Die Taliban stehen nur noch Tage vor der kompletten Eroberung Afghanistans. Seit dem Abzug der letzten NATO-Truppen im Juni haben sie einen unaufhaltsamen Vormarsch hingelegt. In rascher Folge fielen die Außenposten wie Mazar-el-Sharif und Kandahar, die die letzten zwanzig Jahre, wenn Afghanistan in den Nachrichten auftauchte, im Zentrum standen. Die afghanische Armee, zwanzig Jahre lang mit unzähligen Milliarden und unter großem Beratungsaufwand aufgebaut, fiel zusammen wie ein Kartenhaus, noch schneller als die irakische Armee angesichts des Vormarsch des IS anno 2014. Der afghanische „Präsident“, Aschraf Ghani, verkündete bereits am 14.08.2021, er wolle keine Schritte unternehmen, die „nutzlos Leben fordern“, was einer Kapitulationserklärung gleichkommt. Das Spektakel überraschte in seiner Geschwindigkeit, aber nicht in seinem Ablauf. Niemand rechnete ernsthaft damit, dass die Taliban nicht zumindest einen Großteil des Landes erobern würden. Schon unter der NATO-Militärpräsenz war es nie gelungen, das Land auch nur ansatzweise der Kontrolle der Regierung in Kabul zu unterwerfen; nun war bestenfalls darauf zu hoffen, dass einige urbane Zentren längerfristig standhalten würden, während der Großteil der ländlichen Regionen in der Düsternis der fundamentalistischen Taliban-Herrschaft versinken würde.
Entsprechende Voraussagen waren kein Geheimnis. So wurde in der amerikanischen Debatte über den Abzug viel darüber debattiert, dass die afghanische Luftwaffe – ausgestattet und trainiert von der US Air Force – keine sechs Monate flugfähig bleiben konnte, weil mit dem Abzug der Amerikaner auch die contractors das Land verließen, die für die Wartung der Maschinen zuständig und notwendig waren. Dieses spezifische Problem stellt sich nun als irrelevant heraus. Ein Zeitraum von sechs Monaten ist wesentlich zu großzügig gerechnet. Dies überrascht offensichtlich die Planer*innen in allen westlichen Ländern (und, man darf vermuten, auch die Beobachtenden in anderen Nationen und vermutlich die Taliban selbst).
Die Gründe dafür sind Legion. Letztlich aber sind sie gerade in ihrer Vielzahl die eigentliche Botschaft. Kevin Drum hat einige Analysen der führenden Zeitungen zusammengetragen und kam auf die folgende Liste an Gründen:
- Hubristic nation building. (Hybris der Idee des nation building)
- Starry-eyed constitution writing. (blauäugige Verfassungsgestaltung)
- Wildly unrealistic military training. (völlig unrealistisches militärisches Training)
- Vast corruption. (verbreitere Korruption)
- Lack of food and weapons for Afghan soldiers. (Mangel an Nahrung und Waffen für die afghanischen Soldaten=
- Bad negotiating from the Trump administration. (Schlechte Verhandlungsführung der Trump-Regierung)
- Afghan leadership void. (Afghanisches Führungsvakuum)
I’m glad everyone is finally able to admit this now that the war is over, but it sure sounds like it’s been common knowledge for at least a decade. This is why I think it’s folly to suggest that things would have been any different if we’d waited another six months before withdrawing.
Das kann man wohl unterschreiben. Tatsächlich ist mir niemand persönlich bekannt, der daran geglaubt hätte, dass der Afghanistan-Einsatz zu einer dauerhaften Stabilisierung des Landes führen würde. Dass das Land nach dem Abzug der NATO-Truppen wieder an die Taliban fallen würde, zumindest zu großen Teilen, galt als ausgemacht und gehörte ja mit zum Repertoire der ständigen Rechtfertigungen der Verlängerung des Einsatzes: wenn man ginge, entstünde eine Katastrophe, also müsse man bleiben. Das Schlimme ist, dass das ja offensichtlich stimmte. Es ist müßig darüber zu sinnieren, wann der „richtige Moment“ für den Abzug kam. Die Neocons argumentieren bereits eine neue Dolchstoßlegende herbei, etwa der Erz-Neocon Robert Kagan am 13.08.2021 in der New York Times, der sich nicht entblödete, unter der Überschrift „Joe Biden could have stopped the Taliban. He chose not to“ dem Präsidenten die Schuld an den Geschehnissen zu geben und zu erklären, dass sechs weitere Monate der Stationierung ganz bestimmt die Wende gebracht hätten. Einen „richtigen Moment“ für den Abzug gab es nie und hat es nie geben können.
Ich würde an der Stelle gerne darauf verweisen, dass die Lektionen des Afghanistan-Einsatzes Politik und Medien sicherlich noch lange beschäftigen werden, aber das ist eher unwahrscheinlich. Stattdessen ist offensichtlich, dass die westlichen Gesellschaften ihre Hände so schnell wie möglich in Unschuld waschen und diese 20 Jahre verdrängen wollen. Letztlich ist es das, was wir die letzten zwei Dekaden auch gemacht haben. Afghanistan spielte in der Innenpolitik, abgesehen von einigen wenigen Momenten, in denen es kaum zu ignorieren war – etwa beim Karfreitagsgefecht 2010 – keine Rolle. Die Verlängerungen des Afghanistan-Mandats waren rituell, sowohl weil es keine echte Alternative gab als auch, weil das Heft des Handelns ohnehin nicht bei Deutschland lag, wie man ja auch beim Abzug gesehen hat. Sowohl die Entscheidung zum Abzug als auch der Zeitplan waren komplett von den USA diktiert, und die Bundeswehr hätte nicht länger bleiben können, selbst wenn sie es gewollt hätte (noch früher abziehen).
Und was für ein Abzugsplan das war! Noch unter Trump war die geschmacklose Entscheidung getroffen worden, den Abzug spätestens zum Datum des 11. September 2021, dem zwanzigsen Jahrestags der Anschläge auf das World Trade Center, abgeschlossen zu haben. Die Signalwirkung war deutlich; es handelte sich um eine komplette Interpretation des Einsatzes um die Eigenperspektive der USA, von Anfang bis Ende, in der Afghanistan und das afghanische Volk keinerlei Rolle spielten. Joe Biden gelang es, diese Geschmacklosigkeit noch zu überbieten, indem er den Abzug beschleunigte und auf „vor den 4. Juli 2021“ legte, der als amerikanischer Unabhänigkeitstag keinerlei Bezug zu Afghanistan hat, aber einen amerikanischen Triumph insinuiert.
Die USA immerhin haben sich nicht in die Tasche gelogen, was das Schicksal Afghanistans anging, und die mit ihnen verbündeten Ortskräfte vergleichsweise großzügig evakuiert. Sicherlich hätten sie mehr tun können, aber sie retteten eine fünfstellige Zahl von Menschen zusammen mit ihren eigenen Truppen. Demgegenüber verhielten sich die europäischen Verbündeten wesentlich schlechter. Großbritannien etwa weigert sich, Ortskräfte zu evakuieren, die nicht direkt von der Regierung, sondern von contractors angeheuert wurden, weil man mit denen ja nichts zu tun habe. Die ohnehin bedenkliche Privatisierung des Krieges zeigt sich hier von ihrer zynischsten Seite.
Aber auch das Verhalten des Vereinigten Königreichs verblasst gegenüber dem massiven Verrat, den Deutschland an seinen Ortskräften begeht. Man versinkt vor Scham im Boden gegenüber dem, was unsere Regierung fabriziert. Noch vergangene Woche (!) bestand etwa Innenminister Seehofer darauf, afghanische Flüchtlinge in ihr Heimatland abzuschieben und fabulierte von „sicheren Zonen“, die dies ermöglichten. Nun, nur Tage später, sind sowohl Mazar-el-Sharif als auch Kabul selbst gefallen, der afghanische Präsident und sein Vize geflüchtet und die zurückgelassenen Ortskräfte verstecken sich in Todesangst in den Häusern von Freunden und Verwandten und schreiben verzweifelte Nachrichten an ihre ehemaligen deutschen Kolleg*innen.
Dieses bedenkenloses Zurücklassen von Ortskräften hat System. Anders als die meisten anderen NATO-Länder weigerte sich die Bundesregierung, Vorkehrungen für die Rettung und Aufnahme von Ortskräften zu treffen. Obwohl der Bundestag bereits 2012 (!) erstmals die Regierung dazu aufforderte, wurde dies nicht getan; gleichwohl behaupteten die entsprechenden Stellen, diese Vorkehrungen getroffen zu haben – eine glatte Lüge. Noch am 23. Juni beschloss der Bundestag mit den Stimmen von CDU, SPD und AfD, keine afghanischen Ortskräfte aufzunehmen. Das Kalkül scheint gewesen zu sein, dass die Taliban langsam vorrücken und bis zum Jahreswechsel brauchen würden, um das Land zu erobern, so dass das Thema aus dem Bundestagswahlkampf herausgehalten und zum Problem der nächsten Regierung gemacht werden konnte, eine widerwärtige Verantwortungslosigkeit sondersgleichen, die aber zum Charakter gerade Horst Seehofers passt.
Die Verantwortung für das Afghanistan-Debakel ist aber eine überparteiliche. Der Krieg begann unter einer rot-grünen Regierung, die die Weichen für die Dauer-Anwesenheit stellte (wenngleich der Wandel des Mandats in Richtung nation building erst in die Regierungszeiten Angela Merkels fiel). Er wurde auf Autopilot unter Schwarz-Gelb weitergeführt, während deren Regierungszeit das größte militärische Debakel, das Karfreitagsgefecht, stattfand, und er wurde unter Schwarz-Rot ebenso auf Autopilot ständig weiterbetrieben und abgenickt. Es ist äußerst unglaubwürdig zu behaupten, dass irgendeine deutsche Regierung der vier etablierten Parteien diese Politik irgendwie anders gestaltet hätte; zu groß waren wie gesagt die Pfadabhängigkeiten einerseits und die technisch-logistischen Abhängigkeiten von den USA andererseits. Nicht mit Ruhm bekleckert hat sich aber auch die LINKE, die zwar beständig ablehnte, die Mandate zu verlängern und den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan forderte, aber nie eine Antwort dafür parat hatte, wie das mit den Verbündeten bewerkstelligt werden sollte (wobei fairerweise die dadurch ablaufende Sabotage der deutschen NATO-Mitgliedschaft im Interesse der Partei wäre…) oder was danach mit Afghanistan geschehen sollte. Und die AfD forderte zwar auch gerne populistisch ein Ende des Einsatzes, beschränkte sich aber ansonsten gerne darauf, so hart wie möglich mit den Flüchtlingen umzugehen.
Nein, Deutschland hat sich unglaublich schlecht verhalten, als ganze politische Einheit. Das Geschrei der letzten Tage, die Bundeswehr möge mit Shuttle-Flügen rund 20.000 Ortskräfte evakuieren, ist bestenfalls naiv, schlimmstenfalls zynisch. Die Bundeswehr hat dazu überhaupt nicht die Mittel. Und mit dem Fall Kabuls und der offiziellen Kapitulation der aghanischen Regierung ist ohnehin jede Basis dafür zerstört. Die Bundesregierung hat im Juni, im Juli und im August sehenden Auges beschlossen, diese Menschen einem grauenhaften Tod in den Händen der Taliban zu überlassen. Mögen Maas und Seehofer dafür in der Hölle schmoren.
Wir waren heute bei unserem Afghanen essen. Die Menschen sind in tiefer Sorge um ihre Geburtsstadt und um ihre Angehörigen wie Freunde. Ich bin tief beschämt.
Ich habe diese Rückzugsideologie immer für falsch gehalten. Wie lange waren die alliierten Truppen nach Ende der Hitler-Diktatur in Deutschland, einem Land, das über zivile Strukturen und westliche Organisation längst verfügte und Erfahrungen mit demokratischen Regeln gemacht hatte? 45 Jahre.
Wir, der Westen, lassen ein Land im Stich, das seit einem Jahrhundert von Bürgerkriegen geplagt ist. Wir werfen weg, was in 20 Jahren an Strukturen und Vertrauen aufgebaut wurde. Für nichts! Wir lassen Menschen – vor allem Frauen und Kinder im Stich, überlassen sie dem grausamen Schicksal nicht lernen und leben zu können, wie es ihren Bedürfnissen entspricht. Das sind Tage der Schande. Für dieses Land, für den Westen, für die NATO. Mit dem Abzug haben wir unsere Werte verraten. Was für satte, bequeme, feige Gesellschaften wir doch sind!
Millionen Menschen sind jetzt zusätzlich auf der Flucht. Wo ist unsere Verantwortung, wir Land der Feiglinge?
Kein Widerspruch außer beim Vergleich mit Deutschland, aber dazu bald ein eigener Artikel.
Erlauben Sie mir höflich, etwas Wasser in diesen Wein zu giessen?
Nach den vorliegenden Informationen ist die komplette afghanische Armee (mehrere hunderttausend Mann, die mindestens adäquat ausgebildet und bewaffnet waren) einfach kampflos weggelaufen.
Sie können kein Land von aussen schützen oder befrieden, wenn sich nicht mindestens signifikante Teile der Bevölkerung aktiv daran beteiligen. Das ist in Afghanistan offenkundig und sichtbar nicht der Fall, case closed.
