Ein Herz für Kontrolleure

In einer in Unordnung geratenen Welt gilt Deutschland als Hort der Gelassenheit. Nicht zuletzt der Umgang mit der Corona-Pandemie scheint für viele das Bild zu bestätigen: Deutschland does it better. Während in einigen Ländern Populisten an der Macht ihre Bürger ob Ignoranz vor der gesundheitlichen Gefahr regelrecht umbringen oder andernorts angesichts chaotischer Staatskunst die Systeme gleich kollabierten, wird bestaunt, mit welcher Ruhe die Deutschen die Einschränkungen in ihrem Leben meistern. Da fallen auch ein paar Demonstranten nicht ins Gewicht, die sich ohnehin jederzeit selbst diskreditieren, wenn sie sich hinter Reichsflaggen versammeln. Den Rest besorgt das gerade hierzulande ausgeprägte Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühl, nicht nur für sich, sondern auch für die Ordnung in Nachbars Garten verantwortlich zu sein. Verstöße gegen den Common Sense des Landes werden mit kurzen Verweisen korrigiert, der Fremde auf der Straße diskret auf die nicht korrekt sitzende Maske hingewiesen. Viele Deutsche empfinden Verantwortung für das große Ganze, sie glauben nicht an Fortschritt durch Wettbewerb und Konkurrenz, sondern an den Erfolg durch das Ziehen an einem Strang. Diese Überzeugung erlebt nun im Kampf gegen ein erstaunlich unsichtbares Virus eine Hochzeit, aber es gilt als Blaupause für die elementaren politischen Probleme, insbesondere für die Bekämpfung des Klimawandels.

Es ist notwendig, einiges voranzustellen. Ich glaube an die Existenz von Viren selbst dann, wenn sie unsichtbar erscheinen. Auch wenn die Politik einige Verwirrung gestiftet hat, bin ich überzeugt, dass Gesichtsmaskierungen vor Infektionen schützen können. Und es gibt absolut rationale Gründe, warum im letzten halben Jahr die gesamte bekannte Welt in Panik vor einem Virus mit angeblich rötlichem Aussehen und vielen Saugnäpfchen verfallen ist. Ich habe auch absolut Verständnis, dass aus Sorge vor einer grassierenden Pandemie mit nicht selten tödlichem Ausgang für Erkrankte für einige Zeit viele Millionen Menschen lieber ihre wirtschaftliche Existenz riskierten als ihre physische, in dem ein Covid-19-Infekt ihnen langsam den Sauerstoff aus den Lungen saugt.

Ich bin auch kein engagierter Demokrat. Mein Einsatz für Demokratie und Menschenrechte erschöpft sich darin, alle vier Jahre eine liberale Partei zu wählen und von Zeit zu Zeit Werbung für freiheitliche Grundeinstellungen zu machen. Aufgewachsen und politisiert in einer Ära, in der selbst eine halbe Million Friedensdemonstranten die Politik nicht aus den Angeln heben konnte, halte ich Demonstrationen für Verschwendung von Lebenszeit, so lange es nicht gegen engagierte Durchregenten in streng organisierten Staaten geht. Aber, vor solchen Fragen an meine innere Überzeugung stehe ich nicht. Ich bin allerdings auch kein absolut gewaltfreier Mensch. Manchmal kann ein Schlag zwischen das Augenpaar eines Belästigers (männliche Form) Wunder bewirken, zumal wenn dieser stark alkoholisiert in seinen Reaktionsfähigkeiten eingeschränkt ist. Alles in Maßen.

Genauso wie meinen Mitmenschen fehlt mir das Verständnis, warum nicht jeder so klug, vernünftig und verantwortungsbewusst ist. Ich halte etwas Sexismus und Rassismus für absolut tolerabel, zumindest, wenn es nach der heutigen publizierten Auslegung geht. Die Dosis macht die Wirkung. Umso irritierender erscheint mir der Eifer, mit dem heute gegen alles andersartige zu Werke gegangen wird.

Es ist noch nicht lange her, da urteilte der Europäische Gerichtshof, ein Staat habe das Recht, Bürgern die Vollverschleierung zu verbieten. Die Bedeckung des Gesichts könne auch in die Rechte Dritter (sic!) eingreifen, wenn ihnen eine verschleierte Person gegenübertrete. Das umgangssprachlich EuGH genannte Gericht wurde zuletzt als last resort für alles wahrgenommen, was europäischen Enthusiasten am Herzen liegt und dabei der vermeintlichen deutschen Engstirnigkeit die Stirn bot, wenn es der deutsche Sparer und Steuerzahler eben an dieser Begeisterung fehlen ließ. Wurden noch vor Monaten streng gläubige Muslimen missbilligend betrachtet, gelten sie nun als Vorreiter der Moderne. Niemand käme heute auf die Idee, einer solchen Frau (?) zu unterstellen, sich abgrenzen zu wollen. Distanzierung ist In, Verzicht auf Nähe schützt vor Ansteckungen, vor Arbeit und anonymen Sex. Beim Lesen der modernisierten Regeln für die Wiedereröffnung der Bordellbetriebe kommen einem unwillkürlich Bilder aus Saudi-Arabien in den Kopf.

Krise als Ersatz für Gemeinschaft

Doch an dieser Stelle soll nicht so sehr die Rede von menschlichen Bedürfnissen sein. In den ersten Wochen der Krise wurden an mich als unternehmerische Führungskraft auch Forderungen nach Maskenpflicht am Arbeitsplatz und „Spritzschutz“ herangetragen. Dieses wurde von mir mehrfach in Abstimmung mit dem Eigentümer abgelehnt. In einer Mitarbeiterrunde begründete ich dies:

Unsere Kollegen sind häufig auch unsere Freunde. Wir verbringen mehr Zeit am Arbeitsplatz als sonst irgendwo. Wir begegnen uns in der Küche, auf der Toilette und vor allem arbeiten wir körperlich eng zusammen. Echten Schutz gibt es unter diesen Bedingungen nicht. Wenn einer von uns das Virus aufschnappt, wird er es ins Unternehmen tragen, keine Maske wird dies dann verhindern. Wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren Kollegen, in dem wir unseren Umgang konstant halten und vorsichtiger mit Fremden sind.

Aber irgendwann wird diese Krise wieder vorbei sein, die Umgangsregeln werden aufgehoben. Wie werden wir dann noch miteinander umgehen können, wenn wir über Monate, wenn nicht Jahre den anderen vor allem als Gefahr gesehen haben, von der es sich zu schützen gilt? Werden wir dann einfach auf staatliche Anweisung wieder einander umarmen können, uns die Hand geben? Wir leben von der Nähe und dem vertrauensvollen Umgang.

Nicht jeder hat das verstanden, aber die meisten. Bis heute hat sich niemand infiziert.

Die Politik des Lock-downs, verbunden mit der Aufhebung mehrerer Grundrechte, hatte von Beginn an einen sehr großen Rückhalt in der Gesellschaft. Als Anfang Mai die ersten Lockerungen beschlossen wurden, war von Erleichterung wenig zu spüren. An Warnungen mangelte es nicht, zu früh, zu weitgehend, so die meisten Einwände. In Umfragen zeigte sich eine große Mehrheit solidarisch mit der Kanzlerin, während die Skepsis an Politikern wie Armin Laschet wuchs. Über allem steht das Menetekel der Überforderung des Gesundheitswesens, die Gefahr einer „zweiten Welle“, dem Schutz der Alten. Ziemlich wenig Aufmerksamkeit erzielten dagegen Warnungen vor einer Zunahme häuslicher Gewalt, Benachteiligungen von Jugendlichen und Bildungsrückständen. Besser ein paar missbrauchte Kinder als ein an Corona gestorbener Greis mit Diabetes-Vorerkrankungen, das ist bis heute die allgemeine Haltung.

Obwohl die Infektionszahlen nach wie vor niedrig sind, die Situation in den Krankenhäusern sich weiter entspannt zeigt, regiert ein Klima der Angst. Gaststätten und Restaurants leiden unter einer Kundschaft, welche die Innenräumlichkeiten meidet wie der Teufel das Weihwasser. Selbst die Kämpfer gegen den Teufel in den Kirchen erhalten kaum noch Zuspruch. Das ist verständlich bei Menschen, die befürchten müssen, anfällig nicht nur für eine Infektion zu sein, sondern schwer erkranken zu können. Nicht verständlich ist das Denunziantentum, für das Deutsche besonders anfällig sind.

Viele Mitmenschen füllen sich aufgerufen, selbst die staatlichen Auflagen zu exekutieren. Wer auf Bahnhöfen, in Zügen, in Läden oder sogar auf der Straße keine Maske trägt oder nach Ansicht des ein oder anderen den Abstand nicht einhält, muss mit einem Anpfiff aufmerksamer Zeitgenossen rechnen. Takt ist ja nicht unbedingt die Eigenschaft, für die wir Deutschen bekannt sind und geliebt werden in der Welt. Hinweise auf vermeintliches Fehlverhalten laufen eher auf die rustikale Art. Die Übergriffigkeit gegenüber dem Regelbrecher ist da meisten egal. Denn eigentlich braucht sich niemand mit Erreichen der Volljährigkeit schulriegeln zu lassen. Es kann ja durchaus sein, dass Erwachsene, die sich nicht an eine Konvention halten, hierfür ihre Gründe haben.

Seit den Nullerjahren ist es zu zahlreichen Fällen gekommen, in denen es Teilnehmer an der nötigen Zivilcourage missen ließen. Der über zehn Meter vorgetragene dezente Hinweis „Maske auf!“ lässt sich schon mutiger vortragen. In der Öffentlichkeit ausgetragene Kindesmisshandlungen, Rowdytum und Stillosigkeiten erregen nicht so die Gemüter wie das Fehlen der passenden Gesichtsbedeckung. So manchmal drängt sich der Eindruck auf, die Gartenlaube lebt fort.

