diese Rede völlig anders. Der zentrale Punkt ist, dass Russlands Handeln die Legitimation ALLER Grenzen gefährdet. Russland ist im Endeffekt ein Rogue State.

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