Gruss,
Thorsten Haupts
Sie sind immer höflich, ich kenne Sie gar nicht anders. 😉
Nach den vorliegenden Informationen ist es den alliierten Streitkräften mit einem Kontingent von gerade 10.000 Mann gelungen, wild entschlossene Gotteskrieger in Schach zu halten. Aber selbst diesen Preis wollten wir für die Freiheit von 38 Millionen Afghanen nicht zahlen.
Es reicht nicht, Waffen zu stellen. Es braucht Infrastruktur, Dienstleistungen wie Reparatur und Ersatzteile. Binnen Wochen wäre die Armee ohnehin trocken gelaufen.
So, und Millionen von Afghanen ohne Überzeugungen, ohne Glauben an die Überlegenheit von Demokratie und Rechtsstaat, nehmen wir jetzt als Flüchtlinge, damit sie Westeuropa stabilisieren? Prima. Ich denke, der Fall ist keineswegs abgeschlossen.
Geht auf mein Kernargument überhaupt nicht ein:
Sie können kein Land von aussen schützen oder befrieden, wenn sich nicht mindestens signifikante Teile der Bevölkerung aktiv daran beteiligen. Das ist in Afghanistan offenkundig und sichtbar nicht der Fall, case closed.
Und nein, ich wäre nicht bereit, mein Leben für ein land einzusetzen, wenn dessen Bevölkerung das selbst nicht tut. Deshalb wollte ich in Deutschland nicht mehr Soldat sein .
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts 16. August 2021, 14:06
Sie können kein Land von aussen schützen oder befrieden, wenn sich nicht mindestens signifikante Teile der Bevölkerung aktiv daran beteiligen. Das ist in Afghanistan offenkundig und sichtbar nicht der Fall, case closed.
Sie gestatten hoffentlich, dass ich das anders sehe.
Wenn man einen etwas tieferen Blick auf die afghanische Geschichte wirft, wird klar, dass Afghanistan nicht ein Land in dem Sinne ist, wie wir es kennen. Anders als in Deutschland, wo es schon lange vor der Reichsgründung 1871 trotz Vielstaaterei eine deutsche Identität und eine halbwegs einheitliche Sprache gab, und die deutsche Grenze, wenn sie auch viele Fürstentümer umschloss, von allen gleich verstanden wurde, ergab sich die Ziehung der Grenzen eher zufällig durch Großmächte, die sich hier immer wieder austobten. So sind die „Grenzen“ zu Pakistan und dem Iran fließend, da die dort lebenden Stämme auf beiden Seiten des Grenzgebiets beheimatet sind und von einer „Grenze“ nicht viel halten. Ähnlich wie im Gebiet Türkei / Irak / Iran / Syrien oder in Afrika hätte man lieber die Grenzen nach Volksstämmen ziehen sollen, nicht nach politischen Kriterien.
Dazu sind die praktischen Machtverhältnisse seit Jahrhunderten nicht demokratisch, sondern tribal bestimmt. Auch die wichtigen Führungspositionen dieser bestenfalls lockeren Eingrenzung namens Afghanistan werden nach tribaler Parität vergeben. In einer solchen Situation steht nicht „Afghanistan“ gegen die Taliban, sondern beispielsweise die Paschtunen.
Darüber hinaus ist die dortige Religion, der Islam, nicht nur deutlich prägender als das Christentum bei uns, sondern in einem gewissen Rahmen auch der Halt, mit dem man sich an ruhmreichere frühere Verhältnisse klammert. Auch ist das Thema „Gleichberechtigung der Frau“ selbst in vielen Schichten der Bevölkerung von Kabul nicht so akzeptiert wie bei uns; in ländlichen Gebieten ist man durch die Bank deutlich traditionalistischer eingestellt.
Die Taliban haben also den grundsätzlich „richtigen“ Glauben (gegen den westlichen Kapitalismus), die grundsätzlich „richtige“ gesellschaftliche Vorstellung (der Stammesführer bestimmt, nicht eine „demokratische“ Mehrheit, die Frau ist dem Mann untertan), die besseren Waffen. Sie drücken (übertrieben formuliert) jedem Looser, der keine Partnerin abgekriegt hat, eine Knarre in die Hand – samt Erlaubnis, andere zu züchtigen, die nicht nach seiner Pfeife tanzen. Das ist Macht …
Das ist nur in der Stadt oder unter überdurchschnittlich gebildeten Menschen Schwarzweiß, für den Rest eine Unterscheidung von Grautönen. Wer soll da gegen die Taliban kämpfen, und warum?
Um so größer unsere Schande, wenn wir ein paar Leuten die Vorteile unseres Lebensstils nahebringen, die uns unterstützen, und nun im Stich gelassen werden. Da können wir die gleich selbst umbringen; ich bin mir sicher, dass das ein gnädigerer Tod wäre.
Bleibt im Ergebnis dasselbe – die Afghanen wollen nicht gegen die Taliban kämpfen. Case (again) closed.
Gruss,
Thorsten Haupts
Würde ich so nicht stehen lassen. Sie wollten nicht in dieser Armee für dieses korrupte System kämpfen. Die Taliban sind im Land beliebt wie Fußpilz, aber sie sind im Gegensatz zum Marionettenregime halbwegs effizient. Das macht den ganzen Unterschied.
Auch diese Abwandlung ändert erneut nichts am Ergebnis?
Gruss,
Thorsten Haupts
Nun ja, doch. Weil du sagst: „die wollen nicht gegen die Taliban kämpfen“, das ist aber nicht zwingend richtig. Die örtlichen Warlords hatten nie Probleme, Kämpfer gegen die Taliban zu halten. Deine Analyse geht halt völlig in die Irre, wenn sie auf falschen Prämissen beruht. Das ist ja keine Semantik.
Ist i.O., dann sehen wir ja baldigst einen heftigen Bürgerkrieg. Wenn nicht, war meine Analyse schlicht … richtig.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich erwarte keinen, aber das liegt eher an der mangelnden Organisation irgendwelcher Gegenwehr denn am Grundunwillen. Ich glaube, niemand würde den Afghanen mangelnden Kampfeswillen vorwerfen wollen.
„Sie wollen ja kämpfen, aber nicht in der afghanischen Armee und auch sonst nicht wegen mangelnder Organisation“ hört sich für mich wenig überzeugend an. Ich bleibe dann bei „Analyse richtig“ :-).
Gruss,
Thorsten Haupts
Du hast natürlich jedes Recht, auf deiner falschen Meinung zu beharren 😛
@ Thorsten
Ich bin da bei Stefan. Wir leben als Deutsche in Deutschland, die „Afghanen“ leben als Paschtunen in ihrem Stammesgebiet. Die westliche Denke „die kämpfen (nicht) für ihr Land“ greift hier nicht.
Als die Russen kamen, haben die Afghanen gekämpft, weil die Sowjet-Armee die tribalen Strukturen nicht anerkannte – die Russen mussten gehen. Als die Amerikaner mit ihren Alliierten kamen, haben zumindest die Taliban (das sind auch Afghanen) gekämpft, und die westliche Allianz musste genauso schmählich weichen wie die Sowjets.
Du hast an der Stelle Recht, dass diejenigen, die wir afghanische Bürger nennen, nicht gegen afghanische Bürger kämpfen, die wir Taliban nennen. Aber das ist eine westliche Sicht, die dort nicht funktioniert.
Man sieht das auch an den Drohungen gegen die Taliban, die beispielsweise der außenpolitische Sprecher der CDU, Jürgen Hardt, gestern im Radio verkündete. Sinngemäß: Wenn die Taliban nicht spuren, gibt es böse Gegenreaktionen; wenn sie die ehemaligen Mitarbeiter der alliierten Streitkräfte in Ruhe lassen und die Gleichberechtigung für Frauen aufrecht erhalten, gäbe es Fördergeld aus dem Westen. Was für ein Vollpfosten (@ Stefan P.: Ja, ich war schon mal im Baumarkt und habe einen Vollpfosten gesehen; der sieht nicht so aus wie Jürgen Hardt, hat aber nichts gesagt, woraus ich schließe, dass er klüger sein muss als dieser weitere exponierte Vertreter der Gurkentruppe).
Mir geht es absolut nicht um den Punkt, warum jemand nicht gegen die Taliban kämpfen will/kann. Abgehakt.
Mir geht es einfach nur um das Ergebnis. Wenn das keiner tun kann/will, kann man sich jede debatte darüber schenken, ob es nicht notwendig gewesen wäre, länger in Afghanistan zu bleiben.
Die Antwort ist dann ein unmissverständliches „Nein“, case closed.
Zu Jürgen Hardt möchte ich mich nicht äussern (müssen). Der war mein Bundesvorsitzender beim RCDS, als ich damals Bundesschatzmeister war und ich habe mir damals meine Meinung zu seinen Qualitäten gebildet …
Gruss,
Thorsten Haupts
In Afghanistan sind in den letzten Jahren weniger Soldaten gefallen als durch Corona in Lichtenstein. Sorry für den Vergleich.
Wir setzen unser Leben nicht für ein Land ein, sondern für Menschen. Und für Werte. Die Soldaten haben sichergestellt, dass Frauen weniger oft zwangsverheiratet wurden und Mädchen in die Schule durften. Ich finde diese Ziele gut.
Wie hätte denn eine Beteiligung aussehen sollen? Wie sah denn im Nachkriegsdeutschland eine Beteiligung aus? Die Afghanen wollen in der Mehrzahl leben und eine Zukunft haben. Nun ja, zumindest haben die Taliban jetzt modernes Kriegsgerät.
@ Stefan Pietsch 16. August 2021, 19:03
Wir setzen unser Leben nicht für ein Land ein, sondern für Menschen. Und für Werte. Die Soldaten haben sichergestellt, dass Frauen weniger oft zwangsverheiratet wurden und Mädchen in die Schule durften. Ich finde diese Ziele gut.
Volle Zustimmung – ich finde die Ziele auch gut.
Die Taliban sind allerdings in ihrer heutigen Form organisierter und schlagkräftiger als die verstrittenen Mudjaheddin (gegen die sich Nadjibullah immerhin noch ein paar Jahre ohne sowjetischen Support halten konnte) der frühen Neunziger. Außerdem bekamen sie von einer gewissen Atommacht gleich nebenan den nötigen Saft – finanziell, militärisch und geheimdienstlich. Es wird momentan auch übersehen, dass die Taliban nie wirklich ganz weg waren und in den letzten Jahren immer mehr Gebiete kontrolliert haben. Dazu kommt, dass ihnen, selbst wenn man bislang nicht mit ihnen zu tun hatte, ein gewisser Ruf vorauseilt. Ich hatte schon einigen afghanischen Familien Deutschunterricht gegeben und deren Erfahrungen mit den Taliban gehört. Wenn Sie sowas erfahren, ist es ein ganz natürlicher Überlebensinstinkt, davonzurennen. Hier daheim auf der gemütlichen Couch ist es immer ein bisschen einfach, darüber zu sinnieren, warum die denn alle nicht so tapfer kämpfen.
Ich sinniere da gar nicht, ich würde auch wegrennen. Aber ich hab ich noch nie behauptet, besonders tapfer zu sein…
Ging auch eher an Thorsten Haupts…
… warum die denn alle nicht so tapfer kämpfen.
Habe ich nicht getan. Ich habe nur das nüchterne Fazit gezogen – niemand in Afghanistan will oder wird gegen die Taliban kämpfen und eine dauerhafte Stabilisierung ausschliesslich von aussen ist umöglich.
Gruss,
Thorsten Haupts
Kein Widerspruch dass die das selbst tun müssen, ich will nur nicht, dass der Eindruck entsteht, das seien irgendwie feige Lämmer oder so.
@ Thorsten Haupts 17. August 2021, 09:23
Ich habe nur das nüchterne Fazit gezogen – niemand in Afghanistan will oder wird gegen die Taliban kämpfen …
Wie gesagt, dass sehe ich etwas anders. Das Problem – aus meiner subjektiven Wahrnehmung – ist nicht die Armee, sondern die weitgehend vom Westen eingesetzte bzw. unterstützte politische Führung.
Du bist Offizier, Du verstehst die Strukturen in einer Armee und die Aufgabe und Bedeutung von Führung.
Letztendlich hat es der Westen an jeder relevanten Stelle ordentlich vergeigt, und ohne Führung und Unterstützung von außen gegen die Taliban antreten wäre Selbstmord.
… und eine dauerhafte Stabilisierung ausschließlich von außen ist unmöglich.
Volle Zustimmung!
Gruss,
Thorsten Haupts
„45 Jahre“
Ganz sicher nicht nur aus Freundschaft. Staaten haben keine Freunde, nur Interessen (De Gaulle zugeschrieben) . Und die Aussichten auf den Aufbau einer Demokratie nach westlichem Vorbild waren hier unvergleichlich viel besser als in Afghanistan.
Nach westlichen Wert-Maßstäben müsste „der Westen“ auch im Maghreb, in Saudi-Arabien, im Sudan, in Indonesien und den Philippinen intervenieren.
Und was ist mit Pakistan, das ja hinter den Taliban steht? Gilt irgendwie als Verbündeter des Westens.
Das kann den Verrat insbesondere an den Helfern dort nicht entschuldigen. Maas müsste sofort zurücktreten. Den Straftatbestand der „unterlassenen Hilfeleistung“ gibt es in der Politik ja nicht.
Das war schon immer das Problem. Aber dass es auch andere schlimme Leute gibt spricht ja nicht gegen die Intervention, per se.
Hat auch keiner gesagt.
Und die Aussichten auf den Aufbau einer Demokratie nach westlichem Vorbild waren hier unvergleichlich viel besser als in Afghanistan.