Wobei, der Vergleich ist wohl verfehlt. Die Deutschen, nicht nur die aus der ehemaligen DDR, halten den Gemeinschaftsgedanken hoch. Individualität hat es da schwer, was sich bereits darin zeigt, dass hierzulande die Grünen als liberale Partei zählen sollen, weil sie Multikulti und die Diversität von Lebensmodellen propagieren, so sie unter das Kürzel LGBT fallen oder mit Geschiedenen zu tun haben. Aber diese Liberalität hat enge Grenzen und endet bereits beim klassischen Familienmodell. Mit anderen Worten: die vorurteilsfreie Liebe zu den Grünen hat wenig mit Freiheitlichkeit zu tun, sondern ist nur eine andere Form für verboten ist, was nicht ausdrücklich erlaubt ist.

Engstirnigkeit in der Klimakrise

Die Grünen haben das Wesen der Deutschen perfektioniert, einen positiven Begriff mit einem Garten von Verboten zu umhegen. Für Umwelt und Klima wurde erst definiert, was alles ab sofort nicht mehr geht. Erst musste die Atomkraft weichen, dann wurde die Kohle abgeschafft. Währenddessen wurde jeder Weg blockiert, der etwas anderes sagt als erneuerbare Energiengesetz und Verzicht. Phantasie und Ideenreichtum, Konkurrenz von Modellen um gemeinsame Ziele zu erreichen, sind in dem System der Konformität nicht vorgesehen.

Gerade die Klimapolitik im linken Spektrum hat es vorgemacht, wo es weniger auf Ergebnisse als auf die richtige Haltung ankommt. Jeder Bürger, der heute noch einen schwergewichtigen Geländewagen kauft, ein Flugzeug besteigt und nicht genau Buch über seinen CO2-Abdruck führt, versündigt sich nach den Vorstellungen von Extinction Rebellion und Ende Gelände, aber auch der Grünen-Vertreter und ihrer Anhänger, an unser aller Grundlagen und vor allem der noch ungeborenen Kinder. Wobei der Begriff wörtlich zu nehmen ist.

Die Modelle zur Rettung des Weltklimas wie der Schutz vor Covid-19 ähneln sich im Absolutheitsanspruch. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, alle der einmal von der Regierung festgelegten Strategie folgen, kann diese zum Erfolg führen. Jedes Fehlverhalten gefährdet aus der Perspektive den Erfolg aller. So werden Mallorca-Urlauber angegangen, erlebnishungrige Teenager haben angeblich den Ernst der Lage nicht verstanden und seit Wochen wird von allen möglichen Personen des öffentlichen Lebens vor der „zweiten Welle“ gewarnt, wenn sie nicht bereits „da ist“. Kaum infizieren sich ein paar Menschen mehr, wird die erneute Katastrophe ausgerufen. Lernfähigkeit ist in diesen Kreisen eher ein Schimpfwort. Denn eigentlich gibt es keine lineare Beziehung zwischen Infektionen, Belastungen der Krankenhäuser und Todesfällen. Bürger dagegen, die das verfassungsrechtliche Demonstrationsrecht ausüben, müssen sich von einer SPD-Vorsitzenden, die es in ihrem politischen Leben zu keinem ernsthaft gewählten Amt gebracht hat, als „Covidioten“ beschimpfen lassen.

Was die neuen Autokraten in Jeans übersehen: sehr viele Menschen kämpfen um ihre wirtschaftliche Existenz. Hunderttausende Unternehmen sind insolvent ohne es anzeigen zu müssen, unzählige Ladenbesitzer, Restaurantbetreiber und Clubeigentümer haben aufgegeben. Statt selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, sollen sie sich bei Ämtern um Alimente anstellen. Was für Staatsgläubige eine Selbstverständlichkeit erscheint, ist für Menschen, die über ihr Leben selbst bestimmen wollen, eine Zumutung. Es gibt zum Glück immer noch eine Schicht, welche sich das Recht zur abweichenden Meinung erhält.

Eine demokratische Gesellschaft wird nicht nach den Expertisen und Empfehlungen von einseitig ausgerichteten Wissenschaftlern geführt. Sie wird von Politikern regiert, die die Aufgabe zum gesellschaftlichen Ausgleich haben. In einer solchen sind die Interessen aller Bürger gegeneinander abzuwägen und damit sind nicht nur die regierungskonformen gemeint. Für solche Mitmenschen, die bereits den Föderalismus mit seiner Verschiedenartigkeit als Zumutung betrachten, mag das als Blasphemie erscheinen. Doch Vielfalt zeigt sich nicht in unterschiedlichen Hautfarben, sondern in dem Wirrwarr an Meinungen und politischen Überzeugungen. Und die wenigsten sind davon Nazi-Gedöns, womit alles Abweichende heutzutage tabuisiert wird.

Gleichförmigkeit resultiert aus geistiger Armut. Der demokratische Rechtsstaat wird nicht mit Notstandsgesetzen regiert, die die große Errungenschaft der Zivilisation, die Bürgerrechte, außer Kraft setzen. Wie die Juristin und preisgekrönte Literatin Julia Zeh fordert, ist es längst angezeigt, wieder zu einem Normalmodus zurückzukehren, der nicht von der Angst vor einem Virus bestimmt wird. Das ist keine spinnerte Meinung, das ist schon gar kein Nazi-Jargon, das ist die Aufgabe der demokratischen, freiheitlichen Gesellschaft.

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  • Rauschi 31. August 2020, 19:14

    Wer hätte das gedacht, ich muss Ihnen teilweise Recht geben.
    Wenn einer Regierung etwas an der Gesundheit der Bevölkerung liegt, muss die Angstverbreitung sofort aufhören, das macht krank, wie man an der zunehmender Zahl von Maskenträger sieht, die eine tragen, in Situationen, in denen keinerlei Gefhar einer Infektion lauert. (Fahrrad im Wald, allein im Auto etc)
    Angststörungen ahoi, das kommt viele Arbeit auf die Therapeuten zu.

    Der Vergleich mit dem Klimawnadel ist aber denkbar schlecht gewählt, denn da hat die Regierung nie gemacht, was die Wissenschaft vorgeschlagen hat.

    Der entscheidende Unterschied ist, das sich die Massnahmengegener auf die gleichen Zahlen und Fakten berufen wie die Befürworter, das ist beim Klima absolut nicht der Fall.
    Da gibt es nicht mal eine Faktenbasis, auf der sich argumentieren liesse. das ist jedenfalls meine Erfahrung in dieser Richtung.

    • Stefan Pietsch 31. August 2020, 21:29

      Der Vergleich mit dem Klimawandel ist aber denkbar schlecht gewählt, denn da hat die Regierung nie gemacht, was die Wissenschaft vorgeschlagen hat.

      Das wird immer die Trennlinie bleiben. Das ist aber nicht weiter schlimm. Ich bin dezidiert der Ansicht, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht das alleinige Kriterium für politische Entscheidungen sein sollten. Das ist geradezu unmenschlich. Viele Menschen handeln auch im Angesicht des Todes entgegen ärztlichen Empfehlungen. Ich habe mehr als einmal den juristischen Rat von wirklich guten Anwälten überstimmt und bin damit gut gefahren. Kein Berater kann einem die Verantwortung für die eigene Entscheidung abnehmen. Politik muss Interessen austarieren und die sind nicht allein wissenschaftlich bestimmt.

      Die Empfehlungen der Klimaforschung sind nicht so einseitig, wie dies meist dargestellt wird. Und selbst wenn sie es wären – nicht die Klimawissenschaftler tragen die Verantwortung für die Regelung der res populi (wozu auch der Umgang mit der Umwelt zählt), sondern im besten Fall gewählte Politiker. Kein Wissenschaftler wird für einen fehlerhaften Rat, eine falsche Erkenntnis oder eine irrtümliche Prognose von Menschen außerhalb seiner Profession zur Verantwortung gezogen. Entscheiden sollten aber nur jene dürfen, die auch Verantwortung tragen.

      Danke für Ihre positive Einschätzung.

      • Rauschi 31. August 2020, 21:41

        Ich bin dezidiert der Ansicht, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht das alleinige Kriterium für politische Entscheidungen sein sollten. Das ist geradezu unmenschlich.
        Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht, da Sind Sie sogar mit Albrecht Müller auf einer Linie, der hat das schon sehr früh bemängelt. 😉

        • Stefan Pietsch 31. August 2020, 21:51

          Oh Gott, was für eine Gesellschaft. Das ist mir peinlich. 😉

          • Dennis 1. September 2020, 08:03

            Um die Peinlichkeit ins Unermessliche zu treiben 🙂

            Die Sache mit Wissenschaft und Politik sehe ich im Großen und Ganzen auch so. Andernfalls könnte sich die Politik ja abmelden und der Einfachheit halber der „Wissenschaft“ (wer/was das jeweils genau ist, weiß man obendrein auch nicht so genau) den Betrieb überlassen.

  • Stefan Sasse 31. August 2020, 20:44

    Der Hinweis auf die Bedrohung wirtschaftlicher Existenz ist völlig gerechtfertigt. Mir ist allerdings unklar, wie diese dadurch geschützt wird, in den Öffentlichen die Maske nicht aufziehen zu wollen.

    • Stefan Pietsch 31. August 2020, 21:19

      Meine Frau und ich haben uns am Wochenende nach langer Zeit wieder eine schöne Zeit in Frankfurt gegönnt. Wir waren bei Vapiano essen, danach bummeln und zum Abschluss im neuen Meisterwerk von Christopher Nolan „Tenet“. Der Tag war schön und gleichzeitig surreal. Das Vapiano am Rossmarkt in bester Stadtlage war praktisch leer zur Mittagszeit. Auf den Apple Store auf der Fressgass verzichtete ich, als ich mich vorher registrieren und anstehen sollte. Im MyZeil auf der umsatzstärksten Einkaufsstraße Deutschlands standen sich im Saturn die Händler die Beine in den Bauch. Überall gähnende Leere.

      Den genialen Film in einem der größten Kinosäle des Cinestar Metropolis wollte / konnte kaum jemand sehen. Waren früher die Schlangen vor dem Popcorn-Stand unerträglich lang, wollte diesmal keiner kaufen. Ich verstehe genügend von Unternehmensbilanzen um zu sagen: dass es Unternehmen überhaupt ein halbes Jahr unter solchen Bedingungen ausgehalten haben, ist eigentlich ein Wunder und kaum zu glauben. Möglicherweise sind es auch nur noch Zombies.

      Die Maske ist ein Hindernis. Wer mit den Symbolen von Krankheit und Tod konfrontiert wird, ist nicht in bester Stimmung. Das müssen Menschen aber sein, damit Kauflaune entsteht. Wir haben über Monate ein Klima von Angst erzeugt, was ich für fatal halte. Nichts drückt das besser aus als mein Eigenzitat. Gegen Angst anzugehen ist nicht gleichbedeutend mit der Aufforderung zur Unvorsicht. Aber die Angst macht Menschen verrückt. So sind Menschen im Krieg traumatisiert worden – nicht durch den Bombenhagel, sondern die permanente Angst davor. In diesen Tagen wird oft Churchill zitiert mit seiner Entscheidung, selbst in den dunkelsten Stunden des Krieges die Theater offen gelassen zu haben, weil die Menschen etwas bräuchten, was ihnen Hoffnung und Zuversicht gäbe.

      Mit permanenten Warnungen geben wir keine Hoffnung. Dabei ist das längst völlig unnötig, jeder weiß längst, dass Covid-19 keinen einfachen Schnupfen verursacht. Dass manche die Regeln lässiger handhaben oder manchmal auch missachten, heißt nicht, dass sie nicht genügend Informationen und Warnungen erhalten hätten. Sie nehmen sich aber die Freiheit, sie anders zu bewerten. Ein weiteres Feuerwerk von Warnungen sensibilisiert nicht, sondern stößt immer mehr ab.

      Naheliegender Weise kenne ich einige Erzieherinnen, die zu 80-90 Prozent die Situation als fatal für die Psyche von Kindern einschätzen. Keine Erzieherin in meinem Umfeld ist bereit, 1-5jährige Kinder mit Maske zu betreuen. Wenn schon Dreijährige nach mehrwöchiger Quarantäne ihre Spielkameraden hinweisen „Abstand halten!“, haben wir es möglicherweise übertrieben.

    • Rauschi 31. August 2020, 21:22

      Mir ist total unklar, warum man etwas machen sollte, was nachweislich nutzlos ist und damit die Ängste der Menschen voreinander verstärken sollte.

      Für das Immunsystem ist das nachweislich sehr negativ, wie ist das zu erklären? Dabei brauchen wir doch gerade jetzt eine gute Immunabwehr.

      Kann mich aber auch irren und Lappen in der Öffentlichkeit fördern die Gesundheit und Solidarität untereinander.
      Gibt keine Belege dafür, aber vielleicht kommen die ja noch.

  • CitizenK 1. September 2020, 10:02

    Was Sie und Rauschi in seltener Einmütigkeit wollen, haben Rutte und Johnson doch ausprobiert. Die Ergebnisse sind nicht überzeugend. Schweden wird sehr unterschiedlich beurteilt.

    @Rauschi
    Man könnte sachlich auch „Maske“ statt immer wieder „Lappen“ sagen, wenn man angeblich sachlich argumentieren will. Und „ich kann mich auch irren“ als rhetorische Figur überzeugt mich schon gar nicht.

    • Stefan Pietsch 1. September 2020, 11:04

      Woher wissen Sie, was ich will? Der Artikel enthält keine Handlungsempfehlungen. Im Gegenteil, ich schrieb:

      Während in einigen Ländern Populisten an der Macht ihre Bürger ob Ignoranz vor der gesundheitlichen Gefahr regelrecht umbringen oder andernorts angesichts chaotischer Staatskunst die Systeme gleich kollabierten, wird bestaunt, mit welcher Ruhe die Deutschen die Einschränkungen in ihrem Leben meistern.

      Wie kommen Sie zu dem Schluss, ich hätte dafür plädiert, es Populisten (Johnson) nachzutun? Das ist doch wohl eher eine Übersprungshandlung. Wir fahren weiter mit fest angezogener Handbremse, obwohl die Straße frei ist. Das ist wiederum nicht klug. Nur weil die Politik der Einschränkung der Grundrechte sich als erfolgreich in der Krise erwiesen hat, kann das kaum ein Plädoyer für die dauerhafte Einschränkung der Grundrechte sein, so lange kein Impfstoff existiert. Oder ist das Ihre Position?

      Die Bundeskanzlerin möchte, dass überall in Deutschland die gleichen Regeln gelten. Sachsen-Anhalt, das seit längerem praktisch keine Neuinfektionen verzeichnet und dünn besiedelt ist, soll die gleichen Einschränkungen für Gewerbetreibende wie sonstige Bürger haben wie die Millionenmetropole Berlin mit vielen Infektionen am Tag. Vor Wochen wies ich darauf hin, dass in Mecklenburg-Vorpommern weitere Lockerungen bis hin zum Maskenzwang derzeit nicht notwendig seien. Kritiker wiesen darauf hin, dass in der Urlaubssaison die Infektionen steigen könnten. Nun ist die Saison vorbei und nichts ist passiert.

      Zu Anfang der Corona-Pandemie lautete das Ziel, den Ausbruch des Virus unter Kontrolle zu halten und eine Überforderung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Das erschien mir als sinnvolles und maßvolles Ziel. Bezogen auf die heutige Auslegung und mit besonderem Blick auf die genannten Bundesländer wie bestimmte Kreise (ich wohne in einem ohne Neu-Infektionen) scheint das Ziel sich drastisch zu einer diktatorischen Auslegung verschoben zu haben: Null Toleranz dem Virus, null Toleranz gegenüber Regelbrechern, die die Maske verweigern! Erst wenn die Infektionen bei Null liegen, ist anscheinend das Ziel erreicht.

      Solche Ziele gibt es in Diktaturen, aber nicht in Demokratien.

      • CitizenK 1. September 2020, 13:59

        Auch hier in HD und im Landkreis gab es bisher so gut wie keine Neu-Infektionen. Das hat sich geändert, die Hälfte geht auf Reise-Rückkehrer zurück.

        Das Ziel der Regierungs-Maßnahmen ist doch, die Infektionszahlen möglichst niedrig zu halten. Das ist doch auch im Sinne der Wirtschaft. Oder glauben Sie, dass die Leute entspannt einkaufen oder ins Theater/Kino gehen werden , wenn die Entwicklung hier der von Frankreich und Spanien folgt? Und bei Ladenschließung nur aufgrund von Kaufzurückhaltung (und nicht per Verordnung), gibt es auch keine Hilfen von der Regierung.

        Die Schutz-Wirkung der „Mund-/Nasen-Bedeckung“, aka Alltagsmasken ist nicht eindeutig. Die Studie in Zügen in China belegt aber, dass der physische Abstand die Infektionswahrscheinlichkeit signifikant beeinflusst. Tröpfchen und auch Aerosole verbreiten sich ohne Masken über viele Meter. Auch wenn nur wenige Infektionen so verhindert werden, ist die Maskenpflicht verhältnismäßig, finde ich.

        Die Grundrechteinschänkungen sind – im Vergleich zu anderen Ländern – wie Sie selbst schreiben, eher mäßig. Hinzu kommt, dass sie aller Voraussicht nach nicht mal mehr ein Jahr bestehen bleiben müssen, Wirksame Medikamente und Impfstoffe bis dahin wahrscheinlich.
        Vor diesem Hintergrund ist das Geschwätz von „Merkel-Diktatur“ einfach irre. Und ein Satz wie „Besser ein paar missbrauchte Kinder als ein an Corona gestorbener Greis mit Diabetes-Vorerkrankungen“ zeugt auch nicht gerade von Realitätssinn und Urteilsvermögen.

        • Stefan Pietsch 1. September 2020, 14:44

          Auch hier in HD

          Was? Gibt es Sie nicht inzwischen in 4K?

          Das hat sich geändert, die Hälfte geht auf Reise-Rückkehrer zurück.

          Deswegen ist es sinnvoll, ausschließlich jeden mit Maske rumlaufen zu lassen? Wie gesagt, das fand‘ ich schon in Bezug auf MeckPomm nicht zwingend logisch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit der Mittel und scheint es auch mit Ihrem Beispiel nicht zu werden. Es ist eine Möglichkeit, sich mit angezogener Handbremse auf einer 5 km freien Strecke vor einem Unfall zu schützen, der bei einem Stau in 20 km Entfernung bei hohem Verkehrsaufkommen droht. Aber es ist furchtbar anstrengend.

          Jedenfalls gehen die Leute nicht entspannt einkaufen und ins Kino, wenn sie unter ständiger Beobachtung ihrer Mitmenschen eine Maske tragen müssen. Das gilt nicht erst seit dem vergangenen Wochenende und meinem Selbstversuch als erwiesen.

          Die Schutz-Wirkung der „Mund-/Nasen-Bedeckung“, aka Alltagsmasken ist nicht eindeutig.

          War überhaupt nicht mein Thema. Bitte beim Thema bleiben.

          Die Grundrechteinschänkungen sind – im Vergleich zu anderen Ländern – wie Sie selbst schreiben, eher mäßig.