Und deswegen ist ein schnellerer Abzug sinnvoll? Noch 1969, 24 Jahre nach Kriegsende, hatten ein paar deutsche Generäle feuchtfröhliche Absichten, einen gewählten Bundeskanzler zu stürzen. Die inoffiziellen Nachfolger der Nazis schickten sich an, in den Bundestag einzuziehen. Also, auch Deutschland brauchte seine Zeit, die Regeln der Demokratie zu lernen.
2001 hat der Westen Verantwortung für eines der ärmsten Länder der Welt übernommen. Verantwortung wirft man nicht weg. Der Job war nicht erledigt. Der Job hieß, das Land dauerhaft zu befrieden. Jeder, der sich nur ein bisschen damit auskennt, wusste, dass das in einem von Jahrzehnten Bürgerkrieg gezeichneten Land etwas länger dauert.
Ich weiß auch nicht, was dieser Blödsinn von „Strategie“ soll. Die Strategie war, dem Staatsaufbau sicherheitspolitische Stabilität durch Militärpräsenz zu geben. US Army und Bundeswehr hatten nach der Ergreifung und Tötung Bin Ladens einen Verteidigungsauftrag.
Also nehmen wir jetzt auch keine Flüchtlinge? Ist ja alles bestens, die Länder müssen schon ihre Probleme selbst lösen. Bitte, dann möchte ich auch nichts mit den Folgen des Abzugs zu tun haben. Wie sollen eigentlich Fluchtursachen vor Ort gelöst werden, wenn die Fluchtursachen wie in Syrien und nun Afghanistan in Bürgerkriegen besteht? Anscheinend haben wir ja die Fluchtursache Bürgerkrieg in Afghanistan erfolgreich bekämpft.
Oder sind Sie nicht so konsequent?
Verstehe ich nicht. Die moralische Verurteilung ist ja berechtigt, sie hilft nur nicht weiter. Teil-Stabilisierung gegen Fluchtursachen gehört ebenso in die Kategorie „Interessen“ wie das Argument von Kning, dass der Ruf des Westens als verlässlicher Partner fast irreparabel beschädigt ist.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Jede ((Mädchen-) Schule und jeder Brunnen war ein Gewinn für die Menschen. Mehr als den Status quo zu halten war wohl nicht möglich. An Afghanistan haben sich schon Britten und die Sowjets die Zähne ausgebissen. Eine Stammesgesellschaft (noch dazu stark religiös geprägt) in eine Demokratie zu transformieren dauert nicht nur ein „etwas länger“, wenn überhaupt möglich.
Ich habe mich immer für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten eingesetzt. Was man von Ihnen nicht unbedingt sagen kann.
P.S. Einer meiner Schüler, geflohen aus Afghanistan, ist heute Geschichtslehrer hierzulande.
Die moralische Verurteilung ist ja berechtigt, sie hilft nur nicht weiter.
Das ist keine moralische Verurteilung, das ist die Grundlage jeder Glaubwürdigkeit und von Vertrauen.
Mehr als den Status quo zu halten war wohl nicht möglich.
Status quo?!? Umfragen zeigten, dass die Entwicklung des Landes voranschritt. Die Grundlage jeder menschlichen Entwicklung ist Sicherheit.
Ich habe mich immer für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten eingesetzt. Was man von Ihnen nicht unbedingt sagen kann.
Sie wissen einen Scheiß. Nach so vielen Jahren wissen Sie immer noch kaum etwas von meinen Prinzipien, Werten und Einstellungen.
Wenn ich hier im Forum für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus Syrien plädiert habe, haben Sie fast immer dagegen argumentiert. Oder erinnere ich das falsch?
Ja, weil Sie nicht differenzieren.
Stefan, der Punkt ist doch:
Wir arbeiten mit viel Geld mit afghanischen Eliten zusammmen. Wenn der ihr System in 8 Tagen zusammenbricht, muss die Frage erlaubt sein, ob wir da mit den richtigen Leuten zusammenarbeiten oder ob es solche da überhaupt gibt.
Mich hat letztens zum Iran ein von dort stämmiger Kollege schockiert, der das Schah Regime aus meiner Sicht massiv schönredete. Der lebt seit 43 Jahren in Deutschland, also ein Land, in dem Vergangenheitsbewältigung sehr groß geschrieben wird. Ich denke, dass Vergangenheitsbewältigung kein Ding nur für Almans ist. Und zwar sehr.
Nein Lemmy, das ist nicht der Punkt.
Die meisten Menschen sind Opportunisten. Sie richten sich dahin aus, wo die Macht ist, wollen in Ruhe gelassen werden und besitzen keine Werte. Ich habe das oft genug in Unternehmen erlebt, wo die meisten schon das Zittern bekommen, wenn sie mit ihrem Chef ein Gespräch führen sollen.
Die Afghanen, die in der Armee Dienst getan haben, wussten, dass Frauen eigentlich voll verschleiert gehören und Bildung etwas für Allah-Unzuverlässige ist. Wofür sollten diese „Männer“ kämpfen? Ach ja, dass ihre Frauen und Töchter nicht vergewaltigt und versklavt werden. Nur, was ist, wenn man keine Frau und Tochter hat, die aber durch Taliban zugewiesen werden wird? Verlockend, oder?
Man verändert die Mentalität einer Gesellschaft nicht in 20 Jahren. Wir leisten uns seit 16 Jahren eine Bundeskanzlerin, die nie ihr Amt für irgendeine Sache eingesetzt hat, die mit einer Ausnahme nie einen Minister gefeuert hat. Wer Anschauungsunterricht in Opportunismus braucht, schaue auf dieses Land.
Nein, Stabilität kommt durch Strukturen. Ich sag‘ es immer wieder: Du veränderst die Mentalität eines Menschen nicht, der schon 12, 16 oder 18 Jahre alt ist. Da gilt es früher anzusetzen.
Wir sollen das Land mehrere Jahre besetzen, um die Einwohner dann „white man burden“ zu mit globalen Menschenrechtsvorstellungen kompatiblen Menschen zu machen? Das nenne ich mal einen ueber-idealistischen Ansatz.
Ein wichtiges Problem wird wohl sein, dass da mal wieder eine Elite war, die relativ globalisiert und gut ausgebildet war, die aber auf die Mehrheit der Bevoelkerung herabsah und der eine Verbesserung der Lage der Armen voellig egal war. Nicht alle, aber viele.
Solche Mentalitaeten konterkarieren nation building auf der Basis von „westlichen Werten“. Anders kann ich mir den 8 Tage Krieg in Afghanistan nicht erklaeren.
@ Lemmy Caution 16. August 2021, 16:32
Ich verstehe ja Deinen Punkt. Aber dann hätte man da niemals reingehen dürfen (meiner Meinung nach wurde unsere Freiheit eben NICHT am Hindukusch verteidigt).
Nun, man ist reingegangen, hat große Versprechungen gemacht, Verantwortung übernommen, Entwicklungen angeregt, und lässt nun alle ins Messer laufen, die sich darauf eingelassen haben.
Interessanterweise ist die einzige, die hier eine nachvollziehbar empathische Reaktion zeigt, die Verteidigungsministerin. Vom Außenminister kommen mal wieder nur hohlbirnige Floskeln.
https://www.deutschlandfunk.de/usa-experte-ueber-afghanistan-nation-building-hat-von.694.de.html?dram:article_id=501795
Das Nation Building hat „von Anfang an nicht funktioniert“ und wir wußten schon, dass die 300.000 Mann Armee keine war.
Natürlich soll man da nun jeden retten, den man retten kann, aber aus Projekt-Management Sicht erinnert mich das an Kaiser Nero.
Ich hab ja viel Verständnis, dass die Dinge anders laufen als sie sollten, aber das ist ein Offenbarungseid. Hab ich null Verständnis für.
Ich mein „von Anfang an funktioniert das nicht“. 20 Jahre. Da kann man sich nicht mal irgendwann hinsetzen, um die Dinge neu einzufädeln? Es zumindest zugeben und versuchen?
Das muss gründlich untersucht werden, weil so geht das überhaupt nicht.
@ Lemmy Caution 16. August 2021, 18:45
keine Einwände
Afghanistan war besetzt mit gerade 10.000 Soldaten? Was machen denn die Taliban jetzt?
Ich argumentiere nur für einen Punkt: die Alliierten hatten die Verpflichtung, ziviles Leben zu ermöglichen. Wenn Du zu „westlichen“ Werten zählst, dass auch Mädchen in die Schule dürfen und Frauen ihren Lebenspartner selbst aussuchen dürfen – na gut, dann reden wir davon „westliche Werte“ durchzusetzen.
Und wir sind uns hoffentlich einig, dass die westlichen Werte der Taliban-Barbarei vorzuziehen sind.
Ich denke, Du hast mich falsch verstanden. Ich habe ein Problem, so etwas Prinzipielles wie selbständige Partnerwahl und Bildung zu „westlichen Werten“ zu deklarieren, so als handele es sich hier um eine elitäre Anspruchshaltung.
Oh, das ist genauso beknackt.
@Lemmy Caution: Ihre Postings lesen sich, als sei die Modernierung erst mit „Enduring Freedom“ gekommen. Tatsächlich kamen die Reformen aber von der afghanischen Republik seit den frühen Siebzigern. Menschenrechte sind keine westliche, sondern eine universale Idee. In den Achtzigern war es ja sogar noch so, dass der Westen die anti-fortschrittlichen Kräfte in Afghanistan unterstützte.
Die fortschrittlichen Kräfte waren halt auch nicht der Lage, dem kommunistischen Satellitenregime Paroli zu bieten…
benavite,
wie viele Menschen partizipierten denn an dieser Modernisierung? Je schmaler diese Gruppe, desto mehr destabilisiert genau das eine Gesellschaft.
Sagt ein ökonomisch Ausgebildeter, dessen Respekt vor Soziologen in den letzten 15 Jahren immens gestiegen ist.
@ Lemmy Caution 17. August 2021, 05:17
… wie viele Menschen partizipierten denn an dieser Modernisierung? Je schmaler diese Gruppe, desto mehr destabilisiert genau das eine Gesellschaft.
Zustimmung!
In bin sehr betroffen und wütend, dass Deutschland und viele weitere NATO Länder ihre örtlichen Helfer derart im Stich lassen.
Die Lektion ist eindeutig, verlass Dich auf den Westen und Du bist verlassen. Allerdings zeigt der schnelle Abzug wie gering die NATO Kapazitäten ohne die Amerikaner sind, bzw. wie unilateral im Bündnis entschieden wird. Eine echte Auseinandersetzung um einen Abzugstermin wurde ohnehin nicht gesucht.
Auf der anderen Seite ist die Empörung vieler politisch handelnden bestenfalls heuchlerisch. Eine Strategie für Afghanistan hatte man so richtig nie und die eingesetzten Mittel reichten ohnehin nicht für eine dauerhafte Stabilisierung. Man kann jetzt nur hoffen, dass wir für die afghanischen Flüchtlinge Hilfen und Aufnahme organisieren werden, aber wahrscheinlich wird jetzt jeder wegen dem Wahlkampf einen Bogen um das Thema machen. Es ist so unglaublich traurig.
Ja.
@ Kning4711 15. August 2021, 17:38
In bin sehr betroffen und wütend, dass Deutschland und viele weitere NATO Länder ihre örtlichen Helfer derart im Stich lassen.
Ja. Ich kann gar nicht so viel kotzen, wie ich gerne würde. Was für ein Drama für die Menschen dort.
Noch schlimmer: Die Taliban stellen sich bei China an – immerhin ein Land, dass gerade versucht, die große, islamisch geprägte Volksgruppe der Uiguren zu ermorden oder in KZs zu sperren – und werden freundlich empfangen. Damit ist zukünftig für jeden Menschenschinder, der sich irgendwo irgendwie an die Macht putschen kann, der Weg klar.
Wie man immer noch erwarten kann, dass der Westen auch nur ein Problem löst, ist mir schleierhaft.
Die Chinesen sammeln widerwärtige Verbündete wie der hinterletzte Bond-Bösewicht.
Sieht so aus als wären die USA auch nicht so viel besser:
https://twitter.com/DanLamothe/status/1426931003579420674
Was für ein Fuckup.
Ich habe mir einfach mal die Opferzahlen des Krieges seit 2001 unter den westlichen Verbündeten angesehen. Die Verhältnise sind erschreckend:
Soldaten der westlichen Koalition: 3.500 (davon 2.500 USA), Söldner aus den verschiedensten Ländern: 4.000, afghanische Sicherheitskräfte: 60 – 65.000.
Zu diesem massenhaften Opfern der einheimischen Hilfstruppen hatte ich bisher wenig Kritik gehört, erst jetzt werden sie entdeckt – auch ein wenig zynisch.
Wobei die Opferzahlen im Verhältnis zu den vergangenen Konflikten niedrig sind; dazu mehr im kommenden Vermischten.
oder falls Kabul halbwegs ohne große Kämpfe „friedlich“ übergeben wird, könnte man ja mit den Taliban einen big deal machen.
Auch Gotteskrieger brauchen Geld, Devisen…dann kauft man halt all die Flüchtlinge teuer frei, ist nicht das erste mal..und verfrachtet sie in den Westen, sprich Germany, da ist immer noch Platz am Futtertrog….
zynisch? Der ganze Krieg war immer nur zynisch, der Anlass, 9/11, die Dauer 20 Jahre, der plötzliche Abzug – der Westen/Nato++ ein stinkendes verlogenes zynisches Ungeheuer…
Ich bin ehemaliger Zeitsoldat, Oberleutnant der Reserve. Komme aus einer Familie mit einer mehrhundertjährigen Tradition, in jeder Generation mehrere Berufssoldaten zu stellen. Und habe absolut nichts gegen den gerechtfertigten Einsatz von Gewalt, auch dann, wenn er mit dem unvermeidlichen Tod eigener Soldaten einher geht.