          Selbst wenn es so ist, ist es keine Rechtfertigung. Grundrechte sind nicht deswegen solche, weil sie auch eingeschränkt akzeptabel wären. Und die Härte anderer Länder war ja nicht dem Spaß geschuldet, sondern weil man es (zu lange) sehr locker gehandhabt hatte. Das ist aber nicht die Situation in Deutschland.

          Und ein Satz wie „Besser ein paar missbrauchte Kinder als ein an Corona gestorbener Greis mit Diabetes-Vorerkrankungen“ zeugt auch nicht gerade von Realitätssinn und Urteilsvermögen.

          Er trifft die Stimmungslage, auch wenn Sie das nie zugeben werden. Aber innerhalb der letzten 6 Monate stand in unzähligen Kommentaren zu lesen, wir müssten die Alten um jeden Preis schützen. Wir veröffentlichten eine Reihe von Artikeln, wo nicht zuletzt Stefan und Ariane diesen Standpunkt dezidiert vertreten haben. Sie werden keinen Artikel finden, wo sich die gleichen Personen nur in einem einzigen Satz, von Absatz ganz zu schweigen, der gestiegenen Gefährdung von Kindern und Frauen durch Missbrauch und häusliche Gewalt gewidmet hätten. Woraus schließen Sie also, dass der von mir wiedergegebene Tenor falsch gesetzt wäre?

          Wir setzen nun hunderte Leute mehr als hauptbeschäftigte Kontrolleure ein, welche die Einhaltung Maskenpflicht überwachen sollen. Wir setzen keine einzige zusätzliche Person im öffentlichen Bereich ein, um der zugenommenen Gewalt gegen Kinder und Frauen nachzugehen. Die Prioritäten sind klar, auch wenn Sie sie leugnen.

    • Rauschi 1. September 2020, 13:24

      @Rauschi
      Man könnte sachlich auch „Maske“ statt immer wieder „Lappen“ sagen, wenn man angeblich sachlich argumentieren will.

      Ist der Ruf erst ruininiert …
      Warum sollte ich mir Mühe geben mit der Sprachregelung‘
      Wenn schon, dann aber ganz korrekt, das heißt : Mund-Nasen Bedeckung und kann durchaus ein Lappen sein, oder auch ein Rollbratennetz, Vorgaben für so eine wichtige Schutzeinrichtung gibt es nicht, aber das stört wohl niemanden.

      Nein, niemand meint, man sollte gar nichts machen, aber mal wieder in normale Bahnen und den Schutz der Risikogruppen endlich ernst nehmen, das kann jetzt nicht so total schwer sein, oder?
      Oder können wir entweder alle halb schützten oder gar keinen?

      Und „ich kann mich auch irren“ als rhetorische Figur überzeugt mich schon gar nicht.
      Das macht mir nichts, die Anmerkung ist aber immerhin noch mehr, als von der Gegenseite kommt, die sind alle total sicher, das ich nun der Nazi vor dem Herrn bin.
      Wird wohl so sein, oder sollten die sich alle irren?

  • FS 1. September 2020, 14:55

    „Viele Mitmenschen füllen sich aufgerufen, selbst die staatlichen Auflagen zu exekutieren. Wer auf Bahnhöfen, in Zügen, in Läden oder sogar auf der Straße keine Maske trägt oder nach Ansicht des ein oder anderen den Abstand nicht einhält, muss mit einem Anpfiff aufmerksamer Zeitgenossen rechnen. Takt ist ja nicht unbedingt die Eigenschaft, für die wir Deutschen bekannt sind und geliebt werden in der Welt. Hinweise auf vermeintliches Fehlverhalten laufen eher auf die rustikale Art. Die Übergriffigkeit gegenüber dem Regelbrecher ist da meisten egal. Denn eigentlich braucht sich niemand mit Erreichen der Volljährigkeit schulriegeln zu lassen. Es kann ja durchaus sein, dass Erwachsene, die sich nicht an eine Konvention halten, hierfür ihre Gründe haben.“

    Ich finde es einigermaßen befremdlich, eine solche Äußerung von Ihnen zu hören, der Sie hier
    http://www.deliberationdaily.de/2020/06/ueber-die-kehrseite-einer-unbekannten-parlamentarierin/
    noch offensichtlich der Ansicht waren, dass die Übergriffigkeit von (anzüglichen) Äußerungen eines Mannes über die Kleidung einer Frau in einem Landtag überhaupt keine Übergriffigkeit ist, ja vielmehr aus Gründen guten Geschmacks geboten sei, weil durch die Kleidung der Frau irgendwelche unklaren, ungeschriebenen Regeln des Anstands verletzt würden. Können Sie mir den Widerspruch, den ich da wahrnehme, irgendwie auflösen?

    • Stefan Pietsch 1. September 2020, 15:18

      So ein Quatsch.

      • FS 1. September 2020, 15:24

        Q.E.D.

        • Stefan Pietsch 1. September 2020, 15:31

          Will heißen: Sie haben nichts verstanden. Wobei ich davon ausgehe, Sie behaupten es nur. Was ist das denn für eine Methode, aus einem Artikel ein wörtliches Zitat zu verwenden und dieses einer indirekten „Zusammenfassung“ gegenüberzustellen? Unseriös. Mit Sicherheit tue ich eins nicht: mich von Ihnen vorführen zu lassen.

          • FS 1. September 2020, 16:16

            Was soll daran unseriös sein direkte Zitate und Zusammenfassungen zu kombinieren? Das gehört zu den Grundfertigkeiten beim Verfassen bspw. eines wissenschaftlichen Textes.
            Zusammenfassungen macht man nämlich u.a. dann, wenn direkte Zitate auch etwas den Rahmen sprengen würden. Auch aus diesem Grunde hier auch nur ein paar Verlinkung zur Diskussion um den damaligen Artikel: Ihre und meine damals aufeinander bezogenen Kommentare:
            Mein Kommentar
            http://www.deliberationdaily.de/2020/06/ueber-die-kehrseite-einer-unbekannten-parlamentarierin/#comment-144205
            Ihre Erwiderung:
            http://www.deliberationdaily.de/2020/06/ueber-die-kehrseite-einer-unbekannten-parlamentarierin/#comment-144228

            Einschließlich des Statements: „Wer sich nicht an Stilnoten hält, muss mit dezenten (oder weniger dezenten) Hinweisen rechnen. Schließlich geht man ja auch nicht im Anzug in den Schwingerclub [sic].“

            Darauf meine Erwiderung: http://www.deliberationdaily.de/2020/06/ueber-die-kehrseite-einer-unbekannten-parlamentarierin/#comment-144343
            und etwas später auch
            http://www.deliberationdaily.de/2020/06/ueber-die-kehrseite-einer-unbekannten-parlamentarierin/#comment-144408
            und
            http://www.deliberationdaily.de/2020/06/ueber-die-kehrseite-einer-unbekannten-parlamentarierin/#comment-144430

            • Stefan Pietsch 1. September 2020, 16:28

              Gut, geht doch.

              In dem besagten Artikel ging es darum, dass sie die Parlamentarierin ob einer Bemerkung beleidigt fühlte, die nicht für ihre Ohren bestimmt war, dort aber ankam. Ja, ich muss damit rechnen, wer mit der Kleidung aus dem Rahmen fällt, besonders interessiert angesehen zu werden. Manche mögen das als unhöflich ansehen, selbst wenn es provoziert wurde. Manche nicht.

              Die Bemerkung „Maske auf!“ ist explizit für denjenigen bestimmt, und dann noch so, dass es alle Umstehenden mitbekommen. Also der genau umgekehrte Fall. Ja, wer im Zug ohne Maske sitzt, selbst wenn das Abteil leer ist, braucht sich über missbilligende Blicke nicht zu beschweren oder gar beleidigt zu fühlen. Aber die beschuldigten AfD-Abgeordneten wollten die Abgeordnete nicht auf ihre vermeintlich unpassende Kleidungsweise hinweisen, sondern bewunderten ihre dadurch präsentierte Figur. Geschmacklos, vielleicht, aber wir sprechen ja auch nicht darüber, ob eine Maske in der Form eines Maulkorbs getragen so ästhetisch wirkt.

              Ich wollte dies übrigens durch meine launigen Eingangsbemerkungen noch sehr deutlich machen. Ich missbillige selbst innerlich vieles. Aber es ist immer noch ein Unterschied, ob ich damit den anderen belästige oder es für mich behalte hinter vorgehaltener Hand frotzle.

              • Stefan Sasse 1. September 2020, 16:32

                Du hast hier selbst schon über deiner Meinung nach unpassende Kleidung geklagt. Es ist eben wie immer: Wenn man es selbst unterstützt, ist jede Kritik völlig gerechtfertigt; wenn man es ablehnt, total übergriffig. Nichts Neues, ist menschlich.

                • Stefan Pietsch 1. September 2020, 16:38

                  Ich denke, ich habe es erschöpfend erklärt. Die Bemerkung, „Ziehen Sie mal ein hochgeschlossenes Kleid an!“ ist übergriffig. Eine schöne Frau still in einem engen Kleid zu bewundern, sicher nicht. Du kannst Dich über den ohne Maske ärgern. Aber Du hast deswegen noch lange nicht das Recht, von ihm zu verlangen, eine Maske aufzusetzen.

                  • Stefan Sasse 1. September 2020, 16:48

                    Ich beziehe mich nicht auf diese Kleidgeschichte, sondern etwa die Frage Jeans im Büro oder Kleidungsstile im Parlament. Da hast du dich immer wieder ziemlich eindeutig in Richtung der Einhaltung von Stilcodes positioniert.

                    Und klar kann ich das, vor allem, wenn es vorgeschrieben ist.