Ich habe allerdings erhebliche Einwände gegen einen Auslandseinsatz, der ohne erkennbares strategisches Ziel in einem ziemlich barbarischen Staat von Politikern befohlen wurde und geleitet wird, die selber als entweder Bequemlichkeitspazifisten oder nackte Feiglinge nie das geringe Risiko eingingen, selbst Soldat zu sein.
Unter den heutigen Beedingungen würde ich nie mehr freiwillig Soldat werden. Und rate jungen Leuten dringend davon ab, wenn ich die Gelegenheit bekomme. Deutschland ist ein bequemlichkeitspazifistischer Sauhaufen und argumentiert sicherheitspolitisch auf Babyniveau, also sollte sich niemand mehr von dieser tödlichen Kombination irgendwo im JWD verheizen lassen.
Dass ich hier ein paar Armsessel-Generäle finde, amüsiert mich. Selbst gedient? Wenn nicht – Klappe halten, sofern man noch über einen Rest Selbstachtung verfügt.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich bin sicher nicht für einen generationenlangen Einsatz in Afghanistan, aber es ist sicherlich so, dass der Einsatz so, wie er geführt wurde, das Ziel nicht erreichen konnte.
Davon abgesehen muss ich nicht gedient haben, um Bundeswehreinsätze kritisieren zu können. Offensichtlich muss ja auch niemand hier das Referendariat bestanden haben, um Schulen zu kritisieren.
Alles gut, Herr Sasse. Was ich von Leuten halte (Sie müssen sich ja nicht angesprochen fühlen), die den Abbruch(!) eines Militäreinsatzes kritisieren, nachdem sie selbst sehr wahrscheinlich Bequemlichkeitspazifisten waren (alle über 35jährigen Akademiker als erste Näherung), gehört hier nicht ins Forum. Ich will ja den halbwegs gepflegten Umgangston hier nicht zerstören.
Ansonsten passt der panikartige, ungeplante und unkoordinierte Abzug so exakt zur deutschen Sicherheitspolitik und zum deutschen Bequemlichkeitspazifismus, wie das überhaupt nur möglich ist. Da gibt´s bei Licht betrachtet nichts zu kritisieren, es passt einfach.
Nach dem Falkland-Krieg wusste die Welt, dass der Westen noch bereit ar, für seine Interessen und Werte notfalls zu kämpfen. Das jetzige Signal – dass wir es nicht mehr sind – wird auch zur Kenntnis genommen werden. De facto zwar verspätet, aber folgenreich.
Also nur zu mit der Kritik. Sie kriegen von mir nur ein wenig Sarkasmus ab, sollten Sie in irgendeiner Weise für einen längeren Kriegseinsatz oder mehr westliche Soldaten plädieren. Und dann wird relevant, ob Sie bereit waren, zu dienen. Sehr relevant – Soldat ist kein x-beliebiger Beruf wie Ihrer und mein heutiger.
Gruss,
Thorsten Haupts
Zitat T.H. :
„Ansonsten passt der panikartige, ungeplante und unkoordinierte Abzug so exakt zur deutschen Sicherheitspolitik und zum deutschen Bequemlichkeitspazifismus“
Was soll denn der Kellner noch machen, wenn höheren Ortes entschieden wird, dass die Küche unverzüglich geschlossen wird?
Und Falkland, klar. Fläche halb so groß wie Hessen, immerhin. Historisch, also präkolonial, unbewohnt, die 3.000 eingewanderten Einwohner (mein mickriges Frankfurter Wohngebiet, in 20 Minuten zu Fuß umrundet, hat mehr), die mit absurden Subventionen aus London (das sind vermutlich die „Werte“) bei Laune gehalten werden (hat mit „Marktwirtschaft“ à la Thatcher übrigens nicht viel zu tun^). Dafür seltene Vogelarten und Pinguinkolonien. Letztere bilden die eigentliche Kolonie. Beim Falkland-Krieg handelte es sich um eine Kabarettveranstaltung. Es ging gegen die verrückt gewordene argentinische Regierung, politisch also Westen gegen Westen.
Falkland zeigte deutlich, dass das UK sich weiterhin als mindestens mal Mittelmacht verstand und bereit war, Militär für diesen Anspruch einzusetzen. Dass die Falklands wertlos waren, stand nie in Frage.
Jou. Ein absurd verschobener Diskurs. Der Anspruch der Argentinier auf die Falkland Inseln ist völkerrechtlich nichtexistent, die Falklands waren von Briten bewohnt, sie wollten in Grossbritannien bleiben, die Argentinier haben einen Angriffskrieg zur Eroberung geführt.
Mehr braucht es nicht, um einen Verteidigungkrieg in absolut jeder Hinsicht zu rechtfertigen. Ausser in Deutschland, natürlich.
Gruss,
Thorsten Haupts
Zumal Falkland eher ein geeigneter Anlass war, dass sich eine angeschlagene Frau Thatcher innenpolitisch profilieren konnte. Unter anderen Vorzeichen wären die Briten wahrscheinlich nicht tätig geworden.
So aber genügte ein Krieg am anderen Ende der Welt die Reihen zu schließen und führte aufgrund des positiven Ausgangs zu einem enormen Popularitätsschub und damit Wiederwahl der Eisernen Lady.
Spielt für das Argument keine Rolle. Jedes Land auf Nur Deutschlands medien haben damals das Recht des Angegriffenen auf Verteidigung selbst in einem so klaren und eineindeutigen Fall bestritten. Und würden es wieder tun.
Gruss,
Thorsten Haupts
Die Argentinier waren halt auch blöd genug, Thatcher genau zu geben, was sie gebraucht hat.
Auch hier bin ich unsicher, ob ich die Verbindung aufmachen möchte. Einfach weil es problematisch ist, Soldat*innen (oder solchen, die es werden wollen würden) die Deutungs- und Entscheidungshoheit über Militäreinsätze zu überlassen.
Schon okay, die meisten Deutschen sind sich da ganz sicher (sie wollen die Verbindung nicht aufmachen). Mal sehen, wie lange das gutgeht, eine Armee durch Bequemlichkeitspazifisten in den politischen Entscheidungsfunktionen in sinnlosen Auslandseinsätzen zu verheizen.
Gruss,
Thorsten Haupts
Na ja, der Falkland-Krieg ist ein denkbar schlechtes Beispiel. In Großbritannien gilt das inzwischen als eine Vorführung, dass es mit dem Weltmachtstatus endgültig aus war (in Wales gilt er sogar als nationale Tragödie, weil Waliser gegen Waliser kämpften und auf argentischer Seite die Patagonier zuerst verheizt wurden). Selbst bei einer vermeintlichen Pflichtübung (als ehemalige Seemacht eine kleine Inselgruppe gegen militärische Mittelmacht als Gegner verteidigen) tat man sich schwer und am Ende benötigte man die Hilfe der USA – sehr zum Leidwesen von Reagan, der mit der argentinischen Militärjunta vorher gute Beziehungen hielt. Die Fernsehbilder von den heroischen Schlachtkreuzern waren da mehr ein Showeffekt.
Der Falkland Krieg terminierte einer der widerwärtigsten Folter-Regime der Geschichte, das sich mit diesem Überfall erst noch einmal in der Unterstützung durch die Bevölkerung noch einmal konsolidierte.
Die argentinischen Soldaten waren erstaunt, als sie bemerkten, dass die Einwohner optisch und kulturell absolut nichts argentinisches an sich hatten.
Kannst du da etwas ausführlicher werden? Mit dem Terminieren meine ich?
In Argentinien mündete nach dem Tod Peróns die seltsame Präsidentschaft seiner 2. Frau Isabella in eine extrem brutale Militärdiktatur ein (März 1976).
Seit 1981 waren die in einer schweren Wirtschaftskrise und es gab trotz der starken Repression viele Proteste.
1982 versuchte dann General Galtieri das Land mit der Eroberung der Malvinas (spanischer Name für Falklands) zu einen. Die Argentinier meinen irgendwie, dass die argentinisch seien. Militärische Konflikte mit der Royal Navy 1806/07 spielten auch eine initiierende Rolle in dem Beginn der Kriege zur argentinischen Unabhängigkeit. Tatsächlich gab es in Argentinien eine starke Begeisterung für den Krieg.
Als die Engländer dann die argentinische Besatzungsarmee relativ leicht besiegten, war das Ansehen der Generäle völlig am Ende. Sehr bald wurden Wahlen organisiert und der Wahlsieger Raúl Alfonsín leitete die Re-Demokratisierung ein.
Die militärische Niederlage beschleunigte das Ende der Diktatur. Aufgrund des Totalversagens der Militär-Junten, also moralisch (widerwärtigste Folter, Verschwundene, 30.000 Ermordete), militärisch (Britannia Rules the Waves) und ökonomisch, wurden in Argentinien die Menschenrechtsverletzer viel früher als in Chile, Brasilien und Uruguay vor Gerichte gestellt.
Von diesem Desaster haben sich die argentinischen Streitkräfte bis heute nicht erholt.
Ah verstehe. Das macht Sinn. Würdest du so gesehen sagen dass das ein „guter Krieg“ war?
Eigentlich schwer zu sagen.
Wenn ich mich ins Jahr 1982 zurückbeamen würde und mich ein Argentinier oder Engländer persönlich fragen würde, ob er mir empfehlen würde an dem Krieg teilzunehmen würde ich dringend abraten.
Für den Cono Sur war der Krieg gut. Argentinien war das erste der fünf Länder, das zur Demokratie zurückkehrte, diese 5 Militärdiktaturen waren wirklich scheußlich (Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay, Uruguay) und es gab einen gewissen Domino-Effekt.
Ja, das meine ich mit „gut“. Also in dem Sinne, dass was Gutes bei rumkam.
Kolonialismus von links. Interessant auch, sass der Begriff KRIEG peinlichst vermieden wird; klingt einfach zu häßlich. „Interventionen“ und „Einsätze“ sind schon besser
Welchen Kolonialkrieg der letzten 70 Jahre hat der „Westen“ denn gewonnen? Okay, verstehe, darum geht es nicht^. Es geht um Sozialarbeit, Emanzipation und all so was; um der Welt da draußen mit geeigneten pädagogischen Maßnahen das Gute vorzuführen, das nur wir kennen.
„Kolonialismus“ ist ein Kategorienfehler. Und ich vermeide sicher nicht das Wort Krieg.
Mal sehen…
Eine imperiale Macht besetzt über einen längeren Zeitraum ein Land auf einem fremden Kontinent, begründet das damit, den Barbaren die (überlegene) eigene Kultur zu bringen, setzt einen hochkorrupten Klientelkönig ein und opfert einheimische Hilfstruppen, um den Status beizubehalten. Da sind ein Haufen Kästchen richtig angekreuzt.
Ne, sorry.
@ cimourdain 16. August 2021, 18:10
„Endouring Freedom“ würde ich nicht als den versuch einer Kolonialisierung bezeichnen. Aber …
Da sind ein Haufen Kästchen richtig angekreuzt.
… das ist nicht von der Hand zu weisen.
Mit dem K9lonialismus von links sind Sie in verdächtiger Nähe dazu:
https://twitter.com/yanisvaroufakis/status/1427012544523296774
Ich würde mich in der nachbarschaft nicht wohlfühlen, aber jedem das seine.
Gruss,
Thorsten Haupts
@ Thorsten Haupts 15. August 2021, 20:26
Ich bin ehemaliger Zeitsoldat, Oberleutnant der Reserve. Komme aus einer Familie mit einer mehrhundertjährigen Tradition, in jeder Generation mehrere Berufssoldaten zu stellen. Und habe absolut nichts gegen den gerechtfertigten Einsatz von Gewalt, auch dann, wenn er mit dem unvermeidlichen Tod eigener Soldaten einher geht.
Ich habe allerdings erhebliche Einwände gegen einen Auslandseinsatz, der ohne erkennbares strategisches Ziel in einem ziemlich barbarischen Staat von Politikern befohlen wurde und geleitet wird, die selber als entweder Bequemlichkeitspazifisten oder nackte Feiglinge nie das geringe Risiko eingingen, selbst Soldat zu sein.
Ich war zwar auch Zeitsoldat, sollte aber als Flugzeug-Elektroniker bei der Marine in Sachen „Strategie“ den Ball eher flach halten. Trotzdem war mir schon damals klar, dass die Kriege gegen den Irak und gegen Afghanistan reine Rachefeldzüge der USA sind. Nach den Kriterien, die man für den Angriffskrieg gegen Afghanistan hernahm, hätte man auch Deutschland (hier fanden die 9/11-Terroristen Unterschlupf und bildeten sich aus) und erst recht Saudi Arabien (da kamen die meisten Terroristen und das Geld für den Anschlag her) mit Krieg überziehen können.
Die gefühlte Not von George W. Bush, irgend etwas tun zu müssen, verbunden mit der Hybris, den Russen zeigen zu wollen, wie Afghanistan „geht“, führten immer wieder zu sinnlosen und oft zivilen Toten.
Ich darf daran erinnern, dass Afghanistan ein multinationaler Einsatz mit NATO-Beistandsklausel und UN-Mandat war. „Reine Racheaktion der USA“ ist mir da wesentlich zu kurz gesprungen. Da gab es schon sehr legitime Sicherheitsinteressen.