                    • Stefan Pietsch 1. September 2020, 17:05

                      Ich kleide mich gerne elegant und ich mag an Frauen eher klassische Kleider als Hosenanzüge oder Jeans. Deswegen habe ich aber noch nie einer Frau, selbst der eigenen nicht, Kleidungsvorgaben gemacht. Für mich ist es auch absolut in Ordnung, wenn eine junge Abgeordnete figurbetonte Kleidung trägt. Wenn ich deswegen nicht wegschauen muss und sie nicht schon den Blick als beleidigend findet, gibt es kein Problem.

                      Kannst Du nicht. Dann fang‘ damit an, jeden Falschparker zu melden. An nicht dafür zugelassenen Plätzen zu parken ist nämlich auch verboten.

                • Stefan Pietsch 1. September 2020, 16:41

                  Dein mit dem maximal größten Pinsel zeichnen finde ich übrigens maximal unseriös.

            • Stefan Pietsch 1. September 2020, 16:32

              Was soll daran unseriös sein direkte Zitate und Zusammenfassungen zu kombinieren?

              Sie haben damit etwas in den Mund geschoben, was so nicht gesagt worden war. Das ist kein Stil. Gerade indirekte Zitate unterliegen dem zwingenden Erfordernis, Kontext und das Gemeinte des Zitierten möglichst exakt wiederzugeben. Das haben Sie nicht getan, sonst wäre ich nicht so sauer gewesen.

              • FS 1. September 2020, 19:37

                @Stefan Pietsch
                Ich gehe hier mal auf mehrere Beiträge von oben ein, dass erscheint mir sinnvoller, als einzeln zu antworten, zumal da m.E. die zeitliche Reihenfolge manchmal durcheinander kommt.
                Sie schrieben: „In dem besagten Artikel ging es darum, dass sie die Parlamentarierin ob einer Bemerkung beleidigt fühlte, die nicht für ihre Ohren bestimmt war, dort aber ankam.“
                In dem Artikel ging es noch um eine Menge anderes, aber dass es überhaupt nicht für die Parlamentarierin zu hören bestimmt war, war eine Position, auf die Sie sich selbst erst später in den Kommentaren zurückgezogen haben, nämlich in #comment-144408.

                Vorher hatten Sie im Artikel geschrieben:

                „Zu solchen Ordnungen gehören übrigens auch ungeschriebene Dresscodes, nicht alles ist erlaubt, was nicht explizit verboten ist. Nach einhelligen Schilderungen war das Kleid, das Nadine Julitz (SPD) bei einer Sitzung des Schweriner Landtags Mitte Mai trug, verhältnismäßig kurz und hoch geschlitzt. Beim Gang zum Rednerpult kommentierten laut Sitzungsprotokoll einige männliche Abgeordnete halblaut den Auftritt. Die Politikwissenschaftlerin reagierte kurz auf die ihrer Ansicht nach sexistischen Reaktionen.“ Insofern ging es dort auch nicht nur um „angesehen werden“, wie Sie das hier oben genannt haben.
                In ihrem ersten Kommentar (#comment-144228) auf meinen ersten (#comment-144205) schrieben Sie nicht nur das oben von mir angeführte Zitat mit den „Stilnoten“ sondern auch das Folgende:

                „Als ich das letzte Mal den Petersdom in Rom besuchte, wollten auch ein paar junge Leute, darunter 2 Frauen, die altehrwürdige Stätte besuchen. Sie waren ungefähr im Alter von Nadine Julitz. Das Problem: sie hatten schulterfreie Tops und das ist im Petersdom nicht statthaft. Also kurzgesagt unpassend, was anscheinend Mitte / End-Zwanzigjährige (zumindest ein Teil davon) nicht wissen. Tja, mussten sie darauf aufmerksam gemacht werden. Mir ist nicht bekannt, ob sie danach eine Sexismusklage angestrengt hätten.“

                Dieser von Ihnen dort vertretene Standpunkt ist (und war auch schon damals) ziemlich schwer vereinbar mit dem dann in #comment-144408 vertretenen Standpunkt, dass die Äußerungen gar nicht für Frau Julitz Ohren bestimmt waren. Denn um jemand für eine Stil- oder Etikettelosigkeit zu maßregeln muss man eine Person darauf Hinweisen, dass eine solche vorliegt. Man kann dass also offensichtlich nicht hinter ihrem Rücken tun.

                Daher ist jemanden auf seine nicht getragene Maske hinzuweisen nicht, wie Sie schreiben, der „umgekehrte Fall“, sondern genau das: Jemanden darauf hinzuweisen, dass er eine Norm verletzt, nur dass diese im ersten Fall ungeschrieben (und dadurch ziemlich vage) ist, und im letzteren Fall geschrieben. Ich sehe daher nicht, in welchem ethischen Universum man Menschen auf Stillosigkeiten und Etiketteverletzungen hinweisen können sollte, aber nicht darauf, in der aktuellen Situation bitte eine Maske zu tragen. Andererseits bin nun auch etwas verwundert zu lesen, dass Sie hier meinen: „Die Bemerkung, „Ziehen Sie mal ein hochgeschlossenes Kleid an!“ ist übergriffig.

                Ein anderes Thema ist sicherlich, ob man das in jeder Situation machen darf/sollte. Ich habe schon damals in unserer Diskussion darauf hingewiesen, dass für Maßregelungen der Etikette in der Regel der Hausherr zuständig ist. Im gleichen Maße denke ich, dass die Kontrolle des Maskentragens primär den zuständigen Ämtern obliegt, und nicht Hinz und Kunz auf der Straße.

                Und ihre Anmerkung zu den indirekten Zitaten gilt für direkte Zitate genauso, mit denen kann man im gleichen Maße Dinge aus dem Zusammenhang reißen und tendenziöse Zitatkollagen erstellen.

                • Stefan Pietsch 1. September 2020, 20:07

                  Meine Wahrnehmung des Vorgangs war von Beginn an, dass die Abgeordneten der AfD-Fraktion getuschelt hatten, woraufhin Nadine Julitz reagierte. Das Original geht so:

                  Beim Gang zum Rednerpult kommentierten laut Sitzungsprotokoll einige männliche Abgeordnete halblaut den Auftritt. Die Politikwissenschaftlerin reagierte kurz auf die ihrer Ansicht nach sexistischen Reaktionen.

                  Die kurze Intervention blieb öffentlich ohne große Resonanz. Umso mehr schien sich Julitz deswegen bestärkt zu fühlen, im Zuge der gerade nun auflebenden „Black Live Matters“-Demonstrationen auf „ihren“ Fall hinzuweisen und intervenierte in der Sitzung am 11 Juni nochmals zu der ihr angeblich zugefügten Beleidigung.

                  Der AfD-Abgeordnete gab an, seinen Kommentar nicht an die Abgeordnete gerichtet zu haben. So kannte ich den Fall. Ich war in jungen Jahren Schiedsrichter und bin seit vielen Jahren Führungskraft. Wenn Sie in solchen Funktionen eines lernen sollten, dann, ab und zu einfach wegzuhören, wenn andere die Köpfe zusammenstecken oder halblaut miteinander reden.

                  In dieser Reihe sehe ich durchaus meine Ansichten zu aufdringlichen Masken-Polizisten. Wenn jemand tuschelt, weil ein anderer seine Maske partout nicht aufsetzen will, so muss das der Verweigerer erdulden. Doch muss er auch dulden, öffentlich gemaßregelt zu werden?

                  Und ihre Anmerkung zu den indirekten Zitaten gilt für direkte Zitate genauso, mit denen kann man im gleichen Maße Dinge aus dem Zusammenhang reißen und tendenziöse Zitatkollagen erstellen.

                  Ich denke, wir haben dazu unseren Umgang gefunden. Ich bemühe mich immer und ausnahmslos, nicht nur jemanden korrekt wiederzugeben. Ich frage meist noch, ob ich richtig zusammengefasst habe, denn ich will niemanden etwas nachweisen, wofür er nicht steht. Das finde ich außerordentlich kindisch.

                  Soweit sich das jedoch auf den Bereich Antifa bezieht: Die Beschreibung des Verfassungsschutzes ist übergeordnet, aber kurz und von manchem sicher nicht akzeptiert. Die Welt führte detaillierter aus, aber auch hier wird leicht der Vorwurf erhoben, es wäre einseitig. Ich halte es dann für fair, von einer Organisation zu zitieren, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Da ich aus Hessen bin, habe ich eine örtliche Antifa-Seite genommen. Ich bin durchaus offen, breiter den Schirm zu spannen.

                  Nur, die Antifa-Fans sind ja pauschal: Kampf gegen den Faschismus ist gut, deswegen Antifa! Das ist doch arg billig und nicht teurer, als die Nazis für den Bau von Autobahnen zu loben.