Bei allem Respekt vor Ihren Erfahrungen, die sicher eine wertvolle Ergänzung liefern, der wilhelminischen Tonfall „Ham se jedient? Sonst Schnauze halten!“ ist ein Fehlgriff. Das sage ich Ihnen als jemand, der schon Pazifist war, als es noch genügend ‚Bequemlichkeitsmilitaristen‘ ( „Ein Jahr Panzer putzen und ansonsten saufen“) gab. Und aus dieser Perspektive hat sich am ‚Bequemlichkeitsmilitarismus‘ nicht viel geändert, er ist nur auf die politische Ebene gewandert. Bevor man sich die mühe macht, sich gegen die Logik der US-Politik der Militäreinsätze zu hinterfragen, dackelt man halt mit angezogener Handbremse hinterher.
… ist ein Fehlgriff …
Jou. Dürfte in Deutschland 95% Mehrheitsmeinung sein. Interessiert mich nur nicht die Bohne, sobald es um das politische Verlangen nach bzw. die politische Anordnung eines Kriegseinsatzes geht. Wir werden ja sehen, ob man mit der Kombination aus Bequemlichkeitspazifismus und strategischer Blindheit bei unseren Abgeordneten und Ministern dauerhaft ein Miltär ohne nichtdeutsche Söldner bekommt. Wenn ja, ist Ihre Position politisch gerechtfertigt (vielleicht sind die Menschen so blöd).
Gruss,
Thorsten Haupts
Oh Gott…
https://www.zeit.de/2021/33/taliban-mord-todesliste-vormarsch-truppenabzug-amdadullah-hamdard-wolfgang-bauer/komplettansicht
Auch ein guter Thread: https://twitter.com/swarthmoreburke/status/1426897932977123334?s=21
Damit ernten wir wohl die letzten Früchte, die Bush, Rumsfeld, Kagan und andere gesäht haben. Es ist eine Mahnung an alle. Aber der nächste Vorwand für Nation Building kommt bestimmt.
Ich denke, zwei, drei Jahrzehnte haben wir damit Ruhe.
Mein Reden seit langem, dass durch militärische Einmischung nichts besser wird. Ob im Nahen oder mittleren Osten, stets wurde es anschließend schlimmer.
Ja, Verrat ist das richtige Wort.
PS: Noch vor ein paar Monaten hatte unser Außenminister Heiko Maas im Bundestag Fragen der FDP zur Situation in Afghanistan mit der Bemerkung zurückgewiesen, dass diese Fragen die Voraussetzung annehmen, die Taliban würden in Kürze das Land beherrschen; seine Annahme sei das nicht.
Schwierig. Wir haben ja nie das kontrafaktische Szenario zur Hand. Also wie schlimm es ohne Intervention geworden wäre. Ich denke im Irak ist die Sache ziemlich klar, aber gerade in Syrien ist es nicht so eindeutig, ob ein westliches Eingreifen es verschlimmert hätte. Eine pauschale Regel würde ich nicht entwerfen wollen. Gleichwohl ist die Bilanz alles andere als ermutigend.
Heiko Maas wäre die größte Gurke in der Regierung, wenn Scheuer nicht wäre.
Mein Reden seit langem, dass durch militärische Einmischung nichts besser wird.
Falsche Lektion. Das militärische Eingreifen auf dem Balkan hat eine ethnische Säuberung ebenso beendet, wie das mehrjährige Tontaubenschiessen auf für ihr Überleben herumlaufende Zivilisten durch Scharfschützen im Belagerungsring um Sarajewo.
Wenn man ein klares, erreichbares Ziel hat, ist militärisches Eingreifen sinnvoll. Nur um meine eigene langjährige Position zum Afghanistankrieg klarzustellen: Ich wäre kurz reingegangen, hätte soviel von Al-Khaida gekillt, wie möglich (plus aktiv im Wege stehende Taliban), wäre wieder rausgegangen und hätte den Taliban mitgeteilt, dass ich sie in die Steinzeit bombe, wenn so was nochmal passiert.
Gruss,
Thorsten Haupts
Zum anfangs zögerlichen Eingreifen seitens der USA im Balkankrieg hat Colin Powell – damals Stabschef der US Army und später ironischerweise Außenminister zu Beginn von „Enduring Freedom“ – gesagt: „We don’t do mountains, we only do deserts“… Das bringt die Stärken und Schwächen amerikanischer Militäreinsätze ganz gut auf den Punkt.
Ich bin kein Militärexperte, aber im Laufe der Jahre haben doch viele Leute (die mehr Ahnung von militärischen Dingen als ich haben) gesagt, dass man mit der Taktik mit dem „in die Steinzeit bomben“ zwar Schlachten, aber keine Kriege und schon gar nicht den Frieden gewinnt. Im Falle Afghanistans müsste man ergänzen, dass sich das dortige Terrain nicht mal für bloße Luftschläge eignet. Wenn man also die Taliban dauerhaft von der Macht fernhalten will, muss man schon länger auf dem Boden präsent sein und mit der Bevölkerung vertraut sein. Die Armeen der NATO-Staaten schienen weder für einen solchen Krieg, noch für eine Friedensordnung danach, nicht mal theoretisch vorbereitet zu sein. Ein früherer US-General meinte zum Irak-Krieg mal, dass man vor 2003 erstmal eine ganze Armee von Übersetzern hätte ausbilden sollen…
Im Falle der Taliban kommt noch ein ideologisches Dilemma hinzu: Wie bombt man jemanden in die Steinzeit, der selber genau dorthin will?
… dass man mit der Taktik mit dem „in die Steinzeit bomben“ zwar Schlachten
Yup. Hätte mir gereicht. Und natürlich wären auch in dieser realistischen Variante kurzfristig (< 1 Jahr) Bodentruppen notwendig gewesen – man gewinnt aus der Luft alleine nicht einmal Schlachten.
Wie bombt man jemanden in die Steinzeit, der selber genau dorthin will?
Problem eines schifen Bildes, danke für den Hinweis. Die Taliban wollen ideologisch ins Mittelalter zurück, mitnichten jedoch technisch oder medizinisch.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ich denke, das wäre schon möglich gewesen. Letztlich sind die aktuellen Versprechen der Taliban ja nichts anderes. Wir werden sehen, wie sich das entwickelt.
@ Thorsten Haupts 16. August 2021, 12:10
Falsche Lektion.
Sorry, meinerseits unscharf formuliert. Ich hatte mich in Sachen „arabischer Frühling“ ähnlich geäußert: Wer im nahen oder mittleren Osten in ein islamisches Land einmarschiert, um Demokratie zu bringen, wird als Ergebnis ein islamistisches Land bekommen.
Für westliche Werte wie Demokratie und Gleichberechtigung braucht man ein gewisses gesellschaftliches Niveau, braucht ein Minimum an Bildung und Wohlstand. Das ist dort nicht gegeben.
Vor allem wuchsen die „westlichen Werte“ über Jahrzehnte und Jahrhunderte.
Für westliche Werte wie Demokratie und Gleichberechtigung braucht man ein gewisses gesellschaftliches Niveau, braucht ein Minimum an Bildung und Wohlstand. Das ist dort nicht gegeben.
Wie willst Du dahinkommen? Vielleicht können die Taliban ja dabei helfen. Frauen in die Burka.
@ Stefan Pietsch 16. August 2021, 18:56
[Für westliche Werte wie Demokratie und Gleichberechtigung braucht man ein gewisses gesellschaftliches Niveau, braucht ein Minimum an Bildung und Wohlstand. Das ist dort nicht gegeben.]
Wie willst Du dahinkommen? Vielleicht können die Taliban ja dabei helfen. Frauen in die Burka.
Gerade nicht. Solch eine Entwicklung in solch einer Gegend geht nur mit Unterstützung von außen und dauert Jahrzehnte.
Entweder man betreibt Nation Building vernünftig und zahlt den Preis, oder man bleibt draußen.
Diese letzte malaise in Afghanistan ist letztlich nicht ueberaschend. Das ganze Malheur fing eigentlich schon vor 150-200 Jahren an als vornehmlich England und die Franzosen die damalige Welt wie beim „Monopoly“ aufgeteilt haben ( Nahost. Africa, China, Sued Africa etc..) Da liegen die Wurzeln einer bankrotten Kolonial Politik nach „Gutsherrn Art..“ Gottseidank hat das wilhelminische Deutschland damals eine nur sehr „untergeordnete “ Rolle gespielt, Diese Unterdrückung und Verknechtung in Indien und in China werden wir heute im 21. Jahrhundert gewaltig um die Ohren bekommen. Das erfährt man von dortigen Freunden nach monatelangen Vertrauens Verhältnissen; dann machen die Mals“ auf“ ) Das passiert ja schon derzeit. Klar ist die Rolle der NATO hier wieder mal mangelhaft. Die Russen haben 20 Jahre lang mit brutalster härte Afghanistan nicht unter Kontrolle bekommen, der Westen unter der US Fuehrung hat aber genauso die gleichen und idiotischen Fehler nachgemacht. Wir hinterlassen din Afghanistan verbrannte Erden. Russland , China und auch der Iran sitzen schon in den Startloechern. Lasst sie machen; wir koennen es nicht verhindern…Das ist die triste Realität…
Gibt es irgendeinen Grund, warum AKK aus der Liste derer, die in der „Hölle schmoren sollen“ ausgenommen ist?
Weil AKK zumindest alles in Ihrer Macht stehende tut um die Ortskräfte zu schützen und Hilfe für die Betroffenen zu organisieren. Aber als Verteidungsministerin kannst Du basierend auf unseren militärischen Ressourcen nicht viel machen.
… und vdL ?!
Hauptverantwortung sind AA und Innenministerium.
Wieso ist das Verteidigungsministerium nicht für einen militärischen Einsatz verantwortlich, wohl aber das Innenministerium? Die Lageeinschätzung vor Ort obliegt der Hardthöhe.
Mir geht es nicht um die militärische Niederlage gegen die Taliban, sondern um das Versagen beim Evakuieren der Ortskräfte.
Welche militärische Niederlage? Soweit ich weiß wurden in den letzten Jahren keine Schlachten geschlagen. Und spekuliert wird über einen Deal mit den Taliban, den die amerikanische Regierung eingegangen sei. Einen schmutzigen Deal. Nur hat das mit militärischen Kämpfen nichts zu tun.
Hier geht es um die politische Niederlage, die sich zur Katastrophe ausgewachsen hat. Wenn es so etwas wie Gerechtigkeit im Leben gibt, darf nach der Bundestagswahl kaum ein Minister noch sein Amt behalten dürfen.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) hat gerade im ZDF-Spezial rekapituliert, wie arrogant die Bundesregierung, namentlich Außenminister Maas, auf Fragen der Opposition nach Evaluation der Lage reagiert habe. Die FDP solle nicht so tun als ständen die Taliban morgen vor Kabul.
Die der afghanischen Armee. Auch eine Auflösung ist letztlich eine Niederlage.
Strack-Zimmermann sollte Ministerin werden. Oder FDP-Chefin. Hatte auch in der Sache Thüringen gleich den klaren Blick, anders als ihr Chef .
Da sind wir uns mal einig. Strack-Zimmermann ist darüber hinaus sowohl eine sehr kompetente als auch loyale (Verzicht auf Vize-Posten zugunsten von Nicola Beer) Politikerin.
Zustimmung. Auch mal schön. 😉
@ FS 16. August 2021, 11:21
Gibt es irgendeinen Grund, warum AKK aus der Liste derer, die in der „Hölle schmoren sollen“ ausgenommen ist?
Sie hat den Scheiß geerbt, kann also nix dafür. Aber sie ist die Einzige in der Regierung, die sich derzeit erkennbar einen Kopf macht und wirklich helfen will. Alle anderen machen lieber Wahlkampf oder zucken mit Verweis auf Trump die Schultern.
Exakt.
Das mag jetzt sehr unsympathisch klingen, aber wenn da in 20 Jahren mit viel Geld nur dieses Kartenhaus gebaut wird… warum akzeptieren wir nicht, dass wir im Mittleren Osten nichts zu suchen haben?
Die Komplexität gut gemeinter Eingriffe in anderen Ländern ist deutlich größer, als man es sich hier so vorstellt. Die Abhängigkeit wegen Öl ist so nicht mehr gegeben.
exkurs start ->
Ich bin hinsichtlich der Komplexität von Einmischung exemplarisch aus den an sich wesentlich erfolgreicheren Einmischungen des Westens in Chile zu diesem Ergebnis gekommen. Diese war 1964 und 1988 wesentlich massiver als beim bekannte Datum des Putsches 1973, der aus meiner Sicht eine weitgehend inner-chilenische Angelegenheit darstellte.
Vor allem die Eingriffe, die die Rückkehr zur Demokratie 1988 unterstützten, beinhalteten Nebenwirkungen, die hierzulande praktisch niemand auf dem Schirm hat, nämlich die Festschreibung praktisch des kompletten neoliberalen Systems Version 2, also nach der 1982ff Krise, weit über die unmittelbare Transition-zur-Demokratie-Phase hinaus, die seit 2011 die politischen Verhältnisse in Chile völlig zu Recht zum Tanzen bringt.
<- exkurs ende
Mit dem Aufstieg Chinas verlieren wir sowieso Steuermacht über bestimmte liebgewonnene Features des Internationalen Systems seit den 70ern, etwa dass nämlich der Universalität der Menschenrechte etwas besser Rechnung getragen werden konnte. Ich gewinne langsam die zynische Überzeugung, dass wir hier Rückschritte in Kauf nehmen müssen.
Der Übergang von einem bilateralen zu einem multilateralen Weltsystem über die kurze Phase des US-amerikanischen Unilateralismus enthält möglicherweise ein paar unliebsame Überraschungen, die wir eben nicht militärisch und politisch beherrschen können.
Ich nähere mich in diesem einem Punkt AFD Positionen an. Ich meine etwa das hier: https://dserver.bundestag.de/btd/19/150/1915064.pdf . Das schockiert mich. Werd damit sicher nicht AFD Wähler (ich schwöre), aber ich würde mir wünschen, dass diese Einschätzung ernsthafter diskutiert würde.
Der Antrag auf eine KSZO (mit O wie Orient) klingt auf den ersten Blick vernünftig, jedoch in der Praxis höchst problematisch. Zunächst erstmal scheitert es schon daran, dass anders als bei der KSZE, die Vertragspartner sich untereinander nicht einmal anerkennen. Die DDR und die BRD nahmen als gleichberechtigte Mitglieder an der KSZE teil – für den Iran gibt es kein Israel.
Vorgelagert der KSZE waren auch Anerkennung der jeweiligen Grenzen und Ausschluss von Gewalt (Entspannungspolitik). Das Gegenteil im Nahen Osten ist der Fall. Bis heute ist die Zahl der Friedensabkommen zwischen Israel und den arabischen Nachbarstaaten überschaubar.
Nicht zuletzt heißt es in dem Antrag:
in die Gespräche zu diesem Konzept die Regierungen Syriens, des Iraks, des Libanons, Jordaniens sowie der Golfstaaten und des Omans einzubinden und deren Sichtweise angemessen zu berücksichtigen
Da sei schon die Frage erlaubt, welche Sichtweise das sein soll – für mich sieht das eher aus wie ein fein maskierter Angriff auf die israelische Souveränität.
Solange mehr oder weniger verdeckte Kräfte in den Golfemiraten, oder offizielle Regierungshaltung wie im Iran exististeren, die systematisch antiisraelischen Terrorismus finanziell oder logistisch unterstützen ist jegliche Basis für ein Abkommen der Boden genommen. Schritt 1 wäre eine Angriffsgewaltsverzichtserklärung aller arabischen Staaten, sowie des Iran gegenüber Israel.
Erst wenn diese vorhanden und nachweislich eingehalten wird, kann man über weitere Mechanismen gegenseitiger Sicherheit verhandeln.
Die Emirate haben mit Israel inzwischen gute Beziehungen.
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/botschaft-vereinigtearabischeemirate-israel-101.html
Vermutlich sollten die Ziele tiefer gehaengt werden als mit der KSZE, hauptsache wir und die Amis sind da raus. Wenn die uns als Vermittler anfordern, ok, aber ansonsten sollten wir da raus. Wir versagen da seit 100 Jahren. Die Briten sind da im 19. Jahrhundert gescheitert. Die Russen sind da gescheitert. Jetzt, sind wir da gescheitert. Ich lese da in Interviews, dass das Nation Building von Anfang an nicht funktioniert hat. Da sind 2 europaeische Grossmaechte gescheitert. Bei unseren Auftritt weigern wir uns daraus zu lernen und lassen uns von einer kleinen westlichen Elite in einer handvoll Staedten das Geld aus der Tasche ziehen und unsere Soldaten sterben fuer diese Farce?
DAS ERFUELLT MICH MIT ZORN.
Wenn wir schon andere Laender mit unserer Kultur begluecken wollen, dann brauchen wir Leute, die deren Kultur verstehen und denen die einfachen Leute vertrauen. Diesen Punkt haben die Franziskaner und Jesuiten noch waehrend der Conquista Suedamerikas verstanden.
VOR 450 JAHREN.
Der Sozialistischen Republik Vietnam gelang es nach ueber 50 Jahren Krieg im eigenen Land die Steinzeitkommunisten der Roten Khmer dauerhaft von der Macht zu verdraengen.
Unser Projekt bricht nach ACHT TAGEN zusammen.
Den Fuehrungsanspruch des Westens sollten wir sehr, sehr schnell vergessen, weil so macht das echt keinen Sinn. Wenn wir da mit irgendwelchen Garantien fuer Israel kommen, lachen die uns doch voellig zu Recht aus.
Israel braucht keine Garantieerklärungen des Westens für sein Überleben. Israel verfügt über die Ultima Ratio der nuklearen Abschreckung. Was Israel benötigt ist die Unterstützung des Westens, dass das nukleare Ungleichgewicht in der Region bewahrt bleibt, weil diese den großen existenzbedrohenden Krieg verhindert.
@ Lemmy Caution 16. August 2021, 12:57
Das mag jetzt sehr unsympathisch klingen, aber wenn da in 20 Jahren mit viel Geld nur dieses Kartenhaus gebaut wird… warum akzeptieren wir nicht, dass wir im Mittleren Osten nichts zu suchen haben?
Das hat nichts mit „unsympathisch“ zu tun; das richtige Wort lautet „realistisch“. Wir gehören da nicht hin, weil wir die Kultur nicht verstehen, und weil wir nicht bereit sind, selbst den Preis für unser Handeln zu zahlen.
Warum wir das nicht akzeptieren? Nun, bis George W. Bush war es die amerikanische „Strategie“, da unten zu zündeln. Warum auch nicht? alle sind mit sich selbst beschäftigt, und von den Waffenlieferungen der USA abhängig.
Hierzulande bräuchte man (gäbe es keinen Druck durch die USA) niemanden überreden, sich da rauszuhalten.
Ob wir „die“ nicht verstehen können, muss ich relativieren.
Zumindest seit der Eroberung Mexikos durch H. Cortéz 1519-22, gibts immer das Problem, dass bestimmte Gruppen von der Zusammenarbeit mit „unseren“ profitieren. Damit geraten „unsere“ dann in eine antagonistische Position zu allen übrigen. Deren Informationen und unsere sind extrem gefiltert.
Ein genialer Roman über diesen Kontext der verzerrten Infomation ist Mario Vargas Llosa, La Guerra del Fin del Mundo (Der Krieg am Ende der Welt) -> https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Krieg_am_Ende_der_Welt
Hier gibt es Parallelen:
„Dazu kam ein Mythos, den afghanische Politiker selbst nährten: Die Amerikaner seien in Wirklichkeit eine Besatzungsmacht, hieß es in dieser Erzählung. Sie würden für immer bleiben, sei es wegen angeblicher Bodenschätze oder einer geopolitischen Verschwörung.“
https://www.spiegel.de/ausland/afghanistan-wie-die-afghanische-armee-so-schnell-kollabieren-konnte-a-27da83ce-fb3c-43c2-be1b-805bf38ccbb2
Spannender Artikel. Diese dumpfen Kolonisations- und Besatzungsnarrative waren schon im Irak wenig hilfreich…
@ Lemmy Caution 16. August 2021, 21:13
Zumindest seit der Eroberung Mexikos durch H. Cortéz 1519-22, gibt’s immer das Problem, dass bestimmte Gruppen von der Zusammenarbeit mit „unseren“ profitieren. Damit geraten „unsere“ dann in eine antagonistische Position zu allen übrigen. Deren Informationen und unsere sind extrem gefiltert.
Vielleicht habe ich mich unscharf ausgedrückt.
Diejenigen, die die Entscheidungen trafen – Bush, Cheney, Weinberger – verstanden nicht die Verhältnisse in Afghanistan, und es hat sie auch nicht wirklich interessiert.
Hätte man mal auf Peter Scoll Latour gehört und wäre da gar nicht erst rein, um nation Building zu betreiben. Schon Alexander der Große bekam es nicht unter Kontrolle, die Briten und Russen ebenso wenig.
Man hätte nach dem die Russen raus sind, Aufbauhilfe geben sollen und so versuchen Einfluss zu gewinnen.
Außer einer Strafmission hätte man niemals versuchen dürfen da rein zu gehen. Der Irak droht ebenfalls zum failed State zu werden, wie Lybien.
Syrien ist ein Fiasko. Nichts von dem was unternommen wurde hat zu irgendeiner Verbesserung geführt.
Solange wir Pakistan und Saudi Arabien stets gewähren lassen, wird der Terrorismus immer weiter gehen. Der Iran ist da nämlich nicht der einzige der Terrorismus fördert.
Die Sowjets bitte, nicht die Russen.
zu Alexander: griechisch Baktrien hat sich immerhin bis zum „Krieg der himmlischen Pferde“ (um 100 v Chr) gehalten.
Auch die Sassaniden, Timuriden und Moguln haben sich in Afghanistan halten und Kultur aufbauen können. In der frühen Neuzeit hatte Herat den Beinamen „Florenz Asiens“.
Wobei sich der Kulturaufbau auf das dem früheren Khorasan zuzuschlagende Gebiet (Flachland) konzentriert haben dürfte. Den Hindukush und auch das westliche Bergland werden die ganzen alten (turko-)persischen Reiche nie wirklich kontrolliert haben.
@ Jens Happel 16. August 2021, 13:24
Hätte man mal auf Peter Scoll Latour gehört und wäre da gar nicht erst rein, um Nation Building zu betreiben. Schon Alexander der Große bekam es nicht unter Kontrolle, die Briten und
RussenSovjets ebenso wenig.…
Außer einer Strafmission hätte man niemals versuchen dürfen da rein zu gehen.
Nicht mal die wäre angebracht; die Taliban hätten Bin Laden ausgeliefert, um den Krieg zu vermeiden. 9/11 war nicht der Grund, sondern nur ein Vorwand.
Wir hatten das letzthin auf Twitter auch schon. Dieses „die Taliban hätten bin Laden ausgeliefert“ ist ein ebensolcher Mythos wie „die Japaner wollten bereits vor dem Atombombenabwurf mit den USA verhandeln“. Es gibt wenig Zweifel, dass JEMAND, der behauptet hat, für die Taliban zu sprechen, den USA ein „Angebot“ zur Auslieferung gemacht hat. Aber erstens waren die Bedingungen dieser Person Unfug und zweitens, viel wichtiger, war völlig unklar, ob die Auslieferung bin Ladens überhaupt in ihrer Macht stand. Die Taliban hatten ja bereits zuvor versucht, den Terroristen unter Kontrolle zu bekommen, und waren damit gescheitert. Nein, das ist eine Legende. Davon abgesehen standen die USA zum Zeitpunkt dieses „Angebots“ kurz davor, bin Laden selbst zu schnappen. Es war ja nur der Fuck-up, der ihm die sehr knappe Flucht aus seinem Rattenloch erlaubte.
… die Taliban hätten Bin Laden ausgeliefert, um den Krieg zu vermeiden. 9/11 war nicht der Grund, sondern nur ein Vorwand.
Das ist in etwa dieselbe Urban legend wie die, die Serben hätten nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers vor dem 1. Weltkrieg die österreichischen Forderungen weitgehend erfüllt.
Gruss,
Thorsten Haupts
Exakt.
Armin Laschet macht die Tür für die Afghanen zu:
„Ich glaube, dass wir jetzt nicht das Signal aussenden sollten, dass Deutschland alle, die jetzt in Not sind, quasi aufnehmen kann“, sagte der CDU-Vorsitzende am Montag in Berlin nach Beratungen von Präsidium und Bundesvorstand seiner Partei. „Die Konzentration muss darauf gerichtet sein, vor Ort, jetzt diesmal rechtzeitig – anders als 2015 – humanitäre Hilfe zu leisten.“
Quelle: https://www.n-tv.de/ticker/Laschet-Keine-Zusage-fuer-Aufnahme-afghanischer-Gefluechteter-article22746476.html
Meine Meinung: Wenn Laschet die humanitäre Hilfe – also ohne Waffen oder militärischen Schutz! – persönlich vor Ort organisiert, ist er kanzlerfähig.
@ Marc Schanz 16. August 2021, 16:58
Meine Meinung: Wenn Laschet die humanitäre Hilfe – also ohne Waffen oder militärischen Schutz! – persönlich vor Ort organisiert, ist er kanzlerfähig.
Ich schließe mich an – selbst wenn er dann so lange beschäftigt wäre (vermutlich mit Gräber buddeln), dass die Kanzlerschaft kein Thema mehr für ihn wäre.
Ach und bevor das untergeht – so wie formuliert ist Marc Schanz Darstellung eine auf medienfalschdarstellungen beruhende „Fake News“:
https://twitter.com/ArminLaschet/status/1427293915422593024
Macht aber nichts, passt ja zum Vorurteil (auch zu meinem, ich halte ihn für eine Lusche).
Gruss,
Thorsten Haupts
Afghanistan ist kein Land. Es ist ein Gebiet mit vielen Ethnien und Stämmen, die alle ihr eigenes Süppchen kochen. Das wird auch den Taliban noch zu schaffen machen, seien sie vor Ort auch noch so respektiert.
Afghanistan interessiert in Europa keine Sau, es sei denn er ist Geschäftemacher oder Heroinschmuggler. Die Halbwertzeit der Aufmerksamkeitsökonomie beträgt etwa 4 Tage, es sei denn, es explodieren ein paar Bomben oder sonst kommen irgendwie ein paar 1000 Tote drin vor.
Zu Weihnachten könnte man als Reporter natürlich mal Menschen dazu in der Fußgängerzone befragen. Einer von Hundert wird ggf. sogar etwas Substanzielles äußern können. Der Rest wird schlicht mit den Achseln zucken und seiner Wege gehen.