                  • FS 2. September 2020, 16:56

                    Um es kurz zu machen, denn langsam fange ich an mich zu wiederholen, und ich habe ehrlich gesagt keine Lust, diese Nicht-Diskussion von Ihnen bzgl. von mir vorgebrachter Punkte ad nauseam fortzuführen: Sie haben damals in dem (chronologisch ersten) Kommentar (#comment-144228) die These abgelehnt, dass Frau Julitz beleidigt wurde, mit dem Argument, dass jemand, der die Etikette bricht, dezente (oder nicht so dezente) Hinweise auf den Bruch der Etikette erwarten müsse. (Zusammenfassung von mir, siehe als Beleg den Kommentar selbst und die oben bereits angeführten direkten Zitate einschl. desjenigen zu den Frauen im Petersdom, dass ihr Argument nochmal verdeutlichte).
                    Sie haben dann später die – m.E. damit aus oben genannten Gründen nicht vereinbare – Meinung vertreten, die AfD-Kommentare seien gar nicht für Frau Julitz Ohren bestimmt gewesen (#comment-144408). (Zur Kritik an diesem zweiten Standpunkt siehe meinen oben schon genannten Kommentar #comment-144430. Ihr Standpunkt läuft übrigens letzten Endes auch darauf hinaus, dass Sie sich ein „Maske auf“ gefallen lassen müssten, denn wie sie in #comment-144408 schrieben: „Stilvolle Menschen zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie gezielt Dinge überhören“).
                    Ich möchte hier vielleicht auch noch mal anmerken, dass die Glaubwürdigkeit der Abgeordneten fraglich ist, schließlich sind sie Partei. Außerdem ist ihre Intention nebensächlich, wenn derjenige, über den man tratscht, es hört: Dann ist die Beleidigung nämlich angekommen.
                    Kurzum: Es geht hier überhaupt nicht darum, ob die AfD-Abgeordeten damals wollten oder nicht, dass Frau Julitz mitbekommt. Es geht darum, dass Sie in ihrem ersten Kommentar argumentiert haben und das auch nicht korrigiert haben, dass sich ein solches Verhalten als Rüge für ungeschriebene Verletzungen der Etikette rechtfertigen ließe – es sei dann ja keine Beleidigung. Und mit exakt diesem Argument läßt sich auch ein „Maske auf“ rechtfertigen, auch da liegt eine Verletzungen von Normen vor, ergo dürfte es auch für Sie keine Beleidigung sein.

                    Und ihre Ausführungen zur Antifa haben keinen für mich ersichtlichen Bezug zu irgendetwas was ich geschrieben habe.

  • CitizenK 1. September 2020, 16:47

    @ Stefan Pietsch
    (Direkt-Reply technisch momentan nicht verfügbar)

    Zugegeben: Kinder waren anfangs nicht so sehr im Fokus. Das lag auch daran, dass man noch sehr viel weniger über das Virus/die Infektiosität wusste. Inzwischen wurde nachjustiert.

    Zugegeben auch, dass die Vorschriften oft widersprüchlich oder widersinnig waren. Im besten Falle wurde das korrigiert, leider nicht immer. Das führt zu Verlust an Akzeptanz und das ist ein Problem

    Anders als offenbar in Ffm ist die Haupt-Einkaufsstraße in Heidelberg längst wieder proppenvoll. Auch die Züge. Deshalb gehört die Frage der Wirksamkeit der Masken sehr wohl zum Thema! Wo kein Abstand zu halten ist, schaffen die Masken eine Verbesserung.

    Warum ich Ihre Formulierung so daneben finde? Weil ich die Abwägung der Maßnahmen als einigermaßen gelungen ansah – und: Weil ich gern auch noch eine Weile leben und für meine Kinder da sein möchte, selbst als „Greis mit Vorerkrankungen“. Mir das Lebensrecht so en passent abzusprechen, finde ich nicht sehr menschenfreundlich.

    Dass sich die niedrigen Zahlen sehr schnell exponentiell ändern können, wird inzwischen gern vergessen. Außerdem steht der Herbst bevor, Freilust und Lüften ist nicht mehr so einfach. Vorsicht mit Augenmaß ist angesagt.

    • Stefan Sasse 1. September 2020, 16:51

      Ich denke es war unvermeidbar. Nicht nur entwickelt sich die Kenntnis über Covid-19 beständig weiter, das Thema ist auch nicht dauerpräsent in der Berichterstattung und nur wenig Menschen befassen sich permanent damit. Ich meine, ich höre ja schon das Corona-Update und weiß trotzdem bei vielem nicht klar, was nun eigentlich gerade gilt. Was willst machen? Das liegt in der Natur der Sache. Die einzigen beiden Alternativen sind bei einem einmal gefassten Maßnahmenset bleiben, ohne Rücksicht auf sich ändernde Umstände, oder einfach keine Maßnahmen. Beides ist Quatsch, also musst du die Reibungsverluste in Kauf nehmen. Da hilft halt nichts.

    • Stefan Pietsch 1. September 2020, 17:23

      Kinder waren anfangs nicht so sehr im Fokus.

      Was hat sich geändert? Hab‘ ich was verpasst?

      Jens Spahn hat heute zugestanden, dass die Schließung der Friseure wie des Einzelhandels wahrscheinlich nicht notwendig war. Ich finde das honorig. Wir irren alle. Genau deswegen müssen wir notfalls jeden Tag verhandeln, ob und in welchem Umfang für aus dem Schutzbedürfnis heraus auf Grundrechte in Teilen verzichten. Und diejenigen, die das eben jeden Tag einfordern, sind weder Nazis noch Covidioten.

      Es führt zumindest bei mir nicht zu einem Verlust an Akzeptanz, wenn einzelne Maßnahmen widersprüchlich erscheinen. Es führt aber zum Verlust an Akzeptanz, wenn wir uns nicht jeden Tag vor Augen halten, dass Einschränkungen ein starker Eingriff in das selbst bestimmte Leben ist. Und es steht weder Ralf noch anderen zu zu urteilen, ob Herr X oder Frau Y den Zwang, einen Mundschutz zu tragen, als Einschränkung zu empfinden hat oder auch nicht.

      Deshalb gehört die Frage der Wirksamkeit der Masken sehr wohl zum Thema!

      Ich habe gleich zu Beginn deutlich gemacht, dass ich Masken unter Umständen als wirksam erachte. Holen Sie mich also an der Stelle ab statt zu diskutieren, als würde ich Masken als unwirksam erachten.

      Mir das Lebensrecht so en passent abzusprechen, finde ich nicht sehr menschenfreundlich.

      Das hat keiner getan. Aber jeden Tag sterben auf der Erde 10.000 Kinder an Hunger. Und es sind vor allem Kinder, die an Hunger sterben. Wir Erwachsenen können uns wehren und wir bestimmen die Regeln. Und wir missbrauchen Kinder. Selbst Sie können mit ihrer Wählerstimme zeigen, ob Sie die Politik der Einschränkungen für angemessen halten oder nicht. Ein Kind kann nicht einmal das, es ist ein reines Opfer von Erwachsenendenken. Bloomberg schreibt heute:

      Bis Ende des Jahres könnten täglich bis zu 12.000 Menschen an dem mit Covid-19 verbundenen Hunger sterben, möglicherweise mehr als diejenigen, die an dem Virus selbst sterben, schätzt die Wohltätigkeitsorganisation Oxfam.

      Wenn ich vor dem Dilemma stehe, eher Rücksicht auf alte Menschen oder auf Kinder zu nehmen, wähle ich letzteres. Aus gutem Grund hat bisher, bis zu unserer Gerontogesellschaft, jede Nation, jedes Volk, jede Kultur zuerst den eigenen Nachwuchs geschützt. In Deutschland ist es umgekehrt.

      Ich wiederhole den Artikel: es gibt keine lineare Beziehung zwischen Infektionen, schweren Erkrankungen, Auslastungen des Gesundheitswesens und Anzahl der Todesfälle. Wenn sich hier Krisensymptome andeuten sollten, haben Sie mich auf der Seite für Einschränkungen. Und da das so ist, erwarte ich Ihre Unterstützung für die Aufhebung von Beschränkungen im umgekehrten Fall.

  • cimourdain 1. September 2020, 16:49

    Geht es nur mir so, oder ist die Corona-Diskussion auch eine deutliche Generationenfrage? Bei den Demonstrationen waren hauptsächlich 40-60jährige zu sehen und nur wenige unter 25. Auch hier im Forum sind die deutlich skeptischen Stimmen wie Pietsch, popper und Happel alle im 20.Jahrhundert sozialisiert. Das kann man mit einem ‚Boomer will sein gewohntes Leben zurück‘ abtun, aber ich denke, die eigentlichen Gründe sind tiefer:
    – Unbehagen mit dem Trend, das gesellschaftliche Leben ins virtuelle zu verlegen (der vorher vorhanden war, aber durch Corona-Maßnahmen geboostet wurde) : social media statt Besuche, Lieferando statt Lieblingsitaliener, Amazon statt Einkaufsbummel, Netflix statt Theater/Kino.
    – Unbehagen mit einer Staatsexekutive, die unwidersprochen in das Privatleben eingreifen darf. [Das Thema des Artikels] Das galt, egal ob links oder rechts sozialisiert, als Erkennungszeichen für Totalitarismus. Datenschutz (etwa bei Patientendaten) ist da ein beispielhaftes Unterthema, die Maskenpflicht eher eine Symboldiskussion.
    – Unbehagen mit einer Debattenkultur, die nur ‚US‘ und ‚Them‘ kennt, wo mit Kontaktschuld und Pauschalisierung gearbeitet wird. [Das Thema hatten wir hier vor kurzem bei der Cancel-Culture-Debatte]

    • Stefan Pietsch 1. September 2020, 17:32

      Ich habe schon Sky (früher: Premiere) und das Internet genutzt, da waren heute Mitte 20jährige noch nicht geboren. Ich arbeite länger mit IT-Systemen als die meisten, die sich für technikaffin erachten. Und ich habe mehr Computersprachen gelernt als die meisten in der Linguistik beherrschen. Ähnliches gilt glaube ich für Jens Happel.

      Wir wollen nicht vergessen: es sind vor allem junge Menschen, die die Abstandsregeln nicht einhalten, auf Maske verzichten und „feierwütig“ sind.

      Ich führe seit fast zwei Jahrzehnten Menschen. In solchen Positionen lernt man, dass es nicht nur das Eine gibt, sondern Interessen und Motive vielfältig sind. Eine Erkenntnis, die jungen Menschen heute abgeht.

      Übrigens: die meisten jungen Menschen verwechseln die sozialen Netzwerke mit dem realen Leben. Sie inszenieren sich über Wochen mit gefakten Bildern und Lebensbeichten und wundern sich, wenn sie bei der ersten Begegnung mit realen Menschen nur Ablehnung erfahren.