Ich finde es problematisch, anderen Staaten einfach so die Staatlichkeit abzuerkennen. Ja, Afghanistan ist keine Nation im westlichen Sinne, aber das sind viele Länder nicht. Mir ist das so viel zu sehr dieser herablassende Blick auf die „Barbaren“, die man dem eigenen Chaos überlassen sollte. Das finde ich extrem problematisch.
Das finde ich extrem problematisch.
Geschenkt. Haben Sie ne realistische Alternative anzubieten? Sonst ist das nur eine Gefühlszuckung (heutzutage zunehmend mit einem Argument verwechselt).
Gruss,
Thorsten Haupts
Es ist mehr als Gefühlszuckung. Genauso gut könnten Afghanen argumentieren, dass Deutschland ja kein Staat sei, weil die Bajuvaren ständig ihr eigenes Ding drehen wollen.
Aha. Die Bayern sind also ein Stamm? Das hat Herr Sasse konkret an welchen Genen festgelegt? Ist die Autobahn GmbH bayrisch? Ist die Maut bayrisch? Nicht mal der Heimathorst ist bayrisch. Der ist fränkisch. Klar, schwingen auch in Deutschland noch die Nachwehen von 1648 mit.
Nur dusselige Deutsche indes verstehen meinen Kommentar so. Jeder der sich mit Afghanistan befasst, weiß um die Bevölkerungsstruktur. Auch darum, dass es ein willkürliches Gebilde ist, das so gar nichts zum Nation Building treibt.
Das ist es ja gerade, was den Einmarsch der Taliban so erleichtert hat. Das verhält sich, wie mit dem Volkseigentum in der DDR. Das gehört mir nicht, also kann ich es ankacken. Ansonsten wären bis 1989 garantiert schon die Einschusslöcher in den Fassaden in der Vorzeigehauptstadt der DDR (zumindest an der Grenze zum Westen) vor der Wende verschwunden.
Ob Heimathorst die Helfer der Bundeswehr wieder nach Afghanistan abschieben wird, sollte deren Anzahl seinem Geburtstag auch nicht entsprechen?
Ja, der Scholl-Latour hat mit jeder Phrase bezüglich Afghanistans recht gehabt. Das können transatlantische Kriegstreiber und Gewinnsüchtige natürlich nicht verstehen. Schon gar nicht was langfristige Entwicklungen angeht. Die sind wahres Gift für High Trade Swaps und Waffengeschäfte.
Es sind auch nicht die Barbaren, auch wenn einiges von dem Treiben einem aufstößt. Es sind einfach viele Stämme, von denen jeder einzelne Gott und Wahrheit auf seiner Seite gepachtet hat und diese auch mit Waffengewalt versucht durchzusetzen.
Wo bei uns das Geld sitzt (auf dem Land), sitzt in Afghanistan die Armut. 80 % leben dort auf dem Land. Warum zur Hölle sollte ein Taliban dort einen auf Kontrollinstanz machen?
Die konzentrieren sich auf die Städte, genau wie Hochzeitsbomber der Nato. D. h., dass auch dieser Hegemon bereits schwächelt. Was heißt das für die Zukunft? Das die Zukunft dort auch bestimmt wird von Kriegen der einzelnen Stämme wegen Ländereien & so. Da wird dann halt schnell mal das Elsass wieder angeschlossen, würde ein Deutscher sagen. Dagegen werden auch die Taliban kaum was ausrichten können.
Wenn man bedenkt, dass die dafür in den letzten 2 Dekaden Gestorbenen heute Ihre Kids von der Disco abholen könnten?
Die pure Verschwendung von Ressourcen!
Was kann man dagegen tun? Simpel. Eine 5G Internetstruktur mobil anlegen und jedem Afghanen ein aktuelles Iphone oder Samsung schenken, wo die typischen Apps der Deutschen vorinstalliert sind, wie Lovoo , xhamster, cdate, youporn, netflix, amazon, silkroad, climate coin, ikea, h&k, facebook, spotify, fortenite, etc. pp.. Das würde sehr schnell sehr nachhaltig bestehende Strukturen verändern. Und jede Menge Auswanderer nach sich ziehen. Allein durch die penetrante Werbung, die suggeriert das nicht nur Trinkwasser aus dem Hahn kommen kann, sondern auch Bier (im Hotel) usw..
Das funktioniert nicht?
Doch. Das funktioniert selbst in Tunesien und dieser Staat ist vergleichsweise ultramoderat.
Win-Win für die Kapitalisten. Zero Points für die Arbeiterklasse. Das ist so gewollt und eine Situation die unbedingt neben dem Klima weltweit eskalieren muss.
Know your Volksstämme: Heimathorst ist aus Ingolstadt (Oberbayern) . Corona-Markus ist der Mittelfranke (Nürnberg)
Ich hoffe es ist offensichtlich wie albern diese Zuschreibungen sind.
Afghanistan ist 130 Jahre länger als Deutschland ein Staat. Ich wäre mit diesen herablassenden Abqualifizierungen etwas vorsichtiger.
aber 20 Jahre null Rückhalt in dem Land zu erarbeiten und dabei permanent mit einer kleinen „westlichen“ „Elite“ zu kungeln. Der Präsident ist nach Tadschikistan geflohen, einer der repressivsten und korruptesten Diktaturen der Erde. Wie lange haben wir diesen Vogel ausgehalten?
Ansonsten hätte man vielleicht mit Ethnologen oder sowas versuchen können langsam Vertrauen und Kommunikationskanäle mit den Stämmen aufbauen können.
Wie viele Brunnen hätte man bohren, wie viele autonome Energie-Anlagen hätte man installieren können, statt 300.000 Mann militärisch auszubilden und zu besolden, die beim ersten Schuß die Waffe niederlegen?
Da fehlte scheinbar jegliche strategische Führung.
Wenn man offensichtlich nicht mal versucht, weite Teile der Bevölkerung zu erreichen, finde ich die alt-griechische Lösung besser: „Hier wohnen Barbaren“ auf die Landkarte pappen und sich da raushalten.
Ansonsten hätte man vielleicht mit Ethnologen oder sowas versuchen können langsam Vertrauen und Kommunikationskanäle …
Ich finde diese „Alternativen“ inzwischen nachgerade niedlich. Ohne robusten miltärischen Schutz hätten diese Ethnologen längst ne einsame Grabstätte bezogen. Die Taliban hatten nie ein Problem damit, vorrangig Angehörige von Hilfsorganisationen zu ermorden (was aus deren Perspektive sogar strategisch sinnvoll ist).
Das ist „Klein Fritzchen“ in Reinkultur.
Gruss,
Thorsten Haupts
Ja, dann halt alt-griechische Lösung.
Ich bin halt kein Nahost-Experte und wußte nicht, dass die gewohnheitsmässig Hilfsorganisationen angreifen.
Klein-Fritzchen führt bestimmt ein glücklicheres Leben, als Menschen, die alles wissen. Danke für das Kompliment.
Das kannst Du im Kleinen in jedem deutschen Problemviertel auf den Rettungswachen genauso erleben. Selbst in Kleinstätten muss schon Security ran, damit die Sanis und Ärzte ihre Arbeit erledigen können. Unter den Schlagworten, Security, Rettungsstelle und Klinik wirst Du nicht nur auf https://www.burks.de/burksblog/ fündig (u. a. Autor von Nazis sind Pop).
Ohne Sicherheit geht nichts anderes.
Wir haben da eine Armee ohne Motivation, d.h. ohne Wert geschaffen. Die USA alleine hat da 83 Mrd USD reingebuttert. Die vielen mächtig aussehenden Hubschrauber, Panzer, Geschütze, Kampfflugzeuge etc haben eben genau keine Sicherheit geschaffen.
Außerdem erzeugte diese Armee in jenem kriegserprobten Land wohl auch eine Menge Anti-Körper.
Faszinierender finde ich, dass sie zwar 83 Milliarden in Gerät investierten, aber nicht darin, dass die Soldaten jeden Tag zu essen hatten. Was für eine verfehlte Prioritätensetzung.
Mit dem Gerät ließ sich halt auch mehr verdienen. Militärisch-industrieller Komplex (Eisenhower).
Mir ist gerade aufgefallen, dass niemand hier im Forum (auch ich nicht) unterscheidet zwischen dem ISAF-Mandat (UN, bis 2014) und der Operation ‚Resolute Support‘ (NATO, danach).
War bisher nicht notwendig, aber danke für den Hinweis.
Ich beschäftige mich seit 4 Jahren weniger mit Venezuela, weil das nicht gut für meine seelische Gesundheit ist. Ich dachte, ich hätte jeden Irrsinn gesehen.
Und nun das:
The UN Security Council has issued a statement on Afghanistan, in part calling for the „full, equal and meaningful participation of women“ in a new government.
https://twitter.com/HelloLauraKelly/status/1427322683214213122
An eine Taliban-Regierung.
Parodie, geradezu.
Für diese Diskussion vollkommen nebensächlich, aber:
– Immer bessere Bildung und immer besserer Zugang zu Informationen erlaubt immer mehr Menschen, diesen Bullshit als solchen zu erkennen.
– Gleichzeitig verlangen diplomatische Usancen und die Ausbildung der Mitarbeiter solcher internationalen Organisationen (Soziologie, Politologie et al) offenbar, seit jahrzehnten zunehmend mehr von diesem Bullshit in den Müllhaufen zu entlassen, den man „öffentliche Meinung“ nennt
Ergo wächst die erkennbare Kluft zwischen grandiosen Luftnummern und realistischen Betrachtungen jeden Tag stärker. Das Ergebnis ist die in westlichen Medien häufiger mal verständnislos beklagte Abnahme des öffentlichen Vertrauens in besagte Institutionen.Die völlig rational ist.
Ist mit den ständigen folgenlosen mahnungen und Erwartungen des deutschen Auswärtigen Amtes genau dasselbe …
Gruss,
Thrsten Haupts
Ulf Porschardt bringt es in der WELT auf den Punkt:
Die Selbstzerstörung des Westens
„Raus aus Afghanistan“ – was Linke und Pazifisten immer gefordert haben, ist nun eingetreten. Mit katastrophalen Folgen für die Menschen vor Ort, die unter der Grausamkeit der Taliban leiden müssen. Unsere intellektuellen und kulturellen Eliten haben ihren Denkhorizont auf die Reichweite ihres Lastenfahrrads reduziert.
Die Selbstzerstörung des Westens, seine eitle Dekonstruktion aus Feigheit, trägt Früchte. Mit dem Vertrauen in die eigenen Ideen schwand die Wehrhaftigkeit, Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik entlang aufklärerischer Maximen zu verstehen. Das als Eurozentrismus kritisierte Denken hat sich selbst aufgegeben.
Die Taliban und deren archaischen Islamismus mit all seiner menschen- und frauenverachtenden Scheußlichkeit bekommt Afghanistan nach dem blinden Abzug der westlichen Truppen „geschenkt“. Die Taliban bringen die Scharia, das Ermorden von Schwulen, Ehebrecherinnen, Andersdenkenden, Christen, was auch immer. Schulterzuckend wird das hingenommen.
Am schlimmsten wirkt die Naivität von US-Präsident Biden oder dem deutschen Außenminister Maas, zu glauben, es hätte auch anders enden können. Die Mischung aus Sprachlosigkeit und Geschwätzigkeit, hinter deren Schleier vor allem totale Ignoranz schlummert, ist das eine, die kulturellen Geschäftsgrundlagen dieser Ignoranz sind das andere.
Die Zukunft gehört den Frauen. In Afghanistan hätte man sie bewaffnen müssen. Für sie ist der Siegeszug der Taliban ein Todesurteil: entweder im konkretesten Sinne oder als Tod ihres Lebensentwurfs. Man hätte nur die bewaffnen sollen, die jetzt ihrem erschreckend sicheren Tod entgegengehen. Für diese Bedrohten ist die Freiheit nichts für das Oberseminar, sie ist die Existenzgrundlage.
https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus233179771/Afghanistans-Fall-Die-Selbstzerstoerung-des-Westens.html
Also sorry, das ist doch ein völlig fantastischer Unsinn. „Die Frauen hätten bewaffnet werden müssen“, als ob die dann quasi heldenhaft ihre Häuser gegen die Taliban verteidigen könnten?! Was für ein Sessel-Held!
Die „Analyse“ ist eine Bewertung und man kann sie guten Gewissens vertreten. Die Bewaffnungsforderung für reine Zivilisten (afghanische, modern ausgebildete, Frauen) ist schlicht blühender Quatsch, da kann man die Waffen auch gleich an die Taliban übergeben.
Armsessel-Generäle gehen mir seit Jahrzehnten auf die Nerven …
Gruss,
Thorsten Haupts
Gelegentlich müsste der Bewaffnungs-Fan Poschardt mal erklären, warum er eigentlich Zivildienst gemacht hat statt bei der Bundeswehr zu dienen.
Und hier was aus dem Doha-Abkommen zwischen der TRUMP-ADMINISTRATION und der Taliban:
Zitat:
„The United States is committed to withdraw from Afghanistan all military forces of the United States, its allies, and Coalition partners, including all non-diplomatic civilian personnel, private security contractors, trainers, advisors, and supporting services personnel within fourteen (14) months following announcement of this agreement. “
Trump/Taliban, wie gesagt. Nix Biden. Da verwechselt Herr Poschardt was, der, wie gesagt – was sein gutes Recht ist – von Art 4 (3) GG (Kriegsdienstverweigerung) Gebrauch gemacht hat, um nunmehr gegen „Linke und Pazifisten“ zu wettern. Passt nitt so gut, denn wie man Kriegsdienstverweigerer und kein Pazifist sein kann, ist etwas schwierig zu verstehen.