    • bevanite 2. September 2020, 01:39

      In meinem erweiterten Freundes- und Bekanntenkreis habe ich bei der Covid-Maßnahmen-Debatte einen recht krassen Ost-West-Unterschied bemerkt, wie er sich sonst bei keiner anderen Debatte zeigte: die aus den alten Bundesländern waren eher skeptisch (egal aus welchen politischen Ecken sie kamen, tendenziell aber eher links bis Mitte-links), die aus den neuen (und aus dem früheren Ostblock sowie die meisten aus dem nicht -europäischen Ausland) fanden eher, dass die Maßnahmen richtig oder teilweise nicht straff genug sind und dass das Lockdown-Ende verfrüht kam (da habe ich auch Kommentare wie „Die Chinesen machen’s richtig, die greifen effizient durch“ gehört). Vielleicht treten in einer Pandemie die Unterschiede zwischen „self-expression values“ und „survival values“ am deutlichsten zu Tage…

  • bevanite 2. September 2020, 02:12

    Wie ich sehe, gehört Stefan Pietsch immer noch zu jener Sorte von Hardcore-Liberalkonservativen, der vermutlich sogar, wenn sein Haus durch ein Erdbeben einstürzt, staatliche Hilfe als Bevormundung oder Eingriff in seine persönliche Freiheit bezeichnen würde… (Fun Fact: die meisten Grünen-Spitzenpolitiker befinden sich vermutlich in normalen Kleinfamilien, von daher ist Ihre Paranoida bezüglich angeblicher Intoleranz gegen das klassische bürgerliche Familienmodell schon ein bisschen drollig)

    Aber mal Spaß beiseite: Sind sie denn angesichts des Szenarios einer globalen Pandemie, in der wir ja immer noch stecken (vor allem, wenn wir mal den Blick über den bundesdeutschen Teller hinauswagen), immer noch in Ihrer alten Frontstellung gegen das Grundeinkommen verfangen? Das hätte für den Lockdown eine optimale Lösung sein können, um Existenzen eben nicht nur wirtschaftlich, sondern gleichzeitig auch wortwörtlich (gesundheitlich) zu schützen. Denn wenn sich die Lage weiter so entwickelt, wird das Thema Lockdown ja spätestens nach dem Oktoberfest wieder auf der Agenda stehen und es scheint, als seien wir da trotz einer kurzen Pause weiterhin nicht vorbereitet.

    • Stefan Pietsch 2. September 2020, 11:20

      Ich verstehe nicht den Zusammenhang. In einem sind wir uns sicher einig: Corona ist eine tiefe Krise und absolute Ausnahmesituation. Es entspricht wirtschaftlichem / ökonomischen / gegen jede Vernunft Harakiri, zivile und staatliche Systeme auf den Notfall abzustellen. Man kann für oder gegen ein Grundeinkommen sein. Ich wollte dazu ja mal einen Artikel machen, leider war es mir nicht möglich, eine plausible Minderheitenposition aufzubauen. Aber mit der Begründung, im Augenblick sei doch ein Grundeinkommen hilfreich, lässt sich wahrlich nicht argumentieren.

      • bevanite 3. September 2020, 00:13

        Der Zusammenhang liegt doch auf der Hand: Wenn man sich mit einer Pandemie-Gefahr konfrontiert sieht, kann man als Regierungschef nicht auf gut Glück mit der Gesundheit der Bevölkerung spielen. Und wenn es ganz hart kommt, muss die ökonomische Vernunft da nunmal hinter die Gesundheit zurückgestellt werden – schauen Sie sich mal an, wie man in westafrikanischen Ländern vorgegangen ist, um Ebola einzudämmen. Eine so ansteckende Gefahr blieb uns zum Glück erspart, aber ich fürchte, dass wir logistisch und mental auf solche Sachen nicht vorbereitet sind.

        Ich kann die Perspektive allerdings auch nachvollziehen, dass man durch den Lockdown in wirtschaftliche Not gerät und dass einige Branchen in der Gefahr schweben, in eine massive Krise zu geraten (ob sie so schwer wird wie anfangs befürchtet, ist allerdings auch noch nicht so ganz raus). Ich weiß übrigens, wovon ich rede: mein Hartz IV-Antrag lag schon ausgefüllt auf dem Tisch und hätte der Lockdown noch zwei Monate mehr gedauert, hätte ich ihn auch eingereicht. Wie löst man also dieses Dilemma? Da wäre ein Grundeinkommen nunmal die einzig sinnvolle Lösung, um einerseits Existenzen zu sichern und andererseits zu gewährleisten, dass das mit dem „social distancing“ über möglichst viele Berufsgruppen hinweg durchgezogen werden kann. Wie ich schon schrieb, möglicherweise steht uns im Winter so etwas nochmal bevor und da sollte man ein Grundeinkommen auf jeden Fall in der Schublade haben.

        Dass ich auch in anderen Kontexten dafür bin, steht auf einem anderen Blatt, aber das würde ich dann nochmal im Kommentarbereich zu dem Artikel genauer ausführen (Stichwort nur ganz grob: die vielgerühmte Digitalisierung, die innerhalb von sehr kurzer Zeit sehr viele Arbeitsplätze obsolet machen wird).

        • Stefan Pietsch 3. September 2020, 13:03

          Wenn man sich mit einer Pandemie-Gefahr konfrontiert sieht, kann man als Regierungschef nicht auf gut Glück mit der Gesundheit der Bevölkerung spielen.

          Das sagt ja niemand. Aber in diesem Sinne müsste auch Autoverkehr und Hausarbeit verboten werden. Sie sind tödlich für die Volksgesundheit. Grundrechte sind nicht dafür da, dass sie bei jeder vermuteten Gefahr eingeschränkt werden können. Und derzeit reden wir nur von Vermutungen, denn die Mortalität des Virus war selbst im August nicht messbar. So gab es im August gerade 61 Gestorbene, die offiziell sich Covid-19 zurechnen ließen. Zum Vergleich: das ist ein Bruchteil der Verkehrstoten (rund 220), die in dem Monat passiert sind.

          Ich kann die Perspektive allerdings auch nachvollziehen, dass man durch den Lockdown in wirtschaftliche Not gerät und dass einige Branchen in der Gefahr schweben, in eine massive Krise zu geraten

          Sie verwenden die falsche Zeitform. Das ist keine Erwartungshaltung, es ist längst passiert.

          Da wäre ein Grundeinkommen nunmal die einzig sinnvolle Lösung, um einerseits Existenzen zu sichern und andererseits zu gewährleisten, dass das mit dem „social distancing“ über möglichst viele Berufsgruppen hinweg durchgezogen werden kann.

          Es gibt immer mehr als eine sinnvolle Lösung. Solche Formulierungen helfen nicht. Und man führt nicht einfach mal ein System ein, das Kosten von mindestens einer Billion Euro verursacht, um in einer Notlage zu helfen. Bei einer solchen Größenordnung, die derzeit rund 30% des gesamten Erwirtschafteten und 40% des Volkseinkommens bestehend aus Löhnen, Gehältern und Gewinnen ausmacht, kommt niemand umhin, im Gegenzug praktisch sämtliche Sozialleistungen zu streichen. Dies ist schon verfassungsrechtlich nicht möglich, was die sofortige Einführung eines Grundeinkommens faktisch unmöglich macht.

          • CitizenK 3. September 2020, 13:49

            „….müsste auch Autoverkehr und Hausarbeit verboten werden. Sie sind tödlich“
            In der Debatte um Freigabe von Cannabis wird immer anders argumentiert: Nicht noch zusätzlich zu Alkohol.

            Aber zum Thema: Klingt, als würden Sie das Grundeinkommen aktuell, aber nicht grundsätzlich ablehnen. Ist das richtig?

            Etwas anderers interessiert mich noch: Von einem libertären Standpunkt aus würde auch die Pandemie unter das Unternehmer-Risiko fallen. In USA gibt es solche Stimmen. Sie sehen das nicht so, aber wo ist die Grenze?

            Einen Lastenausgleich wie Ralf ihn vorgeschlagen hat, wollen Sie auch nicht. Hat die Bundesregierung als richtig gehandelt mit ihren Hilfsmaßnahmen?

            • Stefan Pietsch 3. September 2020, 15:57

              Einfache Frage: warum verbieten wir nicht den Autoverkehr oder setzen die Höchstgeschwindigkeit auf 8 km/h? Ich habe die Frage bereits mehrmals gestellt, sie beantwortet einiges, wenn jemand mit Absolutheitsansprüchen an die Dinge rangeht. Sie wissen natürlich, warum wir das nicht tun, genau deswegen beantworten Sie sie nicht.

              Weder noch. Ich habe keine fertige Position zum Grundeinkommen. Es hat sympathische Aspekte. Allerdings kann ich mir derzeit kein Modell vorstellen, das die immensen Probleme aus finanzwirtschaftlicher wie verfassungsrechtlicher Sicht aufnimmt und auflöst.

              Ich bin kein Libertärer. Ich bin Ordoliberaler. Der Staat hat der Volkswirtschaft und damit den in privaten Eigentum (Artikel 14 Abs. 1 GG) einen unvorstellbar starken exogenen Schock zugefügt. Das ist kein unternehmerisches Risiko wie Wegfall von Kunden, technische Veralterungen u.ä. Die Regierung hat verfügt, dass Unternehmer ihr Eigentum nicht mehr nutzen durften und nur begrenzt Kunden empfangen und demgemäß an sie verkaufen durften und dürfen. Das sind Einschränkungen, die verfassungsrechtlich so weder vorgesehen noch in volkswirtschaftlichen Modellen abgebildet sind. Von daher halte ich die Ansicht für Unsinn.