Wahrscheinlich weil er ein Zivi war, der nicht daneben stehen würde, wenn seine Frau / Tochter misshandelt und getötet würde. Ich habe mal jemanden zusammengeschlagen, der meine Frau auf der Berliner Silvesterpartymeile belästigt hat. Ich habe mit derartiger Gewaltanwendung nicht das geringste Problem. Und es ist höchst effektiv.
Ja, finden Sie es auch gut, dass Biden sich gleich am ersten Tag seiner Präsidentschaft einen Kehrricht darum gekümmert hat, was Trump zuvor vereinbart hatte?
Trump/Taliban, wie gesagt. Nix Biden.
Lasse ich hier nicht durchgehen. Wenn man ein Abkommen einer Vorgängerregierung ohne Prüfung und Abstriche durchgehen lässt, gehört einem selbst dieses Abkommen. Wenn dieser Vorgänger „Trump“ heisst, gleich dreifach.
Gruss,
Thorsten Haupts
Bittere Ironie der Geschichte: Die USA wollten mit der Aufrüstung der Mudschaheddin der Sowjetunion ‚ihr Vietnam‘ verschaffen. Jetzt verschaffen die geistigen Nachfolger genau dieser Mudschaheddin uns fast die gleichen Bilder wie vom Fall von Saigon.
Und weil es so gut passt, hier eine Strophe von Fontanes „Trauerspiel von Afghanistan“:
„Zersprengt ist unser ganzes Heer,
Was lebt, irrt draußen in Nacht umher,
Mir hat ein Gott die Rettung gegönnt,
Seht zu, ob den Rest ihr retten könnt.“
Finde ich Unsinn. Die Kämpfer von damals sind heute Greise, wenn sie überhaupt noch leben. Die meisten dürften tot sein. Das ist eine Argumentation, dass wir Deutschen Nazis seien und die Briten Sklavenjäger.
Hat an Aktualität nix verloren! Wenn die Bionazis und die anderen sich erst mal bewusst werden, was sie nicht alles gemeinsam haben….
… und die Schüler von damals sind jetzt Kämpfer:
https://www.washingtonpost.com/archive/politics/2002/03/23/from-us-the-abcs-of-jihad/d079075a-3ed3-4030-9a96-0d48f6355e54/
… weil die US Army die Sicherheit gewährleistet hat?
Nun, das ist ihnen damals gelungen. Aber die meisten Kämpfer, die heute Kabul erobern, waren bei 9/11 noch nicht geboren.
Die Schreibtisch-Täter, die an diesem Massenmord mitverantwortlich sind, sollen bitte namentlich ermittelt und im Fernsehen interviewt werden.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/unrealistisch-dass-die-rauskommen-100.html
Wir hätten da nicht reingehen sollen -> https://twitter.com/tedneward/status/1427498910218481664
Dann aber den lokalen Helfern keine sichere Option anzubieten, ist Beihilfe zu Mord und Folter. Genug Zeit wäre da gewesen, warnende Stimmen gab es auch. Scheinbar wurden die kalt lächelnd abserviert.
Noch eine Meisterleistung dieser Schreibtischtätet. Die deutsche A400M, die über 120 Plätze verfügt, hat heute nur 7 Personen aus Kabul evakuiert:
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-evakuierungen-101.html
Steht ja nun oft genug in den Nachrichten, warum kaum jemand ausgeflogen werden kann.
Für sie ist das eine effektive Auslastung? Für mich nicht.
Meines Wissens nach ist aktuell unklar, warum nur sieben Leute drin waren. Ich würde das Urteilen solange hintenanstellen.
Andere Nationen fliegen ihre Leute raus. Die Deutschen haben es leider nicht geschafft, den Amis zu sagen, wer zum Flughafen darf und wer nicht. Das war das Problem:
https://twitter.com/ennolenze/status/1427558226200047617
Da gibt es wirklich nichts zu diskutieren. Die Leute müssen vor der Ausgangssperre zum Flughafen und dann sofort in die Maschine. Das ist für andere Länder problemlos machbar.
Die Maschine hatte 30 Minuten, es war völlig unklar, ob und wann die Maschine landen konnte. An dem Flughafen müssen Soldaten eine völlig in Panik geratende Menschenmenge irgendwie darin hindern, auf Landebahnen und Rollfelder zu laufen, bzw. daran hindern in die Flugzeuge zu stürmen. Mit anderen Worten, da ist ein absolutes Chaos. Die Bundeswehr hat mitgenommen, den man gerade mitnehmen kann.
Es ist auch nicht zielführend jeden an Board einer Maschine einfach mitzunehmen. Man kann nicht ausschließen, dass unter den Menschen am Flughafen auch Leute sind, die die chaotische Situation nutzen wollen für einen Anschlag. Und ich mag mir kein Bild ausmalen eines beim Start explodierenden Flugzeugs, oder einer Schießerei in einem Fluchtflugzeug.
Die Situation ist ein gigantischer Schlamassel. Mir ist völlig schleierhaft wie man in dieser Situation so etwas wie Ordnung herstellen kann oder das geordnet ablaufen lassen will. Das ganze kann jeden Moment in ein Massaker ausarten sobald ein Spinner anfängt auf die Maschinen zu schießen.
Ich fürchte fasst, es wird darauf hinauslaufen, dass wir die Menschen den Taliban abkaufen müssen.
Und ich finde Schreibtischtäter in diesem Zusammenhang ein völlig unpassendes Wort. Offenbar führte ein Mix aus Unterschätzung, Ignoranz, Führungsversagen und Unvermögen zu dieser chaotischen Situation. Am Ende ist diese aber, anders als das Wort „Schreibtischtäter“ impliziert nicht von der deutschen Regierung beabsichtigt gewesen. Hoffen wir das Retter und zu Rettende heil da raus kommen und machen die Schuldaufarbeitung später.
Wie sollen sie raus kommen, wenn die Flugzeuge leer fliegen?
Wie sollen die Flugzeuge sie aufnehmen, wenn sie nicht zum Flughafen durchkommen? Oder zum Flugzeug selbst?
Andere Länder haben diese Aufgabe auch geschafft. Siehe Antwort zu Sasse und v.a. Link.
Ich finde Ihren Aufriss noch alberner als zu Beginn. Es ist hier doch kein Streitpunkt, welche katastrophalen Fehleinschätzungen von Bundesregierung, AA und Sicherheitskräften vorgenommen wurden. Nur kritisieren Sie, dass das Flugzeug nur 7 Personen aufgenommen habe (schlechte Auslastung). Dass keine weiteren berechtigten Personen am Flughafen waren, ist das Problem, Herr Schanz.
Die Bundesregierung und namentlich der Außenminister haben sehr, sehr spät reagiert. Die Transportmaschinen waren am Samstag Abend abflugbereit, dennoch verzögerte das AA bis Montag Morgen. Auch das halte ich für einen Skandal. Aber das sind alles nicht Ihre Punkte.
Die Amerikaner schicken jetzt 6.000 Soldaten, um den Abzug zu flankieren. Das sollte auch jemanden wie Ihnen zeigen, dass die Menschen sich nicht mehr so einfach in Sicherheit bringen lassen.
Lassen Sie also solch blödsinnigen Ein-Satz-Debatten.
Bewegendes Interview eines Hauptmanns der Bundeswehr, der sich um die Ortskräfte bemüht:
https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/unrealistisch-dass-die-rauskommen-100.html
Es wird viel aufzuarbeiten sein und für künftige Missionen berücksichtigt werden müssen.
Deutschland muss mehr als 7 Personen evakuieren. Sie zur Maschine zu bringen, ist höchste Priorität. Dass es eine chaotisch Lage ist und Geschwindigkeit alles, ist keine Frage, aber für die 7 war es lôsbar.
Jepp, das ist wesentlich problematischer als oft anerkannt.
Nô, einige erwarten einfach nur zu wenig.
Die Schreibtisch-Täter, die an diesem Massenmord mitverantwortlich sind,…
Laber, empör, laber. Das Wort Schreibtichtäter ist völlig unangemessen, es gibt eindeutige Täter und das sind die Taliban-Terroristen. Und sonst niemand. Überfordertsein in einer chaotischen Gefechtslage macht keine „Schreibtisch-Täter“.
Gruss,
Thorsten Haupts
Wie wird in den USA die Rücktrittsforderung an Biden aufgenommen? Bringt das Trump zurück?
Das wird abzuwarten sein – man muss wie ich finde unterscheiden zwischen der Entscheidung aus Afghanistan abzuziehen und wie schlussendlich der Abzug durchgeführt wurde.
Hätte der Westen vorausgeplant und neben dem Abzug der eigenen Kräfte, den Abzug der Ortskräfte und westlichen Personals gut organisiert, dann hätten wir jetzt nicht diese Bilder und Debatten. Klar hätten Ihn Republikaner auch angegriffen, aber nicht mit der Wucht, wie Sie es jetzt tun. Obgleich natürlich die Reps die Hauptverantwortung für den Abzug tragen, ist die schlampige Umsetzung Joe Bidens Administration anzurechnen (gleichwohl hätte es vermutlich Trump kaum anders gemacht).
Bilder sind mächtig – aktuell festigt sich das Bild eines Westes der von einer Horde bärtiger Männer die mit Pickups und MGs buchstäblich vom Hof gejagt wird. Ob es noch gelingt dieses Bild zu brechen, mit GIs / NATO Truppen die Ihre Leute aus Kabul herauskämpfen wage ich dann doch zu bezweifeln…
aktuell festigt sich das Bild eines Westes der von einer Horde bärtiger Männer die mit Pickups und MGs buchstäblich vom Hof gejagt wird. Ob es noch gelingt dieses Bild zu brechen, mit GIs / NATO Truppen die Ihre Leute aus Kabul herauskämpfen wage ich dann doch zu bezweifeln…
Diese Bilder müssen möglichst rasch als die Propaganda-Show entlarvt werden, die sie ist. Die „Horde bärtiger Männer“ bekommt immerhin seit Jahren erhebliche finanzielle und logistische Unterstützung vom pakistanischen Geheimdienst (kurioserweise auch teilweise von Russland und dem Iran, die die Taliban als Gegengewicht zu ISIS aufbauen wollten) und hat in den letzten 20 Jahren hochmoderne Waffen und Transportmittel erbeutet. Mit Frömmigkeit alleine gewinnt man solche Kriege nicht.
Ich habe gerade was gelernt über den angeblich so überraschenden Zusammenbruch der afghanischen Regierungstruppen. Und empfehle deshalb die Quelle weiter. Hier (Englischkenntnisse erforderlich):
https://www.politico.com/news/magazine/2021/08/16/afghanistan-history-taliban-collapse-504977
Gruss,
Thorsten Haupts
Danke für den Link. Etwas, das ich hieran wieder unterstreichen möchte: Die Gesellschaft mag „mittelalterlich“ sein, aber die Handlungen aller Beteiligter sind rational und richten sich an den vorhandenen Machtstrukturen aus. Und mal ehrlich: Eine Verhandlungslösung, wie sie das afghanische Militär mit den Taliban abschließen, ist in meinen Augen intelligenter als ein sinnlos verlorener Kampf, wie ihn der Westen so gerne möchte.
Die Machtstrukturen basieren auf der dominanten Herion-Wirtschaft. Solange diese von den Clan-Strukturen beherrscht wird, wird sich nichts ändern, da der Nachschub für Geld und Waffen gesichert ist.
Genau deshalb ging es 2001 auch erst sehr schnell, die Taliban zu entmachten. Dies ist auch der Grund, warum ich die Anti-Taliban-Kräfte noch nicht abschreiben würde. Die Taliban haben nie ganz Afghanistan kontrolliert, auch nicht, als sie in den späten Neunzigern in Kabul an der Macht waren.
Ich lese gerade das Standardwerk von Ashmed Rashid über die Taliban und dort werden solche Deals zwischen Taliban, rivalisierenden Mudjaheddin und dem pakistanischen Staat bezüglich der Kontrolle von Handelsrouten und dem Monopol über Schmuggel/Drogenhandel sehr oft erwähnt.
Die bisher beste Erklärung für das Fiasko. In Ansätzen konnte man das seit Jahren selbst in Publikums-Zeitschriften lesen.
Die Gesellschaft mag „mittelalterlich“ sein, aber die Handlungen aller Beteiligter sind rational …
Das waren sie im übrigen auch im Mittelalter, basierend auf den kulturellen und geostrategischen Bedingungen dieser Zeit. Funktionsrationalität ist keine neuzeitliche Erfindung.
In gewissen Punkten erinnert mich die beschriebene Situation an die Situation zwischen den norditalienischen Stadtstaaten zwischen (grob) 1300 und 1600.
Gruss,
Thorsten Haupts
Zwischen unseren Ansprüchen und der Wirklichkeit solcher Einsätze wie in Afghanistan klafft eine gewaltige Lücke. Das ist letztlich nicht schlechten oder doppelten Absichten geschuldet sondern vieler Wirkungsketten, die wir nicht kontrollieren können. Aus irgendwelchen Gründen verweigern wir uns als Gesellschaft, die Lehren aus dem Vietnam-Krieg zu ziehen.
Das ist das Beste, was ich bisher über unsere Seite gelesen habe ->
https://laurajedeed.medium.com/afghanistan-meant-nothing-9e3f099b00e5