              Etwas anderes ist es, ob der Staat unbegrenzt eingreifen sollte. Dazu gibt es aus der Klassik wie dem Neoliberalismus eine ganz klare Haltung: Nein. Der Staat kann und soll Unternehmen nicht retten, die nicht zu retten sind aus welchen Gründen auch immer. Üblicherweise konzentriert sich die staatliche Rettungspolitik dann auch noch auf die größten und lautesten Konzerne. Wachstum und zukünftige Arbeitsplätze entstehen aber nicht dort, sondern in den kleineren Einheiten, die trotz besserer Ideen von der schieren Größe weggedrückt werden. Das ist eine staatlich verfügte Vermachtung von Märkten und das Gegenteil einer liberalen marktwirtschaftlichen Ordnung.

              Ein Lastenausgleich ist die extremste Maßnahme in ihrer Wirkung auf Eingriffe in das Eigentum. Dazu gibt es aus heutiger Sicht keine Rechtfertigung. Es liegt auch in der Natur der Sache, dass sich Märkte und Nachfrage ändern. Weder Karstadt-Quelle noch Vapiano oder TUI sollten dauerhaft Ausgleich für weggebrochene Nachfrage erhalten. Die einen hatten schon zuvor Schwierigkeiten mit ihrem Geschäftsmodell, die TUI arbeitet in einem sich stark wandelnden Markt.

              Ich habe zu Beginn der Krise gefordert, dass der Staat in dieser außerordentlichen Situation schnell Unternehmen Liquidität bereit stellen müsse. Das war immer richtig. Für eine solche Situation konnte kein Unternehmen (ausreichende) Liquidität vorhalten. Ich habe auch gefordert, die Eigenkapitalbasis zu stärken. Das ist grundsätzlich eine richtige (Wachstums-) Politik. Aber es ist etwas völlig anderes, dauerhaft Umsatzverluste auszugleichen und es ist etwas anderes, wenn der Staat als Miteigentümer und Investor einspringt. Konsequenterweise müsste er das dann allen Unternehmen anbieten und bei Nichtannahme Kompensationen leisten. Das würde nicht nur unser Gemeinwesen völlig überfordern, es würde jede Dynamik nehmen.

              • Marc 5. September 2020, 22:47

                Einfache Frage: warum verbieten wir nicht den Autoverkehr oder setzen die Höchstgeschwindigkeit auf 8 km/h?

                Das entspräche einen kompletten Lockdown des Autoverkehrs. Das wäre theoretisch angezeigt, wenn alle Fahrzeuge mit einer fehlerhaften Benzinmischung betankt wären (Elektroautos dürften weiterhin fahren). Das Tragen einer Maske wäre vergleichbar mit einer Gurtpflicht. Aber solche Freiheitseinschränkungen wären undenkbar und sofort würden die tapferen AnschnallSchnullies mit ihren Demos dafür sorgen, das jeder Bürger dieses Reiches seine Gurt- und Grundrechtsfreiheit wieder erlangt.

                • Stefan Pietsch 6. September 2020, 05:45

                  Sie denken in die falsche Richtung. Wir können es ja mal ausprobieren. Sie stellen sich als Proband zur Verfügung und ich fahre mit 15 km/h auf Sie zu. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie mindestens mit einem gebrochenen Bein aus der Geschichte herauskommen, ist relativ hoch. Oder fahren Sie mit gemäßigter Geschwindigkeit von 30 km/h auf einen Betonpfeiler auf, viel Glück schon jetzt!

                  Niemand kommt auf die Idee, eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 8 km/h einzuführen, weil wir die Risiken, durch den Straßenverkehr ums Leben oder zumindest zu Schaden zu kommen, in Kauf nehmen für den Nutzen mobil zu sein und schnell Distanzen überwinden zu können, für die unsere Vorfahren Stunden, Tage oder Jahre gebraucht haben. Wir treffen eine Kosten-/Nutzen-Abwägung. Risiko hier, Vorteil dort. Der geht bei der generellen Maskenplicht unter.

                  Der Gurt schützt Sie, nicht Ihre Mitmenschen. Bei der Maske soll es angeblich umgekehrt sein. Es kann daher auch niemals zur Straftat aufgewertet werden, keinen Gurt getragen zu haben. Erhöhte Geschwindigkeit schon. Selbstmord und Selbstverletzungen sind in Deutschland halt nicht strafbar.

                  • Marc 6. September 2020, 08:43

                    Reaktionäre würden gerne die menschenverachtende Kosten Nutzung Rechnung in Bezug auf Menschenleben einführen. Davor schützt ins zum Glück Artikel 1 des Grundgesetzes. Es geht allein um Schutz. Nur ist der Staat nicht verpflichtet, jedes Risiko aus dem Weg zu räumen. Er kann eine Gurt- oder Maskenpflicht einführen, muss es aber nicht. Es ist ein politischer Gestaltungswille.

                    Kosten nutzen Rechnungen würden nur unter einer Experten Herrschaft funktionieren, die wir zum Glück nicht haben.

                    • Stefan Pietsch 6. September 2020, 10:53

                      Als vorletzte Woche der Berliner Innensenator, wie hieß er noch gleich, Geisel? Also als dieser Herr Geisel lauthals verkündete, „Ich bin nicht bereit ein zweites Mal hinzunehmen, dass Berlin als Bühne für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht wird. Ich erwarte eine klare Abgrenzung aller Demokratinnen und Demokraten gegenüber denjenigen, die unter dem Deckmantel der Versammlungs- und Meinungsfreiheit unser System verächtlich machen“, da bekam er gleich von zwei Gerichten eins übergebraten. Für den Vertreter eines Verfassungsresort war das dann doch arg dürftig. Gerügt wurde explizit die fehlende Abwägung von Rechtsgütern.

                      Juristen nennen so eine Abwägungsentscheidung „Verhältnismäßigkeit“. Ein Verhältnis kann man zu anderen Menschen haben, was dann meist von anderen Menschen nicht toleriert wird. Aber auch Zahlen oder Handlungen können ein Verhältnis zueinander haben: wichtig, weniger wichtig, unwichtig. Darf ich jemanden niederknallen, wenn er unerlaubt mein Grundstück betritt? In Florida und anderen US-Bundesstaaten wird diese Frage anders beantwortet als in Berchtesgaden. Aber es geht immer um Kosten / Nutzen-Erwägungen. Sind die unerlaubten Besucher bewaffnet, kann es ganz nützlich sein („Nutzen“) selbst mit einer Waffe auf sie zu schießen („Kosten“).

                      Ich habe mal einen ziemlich guten Artikel über die „Generalnorm“ geschrieben.

                      Eine Methode um Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu ringen, ist die Formulierung einer Generalnorm, wie es Juristen ausdrücken. Unser Grundgesetz würde ohne Artikel 1 seiner zentralen Aussage beraubt. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Bürger haben ein Recht auf Ehe und Familie, doch gilt dies auch, wenn ein Kind geschlagen wird? Die Generalnorm kassiert den familiären Schutz wieder ein, wenn die Würde nicht gewahrt bleibt. (..)

                      Der Trick von Lügnern und Betrügern ist, sich dieser erhöhten Glaubwürdigkeit durch Generalnormen zu bemächtigen, dabei aber die Verhältnisse umzukehren. Wer erklärt, gegen alles Ungerechte dieser Welt zu sein, will nicht gegen das Unrecht aufstehen. Er will sich selbst gegen jeden Anwurf immunisieren. Doch ein Impfschutz gegen alles gibt es nicht.

                      Eine Maske, die mich des Menschseins demaskiert und mich wie ein Tier mit Maulkorb aussehen lässt, beraubt mich meiner Würde. Das hätten Sie zu Beginn des Jahres auch noch so gesehen. Wird die Würde eines bettlägerigen 86jährigen mit Krebs im Endstadium, der in ein paar Tagen ein Meeting mit Gevatter Tod hat, wieder hergestellt, wenn alle Menschen in seinem Land eine Maske aufziehen? Die einen meinen ja. Die Würde im Grundgesetz wird sehr unterschiedlich ausgelegt. Sie sind nicht befähigt, dies sachgerecht zu tun, jedenfalls nicht mehr als 83 Millionen Mitbürger, Kinder mitgezählt.

                      Kosten / Nutzen-Erwägungen sind keine Überlegung der kalten Ökonomie. Sie sind uns Menschen immanent.

                      P.S.: Der Staat kann keine absolute Sicherheit bieten. Ob jemand den Sicherheitsgurt anlegt, ist dann immer noch zuerst eine ganz persönliche Entscheidung.

  • Rauschi 4. September 2020, 10:45

    Ich habe da mal eine rechtliche Frage, die mich schon die ganze Zeit umtreibt.

    Es gab doch das Verfassungsgerichtsurteil, das ein Leben nicht gegen ein anderes aufgerechnet werden darf, wenn ich das richtig verstanden habe.

    Passiert aber nicht genau das im Moment?
    OP´s absagen mit allen möglichen Folgeschäden, die das haben wird, oder Selbstmorde in Kauf zu nehmen oder die Bevölkerung so zu verunsichern, das sich die Menschen nicht mehr in die Notausnahme trauen, weil eine andere Gruppe dadurch in gefahr gerät, ist das nicht vergleichbar?

    Nur ne Frage, an den Fachmann.

    • Marc 5. September 2020, 11:26

      Würde diese Argumentation stimmen, hätte nach dem Ende des Lockdowns eine Übersterblichkeit beobachtet werden müssen. Die gab es nun wirklich nicht.

  • CitizenK 5. September 2020, 12:36

    Am Ende des lockdowns hatte man
    -Bessere Behandlungsmöglichkeiten
    -mehr Kenntnisse über Medikamente
    -genügend Masken und Desinfektionsmittel
    -wusste man mehr über die Verbreitung
    Und es gab keine Massenveranstaltungen, die vernünftigen Menschen blieben vorsichtig, die Schulen waren noch zu, weniger Reisen undundund

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